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Das einzelne Betriebsratsmitglied hat keinen eigenen, betriebsverfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Sachmittelausstattung (hier: freigeschaltete E-Mail- Adresse) unabhängig von einer Beschlussfassung durch den Betriebsrat als betriebsverfassungsrechtlichem Organ (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg v. 19.07.2011, 7 TaBV 764/11; Hess. LAG v. 04.02.2019, 16 TaBVGa 172/18 und LAG Köln v. 20.01.2023, 9 TaBV 32/22; vgl. auch BAG, Beschluss v. 14.07.2010 – 7 ABR 80/08 Rdnrn. 17 ff)
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 17.07.2024 – 3 BV 5/24 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten über den Anspruch der zwei antragstellenden Betriebsratsmitglieder gegen die Arbeitgeberin, ihnen „freigeschaltete“ E-Mail-Adressen zur Verfügung zu stellen.
4Die Beteiligten zu 1. und 2. sind Mitglieder des bei der Beteiligten zu 3. (im Folgenden: Arbeitgeberin) gewählten Betriebsrates, der für den so bezeichneten „BR-Bezirk 4“ gewählt ist (der Beteiligte zu 4.). Unter anderem der letzten (im Anfechtungsverfahren befindlichen) Betriebsratswahl liegt ein Tarifvertrag, abgeschlossen mit der Gewerkschaft ver.di zugrunde, aus dem sich ergibt, dass sich der BR-Bezirk 4 über weite Teile von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erstreckt, etwa 467 Filialen umfasst und ca. 8.000 Beschäftigte aufweist.
5Zur Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit stellt die Arbeitgeberin den Mitgliedern des Betriebsrates E-Mail-Adressen unter ihrer Domain „A-online.de“ zur Verfügung. Solche E-Mail-Adressen sind nur untereinander kommunikationsfähig; für den Betriebsratsvorsitzenden sowie die Stellvertretung ist auch ein externer Gebrauch dieser E-Mail-Adressen möglich; nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1. und 2. auch für weitere, namentlich bezeichnete Betriebsratsmitglieder
6Die Beteiligten zu 1. und 2. sind der Auffassung, die Arbeitgeberin sei ihnen als Betriebsratsmitgliedern gegenüber verpflichtet, ihre E-Mail-Adressen entsprechend dem Vorbild der Freischaltung für den Betriebsratsvorsitz und die Stellvertretung ebenso freizuschalten. Aus diesem Grunde forderten sie die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.10.2023 entsprechend auf und meinen zugleich, deren Weigerung stelle eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar.
7Sie haben zur Begründung ausgeführt, die Bereitstellung freigeschalteter E-Mail-Adressen für das einzelne Betriebsratsmitglied sei unabhängig von einem Beschluss des Betriebsrates auf der Grundlage der Bereitstellung angemessener Sachmittel nach § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtend. Besondere Kosten und Risiken bestünden nicht; die Erforderlichkeit der Bereitstellung von Sachmitteln nach § 40 Abs. 2 BetrVG gegenüber einzelnen Betriebsratsmitgliedern könne nicht von einer Entscheidung des Betriebsrates als Gremium und damit von einem Mehrheitsbeschluss abhängen. Andernfalls hätte die Mehrheit im Betriebsrat es in der Hand, einer Minderheit den Zugriff auf erforderliche Sachmittel zu versperren. Aus vorstehenden Gründen stelle die Weigerung, die entsprechende Freischaltung vorzunehmen, zugleich im Sinne des § 78 BetrVG eine Behinderung ihrer Betriebsratstätigkeit dar.
8Die Beteiligten zu 1. und 2. haben zuletzt sinngemäß beantragt,
91. der Beteiligten zu 3. aufzugeben, die durch sie den Beteiligten zu 1. und 2. bereitgestellten E-Mail-Adressen so einzurichten, dass die Beteiligten zu 1. und 2. damit an Adressen, die nicht zur Domäne „A-online.de“ zugehörig sind, E-Mails schreiben und von solchen Adressen E-Mails empfangen können,
102. festzustellen, dass die Weigerung der Beteiligten zu 3., die durch sie den Beteiligten zu 1. und 2. bereitgestellten E-Mail-Adressen so einzurichten, dass die Beteiligten zu 1. und 2. damit an Adressen, die nicht zur Domäne „A-online.de“ zugehörig sind, E-Mails schreiben und von solchen Adressen E-Mails empfangen können, eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit der Beteiligten zu 1. und 2. ist.
11Die Arbeitgeberin hat beantragt,
12die Anträge abzuweisen.
13Sie gehe davon aus, dass die Frage der Erforderlichkeit der Bereitstellung von Sachmitteln dem Beurteilungsspielraum des Betriebsrates als Gremium unterliege und bereits aus diesem Grunde das Einfordern von Sachmitteln durch einzelne Betriebsratsmitglieder mangels Anspruchsgrundlage nicht möglich sei. Die Entscheidung des Betriebsrates zur internen Kommunikationsorganisation unterliege allein der Entscheidung des Gremiums.
14Durch Beschluss vom 17.07.2024, dem Vertreter der Beteiligten zu 1. und 2. unter dem 06.08.2024 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Anträge abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Gesetz zugunsten einzelner Betriebsratsmitglieder ein Sachmittelanspruch losgelöst von einer Entscheidung des Gremiums „Betriebsrat“ nicht zu entnehmen sei.
15Der Betriebsrat der Beteiligten zu 3. ist erstinstanzlich am Verfahren nicht beteiligt worden.
16Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 4 ff. d.A. Bezug genommen.
17Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit der vorliegenden, am 06.09.2024 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und mit Schriftsatz vom 07.10.2024, am selben Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Beschwerde.
18Sie tragen vor:
19Die Beteiligten zu 1. und 2. meinen – nach entsprechendem Hinweis der Beschwerdekammer – dass der Betriebsrat der Beteiligten zu 3. nicht am Verfahren zu beteiligen ist.
20In der Sache vertreten sie die Auffassung, dass bislang eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage, ob einzelne Betriebsratsmitglieder einen Anspruch außerhalb des Betriebsratsgremiums gerichtet auf Sachmittelausstattung haben können, nicht vorliege. Zu bedenken sei, dass an die Frage der Erforderlichkeit von Sachmitteln ein objektiver Maßstab anzulegen sei. Insbesondere aus dem Demokratieprinzip, das im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes maßgeblich sei, folge, dass eine Beschränkung der Anspruchsinhaberschaft nicht angezeigt sei. Soweit in einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.07.2011 – 7 TaBV 764/11 – judiziert worden sei, ein einzelnes Betriebsratsmitglied habe keinen Anspruch aus § 40 BetrVG, so sei dies mangels Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht maßgeblich.
21Zur Frage der Erforderlichkeit der Bereitstellung der freigeschalteten E-Mail-Adressen wiederholen und vertiefen die Beteiligten zu 1. und 2. ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auf Bl. 12, 13 und 14 der Beschwerdebegründung (Bl. 31 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
22Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen:
231. Der Beschluss des ArbG Hamm vom 17.07.2024 zum gerichtlichen Aktenzeichen 3 BV 5/24 wird abgeändert.
242. Der Beteiligten zu 3. wird aufgegeben, die durch sie den Beteiligten zu 1. und 2. bereitgestellten E-Mail-Adressen so einzurichten, dass die Beteiligten zu 1. und 2. damit Adressen, die nicht zur Domain „A-online.de“ zugehörig sind, E-Mails schreiben und von solchen Adressen E-Mails empfangen können.
253. Es wird festgestellt, dass die Weigerung der Beteiligten zu 3., die durch sie den Beteiligten zu 1. und 2. bereitgestellten E-Mail-Adressen so einzurichten, dass die Beteiligten zu 1. und 2. damit Adressen, die nicht zur Domain „A-online.de“ zugehörig sind, E-Mails schreiben und von solchen Adressen E-Mails empfangen können, eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit des Beteiligten zu 1. und 2. ist.
264. Hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der vorgenannten Anträge wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
27Die Arbeitgeberin beantragt,
28die Beschwerde zurückzuweisen.
29Der zu 4. beteiligte Betriebsrat stellt keinen Antrag.
30Die Arbeitgeberin verteidigt die angegriffene Entscheidung in vollem Umfange als zutreffend und meint auch, dass der Betriebsrat nicht zu beteiligen sei.
31Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
32B.
33Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. ist nicht begründet.
34I. Die Anträge sind zulässig, wobei die Beschwerdekammer den zu Ziffer 4. formulierten Hilfsantrag, gerichtet auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, nicht als förmlichen Antrag im prozessualen Sinne, sondern als Anregung an die Beschwerdekammer verstanden hat.
351. Die Beteiligten zu 1. und 2. verfolgen ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gemäß § 2 a Abs. 1 ArbGG, da die Geltendmachung eines Anspruchs auf Bereitstellung von Sachmitteln im Sinne des § 40 BetrVG eine Streitigkeit aus dem Betriebsverfassungsgesetz ist. Wenn auch die Beteiligten zu 1. und 2. die Auffassung vertreten, ein solcher Anspruch stehe ihnen als individuelles Recht des einzelnen Betriebsratsmitgliedes außerhalb eines Beschlusses des Betriebsrates als betriebsverfassungsrechtlichem Organ zu, so ändert dies nichts daran, dass sie ihren Anspruch auf die betriebsverfassungsrechtliche Norm des § 40 BetrVG stützen. Soweit der Antrag gerichtet ist auf Feststellung der Behinderung der Betriebsratsarbeit, rügen sie einen arbeitgeberseitigen Verstoß gegen das Verbot der Behinderung der Betriebsratsarbeit aus § 78 BetrVG.
362. Die Anträge sind auch ohne den ansonsten für die Einleitung des Beschlussverfahrens notwendigen Betriebsratsbeschluss (vgl. grundlegend BAG, Beschluss vom 18.02.2003, 1 ABR 17/02) zulässig. Dies allein deshalb, weil die Beteiligten zu 1. und 2. sich gerade eines Anspruchs außerhalb der Beschlussfassung des Betriebsrates berühmen.
373. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind auch antragsbefugt.
38a) Eine ausdrückliche Regelung der Antragsbefugnis in den prozessualen Regelungen des ArbGG findet sich bis auf Ausnahmefälle nicht (Ausnahmen z.B. in § 97 Abs. 1 und Abs. 5 ArbGG). Die Beschwerdekammer orientiert sich dabei an der grundlegenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.06.2016, 1 ABR 30/14, Rdnr. 15, wonach die Antragsbefugnis nach den Regeln über die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 81 Abs. 1 ArbGG zu bestimmen ist. Danach dient die Antragsbefugnis insbesondere dazu, Popularklagen auszuschließen und dafür Sorge zu tragen, dass nur Eingriffe in betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen zur Entscheidung durch die Gerichte gestellt werden sollen.
39b) Ausgehend hiervon gilt, dass – auch wenn im Streitfall gerade die Anspruchsträgerschaft durch die Beteiligten zu 1. und 2. als einzelne Betriebsratsmitglieder im Streit steht -, sie jedenfalls im Sinne einer „Möglichkeitstheorie“ eigene Rechte geltend machen und eben dabei vortragen, Träger der streitbefangenen Rechte zu sein. Jedenfalls im Sinne der Antragsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung ist dies ausreichend.
404. Der Betriebsrat (Beteiligter zu 4.) war am Verfahren zu beteiligen.
41a) Die Beteiligung im Beschlussverfahren zur Klärung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen richtet sich nach § 83 Abs. 3 ArbGG. Diese Norm regelt zwar nicht selbst, wer Beteiligter eines Beschlussverfahrens ist und ordnet lediglich an, dass Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Stellen zu hören sind, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall beteiligt sind. Nach ständiger, zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Beschluss vom 24.03.2021, 7 ABR 6/20, Rdnr. 12) ist entscheidend, welche Personen oder Stellen durch die von den Antragstellern begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtstellung unmittelbar betroffen sind. Damit steht fest, dass sich die Eigenschaft als Beteiligter am arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach der Möglichkeit des Betroffenseins in einer materiellen Rechtsposition richtet.
42b) In diesem Sinne war der Betriebsrat am Verfahren zu beteiligen. Zwar ist es – worauf sowohl die Beteiligten zu 1. und 2. als auch die Arbeitgeberin hinweisen – richtig, dass die Auffassung der Beteiligten zu 1. und 2. gerade dahingeht, dass der Betriebsrat nicht in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition als „Herr“ des Sachmittelanspruchs nach § 40 BetrVG betroffen sein soll, da individuelle betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen zur Disposition der Gerichtsentscheidung gestellt werden. Allerdings hatte die Beschwerdekammer davon auszugehen, dass für den Fall, dass man eine solche individualrechtliche, vom Betriebsverfassungsrecht abgeleitete Rechtsposition annehmen sollte, der Betriebsrat zugleich in der ihm jedenfalls vom Gesetzeswortlaut des § 40 BetrVG zugewiesenen Rolle als Anspruchsinhaber direkt betroffen ist, da er außerhalb seiner Kompetenz zur Einforderung von Sachmitteln in seinem Beurteilungsspielraum und dem damit korrespondierenden Anspruch aus § 40 BetrVG tangiert ist. Es sind zumindest Fälle denkbar, in denen der Betriebsrat einen Beschluss zur Sachmittelausstattung fasst, der sodann aufgrund einzelner Ansprüche, die wiederum von einzelnen Betriebsratsmitgliedern durchgesetzt werden könnten, obsolet werden könnte.
43c) Soweit der Betriebsrat bislang am Verfahren nicht beteiligt worden ist, konnte die Beschwerdekammer dies ohne weiteres nachholen, da die Beteiligteneigenschaft vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Beschwerdeinstanz, von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen ist (BAG vom 24.03.2021, aaO.).
445. Sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anträge bestehen nicht.
45II. Die Anträge der Beteiligten zu 1. und 2. sind nicht begründet, da ihnen losgelöst von einer entsprechenden Beschlussfassung des Betriebsrates kein „eigener“ Anspruch aus § 40 Abs. 1 und/oder Abs. 2 BetrVG auf freigeschaltete E-Mail-Adressen zusteht.
461. Die Beschwerdekammer nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen (vgl. § 69 Abs. 2 ArbGG) auf die umfassenden und zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung Bezug.
472. Soweit die Beteiligten zu 1. und 2. im Beschwerdeverfahren ihre Rechtsposition vertieft haben, ist dem folgendes hinzuzufügen:
48a) Das Betriebsverfassungsgesetz differenziert in verschiedenen Vorschriften nach Rechten und Pflichten einzelner Betriebsratsmitglieder und des Gremiums „Betriebsrat“. So enthält beispielsweise § 37 BetrVG Regelungen, die als Normadressat „die Mitglieder des Betriebsrates“ und nicht „den Betriebsrat“ haben. Bereits aus dem Umstand, dass das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich und durchgängig – je nach Rechtsnorm – zwischen „Mitgliedern des Betriebsrates“ und/oder „Betriebsratsmitgliedern“ und dem Betriebsrat als Gremium differenziert, ergibt sich ohne weiteres, dass § 40 Abs. 1 BetrVG bereits sowohl vom Wortlaut, vom Normzweck als auch von der Systematik her sich ausschließlich an den Betriebsrat als Gremium richtet (Hess. LAG, Beschluss v. 04.02.2019, 16 TaBVGa 172/18, juris Rdnr. 23,. LAG Köln, Beschluss vom 20. Januar 2023 – 9 TaBV 32/22 –, Rn. 37 - 38, juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 19.7.2011 - 7 TaBV 764/11, juris, Rn. 39; BAG, Beschluss v. 14.07.2010 – 7 ABR 80/08 Rdnrn. 17 ff.). Eine Regelung, die Kostentragung einzelnen Betriebsratsmitgliedern als eigenen Rechtsanspruch zusprechen würde, enthält § 40 BetrVG gerade nicht. Soweit § 40 Abs. 2 BetrVG im Hinblick auf Informations- und Kommunikationstechnik nicht ausdrücklich den „Betriebsrat“ nennt, liegt dies ausschließlich daran, dass bereits in Absatz 1 der Normadressat abschließend beschrieben ist.
49b) Soweit die Beteiligten zu 1. und 2. meinen, es fehle an einer höchstrichterlichen Entscheidung und nach Hinweis der Beschwerdekammer die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.07.2012 – 7 ABR 23/11 – (juris) weder für einschlägig noch für abschließend halten, folgt die Beschwerdekammer dem nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat dort ausdrücklich erkannt, dass es im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Betriebsrates (und eben gerade nicht des Betriebsratsmitgliedes oder gar des einzelnen Betriebsratsmitgliedes) liegt, zu entscheiden, ob der Zugang zum Internet den einzelnen Betriebsratsmitgliedern nur über einen zentralen Rechner im Betriebsratsbüro oder auch am Arbeitsplatz des Betriebsratsmitgliedes möglich gemacht werden soll. Hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass es dem Beurteilungsspielraum des Gremiums „Betriebsrat“ obliegt, ob und in welchem Umfang einzelnen Betriebsratsmitgliedern technische Ausstattung zur Informationstechnik und Kommunikationstechnik bereitgestellt wird. Nichts anderes verlangen die Beteiligten zu 1. und 2. im Streitfall: Auch hier geht es um die Frage, in welchem Umfang insbesondere Kommunikationstechnik und mit welchen technischen Merkmalen sie dem einzelnen Betriebsratsmitglied zur Verfügung gestellt werden sollen.
50c) Die Beschwerdekammer folgt schließlich auch der von den Beteiligten zu 1. und 2. kritisierten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.07.2011, 7 TaBV 764/11. Dort hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg unter Rdnr. 39 und 40 (juris) ausführlich und zutreffend dargestellt, dass ein Anspruch einzelner Betriebsratsmitgliedern auf Bereitstellung von Informations- und Kommunikationstechnik nicht aus § 40 Abs. 2 BetrVG folgen kann. Wie schon oben unter II.2.a) ausgeführt, ist auch dort festgestellt worden, dass bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 40 BetrVG folgt, dass diese Norm das Verhältnis des Arbeitgebers zum Betriebsrat regelt und eben gerade nicht zu einzelnen Betriebsratsmitgliedern.
51d) Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet kein anderes Verständnis von § 40 Abs. 2 BetrVG. Denn in § 40 Abs. 2 BetrVG geht es um Sachmittel für den Betriebsrat als betriebsverfassungsrechtlichem Organ, nicht aber um Arbeitsmittel, die außerhalb des Beurteilungsspielraumes, den das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat in ständiger und zutreffender Rechtsprechung zuerkennt.
52e) Eine analoge Anwendung des § 40 BetrVG im Sinne eines individuellen Anspruchs des einzelnen Betriebsratsmitgliedes außerhalb des betriebsverfassungsrechtlichen Organs „Betriebsrat“ scheidet schon deshalb aus, weil es an einer analogiefähigen Gesetzeslücke fehlt. Eine ergänzende Rechtsfindung kommt daher nicht in Betracht. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
53Hinzu kommt, dass das Bundesarbeitsgericht in ständiger und zutreffender Rechtsprechung selbst in den Fällen, in denen sich das BetrVG als Normadressat an „Mitglieder des Betriebsrates“ richtet - z.B. § 37 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG (Schulungs- und Bildungsveranstaltungen) - davon ausgeht, dass das einzelne Betriebsratsmitglied seinen Anspruch aus einem ordnungsgemäß gefassten Beschluss des Betriebsrates als betriebsverfassungsrechtlichem Organ ableitet (statt aller: Fitting u.a., BetrVG 32.A., § 37 Rdnr. 231 ff).
54f) Die Beschwerdekammer weist abschließend darauf hin, dass gerade das von den Beteiligten zu 1. und 2. bemühte Demokratieprinzip die Zuweisung der Anspruchsinhaberschaft an den Betriebsrat als Gremium in § 40 BetrVG stützt: Denn das Demokratieprinzip beinhaltet zugleich auch ein Mehrheitsprinzip, wobei mögliche Aspekte des Minderheitenschutzes in den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes selbst geregelt sind.
553. Ergänzend zum Vorbringen der Beteiligten zu 1. und 2. ist noch folgendes festzustellen:
56Im Beschwerdeverfahren ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass es von den Beteiligten zu 1. und 2. weder einen Antrag an den Betriebsrat, noch das Bemühen gegeben hat (Stichwort „Minderheitenschutz“), gemäß § 29 Abs. 3 BetrVG die Frage freigeschalteter E-Mail-Adressen auf die Tagesordnung einer Sitzung setzen zu lassen. Die Beschwerdekammer verkennt nicht, dass dies gerade dem Umstand geschuldet ist, dass die Beteiligten zu 1. und 2. von einem vom Betriebsratsbeschluss unabhängigen Anspruch aus § 40 Abs. 2 BetrVG ausgehen. Indessen steht jedoch fest, dass gerade die Vorschrift des § 29 Abs. 3 BetrVG dem Minderheitenschutz innerhalb des Betriebsrates in dem Umfang dient, der nach dem Verständnis des Gesetzgebers dem Demokratieprinzip Rechnung trägt.
57Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
58III. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG lagen nicht vor. Die tragenden Erwägungen der Beschwerdekammer basieren auf der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Soweit die Beteiligten zu 1. und 2. meinen, die Rechtsbeschwerde sei mangels Vorliegen einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zuzulassen, folgt die Beschwerdekammer dem nicht, da zum einen eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, wie eben dargestellt, und zum anderen aufgrund der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung des § 40 BetrVG keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht. Der von den Beteiligten zu 1. und 2 angeführte gesonderte Zulassungsgrund „Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung“ findet sich in § 92 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
59RECHTSMITTELBELEHRUNG
60Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
61Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a ArbGG verwiesen.