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1. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG bedarf der europarechts- und verfassungskonformen Auslegung. Daher ist eine haushaltsrechtliche Befristung nicht schon dann gerechtfertigt, wenn der Mitarbeiter aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind.2. Die haushaltsrechtliche Befristung ist gerechtfertigt, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Grund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen.
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Befristung mit dem 31.12.2005 geendet hat.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
3. Der Streitwert wird auf 3.300,- festgesetzt.
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.
3Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 2. Januar 2002 aufgrund mehrerer befristeter Verträge zu einem monatlichen Bruttogehalt von 1.100 Euro teilzeitbeschäftigt. Sie arbeitet in C im Versand. Sie bearbeitet Bestellungen aller Art zur Auslieferung an die Universität oder externe Interessenten sowie Reklamationen.
4Der letzte am 7. Dezember 2004 von den Parteien unterzeichnete Vertrag hatte eine Laufzeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2005. Der Vertrag sah eine Beschäftigung der Klägerin "nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) i.V.m. SR 2 y BAT als Zeitangestellte" vor.
5Das Haushaltsgesetz 2005 wurde am 3. Februar 2004 von der Landesregierung ausgefertigt und am 6. Februar 2004 im Gesetz- und Verordnungsblatt des beklagten Landes verkündet. Der Haushaltsplan sieht im Kapitel 06072 für C vor:
6"Titelgruppen
7Titelgruppe 65
8Ausgaben zur Erfüllung von Kundenaufträgen, insbesondere im Direktleihverkehr
91. Die Ausgaben sind gegenseitig deckungsfähig und übertragbar.
102. Ausgaben dürfen nur in Höhe der Ist-Einnahmen bei den
11Titeln 119 11 und 119 12 geleistet werden.
123. Mehrausgaben bei Titel 523 10 oder innerhalb der Titelgruppe 65
13dürfen bis zur Höhe der Mehreinnahmen bei den Titeln 111 01
14und 119 11 geleistet werden.
154. Die Mittel dürfen zusätzlich zu den an anderen Stellen des Haus-
16haltsplans veranschlagten Mitteln verausgabt werden (§ 35 Abs. 2 LHO).
175. Zu Lasten des Titels 427 65 sollen nur befristete Dienstverträge abge-
18schlossen werden.
196. Über die am Jahresabschluss bei dieser Titelgruppe verbleibenden Bestände
20kann bereits vor der allgemeinen Freigabe der übertragenen Ausgabereste
21durch das Finanzministerium verfügt werden.
22Ansatz 2005 Ansatz 2004 Soll 2003
23EUR EUR EUR
24427 65 164
25Vergütungen und Löhne
26für Aushilfen 600 000 600 000 552 500
27429 65 164
28Nicht aufteilbare
29Personalausgaben - - -
30459 65 164
31Sonstige personalbezogene
32Sachausgaben - - -
33547 65 164
34Sächliche Verwaltungsausgaben 157 000157 000 189 500."
35Mit der am 29. November 2005 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung.
36Die Klägerin meint, es liege keine wirksame Befristung vor. Sie erfülle eine Daueraufgabe. Die Haushaltsmittel seien nicht für eine zeitlich begrenzte Aufgabe zur Verfügung gestellt worden. Es handele sich vielmehr um Pauschalmittel, die jährlich neu ausgewiesen würden. Der Haushalt enthalte zudem kein Verbot des Abschlusses unbefristeter Verträge. Bei der Vorgabe des Haushaltsgesetzgebers handele es sich nur um eine Sollvorschrift. Sie sei auch nicht aus Haushaltsmitteln, sondern aus den Einnahmen der C vergütet worden. Der Personalrat sei an der Befristung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
37Die Klägerin beantragt
38festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Befristung mit dem 31.12.2005 geendet hat.
39Das beklagte Land beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Das beklagte Land trägt vor, § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sei wortgleich mit § 57 b Abs. 2 HRG a.F. und daher wie diese Vorschrift auszulegen. Eine Prognose, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen, müsse der öffentliche Arbeitgeber nicht anstellen. Der Sachgrund Haushalt sei gegeben, wenn der Mitarbeiter aus Haushaltsmitteln vergütet werde, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt seien, und der Mitarbeiter zu Lasten dieser Mittel eingestellt und entsprechend beschäftigt werde. Diese Voraussetzungen seien für die Klägerin erfüllt. Die vom Land vorgenommene Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG verstoße nicht gegen EG-Recht. Die Vorschrift gehe sogar über europarechtliche Vorgaben hinaus, weil sie schon für die erste Befristung einen Sachgrund fordere. Zudem sei das allgemeine Niveau des Arbeitnehmerschutzes nicht abgesenkt worden. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
43Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund Befristung mit dem 31. Dezember 2005 sein Ende gefunden.
44Die Befristung vom 7. Dezember 2004 erweist sich als unwirksam, weil sie den Vorgaben des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht entspricht. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist über seinen Wortlaut hinaus sowohl europarechts- als auch verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Befristung nur gerechtfertigt ist, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Grund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen. Eine derartige Prognose hat das beklagte Land nicht erstellt. Rechtsfolge ist, dass der befristet geschlossene Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 16 Satz 1 TzBfG).
45I. Das beklagte Land weist zu Recht darauf hin, dass die Befristung bei einem rein wörtlichen Verständnis des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG wirksam wäre. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Sachvortrag des beklagten Landes, die Klägerin sei aus den im Haushaltsplan für eine befristete Beschäftigung vorgesehenen Mitteln vergütet worden, als zutreffend unterstellt wird.
46§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist wortgleich mit § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG a.F. Zu § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG hat das BAG angenommen, die Befristung sei gerechtfertigt, wenn der Mitarbeiter aus Haushaltsmitteln vergütet werde, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt seien, und der Mitarbeiter zu Lasten dieser Mittel eingestellt und entsprechend beschäftigt werde. Der Haushaltsgesetzgeber müsse sich nicht mit der einzelnen konkreten Stelle befassen oder solche konkreten Stellen einrichten und bewilligen (BAG 24. Januar 1996 7 AZR 342/95 AP § 57 b HRG Nr. 7).
47II. Der Frage, ob der Sachvortrag des beklagten Landes zutrifft, war indes nicht nachzugehen. Denn § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist nicht nach Maßgabe der zu § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG a.F. ergangenen Rechtsprechung des BAG auszulegen. Die Vorschrift verstößt bei einem wörtlichen Verständnis gegen § 5 Nr. 1 a bis c der Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 1999/70/EG. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG bedarf der europarechtskonformen Auslegung. Diese führt dazu, dass die Befristung nur gerechtfertigt ist, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Grund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen.
481. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 HRG genügt bei einem rein wörtlichen Verständnis nicht den Vorgaben des § 5 Nr. 1 a bis 1 c der Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 1999/70/EG (vgl. Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag 2003 Rz 216 ff.; Plander ZTR 2001, 499, 501 f.; APS/Backhaus 2. Aufl. 2004 § 14 TzBfG Rz 104; Sievers RdA 2004, 291, 295; a.A. KR/Lipke 7. Aufl. 2004 § 14 TzBfG Rz 225; HaKo/Mestwerdt 2. Aufl. 2004 § 14 TzBfG Rz 134).
49§ 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung zu der Richtlinie 1999/70/EG lautet:
50" Paragraph 5: Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch
511. Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:
52a) sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;
53b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder verhältnisse;
54c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse."
55Dem Wortlaut nach erfüllt § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG diese Voraussetzungen nicht. Er würde es dem öffentlichen Arbeitgeber ermöglichen, Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt befristet zu beschäftigen. Der öffentliche Arbeitgeber müsste nur die Entscheidung treffen, Mittel zur befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern bereit zu stellen. Der bloße Wille, Mitarbeiter befristet beschäftigen zu wollen, um ihnen bei Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses nicht kündigen zu müssen, genügte, um Arbeitnehmer langfristig befristet zu beschäftigen. Eine Begründung dahingehend, dass das Bedürfnis zur Beschäftigung des Mitarbeiters nur vorübergehend besteht, wäre nicht erforderlich. Denkbar wäre daher eine befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern während ihres gesamten Berufslebens. Wie hoch der Anteil dieser Arbeitnehmer an der Gesamtzahl der im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer wäre, wäre der nicht zu kontrollierenden Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers überlassen. Möglich wäre es daher, alle neu eingestellten Mitarbeiter ohne einen wirksamen Bestandsschutz zu beschäftigen.
56Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ergibt sich aus § 8 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 1999/70/EG keine andere Betrachtung. § 8 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 1999/70/EG sieht vor, dass die Umsetzung der Vereinbarung nicht als Rechtfertigung für die Senkung des allgemeinen Niveaus des Arbeitnehmerschutzes in dem von dieser Vereinbarung erfassten Bereich dienen darf. Danach sind punktuelle Verschlechterungen zulässig, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen. Zunächst darf das allgemeine Schutzniveau nicht unterschritten werden. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen des § 5 Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 1999/70/EG zu beachten. Dessen Vorgaben entspricht § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG bei einem rein wörtlichen Verständnis nach den obigen Ausführungen nicht.
572. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist über den Wortlaut hinaus europarechtskonform auszulegen.
58a) Gemäß Art. 249 Abs. 3 EG ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Unabhängig davon, ob und unter welchen Voraussetzungen Richtlinien im nationalen Recht unmittelbar anwendbar sind, sind sie für dieses von besonderer Bedeutung, weil das nationale Recht richtlinienkonform auszulegen ist (EuGH 5. Mai 1994 - C-421/92 - Gabriele Habermann-Beltermann/Arbeiterwohlfahrt - EuGHE I 1994, 1657; BAG 15. Oktober 1992 - 2 AZR 227/92 - BAGE 71, 252; vgl. auch BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 - BVerfGE 85, 191; BAG 18. September 2003 2 AZR 79/02 NZA 2004, 375; 18. Februar 2003 - 1 ABR 2/02 - AP BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 12 = EzA ArbZG § 7 Nr. 4).
59Unter welchen Voraussetzungen eine richtlinienkonforme Auslegung möglich ist und welchen Grenzen sie unterliegt, ergibt sich aus nationalem Recht. Das europäische Recht verlangt allerdings, dass das innerstaatliche Gericht das nationale Gesetz "unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt" bzw. "soweit wie möglich" richtlinienkonform auszulegen hat (EuGH 27. Juni 2000 - C-240/98 -, C-244/98 - Oceano Grupo Editoral und Salvat Editores - EuGHE I 2000, 4941 Rn. 30; 10. April 1984 - Rs. 14/83 - von Colson und Kamann/Land Nordrhein-Westfalen - EuGHE I 1984, 1891 Rn. 26).
60Danach werden die Grenzen einer gemeinschaftskonformen Auslegung durch die allgemeinen Auslegungsregeln bestimmt. Insoweit gilt nichts anderes als für die verfassungskonforme Auslegung. Die Auslegung hat nicht am Wortlaut einer Vorschrift Halt zu machen. Lassen Sinn und Zweck des Gesetzes erkennen, dass der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der gewählten Gesetzesfassung bedacht hat, muss eine auslegungsfähige Regelung einschränkend oder ergänzend in dem Sinne verstanden werden, den der Gesetzgeber bei voller Kenntnis der Probleme normiert hätte. Die Auslegung darf jedoch den erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht verändern (BVerfG 11. April 2000 - 1 BvL 2/00 - AP ArbGG 1979 § 26 Nr. 2; BAG 18. September 2003 2 AZR 79/02 NZA 2004, 375; 6. November 2002 - 5 AZR 617/01 (A) - AP AEntG § 1a Nr. 1 = EzA AEntG § 1a Nr. 1).
61b) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist danach europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass die vor Inkraftreten des TzBfG vom BAG entwickelten Grundsätze der haushaltsrechtlichen Befristung nach der Gesetzesänderung weiterhin Geltung beanspruchen (Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag 2003 Rz 219; Gräfl/Arnold/Gräfl 2005 § 14 TzBfG Rz 183; Sievers 2003 § 14 TzBfG Rz 179; i. Erg. auch HaKo/Mestwerdt 2. Aufl. 2004 § 14 TzBfG Rz 130 ff.; Meinel/Heyn/Herms 2. Aufl. 2004 § 14 TzBfG Rz 56 ff.) Dies gilt namentlich für die vom Arbeitgeber zu treffende Prognoseentscheidung.
62Zu beachten ist, dass das Haushaltsrecht des öffentlichen Dienstes keinen unmittelbaren Einfluss auf das Arbeitsverhältnis hat. Daher kann weder die Begrenzung des Haushalts durch das Haushaltsjahr noch die Erwartung allgemeiner Mittelkürzungen die Befristung rechtfertigen (BAG 27. Januar 1988 7 AZR 292/87 EzA § 620 BGB Nr. 97). Auch die Ungewissheit über die künftige haushaltsrechtliche Entwicklung genügt hierfür nicht (BAG 24. Oktober 2001 7 AZR 542/00 EzA § 620 BGB Nr. 180). Eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen ist dagegen zulässig, wenn eine Haushaltsstelle nur für einen genau bestimmten Zeitraum bewilligt ist oder deren Streichung mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (BAG 7. April 2004 7 AZR 441/03 EzA § 620 BGB 2002 Nr. 10; 24. Januar 1996 7 AZR 496/95 EzA § 620 BGB Nr. 139; 14. Januar 1982 - 2 AZR 245/80 AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 64).
63Wie bei anderen Befristungsgründen auch hat der öffentliche Arbeitgeber eine Prognose anzustellen. Die Befristung ist danach gerechtfertigt, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Grund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen. Für die Prognose des öffentlichen Arbeitgebers genügt es, wenn die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers aus einer konkreten Haushaltsstelle erfolgt, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden ist und anschließend fortfallen soll. Dann ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen gerade dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf besteht (BAG 16. November 2005 7 AZR 81/05 juris; 24. Oktober 2001 7 AZR 542/00 - EzA § 620 BGB Nr. 180; 22. März 2000 7 AZR 758/98 EzA § 620 BGB Nr. 170; 3. November 1999 7 AZR 579/98 juris).
644. Danach erweist sich die Befristung als unwirksam. Das beklagte Land hat nicht dargelegt, bei Vertragsschluss am 7. Dezember 2004 eine Prognose erstellt zu haben, dass für die Beschäftigung der Klägerin Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen würden. Dem steht entgegen, dass die Klägerin eine dauerhaft benötigte Tätigkeit verrichtet.
65Zu diesem Ergebnis konnte die Kammer kommen, ohne dass es einer Anrufung des EuGH bedurft hätte. Zunächst sind nach Art. 234 EG nur letztinstanzliche Gerichte zur Vorlage verpflichtet. Zudem obliegt die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts den nationalen Gerichten.
66III. Die notwendige verfassungskonforme Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die vor Inkraftreten des TzBfG vom BAG entwickelten Grundsätze der haushaltsrechtlichen Befristung weiterhin Geltung beanspruchen (vgl. Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag Rz 217; Gräfl/Arnold/Gräfl § 14 TzBfG Rz 183; Sievers § 14 TzBfG Rz 179; Staudinger/Preis § 620 BGB Rz 138 f.; Plander, ZTR 2001, 499, 501).
671. Art. 12 GG garantiert Arbeitnehmern einen gegenüber gesetzlichen Regelungen gesicherten Mindestbestandsschutz. Dem Staat kommt gegenüber Arbeitnehmern eine Schutzpflicht zu. Der Umsetzung der dem Staat obliegenden Schutzpflicht für den Bestand von Arbeitsverhältnissen diente vor dem Inkrafttreten des TzBfG die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle (BAG 20. Februar 2002 7 AZR 600/00 EzA § 620 BGB Nr. 189). Nunmehr sind die Bestimmungen des TzBfG daran zu messen, ob sie den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutz von Arbeitnehmern gewährleisten.
68Die Reichweite der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG erbegebenden grundrechtlichen Schutzpflichten hat das BVerfG in der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Kleinbetriebsklausel (§ 23 KSchG a.F.) bestimmt (BVerfG 27. Januar 1998 1 BvL 15/87 NZA 1998, 470; vgl. auch BVerfG 30. Juli 2003 1 BvR 792/03 - NZA 2003, 959).
69Danach wird der Einzelne in seinem Entschluss, ein bestehendes Arbeitsverhältnis beizubehalten, vor staatlichen Maßnahmen geschützt, die ihn zur Aufgabe eines bestimmten Arbeitsplatzes zwingen. Dagegen ist mit der Berufswahlfreiheit keine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz verbunden. Art. 12 Abs. 1 GG gewährt keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen. Insofern obliegt dem Staat aber eine aus dem Grundrecht folgende Schutzpflicht, die auch bei privatrechtlichen Regelungen zu beachten ist (BVerfG aaO).
70Dem Gesetzgeber ist ein weiter Gestaltungsfreiraum eingeräumt. Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, das heißt die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit. Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten kann daher nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (BVerfG aaO).
712. Die nach den gleichen Grundsätzen wie die europarechtskonforme Auslegung vorzunehmende verfassungskonforme Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Arbeitgeber eine Prognoseentscheidung abzuverlangen ist. Andernfalls wäre dem grundgesetzlich garantierten Mindestbestandsschutz nicht Genüge getan. Wie bereits ausgeführt, wäre dem öffentlichen Arbeitgeber bei einer wortgetreuen Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ein Instrument an die Hand gegeben, das es ihm erlauben würde, Mitarbeiter ohne Begrenzung hinsichtlich der Anzahl und der Dauer der Verträge immer wieder befristet zu beschäftigen, ohne dass zu prüfen wäre, ob das Beschäftigungsbedürfnis nur vorübergehend besteht. Im Ergebnis käme im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmern kein effektiver Bestandsschutz mehr zu.
72IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.
73Die Streitwertfestsetzung hat ihre gesetzliche Grundlage in §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 42 Abs. 4 S. 1 GKG.
74Rechtsmittelbelehrung
75Gegen dieses Urteil kann von der Partei
76B e r u f u n g
77eingelegt werden, weil es sich um eine Bestandsschutzstreitigkeit handelt.
78Für die Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
79Die Berufung muss
80innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
81beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
82Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
83Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
84* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.