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Kein Leitsatz
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 09.05.2012 – 4 Ca 3122/11 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie streiten ferner darum, ob dieses Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Beklagten vom 28.11.2011 zum 30.11.2012 aufgelöst wird.
3Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 09.05.2012 die Klage abgewiesen.
5Gegen dieses ihm am 14.06.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.07.2012 Berufung eingelegt und diese am 14.09.2012 begründet.
6Der Kläger setzt sich mit Rechtsausführungen mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander, wegen derer auf die Berufungsbegründung Bezug genommen wird.
7Zum Tatsächlichen trägt der Kläger weiter vor: Die Beklagte habe innerhalb eines ganz konkreten Zeitrahmens über seine Arbeitsleistung verfügen können, und zwar montags bis donnerstags in der Zeit von 09:30 Uhr bis zumindest 18:00 Uhr und freitags einen halben Tag. Freitags habe er oft auswärts gearbeitet, um Interviews zu führen. Die Reisen seien jedenfalls mit der Beklagten abgestimmt und von ihr genehmigt gewesen.
8In der übrigen Zeit habe er nahezu ausschließlich in seinem Büro im Hause der Beklagten gearbeitet:
9Montags habe er um 09:30 Uhr seine Arbeit aufgenommen. Bis 10:15 Uhr sei die Zeit täglich reserviert gewesen für Telefonate mit verschiedenen Korrespondenten, um künftige Berichte oder Ideen, die sie für das Programm hatten, zu besprechen. Um 10:15 Uhr habe er an der täglichen „Redaktionssitzung“ (unstreitig einer Stehkonferenz im Flur der Abteilung) teilgenommen. Er habe diese zu besuchen gehabt. Im Anschluss daran habe er an seinem Schreibtisch weitergearbeitet, Skripte korrigiert, Freelancer kontaktiert, Hausmanuskripte gesucht, diese teilweise übersetzt und Sprecher engagiert, Nachrichtenthemen gecheckt, um den Nachrichtenblock entsprechend organisieren zu können und Interviewpartner ausgesucht. Am späten Nachmittag sei regelmäßig klar gewesen, wie das Programm habe aussehen sollen. Der Kläger habe dann begonnen, seine Moderation zu schreiben. Sein Arbeitstag habe montags zwischen 18:30 Uhr und 19:00 Uhr geendet.
10Am Dienstag habe er wiederum um 09:30 Uhr seine Arbeit aufgenommen. Nach den entsprechenden Telefonaten und der um 10:15 Uhr beginnenden Konferenz habe er, wenn mittags der Aufnahmeleiter eingetroffen sei, ihm ein Briefing über den Programmablauf gegeben und mit ihm besprochen, was an Berichten noch an Länge und/oder Qualität geändert werden müsse. Am frühen Nachmittag habe der Kläger an der Moderation weitergearbeitet und das wöchentliche Interview geschnitten. Von 15:00 Uhr bis 18:30 Uhr sei dann Studioproduktionszeit gewesen. Im Produktionsstudio seien neben ihm der Aufnahmeleiter und ein Studiotechniker anwesend gewesen. Er habe das endgültige Manuskript an die Anwesenden verteilt, man habe die Sendung besprochen und was spezielle Aufmerksamkeit verlange sowie spezielles Mixing aufgrund von Musikeinspielungen und Originalsprachdokumenten in anderen Sprachen als Englisch. Die Produktion habe gewöhnlich um 18:30 Uhr geendet.
11Nach Rückkehr ins Büro habe man die Aufnahme probegehört und auf Fehler überprüft, manchmal am Arbeitsplatz, manchmal in Studio überarbeitet, dabei auch die einzelnen Berichte geschnitten, Online gestellt und Begleittexte aufgesetzt. Im Anschluss daran habe der Aufnahmeleiter das Programm in die Audiowerkstation geschickt, ein System, das das Programm zur Übertragung bereitstelle. Danach seien das endgültige Skript für die Moderation und die Skripte für die individuellen Berichte ins Open Media System eingestellt worden. Üblicherweise habe der Kläger zwischen 20:30 Uhr und 21:00 Uhr das Büro verlassen.
12Auch mittwochs habe der Kläger den Vortagen entsprechend die Arbeit aufgenommen, Telefonzeiten gehabt und die um 10:15 Uhr beginnende Konferenz besucht. Mittwoch sei für die Vorbereitung und Produktion der Sendung "I “ reserviert gewesen. Der Kläger habe das Interview, das er irgendwann zuvor gemacht habe, geschnitten, editiert und für die Studioproduktion vorbereitet. Er habe einen Vorspann ausgesucht. Musik und Lesungen seien ebenfalls ausgesucht und in den Archiven bestellt worden. Für die Online-Seiten hätten Fotos ausgesucht und bestellt werden müssen. Soweit Lesungen verwendet worden seien, habe der Kläger die geeigneten Passagen ausgesucht und den Text dann von den anderen Mitarbeitern im Studio zur Aufnahme lesen lassen. Von 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr habe die Studioproduktion stattgefunden, daran habe sich die Hörprobe und das Konvertierten der Audiodateien ebenso angeschlossen wie das Onlinestellen des Programms und das Erstellten des Podcasts. Der Kläger habe üblicherweise mittwochs um 20:00 Uhr das Büro verlassen.
13Am Donnerstag habe er um 09:30 Uhr seine Arbeit aufgenommen. Nach Telefonaten und der üblichen Konferenz habe die Programmplanung begonnen, sei die Kommission bestellt und Termine an freie Interviewpartner gerichtet worden. Ab 13:30 Uhr habe die wöchentliche Redaktionssitzung stattgefunden. In dieser Sitzung sei die Planung für die kommende Woche vorgestellt und diskutiert worden. Sämtliche Abteilungsbelange und administrative Angelegenheiten seien Themen gewesen. Er, der Kläger, sei regelmäßig gegen 15:30 Uhr in sein Büro zurückgekehrt und habe mit der Programmplanung fortgefahren. Am Donnerstag habe er gegen 18:00 Uhr die Arbeit beendet.
14Er habe weder Arbeitszeit noch Arbeitsort aus freien Stücken gewählt. Es sei von ihm vielmehr verlangt worden, dass er zu der Zeit arbeite, zu der eben auch die anderen in einem Arbeitsverhältnis beschäftigten Redakteure gearbeitet hätten. Die zeitliche Lage der Arbeit sei ebenso erforderlich gewesen wie die Arbeit im Hause der Beklagten. Anders – so der Kläger – hätte er die erforderlichen Abstimmungen mit anderen Beschäftigten nicht vornehmen und die insoweit erforderliche Zusammenarbeit auch nicht sicherstellen können.
15Der Kläger beantragt,
16das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 09.05.2012, Aktenzeichen 4 Ca 3122/11 abzuändern und festzustellen,
171. dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2003 ein Arbeitsverhältnis besteht;
182. dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.11.2011, dem Kläger zugegangen am 30.11.2011, nicht zum 30.11.2012 aufgelöst wird.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Ausführungen des Klägers seien im Wesentlichen unrichtig bzw. unvollständig. Insbesondere habe er über seine Arbeitszeit und den Arbeitsort im Wesentlichen frei bestimmen können. Die Beklagte habe nicht über seine Arbeitsleistung verfügen können. Er sei inhaltlich in der Gestaltung der Sendungen frei gewesen, ihm sei auch keine Arbeit zugewiesen worden. Es sei auch keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden.
22Der Kläger sei in der Verteilung seiner Arbeitszeiten völlig frei gewesen. Im Gegensatz zu festen Mitarbeitern habe es gar keine klare Arbeitszeit gegeben, die der Kläger habe einhalten müssen. Das habe bereits darauf beruht, dass er immer für die fertige Produktion der jeweiligen Sendung vergütet worden sei und nicht für eine täglich zu leistende Arbeit. Er habe auch nicht jeden Tag eine Leistung vorweisen müssen, z. B. eine bestimmte Anzahl von Online-Artikeln, wie das bei anderen Mitarbeitern der Fall gewesen sei.
23Soweit der Kläger täglich um 09:00 Uhr angefangen habe, sei das selbstauferlegt gewesen. Auch dass er täglich in dieser Zeit telefoniert habe, sei seine eigene Entscheidung gewesen. Es habe weder eine Kontrolle gegeben, wann er ins Büro gekommen sei, noch, was er dort gemacht habe. Er habe auch zu jeder Zeit eine Mittagspause nehmen können, früh oder spät arbeiten können und es sei theoretisch sogar möglich gewesen, dass er außerhalb des Büros arbeitete, wenn er die D –eigene Produktionstechnik nicht benötigte, wie das auf Dienstreisen vorgekommen sei.
24Auch diese Dienstreisen seien immer von ihm selbst geplant und organisiert worden. Die Redaktionsleitung habe nie auf eine Dienstreise bestanden. Genauso wenig seien die von ihm angemeldeten Dienstreisen abgelehnt worden.
25Der Kläger habe zwar eine Einmischung bei der Themenauswahl nicht abgelehnt, es sei aber deutlich gewesen, dass er dies nicht gern gesehen habe. Dementsprechend sei der Kläger auch selten bis nie auf Themenvorschläge eingegangen. Lediglich Empfehlungen für große Veranstaltungen in Deutschland wie Berichterstattung zur Buchmesse oder der Berlinale habe er aufgenommen, aber nur, weil dies ohnehin selbstverständlich gewesen sei. Auch zur Teilnahme an den täglichen Konferenzen sei er nicht verpflichtet gewesen. Dies habe übrigens auch für andere Kollegen gegolten, die nur im Bereich Radio gearbeitet hätten. Die Flurkonferenz habe allerdings dem Austausch über die Inhalte des Tages gedient. Inhalt sei die Tagesberichterstattung über die Online-Seiten gewesen. Da der Kläger nicht für das Online-Angebot gearbeitet habe, sei seine Teilnahme nicht erforderlich gewesen. Dass er und andere Kollegen gleichwohl teilgenommen hätten und über die Inhalte der Radiosendungen berichtet hätten, habe sich dann aber ergeben und sei sicher auch sinnvoll gewesen und habe dem kollegialen Austausch über Themen und Pläne gedient, sei also für die „allgemeine Feedback-Kultur“ in der Redaktion hilfreich gewesen.
26Auch die Teilnahme an Abteilungskonferenzen sei hilfreich gewesen, damit alle Kollegen – feste und freie – über die neuesten Entwicklungen journalistischer, technischer und administrativer Art informiert gewesen seien.
27Die Studiozeiten – so die Beklagte weiter – hätte der Kläger beeinflussen können. Im Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit und umgekehrt seien alle Radioredakteure gefragt worden, ob sie die Studiozeiten behalten wollten oder andere Vorschläge hätten. Wenn möglich, sei versucht worden, den Wünschen zu entsprechen. Da Studiozeiten aber abgestimmt werden müssten, sei es allerdings erforderlich, sich in einem gewissen Zeitrahmen zu bewegen. Der Kläger sei immer sehr gern bei seiner späten Studiozeit geblieben.
28Urlaub habe der Kläger als freier Mitarbeiter jederzeit nehmen können. Es habe im Gegensatz zu festangestellten Mitarbeitern keiner „Freigabe“ durch die Redaktionsleitung bedurft. Der Kläger habe selbst entschieden, wann er freinehme.
29Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg.
32A. Das Arbeitsgericht hat unter A I. 1. und 2. a) zutreffend die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft im Rundfunkbereich dargestellt sowie zu Recht dargelegt, dass der Kläger als Produzent und Moderator der Kultursendungen programmgestaltender Mitarbeiter war. Dieses stellt der Kläger in der Berufung auch nicht in Abrede.
33Auf die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG Bezug genommen.
34Der Kläger rügt allerdings, dass das Arbeitsgericht im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.03.2007 (5 AZR 499/06 Rn. 20) ausgeführt hat, bei programmgestaltenden Mitarbeitern könne entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung dann ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterlägen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibe und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen könne. Diese vom Arbeitsgericht zutreffend wiedergegebene Äußerung des Bundesarbeitsgerichts entspricht einer inhaltlich gleichen Äußerung des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 20.05.2009 – 5 AZR 31/08 – Rn. 22. Der Kläger kritisiert an diesem vom Arbeitsgericht wiedergegebenen Satz des Bundesarbeitsgerichts aber zu Recht, dass er durch Verwendung des Wortes „und“ für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses eines programmgestaltenden Mitarbeiters sowohl ein nur geringes Maß an inhaltlicher Gestaltungsfreiheit als auch die Möglichkeit voraussetzt, innerhalb eines zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters zu verfügen. Tatsächlich hat das Bundesarbeitsgericht in der auch in der Entscheidung vom 14.03.2007 a. a. O. zitierten – grundlegenden – Entscheidung vom 19.01.2000 (5 AZR 644/98) aber Folgendes ausgeführt:
35„Bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn der Mitarbeiter zwar an dem Programm gestalterisch mitwirkt, dabei jedoch weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegt, ihm also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibt. Ein Arbeitsverhältnis kann auch dann zu bejahen sein, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann.“
36Aus diesen Ausführungen wird klar, dass das Bundesarbeitsgericht nicht beide Voraussetzungen kumulativ, wie durch das „und“ logisch angezeigt erscheint, für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses eines programmgestaltenden Mitarbeiters fordert, sondern die Möglichkeit eines Arbeitsverhältnisses sowohl bei der einen als auch der anderen Voraussetzung für möglich hält („kann ein Arbeitsverhältnis vorliegen“). In diesem Sinne legt auch die erkennende Kammer die vom Arbeitsgericht bereits ausführlich zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für das Nachfolgende zugrunde. Hinzuzufügen ist allerdings noch, dass – wie sich insbesondere auch aus der Entscheidung des BAG vom 20.05.2009 – 5 AZR 31/08 – ergibt, es stets einer Gesamtwürdigung der Umstände bedarf.
37B Danach ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:
38I. Was die inhaltliche Freiheit des Klägers anbelangt so hat das Arbeitsgericht – zu Recht und ohne dass der Kläger das in der Berufungsbegründung gerügt hätte – festgestellt, dass der Kläger eine erhebliche Gestaltungsfreiheit bei der Produktion beider Radiosendungen hatte.
39Der Kläger war als Produzent und Moderator der Kultursendungen eingesetzt, für die Sendung „A “ plante der Kläger Berichte, Rezensionen, Portraits und Interviews, ordnete diese, bereitete sie auf und korrigierte sie. Der Kläger moderierte auch die Sendung. Er griff – soweit er nicht selbst die Beiträge schrieb – auf einen Kreis von ca. 50 freien Journalisten zurück, die er selbst im Namen der Beklagten beauftragte (vgl. dazu auch BAG 19.01.2000 – 5 AZR 644/98 Rn. 29). Der Kläger war es auch, der die Skripte der Journalisten redigierte und zurücksandte und erforderlichenfalls auch mehrfach redigierte. Es war Aufgabe des Klägers, die jeweils vollständige Sendung zu planen. Nur in Ausnahmefällen verlangte die Beklagte, dass ein Beitrag zu einem bestimmten Thema oder Anlass gemacht werden sollte. Damit nahm die Beklagte nur das selbstverständliche Recht jedes Dienst- oder Auftraggebers wahr und kam ihrer Verantwortung als öffentliche Rundfunkanstalt nach.
40Für die Sendung „I “, in der Portraits weltberühmter Künstler vorgestellt wurden und deren Kern ein Interview mit dem entsprechenden Künstler war, bereiste der Kläger praktisch den gesamten Kontinent und führte in Person Interviews mit Partnern wie J.K. Rowling, der Harry Potter Autorin, dem Dirigenten Kurt Masur, dem Komponisten Karlheinz Stockhausen und dem Musiker Sting. Der Kläger war Gastgeber, Redakteur und Produzent der Sendung und auch verantwortlich für das Gewinnen der Interviewpartner, das Fixieren der Termine, für die Produktion der 15-minütigen Sendung mit Interviews und umfassender Information über die Künstler wie Lesungen, Musikproben und Fotos. Der Kläger führte jeweils in persönlichen Gesprächen die Interviews.
41Dementsprechend organisierte und plante der Kläger auch selbst seine Dienstreisen – wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat (Bl. 129 d. A.). Ebenso hatte der Kläger Einfluss auf die ihm bei der unmittelbaren Produktion zuarbeitenden Personen wozu die Beklagte ebenso unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Kläger sich die Aufnahmeleitung selbst aussuchte und immer darauf bestand, mit zwei bestimmten Aufnahmeleitern zu arbeiten, die sonst in der Redaktion gar nicht eingesetzt wurden (Bl. 132 d. A.).
42Nach allem ist davon auszugehen, dass der Kläger eine sehr große inhaltliche Freiheit besaß, die mindestens der gleich kommt, die der Kläger in dem Verfahren des Bundesarbeitsgerichts in der Sache 5 AZR 644/98 hatte.
43II. Demgegenüber kann die zeitliche Bindung des Klägers unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung – nicht zu der Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen:
44Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung den typischen Ablauf seiner einzelnen Arbeitstage darstellt, so ist auch bei Unterstellung des vom Kläger geschilderten Ablaufs der einzelnen Tage festzuhalten, dass sich die Taktbindung seiner Tätigkeit ganz entscheidend an der zeitlichen Taktung der von ihm übernommenen in der Regel zwei wöchentlichen Sendungen orientierte.
451. Soweit der Kläger allerdings vorträgt, er sei regelmäßig von montags bis donnerstags (außer freitags, einem Tag, an dem er im Wesentlichen Reisen unternommen habe) um 09:30 Uhr im Hause der Beklagten erschienen und habe bis abends zwischen 18:00 Uhr und 21:00 gearbeitet, und dazu ausführt, er habe sich diese Arbeitszeit nicht aus freien Stücken gewählt, es sei vielmehr von ihm verlangt worden, dass er zu der Zeit arbeite, zu der auch die anderen in einem Arbeitsverhältnis beschäftigten Redakteure arbeiteten, so bleibt dieser von der Beklagten bestrittene Vortrag ohne Substantiierung. Weder ergibt sich ein solches Verlangen aus dem zwischen dem Kläger und der Beklagten abgeschlossenen Vertrag, noch hat der Kläger auch nur eine einzige entsprechende Weisung hinsichtlich der handelnden Person, des Inhalts der Weisung, des Ortes und der Umstände sowie der Zeit der Weisung substantiiert. Der Kläger hat nicht einmal pauschal vorgetragen, wie entsprechende Weisungen gelautet haben sollten und von wem sie ausgegangen seien. Es lässt sich daher nicht feststellen, dass der Kläger in der gesamten genannten Zeit aufgrund der Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten und nicht aufgrund seiner eigenen Entscheidung für die Beklagte Arbeit geleistet hat.
462. Soweit der Kläger aber aus sachlichen Gründen, nämlich zur Vorbereitung der zweimal wöchentlich stattfindenden Sendung zu bestimmten Zeiten im Hause der Beklagten sein musste, um von der Beklagten zur Verfügung gestellte Technik und Personal der Beklagten in Anspruch zu nehmen oder sich mit anderen Mitarbeitern der Beklagten abzustimmen, so können solche Sachzwänge nicht eine für ein Arbeitsverhältnis notwendige Unterwerfung der Zeitfreiheit unter das Direktionsrecht der Beklagten belegen:
47Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 20.05.2009 (5 AZR 31/08 Rn. 25) bereits entschieden, dass die Einbindung in ein festes Programmschema und die Vorgabe eines Programmverlaufs bei programmgestaltenden Mitarbeitern nicht statusbegründend ist. Auch sind zeitliche Verpflichtungen und ein ggf. kleinteiliger zeitlicher Takt, die sich aus der Notwendigkeit der Zusammenarbeit und aus feststehenden Sendezeiten ergeben, nicht statusbegründend (BAG a. a. O.). Auch die Anwesenheit zu feststehenden Zeiten vor und nach der Sendung schließt jedenfalls bei programmgestaltenden Mitarbeitern ein freies Mitarbeiterverhältnis nicht aus. Das gilt ebenso für die notwendige Teilnahme an zeitlich feststehenden Abstimmungskonferenzen (BAG a. a. O.). Ebenso hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 19.01.2000 (5 AZR 644/98 – Rn. 32) ausgeführt, dass sich eine Eingliederung und persönliche Abhängigkeit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses nicht daraus ergibt, dass der programmgestaltenden Mitarbeiter zur Herstellung seiner Sendungen auf technische Einrichtungen und Mitarbeiter der Rundfunkanstalt angewiesen ist. Auch zeitliche Sachzwänge, die sich aus der Nutzung der technischen Einrichtungen der Rundfunkanstalt ergeben und aus der Notwendigkeit, die nur in begrenzter Zahl vorhandenen Studios auf die verschiedenen Benutzer zu verteilen, können nicht zu der Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen (BAG a. a. O. Rn. 35). Dasselbe gilt für die aus dem feststehenden Sendedatum folgenden zeitlichen Vorgaben für die Abgabe von Manuskripten, für die Moderation und Ähnliches (BAG a. a. O. Rn. 36).
483. Dieses ist auch deshalb nicht anders, weil die entsprechende Tätigkeit des Klägers über einen langen Zeitraum bestand (BAG a. a. O. Rn. 40).
494. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Kläger – was er betont – jedenfalls in den letzten Jahren in einem solchen Umfang für die Beklagte tätig war, dass ihm daneben keine Zeit für eine andere Erwerbstätigkeit mehr verblieb. Während dieses Merkmal für die Frage erheblich sein kann, ob ein Mitarbeiter eine arbeitnehmerähnliche Person ist, kommt es darauf für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, nicht an. Ein bestimmter zeitlicher Tätigkeitsumfang macht einen Mitarbeiter nicht zum Arbeitnehmer (BAG 19.01.2000 a. a. O. Rn. 41). In dem vom BAG entschiedenen Fall („Filmtipp“) hatte der Kläger behauptet, er habe wöchentlich insgesamt 42 Stunden für die sendereife Herstellung der Sendung aufgewendet. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, dass auch dann, wenn dieses zugunsten des Klägers unterstellt werde, doch nicht schon das Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme durch die übernommene Aufgabe zur persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit führe.
505. Unerheblich ist schließlich, ob – wie in dem Honorar-Rahmenvertrag vorgesehen – für die jeweilige einzelne Sendung vorab ein gesonderter Honorar-Vertrag abgeschlossen wurde. Der Kläger wurde unstreitig für die jeweiligen Sendungen mit bestimmten Tagespauschalsätzen vergütet, nämlich nach der Formel, dass pro zehn Sendeminuten ein Tagespauschalsatz (zuletzt 260,00 €) angesetzt wurde. Wenn dem Kläger aber ein solches Pauschalhonorar bezahlt wurde, dann lag dem jeweiligen Einsatz des Klägers konkludent die Vereinbarung zugrunde, dass der Kläger diese Sendung machen sollte und dafür das entsprechende Honorar erhalte. Auch in dem vom Bundesarbeitsgericht am 19.01.2000 (5 AZR 644/98) entschiedenen Fall wurden entsprechende Einzelverträge regelmäßig erst im Nachhinein unterzeichnet (a. a. O. Rn. 4). Das Bundesarbeitsgericht hat dazu aber ausgeführt, dass auch dann, wenn es sich bei den Rechtsbeziehungen der Parteien um ein einheitliches Dauerrechtsverhältnis gehandelt haben sollte, daraus nicht folge, dass es sich nur um ein Arbeitsverhältnis und nicht um ein freies Mitarbeiterverhältnis gehandelt haben könne. Beide Rechtsformen seien sowohl mit als auch ohne Dauerverpflichtung denkbar (BAG a. a. O. Rn. 40).
51III. Soweit der Kläger sich – was die örtliche Bindung anbelangt – darauf berufen hat, dass er bei der Beklagten ein eigenes Büro gehabt habe und im internen Telefonverzeichnis aufgenommen worden sei, so hat bereits das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf hingewiesen, dass es darauf alleine nicht ankommen kann. Entsprechendes hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung entschieden (BAG 22.02.1995 – 5 AZR 747/93). Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass solche äußeren Umstände, wie ein eigener Schreibtisch, ein eigenes Arbeitszimmer oder die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis für sich genommen nicht entscheidend sein können.
52Auch soweit sich der Arbeitsort aus der Sachnotwendigkeit ergibt, technische Einrichtungen und Personal der Beklagten in Anspruch zu nehmen, führt dieses nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit im Sinne von Weisungsgebundenheit, die ein Arbeitsverhältnis begründen würden (BAG 19.01.2000 – 5 AZR 644/98 – Rn. 32).
53IV. Bei einer Gesamtwürdigung ist festzuhalten, dass die aus der engen zeitlichen Taktung folgende Zeitbindung des Klägers auch hinsichtlich der Vor- und Nacharbeiten und der Teilnahme an regelmäßigen Besprechungen wie den „Flurkonferenzen“ und den wöchentlichen Redaktionskonferenzen sowie die Tatsache, dass der Kläger aufgrund der Inanspruchnahme von Material und Personal der Beklagten in deren Räumen tätig war, nicht zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger unter Wahrung der Programmverantwortlichkeit der Beklagten in einem hohen Maße inhaltlich frei war. Auch Umfang und Dauer der Tätigkeit können im Rahmen dieser Gesamtwürdigung nicht zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
55R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
56Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
57Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a) ArbGG verwiesen.
58Dr. Backhaus Staschik Stulgies