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1. § 24 Abs. 2 TV-L ist nach § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung hinsichtlich der Höhe der Corona-Sonderzahlung bei Teilzeitbeschäftigten nur „entsprechend“ anwendbar. Dies führt im Rahmen einer Auslegung bei einem Arbeitnehmer, der sich in der Ansparphase der Teilzeit im Blockmodell befindet, jedenfalls im vorliegenden Fall dazu, dass für die Höhe der Corona-Sonderzahlung bzw. deren Kürzung ausnahmsweise auf das Verhältnis des durchschnittlichen individuell vereinbarten und verdienten verstetigten Entgelts im Verhältnis zu dem regelmäßigen verstetigten Entgelt eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten zum Stichtag am 29.11.2021 abzustellen ist.
2. Bei der Höhe des individuell vereinbarten und verdienten verstetigten Entgelts ist dabei nicht nur derjenige Entgeltanteil zu berücksichtigen, der unmittelbar an den Arbeitnehmer in der Ansparphase ausgezahlt wird. Auch der verdiente und spiegelbildlich erst in der Freistellungsphase fällige Entgeltanteil, der vorübergehend dem angesparten Arbeitszeitguthaben zugerechnet wird, geht in die Berechnung ein.
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 07.12.2022 - 3 Ca 745/22 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt das beklagte Land.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D
2Die Parteien streiten um einen weitergehenden Anspruch auf eine tarifliche Corona-Sonderzahlung.
3Die Klägerin ist seit dem 18.08.1997 bei dem beklagten Land als Lehrerin in einer Grundschule in A beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung ist der Arbeitsvertrag vom 15.08.1997 (Bl. 14-15 d.A., nachfolgend: „Arbeitsvertrag“), in dessen § 2 es heißt:
4„Das Arbeitsverhältnis bestimmt nicht nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen sowie der Sonderregelung für Angestellte Lehrkräfte SR 2 l BAT.“
5Die Klägerin erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe E11, Stufe 6 der Entgeltordnung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (nachfolgend: „TV-L“).
6Mit Änderungsvertrag vom 22.11.2019 (Bl. 16-17 d.A., nachfolgend: „Änderungsvertrag“) vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell. Darin heißt es auszugsweise:
7„§ 1
8Der Arbeitsvertrag vom 15.08.1997 wird wie folgt geändert:
9[…]
10Die Teilzeitbeschäftigung in Form der Jahresfreistellung entsprechend dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 20.02.2017 - BASS 21-05 Nr. 13 - beginnt am 01.02.2020 und endet am 31.01.2025.
11Vom 01.02.2020 bis 31.07.2022 erfolgt eine Beschäftigung im Umfang von 23,00 Pflichtwochenstunden. Daran schließt sich eine völlige Freistellung von der Arbeitsverpflichtung vom 01.08.2022 bis 31.01.2025 an.
12Die Teilzeitbeschäftigung wird gem. § 11 TV-L i.V.m. § 65 Abs. 1 LBG gewährt. Das Entgelt wird anteilig mit 11,50 / 28,00 gezahlt.
13§ 2
14Die übrigen Bestimmungen des zugrunde liegenden Arbeitsvertrags und evtl. später abgeschlossener Verträge bleiben unberührt.
15[…]“
16Im Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des beklagten Landes mit dem Titel „Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell für Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis und beamtete Lehrkräfte“ v. 20.02.2017 - 211-1.12.02.02-135346 (nachfolgend: „RL Blockmodell TB-Lehrkräfte“) heißt es, soweit von Bedeutung, wie folgt:
17„I. Formen der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodellund Bewilligungsvoraussetzungen (§ 65 Absatz 1 Landesbeamtengesetz - LBG NRW)
18Die Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell ist eine besondere, zeitlich befristete Form der Teilzeitbeschäftigung. Für den gesamten Bewilligungszeitraum gilt eine einheitliche Teilzeitquote (und damit eine einheitliche anteilige Besoldung). Die Arbeitszeit ist jedoch ungleichmäßig verteilt. Während sie im ersten Teil des Bewilligungszeitraums bis (maximal) zur regelmäßigen Arbeitszeit erhöht ist (Ansparphase), wird diese Erhöhung im unmittelbar daran anschließenden zweiten Teil des Bewilligungszeitraums durch eine entsprechende Ermäßigung der Arbeitszeit oder durch eine ununterbrochene Freistellung vom Dienst ausgeglichen (Ermäßigungs- oder Freistellungsphase).
19[…]
20IV. Arbeits-, sozialversicherungs- und dienstrechtliche Auswirkungen
21Die Lehrkräfte erhalten je nach dem gewählten Teilzeitmodell für den gesamten Zeitraum einschließlich der Ermäßigungs- oder Freistellungsphase ihr jeweils anteiliges Entgelt oder ihre anteilige Besoldung.
22[…]“
23Im Einklang mit den getroffenen Vereinbarungen im Änderungsvertrag ging die Klägerin im Zeitraum vom 01.02.2020 bis 31.07.2022 ihrer Tätigkeit im Umfang von 23 Wochenstunden nach. Sie erhielt ihre Grundvergütung in diesem Zeitraum indes nur – wie vereinbart – auf Basis von 11,5 Wochenstunden, was zuletzt im Monat November 2021 einer monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.156,66 EUR entsprach.
24Am 29.11.2021 schlossen die Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der dbb beamtenbund und tarifunion den „Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung (TV Corona-Sonderzahlung)“ ab. Dieser lautet auszugsweise:
25„§ 1 Geltungsbereich
26Dieser Tarifvertrag gilt für Personen, die am 29. November 2021 unter den Geltungsbereich eines der nachstehenden Tarifverträge fallen:
27a) Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),
28[…]
29§ 2 Einmalige Corona-Sonderzahlung
30(1) Personen, die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen, erhalten eine einmalige Corona-Sonderzahlung spätestens mit dem Tabellen-, Ausbildungs-, Studierenden- bzw. Praktikantenentgelt (Entgelt) für März 2022 ausgezahlt, wenn das Arbeits-, Ausbildungs-, Studien- oder Praktikantenverhältnis am 29. November 2021 bestanden hat und in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 29. November 2021 an mindestens einem Tag Anspruch auf Entgelt bestanden hat.
31Protokollerklärungen zu Absatz 1:
321.1 Die einmalige Corona-Sonderzahlung wird zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Entgelt gewährt. Es handelt sich um eine Beihilfe bzw. Unterstützung des Arbeitgebers zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise im Sinne des § 3 Nummer 11a des Einkommensteuergesetzes.
331.2 Anspruch auf Entgelt im Sinne des Absatzes 1 sind auch die Ansprüche auf Entgeltfortzahlung aus Anlass der in § 21 Satz 1 und § 29 TV-L genannten Ereignisse sowie der Anspruch auf Krankengeldzuschuss (§ 22 Absatz 2 und 3 TV-L), auch wenn dieser wegen der Höhe des zustehenden Krankengeldes oder einer entsprechenden gesetzlichen Leistung nicht gezahlt wird.
34[…]
35(2) Die Höhe der einmaligen Corona-Sonderzahlung beträgt für die Beschäftigten im Sinne von § 1 Buchst. a 1.300 Euro, im Übrigen 650 Euro. § 24 Absatz 2 TV-L gilt entsprechend. Maßgeblich sind die jeweiligen Verhältnisse am 29. November 2021.
36[…]“
37§ 24 TV-L lautet auszugsweise:
38„§ 24 Berechnung und Auszahlung des Entgelts
39[…]
40(2) Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, erhalten Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht.
41[…]“
42Die „Durchführungshinweise der TdL vom 29.11.2021 zum Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung TV Corona-Sonderzahlung vom 29.11.2021“ (nachfolgend: „Durchführungshinweise der TdL“) beinhalten in Ziff. 3 zur Höhe der Sonderzahlung u.a. Folgendes:
43„3. Zu § 2 Absatz 2 – Höhe der Sonderzahlung
44[…]
45Am 29. November 2021 in Teilzeit Beschäftigte, Auszubildende, dual Studierende und Praktikantinnen/Praktikanten erhalten die einmalige Corona-Sonderzahlung anteilig entsprechend ihrem Teilzeitumfang (§ 2 Absatz 2 Satz 2, 3 TV Corona-Sonderzahlung i. V. m. § 24 Absatz 2 TV-L).
46[…]
47Bei Beschäftigten in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis oder in einem Sabbatjahrmodell ist nach den Regelungen zu verfahren, die hier für andere Einmalzahlungen (z. B. Jahressonderzahlung) angewendet werden.
48[…]“
49Mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Februar 2022 zahlte das beklagte Land der Klägerin vor diesem Hintergrund eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 533,91 EUR netto aus. Bei der Berechnung legte das beklagte Land, vor dem Hintergrund der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin im Blockmodell, die auf der Grundlage des Teilzeitumfangs von 11,5/28 Wochenstunden ermittelten Entgeltbezüge zugrunde. Hieraus errechnete es eine Corona-Sonderzahlung i.H.v. anteilig 41,07 Prozent.
50Mit ihrer am 13.07.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 15.07.2022 zugestellten Klage begehrt die Klägerin nach erfolgloser außergerichtlicher Korrespondenz die Zahlung eines weiteren Betrages in selber Höhe als Corona-Sonderzahlung. Seit dem 01.08.2022 befindet sie sich – wie vereinbart – in der Freistellungsphase der Teilzeit im Blockmodell.
51Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe insgesamt eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1.067,82 EUR zu. Dies entspreche dem Umfang ihrer am Stichtag des 29.11.2021 tatsächlich ausgeübten Teilzeittätigkeit von 23 Wochenstunden. Das beklagte Land habe – unstreitig – hierauf lediglich 533,91 EUR netto geleistet, sodass noch ein weiterer Betrag von 533,91 EUR offen sei.
52Dies folge sinngemäß aus einer Auslegung des TV Corona-Sonderzahlung. Richtigerweise sei für die Berechnung der Höhe der Corona-Sonderzahlung auf die vom BAG entwickelten Grundsätze zur Vergütung bei einer Altersteilzeitbeschäftigung im Blockmodell abzustellen. Denn ebenso wie bei der Altersteilzeit im Blockmodell sei auch in ihrem Fall, der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell, zwischen der Anspar- und der Freistellungsphase zu unterscheiden. Das BAG halte in seiner Entscheidung vom 18.09.2018 (9 AZR 159/18) beide Modelle für vergleichbar. In beiden Modellen trete der Arbeitnehmer in der Ansparphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die sich anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Während der Arbeit, d.h. der Ansparphase, werde ein Wertguthaben erarbeitet, in welches die Hälfte aller Entgeltbestandteile einfließe, die dem Arbeitnehmer während der Arbeitsphase zustünden. Zu diesen Entgeltbestandteilen gehörten auch Einmalzahlungen, wie etwa die Corona-Sonderzahlung. Diese andere Hälfte sei dem Wertguthaben zuzuführen, deren fällige Auszahlung sie nunmehr sinngemäß verlange. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck des TV Corona-Sonderzahlung. Dieser berücksichtige, dass Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich während der Pandemie nur entsprechend ihres Teilzeitumfangs belastet würden. Dieser Gedanke könne indes für sie nicht gelten, da sie aufgrund ihrer tatsächlich geleisteten Stunden eine (nahezu) vollständige Pandemiebelastung erfahren habe. Der Berechnung der Corona-Sonderzahlung der Höhe nach seien daher im Ergebnis 23 (tatsächliche) Wochenstunden zugrunde zu legen. Damit sei noch ein weiterer Betrag von 533,91 EUR offen.
53Eine konkrete Regelung, die – wie von diesen Grundsätzen abweichend – der besonderen Ansparsituation bei ihrer Teilzeit im Blockmodell Rechnung trage, sei weder dem TV Corona-Sonderzahlung, noch den Durchführungshinweisen der TdL zu entnehmen. Letztere stellten lediglich darauf ab, dass bei Beschäftigten im Sabbatjahrmodell nach den Regelungen zu verfahren sei, „die hier für andere Einmalzahlungen (z. B. Jahressonderzahlung) angewendet“ würden. Der Verweis auf jährliche Jahressonderzahlungen, insbesondere i.S.d. § 20 TV-L sei indes nicht zielführend, da diese jedes Jahr erneut ausgezahlt würden. Die sich im Streitfall bei ausschließlich einmaliger Zahlung ergebenden Probleme stellten sich damit zwangsläufig nicht.
54Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
55das beklagte Land zu verurteilen, an sie weitere 533,91 EUR brutto zu zahlen.
56Das beklagte Land hat beantragt,
57die Klage abzuweisen.
58Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine weitere Corona-Sonderzahlung.
59Aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin im Blockmodell habe die Berechnung der Corona-Sonderzahlung – entsprechend der Durchführungshinweise der TdL – nach den Vorgaben für Einmalzahlungen (z. B. Jahressonderzahlung) zu erfolgen. Dabei differenzierten die Durchführungshinweise nicht zwischen der Altersteilzeit und der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des BAG zur Altersteilzeit im Blockmodell verfange schon deshalb nicht, weil die Berechnung in beiden Fällen gemäß den Durchführungshinweisen der TdL anhand der Regelungen zu Einmalzahlungen (hier: § 20 TV-L Jahressonderzahlung) einheitlich zu erfolgen habe. Am Stichtag des 29.11.2021 habe die Klägerin sich in der Ansparphase der Teilzeitbeschäftigung befunden. Ihr seien aber faktisch Bezüge im Umfang von 11,5/28 gezahlt worden, was 41,07 % einer Vollzeittätigkeit entspreche. Deshalb seien auch nur 41,07 % von 1.300,00 EUR auszuzahlen gewesen. Diese entsprechende Schuld von 533,91 EUR habe sie – unstreitig – berichtigt.
60Die Rechtsprechung zur Altersteilzeit sei auch nicht entsprechend heranzuziehen. Insbesondere stehe der Klägerin auch kein Wertguthaben auf die zweite Hälfte der Corona-Sonderzahlung zu. Bei der Altersteilzeit im Blockmodell werde in der Ansparphase ein Wertguthaben aufgebaut und in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. Bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell werde demgegenüber ein Arbeitszeitguthaben – wie ein Überstundenguthaben – in der Ansparphase auf- und in der Freistellungsphase abgebaut. Überstunden bei Teilzeitkräften führten aber nicht zu einer Erhöhung der Corona-Sonderzahlung.
61Mit Urteil vom 07.12.2022 hat das Arbeitsgericht das beklagte Land – unter Zulassung der Berufung – verurteilt, an die Klägerin weitere 533,91 EUR brutto zu zahlen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Zwischen den Parteien sei im Ausgangspunkt unstreitig, dass der TV Corona-Sonderzahlung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung finde. Sie erfülle sinngemäß auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung. Insoweit stünde der Klägerin indes noch ein weiterer Anspruch in ausgeurteilten Höhe zu. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung gelte § 24 Abs. 2 TV-L entsprechend. Danach erhielten Teilzeitbeschäftigte ihr Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit, gemessen an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter, entspreche. Dabei sei davon auszugehen, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem 29.11.2021, tatsächlich in einem Umfang von 23 Pflichtwochenstunden beschäftigt worden sei. Dieser tatsächliche und nicht der vereinbarte Stundenumfang sei damit auch bei der Berechnung der Höhe der Corona-Sonderzahlung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BAG zur Altersteilzeit trete der Arbeitnehmer in der Ansparphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die sich anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er erarbeite sich ein Altersteilzeitwertguthaben, das nicht im Monat der Arbeitsleistung, sondern erst in der Freistellungsphase vergütet werde. Im Rahmen und im Umfang eben dieser Vorleistung sei die Klägerin aber von der besonderen Situation der Corona-Pandemie betroffen, welcher die Corona-Sonderzahlung habe Rechnung tragen sollen. Nichts Anderes ergebe sich aus dem RL Blockmodell TB-Lehrkräfte. Soweit dieser für den Bewilligungszeitraum der Teilzeitbeschäftigten im Blockmodell eine einheitliche Teilzeitquote und Besoldung vorsehe, entspreche dies – sinngemäß – jedenfalls nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Arbeitszeit der Klägerin habe gerade 23 Wochenstunden betragen. Gerade die tatsächliche Arbeit während der Pandemie – und damit auch deren Umfang – sowie die damit verbundene erhöhte Gefahr für die persönliche Gesundheit – zählten zu diesen besonderen Belastungen durch die Corona-Krise. § 2 Abs. 1 des TV Corona-Sonderzahlung knüpfe dieser gerade an einen Entgeltanspruch für mindestens einen Tag im Zeitraum vom 01.01. bis 29.11.2021 an. Dies verdeutliche, dass die Corona-Sonderzahlung gerade für die tatsächlichen Belastungen zu diesem Zeitpunkt gezahlt würde. Daher fließe die andere – vorliegend streitige – Hälfte der Corona-Sonderzahlung auch nicht etwa in das Wertguthaben, mit der Folge, dass der Anspruch – sinngemäß – insgesamt bereits fällig sei.
62Gegen das dem beklagten Land am 10.01.2023 zugestellte Urteil hat dieses mit am 31.01.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, welche es mit am 28.02.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz unter Vertiefung und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags wie folgt begründet:
63Das Arbeitsgericht habe die Vorschriften des § 2 Abs. 1, 2 TV Corona-Sonderzahlung sowie des § 24 Abs. 2 TV-L unzutreffend angewandt. Bereits dem eindeutigen Wortlaut sei die zutreffende Höhe der Corona-Sonderzahlung zu entnehmen. Diese richte sich ihrer Höhe nach nach dem Verhältnis der individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigte. In diesem Zusammenhang sehe die durch den Änderungsvertrag in Bezug genommene RL Blockmodell TB-Lehrkräfte vor, dass für den gesamten Bewilligungszeitraum eine einheitliche Teilzeitquote gelte. Vor diesem Hintergrund sei es allein zutreffend, die Höhe der Corona-Sonderzahlung nach dem relativen Umfang der vereinbarten und gerade nicht der tatsächlichen Beschäftigung zu bemessen. Dies entspreche im Übrigen nunmehr auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG, 28.03.2023 - 9 AZR 107/22). Diese habe für das Entstehen des Anspruchs sowie dessen Höhe bei einem in der Freistellungsphase befindlichen Arbeitnehmer klargestellt, dass es gerade nicht auf die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung ankomme. Das Arbeitsgericht umgehe in seinem Urteil eben diese Voraussetzungen, wenn es auf den Umfang der tatsächlich erbrachten Wochenstunden im November 2021 abstelle.
64Das beklagte Land beantragt sinngemäß,
65das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 07.12.2022 - Az.: 3 Ca 745/22 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
66Die Klägerin beantragt,
67die Berufung zurückzuweisen.
68Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Soweit das beklagte Land allein auf die vertraglich vereinbarte Teilzeitquote abstelle, lasse es einen entscheidenden Umstand völlig außer Betracht. Die Durchführungshinweise der TdL selbst differenzierten ausdrücklich zwischen der „normalen“ Teilzeitbeschäftigung sowie Beschäftigten in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis bzw. Sabbatjahr-Modell. Während Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich die Corona-Sonderleistung entsprechend ihres Teilzeitumfangs erhielten, sähen die Durchführungshinweise für Beschäftigte im Altersteilzeitarbeitsverhältnis sowie im Sabbat-Jahr-Modell gerade andere Regelungen vor. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Verständnis, wonach es für die Höhe der Corona-Sonderzahlung allein auf den Umfang der vereinbarten Arbeitszeit ankomme, zu einer Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten im Blockmodell führte. Die Differenzierung zwischen Voll- und Teilzeitkräften im benannten Tarifvertrag beruhe doch gerade darauf, dass diese unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt gewesen seien. Wenn aber eine Teilzeitkraft – sinngemäß – im selben Umfang wie eine Vollzeitkraft tatsächlich Tätigkeiten in der Ansparphase nachgehe, erweise es sich als Ungleichbehandlung, wenn letztere lediglich einen verringerten Satz der Corona-Sonderzahlung erhielten. Sofern das Berufungsgericht indes unter Anknüpfung an die vereinbarte Arbeitszeit (einheitliche Teilzeitquote) davon ausgehe, dass in der Ansparphase lediglich die Hälfte der Corona-Sonderzahlung auszuzahlen sei, sei die andere Hälfte ihres Anspruchs dem Wertguthaben zugeflossen. Sie könne daher jedenfalls auf dieser Basis die Auszahlung weiterer 533,91 EUR beanspruchen.
69Mit Schriftsätzen vom 18.10.2023 sowie 27.10.2023 haben das beklagte Land und die Klägerin einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Der Vorsitzende hat daraufhin den Termin zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 21.11.2023 sowie den Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 05.12.2023 bestimmt.
70Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
71E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
72I. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 S. 1 ZPO. Die Zustimmung der Parteien lag keine drei Monate zurück, § 128 Abs. 2 S. 3 ZPO.
II. Die Berufung des beklagten Landes hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist aufgrund der Zulassung der Berufung durch das Arbeitsgericht statthaft gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. a) ArbGG, nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG mit am 31.01.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz gegen das dem beklagten Land am 10.01.2023 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG mit am 28.02.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ordnungsgemäß begründet worden.
792. Die Berufung ist indes unbegründet.
80Die Klägerin hat gegen das beklagte Land – wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat – einen weitergehenden Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von weiteren 533,91 EUR. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. § 2 Abs. 1, 2 S. 1, 2 TV Corona-Sonderzahlung i.V.m. § 24 Abs. 2 TV-L.
81Der auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbare TV Corona-Sonderzahlung (a)) begründet zugunsten der Klägerin einen fälligen Anspruch auf Zahlung in Höhe von grundsätzlich 1.067,82 EUR (b)), welchen das beklagte Land lediglich in Höhe von 533,91 EUR berichtigt hat (c)).
82a) Der TV Corona-Sonderzahlung ist zunächst auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbar.
83aa) Der TV Corona-Sonderzahlung gilt gemäß seines § 1 lit. a) u.a. für Personen, die am 29.11.2021 unter den Geltungsbereich des TV-L fallen.
84bb) So liegen die Dinge hier.
85Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. § 2 des Änderungsvertrags der TV-L in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.
86(1) Nach § 2 des Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem „Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen“. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die den jeweiligen BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge erfasst (BAG, 16.11.2011 - 4 AZR 246/10, Rn.19).
87(2) Die Bezugnahmeregelung erfasst nach ihrem Wortlaut weder den den BAT in der für den Bund geltenden Fassung zum 01.10.2005 ersetzenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13.09.2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund] vom 13.9.2005), noch den für den Bereich der Länder ab dem 01.11.2006 geltenden TV-L, der gleichfalls nach § 2 TVÜ-Länder den BAT im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder abgelöst hat. Beide Tarifverträge sind keine jeweilige Fassung des BAT (BAG, 03.07.2013 - 4 AZR 41/12, Rn. 13). Eine Bezugnahme auf die den BAT „ersetzenden Tarifverträge“ fehlt gerade (vgl. BAG, 11.07.2018 - 4 AZR 444/17, Rn. 24).
88(3) Die Anwendbarkeit des TV-L ergibt sich aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. zu einer entsprechenden Klausel zuletzt: BAG, 26.04.2023 - 4 AZR 249/21, Rn. 16).
89(a) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden (vgl. BAG, 25.02.2015 - 5 AZR 481/13, Rn. 17, 18).
90Die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT ist zu einer statischen geworden, da das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird. Eine statische Weitergeltung des BAT und damit eine überholte tarifliche Rechtslage entspricht aber nicht dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme und dem Regelungswillen der Parteien (BAG, 14.12.2011 - 10 AZR 447/10, Rn. 22)
91(b) Es ist daher zu fragen, was die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags vereinbart hätten, wenn ihnen unter Berücksichtigung einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG,16.12.2009 - 5 AZR 888/08, Rn. 18 ff.).
92Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung („den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen“), dass die Parteien die Regelung ihres Arbeitsverhältnisses an die Dynamik der Tarifverträge anpassen wollten (vgl. BAG, 14.12.2011 - 10 AZR 447/10, Rn. 21). Deshalb hätten die Parteien redlicher Weise für den Fall einer Tarifsukzession das dem BAT nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Rechte und Pflichte aus dem Arbeitsverhältnis vereinbart. Ein „Einfrieren“ der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession entsprach nicht ihren Interessen. Zum anderen haben die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen für die Zukunft sich der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.
93(c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30.09.2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Diensts bei Bund, Länder und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung bzw. welcher Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis der Klägerin maßgeblich sein soll. Dies ist bei zutreffender Betrachtung der TV-L, weil das beklagte Land dem öffentlichen Dienst der Länder zuzurechnen ist. Dementsprechend hat auch das beklagte Land die Klägerin zutreffend in den TV-L rein tatsächlich übergeleitet.
94(4) Diese ergänzende Vertragsauslegung besaß nach Auffassung der Kammer auch Bedeutung über den 22.11.2019 hinaus.
95Gegenteiliges ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht daraus, dass die auf diesen Tag datierende Änderungsvereinbarung in zeitlicher Hinsicht nach der (teilweisen) Tarifsukzession des BAT durch den TV-L abgeschlossen wurde, ohne ausdrücklich § 2 des Arbeitsvertrags zu modifizieren, d.h. den TV-L in Bezug zu nehmen.
96Die Parteien lebten zu diesem Zeitpunkt den TV-L im Arbeitsverhältnis bereits über ein Jahrzehnt. Aufgrund dieser Vertragspraxis (vgl. BAG, 03.07.2013 - 4 AZR 41/12, Rn. 27) hätte es daher deutlicher Anhaltspunkte bedurft, sofern von den Parteien eine Abkehr von der durch ergänzende Vertragsauslegung gewonnenen und von den Parteien gelebten Bezugnahme auf den TV-L gewünscht gewesen wäre.
97Daran fehlt es.
98Vielmehr haben diese die bisherige Vertragspraxis über den vorgenannten Zeitpunkt hinaus fortgesetzt und im Übrigen in § 2 des Änderungsvertrags vereinbart, dass es bei den bisherigen Vereinbarungen – abseits der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell – verbleiben soll.
99b) Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung (aa)), welcher in Höhe von insgesamt 1.067,82 EUR entstanden ist (bb)). Dieser Anspruch ist nunmehr auch insgesamt fällig (cc)).
100aa) Ein solcher Anspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung.
101(1) Danach haben Personen, die dem TV-L am 29.11.2021 unterfallen, einen Anspruch auf eine einmalige Corona-Sonderzahlung, spätestens mit dem Tabellenentgelt für März 2022, wenn das Arbeitsverhältnis an eben diesem Tag bestanden hat und in der Zeit vom 01.01.2021 bis zum 29.11.2021 an mindestens einem Tag ein Anspruch auf Entgelt gegeben war.
102(2) Diese Voraussetzungen liegen vor.
103Aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung des § 2 des Arbeitsvertrags unterfällt die Klägerin – genauer das Arbeitsverhältnis der Parteien – dem Anwendungsbereich des TV-L. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand am 29.11.2021 und die Klägerin ist unstreitig im Jahr 2021 ihrer Entgeltansprüche begründenden tatsächlichen Tätigkeit nachgegangen.
104bb) Der Anspruch ist der Höhe nach – entgegen der Auffassung des beklagten Landes – in einem Umfang von 1.067,82 EUR entstanden.
105(1) Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1, 2 TV Corona-Sonderzahlung beträgt für die Beschäftigten, welche dem TV-L unterfallen, die Höhe der Corona-Sonderzahlung 1.300,00 EUR. Für Teilzeitbeschäftigte gilt § 24 Abs. 2 TV-L entsprechend, wobei die jeweiligen Verhältnisse am 29.11.2021 maßgeblich sind. Gemäß § 24 Abs. 2 TV-L erhalten Teilzeitbeschäftigte, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht.
106(2) Gemessen an diesen Anforderungen ist der Anspruch in Höhe von 1.067,82 EUR entstanden.
107Dies ergibt eine Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung, wonach § 24 Abs. 2 TV-L nur „entsprechend“ gilt.
108Bei zutreffender Auslegung ist – jedenfalls bei der Entstehung des Anspruchs in der Ansparphase der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell im vorliegenden Fall – weder die der Höhe nach vereinbarte, noch die tatsächliche abgeleistete Arbeitszeit (etwa inklusive erbrachter Überstunden), sondern ausnahmsweise das durchschnittliche individuelle Arbeitsentgelt im Verhältnis zu dem Entgelt eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten für die Höhe des Anspruchs maßgeblich.
109(a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des BAG den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG, 13.10.2021 - 4 AZR 365/20, Rn. 21). Außerdem sind Tarifnormen, soweit sie dies zulassen, grundsätzlich so auszulegen, dass sie nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen und damit Bestand haben (Gebot der gesetzeskonformen Auslegung; st. Rspr., vgl. BAG, 01.12.2020 - 9 AZR 104/20, Rn. 29).
110(b) Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu dem bezeichneten Auslegungsergebnis.
111(aa) Mit Blick auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass dieser nur die „entsprechende“ und keine „unmittelbare“ Anwendung des § 24 Abs. 2 TV-L anordnet.
112Erklärt eine (Tarif-)Norm eine bestimmte Vorschrift nur für „entsprechend anwendbar”, kann auch die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift gemeint sein. Die sinngemäße Anwendung eines Tarifvertrags erlaubt es, unterschiedliche Regelungssysteme in Übereinstimmung zu bringen und den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in jeder Hinsicht unverändert anzuwenden (vgl. BAG, 12.12.2007 - 10 AZR 19/07, Rn. 18). Eine Abweichung von dem in dem Bezug genommenen Tarifvertrag enthaltenen Wortlaut mutatis mutandis ist daher insbesondere dann denkbar, wenn nur dies zu einer vernünftigen sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt.
113Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung zwingt damit – entgegen der Auffassung des beklagten Landes – nicht zu einer unmittelbaren Anwendung des § 24 Abs. 2 TV-L, wonach sich wiederum nur auf die vertraglich vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit im Verhältnis zu der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft abstellen ließe. Er gibt vielmehr vor, dass die Regelung des TV-L unter Berücksichtigung des Zwecks des TV-Corona-Sonderzahlung sowie des zu beurteilenden Sachverhalts angemessen „entsprechend“ auszulegen ist. Im Ergebnis gibt der Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung demnach keine eindeutige Auslegung vor.
114Es ist damit nach dem Wortlaut zur Bemessung der Höhe der Corona-Sonderzahlung auch im vorliegenden Fall nicht zwingend, die nach § 1 des Änderungsvertrags i.V.m. I. S. 2 der RL Blockmodell TB-Lehrkräfte, § 11 TV-L, § 65 LBG NRW in der maßgeblichen Ansparphase vereinbarte individuelle (wöchentliche) Arbeitszeit von 11,5 Stunden im Verhältnis zu der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zum Stichtag des 29.11.2021 als maßgeblich zu erachten.
115(bb) Die systematische Auslegung spricht nach Auffassung der Kammer ebenfalls jedenfalls nicht gegen ein Abstellen auf das durchschnittliche individuell verdiente Arbeitsentgelt im Verhältnis zu dem Entgelt eines im Übrigen vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten auf Basis der regelmäßigen Arbeitszeit zum Stichtag.
116So ist es nach § 2 Abs. 1 des TV-Corona-Sonderzahlung für die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach ausreichend, wenn die Arbeitnehmer im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 29.11.2021 mindestens einen Tag Anspruch auf Entgelt haben. Die Tarifnorm knüpft damit, jedenfalls zur Begründung des Anspruchs dem Grunde nach, gerade nicht an eine vereinbarte oder erbrachte Arbeitsleistung an. Insbesondere können nach der Protokollerklärung zu Abs. 1 solche Ansprüche auf Entgelt auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung oder sogar Zuschüsse zum Krankengeld sein. Die Systematik bietet damit jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Corona-Sonderzahlung dem Grunde nach an die tatsächliche Leistungserbringung bzw. deren Umfang im Sinne der tatsächlichen Arbeitszeit anknüpfen würde (vgl. BAG, 25.07.2023 - 9 AZR 332/22, Rn. 16). Gleiches gilt für die vereinbarte durchschnittliche individuelle Arbeitszeit. Die Corona-Sonderzahlung knüpft in ihrer Entstehung vielmehr allein an einen Entgeltanspruch an.
117Dies setzt sich für die vorliegende Spezialkonstellation nach Auffassung der Kammer bei der Berechnung der Höhe der Corona-Sonderzahlung bei einer Teilzeitbeschäftigung nach § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung i.V.m. § 24 Abs. 2 TV-L fort. Eine unmittelbare Bezugnahme auf § 24 Abs. 2 TV-L liegt nicht vor. Allein in diesem Fall wäre dann typisiert auf die vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit des Teilzeitarbeitnehmers im Verhältnis zur regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten abzustellen. Es ist daher maßgeblich nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften zu entscheiden, wie die entsprechende Verweisung zu verstehen ist, wobei der Anspruch – wie ausgeführt – jedenfalls in seiner Entstehung an einen Entgeltanspruch anknüpft.
118(cc) Für eine Anknüpfung an die verdiente durchschnittliche Entgelthöhe zum Stichtag streitet der Sinn und Zweck der Regelungen zur Corona-Sonderzahlung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell.
119(aaa) Ziff. 1.1. der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung definiert die vom Arbeitgeber geschuldete Leistung als „Beihilfe bzw. Unterstützung“ i.S.d. § 3 Nr. 11a EStG zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise. Die Anknüpfung an die steuerliche Bestimmung spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anspruch nicht von einer besonderen Belastung aufgrund geleisteter Arbeit abhängig gemacht haben, sondern die finanziellen Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie unabhängig von einer Arbeitsleistung oder deren Umfang abmildern wollten. Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG sind uneigennützige Unterstützungsleistungen (BFH, 05.11.2014 - VIII R 27/11, Rn. 27), die unabhängig von einem entgeltlichen Austauschgeschäft gezahlt werden (BFH, 14.07.2020 - VIII R 27/18, Rn. 18). Es liegt nahe, dass die Uneigennützigkeit auch Voraussetzung für die Steuerprivilegierung von arbeitgeberseitigen Beihilfen und Unterstützungsleistungen nach § 3 Nr. 11a EStG ist (so auch Schmidt/Levedag, EStG, 41. Aufl. 2022, § 3, Rn. 48), auf die die Tarifvertragsparteien ausdrücklich verwiesen haben (BAG, 25.07.2023 - 9 AZR 332/22, Rn. 20).
120(bbb) Mit Blick auf die Höhe der Zahlung beabsichtigten die Tarifvertragsparteien mit § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung einen der Höhe nach nicht etwa an die Arbeitszeit angepassten, sondern an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren. Die Anknüpfung an die durchschnittliche individuelle Arbeitszeit fand nur Berücksichtigung, als dass durch ein Abstellen auf diese grundsätzlich typischer Weise die Höhe der individuellen durchschnittlichen Vergütung bei Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten pro rata temporis mittelbar in Bezug genommen ist. Die Tarifvertragsparteien wollten den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen Corona-Folgen gerade an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechende Vergütung anknüpfen, da die Beschäftigten aus dieser ihre Aufwendungen erfahrungsgemäß decken (BAG, 28.03.2023 - 9 AZR 217/22, Rn. 25).
121(ccc) Im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell besteht nun die Besonderheit, dass der Arbeitnehmer sowohl während der Ansparphase als auch während der Freistellungsphase das Entgelt eines Teilzeitbeschäftigten erhält. Entsprechendes sehen vorliegend auch § 1 des Änderungsvertrags zwischen den Parteien sowie die in Bezug genommene IV. der RL Blockmodel TB-Lehrkräfte vor.
122Die Verstetigung der Entgeltzahlung über die Ansparphase hinaus wird durch die Wertstellung der über die Teilzeitquote hinausgehenden tatsächlich erbrachten Arbeitszeit erreicht. Im Ergebnis geht damit der Arbeitnehmer, der von der Teilzeit im Blockmodell Gebrauch macht, ähnlich einem Arbeitnehmer im Blockmodell der Altersteilzeit, in der Ansparphase mit seiner vollen (oder teilweisen) Arbeitsleistung im Hinblick auf die sich anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er erarbeitet sich (auch) ein Arbeitszeitguthaben, das nicht im Monat der Arbeitsleistung, sondern erst in der Freistellungsphase vergütet, d.h. fällig wird (BAG, 18.09.2018 - 9 AZR 159/18, Rn. 20, 24). Das in der Freistellungsphase gezahlte Entgelt ist gerade die Gegenleistung für die während der Arbeitsphase geleistete Arbeit (vgl. zur Altersteilzeit: BAG, 25.07.2023 – 9 AZR 332/22, Rn. 37).
123Gleichwohl gehen die individuellen Vereinbarungen vorliegend davon aus, dass die individuell vereinbarte Arbeitszeit durchgehend einheitlich ist. Damit fallen atypisch, aber zielgerichtet die vereinbarte individuelle Arbeitszeit einerseits und das tatsächlich verdiente Entgelt andererseits auseinander.
124(ddd) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass nach dem Willen der Parteien die Klägerin bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des 29.11.2021 zwar nur eine Arbeitszeit von 11,5 Stunden vereinbart haben mag. Nach dem Willen der Parteien verdiente sie indes in der Ansparphase Arbeitsentgelt in doppelter Höhe. So verdiente sie die zum üblichen Zeitpunkt fällige Vergütung für 11,5 Stunden und darüber hinaus ein Arbeitszeitguthaben für die Freistellungphase von weiteren 11,5 Stunden pro Woche. Diesem atypischen Umstand haben die Tarifvertragsparteien – nach Auffassung der Kammer – im TV Corona-Sonderzahlung nicht hinreichend Rechnung getragen. Das von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte Abstellen auf das Arbeitsentgelt mittelbar über die individuell vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit im Verhältnis zu der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten versagt bei dem Rechtskonstrukt der Teilzeit im Blockmodell.
125Es erscheint daher sachgerecht, entsprechend des Willens der Tarifvertragsparteien, auf das vereinbarte verdiente durchschnittliche individuelle Arbeitsentgelt zum Stichtag abzustellen und somit bei der Klägerin von der aquivaltenten „individuellen Arbeitszeit“ bei einer entsprechenden Anwendung des § 24 Abs. 2 TV-L von 23 Stunden auszugehen, welche ins Verhältnis zu 28 Stunden einer Vollzeitkraft zu setzen sind.
126Dem entspricht es im Übrigen, wenn die TdL in ihren Durchführungshinweisen darauf Bezug nimmt, dass bei Arbeitnehmern im Sabbatjahrmodell wie bei Jahressonderzahlungen zu verfahren ist. Für diese ist anerkannt, dass der Anspruch entsprechend der Höhe der geschuldeten Vergütung (die sich ggf. nach anderen Vorschriften bemisst) voll entsteht (und dann teilweise dem Wertguthaben zugeführt wird, BAG, 25.07.2023 - 9 AZR 332/22, Rn. 39).
127(dd) Nach Auffassung der Kammer fordert auch eine gesetzeskonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 des TV Corona-Sonderzahlung i.V.m. § 24 Abs. 2 TV-L ein solches Auslegungsergebnis. Nur das gewonnene bisherige Auslegungsergebnis steht im Einklang mit § 4 Abs. 1 TzBfG.
128(aaa) Nach § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
129(bbb) Ein Abstellen allein auf die vereinbarte individuelle durchschnittliche Arbeitszeit im Quotienten des § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung i.V.m. § 24 Abs. 2 TV-L verstieße bei dem Sonderfall des in der Ansparphase befindlichen Arbeitnehmers im Teilzeit-Blockmodell gegen diese Vorgaben.
130(α) In Anknüpfung an die Entscheidung des BAG vom 25.07.2023 (9 AZR 332/22, dort Rn. 26, 27) ist dabei von folgenden Prämissen auszugehen:
131Die Norm des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG konkretisiert das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG für den Bereich des Entgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung (BAG, 19.12.2018 - 10 AZR 231/18, Rn. 47). § 4 Abs. 1 TzBfG verbietet eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz zum Nachteil Teilzeitbeschäftigter, wenn dafür kein sachlicher Grund besteht. Eine Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter bei der Vergütung entsprechend dem Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG schließt jedoch eine sonstige Benachteiligung nicht aus (BAG 14.12.2011 – 5 AZR 457/10, Rn. 28). Eine schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten ist aber sachlich gerechtfertigt, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich an dem mit der Leistung verfolgten Zweck zu orientieren (BAG, 29.01.2020 - 4 ABR 26/19, Rn. 28).
132Als selbstständige Grundrechtsträger können die Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung den Leistungszweck einer tariflichen Leistung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie bestimmen (BAG, 29.09.2020 - 9 AZR 364/19, Rn. 47; BAG, 19.12.2018 - 10 AZR 231/18, Rn. 34). Neben einer Einschätzungsprärogative über die tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Regelungsfolgen verfügen sie dazu über einen weiten inhaltlichen Gestaltungsspielraum, der sie nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht (BAG, 23.02.2021 - 3 AZR 618/19, Rn. 40). Da die in § 4 Abs. 1 TzBfG geregelten Diskriminierungsverbote nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien stehen, darf der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen.
133(β) Danach verstieße die allein an der vereinbarten individuellen durchschnittlichen Arbeitszeit entsprechende Berechnung nach § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung i.V.m § 24 Abs. 2 TV-L in der Ansparphase der Teilzeitarbeit im Blockmodell gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.
134Die tarifvertragliche Regelung stünde nicht Einklang mit § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Für die der individuellen durchschnittlichen Arbeitszeit im Quotienten entsprechende Berechnung bestünde in der vorliegenden Konstellation kein sachlich vertretbarer Grund. Der tarifvertragliche Zweck, mit der einmaligen Corona-Sonderzahlung allen Beschäftigten unter der Voraussetzung eines zum Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie eines Entgeltanspruchs im Referenzzeitraum einen anlassbezogenen, an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren, wäre nicht erfüllt. Obwohl die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitsentgelt im Umfang von 23 Stunden (11,5 Stunden als Vergütungsanspruch sowie 11,5 Stunden als Arbeitszeitguthaben) erworben hätte, erhielte sie keinen diesem Entgelt entsprechenden Zuschuss. Es erwiese sich daher als sachfremd, wenn die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen Corona-Folgen an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechenden Vergütung anknüpften, diese aber Teilzeitarbeitnehmern im Blockmodell allein deshalb vorenthielten, weil ein Teil der absprachegemäß verdienten Vergütung ggf. erst später („spiegelbildlich“, dazu sogleich) fällig würde.
135Eine Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter bei der Vergütung entsprechend dem pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG, wie vorliegend im Hinblick auf den einheitlichen Teilzeitquotienten im gesamten Blockmodell, schließt eine solche sonstige Benachteiligung nicht aus (BAG, 14.12.2011 − 5 AZR 457/10, Rn. 28). So ändert dieser Grundsatz nichts daran, dass in den Fällen, in denen der Leistungszweck dies nicht rechtfertigt, eine anteilige Kürzung (jedenfalls, soweit sie nicht vom Zweck gedeckt ist) unzulässig ist (ErfK/Preis, 23. Aufl. 2023, TzBfG § 4 Rn. 12). So liegen die Dinge hier.
136(ee) Diesem Auslegungsergebnis stehen letztlich auch nicht die jüngeren Entscheidungen des BAG zur tariflichen Corona-Sonderzahlung (im Bereich der VKA) in der Freistellungsphase bei Altersteilzeit entgegen. In diesen hatte das BAG konstatiert, dass ein Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit einen Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung entsprechend des individuellen Umfangs seiner Arbeitszeit haben kann (vgl. BAG, 28.03.2023 - 9 AZR 133/22; BAG, 25.07.2023 - 9 AZR 332/22). Der Anspruch setze dem Grunde nach keine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung voraus, sondern nur einen Anspruch auf Entgelt. Zur Begründung hat es für die Höhe der Zahlung auf den individuell vereinbarten Teilzeitquotienten hingewiesen, der insoweit maßgeblich sei.
137Ungeachtet der Frage, ob sich diese Entscheidungen auf die Konstellation der Teilzeit im Blockmodell vollständig, mit Modifikationen oder gar nicht übertragen lassen, ergibt sich aus den Entscheidungen nach Auffassung der Kammer nicht, dass auch während der Ansparphase der Anspruch nur lediglich in Höhe des Teilzeitquotienten bestünde. Das BAG führt in seinen Entscheidungen insoweit explizit aus, dass die Tarifvertragsparteien mit Blick auf die Freistellungsphase nicht gehindert seien, Leistungen „zusätzlich zum Wertguthaben“ vorzusehen. Eine Aussage über einen etwaigen Anspruch in der Ansparphase, der ggf. bei der tariflich geregelten Altersteilzeit Teil des Wertguthabens wäre, dürfte daher explizit nicht getroffen worden sein.
138cc) Der Anspruch ist auch insgesamt fällig.
139(aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des BAG sind bei der Altersteilzeit die in der Ansparphase verdienten und in der Freistellungsphase auszukehrenden Entgelte in zeitlicher Hinsicht zeitversetzt „spiegelbildlich” auszuzahlen (BAG, 11.04.2006 - 9 AZR 369/05, Rn. 50). Dabei ist die Altersteilzeitvergütung während desjenigen Zeitraums der Freistellungsphase auszuzahlen, der in seiner Lage dem Zeitraum der Arbeitsphase entspricht (BAG, 16.11.2010 - 9 AZR 597/09, Rn. 37). Diese Wertungen dürften bei einer Auslegung der hiesigen Vereinbarungen hinsichtlich der Teilzeit im Blockmodell (vorbehaltlich höherrangigen Rechts) grundsätzlich zu übertragen sein.
140Die Teilzeit im Blockmodell der Klägerin begann am 01.02.2020. Nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung ist die Corona-Sonderzahlung mit dem Tabellenentgelt für den Monat März 2022 auszuzahlen. Nach § 24 Abs. 1 S. 2 TV-L war dies der 31.03.2022. Die (ggf. dann hälftige) Corona-Sonderzahlung war damit am letzten Tag des 26. Monats ihrer Ansparphase fällig. Ausgehend vom Beginn der Freistellungsphase am 01.08.2022, wäre die zweite Hälfte der Zahlung grundsätzlich erst am 30.09.2024 fällig, sofern die Kammer davon ausginge, dass auch diese Zahlung von der entsprechenden Stundungsvereinbarung (Teilzeitarbeit im Blockmodel), umfasst sein sollte.
141(bbb) Nach Auffassung der Kammer ist die zweite Hälfte indes gleichwohl bereits seit dem 31.03.2022 fällig.
142Selbst wenn die individualvertraglichen Vereinbarungen aufgrund der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell grundsätzlich bei einer Auslegung so verstanden werden könnten, dass die Corona-Sonderzahlung analog des verdienten Arbeitszeitguthabens hälftig noch nicht unmittelbar, sondern erst spiegelbildlich in der Freistellungphase auszuzahlen wäre, gebietet die Normhierarchie ein abweichendes Auslegungsergebnis.
143Die individuellen Vereinbarungen sind insoweit „tarifvertragskonform“ auszulegen. § 2 Abs. 1 TV-Corona-Sonderzahlung sieht als höherrangiges Recht eine Auszahlung zum 31.03.2022 vor. Eine etwaige individualvertraglich vereinbarte Stundung erwiese sich daher für die Klägerin als ungünstiger und tarifvertragswidrig. Für eine unmittelbare Fälligkeit nach dem Willen der Parteien spricht im Übrigen die Anknüpfung der Tarifvertragsparteien an § 3 Nr. 11a EStG in Ziff. 1.1. der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung. Die Sonderzahlung ist danach gerade nur bei einem Zufluss bis zum 31.03.2022 steuerlich privilegiert, der damit offensichtlich im Interesse der Parteien liegt.
144dd) Das beklagte Land hat auf diesen Anspruch lediglich 533,91 EUR geleistet, sodass der Anspruch nur in dieser Höhe erloschen ist.
145Eine Überführung der weiteren Hälfte in das Arbeitszeitguthaben hat das beklagte Land nicht behauptet. Soweit aber das beklagte Land die andere betragsmäßige Hälfte in ein Arbeitszeitguthaben überführt haben sollte, liegt darin keine Erfüllung des Zahlungsanspruchs.
146Gemäß § 362 Abs. 1 BGB setzt die Erfüllung einer Leistungsverpflichtung voraus, dass die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
147Die Parteien haben den Leistungsinhalt hinsichtlich der weiteren hälftigen Corona-Sonderzahlung nicht dergestalt geändert, dass das beklagte Land anstelle der Zahlung der Corona-Sonderzahlung lediglich dessen Verbuchung auf dem Arbeitszeitkonto schuldet. Unabhängig von der Tarifwidrigkeit einer solchen Vereinbarung lässt sich eine solche Vereinbarung weder dem Änderungsvertrag noch den RL Blockmodell TB-Lehrkräfte entnehmen.
148III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
149IV. Die Kammer hält es gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage für geboten, die Revision zuzulassen.
150RECHTSMITTELBELEHRUNG
151Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
152REVISION
153eingelegt werden.
154Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
155Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
156Bundesarbeitsgericht
157Hugo-Preuß-Platz 1
15899084 Erfurt
159Fax: 0361 2636-2000
160eingelegt werden.
161Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
162Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
163Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1641. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
169Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
170Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
171* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.