Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2495,89 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 451,83 € brutto seit dem 1.3.2018, aus 483,20 € brutto seit dem 1.4.2018, aus 477,76 € brutto seit dem 1.5.2018, aus 497,20 € brutto seit dem 1.6.2018 und aus weiteren 585,90 € brutto seit dem 1.7.2018 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bei jeder auf die vorgenannten Hauptforderungen erfolgenden Zahlungen eine Abrechnung zu erteilen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein wohlwollendes und qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 17 % und der Beklagte zu 73 %.
6. Der Streitwert wird auf 7521,74 € festgesetzt.
7. Eine gesonderte Zulassung der Berufung erfolgt nicht.
T a t b e s t a n d :
2Mit seiner Klage verlangt der Kläger Bruttodifferenzvergütungen für die Monate Februar 2018 bis Juni 2018, in den Monaten April 2018 bis Juni 2018 von seinem Nettolohn einbehaltene Beträge, Abrechnungen, eine Verzugspauschale sowie die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.
3Der Kläger legte ausweislich des Prüfungszeugnisses der Bäcker-Innung …………… (Bl. 41 der Akte) am 11. Juni 1985 die Gesellenprüfung als Bäcker ab. Er war ausweislich des Arbeitszeugnisses vom 17. Oktober 2016 in der Zeit vom 21. März 2015 bis 15. April 2016 als Bäcker-Geselle im ……………… tätig (Bl. 42 der Akte).
4Der Kläger hat eine am 18. Januar 2000 geborene Tochter. Diese besucht ausweislich einer Schulbescheinigung jedenfalls bis Ende Juli 2018 das ………. des ……….. in ………..
5Zwischen den Parteien bestand zwischen dem 1. Juli 2016 und dem 30. Juni 2018 ein Arbeitsverhältnis. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge für das Bäckerhandwerk in ……. und damit auch der Entgelttarifvertrag für das Bäckerhandwerk in ………. (im Folgenden: ETV) Anwendung.
6Der Beklagte zahlte an den Kläger bis April 2018 einen Bruttostundenlohn von 11,56 € und ab Mai 2016 einen Bruttostundenlohn i.H.v. 11,81 €.
7Der Beklagte behielt von den Nettolohnansprüchen des Klägers für April 2018 151,34 € netto, für Mai 2018 186,34 € netto sowie für Juni 2018 439,64 € netto ein.
8Der Kläger forderte den Beklagten durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 24. Mai 2018 (Bl. 13-21 der Akte), vom 29. Juni 2018 (Bl. 22-34 der Akte), vom 29. Juni 2018 (Bl. 35, 36 der Akte) sowie vom 26. Juli 2018 (Bl. 39-46 der Akte) zur Zahlung von Differenzvergütungen in der Summe i.H.v. 2864,51 € brutto sowie zur Auszahlung einbehaltener Nettoansprüche i.H.v. 1472 € auf. Es wird auf die Forderungsschreiben nebst Anlagen Bezug genommen.
9Der Kläger unterzeichnete unter dem 4.7.2018 im Betrieb des Beklagten ein von der Ehefrau des Beklagten vorgefertigte Bestätigungsschreiben, in dem es unter anderem heißt: „Damit sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vom 1.7.2016 abgegolten.“. Es wird hinsichtlich des Inhalts des Bestätigungsschreibens auf die Anl. B1, Bl. 64 der Akte, Bezug genommen.
10Der Kläger ist der Ansicht, er sei richtigerweise in die Entgeltgruppe EG 11 des ETV einzugruppieren gewesen. Danach hätte sich sein Bruttostundenlohn ab Juli 2017, von 167 Monatsarbeitsstunden ausgehend, auf 14,76 € und ab Mai 2018, von 167 Monatsarbeitsstunden ausgehend, auf 15,07 € belaufen. Auch seien ihm für die geleisteten Mehrarbeitsstunden entsprechend § 6 Abs. 5 des MTV des Bäckerhandwerks in ….. höhere Zahlungen zu leisten gewesen.
11Der Kläger behauptet, seit seiner Gesellenprüfung im Juni 1985 als Bäckergeselle für verschiedene Arbeitgeber tätig gewesen zu sein.
12Der Kläger behauptet, im Frühjahr 2017 um einen schriftlichen Arbeitsvertrag gebeten und in diesem Zusammenhang seinen Gesellenbrief vorgelegt zu haben. Er bestreitet, beklagtenseits aufgefordert worden zu sein, seinen Gesellenbrief vorzulegen.
13Der Kläger führt an, der Beklagte habe die von ihm verrichteten Tätigkeiten richtig dargestellt. Er gehe jedoch rechtsirrig davon aus, dass Bäckerwerker und Bäckergeselle unterschiedliche Tätigkeiten ausübten. Zudem vergüte der Beklagte auch Herrn ………… als Bäckergesellen, der dieselbe Tätigkeit wie er ausgeübt habe.
14Der Kläger rechnet mit seiner Klageschrift vom 28. August 2018 für die Monate Februar 2018 bis einschließlich Juni 2018 aus, welche Differenzvergütungsansprüche ihm entsprechend der nach seiner Ansicht vorzunehmenden Abrechnung anhand der Entgeltgruppe EG 11 des ETV zahlen wären. Er führt hierzu im Einzelnen die in diesen Monaten abgerechneten Stunden für Arbeitsleistung, Urlaubsentgelt, Entgeltfortzahlung an Feiertagen, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie mit Nachzuschlägen etc. auf. Auch legt er dar, welche Zahlungen hierauf seitens des Beklagten erfolgten. Hinsichtlich dieser Angaben wird auf die Klageschrift vom 28. August 2018, Seiten 3-7 (Bl. 3-7 der Akte) Bezug genommen.
15Der Kläger ist der Ansicht, seine streitgegenständlichen Ansprüche seien nicht aufgrund des unterzeichneten Schreibens vom 4.7.2018 ausgeschlossen. Das Schreiben könne schon nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er auf seine Ansprüche habe verzichten wollen. Überdies könne im Hinblick auf die Gesamtumstände, die zu seiner Unterzeichnung des Schreibens geführt hätten, nicht angenommen werden, er habe erklären wollen, dass seine streitgegenständlichen Ansprüche erfüllt seien. Hinsichtlich der klägerseits geschilderten Gesamtumstände wird auf dessen Schriftsatz vom 6. Februar 2019, Seiten 2 und 3, Bl. 89, 90 der Akte, Bezug genommen.
16Der Kläger führt an, seiner Tochter zum Unterhalt verpflichtet zu sein. Der Beklagte habe in den Monaten April bis Juni 2018 zu Unrecht Nettovergütungen nicht an ihn ausgezahlt. Er habe die Pfändungsfreigrenzen nicht berücksichtigt.
17Der Kläger beantragt,
181. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 3179,70 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 564,79 € brutto seit dem 1. März 2018, aus 604 € brutto seit dem 1. April 2018, aus 597,20 € brutto seit dem 1. Mai 2018, aus 621,03 € brutto bei dem 1. Juni 2018 und aus weiteren 792,68 € brutto seit dem 1. Juli 2018 zu zahlen;
192. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 777,32 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 151,34 € netto seit dem 1. Mai 2018, aus 186,34 € netto seit dem 1. Juni 2018 und aus weiteren 439,64 € netto seit dem 1. Juli 2018 zu zahlen;
203. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 200 € netto zu zahlen;
214. den Beklagten zu verurteilen, ihm bei jeder auf die vorgenannten Hauptforderungen erfolgenden Zahlungen eine Abrechnung zu erteilen;
225. den Beklagten zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Der Beklagte behauptet, er habe den Kläger zu Beginn des Arbeitsverhältnisses aufgefordert, alle erheblichen Unterlagen für die Abrechnung einzureichen. Der Gesellenbrief sei nicht vorgelegt worden. Der Gesellenbrief sei erst vorgelegt worden, als das Arbeitsverhältnis beendet gewesen sei.
26Der Beklagte bestreitet, dass der Kläger Tätigkeiten entsprechend der Entgeltgruppe EG 11 des Entgelttarifvertrags für das Bäckerhandwerk in ……….. ausgeführt habe. Er sei als Bäckerwerker und entsprechend der Entgeltgruppe EG 5 eingestellt worden. Er habe auch die Aufgaben eines Bäckerwerkers übernommen. Er sei mit der Herstellung von Brötchen und Spezialbrötchen, Broten, feinen Backwaren etc. sowie der Reinigung seines Arbeitsplatzes befasst gewesen. Der Kläger habe nicht derart selbstständig und am Ofen wie ein Bäckergeselle gearbeitet. Der angeführte Herr ……..habe auch andere Tätigkeiten als der Kläger verrichtet, insbesondere sei er „der für den Ofen zuständige“ gewesen.
27Die streitgegenständlichen Ansprüche seien aufgrund der vom Kläger unter dem 4.7.2018 unterzeichneten Ausgleichsquittung ausgeschlossen. Zu den Umständen der Unterzeichnung des Schreibens vom 4.7.2019 aus Sicht des Beklagten wird auf dessen Schriftsatz vom 19.12.2018, Seiten 2 und 2, Bl. 76, 77 der Akte, Bezug genommen.
28Die vom Kläger vorgenommenen Berechnung zu Entgeltgruppe 11 des Entgelttarifvertrags für das Bäckerhandwerk in NRW würden bestritten.
29Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der Verhandlungen Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
31A. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
32I. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 1) teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Differenzvergütung für die Monate Februar 2018 bis Juni 2018 i.H.v. 2495,89 € brutto.
331. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf das zwischen ihnen bestandene Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für das Bäckerhandwerk in ……. Anwendung fanden. Dementsprechend fand auch der Entgelttarifvertrag für das Bäckerhandwerk in ……. (im Folgenden: ETV) in der Fassung vom 19. Juli 2017 Anwendung.
342. Der Kläger ist im Rahmen der Entgeltgruppen des § 2 ETV als Bäckergeselle und nicht lediglich als Bäckerwerker einzugruppieren.
35Die Entgeltgruppen in § 2 ETV differenzieren grundsätzlich, wie sich insbesondere aus der Entgeltgruppe 6 ergibt, zwischen Bäckergesellen und Bäckerwerkern nicht im Hinblick auf zu verrichtende Tätigkeiten. Danach wäre der Kläger aufgrund seiner Gesellenprüfung im Jahr 1985 als solcher einzugruppieren.
36Nach dem Vortrag der Parteien ist zudem nicht ersichtlich, dass dem Kläger keine Tätigkeiten zugewiesen worden sind, wie sie ein Bäckergeselle zu verrichten hat. Soweit beklagtenseits in der mündlichen Verhandlung am 4.7.2019 darauf hingewiesen wurde, der Kläger sei mit dem als Bäckergeselle vergüteten Herrn …….. nicht vergleichbar, da dieser auch weitere Aufgaben verrichte und insbesondere „der Mann am Ofen“ sei, steht dies der Vergütung des Klägers als Geselle nicht entgegen. Denn der „verantwortliche Ofenführer“ wird in § 2 ETV eigenständig in EG 13 benannt.
373. Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum von Februar 2018 bis Juni 2018 in die Entgeltgruppe EG 10 des ETV einzugruppieren.
38Der Kläger legt ein Arbeitszeugnis vor, nach welchem er im Zeitraum vom 21. März 2015 bis 15. April 2016, also in der Gesamtdauer von einem Jahr und ca. drei Wochen, bei der ……..Bäckerei beschäftigt war.
39Bei dem Beklagten war der Kläger vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2018 und damit genau zwei Jahre beschäftigt.
40Danach ist der Kläger nach der Ansicht der Kammer in EG 10 ETV einzugruppieren, die die Vergütung von Bäckergesellen im dritten und vierten Jahr regelt.
41Soweit der Kläger in seiner Klageschrift angeführt hat, er sei seit dem Zeitpunkt seiner Gesellenprüfung für verschiedene Arbeitgeber tätig gewesen, hat er hierdurch nicht hinreichend dargetan, in der Gesamtdauer mehr als vier Jahre im Bäckerhandwerk tätig gewesen zu sein.
424. Die Vergütung entsprechend EG 10 ETV belief sich ab dem 1. Juli 2017 auf 2358 € brutto/Monat und ab dem 1. Mai 2018 auf 2408 € brutto/Monat. Von der regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden wöchentlich gemäß § 5 Nr. 1 des Manteltarifvertrags für das Bäckerhandwerk in ….. ausgehend, was 167 Monatsarbeitsstunden entspricht, belief sich der Bruttostundenlohn des Klägers im Februar 2018 bis April 2018 auf 14,12 € und im Mai 2018 und Juli 2018 auf 14,42 €.
43a. Der Kläger führt in seiner Klageschrift vom 28. August 2018 im Rahmen seiner Berechnungen im Einzelnen an, welche geleisteten Arbeitsstunden sowie Stunden mit Urlaubsentgelt, Entgeltfortzahlung etc. abzurechnen sind. Auch legt er dar, welche Zahlungen seitens des Beklagten in den Monaten erfolgt sind. Der Beklagte trägt lediglich vor, die Berechnungen des Klägers anhand der Entgeltgruppe 11 ETV zu bestreiten. Er bestreitet jedoch nicht die vom Kläger als abzurechnen angeführten Stunden. Auch behauptet er nicht, höhere als die angeführten Vergütungen erbracht zu haben. Danach sind die klägerseits als abzurechnen angeführten Stunden sowie die beklagtenseits erbrachten Zahlungen unstreitig und können den nachfolgenden Berechnungen entsprechend der EG 10 ETV zugrunde gelegt werden.
44b. Es ergeben sich folgende Differenzvergütungsansprüche des Klägers für die Monate Februar 2018 bis Juni 2018:
45Februar 2018:
46152 geleistete Arbeitsstunden: EG 5 und bezahlt: 1757,12 € brutto, EG 10: 2146,24 € brutto; Differenz: 389,12 € brutto
477 Stunden Urlaubsentgelt: EG 5 und bezahlt: 80,92 € brutto; EG 10: 98,84 € brutto; Differenz: 17,92 € brutto
48Nachtzuschläge für 70 Stunden mit 25 %: EG 5 und bezahlt: 202,31 € brutto; EG 10: 247,10 € brutto; Differenz: 44,79 € brutto
49Gesamtdifferenz: 451,83 € brutto.
50März 2018
51128 geleistete Arbeitsstunden: EG 5 und bezahlt: 1479,68 € brutto; EG 10: 1807,36 € brutto; Differenz: 37,68 € brutto
5234,5 Stunden Urlaubsentgelt: EG 5 und bezahlt: 398,82 € brutto; EG 10: 487,14 € brutto; Differenz: 88,32 € brutto
537 Stunden Entgeltfortzahlung: EG 5 und bezahlt:80,92 € brutto; EG 10 :98,84 € brutto; Differenz: 17,92 € brutto
54Nachtzuschläge für 77 Stunden mit 25 %: EG 5 und bezahlt: 222,53 € brutto; EG 10: 271,81 € brutto; Differenz: 49,28 € brutto.
55Gesamtdifferenz: 483,20 € brutto
56April 2018
57128 geleistete Arbeitsstunden: EG 5 und bezahlt: 1479,68 € brutto; EG 10: 1807,36 € brutto; Differenz: 327,68 € brutto
5833,25 Stunden Urlaubsentgelt: EG 5 und bezahlt: 384,37 € brutto; EG 10: 469,49 € brutto; Differenz: 85,12 € brutto
596,5 Stunden Entgeltfortzahlung: EG 5 und bezahlt: 75,14 € brutto; EG 10: 91,78 € brutto; Differenz: 16,64 € brutto
60Nachtzuschläge für 75,5 Stunden mit 25 %: EG 5 und bezahlt: 218,20 € brutto; EG 10: 266,52 € brutto; Differenz: 48,32 € brutto
61Gesamtdifferenz: 477,76 € brutto
62Mai 2018
63104 geleistete Arbeitsstunden: EG 5 und bezahlt: 1228,24 € brutto; EG 10: 1499,68 € brutto; Differenz: 271,44 € brutto
6420 Stunden Entgeltfortzahlung: EG 5 und bezahlt: 236,20 € brutto; EG 10: 288,40 € brutto; Differenz: 52,20 € brutto
6545,5 Stunden Entgeltfortzahlung: EG 5 und bezahlt: 537,36 € brutto; EG 10: 656,11 € brutto; Differenz 118,75 € brutto
66Nachtzuschlag für 84 Stunden mit 25 %: EG 5 und bezahlt: 248,01 € brutto; EG 10: 302,82 € brutto; Differenz, 54,81 € brutto
67Gesamtdifferenz 497,20 € brutto
68Juni 2018
69167 Stunden Entgeltfortzahlung: EG 5 und bezahlt: 1972,27 € brutto; EG 10: 2408,14 € brutto; Differenz: 435,87 € brutto
70Nachtzuschläge für 73,5 Stunden mit 20 %: EG 5 und bezahlt: 217,01 € brutto; EG 10: 264,97 € brutto; Differenz: 47,96 € brutto
71Urlaubsabgeltung für 57,78 Stunden: EG 5 und bezahlt: 682,38 € brutto; EG 10: 784,45 € brutto; Differenz: 102,07 € brutto
72Gesamt: 585,90 € brutto
73Gesamtsumme: 2495,89 € brutto (451,83 € brutto für Februar 2018, 451,83 € brutto für März 2018; 477,76 € brutto für April 2018; 477,76 € brutto für Mai 2018 sowie 585,90 € brutto für Juni 2018).
745. Die vorstehenden Differenzvergütungsansprüche des Klägers sind nicht aufgrund der am 4.7.2018 unterzeichneten Ausgleichsquittung ausgeschlossen. Die klägerseitige Erklärung konnte nach dessen Auslegung die streitgegenständlichen Ansprüche nicht zum Erlöschen bringen.
75a. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer Ausgleichsquittung abgegebenen Erklärungen haben, ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. […] Maßgebend ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu berücksichtigen ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung. Diese Auslegungsgrundsätze gelten auch für die Frage, ob überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung vorliegt (vgl. BAG 7.11.2007, 5 AZR 880/06).
76b. Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze ist die Ausgleichsquittung des Klägers vom 4. Juli 2018 nicht dahingehend auszulegen, dass seine streitgegenständlichen Ansprüche erloschen sind. Der Beklagte, vertreten durch seine Ehefrau, konnte nicht davon ausgehen, der Kläger wollte mit der Unterzeichnung der von der Ehefrau des Beklagten vorgefertigten Erklärung den Bestand seiner bereits durch außergerichtliche Forderungsschreiben seiner Prozessbevollmächtigten geltend gemachten Rechte in irgendeiner Weise verändern und dabei auf seine Ansprüche verzichten.
77Bereits der Wortlaut der Erklärung „Damit sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vom 1.7.2016 abgegolten“ spricht gegen einen Verzicht des Klägers auf die streitgegenständlichen Ansprüche. Es kann nicht angenommen werden, dass durch die Erfüllung einzelner Ansprüche sämtliche weiteren Ansprüche „abgegolten“ sein sollten (vgl. hierzu: BAG 7.11.2007, 5 AZR 880/06). Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass dem Kläger lediglich die Arbeitspapiere übergeben wurden.
78In der Erklärung werden die dem Kläger ausgehändigten Arbeitspapiere im Einzelnen aufgeführt. Auch dies spricht für das Verständnis, dass der Kläger die Erteilung dieser Arbeitspapiere bestätigen und auf seine insoweit bestehenden Ansprüche verzichten wollte, er hierdurch einen Verzicht auch auf sämtliche durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers außergerichtlich bereits im Einzelnen geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche sowie Nettozahlungen für die Vergangenheit aber nicht erklären wollte (vgl. in diesem Sinne BAG 7.11.2007, 5 AZR 880/06 zu einer der vorliegenden sehr vergleichbaren Ausgleichsquittung).
796. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
80II. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 2) zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat nicht zur Bedienung von Lohnpfändungen Nettovergütungsansprüche des Klägers unter Unterschreitung der Pfändungsfreibeträge einbehalten.
811. Der Kläger kann sich nicht auf einen erhöhten Pfändungsfreibetrag wegen seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter berufen.
82Voraussetzung für die Anrechnung eines Pfändungsfreibetrags ist, dass zum einen eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung besteht und zum anderen der Schuldner auch tatsächlich Unterhaltsleistungen erbringt (vgl. BAG 28.8.2013, 10 AZR 323/12, Rn. 14; Münchener Kommentar ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850c ZPO, Rn. 10).
83Der Kläger verweist jedoch lediglich darauf, seiner schulpflichtigen Tochter zum Unterhalt verpflichtet zu sein. Er legt jedoch nicht dar, seiner Tochter im streitgegenständlichen Zeitraum auch tatsächlich Unterhalt gewährt zu haben.
842. Durch den Beklagten waren danach lediglich die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO für den Kläger zu beachten.
85Ausweislich der klägerseits vorgelegten Vergütungsabrechnungen erfolgte im April 2018 bei einem Nettolohnanspruch i.H.v. 1504,05 € eine Pfändung i.H.v. 130,34 € (Vergütungsabrechnung April 2018, Bl. 32 der Akte). Im Mai 2018 erfolgte ausweislich der vorgelegten Vergütungsabrechnung bei einem Nettolohnanspruch i.H.v. 1582,81 € eine Pfändung i.H.v. 193,34 € (Vergütungsabrechnung Mai 2018, Bl. 33 der Akte). Im Juli 2016 erfolgte ausweislich der klägerseits vorgelegten Vergütungsabrechnung bei einem Nettolohnanspruch i.H.v. 1839,62 € eine Pfändung i.H.v. 452,34 € (Vergütungsabrechnung Juni 2018, Bl. 12 der Akte).
86Soweit der Kläger in seiner Klageschrift hiervon abweichende Pfändungsbeträge anführt, ist sein Vortrag nicht nachzuvollziehen.
87Die in den Vergütungsabrechnungen angeführten Pfändungsbeiträge sind mit den Pfändungsfreigrenzen zu Gunsten des Klägers nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. der ab 1.7.2017 geltenden Fassung gemäß dem Anhang der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2017 vom 28.3.2017 vereinbar.
88III. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 3) unbegründet.
89Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB. Zwar findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdings schließt § 12a Absatz 1 S. 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus (vgl. BAG 25.9.2018, 8 AZR 26/18).
90IV. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 4) begründet. Der Kläger hat gemäß § 108 Abs. 1 GewO einen Anspruch auf Abrechnungserteilung hinsichtlich der ausgeurteilten Zahlungsverpflichtungen.
91V. Die Klage ist hinsichtlich ihres Antrags zu 5) begründet. Der Kläger hat gemäß § 109 Abs. 1 S. 3 GewO einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis, das nach der ständigen BAG Rechtsprechung wohlwollend zu formulieren ist.
92B. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO nach dem Verhältnis ihres Obsiegens bzw. Unterliegens.
93Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil beruht auf §§ 61, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO und erfolgt hinsichtlich der Anträge zu 1) bis zu 3) in Höhe der Zahlungsforderungen, hinsichtlich des Antrags zu 4) in Höhe von 5 % eines Bruttomonatsgehalts je Abrechnung (berechnet mit 167 Arbeitsstunden zu einem Bruttostundenlohn von durchschnittlich 14,32 €) und hinsichtlich des Antrags zu 5) in Höhe eines Bruttomonatsgehalts (berechnet mit 167 Arbeitsstunden zu einem Bruttostundenlohn von 14,42 €).