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I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 30.11.2023 – 1 Ca 434/23 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate April 2023 bis einschließlich Dezember 2024 die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von jeweils 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 11.805,45 € seit dem 3. Mai 2023, 2. Juni 2023, 4. Juli 2023, 2. August 2023, 2. September 2023, 3. Oktober 2023, 2. November 2023, 2. Dezember 2023, 3. Januar 2024, 2. Februar 2024, 2. März 2024, 3. April 2024, 3. Mai 2024, 4. Juni 2024, 2. Juli 2024, 2. August 2024, 3. September 2024, 2. Oktober 2024, 5. November 2024, 3. Dezember 2024 und 3. Januar 2025 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zukünftig monatlich 11.805,45 € brutto zahlbar jeweils zum ersten Tag des Folgemonats zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über den Bestand und die Höhe einer Versorgungszusage.
3Der Beklagte ist ein ursprünglich von A gegründeter, eingetragener Verein mit Sitz in B. Ziel der Gründung des Beklagten war es, den Fachkräftemangel im Bereich der kaufmännischen und technischen Informatik zu verringern. Gemäß § 1 der Satzung des Beklagten (Bl. 269ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) besteht dessen Zweck in der Förderung der schulischen Bildung, der Aus- und Weiterbildung sowie der hochschulischen Lehre und Forschung. Der Beklagte ist Träger des N, der P und der R. Der Beklagte ist durch das zuständige Finanzamt B als gemeinnützig anerkannt und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschafts- und nach § 3 Nr. 1 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Für die Entwicklung des Umsatzes, des Ergebnisses und der Mitarbeiterzahl des Beklagten in der Zeit von 1996 bis 2007 wird ergänzend auf die von dem Beklagten vorgelegte Aufstellung (Bl. 148 der erstinstanzlichen Gerichtsakte) Bezug genommen.
4Der am 14. August 1955 geborene Kläger wurde mit Wirkung zum 1. Juli 1981 zunächst als Dozent bei dem Beklagten eingestellt. Ab dem 1. Januar 1991 war er stellvertretender Geschäftsführer des Beklagten. Ab dem 1. Oktober 1994 war er nach Maßgabe des Anstellungsvertrages vom 12. September 1994 (Bl 14ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) als Geschäftsführer des Beklagten für den Bereich Finanzen und Verwaltung tätig. Ab dem Jahr 2001 bis zu seinem Ausscheiden mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 war der Kläger Gesamtgeschäftsführer des Beklagten. Der Kläger ist seit dem 17. Mai 1996 verheiratet. Seine Ehefrau wurde am 22. Mai 1974 geboren.
5Bis zur Berufung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 1. Oktober 1994 war Herr C alleiniger Geschäftsführer des Beklagten. Am 13. Dezember 2001 schloss der Beklagte mit Herrn C eine einzelvertragliche Versorgungsvereinbarung ab. Nach dieser betrug die Herrn C zu gewährende Altersrente 20 % der rentenfähigen Bezüge zzgl. 5 % der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 1. Januar 1971 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 84 % der rentenfähigen Bezüge.
6Im Vorfeld der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer Finanzen zum 1. Oktober 1994 beauftragte der Beklagte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die D Vereinigung Deutsche Revision AG (fortan: D), mit der Überprüfung, ob durch die Höhe der avisierten und bestehenden Geschäftsführervergütungen die Gemeinnützigkeit des Beklagten gefährdet sein könnte. Der daraufhin gefertigte „Aktenvermerk“ der D vom 21. Januar 1994 (Bl. 211ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) lautet auszugsweise:
7„Der Vorstand des O hat am 20. Dezember 1993 beschlossen, die stellvertretenden Geschäftsführer, Herrn F und Herrn E, mit Wirkung zum 1. Januar 1994 zu Geschäftsführern zu ernennen. Geschäftsführer (ordentlicher) war bis dahin allein Herr C. […]
8Die Bezüge von Herrn F und Herrn E sollen mit Wirkung zum 1. Januar 1994 an die bisherigen Geschäftsführerbezüge (ausschließlich der Altersversorgung) von Herrn C angeglichen werden. […]
9Es ist die Frage gestellt worden, ob durch die Höhe der Geschäftsführerbezüge im Einzelnen und durch die anpassungsbedingte Erhöhung der Geschäftsführerbezüge insgesamt die Gemeinnützigkeit des O gefährdet sein könnte. […]
10Zu der Angemessenheit des Gehalts eines Gesellschafter-Geschäftsführers, die nach den vorhergehenden Ausführungen besonders kritisch von Finanzverwaltung und Rechtsprechung gewürdigt wird, hat sich der BFH mit Urteil vom 28. Juni 1989 wie folgt geäußert […]
11Zieht man die Ausführungen des BFH für eine allgemeine Aussage über die Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge heran, müssen das Geschäftsvolumen des O. insgesamt, seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Entwicklung im Bereich der Aus- und Weiterbildung generell Beurteilungskriterien für die Vergütungen der Geschäftsführung sein. Diese Kriterien halten auch einem Drittvergleich stand. […]
12Sofern das O darlegen kann, dass qualifizierte Geschäftsführer nur zu gewinnen sind, wenn ähnliche Vergütungen für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden, dürften die Geschäftsführerbezüge schon von daher angemessen sein. Zu Vergleichszwecken können innerbetriebliche und außerbetriebliche Dokumentationen sowie Marktanalysen von Personalberatungsunternehmen Anhaltspunkte für die Schätzung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen bieten. Die Anpassungen der Geschäftsführerbezüge von Herrn F und Herrn E an die Bezüge von Herrn C sind durch die Bestellungen zu (ordentlichen) Geschäftsführern bedingt; die zusätzlichen Aufgaben von Herrn C als Schulleiter können durch die nur ihm eingeräumte Altersversorgung als abgegolten gelten. Die absolute Höhe der Geschäftsführerbezüge im Einzelnen wie auch insgesamt hält u. E. einem Drittvergleich stand, insbesondere, wenn auf die Entwicklung des O und auf dessen Größe und Bedeutung als Bildungseinrichtung abgestellt wird. Das Postulat der sparsamen Mittelverwendung bei gemeinnützigen Körperschaften wird durch die Höhe der Geschäftsführerbezüge nicht verletzt.“
13Unter dem 7. Februar 1994 nahm die D in Form eines weiteren Aktenvermerks zu den Tantiemeregelungen in den Geschäftsführerverträgen Stellung (Bl. 198ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte). Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass die Tantiemeregelungen nicht zu beanstanden seien und nicht zu einer Gefährdung der Gemeinnützigkeit führen würden.
14Seit 1996 war die Vergütung der Geschäftsführer regelmäßig Gegenstand von – teilweise kontroversen - Diskussionen zwischen dem Vorstand des Beklagten und den Geschäftsführern. Teil der Diskussion war dabei die Angleichung der Altersversorgung des Klägers an die des Herrn C. Ergänzend wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Protokolle der Vorstandssitzungen in dieser Zeit (Bl. 189ff., 208ff., 228ff., 277ff. ,309ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) verwiesen. Ende 1997 wurde Rechtsanwalt Dr. G als „Arbeitsrechtsexperte“ hinzugezogen, der eine „umfassende Analyse der Geschäftsführerverträge“ vornahm. Ergänzend wird auf das Protokoll der Vorstandssitzung vom 19. November 1997 (Bl. 228ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) Bezug genommen.
15Der ehemalige Wirtschaftsprüfer des Beklagten, Herr H, war in der Zeit von 1996 bis Juni 2000 Mitglied des Vorstands des Beklagten und an den Verhandlungen mit den Geschäftsführern maßgeblich beteiligt.
16In der Vorstandssitzung vom 12. Oktober 2000 kam sodann eine Einigung der Parteien über die Vergütung der Geschäftsführer einschließlich einer Versorgungszusage für den Kläger zustande.
17Am 21. November 2000 unterzeichneten die Parteien sodann eine Versorgungsvereinbarung (Bl. 25ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte), die auszugsweise lautet:
18„§ 1 Leistungsarten
19Herr F bzw. seine Hinterbliebenen haben gegenüber dem O Anspruch auf
20a) Ruhegeld
21b) Witwenrente
22c) Waisenrente
23§ 2 Ruhegeld
24(1) Das Ruhegeld wird gezahlt, wenn Herr F nach Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren aus den Diensten der O ausscheidet.
25(2) Darüber hinaus wird das Ruhegeld gewährt, wenn Herr F während der Dauer seines Vertrages als Geschäftsführer des O berufsunfähig wird oder wenn Herr F mehr als 25 Jahre für das O tätig gewesen ist und das O den Geschäftsführervertrag kündigt oder nicht erneuert, ohne dass dies durch einen ausschließlich durch Herrn F verschuldeten wichtigen Grund veranlasst war.
26(3) Das Ruhegeld wird in monatlichen Teilbeträgen nachträglich gezahlt. Die erste Zahlung erfolgt für den Monat, der auf das Ausscheiden folgt, es ruht für Monate, für die noch Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gewährt werden. […]
27§ 5 Höhe der Versorgungsleistungen
28(1) Das Ruhegeld beträgt
2910 % der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 01.07.1981 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 56 % der rentenfähigen Bezüge. […]
30§ 6 Rentenfähige Bezüge
31Als rentenfähige Bezüge gilt das Jahresbruttogrundgehalt, das Herr F für das letzte vollendete Kalenderjahr vor seinem Ausscheiden aus dem O bezogen hat.
32§ 7 Anrechnung der VBL-Zusatzrente
33Renten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL Karlsruhe) werden insoweit angerechnet, wie die Beträge vom O getragen werden. […]
34§ 9 Anpassung
35Nach dem Übertritt in den Ruhestand erhöht oder ermäßigt sich das Ruhegeld alljährlich mit Wirkung vom 01. Januar um denselben Prozentsatz, um den sich das tarifliche Einkommen eines vergleichbaren Angestellten nach BAT I während der letzten zwölf Monate verändert hat. Die erstmalige Anpassung erfolgt frühestens am 01. Januar des Jahres, das auf das erste Jahr, für das Versorgungsleistungen gewährt wurden, folgt.
36§ 10 Unverfallbarkeit
37Scheidet Herr F vor Eintritt in den Ruhestand gemäß § 2 Abs. 1 und 2 aus dem O aus, so behält er seine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit der Anwartschaft gemäß § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 erfüllt sind. Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bemisst sich nach § 2 dieses Gesetzes. […]“
38Gleichzeitig unterzeichneten die Parteien am 21. November 2000 eine Vereinbarung über „Ergänzungen zum Geschäftsführer-Vertrag vom 12. September 1994“ (Bl. 233 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte), durch die der ursprüngliche Vertrag ergänzt und teilweise abgeändert wurde.
39Nach Beauftragung durch den Vorstand des Beklagten erstellte die I Management Consultants GmbH unter dem Datum des 7. August 2006 eine „Vergütungsanalyse für den Geschäftsführer des O (Bl. 322 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte), die auszugsweise lautet:
40„[…] Unterhalb des vierköpfigen Vereinsvorstands wurde die operative Tätigkeit des O bis zum 31.12.2005 durch ein zweiköpfiges Geschäftsführungsgremium geleitet. Seit 1.1.2006 ist der vormalige Finanzgeschäftsführer zum Alleingeschäftsführer berufen. Anlässlich der hieraus resultierenden zusätzlichen Aufgabenstellungen für den bisherigen Finanzgeschäftsführer, hat das O die I Management Consultants GmbH beauftragt, durch einen externen Marktvergleich die marktübliche Vergütung ihres derzeitigen Alleingeschäftsführers zu ermitteln. Die Erhebung soll sich sowohl auf die Höhe als auf die Struktur der monetären Bezüge erstrecken und auch die wesentlichen Zusatzleistungen umfassen. […]
418.1 Höhe der Gesamtbezüge
42Bezogen auf die Marktwerte in vergleichbaren Non-Profit Organisationen liegen die Ist-Bezüge des Geschäftsführers des O deutlich über dem oberen Quartil; dies gilt sowohl hinsichtlich des Grundgehalts (+ 38 %), wie im Hinblick auf die Gesamtbezüge (+ 84 %). In Relation zu den Marktwerten von Geschäftsführern vergleichbarer privatwirtschaftlicher Unternehmen liegen zumindest die gegenwärtigen Gesamtbezüge über dem oberen Quartil (+ 18 %). Die aktuellen Grundbezüge des Geschäftsführers des O liegen dagegen knapp unterhalb des oberen Quartils und bewegen sich damit innerhalb der marktüblichen Bandbreite.
43Die derzeitigen Ist-Bezüge des O Geschäftsführers bewegen sich somit im oberen Marktsegment von Geschäftsführern vergleichbarer privatwirtschaftlicher Unternehmen. Unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Bindung eines qualifizierten Geschäftsführers an das Unternehmen unterliegt eine solche Vergütungspolitik keinen Einwänden. Im Hinblick auf die steuerlichen Aspekte der Gemeinnützigkeit ist aber darauf zu achten, dass sich die Gesamtbezüge zumindest nicht oberhalb des Marktrahmens bewegen. Dies gilt umso mehr, als die derzeitigen Gesamtbezüge den Marktrahmen in vergleichbaren Non-Profit Organisationen deutlich überschreiten. Auch vor dem Hintergrund der eventuellen Einstellung eines zweiten Geschäftsführers und den damit verbundenen Gehaltsaufwendungen ist insoweit Vorsicht geboten. […]
448.3 Ausstattung mit nicht-monetären Zusatzleistungen•
45Betrieblichen Altersversorgung
46[…] Gemäß der Ruhegeldvereinbarung vom 21.11.2000 beträgt der maximale Altersversorgungsanspruch 56 % des letzten aktiven Grundgehalts. Angerechnet werden insoweit Versorgungsleistungen aus der VBL-Rente, soweit diese auf Beiträgen beruhen, die vom O getragen wurden. Die Höhe des Versorgungsanspruchs bewegt sich insoweit auf marktüblichem Niveau (vgl. Kap. 7). […]“
47Am 22. Juni 2007 erklärte der Vorstand des Beklagten die Kündigung des Geschäftsführervertrags des Klägers zum 30. September 2008. Im weiteren Verlauf erklärte er gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung vom 13. August 2007, eine ordentliche Kündigung vom 27. August 2007, eine fristlose Kündigung vom 27. August 2007 sowie eine ordentliche Änderungskündigung vom 12. September 2007. Gegen diese Kündigungen erhob der Kläger rechtzeitig eine - später mehrfach erweiterte – Kündigungsschutzklage. Durch Teilurteil vom 13. Dezember 2007 (Bl. 385ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) gab das Arbeitsgericht Paderborn den Kündigungsschutzanträgen betreffend die Kündigungen aus Juni und August 2007 statt; die Entscheidung über die Kündigung vom 12. September 2007 blieb dem Schlussurteil vorbehalten.
48Gegen dieses Teilurteil legte der Beklagte Berufung ein. Am 22. Juli 2008 schlossen die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht Hamm einen gerichtlichen Vergleich im schriftlichen Verfahren (Bl. 20ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte), der auszugsweise lautet:
49„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2007 geendet hat.
502. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abrechnen. Einigkeit besteht im Zusammenhang darüber, dass allein noch eine Vergütung in Höhe von 16.575,00 € brutto für den Monat Dezember 2007 geschuldet ist.
513. Einigkeit besteht darüber, dass der Beklagte wirksam auf das zwischen den Parteien vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichtet hat und der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat. […]
526. § 5 Abs. 1 des zwischen den Parteien unter dem 21.11.2000 geschlossenen Vertrages wird insoweit geändert, dass für die Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs des Klägers der anzuwendende Prozentsatz 42,233 % statt 56 % beträgt. Damit beträgt die Höhe des als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeldes ab dem 01.01.2008 7.000,00 € brutto. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres entfällt die Absenkung des Prozentsatzes des Ruhegeldes.
537. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche der Parteien außer in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt erledigt. Einigkeit besteht aber insbesondere darüber, dass ein Anspruch des Klägers auf Tantiemezahlungen für das Jahr 2007 so wie ein Anspruch auf Abfindungszahlung gemäß § 5 Abs. 4 des Geschäftsführervertrages vom 12.09.1994 nicht besteht. […]“
54In der Folgezeit forderte der Kläger in jedem Jahr jeweils im Dezember unter direkter Ansprache von Mitarbeitern des Rechnungswesens des Beklagten die Anpassung des Übergangsgeldes gemäß § 9 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000. Der Beklagte führte die Anpassung jeweils durch. Die Anpassungssätze orientierten sich an den Erhöhungssätzen des BAT, nach dessen Wegfall an jenen des TV-L NRW. Hierdurch stieg das als Übergangsgeld gezahlte Ruhegeld von anfänglich 7.000 € auf zuletzt 8.810,58 € im August 2018.
55Aus Anlass der Vollendung des 63. Lebensjahres wandte sich der Kläger mit einem Schreiben an den damaligen, für Finanzen zuständigen Geschäftsführer des Beklagten J (Bl. 89 der erstinstanzlichen Gerichtsakte) und legte dar, in welcher Höhe nach Wegfall der Absenkung des Prozentsatzes ein Ruhegeldanspruch ab der Vollendung des 63. Lebensjahres bestehe. Dieser Berechnung lag ein ungekürzter Ruhgeldanspruch in Höhe von 56 % der ruhegehaltsfähigen Bezüge zugrunde. Zudem wies der Kläger darauf hin, dass dieser Anspruch nach der Versorgungsvereinbarung um den Teil der VBL-Rente zu kürzen sei, der auf Beitragen des Beklagten beruht. Auf dieses Schreiben hin ermittelte der Beklagte den exakten Abzugsbetrag für die VBL-Rente und zahlte den sich ergebenden Restbetrag im Einklang mit den Berechnungen des Klägers fortan regelmäßig an diesen aus. Die so ermittelte anfängliche Rente betrug 10.318,17 €.
56Über die Höhe der anzurechnenden VBL-Rente besteht zwischen den Parteien kein Streit.
57Nachdem der Beklagte den Kläger im Anschluss an eine interne Untersuchung durch anwaltliches Schreiben vom 10. März 2023 darüber informiert hatte, dass die Versorgungszusage nach seiner Ansicht unangemessen hoch sei und daher keinen Bestand haben könne, zahlte der Beklagte an den Kläger zuletzt für März 2023 ein monatliches Ruhegeld in Höhe von 11.805,45 € brutto. Seit April 2023 leistet der Beklagte an den Kläger keine Ruhegeldzahlungen mehr.
58Mit seiner am 5. Mai 2023 bei dem Arbeitsgericht Paderborn erhobenen Klage hat der Kläger von dem Beklagten die Zahlung des monatlichen Ruhegeldes ab April 2023 verlangt. Er hat behauptet, er habe nicht auf den Vorstand eingewirkt, um die ihm gewährte Vergütung zu erhalten. Vielmehr habe der Vorstand sämtlichen Verträgen selbstständig und eigenverantwortlich zugestimmt. Dies ergebe sich bereits aus den von dem Beklagten selbst vorgelegten Vorstandsprotokollen. Der Vorstand des Beklagten sei auch nicht mit „irgendwelchen wirtschaftlichen Laien“, sondern durchgehend mit kompetenten Wirtschaftsfachleuten besetzt gewesen. Die Wirtschaftsprüfer des Beklagten seien immer wieder mit den Geschäftsführerverträgen und Bezügen befasst gewesen. Zu keiner Zeit hätten diese auf Probleme mit den Geschäftsführerbezügen hingewiesen. In all den Jahren der Tätigkeit des Klägers sei zudem der Jahresabschluss des Beklagten geprüft und testiert worden. Dabei sei auch geprüft worden, ob die Vergütung der Geschäftsführer und die vertraglichen Regelungen angemessen sind oder nicht. Es habe bei keiner Prüfung irgendwelche Beanstandungen gegeben. Der Beklagte habe den Kläger halten wollen und seine Vergütung aus diesem Grunde angehoben. Die Motivation des Vorstandes habe dabei nachvollziehbar in der außerordentlich erfolgreichen Arbeit des Klägers bestanden.
59Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Versorgungszusage wirksam sei. Die Voraussetzungen des § 266 StGB lägen nicht vor. Die Verträge des Klägers und des Geschäftsführers C wie auch die Pensionszusage des Geschäftsführers C seien in dem Gutachten der D vom 21. Januar 1994 geprüft und für angemessen befunden worden. Damit habe kein Zweifel bestanden, dass auch eine Anpassung der Verträge und Bezüge des Klägers an die von Herrn C nicht unangemessen waren. Die gesamte Entwicklung der Bezüge und Verträge des Klägers sei in den Jahren 1996 bis 2000 von dem ehemaligen Wirtschaftsprüfer des Beklagten H in seiner Rolle als Vorstandsmitglied begleitet und mitgetragen worden. Weder für den Vorstand des Beklagten noch für den Kläger hätten Bedenken bezüglich der Stimmigkeit und Angemessenheit der Vergütung bestanden. Die Versorgungszusage sei auch nicht sittenwidrig. Im Übrigen sei die dem Kläger durch die Versorgungszusage gewährte Altersversorgung durch den vor dem Landesarbeitsgericht Hamm geschlossenen Vergleich noch einmal ausdrücklich bestätigt worden.
60Der Kläger hat beantragt,
611. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2023 zu zahlen;
622. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2023 zu zahlen;
633. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2023 zu zahlen;
644. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2023 zu zahlen;
655. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2023 zu zahlen;
666. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2023 zu zahlen;
677. den Beklagten zu verurteilen, zukünftig monatlich 11.805,45 € brutto zahlbar jeweils zum 01. des Folgemonats nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gerechnet jeweils ab dem Monatszweiten des Folgemonats für die Zeit laufend ab dem 1. Oktober 2023 zu zahlen.
68Der Beklagte hat beantragt,
69die Klage abzuweisen.
70Der Beklagte hat behauptet, ab 1996 hätten der Kläger und Herr C auf den Abschluss neuer Vergütungsvereinbarungen gedrängt. Die beiden Geschäftsführer seien die treibende Kraft für die Ergänzungsvereinbarungen und die Versorgungszusage des Klägers gewesen und hätten diese inhaltlich maßgeblich vorbereitet. Die Einigung über diese Vereinbarungen sei auf Druck des Klägers zustande gekommen. Im Jahr 2022 habe der Beklagte die jetzigen Prozessbevollmächtigten mit einer Untersuchung der Versorgungsverpflichtungen beauftragt. Mit Gutachten vom 28. März 2023 seien die Prozessbevollmächtigten zu dem Ergebnis gelangt, dass sowohl die dem Kläger seinerzeit gewährte Gesamtvergütung als auch die Versorgungszusage und die daraus resultierenden Rentenzahlungen massiv überhöht seien.
71Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Versorgungszusage vom 21. Oktober 2000 unwirksam sei. Sie sei bereits im Zeitpunkt ihrer Erteilung sowohl der Höhe nach als auch materiell als unangemessen im Sinne § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO gewesen. Die Angemessenheitsgrenze für die Vergütung von Geschäftsführern vergleichbarer Einrichtungen sei im Falle des Klägers um insgesamt 71 % überschritten worden. Dieser Wert fuße auf aus Sicht des Klägers günstigsten Annahmen. Zudem seien für den Kläger bei Erteilung der Zusage im Jahr 2000 alle seit 1981 abgeleisteten Dienstjahre rückwirkend als rentenerhöhend anerkannt worden, was völlig unüblich sei. Angesichts des Altersunterschieds zwischen dem Kläger und seiner 19 Jahre jüngeren Frau erweise sich auch das Fehlen einer sog. Altersdifferenzklausel im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung als unangemessen. Mit Urteil vom 20. Februar 2018 (3 AZR 43/17) habe das BAG eine unzulässige Benachteiligung einer Witwe durch eine Altersdifferenzklausel mit einem Differenzwert von 15 Jahren im Ergebnis verneint. Vor diesem Hintergrund sei der seinerzeit handelnde Vorstand des Beklagten gehalten gewesen, den Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Witwenrente wirksam auszuschließen oder zu beschränken. Zwar führe der Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht unmittelbar selbst zur Nichtigkeit der Versorgungszusage. Er könne aber bei Hinzutreten besonderer Umstände nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge haben.
72Die in der Vereinbarung vom 21. November 2000 enthaltene Versorgungszusage zugunsten des Klägers sei nach § 134 BGB iVm. § 266 StGB unwirksam. Die Gewährung der Versorgungszusage an den Kläger stelle eine – mit Wissen und Wollen des Klägers begangene – Untreue des seinerzeit handelnden Vorstands dar. Die dem Kläger gewährte Gesamtvergütung sei unangemessen hoch gewesen. Die Entscheidung des Vorstands habe zudem nicht auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen basiert; externer Expertenrat sei nicht eingeholt worden. Durch die Einwirkungen auf den Vorstand sowie die umfangreichen Vorbereitungshandlungen habe auch der Kläger seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Beklagten vorsätzlich verletzt. Wenn man eine Vermögensbetreuungspflicht des Klägers verneine, habe dieser jedenfalls Beihilfe zur Untreue des Vorstands geleistet.
73Jedenfalls sei die Versorgungszusage gemäß § 138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines wucherähnlichen Geschäfts nichtig. Die Gesamtvergütung des Klägers habe den Rahmen einer angemessenen Gesamtvergütung um 71 % überschritten. Insofern sei allerdings zu berücksichtigen, dass dieser Wert auf aus Sicht des Klägers günstigsten Annahmen beruhe. Der tatsächliche Wert dürfte bei Zugrundelegung realistischer Annahmen deutlich höher liegen. Dass sowohl bezogen auf die Gesamtausstattung als auch auf die Versorgungszusage für sich genommen von einem auffälligen Missverhältnis auszugehen sei, zeige auch ein Vergleich der durchschnittlichen Höhe der laufenden Betriebsrenten von Geschäftsführern mit den Versorgungsbezügen des Klägers. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge habe am 22. März 2018 aus einer Studie der internationalen Unternehmensberatung WillisTowersWatson berichtet, die die Versorgungswerke von 200 Unternehmen ab einer Größe von 500 Mitarbeitern untersucht habe. Dabei seien Führungskräfte mit typischerweise 22 Dienstjahren im Unternehmen berücksichtigt worden. Deren Altersversorgung habe im Durchschnitt 4,8 % des Grundgehalts betragen. Die Altersversorgung des Klägers habe zuletzt um rund das 15-fache über diesem Durchschnitt gelegen. Es liege daher ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, so dass das erforderliche subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung vermutet werde. Auch wenn man lediglich von einem „nur“ auffälligen Missverhältnis ausgehen wollte, wäre der subjektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB hier ohne weiteres erfüllt. Sowohl der Kläger als auch der handelnde Vorstand des Beklagten hätten um die Grenzen der Vergütungsentscheidung gewusst und seien sich der Unangemessenheit der Gesamtvergütung bewusst gewesen.
74Durch Urteil vom 30. November 2023 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Klage sei zulässig und begründet. Die Versorgungsvereinbarung sei wirksam. Eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB iVm. § 266 StGB liege nicht vor. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger mit dem Vorsatz gehandelt habe, seine Vermögensbetreuungspflicht zu missbrauchen und dadurch dem Beklagten einen Nachteil zuzufügen. Die Vergütung der Geschäftsführer sei ein Thema gewesen, mit dem sich der Vorstand und Geschäftsführer des Beklagten befasst hätten. Es seien Gutachten namhafter Gesellschaften eingeholt worden, die zu dem Schluss gekommen seien, dass die Vergütung der Geschäftsführer einschließlich der Vergütung des Geschäftsführers C inklusive Altersversorgung, an die die Vergütung des Klägers angepasst wurde, angemessen sei. Auch vor dem Hintergrund des Mitwirkens des ehemaligen Wirtschaftsprüfers des Beklagten H bei Vertragsabschluss habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass kein Straftatbestand verwirklicht wird. Darüber hinaus hätten die Parteien die Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs noch einmal bestätigt. Die Versorgungsvereinbarung sei auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung sei nicht unüblich. Gleiches gelte für eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrecht nach einer Dienstzeit von 25 Jahren. Der Kläger sei hierdurch finanziell gegen ein Arbeitsplatzrisiko abgesichert worden. Ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung liege nicht vor.
75Gegen das dem Beklagten am 30. November 2023 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 14. Dezember 2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die er innerhalb der bis zum 28. Februar 2024 verlängerten Berufungsbegründungsfrist unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen wie folgt begründet:
76Der Vergleich vom 23. Juli 2008 habe keine Bestätigung iSd. § 141 BGB beinhaltet. Es fehle insbesondere an einem Bestätigungswillen des Beklagten. Dieser sei sich damals nicht darüber bewusst gewesen, dass die Versorgungszusage nicht wirksam vereinbart worden war.
77Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts sei die Versorgungszusage gemäß § 134 BGB iVm. § 266 StGB nichtig. Zunächst übersehe das Arbeitsgericht, dass die entsprechenden Gutachten fünf Jahre vor bzw. sechs Jahre nach der Erteilung der streitgegenständlichen Versorgungszusage erstellt wurden und bereits aus diesem Grund nicht geeignet gewesen seien, als Grundlage für eine qualifizierte eigene Bewertung der Angemessenheit der Versorgungszusage durch den Vorstand des Beklagten im Jahr 2000 zu dienen. Der Umstand, dass vor Abschluss der Zusage kein externes Gutachten eingeholt wurde, spreche für einen zumindest bedingten Vorsatz des Klägers im Hinblick auf die in der Erteilung der Versorgungszusage liegende Untreuehandlung des damaligen Vorstands. Dem Kläger sei aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer Finanzen bewusst gewesen, dass der Beklagte aufgrund seines Gemeinnützigkeitsstatus besonderen Beschränkungen bei der Gestaltung der Geschäftsführervergütung unterliegt und eine rechtssichere Gestaltung nur durch Einholung externen Rates möglich war. Dem Kläger hätte auffallen müssen, dass die im Gutachten der D gezogene Schlussfolgerung, die Geschäftsführervergütung sei angemessen, durch die sonstigen Ausführungen nicht getragen werde. Obwohl im Gutachten gesagt werde, dass innerbetriebliche und außerbetriebliche Dokumentationen sowie Marktanalysen von Personalberatungsunternehmen Anhaltspunkte für die Schätzung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen bieten können, seien solche Dokumentationen nicht eingeholt worden. Auch die Beteiligung des ehemaligen Wirtschaftsprüfers des Beklagten H führe nicht dazu, dass der Kläger auf die Rechtmäßigkeit der Verträge vom 21. November 2000 vertrauen durfte. Vielmehr sei der Umstand, dass Herr H unmittelbar im Anschluss an seine Prüfungstätigkeit in den Vorstand des Beklagten gewechselt sei, geeignet, den Anschein eines Interessenkonflikts zu begründen, da er über das Arbeitsergebnis seines ehemaligen Arbeitgebers habe befinden müssen.
78Die Versorgungszusage sei zudem nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Das Arbeitsgericht habe sich nicht mit dem von dem Beklagten in erster Instanz dargelegten groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auseinandergesetzt. Das dem Kläger eingeräumte, großzügige Übergangsgeld sei völlig unüblich. Im Ergebnis sei die Summe aus Barvergütung, Übergangsgeld und Altersversorgung in sittenwidriger Weise überhöht. Zudem habe das Arbeitsgericht seine Prüfung auf die Fallgruppe des besonders groben Missverhältnisses beschränkt. Es habe nicht geprüft, ob ein „nur“ auffälliges Missverhältnis besteht, dessen Vorliegen bei Hinzutreten weiterer subjektiver Merkmale ebenfalls zur Sittenwidrigkeit und damit zur Nichtigkeit führe. Nach der Rechtsprechung des BGH genüge es für die Bejahung des Vorliegens des entsprechenden subjektiven Tatbestands, wenn die Beteiligten die tatsächlichen Umstände gekannt haben, die die Sittenwidrigkeit begründen oder sich dieser Kenntnis bewusst entzogen haben. Das sei vorliegend der Fall. Sowohl die seinerzeit handelnden Vorstandsmitglieder als auch der Kläger hätten aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen im Bereich der Gemeinnützigkeit erkennen müssen, dass das durch die Vereinbarungen aus dem Jahr 2000 manifestierte Vergütungsniveau sehr deutlich außerhalb des marktüblichen Rahmens gelegen habe.
79Wenn die Versorgungszusage entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten wirksam sei, dann bestehe ein Versorgungsanspruch des Klägers jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe. Das Ruhegeld sei fehlerhaft berechnet worden. Der Versorgungsanspruch des Klägers hätte gemäß § 2 BetrAVG zeitanteilig quotiert werden müssen. Zwar seien die Parteien bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 23. Juli 2008 übereinstimmend davon ausgegangen, dass sich die Höhe des Ruhegeldanspruchs aus der Multiplikation der maßgeblichen rentenfähigen Bezüge in Höhe von 16.757 € mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits erreichten Höchstbetrag von 56 % (§ 5 Abs. 1 der Versorgungsvereinbarung) ergibt. Diese Annahme der Parteien habe jedoch auf einem Irrtum beruht. Ausdrücklich sehe § 10 der Versorgungsvereinbarung vor, dass im Falle des Ausscheidens des Klägers vor Eintritt in den Ruhestand die zugesagten Versorgungsleistungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben in § 2 BetrAVG zeitanteilig zu quotieren sind. Richtigerweise hätte daher eine zeitanteilige Quotierung nach dieser Vorschrift stattfinden müssen. Auf dieser Grundlage habe der Versorgungsanspruch des Klägers bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 2007 lediglich 6.617,60 € betragen. Weder der Vergleich vom 23. Juli 2008 noch die ursprüngliche Versorgungsvereinbarung enthielten an irgendeiner Stelle einen Verzicht auf die zeitanteilige Quotierung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
80Zudem sei das als Übergangsgeld gezahlte Ruhegeld des Klägers in der Zeit von 1. Januar 2008 bis zum Beginn der Altersrente am 1. September 2018 zu Unrecht angepasst worden. Die Anpassungsregelung in § 9 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 gelte nur für das Altersruhegeld gemäß § 2 Abs. 1 der Vereinbarung, nicht hingegen für das als Übergangsgeld gezahlte Ruhegeld nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung. Dies sei auch interessengerecht, weil ein Übergangsgeld keine betriebliche Altersversorgung darstelle. Vielmehr dienten Leistungen dieser Art in erster Linie der Sicherung des Lebensstandards in der Zeit bis zum Eintritt in den regulären oder vorgezogenen Ruhestand und hätten deshalb eine reine Überbrückungsfunktion.
81Der Beklagte beantragt,
82das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 30. November 2023 - 1 Ca 434/23 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
83Der Kläger beantragt,
84die Berufung zurückzuweisen.
85Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, wiederholt und vertieft seine erstinstanzlichen Ausführungen und führt ergänzend aus:
86Der Vorwurf der Untreue sei unberechtigt. Der Vorstand sei während der Vertragsverhandlungen hochkarätig besetzt gewesen. Herr H sei nur bis in die 80er Jahre Wirtschaftsprüfer des Beklagten gewesen. Der Vorwurf einer Interessenkollision geht demzufolge fehl. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das zuständige Finanzamt jährlich überprüft wurden und sich während der Tätigkeit des Klägers als stellvertretender Geschäftsführer bzw. Geschäftsführer keinerlei Beanstandungen ergeben hätten. Beanstandungen hinsichtlich der Gemeinnützigkeit hätten sich offensichtlich auch bis zum heutigen Tage nicht ergeben.
87Die Versorgungszusage sei auch nicht sittenwidrig. Es liege schon kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Die I Management Consultants GmbH habe im Gutachten vom 7. August 2006 festgestellt, dass die Altersversorgung des Klägers angemessen ist. Zudem seien die von Seiten des Beklagten bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter zugrunde gelegten Vergleichsgruppen fehlerhaft gewählt, da entsprechend der Entstehungsgeschichte des Beklagten und dem daraus folgenden Tätigkeitsschwerpunkt als Vergleichsgruppe der Bereich der informationsverarbeitenden Berufe/Software- bzw. Computerindustrie zu berücksichtigen sei, in welchem die Vergütung deutlich oberhalb der von dem Beklagten herangezogenen Vergleichsgruppen gelegen habe. Es liegt demzufolge weder ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vor, noch hätten auf Seiten der Beteiligten die erforderlichen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen vorgelegen. Im Übrigen hätten die Parteien die Vereinbarung vom 21. November 2000 durch den Vergleich vom 23. Juli 2008 explizit bestätigt.
88Das Ruhegeld sei auch ordnungsgemäß berechnet worden. Eine zeitanteilige Quotierung nach § 2 BetrAVG habe nicht zu erfolgen. § 10 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 finde nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich auf die Fälle der Vertragsbeendigung Anwendung, welche nicht in § 2 Abs. 1 und 2 der Versorgungsvereinbarung genannt sind. Dieses Verständnis werde auch durch den gerichtlichen Vergleich vom 23. Juli 2008 bestätigt. Der Ruhegeldanspruch sei während der Vergleichsverhandlungen der Parteien explizit erörtert worden. Es sei nie streitig gewesen, dass der Kläger seine Versorgungsleistungen nach Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren uneingeschränkt erhalten sollte. Von Seiten des Beklagten habe lediglich die Forderung bestanden, das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld gemäß § 2 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 deutlich zu reduzieren. Letztlich hätten sich die Parteien auf einen monatlichen Betrag in Höhe von 7.000,00 € geeinigt, der dann in einen Prozentsatz (42,233 %) umgerechnet worden sei. Im Übrigen habe zwischen den Parteien stets Einigkeit darüber bestanden, dass der Kläger seine Altersbezüge nach Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren ungeschmälert in Höhe von 56 % der rentenfähigen Bezüge erhalten sollte. Zudem seien die im Jahr 2018 für den Beklagten tätigen Geschäftsführer J und Prof. K seit August 2007 im Amt gewesen und schon an dem Abschluss und der Umsetzung des Vergleichs vom 23. Juli 2008 beteiligt gewesen. Daher könne davon ausgegangen werden, dass die Umsetzung des Vergleichs entsprechend den Intentionen der Parteien erfolgt sei.
89Ebenso sei die Rechtsauffassung des Beklagten unzutreffend, dass die Anpassungsregelung gemäß § 9 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 nicht auf das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld ab dem 1. Januar 2008 anzuwenden gewesen wäre. Dementsprechend sei auch der Beklagte von Beginn der Zahlung des als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeldes ab dem 1. Januar 2008 zutreffend davon ausgegangen, dass eine Anpassung gemäß § 9 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 zu erfolgen habe.
90Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen und erteilten rechtlichen Hinweise ergänzend Bezug genommen.
91E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
92A. Die Berufung des Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 66 Abs.1 Satz 1 ArbGG am 14. Dezember 2023 gegen das am 30. November 2023 zugestellte Urteil form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der nach § 66 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 ArbGG verlängerten Frist am 28. Februar 2024 ordnungsgemäß begründet worden. Sie ist damit insgesamt zulässig.
93B. Die Berufung ist jedoch ganz überwiegend unbegründet.
94I. Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.
951. Die auf Zahlung gerichteten Anträge zu 1) bis 6) sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
962. Hinsichtlich des Klageantrags zu 7) ist zu differenzieren.
97a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage durch das Berufungsgericht ist der der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht (vgl. BGH 4. Mai 2005 - VIII ZR 5/04 - zu II 1 der Gründe mwN). Am 28. Januar 2025, dem Termin der letzten Berufungsverhandlung, war die Klage für den Zeitraum Oktober 2023 bis einschließlich Dezember 2024 nicht mehr auf eine zukünftige Leistung gerichtet. Die Ruhegeldansprüche des Klägers, deren Zahlung nach § 2 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 „in monatlichen Teilbeträgen nachträglich“ zu erfolgen hat, waren bereits fällig. Das Berufungsgericht hatte über diese bereits fälligen Ansprüche zu entscheiden, ohne dass es einer Änderung des Antrags bedurfte (vgl. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07 - Rn. 40; 22. Oktober 2014 – AZR 731/12 – Rn. 15; BGH 4. Mai 2005 - VIII ZR 5/04 - aaO; Zöller/Greger ZPO 35. Aufl. § 259 Rn. 6, § 257 Rn. 6).
98b) Der verbleibende Teil des Klageantrags zu 7), der sich auf den Zeitraum ab Januar 2025 bezieht, ist zulässig, soweit er sich auf die Hauptforderung - die monatlich wiederkehrende Zahlung der von dem Kläger begehrten betrieblichen Altersversorgung - bezieht. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (BAG 15. November 2022 – 3 AZR 505/21 – Rn. 15).
99Der verbleibende Teil des Klageantrags zu 7) ist jedoch unzulässig, soweit er sich auf die Zahlung von Zinsen auf die erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer fälligen Leistungen und damit auf die Zeit ab Januar 2025 bezieht. Verzugszinsen sind keine Leistungen iSv. § 258 ZPO, sondern Sekundäransprüche, deren Entstehung ungewiss ist (vgl. BAG 22. Oktober 2019 – 3 AZR 429/18 – Rn. 38; 25. Januar 2022 – 3 AZR 406/21 – Rn. 28). Auch eine Klage nach § 259 ZPO scheidet insoweit aus. Sie kann nur erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis begründet ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen (BAG 11. Juli 2017 - 3 AZR 691/16 - Rn. 17 mwN). Anhaltspunkte, der Beklagte werde bei einer Verurteilung zur Zahlung der erhöhten Betriebsrente seiner Zahlungspflicht in Zukunft nicht rechtzeitig nachkommen, bestehen nicht. Das bloße Bestreiten der Hauptforderung begründet noch keine solche Besorgnis (vgl. BAG 22. Oktober 2019 – 3 AZR 429/18 – Rn. 38).
100II. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie – bis auf einen Teil der eingeklagten Zinsen (siehe dazu unter 6.) – auch begründet. Der Kläger hat aus §§ 1 Buchst. a), 2 Abs. 1 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 sowohl für den Zeitraum von April 2023 bis Dezember 2024 als auch für die Zukunft einen Anspruch auf Zahlung von Ruhegeld. Die Versorgungsvereinbarung ist wirksam (vgl. dazu unter 1. bis 4.). Der Ruhegeldanspruch besteht auch in der vom Kläger begehrten Höhe (vgl. dazu unter 5.).
1011. Die Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 ist nicht gemäß § 266 StGB iVm. § 134 BGB unwirksam. Ein Verstoß gegen § 266 StGB liegt nicht vor.
102a) § 266 StGB ist ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB (BGH 10. Juni 2020 – 5 StR 435/19 – Rn. 26; MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl. § 134 Rn. 71 mwN). Die Partei, die sich auf die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot beruft, muss die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür darlegen und beweisen (BGH 13. September 2001 - VII ZR 380/00 – zu II 2 a der Gründe; MüKoBGB/Armbrüster 10. Aufl. § 134 Rn. 200 mwN).
103b) Es ist schon nicht erkennbar, dass die Vorstandsmitglieder des Beklagten durch die Unterzeichnung der Versorgungsvereinbarung den Tatbestand der Untreue erfüllt hätten.
104aa) Es ist nicht feststellbar, dass der Vorstand die ihm durch Gesetz und Satzung eingeräumte Befugnis, über das Vermögen des Beklagten zu verfügen, missbraucht hätte.
105(1) Das wäre nur der Fall, wenn der Vorstand seine gegenüber dem Beklagten bestehenden Pflichten verletzt hätte (vgl. BGH 10. Februar 2022 – 3 StR 329/21 – Rn. 9). Insoweit ist jedoch zu beachten, dass es sich bei den hier streitgegenständlichen Vergütungsentscheidungen um unternehmerische Entscheidungen handelt (vgl. zur Geltung der sog. Business Judgement Rule für Vorstände eines Vereins Mü-KoBGB/Leuschner 10. Aufl. § 27 Rn. 70 mwN). Beim solchen unternehmerischen Entscheidungen muss dem zur Entscheidung berufenen Gremium ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Gremiums aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH 10. Februar 2022 – 3 StR 329/21 – Rn. 9 mwN). Eine solche Pflichtverletzung ist letztlich nur dann zu bejahen, wenn ein schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt; der Leitungsfehler muss sich auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen (BGH 17. Dezember 2020 - 3 StR 403/19 - Rn. 24; 10. Februar 2022 – 3 StR 329/21 – Rn. 9). Dem Vorstand steht dabei ein dem konkreten Einzelfall angepasster Spielraum zu, den Informationsbedarf zur Vorbereitung seiner unternehmerischen Entscheidung selbst abzuwägen. Ausschlaggebend ist dabei nicht, ob die Entscheidung tatsächlich auf der Basis angemessener Informationen getroffen wurde und dem Wohle der Gesellschaft diente, sondern es reicht aus, dass der Vorstand dies vernünftigerweise annehmen durfte. Die Beurteilung des Vorstands im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung muss aus der Sicht eines ordentlichen Geschäftsleiters vertretbar erscheinen (BGH 10. Februar 2022 – 3 StR 329/21 – Rn. 14).
106(2) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Pflichtverletzung der damaligen Vorstandsmitglieder des Beklagten nicht vor.
107(a) Der Unterzeichnung der Verträge am 21. November 2000 gingen langjährige Verhandlungen des Vorstands mit den Geschäftsführern zum Inhalt der Anstellungsverträge und der betrieblichen Altersversorgung des Klägers voraus. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Protokollen der Vorstandssitzungen ergibt sich, das die Verträge jedenfalls seit 1996 regelmäßig Gegenstand der Diskussion zwischen Vorstand und den Geschäftsführern waren. Dabei wurden die Verhandlungen, wie sich ebenfalls aus den Protokollen der Vorstandssitzungen ergibt, kontrovers und unnachgiebig geführt. Dieser lange zeitliche Vorlauf vor Abschluss der Verträge und die intensiven Diskussionen über den Inhalt der Verträge sprechen gegen die Annahme, der Vorstand habe leichtfertig, vorschnell oder auf ungesicherter Tatsachengrundlage gehandelt.
108(b) Den Protokollen lässt sich zudem entnehmen, dass der Vorstand für die Erörterungen und Verhandlungen über die Anstellungsverträge Rechtsanwalt Dr. G als „Arbeitsrechtsexperten“ einschaltete, um die Angelegenheit bewerten und begutachten zu lassen. So trug Rechtsanwalt Dr. G laut dem Protokoll vom 19. November 1997 in jener Sitzung eine Analyse der Geschäftsführerverträge vor. Anschließend wurden in jener Sitzung durch Rechtsanwalt Dr. G, den Vorstand und die Geschäftsführer mögliche Änderungen der Verträge bezogen auf „eine leistungsorientiertere Tantiemenregelung, eine betriebliche Altersversorgung für Herrn F sowie Regelungen zum Ausscheiden bei Kündigung oder aus Altersgründen und zur Konkurrenzentschädigung“ erörtert. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts und dessen Beauftragung mit der Analyse der Verträge spricht ebenfalls gegen die Annahme, der Vorstand habe die Verträge leichtfertig, vorschnell oder auf ungesicherter Tatsachengrundlage abgeschlossen.
109(c) Zu berücksichtigen ist auch, dass der Vorstand des Beklagten kompetent besetzt war (vgl. allg. auch Heermann NJW 2016, 1687, 1690). Insbesondere war der ehemalige Wirtschaftsprüfer des Beklagten, Herr H, in der Zeit von 1996 bis Juni 2000 - und damit während der Vertragsverhandlungen bis kurz vor Unterzeichnung der Verträge - Mitglied des Vorstands des Beklagten und an den Verhandlungen mit den Geschäftsführern maßgeblich beteiligt. So wurde z.B. im Anschluss an die Vorstandssitzung mit Rechtsanwalt Dr. G am 19. November 1997 laut dem Protokoll zu jener Sitzung vereinbart, dass Herr H seine diesbezüglichen Vorstellungen - zunächst für Herrn F - schriftlich formulieren werde und dass diese Vorstellungen anschließend gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern und der Geschäftsführung lösungsorientiert erörtert werden sollten. Soweit der Beklagte einwendet, als ehemaliger Wirtschaftsprüfer der Beklagten habe sich Herr H in einem Interessenkonflikt befunden, kann dem nicht gefolgt werden. Konkrete Anhaltspunkte für seine Annahme hat der Beklagte auch nicht vorgetragen. Insbesondere ist im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig geworden, dass der „Aktenvermerk“ der D vom 21. Januar 1994 (Bl. 211ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) nicht von Herrn H unterzeichnet worden war. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass Herr H nur bis in die 1980er Jahre Wirtschaftsprüfer des Beklagten war und der für einen Verstoß gegen ein Verbotsgesetz darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH 13. September 2001 - VII ZR 380/00 – zu II 2 a der Gründe; MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl. § 134 Rn. 200 mwN) ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Der lange Zeitraum bis 1996 – dem Zeitpunkt, zu dem Herr H Vorstandsmitglied des Beklagten wurde –, spricht gegen die Annahme eines Interessenkonflikts.
110(d) Der Vorstand handelte auch nicht auf einer erkennbar unzulänglichen Tatsachengrundlage. Dagegen spricht bereits die oben dargestellte Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zur Begutachtung der Verträge. Zudem war das Gutachten der D über die Höhe der Geschäftsführervergütungen vom 21. Januar 1994 zwar schon einige Jahre vor Unterzeichnung der Verträge erstellt worden. Nach seinem Inhalt enthielt es jedoch allgemeingültige Maßstäbe und Kriterien, die auch für die Entscheidung im Jahr 2000 maßgeblich waren und an denen sich der Vorstand orientieren konnte. Entgegen der Darstellung des Beklagten erschöpft sich das Gutachten gerade nicht in dem Hinweis, dass Marktanalysen einzuholen sind. Vielmehr zitiert das Gutachten für die maßgeblich anzuwendenden Kriterien ein Urteil des BFH vom 28. Juni 1989 - I R 89/85 – bzgl. der Angemessenheit des Gehalts eines Gesellschafter-Geschäftsführers und kommt zu dem Schluss, dass bei Anwendung der danach maßgeblichen Kriterien auf den Beklagten - Geschäftsvolumen des Beklagten insgesamt, seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Entwicklung im Bereich der Aus- und Weiterbildung – die Geschäftsführergehälter einem Drittvergleich standhalten. Das Gutachten weist zudem darauf hin, dass man wegen des bestehenden Beurteilungsspielraumes nicht mit Sicherheit vorhersagen könne, welche Kriterien die Finanzverwaltung bei einer Prüfung der Geschäftsführerbezüge zugrunde lege. Wegen der fehlenden Interessenparallelität zwischen den Organen des Beklagten und den Geschäftsführern (im Gegensatz zur Situation eines Gesellschafter-Geschäftsführers) werde die Finanzverwaltung bei der Prüfung der Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge keine zu großen Anforderungen stellen können. Sofern der Beklagte darlegen könne, dass qualifizierte Geschäftsführer nur zu gewinnen seien, wenn ähnliche Vergütungen für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden, dürften die Geschäftsführerbezüge schon von daher angemessen sein. Erst nach diesen Ausführungen wird abschließend darauf hingewiesen, dass zu Vergleichszwecken innerbetriebliche und außerbetriebliche Dokumentationen sowie Marktanalysen von Personalberatungsunternehmen Anhaltspunkte für die Schätzung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen bieten können. Auf dieser Grundlage bestand keine zwingende Notwendigkeit, vor dem Abschluss der Verträge ein weiteres externes Gutachten einzuholen. Die nach dem Gutachten maßgeblichen Kriterien - Geschäftsvolumen des Beklagten insgesamt, seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Entwicklung im Bereich der Aus- und Weiterbildung – waren dem Vorstand bekannt und konnten von ihm berücksichtigt werden. Insoweit steht zwischen den Parteien auf der Grundlage der von dem Beklagten vorgelegten Kennzahlen des Beklagten (Bl. 148 der erstinstanzlichen Gerichtsakte) nicht im Streit, dass sich Umsatz und Ergebnis des Beklagten auch in der Zeit von 1996 bis 2000 kontinuierlich positiv entwickelten. Zwar standen dem Vorstand soweit ersichtlich keine außerbetrieblichen Dokumentationen sowie Marktanalysen von Personalberatungsunternehmen zur Verfügung, welche nach dem Gutachten Anhaltspunkte für die Angemessenheit hätten bieten können. Allerdings stand dem Vorstand mit dem Gehalt des Geschäftsführers C, an dessen Bezüge diejenigen des Klägers angeglichen werden sollten, innerbetriebliche Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Bezüge des Klägers zur Verfügung, die nach dem Gutachten als gleichrangige Erkenntnisquellen in Betracht kamen. Zu berücksichtigen war schließlich auch, dass das im Jahr 1994 eingeholte Gutachten auf genau denselben Erkenntnisquellen basierte. Insbesondere waren auch damals allein innerbetriebliche Informationen und nicht zusätzlich außerbetrieblichen Dokumentationen herangezogen worden. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ergab sich aus dem Gutachten somit gerade nicht, dass eine rechtssichere Gestaltung nur durch Einholung externen Rates möglich war. Bei dieser Sachlage musste der Vorstand es nicht für erforderlich halten, ein weiteres externes Gutachten in Auftrag zu geben.
111(e) Im Übrigen lag jedenfalls für die Versorgungsvereinbarung mit dem Kläger eine hinreichende Tatsachengrundlage vor. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der weitere Geschäftsführer R. C. bereits seit dem Jahr 1991 über eine Versorgungszusage des Beklagten verfügte, die alle Elemente der Versorgungsvereinbarung des Klägers einschließlich des Übergangsgeldes enthielt und in ihrer Ausgestaltung sogar weit über die dem Kläger erteilte Versorgungszusage hinausging: Nach der mit Herrn C. vereinbarten Versorgungszusage betrug die ihm zu gewährende Altersrente 20 % der rentenfähigen Bezüge zzgl. 5 % der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 1. Januar 1971 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 84 % der rentenfähigen Bezüge. Die mit dem Kläger geschlossene Vereinbarung sieht ein zu gewährendes Ruhegeld in Höhe von 10 % der rentenfähigen Bezüge zzgl. 2,5 % der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 1. Juli 1981 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 56 % der rentenfähigen Bezüge vor. Die Herrn M im Jahr 1991 gewährte Versorgungszusage, die wie dargelegt weit über die dem Kläger gewährte Zusage hinausging, lag im Zeitpunkt des Gutachtens der D über die Höhe der Geschäftsführervergütungen vom 21. Januar 1994 vor und wurde von dieser nicht beanstandet; vielmehr wurde die Höhe der „Geschäftsführerbezüge im Einzelnen wie auch insgesamt“ als angemessen angesehen. Vor diesem Hintergrund musste für die Vorstandsmitglieder des Beklagten kein Anlass bestehen, an der Angemessenheit der Versorgungszusage an den Kläger zu zweifeln.
112(f) Aus den genannten Gründen durfte der Vorstand des Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung vernünftigerweise annehmen, dass die Entscheidung auf Basis angemessener Informationen getroffen wurde. Aus der Sicht eines ordentlichen Geschäftsleiters erschien diese Beurteilung zum damaligen Zeitpunkt vertretbar.
113bb) Darüber hinaus lässt sich dem Vortrag des Beklagten auch nicht entnehmen, dass die damaligen Vorstandsmitglieder vorsätzlich gehandelt hätten. Aus den oben dargestellten Gründen ist nicht erkennbar, dass die damaligen Vorstandsmitglieder wussten oder auch nur für möglich hielten, dass sie durch die Unterzeichnung der Versorgungszusage vom 21. November 2000 ihre gegenüber dem Beklagten bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzen würden. Dies gilt insbesondere angesichts des bereits dargelegten Umstands, dass die dem Kläger gewährte Versorgungszusage inhaltlich der bereits dem Geschäftsführer C im Jahr 1991 erteilten Versorgungszusage entsprach, bzgl. der Höhe sogar weit hinter dieser zurückblieb und die gegenüber Herrn C. gegebene Versorgungszusage im Gutachten der D über die Höhe der Geschäftsführervergütungen vom 21. Januar 1994 nicht beanstandet worden war.
114c) Darüber hinaus ist auch ein Verstoß des Klägers gegen § 266 StGB nicht feststellbar. Selbst wenn die Vorstandsmitglieder gegen § 266 StGB verstoßen hätten – was nicht der Fall ist (s.o.) –, wäre die Vereinbarung daher nicht nach § 134 BGB nichtig.
115aa) Ein strafbewehrtes Verbot iSd. § 134 BGB erstreckt sich auf ein Rechtsgeschäft als Ganzes grundsätzlich nur dann, wenn der Straftatbestand von beiden Vertragsparteien objektiv und subjektiv verwirklicht wird (BGH 16. April 1996 - XI ZR 138/95 - zu II 3 b aa der Gründe; 10. Juni 2020 – 5 StR 435/19 – Rn. 26; Staudinger/Fischinger/Hengstberger (2021) BGB § 134 Rn. 453). Verstößt hingegen nur eine der Vertragsparteien gegen ein gesetzliches Verbot, so ist der Vertrag in der Regel gültig (BGH 16. April 1996 - XI ZR 138/95 - zu II 3 b bb der Gründe; Staudinger/Fischinger/Hengstberger (2021) BGB § 134 Rn. 453).
116bb) Eine Täterschaft des Klägers scheidet aus. In Bezug auf den Abschluss der Versorgungsvereinbarung und die Ergänzung zum Geschäftsführervertrag traf den Kläger keine Vermögensbetreuungspflicht, weil diese Vereinbarungen seine eigenen Bezüge betrafen (vgl. BGH 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04 – Rn. 80; KG 4. November 2014 – 2 Ws 298/14 – Rn. 30).
117cc) Eine strafbare Beihilfe iSd. § 27 StGB scheidet ebenfalls aus. Es ist schon nicht erkennbar, dass der Kläger vorsätzlich gehandelt hätte.
118(1) Strafbare Beihilfe im Sinne des § 27 StGB ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen. Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe zwar nicht alle Einzelheiten, aber doch die zentralen Merkmale der Haupttat sowie deren Förderung durch sein Verhalten kennt oder zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (BGH 26. August 2021 – III ZR 189/19 – Rn. 18). Bei § 266 bedeutet das, dass die Beihilfe zur Untreue voraussetzt, dass auch die Verursachung eines Nachteils für den Geschädigten vom Gehilfenvorsatz umfasst sein muss (BGH 29. Dezember 2014 – 2 StR 29/14 – Rn. 8; BeckOK StGB/Kudlich, 61. Ed. 1.5.2024, StGB § 27 Rn. 19.1).
119(2) Wie bereits oben dargelegt durfte der kompetent besetzte Vorstand des Beklagten insbesondere angesichts der jahrelangen Verhandlungen, der Hinzuziehung externer Rechtsanwälte und der dem Geschäftsführer C. bereits 1991 gewährten Versorgungszusage, die von den Wirtschaftsprüfern nicht beanstandet worden war, davon ausgehen, dass die Interessen des Beklagten durch den Abschluss der Versorgungsvereinbarung mit dem Kläger nicht verletzt wurden. Sämtliche oben dargestellten Umstände waren auch dem Kläger bekannt. Vor diesem Hintergrund bestand auch für den Kläger kein Anlass für die Annahme, dass der Vorstand des Beklagten dessen Vermögen nicht schützen wollte. Der Kläger strebte die bereits seit mehreren Jahren diskutierte Angleichung seiner Vertragskonditionen an die bereits mit Herrn C vereinbarten Konditionen an. Da im Vorfeld niemand Zweifel an der Zulässigkeit der mit Herrn C vereinbarten Verträge, insbesondere der ihm erteilten Versorgungszusage, hatte, musste Kläger nicht davon ausgehen, dass der Vorstand durch einen vergleichbaren Abschluss nunmehr erstmals seine Vermögensbetreuungspflicht verletzen würde.
1202. Es ist auch nicht erkennbar, dass Kläger unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche des Vorstands des Beklagten handelte. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen verweisen. Eine Unwirksamkeit der Versorgungsvereinbarung gemäß § 138 Abs. 2 BGB macht der Beklagte auch nicht geltend.
1213. Die Versorgungszusage ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
122a) Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BAG 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – Rn. 31; BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 31).
123aa) Dies ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen (BAG 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – Rn. 31mwN). Zu berücksichtigen ist nicht nur der objektive Gehalt des Geschäfts, sondern es sind auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, sowie die Absicht und die Motive der Parteien in die Würdigung einzubeziehen (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 31 mwN). In subjektiver Hinsicht genügt es, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt oder wenn er sich der Kenntnis bewusst verschließt oder entzieht, dagegen sind ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich (BAG 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – Rn. 31; BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 31).
124bb) Danach können gegenseitige Verträge, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliche Rechtsgeschäfte nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist, weil er als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die wirtschaftlich schwächere Position des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt oder sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der andere nur unter dem Zwang der Verhältnisse auf den für ihn ungünstigen Vertrag einlässt (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 32; BAG 22. April 2009 – 5 AZR 436/08 – Rn. 27).
125(1) Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, so kann dies den Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstands rechtfertigen (BAG 18. November 2015 – 5 AZR 814/14 – Rn. 42; BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 32). Ein besonders grobes Missverhältnis, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung zulässt, kann regelmäßig angenommen werden, wenn der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 36; 18. November 2015 – 5 AZR 814/14 – Rn. 42; BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 32). Die mit einem besonders groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begründete tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des begünstigten Vertragsteils kann im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Insoweit trägt die begünstigte Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast (BGH 10. Februar 2012 - V ZR 51/11 - Rn. 10 mwN; BAG 16. Mai 2012 – 5 AZR 268/11 – Rn. 37).
126(2) Liegt ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht vor, bedarf es zusätzlicher Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der begünstigte Vertragsteil habe die Not oder einen anderen die andere Partei hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt. Dafür ist der derjenige, der sich auf die Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beruft, darlegungs- und beweispflichtig (BAG 16. Mai 2012 – 5 AZR 268/11 – Rn. 38; MüKoBGB/Armbrüster 10. Aufl. § 138 Rn. 298).
127(3) Für die Feststellung eines Missverhältnisses kommt es auf die objektiven Werte der Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 34; BAG 16. Mai 2012 – 5 AZR 268/11 – Rn. 32). Die gegenseitigen Leistungen sind nach den vertraglichen Vereinbarungen zu bemessen und nicht danach, was die Parteien sich nachfolgend einander gewährt haben (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – aaO). Ein geeignetes Mittel für die Bestimmung des objektiven Werts ist grundsätzlich der Marktvergleich (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – aaO mwN).
128b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
129aa) Es liegt kein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, bei dem eine verwerfliche Gesinnung zu vermuten wäre.
130(1) Maßgeblich sind insoweit allein die in der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 geregelten Leistungen, nicht die weiteren, in anderen Vereinbarungen wie dem Geschäftsführervertrag vom 12. September 1994 oder seiner Ergänzung vom 21. November 2000 zugesagten Vergütungsbestandteile, denn diese beruhen auf separaten, eigenständigen Rechtsgeschäften. Aus dem von dem Beklagten vorgelegten Gutachten der I Management Consultants GmbH vom 7. August 2006 ergibt sich, dass im Bereich Bildung/Weiterbildung eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung für Geschäftsführer sowohl in privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch in in Non-Profit Organisationen zum Standard gehört und 90 % (Non-Profit-Organisationen) bzw. 85 % (privatwirtschaftlichen Unternehmen) der Geschäftsführer eine entsprechende Versorgungszusage besitzen. Die maximale Höhe der Versorgungsbezüge beläuft sich „überwiegend auf etwa 50 % bis 60 % der letzten Grundbezüge“ in Non-Profit-Organisationen und „etwa 50 % der letzten Grundbezüge bei privatwirtschaftlichen Unternehmen. Der maximale Versorgungsbetrag wird in der Regel nach 25 Dienstjahren erreicht. Gemessen an diesen Marktdaten ist die dem Kläger durch die Ergänzungsvereinbarung vom 21. November 2000 gewährte betriebliche Altersversorgung marktüblich. Danach hat er Anspruch auf Ruhegeld in Höhe von maximal 56 % der letzten Grundbezüge. Dieser maximale Versorgungsbetrag wird nach einer Tätigkeit von ca. 19 Jahren für den Beklagten erreicht. Ein besonders grobes Missverhältnis ist insoweit nicht zu erkennen. Auch das Gutachten stellt fest: „Die Höhe des Versorgungsanspruchs bewegt sich insoweit auf marktüblichem Niveau.“
131Die von dem Beklagten zitierte Studie der internationalen Unternehmensberatung WillisTowersWatson ist weder im Hinblick auf die Größe des Beklagten noch im Hinblick auf die Position des Klägers als Geschäftsführer unmittelbar einschlägig. Darüber hinaus enthält sie keine spezifischen Daten für die hier maßgebliche Branche, sondern einen allgemeinen Überblick über Unternehmen aus allen Bereichen. Für einen Marktvergleich ist sie daher nicht geeignet. Schließlich ist die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang für den Vergleich herangezogene Höhe der Versorgungszahlung des Klägers im Jahr 2023 nicht zielführend, weil es für die Feststellung eines Missverhältnisses auf die objektiven Werte der Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt (BGH 16. November 2022 – VIII ZR 436/21 – Rn. 34).
132(2) Ein besonders grobes Missverhältnis liegt aber selbst dann nicht vor, wenn man die Gesamtvergütung des Klägers berücksichtigt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten für ihr Gutachten gewählten Annahmen, insbesondere die von ihnen für den Vergleich gewählte Branche („Bildungswesen“) zutreffend ist oder ob angesichts des besonderen Charakters des Beklagten ersetzend und/oder ergänzend andere Branchen zu berücksichtigen gewesen wären. Nach dem Vorbringen des Beklagten war die Gesamtvergütung des Klägers um 71 % höher als das übliche Vergütungsniveau von Geschäftsführern von nach Größe und Umsatz vergleichbarer Unternehmen. Eine Situation, in der der Wert der dem Kläger gewährten Gesamtvergütung doppelt so hoch gewesen wäre wie der (durch den Marktvergleich ermittelte) Wert seiner Arbeitsleistung, liegt also auch nach dem Vorbringen des Beklagten nicht vor. Daran ändert auch der Hinweis des Beklagten nichts, dass der ermittelte Wert von 71 % auf für den Kläger günstigsten Annahmen beruhe und der tatsächliche Wert „deutlich höher liegen dürfte“. Konkrete Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass die für das Eingreifen der Vermutung maßgebliche Schwelle des doppelten Wertes der Leistung gegenüber der Gegenleistung überschritten wurde, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl allg. Mü-KoBGB/Armbrüster 10. Aufl. § 138 Rn. 301) nicht vorgetragen. Insbesondere hat er selbst nicht behauptet, dass die nach den oben dargelegten Grundsätzen maßgebliche Schwelle von 100 % überschritten worden wäre.
133bb) Wenn man zugunsten des Beklagten von einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgeht, fehlt es jedenfalls an einer verwerflichen Gesinnung des Klägers.
134(1) Die unstreitigen Gesamtumstände belegen nicht, dass der Kläger als überlegene Vertragspartei eine schwächere Lage des Beklagten bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt oder sich leichtfertig der Einsicht verschlossen hat, der Beklagte lasse sich nur wegen seiner schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Verhältnisse auf die ungünstigen Bedingungen ein. Das Gegenteil ist der Fall. Wie bereits oben dargelegt, gingen dem Abschluss der Versorgungsvereinbarungen vom 21. November 2000 langjährige Verhandlungen der Parteien voraus, in deren Verlauf der Inhalt der Geschäftsführerverträge und die Vergütung der Geschäftsführer regelmäßig Gegenstand von Diskussionen zwischen dem Vorstand des Beklagten und den Geschäftsführern waren. Dieser lange Zeitraum zwischen dem Beginn der Erörterungen, die seit 1996 regelmäßig stattfanden, und der Unterzeichnung der Verträge im November 2000 spricht gegen die Annahme, der Vorstand der Beklagten habe sich nur wegen seiner schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Verhältnisse auf die Vereinbarungen eingelassen. Gegen eine solche Annahme spricht auch der Umstand, dass die Verhandlungen, wie sich u.a. aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. Mai 2000 (Bl. 208ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) ergibt, kontrovers und unnachgiebig und damit auf Augenhöhe geführt wurden.
135Darüber hinaus schaltete der Vorstand für die Erörterungen und Verhandlungen über die Geschäftsführerverträge wie dargelegt Rechtsanwalt Dr. G als „Arbeitsrechtsexperten“ (vgl. Protokoll der Vorstandssitzung vom 19. November 1997, Bl. 228ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) ein, um die Angelegenheit bewerten und begutachten zu lassen. Dieser Umstand sowie die kompetente Besetzung des Vorstands unter anderem mit dem Wirtschaftsprüfer H, der die Verhandlungen für den Beklagten maßgeblich führte, belegen ebenfalls, dass sich der Vorstand nicht in einer schwächeren Position als der Kläger befand, sondern mit diesem gleichberechtigt und ebenbürtig verhandelte.
136Soweit der Beklagte vorträgt, der Kläger und der Geschäftsführer C hätten auf den Abschluss neuer Verträge hingewirkt und die neuen Verträge maßgeblich vorbereitet, ändert dies nichts an dem obigen Befund, dass die Diskussionen über die Vertragsentwürfe zwischen dem Kläger und dem Vorstand des Beklagten auf Augenhöhe geführt wurden. Im Übrigen lässt sich dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 19. November 1997 (Bl. 228ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) entnehmen, dass „der Vorstand“ eine Änderung der Geschäftsführerverträge u.a. auch in Bezug auf eine betriebliche Altersversorgung für den Kläger wünschte, so dass die Initiative für Vertragsverhandlungen jedenfalls nicht allein vom Kläger, sondern auch von dem Beklagten ausging. Zudem lässt sich dem Protokoll entnehmen, dass zunächst das Vorstandsmitglied des Beklagten H seine Vorstellungen für den Kläger formulieren sollte, was gegen die Annahme spricht, der Kläger habe die neuen Verträge allein und ohne Mitwirkung des Vorstands erstellt. Für eine gemeinsame Vorbereitung der Verträge durch Vorstand und Geschäftsführer spricht auch das Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. Mai 1998 (Bl. 277ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte), laut dem der Vorstand seine Mitglieder H und N beauftragte, „gemeinsam mit dem Kläger den Entwurf eines neuen Geschäftsführervertrages zu erarbeiten.“
137Die vorstehenden Umstände belegen, dass der Vorstand des Beklagten in professioneller Weise an den Verhandlungen teilnahm und auf diese einen beherrschenden Einfluss hatte. Soweit der Beklagte demgegenüber vorträgt, die Vereinbarungen seien „auf Druck des Klägers“ zustande gekommen, wird diese pauschale Behauptung nicht konkretisiert. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, auf welche Art und Weise der Kläger wann auf welches Vorstandsmitglied der Beklagten in unzulässiger Weise eingewirkt haben soll. Daher war auch dem diesbezüglichen Beweisantritt des Beklagten nicht nachzugehen (vgl. allg. zum Ausforschungsbeweis BAG 25. März 2015 – 5 AZR 368/13 – Rn. 23).
138(2) Zudem ist auch im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen, dass der Kläger durch die Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 eine Altersversorgung erhielt, die sich an der dem Geschäftsführer C bereits erteilten Versorgungszusage orientierte, hinsichtlich des Versorgungsniveaus jedoch (weit) hinter dieser zurückblieb. Auch vor diesem Hintergrund kann eine verwerfliche Gesinnung des Klägers nicht angenommen werden.
139cc) Auch die sonstigen Umstände führen nicht zu einer Sittenwidrigkeit der Versorgungsvereinbarung.
140(1) Eine rückwirkende Anrechnung von Dienstzeiten, wie sie die Versorgungsvereinbarung vorsah, mag unüblich sein, sie ist jedoch mit dem Charakter der betrieblichen Altersversorgung nicht unvereinbar. Betriebliche Altersversorgung hat Versorgungs-, aber auch Entgeltcharakter, sie stellt eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit dar und damit auch für die während der Beschäftigung erbrachte Tätigkeit des Arbeitnehmers (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 618/19 - Rn. 50; 17. Januar 2023 – 3 AZR 220/22 – Rn. 29). Der Kläger hat während sämtlicher in der Versorgungsvereinbarung angerechneten Zeiten eine Tätigkeit für den Beklagten erbracht.
141(2) Gleichzeitig mit der Versorgungsvereinbarung schlossen die Parteien eine Ergänzungsvereinbarung zum Geschäftsführervertrag vom 12. September 1994, durch die der Kläger auf verschiedene, ihm bereits eingeräumte finanzielle Leistungen verzichtete. So gewährte der ursprüngliche Vertrag dem Kläger in § 5 Abs. 4 für den Fall, dass der Kläger aus einem nicht ausschließlich von ihm zu vertretenden Grunde und auf Veranlassung des Beklagten ausscheidet, eine Entschädigungszahlung in Höhe von 10 % des letzten Jahresgehalts für jedes volle Jahr der Tätigkeit als Geschäftsführer oder stellvertretender Geschäftsführer. Der durch die Ergänzungsvereinbarung vom 21. November 2000 neugefasste § 5 des Geschäftsführervertrags sah diese Entschädigungszahlung nicht mehr vor. Auch die in § 5 Abs. 5 des ursprünglichen Geschäftsführervertrags noch vorgesehenen Witwen- und Waisengeldzahlungen sind in der Ergänzungsvereinbarung vom 21. November 2000 nicht mehr enthalten. Der gleichzeitig mit dem Abschluss der Versorgungsvereinbarung erfolgte Verzicht des Klägers auf diese Leistungen spricht ebenfalls gegen die Annahme, er habe eine schwächere Lage des Beklagten bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt.
142(3) Der durch § 2 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung eingeräumte Anspruch auf ein „Ruhegeld“ in Form eines Übergangsgeldes nach vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten führt ebenfalls nicht zu der Annahme, dass der Gesamtcharakter der Versorgungsvereinbarung als sittenwidrig anzusehen wäre. Zwar wurde dem Kläger damit für einen erheblichen Zeitraum von bis zu 12 Jahren (1. Juli 2006 bis August 2018) ein entsprechender Anspruch eingeräumt. Der Beklagte hatte es nach der Vertragsgestaltung jedoch selbst in der Hand, das Vertragsverhältnis fortbestehen zu lassen und so die Zahlung des Übergangsgeldes zu vermeiden (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 2. Juli 2024 - 7 Sa 1125/23 – Rn. 299). Auch bei Vorliegen eines vom Kläger verschuldeten wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB war kein Übergangsgeld zu zahlen. Zu berücksichtigen war zudem, dass dem Kläger, wie oben dargelegt, bereits im ursprünglichen Geschäftsführervertrag vom 12. September 1994 eine Entschädigungszahlung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zugesagt worden war, die bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem 1. Juli 2006 bereits mehr als 1,5 Jahresgehälter betragen und sich im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses stetig erhöht hätte. Auf diese Entschädigungszahlung hat der Kläger durch die Neufassung der entsprechenden Regelung in der Ergänzungsvereinbarung zum Geschäftsführervertrag vom 21. November 2000 gleichzeitig mit dem Abschluss der Versorgungsvereinbarung verzichtet (s.o.), was erkennbar vor dem Hintergrund des nunmehr eingeräumten „Ruhegeldes“ in Form eines Übergangsgeldes geschah. Vor diesem Hintergrund verringert sich die dem Kläger durch § 2 Abs. 2 der Versorgungsvereinbarung zugesagte Leistung ganz erheblich. Gegen eine Sittenwidrigkeit sprechen darüber hinaus auch insoweit die bereits oben dargelegten Beweggründe und Motive der Parteien. Durch den Abschluss der Versorgungsvereinbarung sollte dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung gewährt werden, die sich inhaltlich an der dem Geschäftsführer C. bereits im Jahr 1991 erteilten Versorgungszusage orientierte. Diese Zusage, die im Gutachten der D über die Höhe der Geschäftsführervergütungen vom 21. Januar 1994 nicht beanstandet worden war, sah ein vergleichbares Übergangsgeld vor, wobei der Geschäftsführer C. daneben noch einen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung besaß, auf die der Kläger wie dargelegt verzichtet hatte.
143(4) Das Fehlen einer Altersabstandsklausel führt ebenfalls nicht zur Sittenwidrigkeit der Versorgungszusage. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Versorgungsvereinbarung am 21. November 2000 hatte das BAG sog. Spätehenklauseln bzw. Altersabstandsklauseln gebilligt und für zulässig gehalten, nach denen ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bei einem Altersabstand von mehr als 25 Jahren ausgeschlossen wurde (BAG 18. Juli 1972 - 3 AZR 472/71 -; 9. November 1978 – 3 AZR 784/77 –). Ob auch bei einem Altersabstand von 19 Jahren wie dem zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ein Ausschluss oder eine Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung zulässig gewesen wäre, war höchstrichterlich soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden. Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen einer derartigen Klausel in der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 weder überraschend noch ungewöhnlich. Der seinerzeit handelnde Vorstand des Beklagten war daher auch nicht gehalten, den Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Witwenrente auszuschließen oder zu beschränken. Soweit der Beklagte für das Erfordernis einer Altersabstandsklausel auf das Urteil des BAG vom 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - verweist, in welchem das BAG eine Altersdifferenzklausel mit einem Differenzwert von 15 Jahren im Ergebnis für zulässig hielt, erging diese Entscheidung erst im Jahr 2018 (und im Übrigen unter der Geltung des AGG). Ob ein Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist jedoch unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen (BAG 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – Rn. 31mwN).
1444. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 eine „unverhältnismäßig hohe Vergütung“ iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO beinhaltet, weil ein etwaiger Verstoß gegen diese Vorschrift nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen würde. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO ist kein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB, denn die Regelung richtet sich einseitig an die Körperschaft und nicht an den Dritten, was schon im Wortlaut der Regelung zum Ausdruck kommt („Die Körperschaft darf keine Person…begünstigen“) (vgl. allg. BAG 24. März 1993 – 4 AZR 258/92 – zu II 2 c) (5) a) der Gründe; BGH 12. Mai 2011 − III ZR 107/10 – Rn. 12; 25. September 2014 – IX ZR 25/14 – Rn. 15). Auch Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO (vgl. dazu BFH 12. März 2020 – V R 5/17 – Rn. 38f., 59ff.; Tipke/Kruse-Seer AO/FGO Stand Mai 2024 Vorb. zu §§ 51-68 AO Rn. 4 mwN) verlangen nicht die Unwirksamkeit eines unter Verstoß gegen die Vorschrift abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Dem Interesse des Dritten, den im Gegensatz zur Körperschaft keine Förderintention trifft (vgl. BFH 12. März 2020 – V R 5/17 – Rn. 43), entspricht regelmäßig nicht die Unwirksamkeit, sondern der Bestand des Rechtsgeschäfts. Im Interesse der Allgemeinheit muss der Bestand des Rechtsgeschäfts ebenfalls nicht verhindert werden; deren Interessen werden bereits ausreichend durch die steuerrechtlichen Folgen eines Verstoßes geschützt. Gegen eine Nichtigkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts spricht auch der Umstand, dass ein Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht in jedem Fall zu steuerrechtlichen Konsequenzen in Form des Entzugs der Gemeinnützigkeit führt. Vielmehr hat die Finanzverwaltung bei Verstößen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, so dass bei geringfügigen, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften eine Entziehung der Steuervergünstigung ausscheidet (BFH 12. März 2020 – V R 5/17 – Rn. 60). Der Beklagte macht daher zu Recht auch selbst nicht geltend, dass ein Verstoß gegen das in § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO normierte Drittbegünstigungsverbot unmittelbar zur Nichtigkeit der Versorgungsvereinbarung führen würde.
1455. Der Ruhegeldanspruch besteht auch in der vom Kläger geltend gemachten Höhe.
146a) Der Ruhegeldanspruch ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig zu kürzen. Die Parteien haben die Geltung dieser Regelung zugunsten des Klägers ausgeschlossen.
147aa) § 2 BetrAVG stellt eine Mindestregelung dar. Für vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer kann daher eine günstigere Berechnung der Versorgungsanwartschaft vorgesehen werden (BAG 12. März 1985 - 3 AZR 450/82 – zu II 3 b der Gründe; Blomeyer/Rolfs BetrAVG 8. Aufl. § 2 Rn. 30). Ob eine abweichende vertragliche Regelung vorliegt, ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Dabei muss ein Verzicht auf die in § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehene zeitanteilige Kürzung deutlich zum Ausdruck kommen (BAG 12. März 1985 - 3 AZR 450/82 – zu II 3 b der Gründe; 4. Oktober 1994 - 3 AZR 215/94 – zu B II der Gründe; Blomeyer/Rolfs BetrAVG 8. Aufl. § 2 Rn. 31 mwN).
148bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Parteien bereits in der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 zugunsten des Klägers einen Verzicht auf eine zeitanteilige Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vereinbart haben. Jedenfalls in dem gerichtlichen Vergleich vom 23. Juli 2008 kommt deutlich zum Ausdruck, dass eine zeitanteilige Kürzung des Versorgungsanspruchs gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht stattfinden soll.
149(1) Aus den Regelungen wird deutlich, dass sich der Versorgungsanspruch des Klägers ab Vollendung des 63. Lebensjahres auf 56 % seiner letzten Grundbezüge belaufen und eine Minderung dieses Anspruchs durch eine Quotierung nach § 2 BetrAVG nicht stattfinden soll. In Ziffer 6 Satz 1 des Vergleichs wird zunächst für die Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs des Klägers geregelt, „dass der anzuwendende Prozentsatz 42,233 % statt 56 % beträgt“. Ziffer 6 Satz 2 des Vergleichs stellt klar, dass damit die Höhe des als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeldes ab dem 1. Januar 2008 7.000,00 € brutto beträgt Aus diesen Regelungen wird deutlich, dass das Übergangsgeld 42,233 % der letzten Grundbezüge in Höhe von 16.575,00 € monatlich, die in Ziffer 2 des Vergleichs auch ausdrücklich aufgeführt sind, betragen soll (42,233 % von 16.575,-€ = 7.000,00 €). Gemäß Ziffer 6 Satz 3 des Vergleichs soll die in Satz 1 geregelte Absenkung des Prozentsatzes des Ruhegeldes ab Vollendung des 63. Lebensjahres entfallen. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass das Ruhegeld ab diesem Zeitpunkt nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien 56 % der letzten Grundbezüge in Höhe von 16.575,-€ monatlich betragen und eine Quotierung nicht vorgenommen werden sollte. Hätten die Parteien hingegen eine Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG auf den Versorgungsanspruch ab Vollendung des 63. Lebensjahres beabsichtigt, hätte dies unstreitig zu einem Anspruch in Höhe von nur 6.617,60 € und damit zu einem geringeren Anspruch als dem durch Ziffer 6 Satz 1 und 2 des Vergleichs festgelegten, als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeld in Höhe von 7.000,00 € geführt. Die gegenteilige Vereinbarung in Ziffer 6 Satz 3 des Vergleichs, nach der die Absenkung des Prozentsatzes ab Vollendung des 63. Lebensjahres gerade entfallen soll, belegt deutlich, dass eine Quotierung nach § 2 BetrAVG gerade nicht beabsichtigt war. Im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses am 23. Juli 2008 stand das Datum des Ausscheidens des Klägers (31. Dezember 2007) auch bereits fest und lag in der Vergangenheit, so dass die Parteien, wenn sie eine zeitanteilige Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG gewollt hätten, diese ohne weiteres hätten ausrechnen und der vertraglichen Vereinbarung hätten zugrunde legen können, was gerade nicht geschehen ist.
150(2) Zudem war die ungekürzte Gewährung des Ruhegeldanspruchs ab Vollendung des 63. Lebensjahres erkennbar eine Gegenleistung des Beklagten für die Zustimmung des Klägers zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2007. Durch den Vergleich verzichtete der Kläger auf die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, die erst am 30.September 2008 abgelaufen wäre (vgl. § 14 Abs. 1 des Geschäftsführervertrags vom 12. September 1994). Zudem sollte der Kläger keine Tantiemezahlung für das Jahr 2007 erhalten, obwohl das Arbeitsverhältnis erst am 31. Dezember 2007 endete (Ziffer 7 Satz 2 des Vergleichs). Es wurde zudem vereinbart, dass der Kläger keinen Anspruch auf die in § 5 Abs. 4 des Geschäftsführervertrags vom 12. September 1994 vorgesehene Abfindungszahlung haben sollte (Ziffer 7 Satz 2 des Vergleichs). Der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung (Ziffer 3 des Vergleichs). Das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld wurde durch Ziffer 6 Satz 1 des Vergleichs von 56 % auf 42,233 % abgesenkt. Sonstige finanzielle Leistungen wurden dem Kläger aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugesagt, obwohl der Kläger das Kündigungsschutzverfahren in erster Instanz gewonnen und das Arbeitsgericht seinen Kündigungsschutzanträgen stattgegeben hatte. Bei dieser Sachlage war erkennbar, dass der Kläger den Vergleich gerade auch im Hinblick auf den Erhalt des ungekürzten Ruhegelds ab Vollendung des 63. Lebensjahres abschloss.
151(3) Der Beklagte räumt in der Berufungsbegründung auch selbst ein, dass eine Berechnung des Ruhegeldanspruchs ohne eine Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses dem gemeinsamen Verständnis der Parteien entsprach. Soweit der Beklagte einwendet, dieses Verständnis habe auf einem Irrtum beruht, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beklagte war im Rahmen der Vergleichsverhandlungen und bei Vergleichsschluss durch eine Rechtsanwaltskanzlei vertreten, welche zudem gerade im Betriebsrentenrecht versiert und regelmäßig tätig ist. Im Übrigen hat der Beklagte den Vergleich vom 23. Juli 2008 auch nicht angefochten; die Anfechtungsfrist ist auch bereits abgelaufen (§ 121 Abs. 2 BGB).
152(4) Für dieses gemeinsame Verständnis der Parteien spricht schließlich auch deren Verhalten nach Abschluss des Vergleichs (vgl. allg. BAG 13. November 2007 - 3 AZR 636/06 – Rn. 50 mwN). Aus Anlass der Vollendung des 63. Lebensjahres wandte sich der Kläger mit einem Schreiben an den damaligen, für Finanzen zuständigen Geschäftsführer des Beklagten J und legte dar, in welcher Höhe nach Wegfall der Absenkung des Prozentsatzes ein Ruhegeldanspruch ab der Vollendung des 63. Lebensjahres besteht. Diese Berechnung, der ein ungekürzter Ruhgeldanspruch in Höhe von 56 % der ruhegehaltsfähigen Bezüge zugrunde lag, wurde von dem Beklagten nicht beanstandet. Vielmehr ermittelte der Beklagte auf dieses Schreiben hin den exakten Abzugsbetrag für die VBL-Rente (§ 7 der Versorgungsvereinbarung) und zahlte den sich ergebenden Restbetrag im Einklang mit den Berechnungen des Klägers fortan regelmäßig an diesen aus. Auch der Beklagte ging demnach auch nach Abschluss des Vergleichs davon aus, dass ab Vollendung des 63. Lebensjahres ein ungekürztes Ruhegeld in Höhe von 56 % der der ruhegehaltsfähigen Bezüge geschuldet war. Der Kläger hat zudem vorgetragen, dass die im Jahr 2018 für den Beklagten tätigen Geschäftsführer J und Prof. K bereits seit August 2007 im Amt waren und sie schon an dem Abschluss und der Umsetzung des Vergleichs vom 23. Juli 2008 beteiligt waren. Dieser Umstand, dem der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten ist, spricht ebenfalls dafür, dass beide Parteien bereits bei Abschluss des Vergleichs davon ausgingen, dass ab Vollendung des 63. Lebensjahres ein ungekürztes Ruhegeld in Höhe von 56 % der der ruhegehaltsfähigen Bezüge geschuldet war.
153b) Die Anpassungspflicht nach § 9 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 bezieht sich nicht nur auf das Ruhegeld nach § 2 Abs. 1, sondern auch auf das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung. Dies ergibt die Auslegung der Vereinbarung (vgl. zu den Maßstäben allg. BAG 30. März 2022 – 10 AZR 419/19 – Rn. 40).
154aa) Bereits der Wortlaut des § 9 der Vereinbarung spricht deutlich für dieses Verständnis. Die Anpassungspflicht betrifft nach Satz 1 der Regelung das „Ruhegeld“. Dieses umfasst nach der mit „Ruhegeld“ überschriebenen Regelung in § 2 der Vereinbarung nicht nur das Ruhegeld, das im Falle des Ausscheidens des Klägers nach Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren zu zahlen ist (§ 2 Abs. 1 der Vereinbarung), sondern auch „das Ruhegeld“ nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung, dass unter den dort genannten Voraussetzungen, die auch im Streitfall vorlagen, als Übergangsgeld gezahlt wird.
155bb) Gemäß § 9 Satz 2 der Vereinbarung erfolgt die erstmalige Anpassung frühestens nach Ablauf des ersten Jahres, für das „Versorgungsleistungen“ gewährt wurden. Die „Höhe der Versorgungsleistungen“ ist in § 5 der Vereinbarung geregelt. Da die dortigen Bestimmungen in gleicher Weise für das Ruhegeld nach § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gelten, werden nach dem Sprachgebrauch der Vereinbarung in beiden Fällen, also auch im Falle des § 2 Abs. 2 der Vereinbarung, Versorgungsleistungen gewährt. Daraus folgt wiederum, dass durch den in § 9 Satz 2 verwendeten Begriff der „Versorgungsleistungen“ auch auf § 2 Abs. 2 der Vereinbarung Bezug genommen wird.
156cc) Dass nach § 9 Satz 1 der Vereinbarung die Anpassung nach dem Übertritt „in den Ruhestand“ zu erfolgen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar dient ein „Übergangsgeld“ nach allgemeinen Verständnis lediglich der Sicherung des Lebensstandards in der Zeit bis zum Eintritt in den regulären oder vorgezogenen Ruhestand (vgl. BAG 17. April 2012 – 3 AZR 380/10 – Rn. 32). Jedoch haben die Parteien die nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung zu zahlende Leistung gerade nicht als Übergangsgeld, sondern ausdrücklich als „Ruhegeld“ bezeichnet. Daher handelt es sich nach der Systematik der Versorgungsvereinbarung bei dem als Übergangsgeld gezahlten „Ruhegeld“ iSd. § 2 Abs. 2 ebenfalls um eine Leistung, die nach dem Eintritt in den Ruhestand gewährt wird. Dies belegt auch § 10 der Vereinbarung, die den Fall regelt, dass der Kläger „vor Eintritt in den Ruhestand gemäß § 2 Abs. 1 und 2“ bei dem Beklagten ausscheidet. Auch Zahlungen nach § 2 Abs. 2 erfolgen demnach nach „Übertritt in den Ruhestand“ iSd. § 9 Satz 1 der Vereinbarung. Dieser übereinstimmende Wille der Parteien geht einer anderweitigen Interpretation vor (vgl. BAG 13. November 2007 - 3 AZR 636/06 – Rn. 23).
157dd) Zu beachten ist schließlich auch, dass das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung in der Zeit von 2008 bis zum Erreichen der Altersgrenze durch den Kläger im August 2018 regelmäßig nach den in § 9 der Versorgungsvereinbarung genannten Kriterien angepasst wurde. Soweit der Beklagte insoweit geltend macht, dass die jährlichen Anpassungen jeweils durch den Kläger initiiert wurden und er sich jeweils unmittelbar an die Fachabteilung wandte, ändert dies nichts daran, dass der Beklagte dem Verlangen jeweils nachkam, ohne die Anpassungspflicht in Frage zu stellen. Der Beklagte hat auch selbst nicht behauptet, dass die regelmäßigen Anpassungen ohne bzw. gegen den Willen der Vertreter des Beklagten erfolgt wären. Diese über längere Zeit geübte, einverständliche Vertragspraxis lässt den Rückschluss darauf zu, dass die Parteien bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 21. November 2000 und auch des Vergleichs vom 23. Juli 2008 übereinstimmend davon ausgingen, dass auch das als Übergangsgeld geschuldete Ruhegeld iSd. § 2 Abs. 2 der Vereinbarung der Anpassung nach § 9 der Vereinbarung unterliegt (vgl. allg. BAG 3. Juli 2013 – 4 AZR 41/12 – Rn. 27).
158ee) Die Höhe der Anpassungen hat die Beklagte nicht in Frage gestellt. Auch die Orientierung an den Erhöhungssätzen des TV-L nach Wegfall des BAT, von der die Parteien übereinstimmend ausgegangen sind, ist nicht zu beanstanden (vgl. allg. (BAG 3. Juli 2013 – 4 AZR 41/12 – Rn. 11ff.).
159c) Die Höhe der gemäß § 7 der Versorgungsvereinbarung vom 21. November 2000 abzuziehenden VBL-Rente des Klägers steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
1606. Zinsen kann der Kläger allerdings nur zum Teil wie beantragt und vom Arbeitsgericht zugesprochen verlangen.
161a) Nach § 2 Abs. 3 der Versorgungsvereinbarung ist das Ruhegeld in monatlichen Teilbeträgen nachträglich zu zahlen. Fällig ist der Anspruch daher am 1. des Folgemonats (vgl. zur vergleichbaren gesetzlichen Regelung des § 614 BGB BAG 14. Dezember 2022 – 10 AZR 534/20 – Rn. 25). Handelt es sich beim Monatsersten um einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, tritt an die Stelle dieses Tags aber erst der nächste Werktag (§ 193 BGB; BAG 8. September 2021 – 5 AZR 205/21 – Rn. 20). Die Verzinsungspflicht beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Fälligkeit (BAG 14. Dezember 2022 – 10 AZR 531/20 – Rn. 44). Ein Zinsanspruch des Klägers besteht dementsprechend erst ab dem 2. des jeweils nachfolgenden Kalendermonats bzw. bei einer Verschiebung nach § 193 BGB erst ab dem Dritten oder Vierten des jeweiligen Monats (vgl. auch BAG 14. Dezember 2022 – 10 AZR 532/20 – Rn. 30).
162b) Für Zahlungen, die nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts fällig werden, kann der Kläger wie oben dargelegt keine Zinsen beanspruchen.
163C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. zur Anwendbarkeit im Rahmen der Rechtsmittelinstanz BGH 13. Dezember 2004 - II ZR 249/03 – zu IV der Gründe; Zöller/Herget ZPO 35. Aufl. § 92 Rn. 11; MüKoZPO/Schulz 7. Aufl. § 92 Rn. 28 mwN). Gründe für die Zulassung der Revision iSv. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.
164RECHTSMITTELBELEHRUNG
165Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
166Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.