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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 11.939,44 € festg
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer höheren Betriebsrente.
3Der am 07.09. geborene Kläger war vom 01.09.1984 bis zum 30.06.1995 bei der Beklagten, einem IT-Unternehmen, als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen die Bestimmungen der Tarifverträge der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie Anwendung. Zuletzt wurde der Kläger seinen Angaben zufolge seit dem 01.01.1992 als Systemspezialist im technischen Kundendienst des Kunden-Service-Centers in K… unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe T 6 /3 und Vergütung nach dieser Entgeltgruppe eingesetzt.
4In einer „Gesamtbetriebsvereinbarung Pensionsplan zum 01.01.1986“ (im Folgenden: Pensionsplan) heißt es – soweit hier von Interesse – auszugsweise:
5„§ 5
6Rentenfähiges Einkommen
7(1) Als rentenfähiges Einkommen gilt der monatliche Durchschnitt des Brutto-Arbeitseinkommens, das der Mitarbeiter in den letzten drei Dienstjahren vor seinem Ausscheiden bzw. vor Vollendung des 65. Lebensjahres von der Firma bezogen hat.
8…
9§ 8
10Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente
11(Invalidenrente)
12(1) Invalidenrente erhält nach dem Ausscheiden aus der Firma
13a) der Arbeitnehmer, der mindestens berufsunfähig im Sinne der Rechtsversicherungsordnung (§ 1246 RVO) ist;
14b) der Angestellte, der mindestens berufsunfähig im Sinne des Angestelltenversicherungsgesetzes (§ 23 AVG) ist.
15…
16§ 11
17Unverfallbare Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden
18(1) Ein vor Eintritt des Versorgungsfalles aus der Firma ausgeschiedener Mitarbeiter hat einen Anspruch auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente nach Maßgabe dieses Pensionsplanes, sofern er bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Firma mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und
19a) entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestanden hat oder
20b) der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat.
21(2) Die Renten werden vom Eintritt des Versorgungsfalles an gezahlt, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.
22Die Höhe der Leistungen wird aus der Leistung ermittelt, die dem Mitarbeiter bzw. seinen Hinterbliebenen im Versorgungsfall zustände, wenn der Mitarbeiter nicht vorzeitig ausgeschieden wäre.
23Von dieser Leistung wird der Teil als Rente gezahlt, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit bis zum Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres entspricht.
24(3) Veränderungen des Pensionsplanes und der Bemessungsgrundlage für die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus den Diensten der Firma eingetreten sind, bleiben bei der Bestimmung der Höhe der unverfallbar gewordenen Versorgungsansprüche außer Betracht.
25(4) Für die Bestimmung der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit wird nur die Zeit berücksichtigt, die der Mitarbeiter nach seinem letzten Eintritt in die Dienste der Firma dort ununterbrochen erbracht hat.“
26Seit dem 01.04.2010 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
27Ebenfalls seit dem 01.04.2010 zahlt die Beklagte an den Kläger eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 126,41 € brutto, wobei sie ausweislich ihrer Berechnung in der Anlage zum Schreiben an den Kläger vom 30.08.2010 u.a. ein rentenfähiges Einkommen in Höhe von 7.536,- DM bzw. 3.853,10 €, das sie aus dem Durchschnittseinkommen des Klägers aus den letzten drei Jahren vor dessen Ausscheiden errechnete, zugrunde legte.
28Mit seiner am 31.12.2021 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen, mehrfach geänderten und erweiterten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 11.939,44 € brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe sowie ab dem Monat Dezember 2023 die Zahlung einer Betriebsrente in Höhe eines über den monatlichen Betrag von 126,41 € brutto hinausgehenden weiteren Betrags von jeweils 117,89 € brutto.
29Der Kläger ist der Meinung, bei der Ermittlung seiner Betriebsrente sei nicht die Höhe des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts der letzten 36 Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 30.06.1995 zugrunde zu legen, weil dies gegen § 11 Abs. 2 Satz 2 des Pensionsplans verstoße. Vielmehr sei die Höhe seiner Betriebsrente aus dem fiktiven Durchschnittsentgelt der Monate April 2007 bis einschließlich März 2010 zu ermitteln. Letzteres betrage monatlich 6.019,33 € brutto, so dass ihm für die Monate Januar 2012 bis einschließlich November 2023 eine um 71,08 € brutto höhere Betriebsrente zustehe, als sie von der Beklagten geleistet werde. Für 143 Monate errechne sich ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von insgesamt 10.164,44 € brutto. Bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf die Bestimmungen der Tarifverträge für die Metallindustrie NRW handele es sich – jedenfalls hinsichtlich der Bestimmungen zum Arbeitsentgelt und Urlaub – um eine rechtsbegründende (konstitutive) dynamische Verweisung auf die Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Zudem werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Beklagte zum 31.12.2002 aus dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie K…. e.V. ausgetreten sei. Seine Nachzahlungsforderungen für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2017 seien nicht verjährt, da er vom Wortlaut und Inhalt des § 11 Abs. 2 des Pensionsplans erstmals im Oktober 2020 Kenntnis erlangt habe. Für die Monate April 2019 bis einschließlich März 2022 stehe ihm ein darüber hinausgehender Betrag von jeweils 23,30 € brutto zu, da seine Betriebsrente zum 01.04.2019 um diesen Betrag nach § 16 BetrAVG hätte angepasst werden müssen. Für 36 Monate errechne sich damit ein weiterer nachzuzahlender Betrag in Höhe von insgesamt 838,80 € brutto. Für die Monate April 2022 bis einschließlich November 2023 stehe ihm eine um jeweils 46,81 € brutto höhere Betriebsrente zu, da diese zum 01.04.2022 um diesen Betrag nach § 16 BetrAVG hätte angepasst werden müssen. Für 20 Monate errechne sich daraus ein weiterer nachzuzahlender Betrag in Höhe von insgesamt 936,20 € brutto. Die Forderung im Klageantrag zu 1. erhebe sich aus der Addition der drei Gesamtsummen. Die Anpassungen seiner Betriebsrente zu den beiden Stichtagen seien nicht zu Recht unterblieben, da die wirtschaftliche Lage der Beklagten diesen nicht entgegengestanden habe. Die testierten Jahresabschlüsse der Beklagten in den jeweils maßgeblichen Zeiträumen bestätigten nicht, dass die Beklagte keine ausreichenden Jahresergebnisse erzielt habe. Schließlich könnten die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse hinsichtlich etwaiger Verluste nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr seien wegen betriebswirtschaftlich überhöhter Abschreibungen betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen vorzunehmen. So seien u.a. in den Gewinn- und Verlustrechnungen Teile der Positionen „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ und „Personalaufwand“ nicht berücksichtigungsfähig.
30Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,
311. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.939,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 71,08 € seit dem 02.01.2012, 02.02.2012, 02.03.2012, 02.04.2012, 02.05.2012, 02.06.2012, 02.07.2012, 02.08.2012, 02.09.2012, 02.10.2012, 02.11.2012, 02.12.2012, 02.01.2013, 02.02.2013, 02.03.2013, 02.04.2013, 02.05.2013, 02.06.2013, 02.07.2013, 02.08.2013, 02.09.2013, 02.10.2013, 02.11.2013, 02.12.2013, 02.01.2014, 02.02.2014, 02.03.2014, 02.04.2014, 02.05.2014, 02.06.2014, 02.07.2014, 02.08.2014, 02.09.2014, 02.10.2014, 02.11.2014, 02.12.2014, 02.01.2015, 02.02.2015, 02.03.2015, 02.04.2015, 02.05.2015, 02.06.2015, 02.07.2015, 02.08.2015, 02.09.2015, 02.10.2015, 02.11.2015, 02.12.2015, 02.01.2016, 02.02.2016, 02.03.2016, 02.04.2016, 02.05.2016, 02.06.2016, 02.07.2016, 02.08.2016, 02.09.2016, 02.10.2016, 02.11.2016, 02.12.2016, 02.01.2017, 02.02.2017, 02.03.2017, 02.04.2017, 02.05.2017, 02.06.2017, 02.07.2017, 02.08.2017, 02.09.2017, 02.10.2017, 02.11.2017, 02.12.2017, 02.01.2018, 02.02.2018, 02.03.2018, 02.04.2018, 02.05.2018, 02.06.2018, 02.07.2018, 02.08.2018, 02.09.2018, 02.10.2018, 02.11.2018, 02.12.2018, 02.01.2019, 02.02.2019, 02.03.2019, 02.04.2019, 02.05.2019, 02.06.2019, 02.07.2019, 02.08.2019, 02.09.2019, 02.10.2019, 02.11.2019, 02.12.2019, 02.01.2020, 02.02.2020, 02.03.2020, 02.04.2020, 02.05.2020, 02.06.2020, 02.07.2020, 02.08.2020, 02.09.2020, 02.10.2020, 02.11.2020, 02.12.2020, 02.01.2021, 02.02.2021, 02.03.2021, 02.04.2021, 02.05.2021, 02.06.2021, 02.07.2021, 02.08.2021, 02.09.2021, 02.10.2021, 02.11.2021, 02.12.2021, 02.01.2022, 02.02.2022, 02.03.2022, 02.04.2022, 02.05.2022, 02.06.2022, 02.07.2022, 02.08.2022, 02.09.2022, 02.10.2022, 02.11.2022, 02.12.2022, 02.01.2023, 02.02.2023, 02.03.2023, 02.04.2023, 02.05.2023, 02.06.2023, 02.07.2023, 02.08.2023, 02.09.2023, 02.10.2023 und 02.11.2023 zu zahlen,
322. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Dezember 2023 eine Betriebsrente in Höhe eines über den monatlichen Betrag von 126,41 € brutto hinausgehenden weiteren Betrags von jeweils 117,89 € zu zahlen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe die an den Kläger monatlich zu leistende Betriebsrente nach Maßgabe der Vorschriften des Pensionsplans zutreffend errechnet. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versorgungsleistungen sei nicht das – hypothetische – Einkommen des Klägers unmittelbar vor deren Beginn, sondern gemäß § 11 Abs. 3 des Pensionsplans das durchschnittliche Einkommen des Klägers in den letzten drei Jahren vor dessen Ausscheiden. Im Übrigen wären die zum Zeitpunkt des Austritts des Klägers geltenden Arbeitsbedingungen „eingefroren“ worden, da sie zum 31.12.2002 aus dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie K…. e.V. ausgeschieden sei, und es sich bei der Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge der nordrhein-westfälischen Metallindustrie im Arbeitsvertrag um eine bloße Gleichstellungsabrede gehandelt habe. Zur Anpassung der Betriebsrente des Klägers in den Jahren 2019 und 2022 sei sie nicht verpflichtet gewesen, da ihre wirtschaftliche Lage einer Anpassung der Betriebsrente an den eingetretenen Kaufkraftverlust zu den jeweiligen Anpassungsstichtagen entgegengestanden habe. Hinsicht der Forderungen, die vor dem Jahre 2018 entstanden seien, erhebe sie die Einrede der Verjährung.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
38I. Die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen zulässig, aber unbegründet.
39Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente, die über den Betrag von 126,41 € brutto – wie er auch von der Beklagten an den Kläger ordnungsgemäß geleistet wird – verlangen.
401. Die Höhe der dem Kläger zustehenden monatlichen Betriebsrente wurde in der als Anlage zum Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 30.08.2010 bei-gefügten Berechnung zutreffend mit dem eben genannten Betrag errechnet.
41a) Zugrunde zu legen war nicht, wie vom Kläger angenommen, dessen – fiktives – Arbeitsentgelt, das er in den letzten 36 Monaten vor dem Eintritt des Versorgungsfalls im April 2010, mithin während der Monate April 2007 bis einschließlich März 2010, bei der Beklagten erzielt hätte, sondern vielmehr – wie geschehen – das durchschnittliche Einkommen während der letzten 36 Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30.06.1995. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 i.V. mit § 11 Abs. 3 des Pensionsplans. Der letztgenannten Bestimmung zufolge, die inhaltlich dem letzten Halbsatz der gesetzlichen Regelung des § 2a Abs. 1 BetrAVG entspricht, bleiben Veränderungen des Pensionsplanes und der Bemessungsgrundlagen für die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, soweit sei nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus den Diensten der Firma eingetreten sind, bei der Bestimmung der Höhe der unverfallbar gewordenen Versorgungsansprüche außer Betracht. Diese Vorschrift geht als Spezialregelung hinsichtlich der Berechnung der Betriebsrente im Falle des vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers vor Eintritt des Versorgungsfalles der des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Pensionsplans, auf die sich der Kläger hier beruft, vor.
42b) Angesichts dessen konnte dahingestellt bleiben, wie hoch die hypothetische Arbeitsvergütung des Klägers in den Monaten April 2007 bis einschließlich März 2010 gewesen wäre, wenn er während dieser Monate noch Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht hätte, so dass das diesbezügliche wechselseitige Vorbringen der Parteien keiner abschließenden Würdigung bedurfte.
43c) Ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung bedurfte es somit auch darüber, ob und inwieweit die vom Kläger für die Zeit vor dem 01.01.2018 geltend gemachten Forderungen verjährt sind.
442. Die Beklagte war wegen der wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens auch nicht verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers in den Jahren 2019 und 2022 – sei es jeweils zum 01.04., sei es jeweils zum 01.08. – in dem von diesem begehrten Umfang anzupassen.
45a) Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. In entsprechender Anwendung des § 315 BGB haben die Gerichte für Arbeitssachen zu überprüfen, ob der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat (BAG, Urteil vom 23.04.1985 – 3 AZR 156/83, AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II. 1. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 30.08.2005 – 3 AZR 395/04, AP Nr. 56 zu § 16 BetrAVG, zu II. der Gründe; BAG, Urteil vom 13.12.2005 – 3 AZR 217/05, NZA 2007, 39, 40, zu II. 1. der Gründe m.w. Nachw.). Sind laufende Leistungen nach § 16 Abs. 1 BetrAVG nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassungen), ist der Arbeitgeber nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, wobei dies – wie in der Übergangsregelung des § 30 c Abs. 2 BetrAVG ausdrücklich klargestellt wurde – nicht für vor dem 01.01.1999 zu Recht unterbliebene Anpassungen gilt. Wurde in der Vergangenheit wegen der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens kein voller Teuerungsausgleich gewährt, so war nach der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung des § 16 BetrAVG der noch offene Anpassungsbedarf bei den späteren Anpassungsentscheidungen zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, AP Nr. 53 zu § 16 BetrAVG, zu A. II. 1. der Gründe m.w. Nachw.). Eine Verpflichtung zu dieser sog. nachholenden Anpassung entfiel erst durch den am 01.01.1999 in Kraft getretenen § 16 Abs. 4 BetrAVG. Diese Gesetzesänderung gilt unabhängig von der Übergangsregelung des § 30 c Abs. 2 BetrAVG nicht für die vor dem 01.01.1999 zu treffenden Anpassungsentscheidungen (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 1. der Gründe). Bei einer vor dem 01.01.1999 aus wirtschaftlichen Gründen zu Recht unterbliebenen Anpassung ist daher der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen (BAG, Urteil vom 13.12.2005 – 3 AZR 217/05, a.a.O., Orientierungssatz 3).
46Die Belange des Versorgungsempfängers werden durch den Anpassungsbedarf bestimmt. Der Anpassungsbedarf hing bis zum 31.12.2002 von der Veränderung des Preisindex ab, den das Statistische Bundesamt für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen ermittelt hat (BAG, Urteil vom 17.04.1996 – 3 AZR 56/95, AP Nr. 35 zu § 16 BetrAVG, zu I. 1. der Gründe; BAG, Urteil vom 23.05.2000 – 3 AZR 146/99, AP Nr. 45 zu § 16 BetrAVG, zu II. 1. der Gründe; BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 1. der Gründe jeweils m.w. Nachw.).
47Das Unternehmen darf durch die Betriebsrentenerhöhung nicht übermäßig belastet werden. Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, den Teuerungsausgleich aus den Erträgen des Unternehmens und dessen Wertzuwachs in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens darf nicht gefährdet werden. Sie wird nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus. Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Risikozuschlag. Der Basiszins entspricht der Umlauf-rendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt für alle Unternehmen einheitlich 2 % (BAG, Urteil vom 23.05.2000 – 3 AZR 146/99, a.a.O., zu II. 2. c) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. a) der Gründe).
48Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Anpassungsstichtag. Entscheidend ist zwar die voraussichtliche künftige Belastbarkeit des Unternehmens in den nächsten drei Jahren. Die wirtschaftliche Entwicklung in der Zeit vor dem Anpassungsstichtag liefert aber die benötigten Anhaltspunkte für die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose, soweit daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können. Die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag ist insoweit zu berücksichtigen, als sie die Prognose bestätigen oder entkräften kann, wobei spätere, unerwartete Veränderungen für die Anpassungspflicht keine Rolle spielen (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. b) der Gründe; ähnlich BAG, Urteil vom 13.12.2005 – 3 AZR 217/05, a.a.O., zu III. 1. der Gründe).
49Die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse bieten den geeigneten Einstieg für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebsergebnisse als auch des jeweils vorhandenen Eigenkapitals (BAG, Urteil vom 23.05.2000 – 3 AZR 146/99, a.a.O., zu II. 2. b) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. c) der Gründe m.w. Nachw.). Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen sind vorzunehmen. Dies gilt vor allem für die in den Bilanzen enthaltenen Scheingewinne und für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen (BAG, Urteil vom 23.05.2000 – 3 AZR 146/99, a.a.O., zu II. 2. b) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. c) der Gründe). Der Sachvortrag der Parteien muss jedoch ausreichende Anhaltspunkte dafür enthalten, dass derartige Korrekturen nötig sind und einen für die Anpassungsentscheidung erheblichen Umfang haben können (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. c) der Gründe m.w. Nachw.). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Jahresabschlüsse ordnungsgemäß erstellt wurden. Soweit der Versorgungsberechtigte die Fehlerhaftigkeit testierter Jahresabschlüsse geltend machen will, hat er die seiner Ansicht nach unterlaufenen Fehler näher zu bezeichnen. Hat er die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse substantiiert bestritten, ist vom Arbeitgeber vorzutragen und unter Beweis zu stellen, weshalb die Jahresabschlüsse insoweit nicht zu beanstanden sind (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 172/02, a.a.O., zu A. II. 2. c) der Gründe).
50b) Ausgehend von diesen Grundsätzen durfte die Beklagte in den Jahren 2019 und 2022 berechtigterweise – ohne dabei den ihr insoweit eingeräumten Ermessensspielraum zu überschreiten – annehmen, die in ihrem Unternehmen zu erwartende Eigenkapitalverzinsung lasse eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers in dem von diesem vorgetragenen Umfang nach § 16 BetrAVG nicht zu.
51aa) Hinsichtlich der Anpassungsentscheidung im Jahr 2019 ergibt sich dies bereits daraus, dass die Beklagte in den Geschäftsjahren 2016 und 2017 ausweislich der von ihr als Anlagen B1 und B2 zur Klageerwiderung vom 28.04.2023 eingereichten Jahresabschlüsse jeweils Verluste im dem von ihr im Einzelnen vorgetragenen Umfang hinnehmen musste. Soweit die Beklagte im Geschäftsjahr 2018 ausweislich des als Anlage B2 zur Klageerwiderung vom 28.04.2023 eingereichten Jahresabschlusses einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss erzielt hat, rechtfertigte dies nicht die Annahme, die im Unternehmen der Beklagten zu erwartende Eigenkapitalverzinsung lasse eine Anpassung der Betriebsrente in einem von diesem vorgetragenen Umfang nach § 16 BetrAVG zu. Ihre Bestätigung findet die negative Prognose, dass eine Betriebsrentenerhöhung im Jahre 2019 nicht aus den Erträgen der folgenden drei Jahre erwirtschaftet werden kann, in dem als Anlage B5 zur Klageerwiderung vom 28.04.2023 eingereichten Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2020, der u.a. ein negatives Jahresergebnis von 18.430 TEUR ausweist.
52bb) Angesichts dessen rechtfertigten auch die – im Verhältnis dazu jeweils weitaus geringeren – Gewinne der Beklagten in den Jahren 2019 und 2021 im Jahr 2022 nicht die Prognose, dass eine Betriebsrentenerhöhung im letztgenannten Jahr aus Erträgen der sodann folgenden drei Jahren hätte finanziert werden können.
53c) Die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse wurde vom Kläger nicht substantiiert bestritten.
54aa) Dem Vorbringen des Klägers lässt sich zunächst nicht entnehmen, dass die Bilanzen der Beklagten hinsichtlich der Jahre 2016 bis einschließlich 2021 Scheingewinne oder betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen enthalten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Verbindlichkeiten eingegangen ist, um ihre Bilanz künstlich zu verschlechtern, sind vom Kläger ebenfalls nicht konkret dargetan worden und auch nicht erkennbar.
55bb) Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dass bei der Erstellung der Jahresabschlüsse handelsrechtliche Vorschriften missachtet wurden, was letztlich auf den – strafrechtlich relevanten – Vorwurf der Bilanzmanipulation und damit gewissermaßen auf eine „Neuauflage“ des Wirecard-Skandals hinausliefe.
56cc) Vom Kläger wurde schließlich nicht konkret dargetan, dass betriebswirtschaftliche Korrekturen der Jahresabschlüsse der Beklagten notwendig gewesen wären und diese sich im Ergebnis auf die streitbefangenen Anpassungsentscheidungen ausgewirkt hätten.
57Soweit der Kläger insbesondere im Schriftsatz vom 21.06.2023 annimmt, es müssten „betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen“, u.a. wegen „betriebswirtschaftlich überhöhter Abschreibungen“ und „nicht berücksichtigungsfähigen“ Positionen in den Gewinn- und Verlustabrechnungen, vorgenommen werden, beschränkt sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im Wesentlichen auf ein bloßes pauschales Bestreiten der jeweiligen Positionen. Selbst wenn hier zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, das einzelne betriebswirtschaftliche Korrekturen der Jahresabschlüsse der Beklagten erforderlich gewesen wären, ließe sich dem bisherigen klägerischen Vortrag nicht entnehmen, ob und inwieweit damit zugleich Anpassungen seiner Betriebsrente in den Jahren 2019 und 2022 nach § 16 BetrAVG entsprechend den von ihm geltend gemachten Forderungen zwingend geboten gewesen wären.
58II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. mit § 495 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
59III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
60IV. Die Berufung war nicht gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. a), Abs. 3 ArbGG zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG) und die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ArbGG nicht gegeben waren. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung war gemäß § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG im Tenor des Urteils auszu-sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 25.01.2017 – 4 AZR 519/15, AP Nr. 51 zu § 64 ArbGG 1979, zu II. 2. c) bb) (2) (b) der Gründe m.w. Nachw.).