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Kein Leitsatz
1.) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 19.05.2010 aufgelöst wurde.
2.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich ge-zahlter 4.087,22 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen.
3.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen.
4.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen.
5.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahlter 1.035,30 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen.
6.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahlter 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen.
7.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahlter 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen.
8.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahlter 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.
9.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.239,60 brutto abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahlter 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.
10.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
11.) Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 10 % und dem Be-klagten zu 90 % auferlegt.
12.) Streitwert: 62.895,88 .
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
3Der am 18.05.1954 geborene Kläger ist seit dem 01.07.1988 bei der Beklagten zuletzt als Redakteur mit besonderen Aufgaben zu einem monatlichen Gehalt von 6.239,60 brutto beschäftigt. Ab dem Jahre 2003 ist der Kläger verantwort-licher Redakteur für die investigative Sendung "..........".
4Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt der Vertrag vom 01.07.1988 ( Bl. 10 bis 13 d.A.) zu Grunde. Des Weiteren finden die hauseigenen Tarifverträge An-wendung. Der Kläger ist tariflich unkündbar.
5Der Kläger ist Autor der Dokumentation "..........", die am 19.10.2009 in der .......... ausgestrahlt wurde. Diese Dokumentation befasst sich mit einer zum Zeitpunkt der Sendung noch nicht auf dem Markt erhältlichen Salbe .........., de-ren positive Auswirkungen auf verschiedene ernsthafte Hauterkrankungen und deren durch die Pharmakonzerne verhinderten Verbreitung.
6Nach dieser Sendung und nach einem Auftritt des Klägers in der am 21.10.2009 ausgestrahlten Sendung ".........." gab es verschiedene Programm-beschwerden, die unter anderem den Vorwurf der Schleichwerbung zum Inhalt hatten.
7Unstreitig konnte das in der Dokumentation beschriebene Präparat am 04.11.2009 im Großhandel und in Apotheken erworben werden.
8Begleitend zu seiner Dokumentation hat der Kläger ein Buch geschrieben mit dem Titel "........... Die dramatische Geschichte eines Medikaments". Dieses erschien am 02.11.2009.
9Mit Schreiben vom 19.05.2010 (Bl. 15 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeits-verhältnis außerordentlich fristlos, nachdem sie unter dem 12.05.2010 (Anla-ge B 20) den bei ihr bestehenden Personalrat zu der beabsichtigten Kündigung angehört hatte. Sie stützt ihre Kündigung auf einen angeblich gravierenden Verstoß des Klägers gegen seine journalistische Unabhängigkeit und begründet dies damit, dass sich der Kläger in der von ihm erstellten Dokumentation in un-angemessener Weise mit dem Anliegen der Protagonisten gemein gemacht habe und sich in deren Marketing-Kampagne habe einbinden lassen. Des Wei-teren begründet sie ihre außerordentliche Kündigung damit, dass der Kläger im Zuge der von ihr zu bearbeitenden Programmbeschwerden am 05.11.2009 eine Ehrenerklärung abgegeben habe, die teilweise falsche Angaben enthalten ha-be. Hierdurch sei ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden.
10Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, am 07.06.2010 bei Gericht eingegangenen Klage. Des Weiteren begehrt er von der Beklagten sein Gehalt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 21.05.2010 bis einschließlich 31.12.2010.
11Der Kläger bestreitet sämtliche Behauptungen der Beklagten. Im Übrigen so sein Sachvortrag rechtfertigten die von der Beklagten vorgetragenen Umstän-de den gegen ihn erhobenen Vorwurf und mithin die ausgesprochene fristlose Kündigung nicht.
12Der Kläger beantragt,
131. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwi-schen den Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 19.05.2010 nicht aufge-löst wurde;
142. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht aus anderen Gründen beendet wurde, son-dern zu unveränderten Konditionen über den 19.05.2010 hinweg fortbesteht;
153. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
16- 6.239,60 brutto abzüglich 4.087,22 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010,
17- 6.239,60 brutto abzüglich 4.087,22 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010,
18- 6.239,60 brutto abzüglich 4.087,22 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010,
19- 6.239,60 brutto abzüglich 1.035,30 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010,
20- 6.239,60 brutto abzüglich 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010,
21- 6.239,60 brutto abzüglich 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010,
22- 6.239,60 brutto abzüglich 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010,
23- 6.239,60 brutto abzüglich 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010,
24- 6.239,60 brutto abzüglich 1.714,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie trägt vor: Die Kündigung vom 19.05.2010 sei rechtswirksam. Der Kläger habe erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen begangen, auf Grund derer ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Ab-wägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsver-hältnisses nicht mehr zugemutet werden könne.
28Der Kläger habe die bei ihr geltenden Programmgrundsätze verletzt und gegen die Dienstanweisung des Intendanten zur Regelung der Programmverantwor-tung in gravierender Weise verstoßen, indem er sich in die Marke-ting-Aktivitäten um die Einführung der Salbe ".........." habe einbinden lassen. Dies ergebe sich aus verschiedenen, zwischen ihm und Herrn .........., dem Pa-tentinhaber, gewechselten E-Mails. So seien ihm u.a. von Herrn .......... Vor-schläge zum Design der Verpackung gemacht worden. Der Kläger habe opti-sche Anregungen für die ihm von Herrn ........... zugeleitete Power-point-Präsentation gegeben. In dieser werde für die Salbe geworben unter Ver-weis auf den Film in der .......... und sein eigenes Buch. Dem Kläger sei durch
29eine weitere E-Mail zur Kenntnis gelangt, dass der Markteintritt der Salbe zeit-gleich zur Sendung habe erfolgen sollen.
30Der Kläger habe damit nicht nur von der geplanten Markteinführung gewusst, sondern auch daran mitgewirkt. Er habe darüber hinaus durch die Veröffentli-chung seines Buches zeitnah mit der Ausstrahlung der Sendung seine journa-listische Unabhängigkeit in Frage gestellt.
31Der Kläger habe - so der Sachvortrag der Beklagten weiter in seinem Sende-beitrag vom 19.10.2009 Aussagen nicht aufgenommen, die die Wirksamkeit der Salbe kritisch beurteilt hätten. Hier sei der Schnitt in der Sendung unmittelbar vor den kritischen Äußerungen erfolgt. Des Weiteren sei auch keine Aussage über die tatsächlichen Gründe des Ausscheidens des Erfinders der Salbe, Herrn .........., aus seiner damaligen Firma erfolgt. In dem Sendbeitrag werde Herr .......... vor allem als Opfer der Pharmaindustrie dargestellt.
32In seiner Ehrenerklärung vom 05.11.2009 so der Sachvortrag der Beklagten weiter habe der Kläger teilweise falsche Angaben gemacht. Hierdurch habe er seine Vorgesetzten sowie die Geschäftsleitung und die Intendantin getäuscht. Damit sei die für eine Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensgrundlage zer-stört, zumal das Verhalten des Klägers auch zu unzutreffenden Stellungnahmen ihrer Intendantin auf die eingelegten Programmbeschwerden und zu unzutref-fenden Äußerungen im Programmausschuss und Rundfunkrat geführt hätten.
33Unzutreffend sei die Erklärung des Klägers vom 05.11.2009, wonach er keine relevanten Informationen vorenthalten habe und alle Kenntnisse in den Beitrag eingeflossen seien. Dies betreffe zum Beispiel den Themenkreis "Produktions-beginn und Markteinführung".
34Ebenso unzutreffend sei die Erklärung des Klägers, wonach er seit Fertigstel-lung des Films auf baldige Ausstrahlung gedrängt und keinerlei Einfluss auf die Dauer zwischen Fertigstellung und Ausstrahlung des Films gehabt habe. Aus seinen E-Mails ergebe sich nämlich, dass der Kläger darum gebeten habe, den
35Film nicht im Sommer, sondern erst später zu senden. Noch in seiner Stellung-nahme im Zuge der Recherchen habe er unter dem 23.02.2010 (Anlage B 14) wahrheitswidrig versichert, er habe seit April 2009 darauf gedrängt, den Film auszustrahlen. Unzutreffend sei auch seine Erklärung, wonach er den Sende-termin vor Veröffentlichung durch die Programmzeitschriften nicht an Dritte wei-tergegeben habe.
36Unzutreffend sei schließlich auch seine Erklärung, wonach er zu keinem Zeit-punkt Kenntnis vom Produktionsbeginn und der Markteinführung des Präparats gehabt habe. Auch hier ergebe sich aus dem vorgelegten E-mail Verkehr etwas anderes.
37Darüber hinaus habe der Kläger wiederholt gegenüber seinem Vorgesetzten die Unwahrheit in Bezug auf die mit dem Verlag vereinbarte Vergütung für den Ver-kauf seines Buches gesagt.
38Auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Akteninhalt wird Bezug genommen.
39Entscheidungsgründe
40I.
41Die Klage war nur im zugesprochenen Umfang begründet.
421. Die Kündigungsschutzklage
43Die gemäß § 4 KSchG in Verbindung mit § 13 KSchG zulässige Feststellungs-klage ist begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis
44ist durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.05.2010 nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist unwirksam.
45Es kann dahinstehen, ob vor Ausspruch der Kündigung der Personalrat der Be-klagten ordnungsgemäß beteiligt wurde was der Kläger bestreitet -; des Wei-teren kann dahinstehen, ob die Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristet ist. Denn jedenfalls scheitert die streitbefangene Kündigung daran, dass für sie kein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB gegeben ist, der es der Beklag-ten unter Würdigung der Gesamtumstände und unter Abwägung der beidersei-tigen Interessen unzumutbar machte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fort-zusetzen.
46Beide von der Beklagten vorgetragenen Gründe die Verstöße gegen die gel-tenden Programmgrundsätze sowie die angeblich falschen Angaben des Klä-gers in seiner Ehrenerklärung vom 05.11.2009 reichen nicht aus, das Arbeits-verhältnis per sofort zu beenden.
47Soweit die Beklagte vorträgt, der Kläger habe unter Verstoß gegen den Grund-satz der journalistischen Fairness kritische Stimmen die Salbe betreffend in sei-ner Dokumentation nicht aufgenommen, vermag dies die Kündigung nicht zu rechtfertigen. Denn unstreitig waren die kritischen Äußerungen in dem Rohma-terial des Klägers enthalten. Wenn sie dem Schnitt zum Opfer fielen mit Rück-sicht auf die Länge der Sendung, ist dies kein wichtiger Grund für die Kündi-gung. Im Übrigen ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Sendung von Sei-ten des stellvertretenden Chefredakteurs der .......... abgenommen wurde. Die-ser hätte also durchaus noch entscheiden können, die besagten kritischen Stimmen in Bezug auf die Wirkungsbreite der Salbe mit in den Beitrag aufzu-nehmen.
48Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe das persönliche Schicksal des Erfinders der Salbe falsch dargestellt, ist auch dieser Vorwurf nicht geeignet, die Kündigung zu rechtfertigen. Denn nach dem eigenen Sachvortrag der Be-klagten befand sich der Aspekt angeblich finanzieller Unregelmäßigkeiten von Seiten des Herrn .......... im Rohmaterial der Sendung. Wenn dieser Aspekt
49gleichwohl nicht mit in die Endfassung aufgenommen wurde, muss dies nicht zwangsläufig auf den Kläger zurückzuführen sein. Dies trägt jedenfalls die Be-klagte selbst nicht vor. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Sachvortrag der Be-klagten auch, dass der Kläger gerade nicht einseitig zu Gunsten des Erfinders der Salbe recherchiert hatte, sondern auch die anderen Umstände mit in seine Dokumentation bzw. in seine Ursprungsfassung aufgenommen hatte.
50Soweit die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf eine E-mail des Herrn .......... u.a. an ihn (Anlage B 6) vorwirft, gegen den Grundsatz der journalisti-schen Unabhängigkeit verstoßen zu haben, indem er sich in die Marke-ting-Kampagne der Protagonisten habe einbinden lassen, ist auch dieser Sach-vortrag nicht geeignet, die außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtferti-gen. Zwar ist hier festzuhalten, dass der Kläger in den E-Mail-Austausch zwi-schen dem Inhaber des Patents, Herrn .........., und seinen Geschäftspartnern eingebunden war und ist insoweit auch unstreitig, dass ihm eine beabsichtigte Nachricht des Herrn .......... an dessen Geschäftspartner zur kritischen Überprü-fung übersandt wurde (Anlage B 7) und dass der Kläger hierauf antwortete. Dies beinhaltet für sich aber noch nicht einen so gravierenden Verstoß gegen die journalistische Unabhängigkeit, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass auch im Rahmen gebotener unab-hängiger Berichterstattung für einen öffentlich rechtlichen Sender wie der Be-klagten eine Dokumentation stets auch eine bestimmte Aussage beinhaltet, die das Anliegen des Journalisten zum Ausdruck bringt. Unabhängige Berichter-stattung erschöpft sich jedenfalls nicht in der Aufzählung von pro und kontra zu einem bestimmten Thema, so dass es den Zuschauern überlassen bleibt, den Sinn und Zweck der Sendung zu erfassen. Unter Berücksichtigung dieses As-pektes ist es nicht als grobes journalistisches Fehlverhalten des Klägers anzu-sehen, wenn er eine E-Mail des Herrn .......... beantwortet und zu dessen Web-site Stellung nimmt. Ausgangspunkt des Ganzen bleibt nämlich und dies wur-de von der Beklagten als Thema für die Dokumentation ja gerade auch akzep-tiert -, dass den Zuschauern die Geschichte eines alternativen Präparates für Hautkrankheiten gerade auch unter dem Aspekt des Verhaltens der Pharmain-dustrie nahegebracht werden sollte. Der Kläger ist als investigativer Journalist
51für die Sendung ".........." zuständig. Dabei handelt es sich gerade um eine Sen-dereihe, die Missstände anprangern will und in dieser Funktion zwangsläufig auch die eigene Position des Redakteurs zum Ausdruck bringt. Dass der Kläger unter diesen Umständen für seine Protagonisten besonderes Interesse zeigt, kann ihm nicht angelastet werden. Im Übrigen ist es die Beklagte schuldig ge-blieben, konkret darzulegen, was so verwerflich daran sein soll, wenn sich der Kläger die Website des Herrn .......... angesehen hat und sich im Übrigen zu einem Briefentwurf des Herrn .......... äußert.
52Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, bereits im Jahre 2008 durch Erhalt einer Blindkopie über die Abstimmung von Sendetermin und Markteinführung der Salbe unterrichtet worden zu sein (Anlage B 8), ist auch dieser Sachvortrag rechtlich unerheblich. Denn allein der Erhalt einer E-Mail sagt noch gar nichts über die Beteiligung des Klägers an irgendwelchen Marktstrategien aus.
53Ebenso rechtlich unerheblich ist der Sachvortrag der Beklagten in Bezug auf den Design-Vorschlag für die Tube (Anlage B 9). Zwar hat hier die Beklagte behauptet, der Kläger habe zu dem Entwurf Stellung genommen. Wie der Klä-ger aber unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, be-zog sich seine E-Mail vom 18.09.2009 (Anlage B 10) gar nicht auf die Anfrage zu der Tubengestaltung. Auffällig ist hier auch, dass der Kläger erst nach drei Monaten auf die Anfrage des Herrn .......... geantwortet hätte, hätte sich seine E-Mail vom 18.09.2009 tatsächlich auf den Entwurf für die Gestaltung der Tube bezogen. Denn diese datiert von Juni 2009.
54Ebenso wenig verfängt der Vorwurf der Beklagten betreffend die Weitergabe einer E-Mail der Produktionsfirma für die Salbe an Herrn ........... Zwar ist in die-ser E-Mail vom geplanten Produktionsbeginn für die 43. und 44. Kalenderwoche die Rede. Woraus sich aber hier ein Vorwurf gegen die journalistische Unab-hängigkeit des Klägers herleiten lassen können soll, war für das Gericht nicht nachvollziehbar. Dies umso weniger, als es in der Ursprungs-E-Mail des Klä-gers an die besagte Produktionsfirma gerade darum ging, für die bevorstehen-de Sendung noch einen Filmbeitrag über die Produktion der Salbe zu bringen.
55Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, bereits weit vor dem Drehbeginn der Dokumentation sein Buch zu dem Thema auf den Sendetermin abgestimmt zu haben, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, worin hier der kündigungsrecht-lich relevante Sachverhalt liegen soll. Der Kläger hatte von Anfang an beabsich-tigt, ein Buch zum Film zu schreiben. Dies war ihm von Seiten der Beklagten ausdrücklich genehmigt worden. Wieso aber die Abstimmung des Sendeter-mins mit dem Erscheinen des Buches verwerflich gewesen sein soll, hat die Beklagte nicht schlüssig zu begründen vermocht. Soweit sie meint, wegen der zeitlichen Nähe beinhalte die Dokumentation quasi eine Werbung für das Buch des Klägers, ist nicht erkennbar, warum dies nicht erlaubt gewesen sein soll. Im Gegenteil, ein Buch zum Film bedeutet zwangsläufig, dass in zeitlicher Nähe der Sendung das Buch erscheinen wird. Jedenfalls trägt aber die Beklagte selbst nicht vor, dass das Buch erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach der Sendung habe erscheinen dürfen.
56Aus diesem Grund ist es auch rechtlich unerheblich, wenn die Beklagte dem Kläger weiter vorwirft, dieser habe es darauf angelegt gehabt, den Sendetermin so weit herauszuschieben, bis auch sein Buch fertiggestellt gewesen sei. Denn es lag ausschließlich in der Kompetenz der Beklagten bzw. der .........., den Sendetermin ohne Rücksicht auf den Wunsch des Klägers festzusetzen. Das hat sie gerade nicht getan. Im Übrigen hat der Kläger für seinen Wunsch, die Dokumentation erst im Winter 2009 zu senden, eine Begründung genannt. Er wollte seinerzeit noch einen weiteren Beitrag in die Dokumentation einbringen. Hierauf geht die Beklagte gar nicht ein.
57Soweit dem Kläger letztlich zur Begründung der außerordentlichen Kündigung falsche Angaben in seiner Ehrenerklärung und in seinen Stellungnahmen zu den Programmbeschwerden vorgeworfen werden, sind auch diese sämtlich nicht geeignet, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
58Soweit auch hier die Beklagte wieder Bezug nimmt auf die Auslassung be-stimmter Fakten in der Dokumentation und dies in Bezug setzt zur Erklärung
59des Klägers "keine relevanten Informationen vorenthalten zu haben", kann auf die Entscheidungsgründe verwiesen werden. Die Erklärung des Klägers ist in-haltlich nicht falsch.
60Soweit dem Kläger vorgeworfen wird, in Bezug auf die Fertigstellung der Do-kumentation und ihrer Sendung eine falsche Erklärung abgegeben zu haben, ist auch dies nicht richtig. Auch hier kann auf die Entscheidungsgründe, die sich mit dem Vorwurf selbst befassen, verwiesen werden. Im Übrigen ist der Vorwurf auch schon deswegen rechtlich unerheblich, als nicht nachvollziehbar ist, wel-cher Vorwurf mit ihm verbunden ist. Die Beklagte hat nämlich nicht überzeu-gend dargelegt, wieso es für die Bearbeitung der Programmbeschwerden so wichtig war, dass der Kläger keinen Einfluss auf den Sendetermin hatte.
61Soweit der Kläger in seiner Ehrenerklärung bestätigt, vor der Veröffentlichung durch die Programmzeitschriften keinem Dritten Hinweise auf einen möglichen Sendetermin gegeben zu haben, ist diese Erklärung zwar nachweislich falsch, weil der Kläger mit seiner E-Mail vom 02.09.2009 seinen Verlag über den Sen-determin am 19.10.2009 in Kenntnis setzte. Dieser Vorwurf geht aber als Kün-digungsgrund ins Leere. Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ist hier nach-vollziehbar, welche negativen Konsequenzen aus der Bekanntgabe des Sende-termins an den Verlag resultierten. Dass dem Kläger daran gelegen war, sein Buch möglichst zeitnah zur Sendung herauszugeben, liegt wie bereits darge-legt - in der Natur der Sache und ist legitim. Es war im Übrigen auch von der Beklagten nicht verboten worden. Jedenfalls trägt sie hierzu nichts vor. Dass hieraus ein massiver Vertrauensverlust entstanden sein soll, war für das Gericht nicht nachvollziehbar, da es sich nicht um einen Verstoß gegen wesentliche journalistische Grundsätze handelt.
62Das Gleiche gilt für die unbestreitbar falsche Angabe des Klägers in Bezug auf seine Vergütungsabrede mit dem Verlag. Auch hier sind keine wesentlichen Grundsätze des freien und unabhängigen Journalismus betroffen. Einen massi-ven Vertrauensbruch lässt sich hiermit auch nicht begründen.
63Schließlich kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, der Klä-ger habe in seiner Ehrenerklärung fälschlicherweise behauptet, vom Produkti-onsbeginn oder der Markteinführung des Präparates nichts gewusst zu haben. Denn selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellte, der Kläger habe positive Kenntnis von dem Produktionsbeginn bzw. von der Markteinführung der Salbe gehabt, rechtfertigte dies die streitbefangene außerordentliche fristlose Kündi-gung nicht. Zwar mag die Beklagte auf Grund der Programmbeschwerden dem Vorwurf der Schleichwerbung ausgesetzt gewesen sein. Dieser Vorwurf ist aber durch die Innenrevision gerade nicht bestätigt worden. Warum sie dann der Er-klärung des Klägers einen so hohen Wert beimisst und sie hierin einen massi-ven Vertrauensverstoß sieht, erscheint der Kammer als Reaktion überzogen. Sie reicht jedenfalls für sich nicht, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
64Mag somit das Verhalten des Klägers in einzelnen Punkten nicht ganz korrekt gewesen sein, reicht es jedenfalls insgesamt nicht aus, sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fristlos zu beenden. Dies insbesondere auch nicht unter dem Aspekt seiner langen und beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit. Jeden-falls hat die Beklagte insoweit nichts vorgetragen, das zu Ungunsten des Klä-gers hätte berücksichtigt werden müssen.
65Der Kündigungsschutzklage war stattzugeben.
662. Die positive Feststellungsklage
67Sie war hingegen abzuweisen. Sie ist bereits unzulässig. Ihr fehlt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger trägt nämlich selbst keine weiteren Beendigungstatbestände vor, die das Gericht zu überprü-fen gehabt hätte.
683. Die Leistungsklage
69Sie ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 615 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges einen Anspruch auf sein Gehalt
70für den streitbefangenen Zeitraum unter Abzug der Leistung der Beklagten bzw. unter Abzug der Leistungen der ...........
71II.
72Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO.
73III.
74Rechtsmittelbelehrung
75Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei
76B e r u f u n g
77eingelegt werden.
78Die Berufung muss
79innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
80beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegan-gen sein.
81Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
82Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
831. Rechtsanwälte,
842. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammen-schlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mit-glieder,
853. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristi-sche Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Be-vollmächtigten haftet.
86Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
87* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
88Vorstehende Abschrift stimmt mit der Urschrift überein
89gez. Meyer-Wopperer Richterin am Arbeitsgericht
90Ausgefertigt: Reg.-Beschäftigte
91als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle