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Kein Leitsatz
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 17.03.2015 nicht zum 15.04.2015 aufgelöst ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Der Streitwert wird auf 3.300,00 EUR festgesetzt.
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.
3Die am 2…. geborene Klägerin ist bei dem beklagten P. seit dem 01.04.2014 auf Grundlage des am 15.03.2014 schriftlich geschlossenen Arbeitsvertrags als Arzthelferin in dessen Praxis beschäftigt. Die Klägerin bezog in der 25-Stunden-Woche eine monatliche Vergütung von 1.100,00 Euro brutto. Mit ihren Leistungen war der Beklagte ausgesprochen zufrieden. Dies brachte er in der Vergangenheit verschiedentlich zum Ausdruck. Insgesamt sind in der Praxis des Beklagten weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
4Der Beklagte hatte den Ehemann der Klägerin beauftragt mit Umbauarbeiten in seiner Praxis und seinem Privathaus. Am 17.03.2015 kam es hinsichtlich des Werklohns zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und dem Ehemann der Klägerin. Das Gespräch führten die beiden am Abend im Privathaus des Ehemannes der Klägerin in Abwesenheit der Klägerin weiter. In welchem Ausmaß es eskalierte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls versuchte der Beklagte am Ende des Gesprächs erfolglos, dem Ehemann der Klägerin ein vorbereitetes Kündigungsschreiben für die Klägerin zu überreichen. Anschließend warf der Beklagte das Schreiben in den Hausbriefkasten der Klägerin ein. Die Kündigung nahm die Klägerin am Folgetag (18.03.2015) zur Kenntnis. Mit der Kündigung sollte das Arbeitsverhältnis zum 15.04.2015 beendet werden. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Blatt 7 der Akte) ergänzend Bezug genommen.
5Mit ihrer am 01.04.2015 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und macht insbesondere die Unwirksamkeit der Kündigung geltend mit Hinweis darauf, dass auch außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ein verfassungsrechtlich gebotener Mindestschutz des Arbeitsplatzes bestehe. So seien Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen geschützt. Vorliegend sei die Kündigung ausschließlich aus sachfremden Gründen erfolgt, nämlich wegen Unstimmigkeiten im Werkvertragsverhältnis zu dem Ehemann der Klägerin. Der Beklagte habe im Freundes- und Bekanntenkreis erzählt, er könne wegen der Vorkommnisse mit dem Ehemann der Klägerin mit dieser nicht mehr zusammenarbeiten. Die werkvertraglichen Beziehungen und die daraus resultierenden Probleme zwischen dem Beklagten und dem Ehemann der Klägerin können jedoch keinen Kündigungsgrund für das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin darstellen. Gründe, die in der Person der Klägerin liegen, seien nicht erkennbar.
6Die Klägerin beantragt unter Rücknahme im Übrigen,
7festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 17.03.2015 nicht zum 15.04.2015 aufgelöst sei, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte behauptet, die Kündigung beruhe nicht auf sachfremden Gründen wie etwa den Vorkommnissen um den Ehemann der Klägerin. Doch selbst wenn dem so wäre, sei dies ohne Belang, da die Klägerin von allen Mitarbeitern zuletzt im Betrieb eingestellt worden sei. Hinzu komme, dass der Beklagte den begründeten Verdacht habe, die Klägerin habe ihn zu Unrecht wegen Abrechnungsbetrugs bei der kassenärztlichen Vereinigung angezeigt. Letztlich räumt der Beklagte schriftsätzlich ausdrücklich ein, dass die Auseinandersetzung mit dem Ehemann der Klägerin für die ausgesprochene Kündigung insoweit eine Rolle spiele, als dass der Beklagte wegen des völligen Zerwürfnisses mit dem Ehemann der Klägerin mit dieser nicht weiter arbeiten möchte.
11Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen ergänzend Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13I.
14Die zulässige Kündigungsschutzklage ist begründet. Die Kündigung vom 17.03.2015 hat das Arbeitsverhältnis nicht zum 15.04.2015 aufgelöst. Die Klägerin kann sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, da sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, nämlich am 01.04.2015, Klage erhoben hat, §§ 4 KSchG.
15Die Kündigung ist auch unwirksam. Die streitgegenständliche Kündigung bedarf nicht der sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG, da der Geltungsbereich des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes unstreitig nicht eröffnet ist. Nach § 23 Abs. 1 KSchG findet § 1 KSchG nur Anwendung in Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern. Beim Beklagten sind unstreitig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
16Die Kündigung verstößt jedoch gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB und ist daher unwirksam.
17Bei Arbeitsverhältnissen, die nicht dem Schutz von § 1 Kündigungsschutzgesetz unterliegen, muss der Arbeitgeber bei seiner Kündigung die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beachten. Bei der Prüfung der Treuwidrigkeit einer Kündigung ist § 242 BGB im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen und anzuwenden (BAG, Urteil vom 05.11.2009 - 2 AZR 383/08): Der Arbeitgeber hat im Fall der Kündigung im Kleinbetrieb ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren (BAG, Urteil vom 09.02.2005 - 5 AZR 209/04). Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist unwirksam, wenn sie aus Gründen, die von § 1 Kündigungsschutzgesetz nicht erfasst werden, Treu und Glauben verletzt. Die Vorschrift des § 242 BGB ist auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Eine Kündigung verstößt deshalb in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 Kündigungsschutzgesetz nicht erfasst sind. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (BAG 28. August 2003 – 2 AZR 333/02 – AP Nr. 2. zu § 242 BGB Kündigung).
18Vorliegend liegt eine treuwidrige Kündigung im dargestellten Sinne vor. Der Beklagte räumt selbst ein, dass die Auseinandersetzung mit dem Ehemann der Klägerin für die ausgesprochene Kündigung insoweit eine Rolle spiele, als dass der Beklagte wegen des völligen Zerwürfnisses mit dem Ehemann der Klägerin mit dieser nicht weiter arbeiten möchte. Damit begründet er die Kündigung mit Umständen, die ausschließlich in der Person des Ehemannes der Klägerin liegen. Diese sind aber entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht automatisch auch Gründe in der Person der Klägerin. Beide Rechtssphären sind getrennt voneinander zu betrachten. Das Fehlverhalten des Ehemannes einer Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber ist dieser kündigungsrechtlich nicht zuzurechnen. Kündigt der Arbeitgeber gleichwohl, erfolgt die Kündigung aus sachwidrigen Gründen und ist unwirksam. Der Beklagte hat auch keine anderweitigen Gründe in schlüssiger Weise angeführt, auf die er eine Kündigung berechtigterweise stützen könnte. Der Hinweis auf eine angebliche Anzeige der Klägerin bei der Kassenärztlichen Vereinigung ist viel zu pauschal, als das sie ernstlich in Erwägung gezogen werden könnte. Auch betriebliche Gründe sind nicht ansatzweise dargelegt.
19Es verbleibt also dabei, dass die Kündigung auf sachwidrigen Gründen beruht und daher unwirksam ist. Das Arbeitsverhältnis ist nicht beendet.
20II.
21Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte als unterlegene Partei gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der zurück genommene Antrag zu 2) war hierbei nicht zu berücksichtigen.
22III.
23Der gemäß § 61 Abs. 1 ZPO im Urteil festzusetzende Streitwert wurde gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG auf drei Bruttomonatsgehälter festgesetzt.
24RECHTSMITTELBELEHRUNG
25Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
26Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
27Landesarbeitsgericht Köln
28Blumenthalstraße 33
2950670 Köln
30Fax: 0221-7740 356
31eingegangen sein.
32Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elek-tronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
33Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
34Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
351. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
40* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.