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Gründe
2I.
3Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darum, ob die im Tenor des angefochtenen Beschlusses angegebenen Teile einer Computeranlage abzubauen und in einem separaten Raum zu lagern sowie keine Ersatzhartware aufzustellen ist und auch die übrigen Rechner im Betrieb nur als Einzelplatzrechner zu betreiben sind. Wegen des erstinstanzlichen Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Gründe (I.) des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
4Das Arbeitsgericht hat die einstweilige Verfügung erlassen.
5Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 21.12.2001 zugestellt.
6Der Antragsgegner trägt vor, er habe sich aus wirtschaftlichen Gründen dazu entschlossen, die Einführung von Personalcomputern in dem Dialysezentrum Aachen und eine spätere Einführung des Softwareprogramms DIS II voranzutreiben. Nachdem der Antragsteller über ein Jahr durch destruktives Verhalten die EDV-Einführung einschließlich DIS II verhindert habe, sei der Antragsgegner nunmehr unter Zeitdruck dazu angehalten, die EDV-Anbindung des Zentrums A zu ermöglichen. Dieses sei das einzige von über 200 Zentren, welches über keinen PC-Anschluss verfüge. Die kassenärztlichen Vereinigungen erwarteten seit Jahren die Abrechnung über EDV. Die fehlende EDV-Anbindung stelle das D A in das wirtschaftliche Abseits. Im Hinblick auf stark abnehmende Patientenzahlen werde mehr denn je ein konzentriertes Handeln geboten. Auch die Arbeitnehmer forderten seit Monaten den Einsatz der Computeranlage und die Installation von DIS II, um mit den Arbeitnehmern in sämtlichen anderen Dialysezentren gleichgestellt zu werden.
7Nach entsprechender Information des Antragstellers sei daher in der 47. Kalenderwoche die Computeranlage aufgebaut worden. Wegen des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers erfolge lediglich die Aufstellung der Rechner mit dem Betriebssystem Windows NT. Der PC-Einsatz einschließlich der Dialysesoftware DIS II solle unmittelbar im Anschluss an den Abschluss des Einigungsstellenverfahrens erfolgen.
8Der Antragsgegner meint, in dem angefochtenen Beschluss werde die notwendige Unterscheidung zwischen Betrieb des Personalcomputers mit dem installierten System Windows NT und der Einführung von DIS II nicht vorgenommen. Der Aufbau von Personalcomputern ohne DIS II könne aber nach Auffassung des Antragsgegners unter Einhaltung der Beteiligungsrechte erfolgen. Das Einigungsstellenverfahren "Einführung von DIS II" werde unter anderem eine Regelung zur Aufstellung und zu den Standorten der Rechneranlage zum Inhalt haben und ggf. Veränderungen im Vergleich zum bisherigen Zustand herbeiführen. Die Feststellung des Arbeitsgerichts, die aufgestellte Hartware sei für den Einsatz mit dem Dialyseinformationssystem bestimmt, sei insoweit richtig, dass der Antragsgegner die Einführung von DIS II beabsichtige. Der Zeitpunkt sei jedoch völlig ungewiss. Nach dem derzeitigen Verhandlungsstand sei vielmehr zu bezweifeln, ob DIS II überhaupt in Betrieb genommen werden könne. In diesem Fall sei zu überlegen, in welcher Art und Weise die Personalcomputeranlage zum Einsatz gelangen solle. In diesem Sinne könnte etwa die Personaldatenverarbeitung, die in der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.12.1997 und in der Regelungsabsprache vom 08.12.1998 niederlegt sei, Anwendung finden. Der denkbare Anwendungsbereich beschränke sich nicht allein auf DIS II.
9Auch leugne der Antragsgegner nicht hartnäckig die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, wie das Arbeitsgericht angenommen habe. Dementsprechend sei ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
10Die tenorierte Verpflichtung stelle im Übrigen eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Dem Antragsgegner - so meint er - habe allenfalls untersagt werden können, das Softwareprogramm DIS II auf den Rechnern zu betreiben. Diesem Antrag fehle jedoch das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsgegner durchgehend versichert habe, dass das DIS II-Programm nicht zur Anwendung gelange.
11Der Antragsgegner beantragt:
12Der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.12.2001, Aktenzeichen: 4 BVGa 14/01, wird aufgehoben. Die Anträge des Antragstellers werden zurückgewiesen.
13Der Antragsteller beantragt,
14die Beschwerde zurückzuweisen.
15Der Antragsteller verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Er weist darauf hin, dass die vom Antragsgegner angesprochene Personaldatenverarbeitung gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.01.1997 allein an dem Arbeitsplatz der Verwaltungsmitarbeiterin L -H stattfinde und nicht mittels der Hartware, deren Abbau des das Arbeitsgericht angeordnet habe. Der Server nebst Monitor sei ausschließlich zum Betrieb eines Netzwerks gedacht und bestimmt und nicht zum Betrieb eines einzelnen Rechners.
16Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren.
17II.
18Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.
19Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, regelt diese Gesamtbetriebsratsvereinbarung nicht nur den Einsatz der für den Betrieb des Systems DIS II bestimmten Software, sondern bestimmt ausdrücklich, dass mit dem örtlichen Betriebsrat vor der Installation auch geregelt wird die:
21"Aufstellung und ggf. Änderung der zum Einsatz kommenden Hartware unter Festlegung des Standortes".
22Gegen diese Rechte des Antragstellers hat der Antragsgegner mit der Aufstellung der Hartware offensichtlich verstoßen.
23Soweit der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung ausführt, die aufgestellte Hartware mit dem Betriebssystem Windows NT könne "theoretisch" auch für andere Einsätze verwendet werden, der "denkbare" Anwendungsbereich beschränke sich nicht allein auf DIS II, so kommt es auf solche "denkbaren, theoretischen" anderweitigen Einsätze nicht an, solange - und das ist unstreitig - der Aufbau der streitgegenständlichen Hartware erfolgte, um die Einführung von DIS II vorzubereiten und zu beschleunigen.
24Damit handelt es sich um die Aufstellung "der zum Einsatz kommenden Hartware unter Festlegung des Standortes". Da die Hartware denknotwendig vor dem Einsatz aufgestellt werden muss, kann es keine Rolle spielen, ob sie schon mit der DIS II-Software betrieben wird. Es reicht aus, wenn sie zu diesem Zwecke aufgestellt wird, wenn der Einsatz der DIS II-Software auf dieser Hartware geplant ist, solange nicht eine anderweitige Verwendung ebenso konkret geplant ist.
25Da das durch die Gesamtbetriebsvereinbarung begründete Beteiligungsrecht des Antragstellers sich gerade auch auf die Aufstellung und Standortwahl für die Hartware bezieht, hat der Antragsgegner Unrecht, wenn er meint, dass ihm allenfalls hätte untersagt werden können, das Software-Programm auf den Rechnern zu betreiben.
26Eine eindeutige Rechtsverletzung im letzteren Sinne liegt hier vor. Die Gesamtbetriebsvereinbarung bestimmt eindeutig, dass nicht nur der Einsatz der Software, sondern auch die Aufstellung und Feststellung des Standortes der zum Einsatz kommenden Hartware dem Beteiligungsrecht des Betriebsrates unterliegen. Das einseitige Vorgehen des Antragsgegners verletzt dieses Beteiligungsrecht eindeutig.
28Soweit der Antragsgegner sich demgegenüber darauf beruft, dass der Antragsteller durch destruktives Verhalten die EDV-Einführung über ein Jahr verhindert habe, so ist dieses destruktive Verhalten weder substantiiert noch letztlich erheblich. Der Antragsgegner hätte es in der Hand gehabt, schon zu einem viel früheren Zeitpunkt die Einigungsstelle anzurufen. Dass er dieses unterlassen hat, berechtigt ihn selbst dann, wenn auf Seiten des Antragstellers eine Obstruktionshaltung festzustellen ist, nicht zum einseitigen Vorgehen unter klarem Verstoß gegen die Rechte des Antragstellers.
29Die von der Kammer vorgenommene zeitliche Einschränkung berücksichtigt, dass mit Abschluss des Einigungsstellenverfahrens kein Grund mehr für eine einstweilige Sicherung der Beteiligungsrechte besteht.
30Grundsätzlich schreibt das Gesetz für einstweilige Verfügungen deren alsbaldige Vollziehung im Wege der Zwangsvollstreckung vor. Dabei reicht nach einer erheblichen Meinung bei einer Regelungsverfügung, die ein Gebot oder Verbot ausspricht, die Parteizustellung des Titels zur Vollziehung der Verfügung aus (Nachweise bei Zöller/Vollkommer § 929 ZPO Randnote 18). Wie sich aus der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 06.04.1988 (NJW RR 1988, 1469) ergibt, wird bei einer Unterlassungsverfügung sogar auf das Erfordernis der Parteizustellung verzichtet, wenn eine solche Handlung offensichtlich sinnlos wäre, weil zu diesem Zeitpunkt die begehrte Duldung bereits abschließend gewährt wurde.
32Sinn der Vollziehungsanordnung nach § 929 Abs. 2 ZPO ist es, dass der Gläubiger auf diese Weise durch eigene Handlung zum Ausdruck bringt, er beabsichtige, die Rechte aus dem erhaltenen Titel auch durchzusetzen. Dadurch soll die Dringlichkeit der Vollziehung bestätigt werden und der Gläubiger sich gleichzeitig dem Schadensersatzrisiko nach § 945 ZPO aussetzen (OLG Karlsruhe a.a.O.).
33Diesem Gebot der Eindeutigkeit wird aber genügt, wenn bei einer gemischten Verfügung, die sowohl Handlungsgebote als auch Unterlassungsgebote enthält, der Titel im Parteibetrieb zugestellt wird - was im vorliegenden Fall geschehen ist - und der Gläubiger die gebotenen Handlungen durchführt bzw. sich an die Unterlassungsgebote hält. Ein zusätzlicher Antrag auf Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen nach §§ 887 - 890 ZPO würde in einem solchen Fall unnötige Kosten verursachen. Dabei ist im vorliegenden Falle noch besonders zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der Arbeitgeber die Kosten des Beschlussverfahrens trägt. Zusätzliche Vollziehungsmaßnahmen zu beantragen, obwohl der Titel im Parteibetrieb zugestellt wurde und der Arbeitgeber sich an den Titel hält, würde geradezu dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit widersprechen.
34Im vorliegenden Falle muss es daher zur Vollziehung ausreichen, dass der Titel im Parteibetrieb zugestellt wurde.
35Rechtsmittelbelehrung
36Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
37(Dr. Backhaus) (Mrowka) (Kruger)