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Zur Berechnung des Vergleichsentgelts nach Überleitung des Arbeitsverhältnisses vom BAT auf den TVöD bei Ortszuschlagsberechnung des Ehegatten.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.04.2009 5 Ca 4806/08 d wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die richtige Berechnung des Vergleichsentgelts nach Überleitung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).
3Die Beklagte ist eine in einer Rechtsform einer GmbH geführte Forschungseinrichtung der öffentlichen Hand. Gesellschafter der Beklagten sind zu 90 % die Bundesrepublik Deutschland und zu 10 % das Land Nordrhein-Westfalen.
4Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.01.1998 als Ingenieur angestellt. Nach § 2 des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten der Kernforschungsanlage J GmbH vom 05.09.1973 und die diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge Anwendung (vgl. Bl. 21 der Akten). Nach der Bezugnahmeklausel nach § 2 des Manteltarifvertrages der Kernforschungsanlage J GmbH sind die für die Angestellten des Bundes jeweils geltenden Vorschriften anzuwenden. Zuletzt war der Kläger in die Vergütungsgruppe BAT III eingruppiert.
5Das Beschäftigungsverhältnis wurde aufgrund der Einführung des TVöD nach dem Tarifvertrag für die Überleitung (TVÜ-Bund) in die Vergütungsregelungen des TVöD übergeleitet. Die maßgebliche Vorschrift zur Überleitung nebst Protokollerklärung lautet wie folgt:
6"§ 5 Vergleichsentgelt
7(1) Für die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TVöD wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge gemäß den Absätzen 2 bis 7 gebildet.
8(2) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O setzt sich das Vergleichsentgelt aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen. Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT / BAT-O ortzuschlagberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird nur die Stufe 1 zugrunde gelegt; findet der TVöD am 1. Oktober 2005 auch auf die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt ein. Ferner fließen im September 2005 tarifvertraglich zustehende Funktionszulagen insoweit in das Vergleichsentgelt ein, als sie nach dem TVöD nicht mehr vorgesehen sind. Erhalten Beschäftigte eine Gesamtvergütung (§ 30 BAT / BAT-O), bildet diese das Vergleichsentgelt".
9Die Protokollerklärungen zu Absatz 2 Satz 2 lauten:
10Protokollerklärungen zu Absatz 2 Satz 2:
111. Findet der TVöD am 1. Oktober 2005 für beide Beschäftigte Anwendung und hat einer der beiden im September 2005 keine Bezüge erhalten wegen Elternzeit, Wehr- oder Zivildienstes, unbezahlten Sonderurlaubs aufgrund von Familienpflichten im Sinne des § 4 Abs. 2 BGleiG, Sonderurlaubs, bei dem der Arbeitgeber vor Antritt ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung anerkannt hat, Bezuges einer Rente auf Zeit wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Ablaufs der Krankenbezugsfristen, erhält die/der andere Beschäftigte zusätzlich zu ihrem/seinem Entgelt den Differenzbetrag zwischen dem ihr/ihm im September 2005 individuell zustehenden Teil des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und 2 des Ortszuschlags und dem vollen Unterschiedsbetrag als Besitzstandszulage.
122. Hat die andere ortszuschlagsberechtigte oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigte Person im September 2005 aus den in Nr. 1 genannten Gründen keine Bezüge erhalten, erhält die/der in den TVöD übergeleitete Beschäftigte zusätzlich zu ihrem/seinem Entgelt den vollen Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags als Besitzstandszulage.
133. Ist die andere ortszuschlagsberechtigte oder familienzuschlagsberechtigte Person im September 2005 aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden, ist das Tabellenentgelt ab dem 1. Juli 2008 auf Antrag neu zu ermitteln. Basis ist dabei die Stufenordnung nach § 6 Abs.1 Satz 2, die sich zum 1. Oktober 2007 ergeben hätte, wenn das Vergleichsentgelt unter Berücksichtigung der Stufe 2 des Ortszuschlags gebildet worden wäre.
144. Die Besitzstandszulage nach den Nrn. 1 und 2 oder das neu ermittelte Tabellenentgelt nach Nr. 3 wird auf einen bis zum 30. September 2008 zu stellenden schriftlichen Antrag (Ausschlussfrist) vom 1. Juli 2008 an gezahlt. Ist eine entsprechende Leistung bis zum 31. März 2008 schriftlich geltend gemacht worden, erfolgt die Zahlung vom 1. Juni 2008 an.
155. In den Fällen der Nrn. 1 und 2 wird bei Stufensteigerungen und Höhergruppierungen der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf die Besitzstandszulage angerechnet. Die/Der Beschäftigte hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 nachzuweisen und Änderungen anzuzeigen. Die Besitzstandszulage nach den Nrn. 1 und 2 entfällt mit Ablauf des Monats, in dem die/der andere Beschäftigte die Arbeit wieder aufnimmt.
16Die Ehefrau des Klägers ist als Angestellte im Klinikum A beschäftigt und war dort ebenfalls nach BAT eingruppiert. Seit Februar 2004 ist sie zur Erziehung der Kinder sonderbeurlaubt. Aufgrund der Einführung des neuen TV-L ist sie zum 01.11.2006 gemäß dem TVÜ-Länder überzuleiten. Hier heißt es zum Vergleichsentgelt:
17"§ 5
18(1) Für die Zuordnung zu der Stufenentgelttabelle des TV-L wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der Bezüge, die im Oktober 2006 zustehen, nach dem Absätzen 2 bis 6 gebildet.
19(2) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O setzt sich das Vergleichsentgelt aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen. Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschnitt b Abs. 5 BAT/BAT-O ortszuschlagsberechtigt und nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird die Stufe 1 und der jeweilige Anteil des Unterschiedsbetrages der Ortszuschlagstufe 1 und 2 bzw. des Familienzuschlags der Stufe 1, den die andere Person aufgrund von Teilzeitbeschäftigung nach mehr erhält, zugrunde gelegt "
20Die Beklagte berechnete mit Schreiben vom 21.09.2005 das Vergleichsentgelt für den Kläger ab dem 01.10.2005 zunächst unter Berücksichtigung des Ortszuschlags nach Stufe 2. Die Summe des so ermittelten Vergleichsentgelts betrug insgesamt 3.623,10 , so dass dem Kläger seine Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 und einer sogenannten "individuellen Zwischenstufe" zwischen den Stufen 4 und 5 in Höhe des bisherigen Vergleichsentgeltes mitgeteilt wurde. Ferner wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er ab 01.10.2007 in die Entgeltgruppe 12 Stufe 5 eingestuft werden solle. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 4 und 5 d. A. verwiesen.
21Mit Schreiben vom 23.11.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie müsse die Berechnung des Vergleichsentgelts korrigieren, da sie im Rahmen der Überleitung zwar davon ausgegangen war, dass bei den Beschäftigten, deren orts- bzw. familienzuschlagsberechtigte(r) Ehegatte/in im September 2005 wegen Beurlaubung keine Bezüge erhält, die Stufe 2 des Ortszuschlags bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts zu berücksichtigen sei. Das BMI-Rundschreiben D II 2-220210/643 vom 10.10.2005 sehe aber unter Ziffer 2.2.1.1.2 nur die Zahlung der Stufe 1 bzw. ½ im Ortszuschlag vor. Die Differenz zur Stufe 2 werde für die Dauer der Beurlaubung der Ehegattin aber als außertarifliche Zulage gezahlt.
22Das aufgrund der neuen Vergleichsentgeltermittlung wurde mit 3.516,20 errechnet, was zu einer Einstufung in Entgeltgrupe 2 mit der sogenannten "individuellen Zwischenstufe" zwischen den Stufen 3 und 4 führte mit der Ankündigung einer Einstufung in die Entgeltgruppe 12 Stufe 4 ab 01.10.2007. Die Differenz der Stufe 1 und 2 im Ortszuschlag in Höhe von 106,90 brutto wurde dem Kläger seither als außertarifliche Zulage gezahlt.
23Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass bei der Berechnung des monatlichen Vergleichsentgelts für seine monatlichen Bezüge ab Oktober 2005 der Ortszuschlag nach Stufe 2 anzusetzen ist. Er ist der Auffassung, die Berücksichtigung lediglich der Stufe 1 verstoße gegen Art. 3, 6 und 14 GG. Die Berechnung führe zu einer Benachteiligung gegenüber Angestellten in gleicher Situation, deren Ehegatten nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt seien. Bei einem Ausscheiden seiner Ehefrau aus dem öffentlichen Dienst würde zudem die außertarifliche Zulage wegfallen.
24Der Kläger hat beantragt,
25festzustellen, dass bei der Berechnung des monatlichen Vergleichsentgelts des Klägers für dessen monatliche Bezüge ab Oktober 2005 der Ortszuschlag nach Stufe 2 anzusetzen ist.
26Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Wie sie aus dem Rundschreiben des BMI vom 10.10.2005 entnommen habe, sei für den Kläger nur der Ortszuschlag der Stufe 1 zu berücksichtigen. Ein finanzieller Nachteil sei aufgrund der gezahlten außertariflichen Zulage derzeit nicht feststellbar.
29Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 17.04.2009 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Anspruch des Klägers der Wortlaut der Nrn. 1 und 2 der Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund entgegenstehe. Die Regelung verstoße nicht gegen grundgesetzliche Wertungen.
30Gegen dieses ihm am 12.05.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.06.2009 Berufung eingelegt und diese am 03.07.2009 begründet.
31Der Kläger rügt insbesondere die Verletzung seines Rechts auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Verletzung seiner Rechte aus Art. 6 und Art. 14 GG. Eine bereits aufgrund der vorhandenen beruflichen Stellung erreichte Vergütungsposition werde ohne sachlichen Grund verschlechtert.
32Der Kläger beantragt,
33das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen, dass bei der Berechnung des monatlichen Vergleichsentgelts des Klägers für dessen monatliche Bezüge ab dem Oktober 2005 der Ortszuschlag betragsmäßig nach Stufe 2 anzusetzen ist.
34Die Beklagte beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
38I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch als statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1 sowie Abs. 2 b ArbGG.
39Für die Klage besteht insbesondere ein Feststellungsinteresse, dass zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass das Vergleichsentgelt für die Überleitung in die Vergütung nach TVöD unter Berücksichtigung des Ortszuschlages Stufe 2 zu berechnen ist. Diese Unsicherheit kann durch ein entsprechendes Urteil beseitigt werden. Ein bloßer Zahlungsantrag würde keine mit Rechtskraft bindende Klärung zwischen den Parteien für die Zukunft entfalten.
40II. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen.
411. Dem Kläger steht kein Anspruch zu, dass bei der Berechnung des monatlichen Vergleichsentgelts ab Oktober 2005 der Ortszuschlag nach Stufe 2 anzusetzen ist. Dies ergibt sich aus der wörtlichen, systematischen und teleologischen Auslegung der entsprechenden Vorschriften.
42a. § 5 Abs. 2 TVÜ-Bund formuliert den Grundsatz, wonach ein Vergleichsentgelt sich aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammensetzt. Sofern noch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschnitt b Abs. 5 BAT/BAT-O ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt ist, wird nur der Ortszuschlag nach Stufe 1 zugrunde gelegt. Die Ehefrau des Klägers ist eine "andere Person" im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz TVÜ-Bund gemäß des in Bezug genommenen § 29 Abschnitt B Abs. 5 BAT, da für sie als Angestellte des Klinikums Aachen der BAT - und nunmehr der TV-L - anzuwenden ist und sie mithin ortszuschlagsberechtigt war.
43b. § 5 Abs. 2 TVÜ-Bund kann nicht im Sinne des Klägers dahin ausgelegt werden, dass der Ortszuschlag Stufe 2 dann zugrunde zu legen ist, wenn der Ehegatte zwar grundsätzlich - ortszuschlagsberechtigt ist, aber im Stichtagsmonat September 2005 wegen Sonderurlaubs - tatsächlich - keinen Ortzuschlag erhalten hat.
44aa. Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (vgl. nur BAG vom 22.10.2003 10 AZR 152/03 , AP Nr. 21 zu § 1 TVG Rückwirkung; BAG vom 31.07.2002 10 AZR 578/01 , AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Wohnungswirtschaft). Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist mit zu berücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG vom 22.10.2003 10 AZR 152/03 a.a.O.).
45bb. Bereits der Wortlaut des § 5 TVÜ-Bund spricht nicht dafür, dass das Vergleichsentgelt höher zu bemessen ist, wenn der Ehegatte zwar theoretisch ortszuschlagsberechtigt ist, aber aufgrund einer Beurlaubung im September 2005 keinen Ortszuschlag erhalten hat. In der Tarifnorm ist eine Unterscheidung zwischen tatsächlich gezahlter Vergütung wie sie in Abs. 1 mit der Formulierung "erhaltene Bezüge" zugrunde gelegt wird von der in Abs. 2 vorgenommenen abstrakten Betrachtungsweise - wie sie in der Formulierung "ortzuschlagsberechtigt" vorgenommen wird - bereits im bei den Tatbestandsvoraussetzungen differenzierenden Wortlaut der Tarifvorschrift verankert. Die in dem hier streitentscheidenden Absatz 2 vorgenommene Abstellung auf die Berechtigung entspricht auch der sprachlichen Fassung des § 29 Abschnitt b Abs. 5 BAT, auf den in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund verwiesen wird. Auch in § 29 Abschnitt b Abs. 5 BAT wird nicht auf die tatsächliche Zahlung des Ortszuschlages an den Ehegatten abgestellt, sondern im Konjunktiv formuliert.
46cc. Auch Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sprechen nicht dafür, das Vergleichsentgelt höher zu bemessen, wenn der Ehegatte im Monat September 2005 tatsächlich keinen Ortszuschlag erhalten hat, aber bezugsberechtigt gewesen wäre. Anders als der BAT kennt der TVöD keine familienbezogenen Entgeltbestandteile mehr. Durch § 5 TVÜ-Bund sollen die bisherigen familiären Umstände dauerhaft in das Vergleichsentgelt einfließen. Durch die von der Norm vorgesehene Berechnungsgrundlage soll grundsätzlich verhindert werden, dass sich das Familieneinkommen gegenüber den bisherigen Verhältnissen vermindert. Das nach § 5 TVÜ-Bund ermittelte Vergleichsentgelt soll den Angestellten davor schützen, nach der Überleitung in den TVÜ schlechter vergütet zu werden als zuvor. Das Vergleichsentgelt garantiert, dass auch nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses der bisherige Besitzstand gewahrt ist, so dass die tarifvertragliche Übergangsregelung der Besitzstandwahrung entsprechend dem Status des Arbeitnehmers zum Überleitungsstichtag dient (vgl. hierzu BAG vom 17.07.2008 6 AZR 635/07 , ZTR 2008, 613; BAG vom 26.06.2008 2 AZR 498/07 , ZTR 2008, 547; BAG vom 30.10.2008 6 AZR 682/07 , ZTR 2009, 201).
47Sinn und Zweck des § 5 TVÜ-Bund ist dagegen nicht eine Erhöhung des Familieneinkommens. Genau hierzu würde aber die Auffassung des Klägers führen. Nach den Regelungen des BAT war es nämlich so, dass - neben dem jedermann zustehenden Ortszuschlag der Stufe 1 - die Erhöhung auf Stufe 2 davon abhing, ob ein Arbeitnehmer verheiratet ist. Fiel der Ehegatte ebenfalls unter den BAT, so wurde der familienbezogene Teil des Ortszuschlages jeweils zur Hälfte auf beide Ehegatten aufgeteilt. Die Stufe 2 sollte damit im Ergebnis einmal in das Vergleichsentgelt des § 5 TVÜ-Bund einfließen. Würde man hingegen den tatsächlichen Nichtbezug des Ortszschlags im Stichtagsmonat September 2005 im Sinne des Klägers berücksichtigen, würde der Ortszuschlag der Stufe 2 dauerhaft in das Vergleichsentgelt einfließen. Für die Ehefrau des Klägers wäre gemäß § 5 TVÜ-L ebenfalls ein Vergleichsentgelt zu ermitteln, welches den Ortzuschlag der Stufe 1 enthält. Sobald der andere Ehegatte wieder Entgelt bezieht, wäre das Gesamteinkommen beider Ehegatten gegenüber der Rechtslage vor Überleitung verbessert, denn eine nachträgliche Reduzierung des einmal festgesetzten Vergleichsentgelts sieht der TVöD nicht vor (so auch LAG Düsseldorf vom 24.09.2007 17 Sa 967/07 , ZTR 2008, 261; LAG Baden-Württemberg vom 30.07.2008 14 Sa 49/08 , Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 6 AZR 1037/08; LAG Niedersachsen vom 10.06.2008 11 Sa 332/07 , Revision eingelegt unter Aktenzeichen 6 AZR 668/08).
48c. Gegen dieses Ergebnis bestehen auch unter Gesichtspunkt der Gleichbehandlung oder wegen sonstiger grundgesetzlicher Wertungen keine Bedenken.
49aa. Wie bereits das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 30.10.2008 (- 6 AZR 682/07 -, ZTR 2009, 201) festgestellt hat, verstößt § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA, der gleichlautend ist mit dem hier streitgegenständlichen § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund, weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger geltend macht, er werde im Verhältnis zu Kollegen, die nicht mit einem Ehegatten, welcher im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, verheiratet ist, ungleich behandelt, berücksichtigt er nicht hinreichend den familienbezogenen Charakter des Ortszuschlags Stufe 2. Der Ortszuschlag Stufe 2 stellt keine Gegenleistung für erbrachte Leistungen, sondern einen sozialen Ausgleich für den Mehraufwand dar, der sich aus den mit einer Ehe typischerweise verbundenen finanziellen Belastung ungeachtet einer konkreten Bedarfssituation ergibt. Ihm kommt somit in erster Linie eine soziale, familienstandsbezogene Ausgleichsfunktion zu. Für den Ortszuschlag Stufe 2 enthält der BAT in § 29 Abschnitt B Abs. 5 eine seit dem Inkrafttreten des 49. Änderungstarifvertrages zum BAT am 01.05.1982 geltende Konkurrenzregelung. Mit der Änderung der Ortszuschlagsregelung für beiderseits im öffentlichen Dienst tätige Ehegatten sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bislang derselbe Tatbestand zwei Mal aus öffentlichen Kassen abgegolten wurde. Die Neuregelung sollte sicherstellen, dass grundsätzlich der volle Ehegattenanteil für beide Ehepartner zusammen übrig bleibt. Diesem Ziel dient auch die Konkurrenzregelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Bund. Dort ist bestimmt, dass bei dem Vergleichsentgelt des in den TVöD übergeleiteten verheirateten Angestellten nur der Ortszuschlag Stufe 1 zu berücksichtigen ist, wenn sein Ehepartner ebenfalls ortszuschlagsberechtigt ist. Die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten wird in diesem Fall in Bezug auf die Zahlung des Ortszuschlages Stufe 2 im Wesentlichen genauso behandelt wie im Falle eines Angestellten des öffentlichen Dienstes, dessen Ehepartner in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen tätig ist.
50bb. Richtig ist zwar, dass der Kläger aufgrund der neu gebildeten Entgeltgruppen in eine höhere Zwischenstufe aufgestiegen wäre. Die Tarifvertragsparteien sind allerdings nicht zwingend gehalten, eine Regelung zu schaffen, die dem Kläger einen solchen Aufstieg ermöglicht hätte. In Bezug auf Leistungen mit besonderem Charakter, wie den tariflichen Ortzuschlag, sind die Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet, ein Regelwerk zu vereinbaren, das sämtliche auch nur mittelbar auftretende Unterschiede berücksichtigt und finanziell ausgleicht (BAG vom 25.10.2007 6 AZR 95/07 , ZTR 2008, 380). Die sich vorliegend für den Kläger ergebenden Nachteile beruhen auf der Stufenbildung im Entgeltgruppensystem des TVöD und nicht unmittelbar auf der unterbliebenen Berücksichtigung des Ortszuschlags Stufe 2.
51cc. Auch soweit der Kläger geltend macht, die Überleitung in den TVöD habe bei ihm zu einer rechtswidrigen Vergütungskürzung und damit zu einem Eingriff nach Art. 14 GG geführt, verkennt er, dass die Tarifvertragsparteien zulässigerweise auf die Erwerbsgemeinschaft von Eheleuten abgestellt haben und dass der Ortszuschlag 1 in das Vergleichsentgelt seiner Ehefrau eingestellt wird. Den Tarifvertragsparteien steht es im Übrigen frei, bisher gewährte tarifvertragliche Leistungen mit Wirkung für die Zukunft einzuschränken oder zu streichen.
52dd. Ferner liegt auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vor. Finanzielle Folgen während der Elternzeit sind durch die Leistung der Differenzzahlung als außertarifliche Zulage nicht gegeben.
53d. Schließlich handelt es sich vorliegend nicht um eine sog. unzulässige Rückgruppierung.
54Der Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung des Ortszuschlags 2 kann nicht aus dem Schreiben vom 21.09.2005 hergeleitet werden. Die Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelung, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplanes gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel wollen sie nur die vorhandenen Normen vollziehen (BAG vom 11.10.1995 5 AZR 802/94 , AP Nr. 9 zu § 611 BGB Arbeitszeit). Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss daher davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Das Schreiben vom 21.09.2005 enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dem Kläger eine Zusage unabhängig vom Bestehen tarifvertraglicher Verpflichtungen machen wollte. Es gibt vielmehr die aus ihrer Sicht damalige Rechtslage wieder.
55III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
56IV. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, da eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage betroffen ist, die im Hinblick auf die Geltung des bundesweit anwendbaren TVÜ-Bund Auswirkungen auf einen größeren Teil der Allgemeinheit hat.
57RECHTSMITTELBELEHRUNG
58Gegen dieses Urteil kann von
59R E V I S I O N
60eingelegt werden.
61Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
62Bundesarbeitsgericht
63Hugo-Preuß-Platz 1
6499084 Erfurt
65Fax: 0361 2636 2000
66eingelegt werden.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
68Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
69In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
71Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
72* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
73Dr. Liebscher Wefers-Bruckhaus Groeneveld