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Kein Leitsatz
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2009, der Klägerin zugegangen am 30.10.2009, zum 30.04.2010 nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 08.01.2010, der Klägerin am 08.01.2010 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Der Streitwert wird auf 33.522,00 festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung sowie um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.
3Die am 12.05.1965 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.07.1989 beschäftigt.
4Mit Schreiben vom 27.10.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2010.
5Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 10.11.2009 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage vom selben Tag.
6Mit Schreiben vom 08.01.2010 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis "vorsorglich" zum 31.07.2010 gekündigt und der Klägerin in diesem Schreiben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen angeboten. Wörtlich heißt es in diesem Schreiben u.a.:
7"Wir würden einen weiteren Arbeitsplatz im Verkaufsinnendienst einrichten und Sie dort als Sachbearbeiterin einsetzen. Die Tätigkeit ist nach Gehaltsstufe IV des Tarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW zuzüglich einer freiwilligen übertariflichen Zulage, insgesamt monatlich 2.800 als Vollzeitstelle mit 38 Stunden pro Woche ausgestattet. Sollten Sie weniger Stunden pro Woche arbeiten, würde sich das Gehalt entsprechend reduzieren.
8Bitte teilen Sie uns innerhalb von 3 Wochen, spätestens am 29. Januar 2010 mit, ob Sie unser Angebot annehmen. Sollten Sie es ablehnen, bleibt es bei der oben ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung.
9In jedem Fall bitten wir Sie, die Tätigkeit als Sachbearbeiterin Verkaufsinnendienst ab Montag, dem 11. Januar 2010 aufzunehmen. Die Bezahlung erfolgt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist 31.07.2010 zu den bisherigen von uns akzeptierten Bedingungen."
10Mit Schreiben ihrer Rechtsanwältin an die Beklagte vom 11.01.2010 hat die Klägerin die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt angenommen, dass diese nicht sozial ungerechtfertigt ist.
11Mit am 28.01.2010 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 27.01.2010 hat die Klägerin u.a. die Feststellung begehrt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 08.01.2010, ihr am selben Tag zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.
12Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung vom 27.10.2009 sei bereits deshalb unwirksam, weil die Beklagte im Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 29.06.1994 auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet habe. Im Übrigen sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt i.S. von § 1 Abs. 2 KSchG. Schließlich sei die Kündigungsfrist von der Beklagten nicht eingehalten worden.
13Die Änderungskündigung vom 08.01.2010 sei nach Meinung der Klägerin ebenfalls sozial ungerechtfertigt. Zudem sei sie unwirksam, weil die Beklagte gemäß dem Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 29.06.1994 auf das Recht zu ordentlichen Kündigung verzichtet habe. Letztlich sei die Änderungskündigung auch unwirksam, weil die Beklagte die Änderungen der Arbeitsbedingungen bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist umgesetzt habe.
14Im Schriftsatz vom 03.02.2010 hat die Beklagte ihre mit Schreiben vom 27.10.2010 ausgesprochene Kündigung zurückgenommen.
15Im Kammertermin am 18.06.2010 hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. anerkannt.
16Die Klägerin beantragt zuletzt,
171. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2009, ihr zugegangen am 30.10.2009, zum 30.04.2010 nicht aufgelöst worden ist,
182. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2010 hinaus fortbesteht,
193. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 08.01.2010, ihr am 08.01.2010 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist,
204. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Kündigungen geändert oder beendet wurde, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte ist der Auffassung, die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, da sie betrieblich notwendig gewesen sei und von der Klägerin billigerweise hingenommen werden müsse. Die Beklagte behauptet, sie habe sich für eine Neuausrichtung des Arbeitsplatzes entschieden, weil die Klägerin bereits 20 Jahre für sie tätig gewesen sei und eine Beendigungskündigung für diese eine unbillige Härte bedeutet hätte. Die Klägerin habe das Änderungsangebot unter Vorbehalt bereits am 08.01.2010 angenommen und sei seitdem in der neuen Position tätig. Auf das Recht zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung habe sie, die Beklagte, ihrer Meinung nach nicht verzichtet, da die Klägerin in doloser Vereinbarung mit ihrem seinerzeitigen Ehemann und früherem Geschäftsführer von ihr, der Beklagten, die Anlage vom 29.06.1994 zum Anstellungsvertrag gefälscht habe.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26I. Die Klage ist soweit noch anhängig und nicht bereits durch die teilweisen Klagerücknahmen erledigt mit den Anträgen zu 1. und 3. zulässig und begründet. Mit den Anträgen zu 2. und 4. ist die Klage unzulässig.
271. Den Klageantrag zu 1. hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten im Kammertermin am 18.06.2010 anerkannt, so dass insoweit antragsgemäß festzustellen war, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2009, der Klägerin zugegangen am 30.10.2009, zum 30.04.2010 nicht aufgelöst worden ist.
282. Hinsichtlich des Antrags zu 3. hatte die Klage ebenfalls Erfolg.
29a) Die von der Beklagten mit Schreiben vom 08.01.2010 ausgesprochene Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1; 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt.
30aa) Die allgemeinen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes sind hier erfüllt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Beklagte beschäftigt auch regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Die Kündigung wurde von der Klägerin mit ihrer am 28.01.2010 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klageerweiterung vom 27.01.2010 innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang gerichtlich angegriffen. Die streitbefangene Kündigung war daher an den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes zu messen. Dieser Überprüfung hat sie nicht standgehalten.
31bb) Die durch die Beklagte ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung mit dem Angebot, die Arbeitsbedingungen bereits erhebliche Zeit vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.07.2010 zu ändern, nämlich durch Aufnahme von Tätigkeiten als Sachbearbeiterin im Verkaufsinnendienst ab Montag, dem 11. Januar 2010 anstatt wie bis dahin als Leiterin des Finanz- und Rechnungswesens, des Controllings sowie des Personalwesens, ist nach §§ 1 Abs. 2 Satz 1; 2 Satz 1 KSchG unwirksam. Unabhängig von der Frage, ob eine Änderung der Arbeitsbedingungen zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sozial gerechtfertigt wäre, ist das Angebot der Beklagten, die Klägerin solle bereits ab dem 11.01.2010 und damit mehr als sechs Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31.07.2010 zu geänderten Arbeitsbedingungen weiter arbeiten, sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
32(1) Eine ordentliche Kündigung wirkt erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Daran hat sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe), der sich die Kammer anschließt, auch das Änderungsangebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung zu orientieren.
33Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf einen Teil der ihm zustehenden Kündigungsfrist zu verzichten und vorzeitig in eine Vertragsänderung mit schlechteren Arbeitsbedingungen einzuwilligen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 21.04.2005 2 AZR 244/04, AP Nr. 80 zu § 2 KSchG 1969). Eine solche vorzeitige Änderung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitnehmer auch dann nicht hinzunehmen, wenn das Änderungsangebot im Rahmen einer ordentlichen Änderungskündigung erfolgt (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe). Das Änderungsangebot der Beklagten ist damit in einem wesentlichen Punkt sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte vermengt hier in unzulässiger Weise Elemente von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Schon dies führt zur Sozialwidrigkeit des Änderungsangebots der Beklagten.
34(2) Das Änderungsangebot der Beklagten ist jedenfalls deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte die Tätigkeiten der Klägerin vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ändern und damit erheblich in das Vertragsgefüge eingreifen wollte.
35(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe etwa BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 29.03.2007 2 AZR 31/06, NZA 2007, 855, 857, zu B. I. 2. der Gründe jeweils m.w. Nachw.) ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsverhältnis für den betroffenen Arbeitnehmer zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.
36Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe m.w. Nachw.). Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 23.06.2005 2 AZR 642/04, AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969).
37(b) Diesen Anforderungen entspricht das in der Änderungskündigung der Beklagten vom 08.01.2010 enthaltene Änderungsangebot nicht.
38(aa) Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 21.09.2006 ist eine ordentliche Änderungskündigung, bei der das Änderungsangebot des Arbeitgebers auf eine außerordentliche, d.h. vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Lohnabsenkung zielt, jedenfalls nach § 1 Abs. 2, § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Eine Änderung der Vergütungsvereinbarung schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist müsse vom Arbeitnehmer auf keinen Fall billigerweise hingenommen werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordere vielmehr eine unveränderte Weiterzahlung der bisherigen Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe).
39(bb) Im Streitfall hat das in der Änderungskündigung der Beklagten vom 08.01.2010 enthaltene Änderungsangebot zwar nicht wie im Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.09.2006 zugrunde lag eine Änderung der Vergütungsvereinbarung vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.07.2010 zum Gegenstand, da es in der Änderungskündigung u.a. wörtlich heißt: "Die Bezahlung erfolgt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist 31.07.2010 zu den bisherigen von uns akzeptierten Bedingungen." Allerdings stellt die von der Beklagten der Klägerin mit der Änderungskündigung angebotene Änderung der Tätigkeiten als Sachbearbeiterin Verkaufsinnendienst bereits ab dem 11.01.2010 anstatt wie bisher als Leiterin des Finanz- und Rechnungswesens, des Controllings sowie des Personalwesens einen ganz erheblichen Eingriff in das Vertragsgefüge der Parteien dar, der für die Klägerin nicht anders als bei Lohnminderungen eine wesentliche Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bedeutet.
40(3) Die Sozialwidrigkeit des Angebots, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, führt zur Sozialwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt (§ 1 Abs. 2, § 2 KSchG).
41Bei einer Änderungskündigung sind alle vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vertragsänderungen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Enthält das Angebot des Arbeitgebers eine Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen in mehreren Punkten, muss die soziale Rechtfertigung für jeden einzelnen Punkt geprüft werden (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. c) der Gründe m.w. Nachw.). Genügt auch nur eine der beabsichtigten Änderungen den Anforderungen nicht, so hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung zur Folge. Das Gericht kann nicht etwa die Änderungskündigung teilweise für unwirksam erklären (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. c) der Gründe; ebenso LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 4 Sa 233/07, zu I. der Gründe).
42(4) Soweit angenommen wird, unwesentliche Vertragsänderungen, wie etwa bei einer betriebsbedingten Kündigung die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Abgabe einer Erklärung, nicht der Scientology-Lehre anzuhängen, könnten auch im Fall ihrer fehlenden sozialen Rechtfertigung die Wirksamkeit der Kündigung nicht beeinträchtigen (siehe die Nachw. bei BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. d) der Gründe), kommt es hierauf nicht an. Denn die Fortsetzung der Tätigkeit als Sachbearbeiterin Innendienst anstatt als Leiterin des Finanz- und Rechnungswesens, des Controllings sowie des Personalwesens während des Laufs der Kündigungsfrist, wie sie die Beklagte der Klägerin mit der Änderungskündigung angeboten hat, stellt jedenfalls nicht anders als eine Verdienstminderung während des Laufes der Kündigungsfrist, worüber das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.09.2006 zu befinden hatte keine in diesem Sinne unwesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen dar.
43cc) Die Änderungskündigung der Beklagten vom 08.01.2010 kann auch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie gleichzeitig das Angebot enthält, die Arbeitsbedingungen für den Fall der Unzulässigkeit der Änderung vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist jedenfalls zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern.
44Eine Auslegung des Kündigungsschreibens in diesem Sinne ist nicht möglich.
45(1) Das Angebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, kann nicht allgemein als Angebot ausgelegt werden, die neuen Arbeitsbedingungen bei Unzulässigkeit der vorfristigen Änderung erst mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten zu lassen. Die Rechtslage bei der Änderungskündigung ist insoweit nicht mit der bei der Beendigungskündigung vergleichbar (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 15.12.2005 2 AZR 148/05, AP Nr. 55 zu § 4 KSchG 1969).
46Eine ordentliche Beendigungskündigung ist in aller Regel dahin auszulegen, dass sie das Arbeitsverhältnis zum nächst zutreffenden Termin beenden soll. Das gilt auch dann, wenn sie ihrem Wortlaut nach zu einem früheren Termin gelten soll. Diese Auslegung trägt dem mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers Rechnung, bei der Beendigungskündigung das Arbeitsverhältnis jedenfalls mit Ablauf der für das konkrete Arbeitsverhältnis einschlägigen Kündigungsfrist zu beenden. Demgegenüber ist bei einem vorfristigen Änderungsangebot regelmäßig nicht von einem entsprechenden mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers auszugehen, die neuen Arbeitsbedingungen, wenn sie nicht vorfristig durchsetzbar sind, ebenfalls mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten zu lassen. Es ist durchaus denkbar, dass der Arbeitgeber die vorfristige Änderung der Arbeitsbedingungen gerade deshalb anbietet, weil eine Weiterarbeit des Arbeitnehmers zu den geänderten Arbeitsbedingungen erst nach dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für ihn nicht mehr von Interesse ist. Der Arbeitnehmer kann von seinem Empfängerhorizont aus regelmäßig kaum abschließend beurteilen, ob nicht das Änderungsangebot des Arbeitgebers damit stehen und fallen soll, dass die neuen Arbeitsbedingungen schon zu dem in dem Kündigungsschreiben genannten Zeitpunkt gelten. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn es wie hier um einschneidende Änderungen geht. Das Interesse des Arbeitnehmers, der bei einer Änderungskündigung sich innerhalb einer kurzen Frist entscheiden muss, ob er die neuen Arbeitsbedingungen mit oder ohne Vorbehalt annimmt oder ablehnt, erfordert hier eine enge Auslegung des Änderungsangebots des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 4. a) aa) der Gründe; ebenso LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 4 Sa 233/07, zu II. 2. der Gründe).
47(2) Vorliegend enthält die Änderungskündigung der Beklagten das Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 11.01.2010 mit dem Inhalt fortzusetzen, dass die Klägerin von diesem Zeitpunkt an als Sachbearbeiterin Innendienst tätig werden sollte. Damit zielte es auf eine Änderung, die vor Ablauf der für das Arbeitsverhältnis der Klägerin geltenden Kündigungsfrist am 31.07.2010 wirksam werden sollte.
48Anders kann das Kündigungsschreiben nicht ausgelegt werden. Wenngleich darin die Aufnahme der Tätigkeit als Sachbearbeiterin Innendienst ab dem 11.01.2010 als "Bitte" formuliert ist, stellt diese "Bitte" nach Maßgabe der allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) nichts anderes als eine Aufforderung gegenüber der Klägerin dar ("In jedem Fall "), bei Annahme des Änderungsangebots ihre Tätigkeiten ab diesem Zeitpunkt als Sachbearbeiterin Innendienst zu verrichten.
49dd) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.2006, derzufolge die zu kurze Bestimmung der Annahmefrist durch den Arbeitgeber im Änderungsangebot nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führe, sondern vielmehr die gesetzliche Annahmefrist des § 2 Satz 2 KSchG in Lauf setze (BAG, Urteil vom 18.05.2006 2 AZR 230/05, AP Nr. 83 zu § 2 KSchG 1969; ebenso BAG, Urteil vom 01.02.2007 2 AZR 44/06, NZA 2007, 925), betraf eine andere Fallgestaltung, um die es hier nicht geht. Denn streitgegenständlich ist vorliegend nicht eine zu kurz bemessene Annahmefrist des in der Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots, sondern ein auf Veränderungen des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zielendes Änderungsangebot, so dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.2006 im Streitfall mangels Einschlägigkeit nicht zu einem anderen Ergebnis führen konnte.
50ee) Auch eine Umdeutung in eine Änderungskündigung mit einem Änderungsangebot zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist kommt nicht in Betracht.
51(1) Zwar wird im Schrifttum vereinzelt eine Umdeutung der wegen fehlender sozialer Rechtfertigung einzelner vom Arbeitgeber vorgeschlagener Arbeitsbedingungen unwirksamen Änderungskündigung in eine solche ohne diese Arbeitsbedingungen grundsätzlich für möglich gehalten (Löwisch, Die Änderung von Arbeitsbedingungen auf individualrechtlichem Wege, insbesondere durch Änderungskündigung, NZA 1988, 633, 636). Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.09.2006 jedoch ausdrücklich abgelehnt. Da der Arbeitnehmer auf das Vertragsangebot reagieren und sich entscheiden müsse, ob er die geänderten Arbeitsbedingungen ablehne oder mit bzw. ohne Vorbehalt annehme, erfordere schon die Rechtssicherheit, dass zweifelsfrei klargestellt sei, zu welchen neuen Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen solle. Die weitgehende Anerkennung von Umdeutungsmöglichkeiten hinsichtlich des Änderungsangebots des Arbeitgebers würde den Arbeitnehmer entgegen dem Schutzzweck des § 2 KSchG bei der Änderung von mehreren Arbeitsbedingungen möglicherweise verpflichten, alternativ zu den verschiedensten künftigen Arbeitsvertragsgestaltungen Stellung zu nehmen, die in der Änderungskündigung ausdrücklich so nicht enthalten seien. Dem Arbeitnehmer, der das konkrete Änderungsangebot vorbehaltlos abgelehnt habe, weil ihm eine bestimmte Änderung unzumutbar erscheine, würde bei einer solchen Umdeutungsmöglichkeit nachträglich der Schutz des § 2 KSchG entzogen, denn die Vertragsänderung ohne Lohnminderung, die sich ggf. nach langer Prozessdauer als sozial gerechtfertigt herausstelle, könne er nachträglich nicht mehr unter Vorbehalt annehmen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 4. b) aa) der Gründe). Dieser Rechtsprechung schließt sich auch die erkennende Kammer im Hinblick auf deren überzeugende Begründung an.
52(2) Gegenüber diesen grundsätzlichen Erwägungen bietet der vorliegende Streitfall keine besonderen Anhaltspunkte für eine Umdeutbarkeit.
53Insbesondere kann nicht die Erwägung zu einem anderen Ergebnis führen, bei einer Versagung der Umdeutung des Änderungsangebots müsse eine Änderungskündigung, bei welcher der Arbeitgeber die Kündigungsfrist falsch berechnet habe, ansonsten stets ohne Umdeutungsmöglichkeit unwirksam sein. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
54Das Kündigungsschreiben der Beklagten von 08.01.2010 muss jedenfalls aus dem Empfängerhorizont so verstanden werden, dass die Beklagte bewusst zwischen den Fristen für das Änderungsangebot und der Kündigungsfrist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert hat. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass das Änderungsangebot ausdrücklich auf den 11.01.2010 bezogen war. Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Kündigungsschreiben der 31.07.2010 und damit ein Beendigungsdatum genannt, das der für den Arbeitsvertrag der Parteien maßgebenden Kündigungsfrist entspricht. Aus Sicht der Klägerin differenzierte die Beklagte damit bewusst zwischen dem Änderungsangebot, für das die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden ist, und dem Datum für das Auslaufen des Arbeitsverhältnisses für den Fall der Nichtannahme des Änderungsangebots.
55b) Ob die Änderungskündigung der Beklagten vom 08.01.2010 zudem aus den weiteren, von der Klägerin im Schriftsatz vom 27.01.2010 im Einzelnen vorgetragenen Gründen, insbesondere wegen Verzichts der Beklagten auf das Recht zur ordentlichen Kündigung im Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 29.06.1994, unwirksam ist, bedurfte angesichts der vorangegangenen Ausführungen keiner Entscheidung, so dass hier auch nicht abschließend geklärt werden musste, ob es sich bei diesem Nachtrag wie von der Beklagten behauptet um eine Fälschung handelt.
563. Soweit die Klägerin mit den Anträgen zu 2. und 4. die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände bzw. Kündigungen geändert oder beendet wird, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht, ist die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG unzulässig. Denn von der Klägerin wurden neben den streitbefangenen Kündigungen der Beklagten vom 27.10.2009 und 08.01.2010 keine weiteren Beendigungs- oder Änderungstatbestände dargetan, die zur Beendigung oder Änderung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses führen sollen.
57II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Beklagten waren die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Zuvielforderungen der Klägerin verhältnismäßig geringfügig waren und keine höheren Kosten veranlasst haben.
58III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG, wobei die allgemeinen Feststellungsanträge neben den Kündigungsschutzanträgen nicht gesondert bewertet wurden, da weitere Kündigungen oder andere Auflösungs- oder Änderungstatbestände nicht in das Verfahren einbezogen worden sind (siehe etwa LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.09.2006 3 Ta 159/06, NZA-RR 2006, 656; LAG Köln, Beschluss vom 20.02.2007 14 Ta 9/07, zitiert nach juris).
59R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
60Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
61B E R U F U N G
62eingelegt werden.
63Die Berufung muss
64innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
65schriftlich beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
66Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
67Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zuzulassen:
681. Rechtsanwälte,
692. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
703. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung oder Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
71Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
72* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.