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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: 39.177,32 Euro
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen, fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte zu 1) sowie über den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) und den daraus folgenden Beschäftigungsanspruch.
3Der Kläger ist seit dem 01.09.1990 Beamter der C.. Die Beklagte zu 2) übt die Dienstherrenbefugnisse aus. Der Kläger wurde wiederholt für eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis jeweils befristet beurlaubt und ist seit dem 01.01.2010 bei der Beklagten zu 1) auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 08.01./12.01.2010 (Bl. 8ff. d.A.), zuletzt mit Änderungsvertrag vom 20.05./25.05.2016 bis zum 06.04.2020 verlängert, zu einem Jahresbruttogehalt in Höhe von 67.161,16 Euro in C. beschäftigt. Seit 2011 war er als T. in der Abteilung „W.“ unter Leitung von Herrn L.ätig, der ebenfalls Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ist.
4Die Beklagte zu 1) ist eine mittelbare Beteiligungsgesellschaft der Beklagten zu 2) und Teil des Konzerns E.. Sie hat ihren Sitz in L. mit 17 Arbeitnehmern und eine - wie sie vorbringt – Niederlassung in C. mit acht Arbeitnehmern. Sie erbrachte im Auftrag des Konzerns, aber auch für externe Kunden, Forschungs- und Dienstleistungstätigkeiten im Bereich Dialogmarketing, seit 2015 auch im Bereich betrieblicher Marktforschung für den Unternehmensbereich Q. der Beklagten zu 2), dem auch die Managementverantwortung für die Beklagte zu 1) zugeordnet war. Die Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) waren mit Marketing-, Trainings- und Forschungsaufgaben betraut.
5Die Beklagte zu 2) ist die herrschende Gesellschaft des Konzerns E..
6Mit Schreiben vom 25.06.2018 (Bl. 31 d.A.) unter dem Briefkopf „T.“, dem Kläger am 27.06.2018 zugegangen, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.09.2018.
7Am 20.07.2018 konstituierte sich erstmals ein Betriebsrat bei der Beklagten zu 1).
8Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Sozialauswahl sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, da er mit Mitarbeitern der Beklagten zu 2) vergleichbar sei. Er ist weiter der Auffassung, die Kündigung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam, da das Kündigungsschreiben zwar von den Geschäftsführern der Beklagten zu 1) unterzeichnet sei, der Briefkopf spiegele jedoch nicht die ordentliche Gesellschaft wider.
9Tatsächlich bestehe sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2). In dem Bereich T., in dem er tätig gewesen sei, habe eine ausschließliche und enge Bindung zur Beklagten zu 2) vorgelegen. Er sei absolut weisungsgebunden gewesen, sei ohne Vergütung für die Beklagte zu 2) tätig geworden, die die Budgets und Top-Down-Zielerreichungsvorgaben festgelegt habe und Personalentscheidungen freigegeben habe. Im Jahr 2016 habe die Zollfahndung die Geschäftsräume der Beklagten zu 2) aufgesucht und eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung gerügt, woraufhin alle Mitarbeiter der Beklagten zu 1) im Bereich 1l Verträge mit der Beklagten zu 2) erhalten hätten.
10Ausweislich seines Zwischenzeugnisses vom 09.07.2018 sei er ausschließlich bei der Beklagten zu 2) in den Bereichen „W.)“, „Management von Lead-Listen“, „Durchführung von Beratungsgesprächen internen und externen Kunden“, „Erstellung qualifizierter Angebote und Proposals für Research- und Consulting-Projekte“, „zentraler Ansprechpartner und Schnittstelle für die Verkaufsberater des GB 13“, „Konzeption, Moderation und Coaching von Workshops für das konzernweite Improvement-Programm“, „Konzeption und Durchführung von Vertriebstrainings“, „Konzeption und Umsetzung von Messeauftritten“ tätig gewesen.
11Die Beklagte zu 1) habe keine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung.
12Es gebe keine ordnungsgemäße unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Unternehmens. Es sei unzutreffend, dass die Beklagte zu 1) ihre Aktivitäten einstelle.
13Die Beklagte zu 2) habe einen großen Teil der Dienstleistungen bei sich eingegliedert, weshalb die unternehmerische Entscheidung unrichtig sei und ein Betriebsübergang vorliege. Eine Prüfung, ob vergleichbare Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 2) vorhanden seien, sei nicht erfolgt.
14Die Projekte, an denen er mitgewirkt habe, würden fortgeführt. Es sei daher ein Be-triebsübergang, zumindest ein Teilbetriebsübergang, erfolgt. Der Bereich Marktfor-schung sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Dies folge schon daraus, dass die Beklagte zu 2) einräume, in Zukunft externe Unternehmen zu beauftragen. Bisher sei es Aufgabe der Beklagten zu 1) gewesen, externe Marktforschungsdienstleister zu beauftragen und zu steuern. Die Beklagte zu 2) führe auch die Seminare der Beklagten zu 1) für den Vertrieb der Beklagten zu 2) fort. Die zum Digital Sales Expert-Programm gehörenden Angebote seien komplett an die Beklagte zu 2) übergeben worden, damit nun interne Partner der Beklagten zu 2) die Trainings übernehmen könnten. Der bisherige Mitarbeiter der Beklagten zu 1) Herr L. werde mit neuer Stelle in diesem Aufgabenfeld weiterbeschäftigt. Der Bereich E-Learning sowie der Bereich Webinar- und Videoproduktion würden ebenfalls weitergeführt. Die Beklagte zu 2) habe Ausstattung der Beklagten zu 1) übernommen. Bis zur beabsichtigten Veräußerung würden auch die Aktivitäten der Vögele Seminare von der Beklagten zu 2) fortbetrieben. Auch die Betreuung der Stiftungslehrstühle werde von der Beklagten zu 2) fortgeführt.
15Ein Standort C. existiere nicht. Der vermeintliche Standort C. sei der Einsatzort bei der Beklagten zu 2).
16Der Kläger rügt schließlich die ordnungsgemäße Erstattung der Massenentlassungsanzeige. Auch sei der Betriebsrat nicht angehört worden.
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Der Kläger beantragt,
191. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 25. Juni 2018, ihm zugestellt am 27. Juni 2018, unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht aufgelöst worden ist, sondern auch über den 30. September 2018 hinaus fortbesteht;
202. festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) seit dem 01.10.1999 ein Arbeitsverhältnis besteht;
213. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn über den 31. Dezember 2018 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.
22Die Beklagten beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagten behaupten, im Unternehmensbereich Q. sei im Rahmen der strate-gischen Portfolio-Planung Dialogmarketing beschlossen worden, die Aktivitäten der Beklagten zu 1) einzustellen. Ihre Gesellschafter und deren Geschäftsführung hätten am 22. bzw. 18. Juni 2018 beschlossen, den Geschäftsbetrieb des Unternehmens mit Ablauf des 31.08.2018 vollständig einzustellen. Die Beklagte zu 2) werde zukünftig Dienstleistungen der Beklagten zu 1) nicht mehr in Anspruch nehmen. Im Bereich Marktforschung werde sie bedarfsweise konzernexterne Unternehmen beauftragen. Die Beklagte zu 1) habe gegenüber allen Arbeitnehmern eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen und alle Arbeitnehmer ab dem 01.09.2018 bis zum Ende der Kündigungsfristen freigestellt. Sie habe ihren Betrieb vollständig stillgelegt. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gebe es nicht mehr. Eine Sozialauswahl habe nicht durchgeführt werden müssen.
25Der Betrieb sei im Übrigen zwischenzeitlich eingestellt worden. Ein Betriebsübergang liege nicht vor. Lediglich einige Kameras und Zubehör seien übernommen worden, würden aber nicht für ihre bisherige Zweckbestimmung genutzt. Herr L. habe nach der betriebsbedingten Kündigung auf seine Bewerbung hin einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 2) abgeschlossen. Er sei nun in der bereits bestehenden Abteilung 11B („Certified/Personalentwicklung Q.“) tätig. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 2) in dieser Abteilung übernähmen nun bei den Schulungsmaßnahmen, die auch in der Vergangenheit dort organisiert worden seien, direkt die Kommunikation zwischen externen Dienstleistern und der Beklagten zu 2) zum Zwecke der Fortführung des „Kompetenzprogramms Vertrieb Post“. Die Aufgabe der Beklagten zu 1), die als dazwischen geschaltete Schnittstelle fungiert hatte, sei entfallen. Einige frühere Aufgaben der Beklagten zu 1) würden nunmehr in eigener Regie in den bereits vorhandenen betrieblichen Strukturen fortgeführt.
26Die Beklagten sind der Auffassung, eine Arbeitnehmerüberlassung des Klägers zur Beklagten zu 2) habe nicht stattgefunden. Es sei nicht dargelegt, dass eine Eingliederung und wenn, in welchen Betrieb, stattgefunden habe. Schließlich wäre eine temporäre Überlassung zu Konzernunternehmen ohne eine Erlaubnis zulässig. Der Kläger sei nicht zum Zweck der Überlassung an andere Unternehmen beschäftigt worden. Der Kläger sei in keine betrieblichen Strukturen der Beklagten zu 2) eingegliedert worden. Vielmehr sei er in den Betrieb der Beklagten zu 1) am Standort C. eingesetzt und den arbeitsbezogenen Weisungen von Herrn L. unterworfen gewesen. Soweit die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) Aufgaben in der Marktforschung für Konzernunternehmen des Unternehmensbereichs Q., d.h. auch für die Beklagte zu 2) erledigt hätten, habe dem ein entsprechender Dienstleistungsvertrag zugrunde gelegen.
272016 habe es keine Umschreibung von Arbeitsverträgen, sondern einen Betriebs-
28teilübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) im Bereich „Vertriebsinitia-tive E-Post“ gegeben. Diesem Bereich sei der Kläger aber nicht zugeordnet gewesen.
29Vor Ausspruch der Kündigungen habe die Beklagte zu 1) der zuständigen Agentur für Arbeit Bad Homburg am 22.06.2018 vorsorglich eine Massenentlassungsanzeige erstattet, die am 25.06.2018 eingegangen sei (Bl. 189ff, 214 d.A.). Auch der Arbeitsagentur C. sei vorsorglich eine Anzeige übermittelt worden. Diese habe aber erklärt, nicht zuständig zu sein (Bl. 213 d.A.).
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33A. Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klä-gers mit der Beklagten zu 1) hat aufgrund der streitbefangenen Kündigung vom 25.06.2018 mit Ablauf der zutreffend berechneten Kündigungsfrist am 30.09.2018 sein Ende gefunden. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) besteht kein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte zu 2) ist daher auch nicht verpflichtet, den Kläger zu beschäftigen.
34I. Die Klage ist zunächst mit dem Antrag zu 1) unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) hat aufgrund der Kündigung vom 25.05.2018 mit Wirkung zum 30.09.2018 sein Ende gefunden. Die Kündigung ist rechtswirksam. Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt und ist auch formell wirksam. Ein Verstoß gegen § 17 KSchG ist schließlich ebenfalls nicht festzustellen.
351. Der Kläger hat die ihm am 27.06.2018 zugegangene Kündigung rechtzeitig mit seiner am 17.07.2018 bei dem Arbeitsgericht C. eingegangenen Klage binnen der in §§ 4 S. 1, 7 KSchG geregelten Dreiwochenfrist angegriffen.
362. Die Klage ist auch nicht bereits deshalb unschlüssig und unbegründet, weil der Kläger auch geltend macht, zwischen ihm und der Beklagten zu 2) bestehe ein Ar-beitsverhältnis, welches bereits zu einem Zeitpunkt begründet worden sei, der vor dem Zugang der streitbefangenen Kündigung lag.
37a) Zwar setzt ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess nach der punktuellen Streit-gegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch einen früheren Arbeitgeber geht mangels (Fort)Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet, weil ein Arbeitsverhältnis mit dem kündigenden früheren Arbeitgeber schon nach dem eigenen Vorbringen des klagenden Arbeitnehmers nicht mehr besteht. Allerdings kann ein Arbeitnehmer, wenn er seine Klage nicht nur auf die – mangels Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - entfallene Kündigungsbefugnis stützt, sich das zu seinem Sachvortrag im Widerspruch stehende Vorbringen der beklagten Partei, es habe kein Arbeitgeberwechsel stattgefunden, wenigstens hilfsweise zu eigen machen und seine Klage hierauf stützen. Dann ist die Klage zwar nach dem Hauptvorbringen unschlüssig, nach dem Hilfsvorbringen jedoch schlüssig. Ergibt sich im Verlaufe des Rechtsstreits auf Grund der festgestellten Tatsachen, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches mit dem Kündigenden nicht mehr bestanden hat, ist die Kündigungsschutzklage unbegründet (vgl. zum Betriebsübergang: BAG 15. Dezember 2011 – 8 AZR 692/10 – juris; 26. Juli 2007 – 8 AZR 769/06 – juris).
38Die Kammer hat das klagebegründende Vorbringen des Klägers dementsprechend ausgelegt. Der Kläger möchte mit seiner Klage zwar in erster Linie das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) festgestellt wissen, vorsorglich jedoch auch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1). Dieses Rechtsschutzziel kann er nur erreichen, indem er hilfsweise den Rechtsstandpunkt der Beklagten einnimmt, ein Arbeitsverhältnis bestehe nur mit der Beklagten zu 1).
393. Die Klage ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden hat. Die von dem Kläger vertretene Rechtsansicht, zwischen ihm und der Beklagten zu 2) sei wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis bereits im Jahr 1999 zustande gekommen, teilt die Kammer nicht.
40a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Nach § 9 Nr. 1 AÜG ist der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat.
41b) Der Kläger hat bereits das Vorliegen der Voraussetzungen einer Arbeitnehmer-überlassung nicht schlüssig dargelegt.
42Eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. § 1 Abs. 1 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung iSd. AÜG. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeit-nehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG 17. Januar 2017 – 9 AZR 76/16 – juris). Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tä-tigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstver-trags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Die zur Aus-führung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen (BAG 18. Januar 2012 – 7 AZR 723/10 – juris).
43Der Kläger hat bereits nicht dargetan, in welchen Betrieb der Beklagten zu 2) er wann vollständig weisungsgebunden eingegliedert war. Nicht nachvollziehbar ist bereits der in dem Klageantrag angegebene Anfangszeitpunkt 01.01.1999, da der Kläger hierzu keine Erläuterungen gibt. Ebenso erklärt er nicht, was er konkret mit vollständiger Weisungsgebundenheit meint. Hierzu genügt die Behauptung, er habe bei der Beklagten zu 2) völlig autark im Bereich vertriebliche Betreuung konzerninterner Kunden, Erstellung qualifizierter Angebote etc. gearbeitet, nicht aus. Hieraus wird nicht ersichtlich, wie sein Einsatz ausgestaltet war und wessen Weisungen er in welchem Umfang unterlag. Der Kläger behauptet zudem nicht, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beklagten den oben wiedergegebenen Besonderheiten im Recht der Arbeitnehmerüberlassung entsprachen. Vielmehr lässt sich dem unstreitigen Vorbringen aller Parteien entnehmen, dass sich die Aufgaben der Beklagten zu 1) für die Beklagte zu 2) nicht auf die Überlassung der Arbeitnehmer beschränkte. Gegenstand der Beauftragung im Marktforschungsbereich war z.B. auch die Beauftragung und Betreuung externer Auftragnehmer.
44Soweit der Kläger seine Tätigkeit genauer beschreibt, kann auch dies die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung nicht begründen. Dies ergibt sich schon daraus, dass er der Behauptung der Beklagten, er sei an die Weisungen seines Vorgesetzten Herrn L., einem Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), gebunden gewesen, nicht widersprochen hat.
45Inwieweit die von dem Kläger behauptete Rüge der Zollfahndung im Jahr 2016 hinsichtlich einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung im Bereich 1I Rückschlüsse auf sein Arbeitsverhältnis zulässt, bleibt nach dem Vortrag des Klägers unklar.
464. Das zum Zeitpunkt des Zugangs der streitbefangenen Kündigung damit noch zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis hat aufgrund der Kündigung mit Wirkung zum 30.09.2018 sein Ende gefunden. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt.
47a) Die Kündigung war am Maßstab des KSchG zu überprüfen, da dieses sowohl in betrieblicher als auch in persönlicher Hinsicht auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
48b) Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte zu 1) kann sich mit der behaupteten Betriebsstilllegung auf dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG berufen.
49aa) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können (st. Rspr., vgl. BAG 26.05.2011 – 8 AZR 37/10 - juris). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG16.02.2012 – 8 AZR 693/10 - juris).
50bb) Die Gesellschafter der Beklagten zu 1) haben nach vom Kläger nicht substantiiert bestrittener Darlegung der Beklagten die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) einzustellen. Dies stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG dar. Der Kläger bestreitet nicht, dass dieser Entschluss getroffen wurde, er ordnet ihn lediglich rechtlich anders ein und bezeichnet ihn daher als nicht ordnungsgemäß. Der Entschluss zur Stilllegung hatte zum Zeitpunkt des Zugangs der streitbefangenen Kündigung auch greifbare Formen angenommen, was sich aus dem unstreitigen Ausspruch der Kündigungen sämtlicher Arbeitsverhältnisse und der – vorsorglichen– Erstattung zweier Massenentlassungsanzeigen ergibt. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 1) alle Arbeitnehmer ab dem 01.09.2018 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Dass ehemalige Aufgaben der Beklagten zu 1) nun zum Teil an anderer Stelle im Konzern angesiedelt wurden, ändert an der Stilllegungsentscheidung im Hinblick auf die Beklagte zu 1) nichts.
51c) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2), der gemäß § 613a Abs. 4 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würde, nicht vor. Es fehlt an der unveränderten Fortführung einer wirtschaftlichen Einheit durch die Beklagte zu 2).
52aa) Ein Betriebs(teil-)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG - liegt vor, wenn die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt und die in Rede stehende Einheit nach der Übernahme durch den neuen Arbeitgeber ihre - vor der Übernahme vorhandene - Identität bewahrt. Der Übergang muss daher eine ihre Identität bewahrende - auf Dauer angelegte - wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betreffen. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck. Für einen Betriebsteilübergang entscheidend ist dabei, dass die funktionelle Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den übertragenen Faktoren beibehalten wird und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um der-selben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (BAG 19. Oktober 2017 – 8 AZR 63/16 – juris).
53bb) Eine derartige identitätswahrende Fortführung hat der insoweit darlegungsbelastete Kläger (vgl. dazu etwa BAG 22. Juni 2011 − 8 AZR 107/10 – juris) nicht vorgetragen. Denn dass der ursprüngliche Funktionszusammenhang der Betriebsmittel der Beklagten zu1) bei der Beklagten zu 2) erhalten geblieben wäre, hat der Kläger nicht darlegen können. Sein Vortrag bezieht sich nur darauf, dass einzelne Aufgaben der Beklagten nunmehr im Konzern der Beklagten zu 2) ausgeübt werden, nicht jedoch darauf, dass dies unter Beibehaltung der zuvor bei der Beklagten zu1) vorhandenen Organisationsstrukturen erfolgen würde. Der Darstellung der Beklagten zu 2), nach der die bisherigen Aufgaben nunmehr im Rahmen bereits bestehender Organisationsstrukturen der Deutsche Post AG erfüllt würden, hat er nichts Substantiiertes entgegengesetzt. Der Kläger benennt insbesondere nicht, was dem von ihm angenommenen Betriebsteil „Marktforschung“ seine Identität verlieh und in welcher Weise dieser identitätswahrend bei der Beklagten zu 2) fortgeführt wird. Der Umstand allein, dass die Beklagte zu 2) bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten nunmehr selbst übernommen hat, kann die Annahme einer funktionellen Verknüpfung der die Einheit ausmachenden Faktoren nicht begründen.
54d) Die Kündigung ist auch nicht aufgrund einer unzureichenden Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG unwirksam.
55aa) Eine Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn sie der Arbeitgeber vor einer nach § 17 KSchG erforderlichen, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden An-zeige an die Agentur für Arbeit ausspricht. Unter „Entlassung“ im Sinne von § 17 Abs. 1 KSchG ist auf Grund der richtlinienkonformen (Richtlinie 98/59/EG v. 20.07.1998) Auslegung der Norm der „Ausspruch der Kündigung” zu verstehen (BAG 28. Mai 2009 – 8 AZR 273/08 - juris; BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 - juris). Steht die Anzeigepflicht fest, hat der Arbeitgeber auf die konkrete Rüge des Arbeitnehmers die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens darzulegen und zu beweisen (BAG 18. Januar 2012 − 6 AZR 407/10 - juris).
56bb) Bei den seitens der Beklagten zu 1) vorgenommenen Entlassungen handelte es sich nicht um Massenentlassungen im Sinne von § 17 Abs. 1 KSchG. Einer entsprechenden Massenentlassungsanzeige bedurfte es folglich nicht.
57(1) Der Arbeitgeber ist gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt.
58(2) Für die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG maßgebend ist damit die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Entlassungen, d.h. Kündigungen, im Verhältnis zu der Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dabei dem der §§ 1, 4 BetrVG (st. Rspr., vgl. nur BAG 13. Dezember 2012 – 6 AZR 348/11 - juris). Der Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Gilt ein Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 S. 1 BetrVG als selbständig, müssen die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 S. 1 in diesem Betriebsteil überschritten sein, um die Anzeigepflicht auszulösen (vgl. BAG, 15. Dezember 2011 − 8 AZR 692/10 - juris). Während nach diesem Betriebsbegriff für die organisatorische Einheit grundsätzlich das Bestehen einer einheitlichen Leitung kennzeichnend ist, der die Regelung der arbeitstechnischen Zwecksetzung obliegt, kommt es bei einer unionsrechtskonformen Auslegung der §§ 17 ff. KSchG nicht darauf an, ob die Einheit über eine Leitung verfügt, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann. Betrieb ist danach im Gegensatz zum Unternehmen oder Arbeitgeber die Einheit, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgaben angehören. Ein Betrieb liegt vor, wenn in einem Unternehmen eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität besteht, die zur Erledigung einer oder mehrerer konkreter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Da die Richtlinie 98/59/EG, deren Umsetzung die §§ 17 ff. KSchG dienen, insbesondere sozioökonomische Auswirkungen betrifft, die in einem örtlichen Kontext und einer sozialen Umgebung durch Massenentlassungen hervorgerufen werden können, muss die Einheit weder notwendigerweise rechtlich noch wirtschaftlich finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen, um als Betrieb qualifiziert zu werden (Kiel, in: Erfurter Kommentar, 18. Aufl., 2018, § 17 KSchG Rn. 9 m.w.Nachw.).
59(3) Bei der Niederlassung der Beklagten zu 1) in C. handelt es sich aufgrund der erheblichen räumlichen Distanz zur Niederlassung in Königstein um einen selbst-ständigen Betriebsteil im Sinne von § 17 KSchG. Sie erfüllt die europarechtlichen Vorgaben an den Betriebsbegriff. In diesem Betriebsteil wurden die in § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG benannten Grenzwerte unstreitig nicht überschritten. Eine Massenentlassungsanzeige hatte demnach nicht zu erfolgen.
60e) Die Kündigung ist auch nicht gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG mangels vorheriger Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Unstreitig bestand im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bei der Beklagten zu 1) noch kein Betriebsrat.
61f) Die Kündigung ist schließlich auch nicht aus (anderen) formalen Gründen unwirksam. Der Kammer erschließt sich bereits nicht, welchen formalen Einwand der Kläger mit der Rüge, der Briefkopf des Kündigungsschreibens spiegele nicht die ordentliche Gesellschaft wider, erheben will. Die Beklagte zu 1) ist in der Gestaltung ihres Briefkopfes frei. Dieser lässt auch keine Zweifel zu, wer die Kündigungserklärung abgegeben hat, zumal es nur eine Gesellschaft gibt, die unter dem Namen T. im Rechts- und Geschäftsverkehr auftritt, nämlich die Beklagte zu 1).
62II. Die Klage ist auch mit dem Antrag zu 2) unbegründet. Wie oben unter I. ausge-führt, besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) kein Arbeitsverhältnis. Auf die Ausführungen wird verwiesen.
63III. Die Klage ist schließlich auch mit dem Antrag zu 3) unbegründet. Da zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) kein Arbeitsverhältnis besteht, kann der Kläger von dieser auch nicht seine Beschäftigung über den 31. 12.2018 hinaus verlangen. Das Arbeitsverhältnis ist weder wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung noch infolge eines Betriebs(teil)übergangs mit der Beklagten zu 2) zustande gekommen.
64B. Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG und erfolgte für die Klageanträge zu 1) und zu 2) jeweils in Höhe eines Quartalsbezugs und für den Klageantrag zu 3) in Höhe einer Brutto-monatsvergütung des Klägers.