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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 7.750,00 € festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer Sonderzuwendung.
3Der am 1969 geborene Kläger war seit dem 01.06.2014 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Assistent der Geschäftsleitung zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 7.750,00 € beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 06.03./20.03.2014 heißt es – soweit hier von Interesse – u.a.:
4„4) Bezüge
5Die Bezüge setzen sich wie folgt zusammen:
64.1. Der Mitarbeiter erhält ein festes Monatsgehalt in Höhe von
7€ 7.500,00 brutto,
8das zum Ende eines jeden Kalendermonats zur Auszahlung gelangt. Das Monatsgehalt wird jährlich überprüft. Hierbei sollen insbesondere die persönlichen Leistungen des Mitarbeiters und die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens berücksichtigt werden.
94.2. Darüber hinaus erhält der Mitarbeiter mit den November-Bezügen jeweils ein 13. Monatsgehalt als Gratifikation. Besteht das Anstellungsverhältnis nicht während des ganzen Kalenderjahres, so wird das 13. Monatsgehalt zeitanteilig gezahlt. Voraussetzung für den Anspruch auf das 13. Monatsgehalt ist eine mindestens dreimonatige Betriebszugehörigkeit und ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung. Das 13. Monatsgehalt ist zurückzuzahlen, wenn der Mitarbeiter bis zum 31.3. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres durch Eigenkündigung oder durch firmenseitige verhaltens-bedingte Kündigung ausscheidet.
10…“
11Mit Schreiben vom 30.09.2022 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31.12.2022.
12Mit seiner am 17.01.2023 per beA beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom selben Tag nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 7.750,00 € brutto nebst Zinsen in Anspruch.
13Der Kläger ist der Ansicht, er könne von der Beklagten für das Jahr 2022 die Zahlung eines 13. Monatsgehalts in Höhe von 7.750,00 € brutto verlangen. Bei dem in Nr. 4.2. des Anstellungsvertrags vereinbarten 13. Monatsgehalt handele es sich um eine reine Vergütung für geleistete Arbeit. Jedenfalls handele es sich um eine Klausel mit Mischcharakter, bei der die Anspruchsvoraussetzung des Vorliegens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung unwirksam sei, da sie ihn unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 BGB benachteilige. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass, so behauptet der Kläger, bei Abschluss des Anstellungsvertrags ein Jahresgehalt verhandelt worden sei. Hierbei sei erörtert worden, ob dies in 12 oder 13 Teilzahlungen ausgezahlt werde. Da er bereits in einer vorherigen Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber die Regelung gekannt habe, ein 13. Gehalt zu bekommen, sei dies dann entsprechend in den hier streitgegenständlichen Vertrag aufgenommen worden.
14Der Kläger beantragt sinngemäß,
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.750,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2022 zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hält die Stichtagsregelung in Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags für wirksam. Die Sonderzuwendung stelle eine Sonderzahlung anlässlich des Weihnachtsfestes dar und solle gerade nicht eine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen im Bezugsjahr sein. Vielmehr solle ein Anreiz zu künftiger Betriebstreue geschaffen werden und die Zahlung ausschließlich vergangene Betriebszugehörigkeit honorieren. Die Rückzahlungsverpflichtung in Nr. 4.2. Satz 4 des Anstellungsvertrags stelle ein weiteres Indiz dar, dass mit der Klausel eine Belohnung der vergangenen und ein Anreiz zu künftiger Betriebstreue geschaffen werden solle.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
22Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2022 in Höhe von 7.750,00 € brutto verlangen.
231. Voraussetzung für die Zahlung einer Sonderzuwendung ist nach Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags u.a. das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung.
24Diese Voraussetzung ist hier hinsichtlich der Sonderzuwendung für das Jahr 2022, die gemäß Nr. 4.2. Satz 1 des Anstellungsvertrags „mit den November-Bezügen“ zu gewähren ist, nicht gegeben, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bereits mit Schreiben vom 30.09.2022 gekündigt hat.
252. Die Regelung in Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags ist wirksam.
26a) Sollte das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 25.04.2023, bei Abschluss des Arbeitsvertrags sei ein Jahresgehalt „verhandelt“, wobei „erörtert worden“ sei, ob dies in 12 oder 13 Teilzahlungen ausgezahlt werde, und letztlich ein 13. Gehalt in den Vertrag aufgenommen worden sei, dahin zu verstehen sei, dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Regelungen in Nr. 4.2. des Anstellungsvertrags im Einzelnen ausgehandelt hätten, unterlägen diese ohnehin keiner sog. AGB-Kontrolle, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB.
27b) Selbst im Falle einer Überprüfung nach § 307 BGB hält die Klausel von Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags einer Inhaltskontrolle stand.
28aa) Die Klausel verstößt zunächst nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
29(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liege eine unangemessene Benachteiligung i.S. von § 307 Abs. 1 BGB (ständige Rechtsprechung des BAG, siehe statt vieler BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10, AP Nr. 59 zu § 307 BGB, zu III. 1. a) der Gründe m. zahlr. Nachw.).
30(2) Diese Gefahr besteht nicht. Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung eines 13. Monatsgehalts ist davon abhängig, dass ein „ungekündigtes“ Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung besteht. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat.
31bb) Die Klausel ist auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.
32(1) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des BAG, siehe statt vieler BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10, a.a.O., zu III. 2. a) der Gründe m. zahlr. Nachw.). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
33(2) Für den Kläger ist es im Streitfall nicht unangemessen benachteiligend, wenn der Anspruch auf Gewährung eines 13. Monatsgehalts das Vorliegen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung voraussetzt.
34(a) Dient eine Sonderzuwendung (ausschließlich) der Vergütung geleisteter Arbeit, mag eine solche Stichtagsregelung den Arbeitnehmer in der Tat unangemessen benachteiligen. Hiervon konnte vorliegend indes nicht ausgegangen werden.
35(aa) Bei einer Sonderzuwendung handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, wenn sie einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung ausmacht. Der Vergütungscharakter ist auch eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist (BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10, a.a.O., zu I. 3. der Gründe).
36(bb) Beides ist hier nicht der Fall.
37(b) Dient dagegen eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, stellt es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von der erkennenden Kammer insoweit vollinhaltlich geteilt wird, keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar, wenn der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt als Anspruchsvoraussetzung bestimmt wird (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10, a.a.O., Leitsatz und zu III. 2. der Gründe).
38(c) Selbst wenn hier zu Gunsten des Klägers dessen Annahme, bei der in Nr. 4.2. des Anstellungsvertrags vereinbarten Sonderzahlung handele es sich um eine solche mit sog. „Mischcharakter“, als zutreffend unterstellt würde, wäre die in Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags enthaltene Stichtagsklausel nicht wegen unangemessener Benachteiligung i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
39(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums der Sonderzahlung abhängig gemacht werden (BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 10 AZR 612/10, AP Nr. 292 zu § 611 BGB Gratifikation, Leitsatz und zu I. 2. b) der Gründe). Ebenso kann eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden (BAG, Urteil vom 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, AP Nr. 303 zu § 611 BGB Gratifikation, Leitsatz und zu I. 4. der Gründe).
40(bb) Die in Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags enthaltene Stichtagsklausel macht die Sonderzahlung weder vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums der Sonderzahlung, mithin hier im Folgejahr, noch vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des betreffenden Jahres abhängig. Anspruchsvoraussetzung nach Nr. 4.2. Satz 3 des Anstellungsvertrags ist vielmehr das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses „zum Zeitpunkt der Auszahlung“, die gemäß Nr. 4.2. Satz 1 des Anstellungsvertrags bereits „mit den November-Bezügen“ erfolgt.
41II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. mit § 495 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
42III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
43IV. Die Berufung war nicht gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. a), Abs. 3 ArbGG zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG) und die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ArbGG nicht gegeben waren. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung war gemäß § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG im Tenor des Urteils auszu-sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 25.01.2017 – 4 AZR 519/15, AP Nr. 51 zu § 64 ArbGG 1979, zu II. 2. c) bb) (2) (b) der Gründe m.w. Nachw.).