Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.574,41 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14.900,00 € seit dem 08.07.2022 und aus weiteren 2.674,41 € seit dem 18.08.2022 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Der Streitwert wird auf 17.574,41 € festgesetzt.
5. Die Berufung wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Zahlung von Arbeitsvergütung für Zeiten unterbliebener Beschäftigung.
3Der am xxxx1960 geborene Kläger begann am 01.09.1981 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Ausbildung zum Bankkaufmann, die er erfolgreich beendete. Sodann wurde er mit Wirkung vom 01.01.1984 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt. Zuletzt wurde er von der Beklagten im Bereich Private Banking im Firmenkundencenter als Vermögensspezialist zu einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von 5.730,88 € eingesetzt. Seit dem 19.10.2020 war er arbeits-unfähig erkrankt. Am 10.01.2022 teilte er mit, dass er zum Ende des ersten Quartals 2022 eine Rückkehr zu seinem Arbeitsplatz plane. Am 31.01.2022 führte die Beklagte mit dem Kläger ein Personalgespräch, in dem der Kläger auf ein ärztliches Attest vom 28.01.2022 verwies. Am 12.04.2022 bot der Kläger um 09.00 Uhr der Personalreferentin der Beklagten in deren Hauptverwaltung am xxxx in Kxxxx seine Arbeitsleistung erfolglos an. Seit dem 15.07.2022 setzt die Beklagte den Kläger in einem Büro in Bxxxx auf einer Position ein, die nach Angaben der Beklagten neu geschaffen worden sei und deren Tätigkeiten ansonsten von dem bisherigen Personal erledigt worden wären. Für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 zahlte die Beklagte an den Kläger keine Arbeitsvergütung.
4Mit seiner am 30.06.2022 per beA beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom selben Tag, die er mit am 17.08.2022 per beA beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag erweitert hat, nimmt der Kläger die Beklagte zuletzt auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 in Höhe von insgesamt 17.574,41 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit in Anspruch.
5Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei aus Annahmeverzugsgesichtspunkten, jedenfalls aus Schadensersatzgesichtspunkten zur Zahlung der Arbeitsvergütung für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 verpflichtet. Er habe konstruktiv daran mitgewirkt, eine vertragsgerechte Beschäftigung zu finden. Die von ihm nunmehr ausgeübte Tätigkeit hätte er bereits ab dem 12.04.2022 wahrgenommen, wenn ihm diese von der Beklagten – entsprechend ihrer tarifvertraglichen Verpflichtung – seinerzeit angeboten worden wäre.
6Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.574,41 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie ist der Meinung, der Kläger könne für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 nicht die Zahlung von Arbeitsvergütung verlangen, da er während dieser Zeit nicht gearbeitet habe und sie sich während dieses Zeitraums mangels Leistungsfähigkeit des Klägers auch nicht im Annahmeverzug befunden habe. Der Kläger habe entgegen seinem Vortrag auch nicht konstruktiv daran mitgewirkt, eine vertragsgerechte Beschäftigung zu finden.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13I. Die Klage ist zulässig und – abgesehen von einem geringen Teil der Zins-forderung – begründet.
14Der Kläger kann von der Beklagten für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 die Zahlung von Arbeitsvergütung in der zuletzt geltend gemachten Höhe, die zwischen den Parteien – soweit ersichtlich – bislang unstreitig ist, von insgesamt 17.574,41 € brutto verlangen.
151. Zur Zahlung dieser Arbeitsvergütung an den Kläger ist die Beklagte jedenfalls gemäß § 615 Satz 1 BGB i.V. mit § 611a Abs. 2 BGB verpflichtet.
162. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs i.S. der §§ 615, 293 ff. BGB sind während des streitgegenständlichen Zeitraums gegeben.
17a) Der Kläger hat seinen insoweit bislang unwidersprochen gebliebenen Angaben zufolge seine Arbeitsleistung der Beklagten am 12.04.2022 um 09.00 Uhr in deren Kxxxx Hauptverwaltung tatsächlich angeboten, § 294 BGB.
18b) Unstreitig ist von der Beklagten die ihr vom Kläger angebotene Arbeitsleistung nicht angenommen worden, § 293 BGB.
19c) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsver-gütung für die Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 aus Annahmeverzugs-gesichtspunkten nach Maßgabe von § 615 Satz 1 BGB i.V. mit § 611a Abs. 2 BGB ist auch nicht wegen Leistungsunfähigkeit und / oder -unwilligkeit des Klägers während des streitgegenständlichen Zeitraums gemäß § 297 BGB ausgeschlossen.
20aa) Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Fall des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
21Bei Streit über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers hat grundsätzlich der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande war (siehe etwa BAG, Urteil vom 24.09.2014 – 5 AZR 611/12, AP Nr. 135 zu § 615 BGB, zu A. I. der Gründe m.w. Nachw.).
22bb) Von der Beklagten wurde bislang nicht hinreichend konkret dargetan, dass der Kläger in der Zeit vom 12.04.2022 bis zum 14.07.2022 nicht im Stande war, seine Tätigkeiten auf einem von der Beklagten zur Verfügung zu stellenden funktions-fähigen Arbeitsplatz ordnungsgemäß zu verrichten.
23(1) Zu Gunsten der Beklagten mag unterstellt werden, dass der Kläger, wie von ihr in der Klageerwiderung vom 29.09.2022 (dort auf Seite 5) behauptet, seit dem 12.04.2022 aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) in der Lage war, die Tätig-keiten als Bankkaufmann verrichten.
24(2) Wenn aber die Beklagte nach ihren eigenen Angaben mit Wirkung zum 15.07.2022 für den Kläger eine Position in einem Büro in Bxxxxx(neu) geschaffen hat, erschließt sich dem bisherigen Vorbringen der Beklagten nicht, weshalb ihr es nicht möglich und / oder zumutbar gewesen sein soll, diese Position für den Kläger bereits zum 12.04.2022 insbesondere vor dem Hintergrund einzurichten, dass ihr der Kläger mehr als drei Monate zuvor, nämlich am 10.01.2022, mitgeteilt hat, er plane zum Ende des ersten Quartals 2022 eine Rückkehr zu seinem Arbeitsplatz, und er zudem den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung vom 29.09.2022 (dort auf Seite 2) zufolge während eines am 31.01.2022 geführten Personalgesprächs auf ein ärztliches Attest vom 28.01.2022 verwiesen hat, nach dem es für die Beklagte geradezu auf der Hand gelegen hätte, für den Kläger bis zu seiner gleichsam „angedrohten“ Rückkehr zum Ende des ersten Quartals 2022 eine Position einzurichten, die den in diesem ärztlichen Attest enthaltenen Vorgaben im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Klägers Rechnung getragen hätte.
25(2) Ob etwas anderes gölte, wenn der Kläger zum Zeitpunkt des tatsächlichen Angebots seiner Arbeitsleistung am 12.04.2022 nicht willens und / oder – insbesondere aus gesundheitlichen Gründen – nicht in der Lage gewesen wäre, die Tätigkeiten auf der von der Beklagten erst zum 15.07.2022 (neu) geschaffenen Position ordnungsgemäß zu verrichten, bedurfte keiner Entscheidung. Alldies wurde von der – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten bislang nicht durch einen substantiierten und unter geeigneten Beweis gestellten Tatsachenvortrag belegt.
26II. Die Entscheidung über die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.
271. Dem Kläger waren Zinsen auch, wie von ihm begehrt, nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer aus Gründen der Rechtssicherheit anschließt, aus dem Bruttobetrag der zuletzt geltend gemachten Klageforderung zuzusprechen (vgl. BAG, Großer Senat, Beschluss vom 07.03.2001 – GS 1/00, AP Nr. 4 zu § 288 BGB; BAG, Urteil vom 06.05.2003 – 1 AZR 241/02, AP Nr. 21 zu § 3 TVG Verbandszugehörigkeit, zu B. V. der Gründe).
282. Allerdings standen dem Kläger Zinsen nicht, wie von ihm geltend gemacht, bereits „ab Rechtshängigkeit“, sondern erst nach den jeweiligen Tagen der Zustellung der Klageschrift und der Klageerweiterung vom 17.08.2022 zu, da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von der erkennenden Kammer allein aus Gründen der Rechtssicherheit geteilt wird, ein Zinsanspruch gemäß § 291 Satz 1 BGB, § 288 Abs. 1 BGB erst ab dem Tag nach Zustellung der Klage besteht (siehe statt vieler BAG, Urteil vom 20.09.2016 – 3 AZR 411/15, AP Nr. 118 zu § 7 BetrAVG, zu V. der Gründe m. zahlr. Nachw.).
293. Auf letzteres musste das Gericht die Klägerseite im Vorfeld nicht ausdrücklich hinweisen, weil insoweit nur Nebenforderungen betroffen waren (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
30III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 495 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Der Beklagten waren die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und auch keine höheren Kosten veranlasst hat.
31IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
32V. Die Berufung war nicht gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. a), Abs. 3 ArbGG zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG) und die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ArbGG nicht gegeben waren. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung war gemäß § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG im Tenor des Urteils auszu-sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 25.01.2017 – 4 AZR 519/15, AP Nr. 51 zu § 64 ArbGG 1979, zu II. 2. c) bb) (2) (b) der Gründe m.w. Nachw.).