Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 12.06.2024 – 6 Ca 215/24 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über den Umfang der vom Kläger geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit sowie einen entsprechenden Anspruch auf Gutschrift von Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto respektive deren Auszahlung.
3Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.09.1986 als Drucker beschäftigt. Im einzigen Arbeitsvertrag der Parteien vom 25.01.1989 (Bl. 25 d.A. I) heißt es unter anderem:
4„2. … Die Arbeitszeit ist mehrschichtig und ist in Betriebsvereinbarungen festgelegt. …
54. Die Arbeitsbedingungen richten sich nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Lohn- unter Manteltarifvertrages und sonstiger tariflicher Vereinbarungen…“
6Der Kläger bezieht einen Stundenlohn i.H.v. 22,87 EUR brutto. Er erhält eine verstetigte Monatsvergütung in Höhe von 3.475,57 EUR brutto.
7Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Druckindustrie. Sie und ihre Rechtsvorgängerin sind und waren nicht tarifgebunden.
8Im Betrieb der Beklagten bestanden rund 20 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. So hatten von den knapp 1.600 Beschäftigten der Beklagten etwa 750 Beschäftigte eine Arbeitszeitregelung von unter 37,5-Wochenstunden. Die übrigen knapp 900 Beschäftigten hatten bereits seit Beginn ihrer Beschäftigung eine Arbeitszeitvereinbarung von mindestens 39 Wochenstunden.
9Seit 1997 existierten bei der Beklagten sogenannte Partnerschaftspakete, die eine Erhöhung der Arbeitszeit der Beschäftigten von 35 auf 37 Wochenstunden ohne Lohnausgleich gegen eine Arbeitsplatzgarantie vorsahen. Hieran nahm ein Großteil der Belegschaft, jedoch nicht alle Mitarbeiter teil. Die Partnerschaftspakete wurden mehrfach verlängert und zwischenzeitlich beendet.
10Im Betrieb der Beklagten bestanden mit dem dort gegründeten Betriebsrat Betriebsvereinbarungen über die Führung von Arbeitszeitkonten, wonach die von den Arbeitnehmern über die regelmäßig geschuldete wöchentliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Stunden in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden. Für den Kläger wurden auf dieser Basis bis einschließlich Oktober 2023 alle Stunden, die er über 35 Wochenstunden hinaus leistete, in das Arbeitszeitkonto eingestellt.
11Unter dem 23.10.2023 schlossen die Betriebsparteien eine weitere Betriebsvereinbarung, in der es unter anderem wie folgt lautet:
12„1. Geltungsbereich
13… Die Umsetzung sämtlicher Maßnahmen erfolgt zum Stichtag … 01. November 2023.
142. Umfang der gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu verteilenden Arbeitszeit
15Der Betriebsrat stimmt zu, dass der Umfang der gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu verteilenden Arbeitszeit für alle Beschäftigten ab dem Stichtag dauerhaft 37,5 Stunden pro Woche und somit 7,5 Stunden pro Tag beträgt mit Ausnahme der in Ziffer 6 der Vereinbarung über die Einführung eines neuen Arbeitszeitsystems aufgeführten Beschäftigten.
16Bei Mitarbeitern in Teilzeit gilt dies entsprechend anteilig. Bei Mitarbeitern mit Teilzeit 50 % beträgt die wöchentliche Arbeitszeit ab dem Stichtag so beispielsweise 18,75 Stunden pro Woche (= 50 % von 37,5 Stunden).
17Mitarbeiter in Altersteilzeit gelten nicht als Mitarbeiter in Teilzeit.
183. Umstellung der Arbeitszeitkonten
19Die Arbeitszeitkonten werden gemäß Ziffer 2 ab dem Stichtag für alle Mitarbeiter auf Basis eines 7,5 Stunden Arbeitstages und einer 37,5 Stunden-Woche geführt. …
204. Auswirkungen auf bestehende Regelungen zur Arbeitszeit
21Auch die bisherigen Teilnehmer und Nichtteilnehmer an den Partnerschaftspaketen 97/03 werden arbeitgeberseitig entsprechend umgestellt. Eine Kündigungsmöglichkeit zur Teilnahme an den Partnerschaftspaketen besteht künftig nicht mehr. Entsprechend erhalten bisherige Nichtteilnehmer künftig die gleiche Anzahl an Freischichten und die gleichen Samstagszuschläge wie bisherige Teilnehmer.
22Die Umstellung erfolgt ohne Einholung der individuellen Zustimmung der Mitarbeiter.
23Diese Regelung löst alle entgegenstehenden bestehenden Regelungen zur Arbeitszeit ab, sofern in dieser Vereinbarung nicht abweichend geregelt…“
24Ab November 2023 stellte die Beklagte nur noch vom Kläger über 7,5 Stunden pro Tag hinaus geleistete Stunden als Überstunden in sein Arbeitszeitkonto ein, wobei sie weiterhin nur die verstetigte Monatsvergütung wie bis Oktober 2023 an ihn zahlte.
25Der Kläger leistete im Zeitraum November 2023 bis März 2024 insgesamt 25,75 Arbeitsstunden, die entsprechend dem vorgenannten nicht dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wurden.
26Diese fehlende Gutschrift machte der Kläger jeweils innerhalb der Ausschlussfristen des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie schriftlich geltend.
27Mit seiner am 31.01.2024 bei Gericht eingegangenen Klage und diversen Klageänderungen hat der Kläger sein Begehren fortgesetzt.
28Er hat die Auffassung vertreten, er schulde der Beklagten für das über Oktober 2023 gezahlte verstetigte Monatsentgelt weiterhin nur 35 Wochenstunden Arbeitsleistung. Die darüberhinausgehend geleistete Arbeitszeit sei seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Soweit die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 zu einer Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich führe, sei diese schon wegen der Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam.
29Der Kläger hat zuletzt beantragt,
301. die Beklagte zu verurteilen, seinem Zeitnachweis für November 2023 in der Spalte J“AK" in der „Zeile Saldo" 10,5 Plusstunden zusätzlich zum Stichtag 30.11.2023 gutzuschreiben;
312. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm 240,14 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v 5 % über dem aktuellen Basiszinssatz seit dem 09.12.2023 für den Monat November 2023 zu zahlen;
323. festzustellen, dass seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 35 Stunden pro Woche beträgt;
334. die Beklagte zu verurteilen, seinem Zeitnachweis für Januar 2024 in der Spalte „JAK" in der Zeile „Saldo" 5,75 Std. zusätzlich zum Stichtag 31.01.2024 gutzuschreiben;
345. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm 131,50 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v 5 % über dem aktuellen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit für den Monat Januar 2024 zu zahlen;
356. die Beklagte zu verurteilen, seinem Zeitnachweis für Februar 2024 in der Spalte „JAK" in der Zeile „Saldo" 9,5 Std. zusätzlich zum Stichtag 29.02.2024 gutzuschreiben;
367. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm 217,27 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v 5 % über dem aktuellen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit für den Monat Januar 2024 zu zahlen.
37Die Beklagte hat beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Sie hat in Abrede gestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis die tariflichen Regelungen der Druckindustrie anzuwenden seien. Zudem hat sie sich auf die Betriebsvereinbarungsoffenheit des Arbeitsvertrages berufen und die Auffassung vertreten, auch die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich sei durch Betriebsvereinbarung wirksam vorgenommen worden.
40Insbesondere habe der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Gutschrift der geltend gemachten Stunden in seinem Arbeitszeitkonto. Eine Anspruchsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich. Die anteilige Anwendung für Teilzeitbeschäftigte sei nicht ohne weiteres möglich und für die Beklagte mit unzumutbaren Aufwendungen verbunden. Dies resultierte daraus, dass im verwendeten Zeiterfassungs- und Lohnprogramm keine Programmierung vorgesehen sei, in der die Arbeitszeit prozentual anteilig erfasst werden könne, ohne dass zeitgleich auch die Vergütung zeitanteilig geringer ausgewiesen werde. Dies wäre jedoch beim Kläger fehlerhaft, da dieser nach wie vor eine Vollzeitvergütung erhalte.
41Mit Urteil vom 12.06.2024 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 35 Stunden beträgt und die Beklagte verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 25,75 Stunden gut zu schreiben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger schulde lediglich eine 35-Stunden-Woche. Das Arbeitsverhältnis unterliege den Tarifverträgen der Druckindustrie, auch wenn der Arbeitsvertrag das in Bezug genommene Tarifwerk nicht ausdrücklich benenne. Die Auslegung ergebe, dass das für die Beklagte sachlich einschlägige Tarifwerk gemeint sei. Der Manteltarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Druckindustrie sehe eine regelmäßige Arbeitszeit von 35 Wochenstunden vor.
42Eine hiervon abweichende Wochenarbeitszeit sei nicht individuell vereinbart worden. Die Partnerschaftspakete seien unstreitig beendet worden. Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 habe die vom Kläger geschuldete Arbeitszeit ebenso wenig erhöht. Eine Arbeitszeiterhöhung auf 37,5 Stunden sei von den Tarifvertragsparteien gar nicht vorgesehen. Die Verteilung der Arbeitszeit auf 7,5 Stunden pro Tag stelle vielmehr eine Beschreibung des Volumens dar, innerhalb dessen die Beklagte als Arbeitgeber die vom jeweiligen Arbeitnehmer individuell geschuldete Arbeitszeit abrufen dürfe. Wenn man aus der Kombination der Ziffer 3 und Ziffer 4 der Betriebsvereinbarung die Abrede der Betriebsparteien ableiten wolle, sie würde die individuell geschuldete Arbeitszeit der Arbeitnehmer bindend auf 37,5 Wochenstunden festlegen, so hätten sie ihre Regelungskompetenz überschritten. Die Dauer der Arbeitszeit des Klägers habe wegen der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG nicht verändert werden können. Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 sei unwirksam, sofern sie die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit regele. Die Beklagte unterliege fachlich und örtlich u.a. dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Druckindustrie in der Fassung vom 15.07.2005. Auf ihre Tarifgebundenheit komme es nicht an. Der Manteltarifvertrag sehe auch keine Öffnungsklausel vor. Eine etwaig bestehende Betriebsvereinbarungsoffenheit des Arbeitsvertrages der Parteien könne die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht überwinden.
43Der Kläger habe entsprechend auch Anspruch auf Gutschrift der im Zeitraum November 2023 bis Februar 2024 über 35 Wochenstunden hinaus geleisteten Stunden auf sein Arbeitszeitkonto. Der Antrag sei dahin auszulegen, dass der Kläger lediglich die Gutschrift der streitgegenständlichen Stunden begehre. Für die der Betriebsvereinbarung unterworfenen Arbeitnehmer werde ein Arbeitszeitkonto geführt Die Betriebsparteien seien hierbei zwar von einer Vollarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden ausgegangen, sodass dem Grunde nach nur die Stunden, die über 37,5 Wochenstunden hinausgingen, in das Arbeitszeitkonto einzustellen wären. Unstreitig sei jedoch, dass diese für Teilzeitarbeitnehmer anteilig anzuwenden sei. Daher lasse die Betriebsvereinbarung auch die Buchung von Arbeitsstunden unterhalb von 37,5 Wochenstunden zu. Da der Kläger nur eine Wochenstundenzahl von 35 Stunden schulde, sei er bezogen auf die betriebliche Vollarbeitszeit als Teilzeitarbeitnehmer anzusehen. Die Beklagte habe nicht geltend gemacht, dass die Betriebsvereinbarung die Arbeitnehmer, welche bezogen auf den Umfang der Arbeitszeit nur Teilzeit arbeiteten, hierfür jedoch die Vergütung eines Vollzeitarbeitnehmers erhielten, vom Anwendungsbereich ausnehme. Die von der Beklagten geltend gemachten Schwierigkeiten, diese Arbeitnehmer in ihrem elektronischen Abrechnungssystem korrekt zu erfassen, stünden jedoch aufgrund der aktuellen Fassung der Betriebsvereinbarung einem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Der Umfang der geleisteten Stunden sei zwischen den Parteien unstreitig.
44Die Hilfsanträge seien nicht zur Entscheidung angefallen.
45Das erstinstanzliche Urteil ist der Beklagten am 18.06.2024 zugestellt worden. Mit ihrer am 26.06.2024 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.09.2024 am 13.09.2024 begründeten Berufung wendet sie sich wie folgt gegen die Verurteilung:
46Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 habe die bei ihr bestehende Arbeitszeit für alle Beschäftigten vereinheitlichen sollen, indem sie ab dem Stichtrag 01.11.2023 dauerhaft eine Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden und mithin 7,5 Stunden pro Tag vorsehe. Ausgehend von dieser Arbeitszeit für Vollbeschäftigte gelte die Wochenarbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte entsprechend anteilig. Weiter sei dort geregelt, dass entsprechend der vorbeschriebenen Regelung die Arbeitszeitkonten dann entsprechend auf Basis eines 7,5-Stunden-Arbeitstages und einer 37,5-Stunden-Woche als Soll-Arbeitszeit geführt würden. Zwischen der einheitlichen Wochenarbeitszeit und der entsprechenden Führung des Arbeitszeitkontos bestehe insoweit ein fester Zusammenhang. Für die Führung des Arbeitszeitkontos sei Voraussetzung gewesen, dass entsprechend die Wochen- und Tagesarbeitszeit wie unter Ziffer 2. geregelt als Soll-Arbeitszeit gelten.
47Im Arbeitsvertrag der Parteien sei eine Wochenarbeitszeit nicht geregelt. Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft auf den Manteltarifvertrag zurückgegriffen. Der Arbeitsvertrag nehme vielmehr hinsichtlich der Arbeitszeit ausschließlich auf die Betriebsvereinbarungen Bezug. Nur bezüglich der Arbeitsbedingungen sei der Tarifvertrag heranzuziehen. Die Arbeitszeit sei jedoch keine Arbeitsbedingung. Aufgrund der Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung sei hinsichtlich der Arbeitszeit jedoch auf die aktuell per Betriebsvereinbarung geregelte Arbeitszeit abzustellen. Dies seien nach dem ausdrücklichen Willen der Betriebsparteien 37,5 Stunden im Sinne einer geschuldeten Wochenarbeitszeit. Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 sei entsprechend der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Damit seien die dort getroffenen Regelungen dem Arbeitsvertrag immanent. Die Betriebsvereinbarung ändere die vertraglich geschuldete Wochenarbeitszeit nicht, wie das Arbeitsgericht angenommen habe. Sie wirke nämlich nicht von außen auf das Arbeitsverhältnis ein, sondern lege die Wochenarbeitszeit vertragsimmanent fest. Das Arbeitsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, wenn es die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG annehme.
48Für den Kläger werde kein Arbeitszeitkonto geführt, daher könne er keine Stundengutschrift verlangen. Der Kläger sei kein Teilzeitarbeitnehmer im Sinne der Betriebsvereinbarung, sondern habe Vollzeitarbeitnehmer bleiben sollen. Die Betriebsvereinbarung gelte daher für den Kläger nicht, soweit sie entsprechend für Teilzeitarbeitnehmer gelte. Sie gelte aber bezogen auf seine Person auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit für Vollzeitarbeitnehmer, da sie nur für Vollzeitarbeitnehmer gelten solle, die eine Arbeitszeit von 37,5 Stunden schuldeten. Der Kläger habe die Überführung in eine erhöhte Wochenarbeitszeit jedoch abgelehnt und sei daher vom Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung ausgenommen.
49Schließlich stehe dem Kläger allein deshalb kein Anspruch zur Seite, da er seit dem 01.11.2023 widerspruchslos Überstunden im Umfang von 2,5 Stunden pro Woche in dem Bewusstsein geleistet habe, dass sie - die Beklagte - diese nicht bezahlen werde. Er habe nicht erklärt, diese Stunden nur unter Vorbehalt leisten zu wollen.
50Die Beklagte beantragt,
51das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 12.06.2024 – 6 Ca 215/24 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
52Der Kläger beantragt,
53die Berufung zurückzuweisen.
54Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
55Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
56E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
57I. Die Berufung ist zulässig.
58Sie ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG aufgrund des Beschwerdegegenstandswertes statthaft und im Übrigen nach den §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1, 5 ArbGG, 519 ZPO rechtzeitig sowie innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist form- und fristgerecht i.S.d. §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO begründet worden.
59II. Die Berufung ist indes unbegründet.
60Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit des Klägers 35 Stunden beträgt und die Beklagte verurteilt, die insoweit unstreitig geleisteten Stunden in austenorierter Höhe dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben.
611. Die Klage ist zulässig. Insbesondere gilt dies für den Feststellungsantrag.
62Auch das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse ist insoweit gegeben.
63a) Nach dieser Vorschrift erfordert die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags ein besonderes rechtliches Interesse des Klägers daran, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. § 256 Abs. 1 ZPO dient nicht der gutachterlichen Klärung abstrakter Rechtsfragen (vgl. BAG vom 10.02.2005 – 6 AZR 182/04; BAG vom 05.06.2003 - 6 AZR 277/02; BAG vom 26.09.2002 - 6 AZR 523/00). Will ein Arbeitnehmer den Umfang seiner wöchentlichen Leistungsverpflichtung festgestellt haben, muss jedenfalls eine aktuelle Meinungsverschiedenheit mit dem Arbeitgeber über die wöchentliche Arbeitszeit bestehen. Allein die theoretische Möglichkeit, dass künftig ein derartiger Streitfall (wieder) eintreten könnte, reicht zur Begründung eines alsbaldigen Feststellungsinteresses nicht aus (vgl. BAG vom 10.02.2005 – 6 AZR 182/04; BAG vom 11.06.2002 - 1 ABR 44/01).
64b) Vorliegend streiten die Parteien aktuell über die Frage der wöchentlichen Arbeitszeit. Dieser Streit geht mit diversen weiteren Rechtsfragen einher, etwa der Anordnungsbefugnis von Arbeit über 35 Stunden hinaus und insbesondere auch der Frage der Vergütung der Stunden 36 bis 37,5.
652. Die Klage ist auch begründet.
66a) Der Kläger schuldet der Beklagten lediglich eine Arbeitsleistung im Umfang von 35 Wochenstunden und hat infolgedessen einen entsprechenden Anspruch auf Feststellung.
67aa) Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers bis einschließlich Oktober 2023 lediglich 35 Wochenstunden betrug. Entsprechend haben die Parteien den Arbeitsvertrag des Klägers gelebt. So hat die Beklagte dem Kläger den Abschluss von Partnerschaftspaketen angeboten, in denen die Arbeitszeit vorüberhegend über 35 Wochenstunden hinaus angehoben wurde. Es ist unstreitig, dass diese Pakete - unbeachtet der Frage, ob der Kläger sie jemals angenommen hätte - zwischenzeitlich beendet sind.
68Darüber hinaus wurden bis einschließlich Oktober 2023 über 35 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeiten des Klägers seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.
69Letztlich kann damit dahinstehen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage diese Arbeitszeit zwischen den Parteien galt und ob sie seit Anbeginn des Arbeitsverhältnisses unverändert war. Denn auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass der Kläger bis Oktober 2023 nicht mehr als 35 Wochenstunden schuldete. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass (erst) mit der Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 eine Erhöhung auf 37,5 Wochenstunden mit Wirkung ab November 2023 stattgefunden hat.
70bb) Diese zwischen den Parteien geltende Arbeitszeit ist jedoch gerade nicht durch die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 zu Lasten des Klägers abgeändert worden.
71(1) Dabei kann zugunsten der Beklagten zunächst unterstellt werden, dass die Betriebsparteien tatsächlich beabsichtigten, die Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten einheitlich auf 37,5 Wochenstunden festzusetzen und die Arbeitszeiten sämtlicher Arbeitnehmer auf diesen Wert zu erhöhen oder abzusenken.
72(2) Weiter kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Arbeitsvertrag der Parteien hinsichtlich der Arbeitszeit (wirksam) betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet ist, wobei die Kammer diesbezüglich durchaus Zweifel hat.
73Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Ansprüche dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine solche betriebsvereinbarungsoffene Gestaltung kann ausdrücklich vereinbart werden oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen (vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 50/20). Dies hat zur Folge, dass Betriebsvereinbarungen auch zu Lasten des Arbeitnehmers wirken, wie dies hier bei einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich der Fall ist.
74(3) Gleichwohl hat die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 die zwischen den Parteien geltende Arbeitszeit nicht abändern können.
75Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass eine entsprechende Regelung in der Betriebsvereinbarung gegen den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG verstößt. Insoweit ist die Betriebsvereinbarung unwirksam und vermag das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zu gestalten.
76(a) Nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach S. 2 der Vorschrift dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Die Regelung in § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG verdeutlicht, dass es den Tarifvertragsparteien vorbehalten bleibt, ob sie ergänzende Betriebsvereinbarungen zulassen wollen oder nicht.
77Eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen liegt vor, wenn diese in einem nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich einschlägigen Tarifvertrag enthalten ist und der Betrieb in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fällt. Auf die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers kommt es nicht an. Der Verstoß gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG führt zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung. Allerdings greift diese nicht, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen (vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20; BAG vom 13.08.2019 - 1 AZR 213/18).
78(b) Danach wird der Regelungsgegenstand der Festsetzung der Arbeitszeit auf 37,5 Stunden in der Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 von der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG erfasst.
79Der Betrieb der Beklagten unterfällt dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie. Dieser sieht eine 35 Stundenwoche vor. Eine Öffnungsklausel für Abweichungen durch Betriebsvereinbarung enthält die Tarifnorm nicht.
80Die Sperrwirkung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 BetrVG aufgehoben. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nur über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG räumt ihm lediglich bei einer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht ein. Seine Mitbestimmungsrechte erstrecken sich damit nicht auf die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20; BAG vom 09.07.2013 - 1 ABR 19/12; BAG vom 24.01.2006 - 1 ABR 6/05).
81Dass die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstößt, stellt die Beklagte letztlich selbst nicht – jedenfalls nicht ausdrücklich – in Abrede.
82(c) Sie ist vielmehr der Ansicht, dass die Betriebsvereinbarung nicht von außen auf das Arbeitsverhältnis einwirke, sondern aufgrund der Bezugnahmeklausel unmittelbarer Inhalt des Arbeitsvertrages geworden sei. Die Beklagte meint damit letztlich, dass die Arbeitszeit von 37,5 Stunden aufgrund des betriebsvereinbarungsoffen ausgestalteten Arbeitsvertrages zu einer individualvertraglichen Regelung geworden ist, auf die § 77 Abs. 3 BetrVG keine Anwendung findet. Hier ist es jedoch die Beklagte selbst, die einem Zirkelschluss unterliegt. Denn sie übersieht, dass eine aus welchem Grunde auch immer unwirksame Betriebsvereinbarung in der Regel nicht – auch nicht über eine Öffnungsklausel im Arbeitsvertrag – Einfluss auf ein Arbeitsverhältnis zu nehmen vermag. Betriebsvereinbarungen können nur dann überhaupt Wirkung entfalten, soweit sie von den Betriebsparteien wirksam vereinbart wurden. Ist im Arbeitsvertrag auf die unwirksame Betriebsvereinbarung Bezug genommen worden, strahlt die Unwirksamkeit auch darauf aus, denn der arbeitsvertragliche Verweis hat i.d.R. bloßen Hinweischarakter (vgl. BAG vom 18.11.2003 - 1 AZR 604/02; Düwell, § 77 BetrVG, Rn. 54).
83Allerdings kann eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auch kollektivrechtlich unwirksame Betriebsvereinbarungen erfassen. Nicht jeder kollektivvertragliche Unwirksamkeitsgrund hindert den inhaltsgleichen Arbeitsvertrag (vgl. BAG vom 23.05.2007 – 10 AZR 295/06).
84Die Vereinbarung einer geltungsverschaffenden Bezugnahme kommt jedoch wie auch die Umdeutung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Willenserklärung (vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20) nur in Ausnahmefällen in Betracht.
85Dem Arbeitsvertrag der Parteien kommt im Streitfall kein derartiger Regelungsinhalt zu. Dabei ist zunächst zu berücksichtigten, dass die hier streitgegenständliche Betriebsvereinbarung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages selbst noch nicht geschlossen war. Damit hatten die Parteien in keinem Fall die Absicht, diese konkrete nach § 77 Abs. 3 BetrVG hinsichtlich der Arbeitszeit unwirksame Betriebsvereinbarung arbeitsvertraglich nachträglich inter partes zu heilen.
86Darüber hinaus kann dem Wortlaut des Arbeitsvertrages „Die Arbeitszeit ist mehrschichtig und ist in Betriebsvereinbarungen festgelegt.“ keinesfalls der Wille der Parteien entnommen werden, jede Regelung in einer Betriebsvereinbarung solle auf das Arbeitsverhältnis auch zu Lasten des Klägers selbst dann Anwendung finden, wenn sie nach dem gesetzlichen Willen der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien entzogen ist. Eine pauschale Regelung zur Betriebsvereinbarungsoffenheit kann denklogisch nur solche Betriebsvereinbarung in Bezug nehmen, für die den Betriebsparteien überhaupt ein Regelungsauftrag zusteht. Andernfalls würde sich der Arbeitnehmer einem absolut unabsehbaren Regelungsrisiko aussetzen. Ein derartiger Rechtsbindungswille kann dem konkreten Arbeitsvertrag in keiner Weise entnommen werden.
87(d) Die Parteien haben den Arbeitsvertrag des Klägers im Hinblick auf den Umfang der geschuldeten Arbeitszeit schließlich auch nicht dadurch konkludent abgeändert, dass sie diesen entsprechend den Vorgaben der Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 faktisch vollzogen hätten.
88Eine derartige Annahme scheitert allein, wenn auch nicht nur, daran, dass der Kläger seine Ansprüche auf Stundengutschriften unstreitig unmittelbar gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat und so keinesfalls vorbehaltlos 37,5 Wochenstunden als neue regelmäßig geschuldete Arbeitszeit leistete.
89cc) Sonstige Abänderungstatbestände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine individualrechtliche Vereinbarung behauptet nicht einmal die Beklagte. Ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit sieht auch der Manteltarifvertrag keine 37,5 Stunden-Woche vor.
90b) Der Kläger hat auch einen Anspruch darauf, dass die streitgegenständlichen Stunden in unstreitigem Umfang seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
91aa) Ein Anspruch auf Gutschrift bestimmter Zeiten auf einem Arbeitszeitkonto resultiert aus § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. mit gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder einzelvertraglichen Regelungen (vgl. BAG vom 05.10.2023 - 6 AZR 210/22). Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Tatbestandes, der Vergütung auch ohne Arbeitsleistung gewährt, nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss. Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbrachte oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen musste und diese bisher nicht vergütet und nicht in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurde. Dabei setzt eine Gutschrift voraus, dass die dem Arbeitszeitkonto zugrundeliegenden Regelungen die Umwandlung in und die Buchung der betreffenden Vergütungsbestandteile als Zeit auf diesen überhaupt zulassen (vgl. BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 581/18).
92bb) Ein solcher Anspruch folgt vorliegend unmittelbar aus der Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023. Hieraus ergibt sich, dass für Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmer der Beklagten ein Arbeitszeitkonto geführt wird, auf dem die Arbeitszeit saldiert wird.
93(1) Die Unwirksamkeit der Regelung zur Arbeitszeit nach § 77 Abs. 3 BetrVG berührt vorliegend nicht die Regelung zum Führen eines Arbeitszeitkontos.
94(a) Die Unwirksamkeit einzelner Regelungen einer Betriebsvereinbarung führt nicht notwendig zu deren Gesamtunwirksamkeit. Nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB ist eine Betriebsvereinbarung nur teilunwirksam, wenn der verbleibende Teil auch ohne die unwirksame Bestimmung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20; BAG vom 15.05.2018 - 1 ABR 75/16). Das folgt aus ihrem Normcharakter, der es gebietet, im Interesse der Kontinuität eine einmal gesetzte Ordnung aufrechtzuerhalten, soweit sie ihre Funktion auch ohne den unwirksamen Teil noch entfalten kann.
95(b) Danach erweist sich die Regelung zum Führung von Arbeitszeitkonten nicht als unwirksam. Sie stellt ohne die Einführung der 37,5-Stunden-Woche eine sinnvolle und in sich geschlossene, praktikable Regelung dar. Insbesondere kann sie die ihr zugedachte Funktion erfüllen. Die Betriebsparteien haben beide Regelungen materiell nicht untrennbar miteinander verknüpft.
96Derartiges folgt - anders als die Beklagte meint - nicht bereits aus dem Regelungsanlass. Dieser mag darin gelegen haben, die 37,5-Stundenwoche bei der Beklagten einheitlich einzuführen. Hiervon ist jedoch völlig unabhängig, ob für die Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto geführt wird oder nicht. Hinzu kommt, dass unstreitig bereits vor Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 Arbeitszeitkonten bei der Beklagten unter Geltung der verschiedenen Arbeitszeitmodelle geführt wurden. Es ist nicht ersichtlich, dass und warum ein Arbeitszeitkonto von einer bestimmten Wochenstundenzahl oder aber von einer einheitlichen wöchentlichen Arbeitszeit aller Arbeitnehmer abhängen soll.
97Soweit die Beklagte vorgebracht hat, es sei technisch nicht möglich, Arbeitnehmer mit 35 Stunden bei einem Vollzeitgehalt zu führen, verfängt dies nicht. Zum einen nimmt die Betriebsvereinbarung nicht Bezug auf ein bestimmtes Arbeitszeiterfassungssystem. Die Beklagte wäre also – die technischen Problem unterstellt - gehalten, ein solches zu verwenden oder zu ergänzen, dass den betrieblichen Anforderungen entspricht. Dass dies ohne weiteres möglich ist, zeigt die Tatsache, dass bei der Beklagten auch vor November 2023 eine Zeiterfassung bestand, die bei unterschiedlicher regelmäßiger Arbeitszeit und unterschiedlichen Löhnen der Arbeitnehmer geeignet war, deren Arbeitszeit zu erfassen. Dass dies sogar aufgrund entsprechender Betriebsvereinbarungen geschah, ist zwischen den Parteien unstreitig.
98(2) Die Beklagte geht auch in der Annahme fehl, der Kläger unterfalle als Arbeitnehmer, der lediglich 35 Wochenstunden an Tätigkeiten schulde, nicht dem Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger Teilzeitarbeitnehmer im Sinne der Betriebsvereinbarung ist. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer in Voll- oder Teilzeit tätig ist, ist stets anhand einer Referenzgröße zu ermitteln. Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 verhält sich ausschließlich über die Arbeitszeit und sieht insoweit eine Vollarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden vor. Da der Kläger dagegen nur 35 Wochenstunden schuldet (s.o.) ist er als Teilzeitarbeitnehmer i.S.d. Betriebsvereinbarung anzusehen und unterfällt zwanglos dem Begriff des „Mitarbeiters in Teilzeit“ nach deren § 2 Abs. 2. Dass der Kläger gleichwohl ein „Vollzeitgehalt“ verlangen kann, ist dabei unschädlich. Die Betriebsvereinbarung vom 23.10.2023 verhält sich nicht zu Gehaltshöhen. Weder ausdrücklich noch konkludent sind solche Mitarbeiter ihrem Anwendungsbereich entzogen, die bei 35 Wochenstunden ein Vollzeitgehalt erhalten.
99dd) Selbst wenn man aber den Betriebsparteien einen derartigen Regelungswillen unterstellen wollte, dürfte eine Herausnahme der „35-Wochenstunden-Vollzeitarbeitnehmer“ aus der Arbeitszeiterfassung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
100Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG hat zum Ziel, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhaltslagen sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen.
101Es sind vorliegend keine objektiven Umstände gegeben, die die Herausnahme der Gruppe an Arbeitnehmern, die bei einem Vollzeitgehalt eine wöchentliche Arbeitszeit von lediglich 35 Stunden schulden, rechtfertigen würde. Etwaige technische Probleme an der Arbeitszeiterfassung wären aus o.g. Gründen auch an dieser Stelle unbeachtlich.
102III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits als unterliegende Partei zu tragen.
103IV. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der aufgeworfenen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen auch keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.
104RECHTSMITTELBELEHRUNG
105Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
106Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.