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Eine im Kündigungsschutzprozess vereinbarte und ausgezahlte Abfindung ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPOals Vermögen einzusetzen, soweit das der Partei nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPOiVm. § 90 SGB XII zu belassende Schonvermögen unangetastet bleibt.
Jedenfalls nach Anhebung des Vermögensfreibetrags von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe in § 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII auf 10.000,00 € können die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten nicht mehr typisierend durch einen weiteren Schonbetrag zusätzlich von der Abfindung abgesetzt werden.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 12.01.2024 (1 Ca 231/23) in Form der Teilabhilfe-Entscheidung vom 10.04.2024 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
2I. Dem ledigen und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichteten Kläger war für ein am 27.02.2023 eingeleitetes Kündigungsschutzverfahren mit Beschluss vom 17.03.2023 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Das Verfahren endete durch gerichtlich festgestellten Vergleich am 22.03.2023. Darin einigten sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2023 und die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 € brutto.
3Das Arbeitsgericht teilte den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren in Höhe von 27.300,00 € und für den Vergleich in Höhe von 31.300,00 € mit. Mit Beschluss vom 19.05.2023 setzte es die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 2.365,72 € fest.
4Mit Schreiben vom 26.07.2023 und 30.08.3034 forderte das Gericht den Kläger auf, Unterlagen u.a. zur Höhe der ausgezahlten Abfindung vorzulegen. Nachdem der Kläger diese Schreiben unbeantwortet ließ, ermittelte das Arbeitsgericht überschlägig unter Berücksichtigung eines Schonbetrages in Höhe von insgesamt 5.500,00 € ein einzusetzendes Vermögen aufgrund der ausgezahlten Abfindung in Höhe von 10.500,00 €. Es änderte den Beschluss vom 17.03.2023 mit Beschluss vom 12.01.2024 dahingehend ab, dass der Kläger einen einmaligen Betrag in Höhe der Prozesskosten von 4.742,08 € aus seinem Vermögen zu zahlen hat.
5Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 07.02.2024 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses seit längerer Zeit arbeitsunfähig gewesen sei und Krankengeld bezogen habe. Aufgrund dessen sei er gezwungen gewesen, zum Bestreiten seines Lebensunterhalts einen Kredit in Höhe von 4.462,00 € aufzunehmen, den er aus der Abfindung zurückgezahlt habe. Daneben habe er Unterhaltsrückstände gegenüber seinem Sohn in Höhe von 1.500,00 € sowie eine Nebenkostennachzahlung in Höhe von 1.500,00 € von der Abfindung begleichen müssen; Nachweise dazu erbrachte er nicht. Auf Nachfrage des Gerichts übermittelte der Kläger die Abrechnung für den Monat Juli 2023, die einen Netto-Abfindungsbetrag in Höhe von 14.840,00 € auswies. Ferner teilte er mit, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei und legte einen Krankengeldbescheid vor. Daraufhin half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 10.04.2024 teilweise dahingehend ab, dass der Kläger – nunmehr unter Berücksichtigung eines Schonbetrages in Höhe von insgesamt 10.500,00 € - einen einmaligen Betrag in Höhe von 4.340,00 € aus seinem Vermögen zu zahlen hat.
6Dagegen hat sich der Kläger mit seiner am 03.05.2024 beim Arbeitsgericht eingegangenen „sofortigen Beschwerde“ gewandt. Zur Begründung hat er nochmals darauf hingewiesen, dass er die Nettoabfindung verbraucht habe, um seine rückständigen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dazu legte er einen Kontoauszug vor, aus dem sich verschiedene Rückzahlungen ergeben. Das Arbeitsgericht forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 24.05.2024, 12.07.2024 und 12.08.2024 auf, hinsichtlich der beiden sich aus dem Kontoauszug ergebenden Kreditrückzahlungen die Kreditverträge einschließlich der Rückstandsmitteilungen u.ä. vorzulegen und mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck die Kredite aufgenommen worden seien. Nachdem auch diese Schreiben unbeantwortet blieben, half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 02.10.2024 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur weiteren Entscheidung vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss (Bl. 156 d. PKH-Akte) verwiesen.
7II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 und 3 ZPO, 567 ff ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist gewahrt. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
81. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist. Zum Vermögen gehören alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie geldwerte Forderungen und sonstige Rechte. Auch für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen zum Vermögen iSd. § 115 Abs. 3 ZPO und sind daher, soweit dies zumutbar ist, einzusetzen (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 -, BAGE 118, 47-50, Rn. 13; LAG Hamm, Beschlüsse vom 26.10.2018 – 5 Ta 561/17 – Rn. 15, juris; vom 20. Juni 2006 - 5 Ta 185/06 - Rn. 9 ff., juris; LAG Köln, Beschlüsse vom 24. Mai 2018 – 9 Ta 22/18 –, Rn. 10, juris; vom 22. April 2014 - 7 Ta 341/13 -, Rn. 11, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. April 2018 - 7 Ta 37/18 -, Rn. 12, juris). Dass die Abfindung erst nach einem Kündigungsschutzprozess auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs gezahlt wird, steht ihrem Einsatz als Vermögen nicht entgegen. Denn auch durch Prozesserfolg erworbenes Vermögen muss eingesetzt werden, wenn der entsprechende Geldbetrag dem Antragsteller tatsächlich zugeflossen ist (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 -, Rn. 11, aaO). Dies ergibt sich nunmehr unmittelbar aus dem durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (BGBl I, S. 3533) mit Wirkung zum 01.01.2014 eingefügten § 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei insbesondere dadurch eintreten kann, dass sie durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt hat (so auch LAG Köln, Beschluss vom 24. Mai 2018 – 9 Ta 22/18 – Rn. 10, aaO). Zu berücksichtigen ist dabei nur die Nettoabfindung.
9Davon in Abzug zu bringen ist gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII für sich und etwaige unterhaltsberechtigte Personen zustehende Schonvermögen. Darüber hinaus sind die zum Zeitpunkt der Zahlung fälligen Schulden mit der gezahlten Abfindung zu saldieren. Lediglich der dabei verbleibende Differenzbetrag ist in voller Höhe als Vermögen einzusetzen (vgl. BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - Rn. 10 ff.; LAG Hamm, Beschlüsse vom 26. Januar 2018 – 5 Ta 561/17 –, Rn. 15, juris; vom 25. September 2006 - 18 Ta 539/06 - Rn. 14 ff.; vom 20. Juni 2006 - 5 Ta 185/06 - Rn. 9 ff.).
102. Ausgehend davon ist das Arbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger aus der Abfindung einmalig einen Betrag in Höhe von 4.340,00 € zu leisten hat.
11a) Von der ausgezahlten Netto-Abfindung ist aufgrund der zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII durch Art. 9 des BürgerGG vom 16.12.2022 ein Schonvermögen gemäß § 1 Ziff. 1 in Höhe von 10.000,00 € in Abzug zu bringen. Daneben ist für das minderjährige Kind gemäß Ziff. 2 ein weiteres Schonvermögen in Höhe von 500,00 € zu berücksichtigen.
12b) Nach der zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Änderung des § 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ist daneben ein weiterer Schonbetrag nicht zu berücksichtigen.
13aa) Zwar hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss 24.04.2006 (3 AZB 12/05) entschieden, dass einer Partei neben dem Schonvermögen ein weiterer Betrag von der Abfindung verbleiben muss, da dem von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten - etwa für Bewerbungen, Fahrten sowie unter Umständen auch Schulungen und Umzug - entstehen. Diese Kosten ließen im Regelfall den Einsatz der gesamten Abfindung als unzumutbar im Sinne von § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO erscheinen. Kein Regelfall liege beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer kurz nach dem Beendigungszeitpunkt bereits eine neue Stelle im selben Ort gefunden habe. Als Anhaltspunkt für die aus Gründen der Praktikabilität notwendige Typisierung der durch den Arbeitsplatzverlust entstehenden Kosten hat das Bundesarbeitsgericht seinerzeit auf die Höhe des Schonbetrages abgestellt und hat diesen im Ergebnis in doppelter Höhe berücksichtigt (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 – 3 AZB 12/05 –, BAGE 118, 47-50, Rn. 12).
14bb) Ausgehend davon war in der landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nach Anhebung des Vermögensfreibetrags von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe in § 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und mithin auch des Schonvermögens zum 01.04.2017 auf 5.000,00 Euro umstritten, ob und in welcher Höhe weiterhin eine Erhöhung des Schonbetrages vorzunehmen ist. Das Landesarbeitsgericht Köln (Beschlüsse vom 24.05.2018 – 9 Ta 22/18 – Rn. 30, juris; vom 27.07.2018 – 9 Ta 114/18 – Rn. 15. juris) und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Beschluss vom 14.04.2021 – 9 Ta 57/21 – Rn. 26, juris) haben sich gegen eine Erhöhung ausgesprochen. Nach Erhöhung des Vermögensfreibetrages könne an der typisierenden Erhöhung nicht mehr festgehalten werden. Eine solche Verfahrensweise liefe der gesetzlichen Regelung des § 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach auch das durch die Rechtsverfolgung Erlangte für die Verfahrenskosten einzusetzen ist, zuwider (LAG Düsseldorf– 9 Ta 57/21 –, Rn. 26, aaO). Das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Beschluss vom 16.04.2019 – 2 Ta 31/19 – Rn. 16 - juris) und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 30.08.2018 – 4 Ta 96/18 – Rn.16) haben eine vermittelnde Auffassung vertreten und einen weiteren Betrag in Höhe von 2.600,00 € als anrechnungsfrei berücksichtigt. Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 30.08.3018 – 2 Ta 16/18 – Rn. 19, juris) hat sich dafür ausgesprochen, diesen Betrag angesichts der Kaufkraftentwicklung zwischen 2003 und 2017 auf 3.000,00 € zu erhöhen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 17.04.2018 – 7 Ta 37/18 – Rn. 12, juris) und das Landesarbeitsgericht Hamm (Beschluss vom 26.10.2018 – 5 Ta 561/17 – Rn. 15, juris; Beschluss vom 17.12.2018 – 5 Ta 477/18 – Rn. 31, juris; Beschluss vom 18.02.2019 – 14 Ta 424/18, n.v.) haben auch weiterhin als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten - trotz der nicht unerheblichen Anhebung des Freibetrages gemäß § 1 Ziffer 1 der BarbetrV zu § 90 Abs. 2 SGB XII - die Höhe des Schonbetrages für eine volljährige Person berücksichtigt. Mit der zum 01.04.2017 in Kraft getretenen Neufassung des § 1 BarbetrV seien insbesondere für Menschen mit Bedarf in besonderen Lebenslagen erhöhte Freibeträge für vorhandenes Vermögen eingeführt worden, die eine selbstständige Lebensführung, Alterssicherung und Förderung der Erwerbsfähigkeit erleichtern sollten. In diesem Zusammenhang scheine die Verdoppelung des Schonbetrages gemäß § 1 Ziffer 1 der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Ziffer 9 SGB XII angemessen, um die Förderung der Aufnahme der weiteren Erwerbstätigkeit auch im Hinblick auf die aus der Arbeitslosigkeit resultierenden Einkommenseinbußen zu gewährleisten.
15cc) An einer solchen Typisierung kann jedenfalls angesichts der weiteren, zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Verdoppelung des Vermögensfreibetrags von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe in § 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von 5.000,00 € auf nunmehr 10.000,00 € nicht mehr festgehalten werden.
16Eine Typisierung, die Besonderheiten des Einzelfalles generalisierend vernachlässigt und hinnimmt, ist nur dann geboten, wenn tragfähige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die damit verbundenen Ungenauigkeiten nicht schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. LAG Köln, Beschlüsse vom 24.05.2018 – 9 Ta 22/18 – Rn. 30, juris; vom 27.07.2018 – 9 Ta 114/18 – Rn. 15, juris; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2021 – 9 Ta 57/21 – Rn. 26, juris). Das ist nach einer Erhöhung des „Schonvermögens“ auf 10.000,00 € nicht mehr ersichtlich. Das Bundesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung vom 24.04.2006 (3 AZB 12/05), bei der es ausgeführt hat, dass die durch den Arbeitsplatzverlust entstehenden Kosten einen Einsatz der gesamten Abfindung als unzumutbar erscheinen ließen, offenbar zugrunde gelegt, dass die der Höhe nach nicht leicht zu ermittelnden Zusatzkosten häufig die Höhe des damals geltenden Schonbetrages von 2.301,00 € übersteigen können und die Abfindung damit davon vollständig aufgebraucht wird. Davon ist regelhaft bei einem Schonvermögen von nunmehr 10.000,00 € nicht mehr auszugehen. Zudem kann aus der Erhöhung des Vermögensfreibetrags von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe nicht geschlossen werden, dass dem Arbeitnehmer auf jeden Fall auch nach Abzug der erhöhten Aufwendungen bei Arbeitslosigkeit und Arbeitssuche von seiner Abfindung stets ein Betrag von 10.000,00 € in voller Höhe erhalten bleiben soll. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Erhöhung des Vermögensfreibetrages eine Übertragung auf die richterrechtlich geschaffene Typisierung erhöhter Aufwendungen bei Arbeitslosigkeit und Arbeitssuche vornehmen wollte (so auch LAG Köln v. 24.05.2018 - 9 Ta 22/18 - juris; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2021 – 9 Ta 57/21 – aaO; anders noch LAG Hamm v. 26.01.2018 - 5 Ta 561/17, Rn. 15, juris). Die Erhöhung des Freibetrags erfolgte im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren des Bundesteilhabegesetzes. Profitieren sollten also Menschen mit Behinderung, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können oder die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung benötigen, nicht jedoch Arbeitssuchende im Allgemeinen.
17Eine typisierende Erhöhung, um dem Arbeitnehmer die Abfindung in Höhe des Vermögensfreibetrages von nunmehr 10.000,00 € losgelöst von den zusätzlichen, mit der Arbeitsplatzsuche verbundenen Kosten zu erhalten, widerspräche auch dem Willen des Gesetzgebers, der durch die zum 01.01.2014 in Kraft getretene Neuregelung des § 120a Abs. 3 ZPO zum Ausdruck gebracht hat, dass durch den Prozess erlangte Abfindungen grundsätzlich als Vermögen einzusetzen sind. Dadurch soll die Bedeutung des Prozessausgangs und seiner wirtschaftlichen Folgen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe betont werden. Wenn aufgrund eines Vergleichs größere Geldzahlungen an die Partei fließen, soll sie an den Prozesskosten beteiligt werden und das Vermögen zur Prozessfinanzierung einsetzen. Der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts hat ausdrücklich auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.07.2007 verwiesen (BT-Drucksache 17/11472, S. 34), in dem betont wird, dass die Prozesskostenhilfe der bedürftigen Partei im Rahmen der Voraussetzungen nach § 114 ZPO einen Rechtsstreit ermöglichen, ihr aber nicht die durch Urteil oder Vergleich erstrittene Zahlung ungeschmälert belassen will. Durch eine typisierende (weitere) Erhöhung des Schonvermögens auch nach der Anhebung auf 10.000,00 € - und damit auf einen Betrag, der die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen Aufwendungen in der Regel übersteigen dürfte - würde eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, letztlich besser stehen als eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe bekommen hat und insoweit als finanziellen Erfolg des Rechtsstreits ebenfalls nur den Reingewinn, also das erzielte Vermögen abzüglich der dafür aufgewendeten Kosten, für sich verbuchen kann (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 – XII ZA 11/07 –, Rn. 17, juris; vgl. auch LAG Köln, Beschluss vom 24. Mai 2018 – 9 Ta 22/18 –, Rn. 33, juris).
18c) Eine besondere Notlage, die eine Erhöhung des Schonbetrags nach § 115 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO erfordern könnte, besteht nicht. Laufende Zahlungsverpflichtungen oder sonstige besondere Belastungen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Zwar hat er angegeben, im Zuge seiner Arbeitslosigkeit Kredite aufgenommen zu haben, die er mit seiner Abfindung getilgt habe. Diese Angaben hat er jedoch nicht belegt. Trotz mehrfacher Aufforderungen des Arbeitsgerichts vom 24.05.2024, vom 12.07.2024 und vom 12.08.2024 hat er weder Kreditverträge, Ratenvereinbarungen oder Rückstandsmitteilung vorgelegt, noch dargelegt, wann er den Kredit zu welchem Zweck aufgenommen hat. Aufgrund dessen ist dem Gericht eine Beurteilung, ob es sich um berücksichtigungsfähige besondere Belastungen handelt, nicht möglich.
19III. Die sofortige Beschwerde war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
20IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG liegen vor. Die zu entscheidende Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung.
21RECHTSMITTELBELEHRUNG
22Gegen diesen Beschluss kann von der klagenden Partei
23RECHTSBESCHWERDE
24eingelegt werden.
25Die Rechtsbeschwerde muss
26innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
27nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form beim
28Bundesarbeitsgericht
29Hugo-Preuß-Platz 1
3099084 Erfurt
31Fax: 0361 2636-2000
32eingelegt werden.
33Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 92 Abs. 2 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Rechtsbeschwerde ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
34Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
351. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
40Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
41Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
42* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.