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1. Unter Aufhebung des I. VU vom 26.01.2010 wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden dem klagenden Land auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten entstanden sind. Diese werden der Beklagten auferlegt.
3. Streitwert: unverändert.
Die Parteien streiten um eine Nachforderung von Minderbeträgen nach dem Heimarbeitsgesetz an eine Frau … (im Folgenden mit Frau L bezeichnet).
2Frau L betreibt von zu Hause aus ein Schreibbüro. In der Zeit von Juni 2006 bis Oktober 2008 erledigte sie nach Maßgabe von 18 Aufträgen der Beklagten Schreibarbeiten für diese. Den jeweils von ihr in Rechnung gestellten Betrag zuzüglich Mehrwertsteuer erhielt sie von der Beklagten vergütet. Hinsichtlich der einzelnen Aufträge und der Rechnungen der Frau L wird auf Bl. 11 – 28 d.A. verwiesen.
3Mit der Begründung, Frau L sei auf Grund der Eigenart der von ihr geleisteten Tätigkeiten (Schreibarbeiten von zu Hause aus) Heimarbeitern gleichgestellt und schulde daher die Beklagte die vom Heimarbeitsausschuss für diese Arbeiten verbindlich festgesetzte Mindestvergütung, begehrt das klagende Land mit der vorliegenden Klage auf der Basis der erteilten Aufträge eine restliche Mindestvergütung in Höhe der Klagebeträge an Frau L. Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages und hinsichtlich der Berechnung der Klageforderung wird auf die Schriftsätze des klagenden Landes nebst Anlagen verwiesen.
4Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, Frau L sei nicht als Heimarbeiterin anzusehen. Im Übrigen habe das klagende Land die Klage nicht ausreichend substantiiert begründet.
5Gegen die trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin vom 26.01.2010 nicht erschienene Beklagte ist in Bezug auf den Hauptantrag ein I. Versäumnisurteil erlassen worden. Gegen dieses, ihr am 28.01.2010 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte unter dem 28.01.2010 – Eingang bei Gericht am 29.01.2010 – Einspruch eingelegt.
6Das klagende Land beantragt,
7das Versäumnisurteil vom 26.01.2010 aufrechtzuerhalten;
8hilfsweise
9die Beklagte zu verurteilen, an Frau … 2.415,63 €,äußerst hilfsweise 1.605.02 € nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11unter Aufhebung des Versäumnisurteil vom 26.01.2010 die Klage insgesamt abzuweisen.
12Auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Akteninhalt wird Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14I.
15Auf den form‑ und fristgerecht eingelegten Einspruch der Beklagten war das I. Versäumnisurteil vom 26.01.2010 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen, § 343 ZPO. Denn die in zulässiger Weise gemäß § 25 HAG vom klagenden Land im Wege der Prozessstandschaft für Frau L erhobene Klage ist sowohl in ihrem Hauptantrag als auch in ihren Hilfsanträgen unbegründet.
16Das klagende Land hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Nachzahlung der geltend gemachten Minderbeträge an Frau L. Denn dieser steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Vergütung nach der einschlägigen Verordnung für die, den Heimarbeitern gleichgestellten Personen, die ein Schreibbüro betreiben, zu. Denn das klagende Land hat es nicht vermocht, den Hauptantrag und die Hilfsanträge der Klage schlüssig zu begründen. Bezüglich des Haupt‑ und des ersten Hilfsantrages sei hier auf das Urteil der 8. Kammer verwiesen, die dies in einem Parallelverfahren in ihren Entscheidungsgründen ausführlich dargelegt hat. Die erkennende Kammer schließt sich diesen Entscheidungsgründen an. Denn sie sind überzeugend. Sie werden auszugsweise wie folgt zitiert:
17„Demnach war vom klagenden Land durch konkreten prozessualen Sachvortrag zu den jeweiligen einzelnen Aufträgen der Beklagten aus den Jahren 2008 und 2009 darzulegen, an welchen Tagen, in welchem jeweiligen Zeitraum und unter welchen näheren Umständen Frau …alleine bei sich zu Hause welche Schreibarbeiten erledigt hat, damit daraus die tatsächlichen Voraussetzungen einer Heimarbeit gleichgestellten Leistungserbringung in Bezug auf sämtliche Arbeiten, für welche das klagende Land die Mehrvergütungen fordert, hätte erkannt werden können. Die prozessuale Belastung für die Voraussetzungen der hier geforderten Mehrvergütung ist vergleichbar derjenigen des die Vergütung von Überarbeit einklagenden Arbeitnehmers, welcher bei entsprechendem Bestreiten des Arbeitgebers als Prozessgegner deren Ableistung unter Zuordnung zu konkret bestimmten Daten und Zeiten und näherer Beschreibung der erbrachten Leistungen substantiieren muss. Pauschale Angaben reichen hier nicht wie dort nicht aus, denn § 138 Abs. 1 ZPO fordert den Vortrag von Tatsachen, das heißt konkreter, nach Zeit und Raum bestimmter, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörender Geschehnisse oder Zustände. Solche Beschreibungen im Hinblick auf die konkrete Leistungserbringung bei den von der Beklagten erteilten Aufträge durch Frau … fehlen im prozessualen Vorbringen des klagenden Landes.
18Diese konnte es nicht durch den Verweis auf das „Zeugnis von Frau …, bei Bedarf Zeugnis von weiteren Familienangehörigen, deren ladungsfähige Anschrift mitgeteilt werden könnte“ ersetzen, dies zielt auf die dem Zivilverfahren fremde Ausforschung der zu Grunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse von Amts wegen. Die Beweiserhebung im Zivilprozess dient nur dazu, zu klären, ob der zuvor gemäß § 138 ZPO erheblich, insbesondere hinreichend substantiiert beigebrachte, aus sich heraus die von der beweisbelasteten Partei eingenommene Rechtsposition schlüssig begründende Tatsachenvortrag zutrifft oder nicht, nicht dagegen dazu, dass durch das Beweismittel erst der konkrete Tatsachengehalt ermittelt und in das Verfahren einbezogen werden soll, den darzulegen einer Prozesspartei oblag. Wird Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt und soll dann durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlage für die substantiierten Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. So ist es hier: Das klagende Land beschreibt nicht einen einzigen Vorgang zur Auftragserledigung nach Zeit und Art und Weise der Leistungserbringung, aus welchem sich die konkreten Umstände der hier bestrittenen „Heimarbeit“ durch Frau … ergeben, erst recht sind solche konkreten Lebenssachverhalte nicht in Bezug auf die gesamten Auftragsausführungen vorgetragen. Nur entsprechender substantiierter Vortrag konkreter Tatsachen hätte aber eine Erwiderungslast der Beklagten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO auslösen können und im Falle gleichfalls substantiierten Bestreitens Grundlage für eine zivilverfahrensrechtliche Sachklärung durch das Gericht dazu sein können, ob die Behauptungen wahr sind und sich die vom Beweisführer substantiiert dargelegten Geschehnisse tatsächlich so abgespielt haben oder nicht.“
19Auch der äußerste Hilfsantrag ist unbegründet. Auch er ist nicht schlüssig von dem klagenden Land begründet worden. Zwar macht das klagende Land auf der Basis der von Frau L ausgestellten Rechnungen nur noch die Zuschläge geltend. Diese Berechnung enthält aber auch keine schlüssige Begründung für den Hilfsantrag, weil die von dem klagenden Land begehrten Zuschläge auf der Grundlage des Stundenlohnes der einschlägigen Verordnung zu berechnen sind. Frau L hat aber auf der Basis eines „Stücklohnes“, wie mit der Beklagten vereinbart, abgerechnet und nicht auf der Basis von abgeleisteten Stunden. Damit entfiel schon auf Grund der falschen Berechnungsgrundlage auch dieser Anspruch.
20Mithin war die Klage insgesamt abzuweisen bzw. das Versäumnisurteil aufzuheben.
21II.
22Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 344, 91 Abs. 1 ZPO, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO,