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1. Nimmt ein Arbeitnehmer als Mitwisser von Dritten begangener Straftaten zu Lasten seines Arbeitgebers von den Tätern mehrfach Geld entgegen, rechtfertigt dies regelmäßig - auch ohne vorangegangene Abmahnung - eine außerordentliche Kündigung.
2. Ob und in welcher Höhe ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Schadensersatz für diesem entstandene Detektivkosten leisten muss, hängt u. a. auch davon ab, in welchem Verhältnis der Wert seiner nachweisbaren Tatbeteiligung zu den entstandenen Kosten steht.
Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.03.2009 in Sachen 10 Ca 8298/08 teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für den Monat September 2008 in Höhe von 2.691,80 brutto abzüglich Schadensersatz in Höhe von 800,00 netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 sowie weitere 2.973,45 brutto an Überstundenvergütung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger. Von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung vom 29.09.2008 sowie in der Berufungsinstanz um die Vergütung für den Monat September 2008 sowie die Abgeltung eines Überstundenguthabens.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 25.03.2009 Bezug genommen.
4Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 09.04.2009 zugestellt. Er hat hiergegen am Montag, dem 11.05.2009 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 30.06.2009 am 30.06.2009 begründen lassen.
5Der Kläger hält die streitige fristlose Kündigung vom 29.09.2008 weiterhin für ungerechtfertigt. Er begründet dies damit, dass die Beklagte bei ihren arbeitsrechtlichen Sanktionen gegenüber den verschiedenen in die Metallschrottdiebstähle auf der Baustelle E verwickelten Mitarbeitern unterschiedliche Maßstäbe angelegt habe. So habe sie den Mitarbeitern S , H und S nicht gekündigt, obwohl auch diese in die damaligen Vorgänge verstrickt gewesen seien.
6Weiter bestreitet der Kläger, dass die Kündigungsausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt worden sei. So habe der Zeuge B ihm, dem Kläger, gegenüber den Betriebsratsvorsitzenden R mit den Worten zitiert, der Zeuge solle den Geschäftsführer H aufsuchen und diesem gegenüber seine Tatbeteiligung einräumen, der Geschäftsführer wisse ohnehin schon alles, wenn der Zeuge seine Tatbeteiligung einräume, werde der Geschäftsführer "bestimmt ein Auge zudrücken". Die Beklagte habe schon Anfang August nachhaltige Anhaltspunkte dafür gehabt, dass weitere Mitarbeiter der Baustelle E in die Vorgänge verstrickt seien.
7Dass bei dem Ausspruch der Kündigung § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt gewesen sei, ergebe sich auch aus der Schilderung des Sachverhalts im Rahmen der Betriebsratsanhörung. Sei es hingegen so, dass die Beklagte ihr Wissen um seine, des Klägers, Tatbeteiligung nur aus dem Anhörungsgespräch vom 22.09.2008 habe, sei der Sachverhalt dem Betriebsrat gegenüber falsch dargestellt worden.
8Im Wege der Klageerweiterung macht der Kläger nunmehr seine Vergütung für den Monat September 2008 geltend. Er behauptet hierzu, er habe ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.691,80 bezogen. Darüber hinaus schulde ihm die Beklagte noch die Vergütung für 217 Überstunden zu einem Stundenlohn ohne Zuschläge in Höhe von 15,28 . Wegen des Bestandes der Überstunden verweist der Kläger u. a. auf die Abrechnung für den Monat August 2008.
9Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
10das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.03.2009, Az. 10 Ca 8298/08, abzuändern und
111) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung noch durch die hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 29.09.2008 aufgelöst worden ist;
122) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.691,80 als Lohn für den Monat September 2008 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 zu zahlen;
133) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 3.315,76 brutto (217 Überstunden x 15,28 ) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 zu zahlen.
14Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Die Beklagte bekräftigt die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Rechtswirksamkeit der streitigen fristlosen Kündigung. Sie verweist darauf, dass der Kläger keineswegs der einzige Mitarbeiter gewesen sei, der aufgrund seiner Verstrickung in die Diebstähle von Metallschrott auf der Großbaustelle E die Kündigung erhalten habe. Sie, die Beklagte, habe bei der Ahndung der damaligen Vorfälle in arbeitsrechtlicher Hinsicht auch keineswegs ungleiche Maßstäbe angelegt. Vielmehr müsse sie die jeweils unterschiedlichen Umstände des Einzelfalles beachten. So habe sie, die Beklagte, bislang keine hinreichenden Indizien für eine Beteiligung des Mitarbeiters S an den Diebstählen gehabt, die eine Verdachtskündigung hätten rechtfertigen können. So habe weder der Kläger noch der Zeuge B in ihren jeweiligen Anhörungen den Mitarbeiter S als Tatbeteiligten benannt. Der Zeuge S selbst bestreite, etwas mit den Vorgängen zu tun gehabt zu haben. Sollte sich indessen etwa in dem noch laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Gegenteiliges ergeben, werde sie, die Beklagte, gegenüber dem Mitarbeiter S dieselben Konsequenzen ziehen wie z. B. gegenüber dem Kläger.
17Demgegenüber sei bei den beiden anderen vom Kläger genannten Mitarbeitern zu beachten gewesen, dass diese durch ihre Bekundungen erheblich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen und den ihr, der Beklagten, entstandenen Schaden nicht nur bezüglich des erhaltenen Geldbetrages, sondern auch im Hinblick auf die weitergehenden Kosten auf eigene Initiative ersetzt hätten.
18Die Beklagte und Berufungsbeklagte bleibt auch dabei, dass § 626 Abs. 2 BGB eingehalten worden sei. Durch die Ermittlungen der von ihr beauftragten Detektive sei zunächst von firmenfremdem Personen einmal abgesehen nur der Mitarbeiter J überführt worden. Erst durch die Rechtsverteidigung dieses Mitarbeiters, der durch seinen Anwalt explizit von weiteren Tatbeteiligten innerhalb des Unternehmens gesprochen habe, habe sie Anhaltspunkte auf weitere Täter im Unternehmen erhalten und umgehend und umfassend weiter ermittelt.
19Bezüglich der offenen Lohnzahlungen und der Überstundenvergütung habe sie, die Beklagte, die Aufrechnung mit den ihr entstandenen Detektivkosten erklärt. Zur Ermittlung des Sachverhalts und zur Ermittlung des ersten Täters sei es erforderlich gewesen, die Baustelle umfangreich durch ein Detektivunternehmen überwachen zu lassen, da ihr andere Aufklärungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung gestanden hätten. Das Detektivunternehmen habe für seine Tätigkeit einen Betrag in Höhe von 46.781,43 netto in Rechnung gestellt. Auf die Vergütungen anfallende Steuern und Sozialabgaben habe sie, die Beklagte ordnungsgemäß abgeführt.
20In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger erklärt, er habe die von ihm eingeräumten 400,00 von dem Mitarbeiter S persönlich erhalten. Es treffe zu, dass er in seiner Anhörung im September 2008 etwas anderes angegeben habe. Damals habe er, der Kläger, seinen Kollegen T S nicht belasten wollen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22I. Die Berufung, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist nur hinsichtlich des überwiegenden Teils der im Wege der Klageerweiterung in den laufenden Prozess eingeführten Zahlungsansprüche begründet. Hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages und hinsichtlich einer Schadensersatzposition, die sich der Kläger von seinen Zahlungsansprüchen in Abzug bringen lassen muss, ist die Berufung unbegründet.
231. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 29.09.2008, dem Kläger zugegangen am 30.09.2008, sein Ende gefunden hat.
24a. Für die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.09.2008 besteht ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB. Es liegen nämlich Tatsachen vor, aufgrund derer es der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden konnte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur bis zum Ablauf der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfrist fortzusetzen.
25aa. Unstreitig ist es auf der Großbaustelle der Beklagten in E im Jahr 2008 zu Lasten der Beklagten zu Diebstählen von Metallschrott gekommen. Ebenfalls unstreitig hat der Kläger aus der illegalen Verwertung solcher Metallschrottteile, die eigentlich der Beklagten zugestanden hätte, Beträge eingenommen, die sich nach seinem Bekunden auf insgesamt etwa 400,00 summierten.
26bb. Für welche Art von Tatbeteiligung der Kläger diese Beträge vereinnahmen konnte, ist objektiv nicht feststellbar. Zumindest hat der Kläger jedoch als Mitwisser von den Erlösen aus den illegalen Machenschaften finanziell profitiert. Dabei hat er nicht nur einmalig, sondern bei mehreren Gelegenheiten Geldbeträge entgegengenommen. Es bedarf zur Überzeugung des Berufungsgerichts keiner näheren Erläuterung, dass ein solches Verhalten eines Mitarbeiters die notwendige Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses nachhaltig zerstört und dass es keiner Abmahnung bedurfte, um dem Kläger die Erkenntnis dieser Folge seines Verhaltens zu eröffnen.
27b. Dabei kann auch der Umstand, dass der Kläger in seiner Anhörung vom 22.09.2008 seine eigene Beteiligung an den kriminellen Machenschaften zumindest in der Form der Entgegennahme der ihm zugedachten Erlöse freimütig eingeräumt hat, nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Ein solches Geständnis erscheint zwar grundsätzlich lobenswert. Zu bedenken ist aber auch, dass der Kläger dieses Geständnis erst im Rahmen der von der Beklagten eingeleiteten Ermittlungen abgelegt hat und nicht etwas aus freien Stücken von selbst auf die Beklagte zugegangen ist. Der eigene Sachvortrag des Klägers legt die Annahme nahe, dass er in Anbetracht der unter den Mitarbeitern kolportierten Gerüchte, der Geschäftsführer der Beklagten "wisse sowieso schon alles", lediglich die "Flucht nach vorn" antreten wollte. Weder hat der Kläger über das für sich selbst Eingeräumte hinaus zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen, noch hat er sich aus eigener Initiative auch nur für seinen Teil zur Schadenswiedergutmachung aufraffen können. Stattdessen hat er in der Anhörung vom 22.09.2008 sogar noch den Mitarbeiter T S durch die wahrheitswidrige Angabe, er könne sich nicht mehr erinnern, von wem er das Geld erhalten habe, gedeckt.
28c. Letztlich stellt der Kläger, soweit ersichtlich, selbst nicht (mehr) in Abrede, dass sein Verhalten im Zusammenhang mit den E Metallschrottentwendungen einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darstellte.
29d. Gegen die Wirksamkeit der Kündigung kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, die Beklagte habe bei der arbeitsrechtlichen Aufarbeitung der damaligen Vorgänge bei verschiedenen Arbeitnehmern "mit zweierlei Maß gemessen".
30aa. Es bedarf dabei keiner grundsätzlichen Erörterungen, inwieweit ein Arbeitgeber beim Ausspruch von verhaltensbedingten Kündigungen gegenüber mehreren Arbeitnehmern an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden ist und welche Rechtsfolgen sich gegebenenfalls aus dessen Nichtbeachtung ergeben könnten.
31bb. Vorliegend fehlt es nämlich bereits an objektiv belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte in wesentlicher Hinsicht gleichgelagerte Sachverhalte ungleich behandelt haben könnte.
32(1) § 626 Abs. 1 BGB schreibt u. a. vor, dass bei der Bestimmung des "wichtigen Grundes" für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung "alle Umstände des Einzelfalls" zu berücksichtigen sind. Entsprechendes gilt sinngemäß auch bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
33(2) Für den Fall T S weist die Beklagte darauf hin, dass es sich hierbei um einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt handelt, es aus ihrer Sicht somit noch keineswegs feststeht, ob dieser Mitarbeiter wegen seines Verhaltens im Zusammenhang mit den Metallschrottentwendungen in E gekündigt werden wird oder nicht. Die Beklagte erläutert hierzu, dass der Mitarbeiter selbst jede Tatbeteiligung abstreitet und bisher weder ihre eigenen noch die ihr zur Zeit bekannten Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden objektivierbare, für den Ausspruch zumindest einer Verdachtskündigung ausreichende Verdachtsmomente erbracht hätten. Der Kläger selbst hat den Mitarbeiter S zunächst aktiv gedeckt. Dasselbe gilt ausweislich des von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegten Anhörungsprotokolls auch für den Mitarbeiter B . Die Beklagte hat sowohl schriftsätzlich wie auch nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht angekündigt, dass sie das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters T S ebenfalls kündigen werde, falls sich noch eine für ihn negative Beweislage ergeben sollte.
34(3) Auch bezüglich der Mitarbeiter H und S kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte im Verhältnis zum Kläger im Wesentlichen gleichgelagerte Sachverhalte ungleich behandelt hat. Eine solche Feststellung ist schon deshalb nicht möglich, weil die zur Beurteilung notwendige Kenntnis "aller Umstände des Einzelfalls" bezüglich dieser Mitarbeiter nicht gegeben ist. Ungeachtet der fehlenden Kenntnis der Gesamtsituation in diesen Fällen weist die Beklagte aber bereits auf markante Unterschiede hin, die darin bestehen, dass die Mitarbeiter H und S aktiv zur Aufklärung der Metallschrotentwendungen beigetragen und auch aus eigener Initiative Schadenswiedergutmachung geleistet hätten.
35e. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass die streitige Kündigung unter Verstoß gegen § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden wäre. Aufgrund der von den Detektiven angefertigten Videoaufnahmen ergab sich noch kein Verdacht gegenüber dem Kläger. Dass die Beklagte somit schon vor den Hinweisen des Beschuldigten J auf weitere Mittäter im Unternehmen der Beklagten zwingenden Anlass gehabt hätte, konkrete Ermittlungen auf die Person des Klägers auszudehnen, bevor dies mit der Anhörung vom 22.09.2008 tatsächlich geschehen ist, lässt sich somit objektiv nicht feststellen.
36f. Durchgreifende Bedenken des Inhalts, dass die Beklagte vor Ausspruch der streitigen Kündigung ihren Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört hätte, bestehen ebenfalls nicht. Ungeachtet der Ausführungen unter e. ist bei einer Betrachtung im Nachhinein ein mittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Überwachungstätigkeit der Detektive und der letztendlichen Überführung des Klägers zumindest als Mitwisser nicht zu leugnen: Ohne die Arbeit der Detektive wäre die Beklagte nicht auf den Mitarbeiter J als verdächtigen Täter gestoßen. Ohne die Beschuldigung des Mitarbeiters J wäre es nicht zu dessen Hinweis auf weitere Beteiligte unter dem Personal der Beklagten gekommen. Ohne diesen Hinweis hätte die Beklagte letztlich auch den Kläger nicht zu den Vorgängen befragt. In Anbetracht dessen kann auch die seitens der Beklagten dem Betriebsrat unterbreitete Sachverhaltsdarstellung nicht als irreführend oder fälschend gekennzeichnet werden.
37g. Bei alle dem kann die Berufung des Klägers nicht zu der Feststellung führen, dass die streitige außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.09.2008 zum 30.09.2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hätte.
382. a. Dem Kläger steht auch ein Vergütungsanspruch für den Monat September in der eingeklagten Höhe von 2.691,80 brutto zu.
39b. Desgleichen stand zugunsten des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine erhebliche Anzahl von Überstunden zur Abgeltung offen. Aufgrund des eigenen Verweises des Klägers auf die Augustabrechnung der Beklagten ergeben sich allerdings nicht 217, sondern lediglich 208 offene Überstunden mit einem ebenfalls in der Augustabrechnung ausgewiesenen Gegenwert von 2.973,45 brutto.
40c. Zur Höhe der vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche verweist die Beklagte lediglich auf eine von ihr erstellte Schlussabrechnung September 2008, erläutert diese aber in keiner Weise, obwohl sie nicht selbsterklärend ist. Ist somit bei der anzusetzenden Bruttovergütung von den vom Kläger insoweit schlüssig vorgetragenen Zahlen auszugehen, wird auch die Höhe der abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge im Einzelnen neu zu berechnen sein und kann somit nicht von der in der Septemberabrechnung der Beklagten genannten Nettosumme ausgegangen werden.
41d. Im Hinblick auf die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Ersatzanspruch wegen der ihr entstandenen Detektivkosten ist jedoch von dem sich aus dem Bruttogehalt für September in Höhe von 2.691,80 errechnenden Nettobetrag ein Betrag in Höhe von 800,00 in Abzug zu bringen.
42aa. Da es sich bei der Aufrechnungsforderung um einen Anspruch aus einer vorsätzlichen Vertragsverletzung des Klägers geht, wären Pfändungsfreigrenzen entgegen § 394 BGB gemäß § 242 BGB grundsätzlich nicht zu beachten (vgl. z. B. BAG, NJW 1960, 1590; Palandt/Grüneberg, § 394 BGB Rdnr. 2).
43bb. Die Schadensersatzforderung der Beklagten wegen der von ihr aufgewandten Detektivkosten ist gegenüber dem Kläger jedoch nur in einer Höhe von 800,00 gerechtfertigt.
44(1) Ob der Arbeitgeber von ihm aufgewandte Detektivkosten von einem Arbeitnehmer ersetzt verlangen kann, hängt u. a. davon ab, was den Arbeitgeber veranlasst hat, den Detektiv tätig werden zu lassen. So kann der Arbeitgeber die durch den Einsatz eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er den Detektiv anlässlich eines konkreten Tatverdachts mit der Überwachung des Arbeitnehmers beauftragt hat und der Arbeitnehmer dann einer vorsätzlichen Vertragsverpflichtung überführt wird (BAG vom 28.05.2009, 8 AZR 226/08).
45(2) Anlass dafür, dass die Beklagte das Detektivbüro beauftragt, war kein konkreter Tatverdacht gegen bestimmte Personen, schon gar nicht gegen den Kläger, sondern der Umstand, dass die Beklagte aufgrund ihrer betriebswirtschaftlichen Aufzeichnungen unerklärliche Defizite im Hinblick auf die erwarteten Erlöse aus Metallschrottverkäufen konstatierte.
46(3) Handelt es sich bei den Detektivkosten um sogenannte Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen aufgewandt werden, so sind sie als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen (BAG a. a. O.). Um solche reinen Vorsorgekosten handelt es sich vorliegend jedoch auch nicht, da zwar kein konkreter Verdacht gegen eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personenkreis vorlag, wohl aber ein abstrakter Verdacht dahingehend, dass vorliegend "nicht alles mit rechten Dingen zugeht".
47(4) Der anfangs abstrakte Verdacht hat in der Folgezeit durch die Ermittlungsergebnisse der Detektive zunächst zu einem konkreten Verdacht gegen diejenigen Personen geführt, die durch das von den Detektiven angefertigte Video einer Tatbeteiligung überführt werden konnten. Hierdurch verursacht ist dann bei den weiteren Ermittlungen u. a. der Kläger als sonstiger Tatbeteiligter im weiteren Sinne ermittelt worden.
48(5) Die Grenze einer möglichen Schadensersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde (BAG a. a. O.).
49(6) Ob es im vorliegenden Fall in diesem Sinne vernünftigerweise nicht nur zweckmäßig, sondern auch erforderlich war, ein Detektivbüro zu beauftragen und dieses Kosten in einem Umfang von 46.781,43 netto verursachen zu lassen, kann dahingestellt bleiben. Immerhin stand nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bei Beginn des abstrakten Verdachtes, dass etwas "nicht mit rechten Dingen zugehen" könne, eine potentielle Schadenssumme in fünf- bis sechsstelliger Höhe im Raum.
50(7) Die Grenze der Ersatzpflicht von Detektivkosten muss jedoch nicht nur in ein Verhältnis gesetzt werden zu der Gesamtsituation, die den Anlass für die Beauftragung der Detektive bildete, sondern auch zum Tatumfang des dann später im Nachhinein haftbar zu machenden Tatbeteiligten.
51(8) Derzeit kann objektiv nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Kläger um einen Haupttäter der Metallschrottentwendungen in E handelte. Es kann nicht einmal objektiv festgestellt werden, dass der Kläger bei der Entwendung von Metallschrott aktiv mit Hand angelegt hat. Fest steht nur, dass er als Mitwisser aus dem Erlös der kriminellen Machenschaften finanziell profitiert hat. Es ist ihm jedoch auch insofern nicht zu widerlegen, dass sich sein Profit - und damit auch der auf ihn entfallende Teil des eigentlichen Schadens der Beklagten - auf einen Betrag in Höhe von ca. 400,00 beschränkt hat.
52(9) Zu dieser dem Kläger nachweisbaren Tatbeteiligung in Höhe eines Schadens von 400,00 ist die Grenze der Schadensersatzpflicht der von der Beklagten aufgewandten Detektivkosten ins Verhältnis zu setzen. In Anbetracht dessen hält es die Berufungskammer für angemessen, den vom Kläger zu verantwortenden und zu ersetzenden Anteil an den der Beklagten entstandenen Ermittlungskosten in Form von Detektivkosten auf den doppelten Betrag des ihm zuzurechnenden Schadens, also auf 800,00 zu begrenzen.
533. Dementsprechend war zu entscheiden wie geschehen.
54II. Die Kostenfolge ergibt sich aus dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens.
55Die vorliegende Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls und erfüllt die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision nicht.
56R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
57Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
58Dr. Czinczoll Dumm Kroll