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Die Aufnahme der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses in einen den Kündigungsschutzprozess beendenden Vergleich begründet allenfalls dann einen sog. Vergleichsmehrwert, wenn zugleich inhaltliche Vorgaben für die Zeugnisgestaltung festgelegt werden oder wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses mit der Erteilung des Zeugnisses bereits in Verzug war. Letzteres setzt voraus, dass der Arbeitnehmer ihn bereits vergeblich zur Zeugniserteilung aufgefordert hatte.
Die Beschwerde des Beklagtenvertreters gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19.04.2011 in der Fassung des Nicht-Abhilfe-Beschlusses vom 02.05.2011 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
2Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.04.2011 in der Fassung des Nicht-Abhilfe-Beschlusses vom 02.05.2011 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht Siegburg hat den Streitwert in nicht zu beanstandender Höhe festgesetzt.
3Der Streitwert des Vergleichs vom 01.04.2011 entspricht vorliegend dem Verfahrensstreitwert. Weder Ziffer 4 des Vergleichs, noch Ziffer 6 des Vergleichs rechtfertigen den Ansatz eines sogenannten Mehrvergleichswerts.
4Die in Ziffer 4 des Vergleichs enthaltene Klausel ist unmittelbarer Bestandteil der vergleichsweisen Regelung der streitigen außerordentlichen Kündigungen und ist daher durch den Streitwert der Kündigungsschutzanträge mit abgedeckt.
5Auch Ziffer 6 rechtfertigt keinen über den allgemeinen Verfahrensstreitwert hinausgehenden Vergleichsmehrwert. Es ist weder ersichtlich, dass die Verpflichtung des Beklagten, anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf entsprechendes Verlangen der Klägerin hin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, außergerichtlich zwischen den Parteien bereits streitig gewesen wäre, noch enthält die Vergleichsregelung in irgend einer Hinsicht nähere Vorgaben für die inhaltliche Gestaltung des Zeugnisses.
6Auch ein Titulierungsinteresse wegen eines möglicherweise unmittelbar drohenden Streites der Parteien über die Zeugniserteilung kann vorliegend nicht festgestellt werden. Von einem solchen Titulierungsinteresse mag zwar dann ausgegangen werden können, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches sich der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses bereits in Verzug befindet. Hiervon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden; denn ein sogenanntes qualifiziertes, d. h. sich auf Führung und Leistung erstreckendes Zeugnis ist gemäß § 630 Satz 2 BGB ebenso wie gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 BGB nur auf ein entsprechendes Verlangen des Arbeitnehmers hin zu erteilen. Dass die Klägerin den Beklagten bereits vor Abschluss des Vergleiches vergeblich aufgefordert hätte, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, ist jedoch von niemandem vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.
7Es muss daher bei dem vom Arbeitsgericht auch ansonsten zutreffend festgesetzten Streitwert verbleiben.
8Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.
9Dr. Czinczoll