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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 26.11.2021, 5 Ca 1326/20 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
3Die Klägerin ist ausgebildete Rechtsanwalts- und Notargehilfin. Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 19./20.12.1979 (Bl. 10 f. d. A.) war sie seit dem 01.01.1980 für die Stadt A tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis „nach den Bestimmungen des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden Tarifverträge, Tarif- und Dienstordnungen in der jeweils gültigen Fassung“. Die Klägerin wurde ursprünglich als Schreibkraft beschäftigt und in die Vergütungsgruppe VII BAT eingruppiert. Ab dem 01.10.1991 wurde die Klägerin als Schulsekretärin im B-Berufskolleg A/C beschäftigt. Das B-Berufskolleg A/C ist eine Schule der Sekundarstufe II mit beruflichem Gymnasium mit über 3.000 Schülern und Schülerinnen und ca. 185 Lehrkräften. Die Fachbereiche Elektrotechnik und Chemie, Wirtschaft und Medien, Soziales und Ernährung sowie ein Ausbildungsbereich für Zahntechniker und Fachangestellte für Bäderbetrieb werden vorgehalten. Zum 01.01.1993 ging das Arbeitsverhältnis auf den Beklagten über. Im Wege des Bewährungsaufstieges wurde die Klägerin ab dem 01.11.2000 in die Vergütungsgruppe VIb BAT höhergruppiert. Mit Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) ist die Klägerin der Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA zugeordnet worden. Zum 01.01.2017 wurde die Klägerin mit Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TVöD/VKA in die Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA übergeleitet. Mit Schreiben vom 01.12.2017 (Bl. 129 d. A.) beantragte die Klägerin eine „Höhergruppierung gemäߧ 29b Abs. 1 TVÜ-VKA“.
4Nachdem sich die Schulleitungsvereinigung der Berufskollegs des Beklagten mit einer Stellungnahme aus Juni 2017 (Anl. 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.09.2020, Bl. 49 ff. d. A.) an den Beklagten gewandt hatte, führte der Beklagte ein Neubewertungsverfahren für die Stellen in den Schulsekretariaten durch. Wegen der Einzelheiten der erstellten Stellenbeschreibung und der Stellenbewertung wird auf die Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 28.05.2021 (Bl. 146 ff. d. A.) und die Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 17.11.2021 (Bl. 183 d. A.) verwiesen. Der Beklagte kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Stelleninhalte eine Bewertung nach der Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA rechtfertigen.
5Mit ihrer am 17.07.2020 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA.
6Sie hat behauptet, als Leiterin des Schulsekretariats habe sie in erheblichem Umfang selbstständig zu arbeiten und zu organisieren und die Schulleitung in ebenfalls erheblichem Ausmaß und in vielfacher Hinsicht in deren Leitungstätigkeit zu unterstützen, wobei sie auch Verantwortung für zwei weitere im Schulsekretariat beschäftigte Vollzeitkräfte sowie für ebenfalls dort tätige drei Teilzeitkräfte trage. Verantwortlich allein durch sie seien bei zahlreichen täglichen Erkrankungen von Lehrern und Lehrerinnen permanent Umorganisationen vorzunehmen, für die der Schulleiter und sein Stellvertreter keine Zeit hätten bzw. mit deren Problemen diese nicht vertraut seien. Verantwortlich allein durch sie seien auch längere Erkrankungszeiträume der Berufsschüler und -schülerinnen nachzuhalten. Angesichts dessen verstehe es sich von selbst, dass sie sich, ähnlich wie die Schulleitung, häufig erheblichen Stresssituationen ausgesetzt sehe. In ihrer Funktion als Leiterin des Schulsekretariats und Unterstützerin der Schulleitung trage sie in nicht nur unerheblicher Weise Verantwortung für den mit 200.000,00 bis 250.000,00 € zu veranschlagenden Verwaltungshaushalt des Berufskollegs sowie für die zu erbringenden Lernmittel in Höhe von zurzeit etwa140.000,00 €. Hinsichtlich der Details ihrer Tätigkeiten nehme sie auf die von dem Schulleiter und seinem Stellvertreter erstellte Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte (Anl. 4 zur Klageschrift, Bl. 18 ff. d. A.) Bezug. Diese ihr übertragenen Aufgaben seien dem Beklagten durch die Stellungnahme der Schulleitungsvereinigung aus Juni 2017 bekannt geworden. Zudem habe der Beklagte durch das Schreiben vom 10.02.2011 (Anl. 2 zum Schriftsatz vom 03.02.2021, Bl. 130 d. A.) den Schulleitern und Schulleiterinnen die Befugnis übertragen, die Schulsekretärinnen bedarfsorientiert einzusetzen. Der Ausgang des Neubewertungsverfahrens könne nicht überzeugen. Die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte Beteiligung des Personalrats sei grob fehlerhaft, weil dem Personalrat die Stellungnahme der Schulleiter vorenthalten worden sein solle. Des Weiteren werde davon ausgegangen, dass die Eingruppierungen bzw. Eingruppierungsbewertungen der regelmäßig außerhalb des Kreishauses Beschäftigten in einem disproportionalen Verhältnis zu den Eingruppierungen und entsprechenden Bewertungen der im Kreishaus Beschäftigten stünden. Dies belegten die von ihr vorgelegten Stellenausschreibungen. Das Prinzip der Faktizität von Arbeitsverhältnissen, dass insbesondere bei der Stellenbewertung, hinsichtlich der Angemessenheit tarifvertraglicher Eingruppierungsregelungen und vor allem im Anwendungsbereich des öffentlichen Dienstrechts zur Anwendung kommen müsse, sei zu beachten.
7Die Klägerin hat beantragt,
8festzustellen, dass ihr ab dem 01.01.2020 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 der Entgeltordnung (VKA) des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Allgemeiner Teil - vom 13.09.2015 zu zahlen ist und dass die sich aus den jeweiligen Differenzbeträgen ergebenden Nettobeträge mit 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Jahreszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen sind.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat vorgetragen, die Klägerin sei zu Recht in die Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA ein-gruppiert. Auf Basis der neu erstellten und bewertungsfähigen Stellenbeschreibung seien zwei Arbeitsvorgänge zu bilden. Der erste Arbeitsvorgang betreffe die Unterstützung der Schulleitung und habe einen Stellenanteil von 65 %. Arbeitsziel sei die organisatorische und administrative Unterstützung der Schulleitung in allen innerschulischen Angelegenheiten. Die Stelleninhaberin übernehme hier insgesamt verwaltende Tätigkeiten, um die jeweilige Schulleitung zu entlasten. Der zweite Arbeitsvorgang betreffe Haushalts-, Kassen- und Rechnungsangelegenheiten und habe einen Stellenanteil von 35 %. Im Rahmen dieses Arbeitsvorganges sei die Stelleninhaberin mit der Verwaltung des Schulbudgets betraut. Die Verwaltung umfasse hierbei die schulinterne Verteilung und Überwachung der Haushaltsmittel sowie die Verwaltung des Schulgirokontos einschließlich der Erstellung erforderlicher Jahresabschlüsse. Die auszuübenden Tätigkeiten der Schulsekretariatskräfte umfassten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, nicht aber zumindest mit einem Fünftel selbstständige Leistungen im Sinne des Tarifrechts. Die auszuübenden Tätigkeiten der Klägerin seien auf Weisung der Schulleitung oder in enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung und dem Schulträger zu erbringen. Weder im Arbeitsvorgang Unterstützung der Schulleitung noch bei der Verwaltung des Schulbudgets stehe der Klägerin ein Ermessens-und/oder Entscheidungsspielraum zu. Die Klägerin sei nicht für die Leitung des Schulsekretariats zuständig und trage auch nicht die Verantwortung für weitere im Schulsekretariat Beschäftigte. Eine derartige Funktion sei ihr nicht übertragen worden und sei bei seinen Berufskollegs auch nicht üblich. Vielmehr sei für die Schulsekretariatskräfte keine Aufgabenteilung, sondern eine Allgemeinzuständigkeit vereinbart worden.
12Mit Urteil vom 26.11.2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin in den ihr übertragenen Arbeitsvorgängen (Unterstützung der Schulleitung und Haushalts-, Kassen und Rechnungsangelegenheiten) keine selbstständigen Leistungen erbringe, da ihr kein Entscheidungsspielraum zustehe. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 207 ff d. A.) verwiesen. Das Empfangsbekenntnis über die Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils vom 26.11.2021 an die Klägerin weist als Zustellungszeitpunkt den 10.12.2021 (Freitag) aus. Die Klägerin hat am 30.12.2021 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 11.02.2022, der am 14.02.2022 (Montag) bei Gericht eingegangen ist, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.03.2022 beantragt. Aufgrund des Vorbringens der Klägerin, dass ihr das Urteil tatsächlich erst am 13.12.2021 zugestellt worden sei, hat die Vorsitzende der Berufungskammer eine dienstliche Stellungnahme (Bl. 288 d. A.) der die Zustellung ausführenden Regierungsbeschäftigten eingeholt, nach der das Urteil am 10.12.2021 auf dem Postweg an den Klägervertreter übersandt worden sei. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.03.2022 hat die Klägerin die Berufung mit am 14.03.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
13Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Berufung darauf, dass das Arbeitsgericht auf Grundlage der von den Parteien zur Akte gereichten Unterlagen, nämlich der Stellungnahme der Schulleitervereinigung und der Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte, eine eigenständige tarifliche Bewertung hätte vornehmen müssen, aufgrund derer sich ergeben hätte, dass sie einen Rechtsanspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA habe. Ihre Tätigkeit sei gegenüber der Tätigkeit einer Schulsekretärin an einem Gymnasium und erst recht an einer Realschule oder einer Grundschule sehr viel umfangreicher und anspruchsvoller. Des Weiteren sei auf die Stellenausschreibungen des Beklagten zu verweisen, deren Bewertung angesichts ihrer umfangreichen und zumindest gleichwertigen Tätigkeiten nicht nachzuvollziehen sei. Es komme auf die von ihr tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten an, da deren Ausübung durch den Dienstvorgesetzten im Hinblick darauf, dass ansonsten der betreffende Verwaltungsbereich nicht mehr funktionstüchtig gewesen wäre, jahrzehntelang geduldet worden sei. Der Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte sei zudem zu entnehmen, dass sie nahezu zu 100 % selbstständige Leistungen erbringe. Das Verlangen, von ihr weitergehenden Vortrag zu fordern, stelle eine nicht zu rechtfertigende Überforderung dar. Schließlich sei die Ablehnung ihres Beweisantrages (Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass ihre Tätigkeiten der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA entsprechen) verfahrensfehlerhaft.
14Die Klägerin beantragt,
15das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 26.11.2021, 5 Ca 1326/20 abzuändern und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 01.01.2020 eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA zu zahlen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Er trägt vor, aufgrund der Übertragung der von der Klägerin auszuführenden Tätigkeiten bereits im Jahre 1991 seien die §§ 22, 23 BAT in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung anzuwenden. Hierzu mache die Klägerin keine Ausführungen. Die Klägerin habe keine Umorganisationen bei Erkrankungen von Lehrkräften vorzunehmen. Unerheblich für die tarifgerechte Eingruppierung seien Eingruppierungen vergleichbarer Beschäftigter, die Einschätzung des Vorgesetzten, Stellenausschreibungen oder die Qualität der geleisteten Arbeit. Maßgeblich seien allein die auszuübenden Tätigkeiten. Die Schulleitungen seien nicht berechtigt, den Schulsekretariatskräften wirksam Aufgaben zu übertragen. Die Klägerin genüge ihrer Darlegungslast nicht, insbesondere fehle der erforderliche wertende Vergleich gänzlich. Die Beantwortung der Frage, ob selbstständige Leistungen gegeben seien, sei Aufgabe der Gerichte.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorge-tragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21A. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstands zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und auch fristgerecht gegen das erst am 13.12.2021 zugestellte Urteil am 30.12.2021 eingelegt (§ 519 ZPO iVm. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und innerhalb der verlängerten Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG am 14.03.2022 ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) begründet worden.
22Soweit die Zulässigkeit der Berufung - wie hier - nicht unmittelbar vom Eingang der Rechtsmittelbegründung abhängt, sondern vom Eingang des Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist am 14.02.2022, so gilt auch insoweit für die von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit, dass ein Empfangsbekenntnis zwar den vollen Beweis für die Zustellung an dem in ihm angegebenen Tag liefert, nach ständiger Rechtsprechung hiergegen aber der gemäß § 418 Abs. 2 ZPO im Wege des Freibeweises zu führende Gegenbeweis zulässig ist, der die volle Überzeugung des Gerichts von dem rechtzeitigen Eingang des Schriftsatzes erfordert (s. etwa BGH, 31.05.2017, VIII ZR 224/16, Rn. 18; 30.01.1991, VIII ZB 44/90, Rn. 12; 17.10.1986, V ZR 8/86, Rn. 4). Diese volle Überzeugung ist hier gegeben, weil das Urteil nach der eingeholten dienstlichen Stellungnahme erst am 10.12.2021 auf dem Postweg an die Klägervertreter versandt wurde, sodass es nicht am Freitag, den 10.12.2021 zugegangen sein kann, sondern frühestens am Montag, den 13.12.2021.
23Die Berufung ist damit zulässig.
24B. Die Berufung ist unbegründet. Die zulässige Klage ist unbegründet.
25I. Der Feststellungsantrag ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage (st. Rspr., etwa BAG, 09.09.2020, 4 AZR 195/20, Rn. 11 - 14) zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die Entscheidung über den Antrag wird der Streit der Parteien insgesamt bereinigt. Über weitere Vergütungsfaktoren, insbesondere die Stufenzuordnung, besteht nach dem Vortrag der Parteien kein Streit.
26II. Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin kann ab dem 01.01.2020 keine Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA beanspruchen.
271. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Regelungen des TVöD/VKA und des TVÜ-VKA Anwendung.
282. Die Eingruppierung der Klägerin bestimmt sich, da sie einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt hat, nach den §§ 12, 13 TVöD/VKA iVm. der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA).
29a) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD/VKA und dem 31.12.2016 neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den 31.12.2016 hinaus fortbesteht, ab dem 01.01.2017 für (Neu-)Eingruppierungen § 12 und § 13 TVöD/VKA iVm. der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung nicht statt (§ 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Vielmehr erfolgte die Überleitung zum 01.01.2017 gemäß § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Dies ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Vergütungsgruppe des BAT, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war. Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach § 12 TVöD/VKA nur in Betracht, wenn sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt, und die Beschäftigte bis zum 31.12.2017 eine dementsprechende Eingruppierung beantragt hat (BAG, 23.02.2022, 4 AZR 354/21, Rn. 14 f.).
30b) Die Klägerin hat im Hinblick auf die seit dem 01.01.2017 geltenden neuen Tätigkeitsmerkmale fristgemäß einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt. Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TVöD/VKA ergibt sich - bei deren Vorliegen - für die Klägerin eine höhere Entgeltgruppe, weil die Vergütungsgruppe VIb BAT nach der Anlage 1 zum TVÜ-VKA in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Entgeltgruppe 6 zugeordnet war.
313. Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale im Teil A Abschnitt I. Ziffer 3 der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA lauten:
32„Entgeltgruppe 5
331. Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und entsprechender Tätigkeit.
342. Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.
35(Gründliche Fachkenntnisse erfordern nähere Kenntnisse von Rechtsvorschriften oder näheres kaufmännisches oder technisches Fachwissen usw. des Aufgabenkreises.)
36Entgeltgruppe 6
37Beschäftigte der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert, sowie
38Beschäftigte der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2, deren Tätigkeit vielseitige Fachkenntnisse erfordert.
39(1Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der die/der Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. 2Der Aufgabenkreis der/des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)
40Entgeltgruppe 7
41Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistungen erfordert.
42(Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)“
434. Bei den der Klägerin übertragenen Aufgaben einer Schulsekretärin handelt es sich um zwei Arbeitsvorgänge iSv. § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA, nämlich die Unterstützung der Schulleitung mit einem Stellenanteil von 65 % und die Verwaltung des Schulbudgets mit einem Stellenanteil von 35 %.
44a) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/VKA ist die Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang (BAG, 17.03.2021, 4 AZR 327/20, Rn. 16; 09.09.2020, 4 AZR 161/20, Rn. 19).
45b) Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen, nicht aus. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA auch Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG, 23.02.2022, 4 AZR 354/21, Rn. 19 f.).
46c) Danach betrifft der erste Arbeitsvorgang die Unterstützung der Schulleitung und hat einen Stellenanteil von 65 %. Arbeitsziel ist die organisatorische und administrative Unterstützung der Schulleitung in allen innerschulischen Angelegenheiten. Die Stelleninhaberin übernimmt hier insgesamt verwaltende Tätigkeiten, um die jeweilige Schulleitung zu entlasten. Soweit sich die Klägerin erstinstanzlich darauf berufen hat, dass sie bei Erkrankungen von Lehrkräften Umorganisationen vorzunehmen habe, so hat sie zu Protokoll der Berufungsverhandlung klargestellt, dass sie (nur) dafür zuständig ist, Krankmeldungen von Lehrkräften an die Kraft weiterzugeben, die den Stundenplan entwickelt hat. Der zweite Arbeitsvorgang umfasst Haushalts-, Kassen- und Rechnungsangelegenheiten und hat einen Stellenanteil von 35 %. Im Rahmen dieses Arbeitsvorganges ist die Klägerin mit der Verwaltung des Schulbudgets betraut. Die Verwaltung umfasst hierbei die schulinterne Verteilung und Überwachung der Haushaltsmittel sowie die Verwaltung des Schulgirokontos einschließlich der Erstellung erforderlicher Jahresabschlüsse.
47d) Entgegen der Annahme der Klägerin gehören zu den von ihr auszuübenden Tätigkeiten keine Leitungstätigkeiten. Denn die auszuübende Tätigkeit ist allein die der Arbeitnehmerin wirksam zugewiesene Tätigkeit. Dabei muss die Tätigkeit der Beschäftigten von der für Organisationsfragen/Personalangelegenheiten zuständigen Stelle - schriftlich, mündlich oder konkludent - zugewiesen worden sein. Andere Tätigkeiten sind für die Eingruppierung hingegen grundsätzlich irrelevant. Das bedeutet, dass solche Tätigkeiten, die die Arbeitnehmerin zwar wahrnimmt, die ihr jedoch nicht wirksam übertragen wurden, nicht berücksichtigt werden dürfen (BAG, 26.03.1997, 4 AZR 489/95, Rn. 33; Natter in: Groeger, Arbeitsrecht im Öffentlichen Dienst, 3. Aufl. 2020, Die Grundsätze der Eingruppierung, Rn. 23_43). Übertragt der unmittelbare Vorgesetze, der nicht die für Organisationsfragen/Personalangelegenheiten zuständige Stelle ist, der Beschäftigten Aufgaben, die zu einer veränderten Eingruppierung führten, ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigte zunächst einmal verpflichtet ist, dienstlichen Anordnungen nachzukommen und sie wohl grundsätzlich darauf vertraut, dass die Anordnungen auch von der zuständigen Stelle veranlasst oder mit ihr abgestimmt wurden. Gleichwohl kommt es entscheidend darauf an, ob die tatsächlich vertretungsberechtigte Stelle Kenntnis hatte und die Wahrnehmung der entsprechenden Tätigkeiten gebilligt hat (BAG, 31.07.2002, 4 AZR 203/01, Rn. 54 ff.; 26.03.1997, 4 AZR 489/95, Rn. 35; Natter, aaO., Rn. 23_44 f.). Da weder der Schulleiter noch der stellvertretende Schulleiter befugt sind, mit der Klägerin arbeitsvertragliche Vereinbarungen zu treffen, kommt es nicht darauf an, dass Leitungstätigkeiten in der Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte Erwähnung finden. Soweit sich die Klägerin auf die Stellungnahme der Schulleitungsvereinigung berufen hat, die dem Beklagten bekannt ist, so ist darauf hinzuweisen, dass sich in dieser Stellungnahme keine Hinweise auf die Ausübung einer Leitungstätigkeit finden. Bezüglich des von der Klägerin vorgelegten Schreibens vom 10.02.2011 ist festzustellen, dass sich der der Schulleitung überlassene bedarfsorientierte Einsatz der Sekretariatskräfte auf die täglichen Einsatzzeiten bezieht. Dies ergibt sich aus der Überschrift und dem letzten Satz des Schreibens. Insoweit gibt es auch keine Grundlage für die in der Berufungsverhandlung geäußerte Ansicht der Klägerin, es liege ein Organisationsverschulden des Beklagten vor. Der Beklagte hat ausdrücklich vorgetragen, dass er die Organisationsentscheidung getroffen habe, dass jede Sekretariatskraft die gesamte Aufgabenpalette abdecke. Soweit die Klägerin meint, dass bei Beachtung dieser Organisationsentscheidung der Verwaltungsbereich nicht mehr funktionstüchtig gewesen wäre, hat dies keine eingruppierungsrechtliche Bedeutung. Denn es kommt auf die auszuübende Tätigkeit an.
485. Die auszuübende Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht die tariflichen Anforderungen der von ihr in Anspruch genommenen Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA.
49a) Voraussetzung für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA, die auf den Entgeltgruppen 5 und 6 TVöD/VKA aufbaut, ist zunächst, dass die Tätigkeit den Anforderungen der Ausgangsentgeltgruppen entspricht.
50b) Die Voraussetzungen der Entgeltgruppen 5 und 6 TVöD/VKA sind erfüllt. Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung als Rechtsanwalts- und Notargehilfin und übt als Schulsekretärin eine entsprechende Tätigkeit aus. Zudem erfordert ihre Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse, da sie Kenntnisse im Bereich der Allgemeinen Gebührensatzung des Beklagten, allgemeine Kenntnisse im Vergaberecht und im Bereich des Datenschutzes sowie grundsätzliche Kenntnisse von organisatorischen Abläufen und Strukturen benötigt. Ferner sind Kenntnisse verschiedener PC-Anwendungsprogramme erforderlich. Des Weiteren sind Kenntnisse der einschlägigen Dienstregelungen sowie grundsätzliche Kenntnisse der Richtlinien des Schulträgers zur Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln und Kenntnisse des Buchungssystems von Nöten. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der genannten Fachkenntnisse ist eine Steigerung der erforderlichen Fachkenntnisse dem Umfang nach zu erkennen. Da die Parteien hiervon übereinstimmend ausgehen, durfte sich die Berufungskammer auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken (BAG, 21.01.2015, 4 AZR 253/13, Rn. 21).
51c) Die Klägerin erbringt jedoch keine selbstständigen Leistungen.
52aa) Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG, 16.10.2019, 4 AZR 284/18, Rn. 33).
53Ob eine Tätigkeit selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne erfordert, kann der Natur der Anforderung nach nicht im Wege einer Gesamtbetrachtung, sondern nur bezogen auf den jeweiligen Arbeitsvorgang beurteilt werden. Allein die allgemein gehaltene Fassung des Tätigkeitsmerkmals rechtfertigt die zusammenfassende Betrachtung nicht (BAG, 22.02.2017, 4 AZR 514/16, Rn. 38).
54bb) Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sie selbstständige Leistungen im Tarifsinne erbringt.
55Im Eingruppierungsprozess muss die Klägerin diejenigen Tatsachen beibringen, die dem Gericht die Rechtsanwendung auf den konkreten Fall ermöglichen (BAG, 14.10.2020, 4 AZR 252/19, Rn. 31). Danach obliegt es regelmäßig der Klägerin, die ihr übertragenen Aufgaben im Einzelnen darzustellen. Das gilt auch, soweit sie ein tarifliches Qualifizierungsmerkmal für die von ihr auszuübende Tätigkeit in Anspruch nimmt, welches eine Eingruppierung nach einer höheren Entgeltgruppe begründen soll. Dies ist etwa der Fall, wenn das Tätigkeitsmerkmal der höheren Entgeltgruppe gegenüber der sog. Ausgangsentgeltgruppe eine weitere, tariflich höher bewertete Anforderung vorsieht (vgl. etwa BAG, 18.03.2015, 4 AZR 702/12, Rn. 37: neben „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen“ zusätzlich „selbstständige Leistungen“).
56(1) Soweit sich die Klägerin in der Klageschrift unter Berücksichtigung ihres erläuternden Vortrags zu Protokoll der Berufungsverhandlung auf die Entgegennahme und Weiterleitung von Krankmeldungen und das Nachhalten längerer Erkrankungszeiträume berufen hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass diese Tätigkeiten ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative erfordern. Es handelt sich vielmehr um Sekretariatsaufgaben, die gerade auch wegen der Größe des B-Berufskollegs A/C ein hohes Maß an Eigenständigkeit der Klägerin erfordern, nicht aber Selbstständigkeit im Tarifsinne. Allein, dass die Klägerin diese Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung und damit eigenständig ausführt, begründet noch keine Selbstständigkeit im Tarifsinne. Eine leichte geistige Arbeit, wie sie Organisations- und Koordinationstätigkeiten erfordern, erfüllt diese Anforderung nicht. Gleiches gilt für die unter 1.1, 1.3 und 1.4 der Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte genannten weiteren Sekretariatsaufgaben, wie z. B. Erledigung des Schriftverkehrs, Koordinierung der Termine, Mitarbeit bei der Erstellung von Listen, Statistiken und Datenbanken, Pflege der Daten, Auskunftserteilung, Bearbeitung der Post, Ausstellung von Schulbescheinigungen und verwaltungsmäßige Vorbereitung und Abwicklung von Prüfungsverfahren und Nachprüfungen.
57(2) Soweit die Klägerin behauptet, sie optimiere Arbeitsergebnisse, entwickele Vordrucke weiter und führe Managementaufgaben im Rahmen der Lehrerfortbildung aus, so ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit damit konkret verbunden sein soll und welcheErmessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielräume die Klägerin dabei haben soll. Vielmehr handelt es sich nur um pauschale Angaben, die eine Prüfung, ob selbstständige Leistungen im Tarifsinne erbracht werden, nicht ermöglichen. Entgegen der Ansicht der Klägerin überspannt das Verlangen, dass sie konkret darlegt, wo ihr Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, nicht die Anforderungen an ihre Darlegungslast. Selbst wenn der Beklagte keine Stellenbeschreibung und -bewertung erstellt hätte, hätte die Klägerin gerade wegen des Nichtvorhandenseins einer Arbeitsplatzbeschreibung die anspruchsbegründenden Tatsachen anhand nachvollziehbarer Erhebungen vortragen müssen (vgl. BAG, 18.05.1994, 4 AZR 449/93, Rn. 79). In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Personalrat bei der Stellenbeschreibung und -bewertung zu beteiligen war und fehlerhaft beteiligt wurde, denn die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG, 24.09.2015, 6 AZR 511/14, Rn. 35). Die Richtigkeit der Feststellung, dass der klägerische Vortrag nicht hinreichend konkret ist, belegt der von der Klägerin zu Protokoll der Berufungsverhandlung gehaltene Vortrag, dass ihre Aufgaben im Bereich der Lehrerfortbildung die Unterstützung, Weiterleitung der Anträge und Bezahlung in Zusammenarbeit mit der jeweils zuständigen Lehrkraft sind. Dies zeigt, dass die Klägerin den Bereich der Lehrerfortbildung verwaltungsmäßig abwickelt, aber keine eigenen Entscheidungen trifft. Auch bei den Tätigkeiten der Klägerin im Rahmen der Vorbereitung und Abwicklung des Anmeldeverfahrens ist nach dem Vorbringen der Klägerin die Bildungsgangkoordinatorin entscheidungsbefugt. Soweit die Klägerin auf ein Mitspracherecht in Einzelfällen verweist, lässt diese pauschale Angabe die Prüfung, ob selbstständige Leistungen im Tarifsinne erbracht werden, nicht zu. Soweit sich die Klägerin auf die Auskunftserteilung mit dem Schwerpunkt Schullaufbahnberatung berufen hat, so hat sie auch durch diese schlagwortartige Angabe nicht dargetan, dass sie selbstständige Leistungen in Tarifsinne erbringt. Vielmehr zeigt ihr erläuternder Vortrag zu Protokoll der Berufungsverhandlung, dass sie Auskünfte im Rahmen ihrer Fachkenntnisse erteilt, aber keine Beratungsleistungen erbringt, bei denen für sie ein Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum gegeben ist. Bezüglich ihrer Tätigkeit bei den schulscharfen Ausschreibungen gibt die Klägerin an, dass sie diese unterstützt, indem sie Auskünfte erteilt, die Bewerbungseingänge bearbeitet, die Vorstellungsgespräche vorbereitet und abwickelt und Absagen versendet. Dies zeigt, dass die Klägerin nicht darüber entscheidet, wer zu welchen Bedingungen eingestellt wird, sondern „nur“ die Aufgabe hat, das Einstellungsverfahren administrativ abzuwickeln. Schließlich ist bei der Mithilfe bei der Bearbeitung von Anträgen (wie Mutterschutz, Reisekostenabrechnungen) zu beachten, dass - unabhängig davon, dass nicht deutlich wird, was unter Mithilfe zu verstehen ist - die Bearbeitung solcher Anliegen nicht zur Disposition der Klägerin steht, sondern durch entsprechende Vorschriften bestimmt wird.
58(3) Gleiches gilt für den Arbeitsvorgang „Haushalts-, Kassen- und Rechnungsangelegenheiten“.
59Die Klägerin hat nicht dargelegt, welchen Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum sie z. B. bei der Verwaltung des Schulbudgets sowie bei der Verteilung und Überwachung der Haushaltsmittel, bei der Festlegung und Überwachung von Termingeldern in Abstimmung mit der Schulleitung, bei der Erledigung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Lernmittelfreiheit und der Fertigung der Schlussabrechnung sowie der Durchführung der Materialbeschaffung hat. Nähere Erläuterungen der zitierten Schlagwörter fehlen. Die Klägerin entscheidet unstreitig nicht, was angeschafft wird, vielmehr geschieht dies durch die Lehrkräfte und die Schulleitung. Dass drei Angebote einzuholen sind und das günstigste Angebot genommen wird, ergibt sich aus dem Vergaberecht. Ein Ermessensspielraum besteht nicht. Auch bei der Entscheidung, wo Angebote eingeholt werden, arbeitet die Klägerin mit den Lehrkräften zusammen. Die Überwachung des Wareneingangs, Inventarisierung und Archivierung sind keine selbstständigen Leistungen. Soweit die Klägerin Überweisungen erstellt, den Zahlungsverkehr überwacht und ein Augenmerk auf die Geldbewegungen auf dem Schulkonto hat, ist ein Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum ebenfalls weder dargetan noch ersichtlich.
60(4) Entgegen der Ansicht der Klägerin kann das Vorliegen selbstständiger Leistungen nicht der von der Schulleitung vorgenommenen Bewertung in der Arbeitsplatzbeschreibung Tarifbeschäftigte entnommen werden. Die dort vorgenommene Einschätzung, es sei ein Grad der Selbstständigkeit von nahezu 100 % anzunehmen, ist nicht mit der tariflichen Bewertung der Tätigkeit gleichzusetzen. Bei dieser handelt es sich um eine Rechtsfrage. Die Antwort darauf kann von den Parteien des Rechtsstreits weder unstreitig gestellt noch kann sie ohne jegliche Subsumtion einer Stellenbeschreibung entnommen werden. Die Einschätzung eines Vorgesetzten des Arbeitsplatzinhabers ist unerheblich (BAG, 24.02.2021, 4 AZR 269/20, Rn. 48; 27.02.2019, 4 AZR 562/17 Rn. 43; 21.03.2012, 4 AZR 292/10, Rn. 39). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bezahlung vergleichbarer Mitarbeiter oder aus in Stellenausschreibungen enthaltenen Stellenwerten (BAG, 27.08.2008, 4 AZR 484/07, Rn. 26 f.; LAG Rheinland-Pfalz, 02.03.2016, 7 Sa 343/15, Rn. 42; Natter in: Groeger, Arbeitsrecht im Öffentlichen Dienst, 3. Aufl. 2020, Die Grundsätze der Eingruppierung, Rn. 23_78). Denn entscheidend ist die tarifliche Bewertung der auszuübenden Tätigkeit.
616. Das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten zu der Frage, dass ihre Tätigkeiten als Schulsekretärin mindestens dem Tätigkeitsbild der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA entsprechen, war nicht einzuholen. Zum einen ist das klägerische Vorbringen nicht hinreichend konkret; zum anderen ist die Frage, ob selbstständige Leistungen im Tarifsinne vorliegen, eine Rechtsfrage, die durch das Gericht zu beantworten ist (vgl. BAG, 13.10.2021, 4 AZR 365/20, Rn. 30). Darüber hinaus sieht die Zivilprozessordnung keine förmliche Ablehnung eines Beweisantrags vor (Laumen, MDR 2020, 193).
62C. Die Kostenlast trifft die Klägerin gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
63Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
64RECHTSMITTELBELEHRUNG
65Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
66Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.