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Ein auf Sonderzahlungen und einmalige Zahlungen beschränkter arbeitsvertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der so ausgelegt werden kann, dass er auch spätere Individualabreden über solche Zahlungen erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 S 1. BGB und ist deshalb unwirksam.
Ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt liegt vor, wenn das Weihnachtsgeld in der betreffenden Entgeltabrechnung mit dem Hinweis versehen wird, dass die Zahlung "unter Vorbehalt und ohne Präjudiz für die Zukunft" erfolgt.
Gewährt der Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Sonderzahlung als freiwillige Leistung, so darf er bei Arbeitnehmern, die im Bezugszeitraum krankheitsbedingte Fehlzeiten aufwiesen, die Leistungen nicht vollständig einstellen, sondern ist auch in diesem Fall an die Grenzen von § 4a Satz 2 EFZG gebunden. Einer vorherigen Vereinbarung bedarf es nicht, weil auch die Sonderzahlung nicht vereinbart ist und deshalb ein Anspruch bis zur Zahlung des Arbeitgebers ohnehin nicht bestand.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 26.09.2024 – 1 Ca 648/24 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Ansprüche auf Weihnachtsgeld für die Jahre 2022 und 2023.
3Der Kläger war seit dem 03.08.2012 bei der Beklagten als gewerblicher Mitarbeiter mit einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden jedenfalls im Jahr 2022 und 2023 und einem Stundenlohn von 12,50 € brutto beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31.05.2024.
4Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 13.08.2012 enthält u.a. folgende Regelungen:
5„2. Entlohnung/ Arbeitszeitkonto
6(…)
7Sonderzahlungen sowie einmalige Zahlungen (z.B. Gratifikationen, Prämien u.ä.) stellen freiwillige Leistungen der Firma dar, auf die auch bei Wiederholung kein rechtlicher Anspruch besteht.“
810. Ausschlussfristen
9Ansprüche aus Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Zulagen jeder Art und auf Rückzahlung von Barauszahlung, sind spätestens 3 Monate nach Fälligkeit geltend zu machen, andernfalls sind sie verfallen. Werden Ansprüche innerhalb der genannten Frist erhoben, aber seitens der Betriebsleitung bestritten, so ist innerhalb einer Frist von 6 Wochen für den Arbeitnehmer Klage geboten. Wird diese innerhalb der genannten Frist nicht erhoben, so erlischt der Anspruch. Alle übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag sind binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung nach Vertragsende schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie verfallen. Werden Ansprüche innerhalb der genannten Monatsfrist erhoben, aber seitens der Betriebsleitung bestritten, so ist innerhalb einer weiteren Frist von 6 Wochen für den Arbeitnehmer Klage geboten. Wird diese innerhalb der genannten Frist nicht erhoben, so erlöschen die Ansprüche. Ausgenommen von den vorstehenden Bestimmungen sind Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff BGB).
10Das Weihnachtsgeld sowie sonstige freiwillige Sonderzahlungen kann der Arbeitgeber zurückverlangen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 31.03, des der Auszahlung folgenden Jahres andauert.“
11In den Jahren 2014 bis 2020 zahlte die Beklagte dem Kläger ein jährliches Weihnachtsgeld mit der Abrechnung für den Monat November. Im Jahr 2021 erfolgte keine Weihnachtsgeldzahlung. Die Höhe des an den Kläger gezahlten Weihnachtsgelds stellte sich in den einzelnen Jahren wie folgt dar:
122014: 629,12 €
132015: 415,00 €
142016: 658,00 €
152017: 553,00 €
162018: 196,00 €
172019: 137,62 €
182020: 367,58 €
19Auf den Lohnabrechnungen des Klägers für den Monat November eines jeden Jahres befand sich folgender Text:
20„Weihnachtsgeldzahlung erfolgen unter Vorbehalt und ohne Präjudiz für die Zukunft. Krankheitsbedingte bzw unentschuldigte Fehltage führen zu einer Kürzung gern § 4 a EFZG, Endet das Beschäftigungsverhältnis, egal aus welchem Grund, vor dem 01.04. des Folgejahres, so ist das Weihnachtsgeld zurückzuzahlen.
21Resturlaubstage verfallen mit dem 31.03. des Folgejahres.“
22Im Rahmen von Weihnachtsgeldzahlungen staffelte die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 29.04.2024 unstreitig wie folgt:
231 - 9 Jahre Betriebszugehörigkeit = 700,00€ brutto
2410 -14 Jahre Betriebszugehörigkeit = 1.200,00€ brutto
25ab 15 Jahre Betriebszugehörigkeit = 1.450,00€ brutto
26Im Jahr 2022 war der Kläger an 28 Arbeitstagen und im Jahr 2023 an 46 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Im November 2022 erhielt der Kläger ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500,00 € brutto und im November 2023 in Höhe von 50,00 € brutto, wobei die Lohnabrechnungen abermals den oben aufgeführten Text enthielten.
27Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.04.2024 machte der Kläger weitere Ansprüche auf Weihnachtsgeld gegenüber der Beklagten geltend.
28Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 29.04.2024 wie folgt:
29„(…)
30Leider hat Ihr Mandat da falsche Informationen. Die Weihnachtsgeldregelung für alle Mitarbeiter der Firma A gilt wie folgt:
311 - 9 Jahre Betriebszugehörigkeit = 700,00€ brutto
3210 -14 Jahre Betriebszugehörigkeit = 1.200,00€ brutto
33ab 15 Jahre Betriebszugehörigkeit = 1.450,00€ brutto
34Zum Thema Weihnachtsgeldzahlung im November teilen wir Ihnen mit, dass wir von unserem Recht Gebrauch machen, das Krankheitsbedingte bzw. unentschuldigte Fehltage laut § 4 a EFZG zur Kürzung des Weihnachtsgelds führen. Dies können Sie auch den Lohnabrechnungen des Monats November entnehmen.
35Ihr Mandant hatte für 2023 einen Anspruch auf 1.200€ Weihnachtsgeld. Er war allerdings in dem Berechnungszeitraum an 46 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Dem zufolge wurde das Weihnachtsgeld wie folgt gekürzt (46 Kranktage x 8 Std x 12,50€ x 25% = 1.150€), ergibt sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 50€.“
36Der Kläger hat mit der am 30.01.2024 bei dem Arbeitsgericht Bocholt eingegangenen Klage die Zahlung von weiteren Beträgen von 700,00 € brutto für das Jahr 2022 und 1.150,00 € brutto für das Jahr 2023 beansprucht.
37Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für die vorgenannten Jahre jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.200,00 € brutto pro Jahr zustehe. Die Beklagte habe ihren Arbeitnehmern eine nach der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Weihnachtsgeldzahlung zugesagt. Eine betriebliche Übung zur Kürzung des Weihnachtsgelds habe nicht bestanden. Eine Vereinbarung im Sinne des § 4a EFZG habe es – unstreitig – nicht gegeben. Dabei sprächen schon die für den Kläger eingereichten Novemberabrechnungen gegen eine solche betriebliche Übung, weil dort mit keinem Wort erwähnt werde, wie sich die Zahlung zusammensetzt. Ihm sei die ungekürzte Höhe seines Weihnachtsgeldanspruchs bis zuletzt nicht bekannt gewesen. Auch das Schreiben der Beklagten vom 29.04.2024 spreche gegen eine betriebliche Übung zur Kürzung nach § 4a EFZG. Denn hiervon sei in diesem Schreiben keine Rede. Vielmehr erwähne die Beklagte dort ihr vermeintliches Recht zur (einseitigen) Kürzung nach § 4a EZFG. Gegenüber dem Kläger sei auch zu keinem Zeitpunkt irgendetwas anderes kommuniziert worden.
38Mit dem aufgedruckten Text auf den Novemberabrechnungen sei keine wirksame Kürzungsvereinbarung getroffen worden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Mitteilung über die Kürzung gleichzeitig mit der Auszahlung des Weihnachtsgelds erfolgte, obwohl eine Kürzung eine vorherige Vereinbarung nach § 4a EFZG vorausgesetzt hätte. Darüber hinaus sei der Inhalt des Aufdrucks nicht wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden. Der Aufdruck sei inhaltlich unklar. Dies gelte schon deshalb, weil aus der gewählten Formulierung nicht hervorginge, unter welchem Vorbehalt die Zahlung des Weihnachtsgelds stehen sollte und was genau mit dem erwähnten Präjudiz gemeint sei. Darüber hinaus erläutere der Aufdruck nicht, um welchen Anteil die Sondervergütung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit gekürzt werden dürfe. Dabei beinhalte § 4a Satz 2 EFZG hierzu nur eine Obergrenze. Aus dem Hinweis auf § 4a EFZG habe sich für den Kläger daher nie konkret ergeben, um welchen Anteil sein Weihnachtsgeld der Kürzungsmöglichkeit unterliegen sollte. Darüber hinaus sei im Aufdruck von einer Kürzungsmöglichkeit für unentschuldigte Fehltage die Rede, die ebenfalls zu einer Kürzungsmöglichkeit nach § 4a EFZG führen sollen, obwohl § 4a EFZG die Kürzungsmöglichkeit nur für krankheitsbedingte Fehltage eröffne. Der Aufdruck sei auch deshalb unwirksam, weil er den Kläger unangemessen benachteilige. Dies aufgrund der Regelung zum Verfall der Resturlaubstage und der Regelung zur Rückzahlung des Weihnachtsgelds beim Ausscheiden vor dem 01.04. des Folgejahres. Eine geltungserhaltende Reduktion scheide aus.
39Der Anspruch sei schließlich auch nicht nach Ziff. 10 des Arbeitsvertrags verfallen. Die vertragliche Ausschlussfristenregelung erweise sich als unwirksam.
40Der Kläger hat beantragt,
41die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.850,00 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
42Die Beklagte hat beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Sie hat gemeint, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch auf Weihnachtsgeld zustehe, da sie freiwillig und ohne Vereinbarung ein jährliches Weihnachtsgeld entsprechend der Staffelung nach der Betriebszugehörigkeit an die Mitarbeiter gezahlt habe. Rechtsgrundlage sei vorliegend eine betriebliche Übung. Allerdings habe die Beklagte von Anfang an im Rahmen dieser freiwilligen Jahressonderzahlung von der Kürzungsregelung des § 4a EFZG Gebrauch gemacht. Von daher habe der Kläger auch in keinem einzigen Jahr das volle Weihnachtsgeld erhalten. Eine schriftliche Vereinbarung sei nicht erforderlich gewesen. Eine „Vereinbarung im Sinne des § 4a EFZG“ sei auch eine Regelung im Rahmen einer betrieblichen Übung oder einer Gesamtzusage. Es handele sich vorliegend insoweit um eine gültige „kollektivrechtliche Norm“, weil die Beklagte seit Beginn dieser freiwilligen Jahressonderzahlungen gegenüber allen Mitarbeitern von dieser Kürzungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe. Hierauf habe sie auch in den jeweiligen Novemberabrechnungen hingewiesen. Entsprechend der Kürzungsmöglichkeit und des Stundenlohns von 12,50 € habe sie die Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 2022 um 700,00 € gekürzt (28 Krankheitstage x 8 Stunden x 12,50 € x 25 % Kürzung = 700,00 €). Für das Jahr 2023 habe sich die Kürzung auf 1.150,00 € belaufen (46 Krankheitstage x 8 Stunden x 12,50 € x 25 % Kürzung = 1.150,00 €).
45Im Übrigen sei ein etwaiger Anspruch gemäß der wirksamen Ausschlussfristenregelung in Ziff. 10 des Arbeitsvertrags verfallen.
46Mit Urteil vom 26.09.2024 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
47Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung restlichen Weihnachtsgelds für die Jahre 2022 und 2023 ergebe sich nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien i.V.m. den Grundsätzen einer betrieblichen Übung. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung stehe bereits Ziff. 2 Abs. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrags entgegen. Diese beinhalte einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt, der klar und verständlich formuliert sei. Die Regelung halte auch einer Prüfung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Der Freiwilligkeitsvorbehalt weiche nicht von § 611a BGB ab, da kein Anspruch auf Sonderzahlungen bestehe. Hierfür spreche auch die Regelung in § 4a EFZG. Eine betriebliche Übung sei außerdem nicht durch die Zahlungen in den darauffolgenden Jahren begründet worden, weil die Beklagte in den Abrechnungen bei jeder Weihnachtsgeldzahlung auf den Freiwilligkeitsvorbehalt hingewiesen habe.
48Ein Anspruch des Klägers folge auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Gewähre der Arbeitgeber ohne Rechtspflichten und ohne Bindung für die Zukunft ein Weihnachtsgeld als freiwillige Leistung, so könne er in den Grenzen von § 4a EFZG Arbeitnehmer, die Fehlzeiten im Bezugszeitraum aufweisen, hiervon ausnehmen, ohne dass es einer besonderen Vereinbarung bedürfe. Von daher komme es nicht darauf an, ob sich der Aufdruck auf den Abrechnungen als hinreichend transparent bzw. wirksam erweise.
49Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus einer Zusage der Beklagten im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 29.04.2024. So setze eine Zusage eine entsprechende Willenserklärung voraus. Das Schreiben der Beklagten könne nicht dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte unabhängig von einer rechtlichen Prüfung ein Weihnachtsgeld habe zusagen wollen. Vielmehr habe die Beklagte lediglich erklärt, dass sie von der Rechtmäßigkeit der Kürzung ausgehe. Es sei auch nicht konkretisiert worden, was die Beklagte mit einem Anspruch gemeint habe. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass dies mehr als eine empfundene Verpflichtung gewesen sei.
50Gegen das am 02.10.2024 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 22.10.2024 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich im Wesentlichen wie folgt begründet:
51Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Kläger und den übrigen Arbeitnehmern in der Vergangenheit ein Weihnachtsgeld nach den Grundsätzen zahlte, die in dem Schreiben vom 29.04.2024 dargestellt sind und dass es sich bei den Klauseln aus dem Arbeitsvertrag vom 13.08.2012 um allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Der Formulierung von Ziff. 2 Abs. 3 lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass sich die Regelung nur auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung bezieht. Auch mit dem aufgedruckten Text auf den Gehaltsabrechnungen sei kein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt worden. Denn der Aufdruck beinhalte schon nach seinem Wortlaut keinen Freiwilligkeitsvorbehalt, sondern lediglich einen „Vorbehalt“ – ohne zu konkretisieren, um was für einen Vorbehalt es sich handeln solle – was Interpretationsspielräume eröffne. So könne sich der „Vorbehalt“ auf den geregelten Fall der Rückforderung bei Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres beziehen. Denkbar sei aber auch, dass der „Vorbehalt“ die dort erwähnte Kürzungsmöglichkeit nach § 4a EFZG betreffen sollte. Auch die Formulierung des Fehlens eines „Präjudizes für die Zukunft“ beinhalte keinen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt. Da es sich nach allgemeinem Sprachverständnis bei einem „Präjudiz“ um einen richtungsweisenden Gerichtsentscheid handele, sei diese Formulierung für Arbeitnehmer nicht verständlich. Aus Sicht des Klägers sei auch zu berücksichtigen, dass im Betrieb der Beklagten die Frage des Weihnachtsgelds anders kommuniziert worden sei als es das Arbeitsgericht aus dem Aufdruck auf den Abrechnungen herleite. So sei im Schreiben der Beklagten vom 29.04.2024 ausdrücklich von einer „Weihnachtsgeldregelung“ für die Mitarbeiter die Rede. Von daher sei ein Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Zahlung eines Weihnachtsgelds geschaffen worden.
52Der Kläger beantragt,
53das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 26.09.2024 – 1 Ca 648/24 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.850,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
54Die Beklagte beantragt,
55die Berufung zurückzuweisen.
56Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Auffassung, dass es bereits an der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltungsweisen fehle. Dies zeige bereits der Umstand, dass der Kläger stets Weihnachtsgeldzahlungen in unterschiedlicher Höhe erhielt. Darüber hinaus sei arbeitsvertraglich ein wirksamer und transparenter Freiwilligkeitsvorbehalt in Bezug auf Sonderzahlungen und einmalige Zahlungen geregelt. Von daher habe es des aufgedruckten Textes in den jährlichen Abrechnungen nicht einmal bedurft. Der freiwilligen Weihnachtsgeldzahlung habe der Kläger allenfalls entnehmen können, dass die Beklagte die Zahlungen unter Anwendung von § 4a EFZG leisten werde, ein verbindlicher Anspruch jedoch nicht bestehe.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokollerklärungen der Parteien ergänzend Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe
59I. Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG) und nach § 519 ZPO, §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG am 22.10.2024 gegen das am 02.10.2024 zugestellte Urteil form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist damit zulässig.
60II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines restlichen Weihnachtsgelds in Höhe von 1.850,00 € brutto für die Jahre 2022 und 2023 nicht beanspruchen kann.
611. Ein Anspruch des Klägers auf weitere Weihnachtsgeldzahlungen ergibt sich nicht aus einer betrieblichen Übung.
62a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltungsweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Hierbei ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers entscheidend, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte. (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22 – Rdnr. 11).
63Eine vertragliche Bindung des Arbeitgebers durch über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehende Zahlungen wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen. Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen ist insoweit die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltslose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 116/22 – Rdnr. 12; BAG vom 14.09.2011 – 10 AZR 526/10 – Rdnr.12).
64b) Entgegen der Auffassung der Beklagten war das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte die Weihnachtsgeldzahlungen in der Vergangenheit unstreitig nie in derselben Höhe leistete und somit eine – der Höhe nach – „gleichförmige“ Zahlung nicht erfolgte.
65Denn allein aus der unterschiedlichen Höhe der Sonderzahlungen müssen die Arbeitnehmer nicht auf einen fehlenden Bindungswillen des Arbeitgebers schließen. Vielmehr folgt daraus nur, dass der Arbeitgeber keinen Leistungsanspruch an einer bestimmten Höhe gewähren will, sondern vielmehr jährlich neu nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) über die Höhe der Leistungen entscheiden will (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 116/22 – Rdnr. 17; BAG vom 13.05.2015 – 10 AZR 266/14 – Rdnr. 19).
66c) Anders als vom Arbeitsgericht angenommen steht auch nicht der in Ziff. 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vom 13.08.2012 geregelte Freiwilligkeitsvorbehalt einem Rechtsanspruch des Klägers entgegen.
67aa) Auf die Regelung in Ziff. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags sind die §§ 305 c Abs. 2, 306, 307 bis 309 BGB anzuwenden (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Hierfür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild des Arbeitsvertrags seine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG vom 19.03.2014 – 5 AZR 299/13 (F) – Rdnr.17). Ob es sich dabei um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung handelt (§ 305 Abs. 1 BGB) bedarf keiner weiteren Aufklärung, da der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist (vgl. BAG vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – Rdnr. 30; BAG vom 24.08.2016 – 5 AZR 703/15 – Rdnr. 16).
68Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen des jeweiligen Vertragspartners zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (vgl. BAG vom 20.10.2022 – 8 AZR 332/21 – Rdnr. 24; BAG vom 26.11.2020 – 8 AZR 58/20 – Rdnr. 57).
69bb) Ziff. 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sieht vor, dass Sonderzahlungen sowie einmalige Zahlungen (z.B. Gratifikationen, Prämien u. ä.) freiwillige Leistungen der Beklagten darstellen, auf die auch bei Wiederholung kein rechtlicher Anspruch besteht. Mit den Begriffen „Sonderzahlungen“ und „einmalige Zahlungen“ sowie den dazu aufgeführten Beispielen wird hinreichend deutlich, dass von der Klausel alle Zahlungen erfasst sein sollen, welche keine laufenden arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen sind (vgl. zum Begriff „Sonderzuwendungen“: BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22 – Rdnr. 24).
70Die Klausel ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie nicht auf den Entstehensgrund etwaiger Ansprüche auf Sonderzuwendungen abstellt und nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB die Auslegung zulässt, dass der Vorbehalt auch spätere Individualabreden über die Zahlung von Sonderzuwendungen wie z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erfassen soll.
71(1) Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor allgemeinen Geschäftsbedingungen, wobei Individualabreden grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein können. Individualabreden können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden. Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden allgemeinen Geschäftsbedingungen. Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er auch Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22 – Rdnr. 20, 25 ff.; BAG vom 19.03.2014 – 1 AZR 622/13 – Rdnr. 41).
72(2) Die am Wortlaut zu orientierende Auslegung des Freiwilligkeitsvorbehalts in Ziff. 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ergibt, dass dieser vom durchschnittlichen Arbeitnehmer dahingehend verstanden werden muss, dass auf Sonderzahlungen und einmalige Zahlungen generell kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers besteht und dies auch dann der Fall sein soll, wenn den Leistungen eine (spätere) mündliche, schriftliche oder konkludente Individualvereinbarung der Parteien zugrunde liegt. Der vertraglichen Klausel lässt sich nicht entnehmen, dass sie ausschließlich das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern soll, da ihr eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen ist. Vielmehr umfasst Ziff. 2 Abs. 3 nach ihrem Wortlaut Sonderzahlungen und einmalige Zahlungen unabhängig davon, ob diese auf einer betrieblichen Übung oder auf einer konkludenten oder ausdrücklichen vertraglichen Einzelabrede beruhen. Dies erweckt beim Vertragspartner des Verwenders den Eindruck, dass – unabhängig vom Vorliegen einer Individualabrede – kein Anspruch auf derartige Zahlungen bestehen kann (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22 – Rdnr. 27).
73Von daher ist die Klausel geeignet, den Vertragspartner in die Irre zu führen und von der Durchsetzung von zu seinen Gunsten bestehenden Ansprüchen aus Individualabreden abzuhalten. Dies hat die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge, da sie den Kläger unangemessen benachteiligt. Die Klausel kann auch nicht mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass sie lediglich das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern soll, da dies einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel gleichkäme, welche im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22 – Rdnr. 29).
74d) Jedoch verhinderten vorliegend die auf den jeweiligen Novemberabrechnungen aufgedruckten Hinweise zur Weihnachtsgeldzahlung die Begründung einer betrieblichen Übung, sodass allein durch die in der Vergangenheit erfolgten Weihnachtsgeldzahlungen keine betriebliche Übung entstehen konnte.
75Zwar konnten die Arbeitnehmer der Beklagten aufgrund der in mehreren Jahren erfolgten Weihnachtsgeldzahlungen grundsätzlich auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers schließen. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlungen – wie beim Kläger – nicht in gleichbleibender Höhe erfolgten, wobei die Berechnung der ausgezahlten Beträge im laufenden Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger nicht verlautbart wurde. Vielmehr erfolgte dies erst mit dem Schreiben der Beklagten vom 29.04.2024.
76Jedoch hat der aufgedruckte Zusatz in den Novemberabrechnungen des jeweiligen Jahres das Entstehen einer betrieblichen Übung infolge der jährlich erbrachten Weihnachtsgeldzahlungen verhindert. Denn mit diesem bei Zahlung zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt hat die Beklagte einen Bindungswillen für die Zukunft hinreichend deutlich und für den Kläger erkennbar ausgeschlossen.
77aa) Zwar reicht allein ein Hinweis des Arbeitgebers in der Entgeltabrechnung, dass eine Zahlung „freiwillig“ erfolge, für sich genommen nicht aus, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen (vgl. BAG vom 25.01.2023 – 10 AZR 116/22 – Rdnr. 16). Ein hinreichender Freiwilligkeitsvorbehalt liegt jedoch vor, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld in der Abrechnung mit dem Hinweis „freiwillige und unverbindliche Leistung“ versieht (vgl. LAG Köln vom 06.06.2013 – 7 Sa 121/13 – Rdnr. 16). Für die Verhinderung des Entstehens einer betrieblichen Übung wird es zudem als ausreichend erachtet, wenn in Bekanntmachungen in Bezug auf eine Weihnachtsgeldzahlung darauf aufmerksam gemacht wird, dass „durch die Gewährung der Jahresvergütung kein Präjudiz für kommende Jahre geschaffen“ werde (vgl. BAG vom 31.07.2007 – 3 AZR 189/06 – Rdnr. 27).
78Danach hat die Beklagte bei der Zahlung einen Freiwilligkeitsvorbehalt hinreichend deutlich dadurch zum Ausdruck gebracht, indem sie in der jeweiligen Entgeltabrechnung darauf hinwies, dass die Weihnachtsgeldzahlung „unter Vorbehalt und ohne Präjudiz für die Zukunft“ erfolge. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausginge, dass sich die Formulierung „unter Vorbehalt“ ebenso auf den Rückzahlungsvorbehalt oder die Kürzung nach § 4a EFZG beziehen könne, so folgt jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit aus dem weiteren Hinweis, dass die Zahlung „ohne Präjudiz für die Zukunft“ erfolge, dass die geleistete Weihnachtsgeldzahlung keine Aussagekraft für kommende Jahre haben und aus dieser kein Rechtsanspruch für die Zukunft folgen soll. Dem steht auch nicht die Verwendung des Begriffes „Präjudiz“ entgegen. Soweit der Kläger vorträgt, dass es sich hierbei um die Entscheidung eines obersten Gerichts mit Leitbildfunktion für ähnliche künftige Rechtsfälle handele, so bedeutet der Begriff „Präjudiz“ außerdem, dass eine „Entscheidung, für zukünftige Fälle, Beschlüsse, Ereignisse maßgebend ist“ und sich „nach dieser zukünftige Fälle, Beschlüsse, Ereignisse richten“ (vgl. duden.de, „Präjudiz“, Bedeutungen). Aus der Formulierung „ohne Präjudiz für die Zukunft“ ergibt sich – ungeachtet der Verwendung eines bildungssprachlichen Begriffs – für den durchschnittlichen Arbeitnehmer klar und verständlich, dass mit der erfolgten Weihnachtsgeldzahlung keine Festlegung für die Zukunft erfolgen soll.
79bb) Der in Satz 2 des Textes zum Ausdruck gebrachte Freiwilligkeitsvorbehalt steht nicht im Widerspruch zu dem weiteren Inhalt des Aufdrucks auf der Entgeltabrechnung. Soweit im zweiten Satz darauf hinwiesen wird, dass „krankheitsbedingte bzw. unentschuldigte Fehltage zu einer Kürzung gemäß § 4a EFZG führen“, stellt diese Formulierung den Freiwilligkeitsvorbehalt im vorherigen Satz nicht in Frage. Denn eine Kürzung nach § 4a EFZG ist auch bei „echten“ freiwilligen Leistungen, die der Arbeitgeber unter Freiwilligkeitsvorbehalt gewährt, möglich. Gewährt ein Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Zuwendung als freiwillige Leistung, so darf er bei Arbeitnehmern, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufwiesen, die Leistungen nicht vollständig einstellen, sondern ist auch in diesem Fall an die Grenzen von § 4a Satz 2 EFZG gebunden. Einer vorherigen Vereinbarung bedarf es insoweit nicht, weil auch die Sonderzahlung nicht vereinbart ist und deshalb ein Anspruch bis zur Zahlung des Arbeitgebers ohnehin nicht bestand (vgl. BAG vom 07.08.2002 – 10 AZR 709/01 – Rdnr. 23; BeckOK-Ricken, 74. Ed., 01.12.2024, § 4a EFZG, Rdnr. 5).
80Vor diesem Hintergrund stellt es sich nicht als widersprüchlich dar, wenn die Beklagte bei der Zahlung des Weihnachtsgelds darauf hinwies, dass sie bei der Höhe der freiwilligen Leistung krankheitsbedingte bzw. unentschuldigte Fehltage im Rahmen von § 4a EFZG berücksichtigte. Nach den vorstehenden Grundsätzen bedurfte es einer vorherigen Vereinbarung der Kürzungsmöglichkeit nicht, da es sich um eine „echte“ freiwillige Leistung handelte, auf die kein Rechtsanspruch des Klägers bestand. Vor diesem Hintergrund ist es nicht von Bedeutung, dass der zweite Satz des Aufdrucks eine Kürzung gemäß § 4a EFZG auch für unentschuldigte Fehltage vorsieht, obgleich § 4a EFZG nur die Kürzungsmöglichkeit für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit regelt. Eine Kürzung wegen unentschuldigter Fehlzeiten ist bei dem Kläger unstreitig weder im Jahr 2022 noch im Jahr 2023 erfolgt.
81cc) Auch die in dem dritten Satz des aufgedruckten Textes vorgesehene Rückzahlung des Weihnachtsgelds bei Ausscheiden vor dem 01.04. des Folgejahres stellt sich im Hinblick auf den ebenfalls vorgesehenen Freiwilligkeitsvorbehalt nicht als widersprüchlich dar. Denn allein die (unwirksame) Regelung einer Rückzahlungsverpflichtung in Bezug auf eine unter Freiwilligkeitsvorbehalt geleistete Sonderzahlung führt nicht dazu, dass hieraus ein Anspruch aus betrieblicher Übung resultiert. Denn eine Rückzahlungsverpflichtung setzt nicht zwingend voraus, dass ein Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung besteht. Auch insofern erweist sich der Hinweis in den Lohnabrechnungen nicht als widersprüchlich.
82dd) Der durch einen Absatz von den Mitteilungen zur Weihnachtsgeldzahlung getrennte Hinweis zum Verfall von Resturlaubstagen steht mit dem Weihnachtsgeld in keinem Zusammenhang. Eine Fehlerhaftigkeit dieses Hinweises hat deshalb keine Auswirkungen auf den von der Beklagten in Bezug auf die Weihnachtsgeldzahlung erklärten Freiwilligkeitsvorbehalt.
83ee) Von daher bestand kein Rechtsanspruch des Klägers auf eine jährliche Weihnachtsgeldzahlung in der von ihm beanspruchten Höhe von 1.200,00 € brutto aufgrund einer betrieblichen Übung.
84Ein Zahlungsanspruch des Klägers vermag auch nicht daraus zu folgen, dass die Beklagte die Regelung in § 4a Satz 2 EFZG in den Jahren 2022 und 2023 hinsichtlich Höhe der Zahlung unzutreffend anwendete. Gemäß § 4a EFZG darf die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte – wie von ihr erstinstanzlich dargelegt – das Weihnachtsgeld des Klägers in zulässiger Weise gekürzt, wobei es einer Vereinbarung hierzu nicht bedurfte.
852. Das Arbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers nach den Grundsätzen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zutreffend verneint. Dass die Beklagte bei anderen Arbeitnehmern, die krankheitsbedingte Fehlzeiten aufwiesen, nicht entsprechend § 4a EFZG verfuhr, hat der Kläger selbst nicht behauptet.
863. Schließlich hat das Arbeitsgericht auch rechtsfehlerfrei erkannt, dass sich ein Anspruch des Klägers nicht aus einer Zusage der Beklagten mit Schreiben vom 29.04.2024 ergibt. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen werden. Dem ist die Berufung nicht erheblich entgegengetreten. Eine darüber hinaus erfolgte Zusage während des Beschäftigungsverhältnisses hat der Kläger nicht dargelegt.
874. Da dem Kläger nach alledem kein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Weihnachtsgelds für die Jahre 2022 und 2023 zusteht, hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, so dass auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat.
88III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO. Da sein Rechtsmittel erfolglos blieb, hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
89IV. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.
90RECHTSMITTELBELEHRUNG
91Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
92Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.