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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 18.883,29 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien stritten um die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung von Fortbildungskosten.
3Die Beklagte war bei der Klägerin beschäftigt. Unter dem 05.03.2018 schlossen die Parteien eine Fortbildungsvereinbarung ab.
4§ 4 der Fortbildungsvereinbarung lautet:
5„§ 4 Rückzahlungsvereinbarung
6Die Beschäftigte ist verpflichtet, die vom Arbeitgeber nach § 3 gewährten Kosten in voller Höhe zurückzuzahlen, ohne die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Umlagen und Beiträge zur Zusatzversorgung, wenn
7* die Beschäftigte vor Abschluss der Fortbildung auf eigenen Wunsch oder aus einem von ihr zu vertretenden Grund, der nicht in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, die Prüfung zur Verwaltungsfachwirtin nicht ablegt oder aus dem Studiengang ausscheidet oder ausgeschlossen wird,
8* auf eigenen Wunsch oder aus einem von ihr zu vertretenden Grund, der nicht in der Sphäre des Arbeitsgebers liegt das Arbeitsverhältnis innerhalb von 36 Monaten nach Ausstellung des Prüfungszeugnisses beendet wird.
9* Der Rückzahlungsbetrag reduziert sich für jeden vollen Kalendermonat, den die Beschäftigte nach dem Ende der Fortbildungsmaßnahme im Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber verbleibt, um 1/36 der nach § 3 gewährten Leistungen. Der Restbetrag ist zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur sofortigen Rückzahlung fällig.“
10Wegen des Inhalts der restlichen Vereinbarung wird auf Bl. 6 d. A. Bezug genommen.
11Nach Abschluss der Fortbildung sprach die Beklagte mit Schreiben vom 23.06.2021 eine Eigenkündigung zum Ablauf des 30.09.2021 aus.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr Fortbildungskosten in Höhe von insgesamt 18.883,29 € aufgrund der zwischen den Parteien vereinbarten Fortbildungsvereinbarung zu zahlen.
13Die Klägerin beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 18.883,29 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2021 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass die zwischen den Parteien abgeschlossene Fortbildungsvereinbarung unwirksam sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die zulässige Klage ist unbegründet.
21I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 18.883,29 € zu. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage. Die Regelung des § 4 der Fortbildungsvereinbarung benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
22Die Bestimmungen der Fortbildungsvereinbarung sind wie Allgemeine Geschäftsbedingungen anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Klägerin hat schon nach dem äußeren Erscheinungsbild die Vereinbarung vorformuliert, der Beklagten in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB (BAG, Urteil vom 25. März 2015 – 5 AZR 602/13 –, Rn. 11, juris). Dafür, dass die Beklagte auf die vorformulierten Regelungen Einfluss nehmen konnte, ist weder etwas zu vorgetragen noch ersichtlich, so dass davon auszugehen ist, dass dies nicht der Fall war.
23Der Arbeitnehmer darf nicht zur Rückzahlung im Fall einer berechtigten Eigenkündigung, im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers oder in sonstigen Fällen, in denen die arbeitgeberseitige Kündigung nicht auf einem vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers beruht, verpflichtet sein (BAG 18.3.14 – 9 AZR 545/12, NZA 14, 957; 28.5.13 – 3 AZR 102/12, BeckRS 2013, 71140; 18.11.08 – 3 AZR 192/07, NZA 09, 435; zur personenbedingten Kündigung: Hoffmann NZA-RR 15, 337; ArbG Ulm 8.5.17 – 4 Ca 486/16, BeckRS 2017, 1144075; Bettinghausen NZA-RR 17, 573). Eine Rückzahlungsklausel, die auch den Fall der Eigenkündigung des Arbeitnehmers erfasst, wenn dieser wegen Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit die Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann und gleichzeitig der Arbeitsvertrag für diesen Fall eine Suspendierung der gegenseitigen Hauptleistungspflichten vorsieht, ist ebenfalls in der Gesamtschau dieser vertraglichen Regelungen unwirksam (BAG 11.12.18 – 9 AZR 383/18, NZA 19, 781). Unangemessen benachteiligend ist auch eine Klausel, die eine Rückzahlungspflicht nach einer arbeitnehmerseitigen Kündigung, deren Grund der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat, vorsieht, da damit auch im Fall einer personenbedingten Eigenkündigung die Rückzahlungspflicht bestehen bleibt (LAG Hamm 29.1.2021 1 Sa 954/20, NZA-RR 2021, 278). Sieht die Klausel eine Rückzahlungsverpflichtung auch für den Fall einer personenbedingten Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor, etwa weil sie für ein Ausscheiden aufgrund „einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung“ eine Rückzahlungspflicht regelt, ist sie unangemessen benachteiligend (LAG Nürnberg 26.3.2021 8 Sa 412/20, BeckRS 2021, 14448,; vgl. insg. Küttner/Poeche, Personalbuch, Rückzahlungsklausel Rn. 14a-14b, beck-online).
24Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Überzeugung der erkennenden Kammer festzustellen, dass die gesamte Rückzahlungsvereinbarung unwirksam ist, da sie in § 4 im 1. und 2. Absatz auch dann eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten vorsieht, wenn sie das Arbeitsverhältnis durch Ausspruch einer personenbedingten Eigenkündigung der Beendigung zuführt. Denn § 4 sieht im 1. Absatz vor, dass die Beschäftigte verpflichtet ist, die vom Arbeitgeber nach § 3 gewährten Kosten in voller Höhe zurückzuzahlen, ohne die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Umlagen und Beiträge zur Zusatzversorgung, wenn die Beschäftigte vor Abschluss der Fortbildung auf eigenen Wunsch oder aus einem von ihr zu vertretenden Grund, der nicht in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, die Prüfung zur Verwaltungsfachwirtin nicht ablegt oder aus dem Studiengang ausscheidet oder ausgeschlossen wird. Im 2. Absatz sieht § 4 vor, dass die Beschäftigte verpflichtet ist, die vom Arbeitgeber nach § 3 gewährten Kosten in voller Höhe zurückzuzahlen, ohne die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Umlagen und Beiträge zur Zusatzversorgung, wenn auf eigenen Wunsch oder aus einem von ihr zu vertretenden Grund, der nicht in der Sphäre des Arbeitsgebers liegt das Arbeitsverhältnis innerhalb von 36 Monaten nach Ausstellung des Prüfungszeugnisses beendet wird. Dies umfasst sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 eine berechtigterweise ausgesprochene personenbedingte Eigenkündigung der Beklagten, was sie unangemessen benachteiligt.
25II. Die Berufung ist nicht gesondert zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben.
26III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Als unterlegene Partei trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits.
27IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 3 ZPO.