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Von dem Formularzwang nach § 117 Abs. 3, 120 a Abs. 4 S. 1 ZPO kann im Einzelfall aber auch nur dann, wenn die Bedürftigkeit etwa wegen Bezuges von Sozialleistungen (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes) offenkundig ist, abgesehen werden.
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 14.11.2019 gegen den Prozesskostenhilfe-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bo- chum vom 16.10.2019 – 4 Ca 720/18 - wird zurückgewiesen
I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung we- gen fehlender Mitwirkung im Prüfungsverfahren.
2Mit Beschluss vom 28.06.2018 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiord- nung eines Prozessbevollmächtigten bewilligt mit der Maßgabe, dass kein eigener Bei- trag zu den Prozesskosten zu leisten ist.
3Mit Schreiben vom 10.07.2019, zugestellt am 10.07.2019, wurde der Kläger aufgefor- dert, eine aktuelle Erklärung über die Einkommensverhältnisse abzugeben und eine Frist gesetzt bis zum 23.08.2019. Mit weiterem Schreiben vom 10.09.2019 wurde an die Erledigung erinnert und eine Nachfrist zum 08.10.2019 gesetzt. Nachdem diese Aufforderungen unbeantwortet blieben, hob das Arbeitsgericht den Prozesskosten- hilfe-Bewilligungsbeschluss vom 28.06.2018 mit weiterem Beschluss vom 16.10.2019 unter Hinweis auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten auf.
4Gegen diese dem Prozessbevollmächtigten am 16.10.2019 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kläger mit der am 14.11.2019 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.
5Dem Kläger wurde durch das Arbeitsgericht sodann ein Vordruck gem. §§ 120 a Abs. 4, 117 Abs. 3 ZPO zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhält- nisse übersandt und auf die Notwendigkeit der Ausfüllung hingewiesen.
6Nachdem bis zum 27.01.2020 trotz mehrerer ausdrücklich gesetzter Fristen, keine wei- teren Erklärungen mehr bei Gericht eingingen, legte das Arbeitsgericht die Be- schwerde mit Nichtabhilfe-Entscheidung vom 04.02.2020 zur Entscheidung vor.
7II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, 78 ArbGG und §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff ZPO an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
8Nach § 11a Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO soll das Gericht die Bewilli- gung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Ver- hältnisse gemacht oder eine Erklärung im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren, § 120 a Abs.1 S. 3 ZPO, nicht abgegeben hat. Ein solches Fehlverhalten setzt in der Regel voraus, dass die Partei unter Fristsetzung ergebnislos zur Vorlage bestimmter,
9im Einzelnen benannter Belege und/oder zur Abgabe einer Erklärung über eine etwa- ige Änderung der Verhältnisse aufgefordert worden ist (Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage 2016, Rn 1009 m. w. N.). Kommt die Partei einer solchen konkreten Aufforderung trotz Mahnung nicht in ange- messener Zeit nach, ist eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen Ver- letzung der Mitwirkungspflichten gerechtfertigt.
10Gemessen an diesen Maßstäben hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfe-Be- willigungsbeschluss zu Recht aufgehoben. Der Kläger hat sich trotz Aufforderung und entsprechender Hinweise des Arbeitsgerichts auf die Folgen der Untätigkeit nicht zu den aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erklärt, was mangels gegenteiliger, mit der Beschwerde vorzubringender Anhaltspunkte, auf grobe Nach- lässigkeit schließen lässt.
11Zwar kann der Kläger insbesondere im Nachprüfungsverfahren noch bis zum Ab- schluss des Beschwerdeverfahrens Unterlagen nachreichen. Dies gilt im Rahmen der Nachprüfung gem. § 120 a ZPO auch dann, wenn eine Partei die Frist für die Erklärung schuldhaft versäumt hat (BAG Beschluss v. 18.11.2003, 5 AZB 46/03; NZA 2004, 1062 f; ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer, siehe nur Beschl. v. 29. Januar 2013 – 5 Ta 35/13 –, juris, Beschluss v. 15.07.2016, 5 Ta 125/16, n.v.)
12Hiervon hat der Kläger allerdings keinen ausreichenden Gebrauch gemacht.
13So hat er, obwohl ihm das entsprechende Formular für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl vom Arbeitsgericht als auch mit Schreiben vom 06.04.2020 nochmals vom Beschwerdegericht übersandt wurde, dieses nicht ausgefüllt vorgelegt.
14Gem. § 124 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO soll das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn eine Erklärung nach § 120 a Abs. 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben wird. Für die Erklärung gem. § 120 a Abs. 1 Satz 3 ZPO ist gem. § 120 a Abs. 4 ZPO das Formular gem. § 117 Abs. 3 ZPO zu verwenden, somit die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Hierauf ist der Kläger auch ausdrücklich hingewiesen worden, ebenso darauf, dass das Arbeitsgericht nicht bereit war, auf die Vorlage zu verzichten. Gleichwohl ist die Vorlage bis zuletzt nicht erfolgt.
15Damit ist der Aufhebungsgrund gem. § 124 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO gegeben. Gründe, vom Formularzwang abzusehen, sind nicht gegeben.
16Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass von dem Vordruckzwang abgesehen werden kann, wenn eine Bedürftigkeit offensichtlich ist und z.B. ein entsprechender Bescheid über den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vor- gelegt wird, da dann das Beharren auf dem Formular eine bloße Förmelei wäre und auch insoweit der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Rechtsschutzgarantie widerspräche (LAG Hamm, Beschluss vom 25.Januar 2016, 14 Ta 486/15, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Februar 2015 – 10 Ta 228/15 –, juris).
17Diese Voraussetzungen liegen aber im Fall des Klägers erkennbar nicht vor. Er bezieht ein Einkommen, ohne dieses nach Grund und Höhe näher zu belegen. Für bestehende Belastungen sind nicht nachvollziehbare Einzelbelege vorgelegt worden, wie Darle- henserklärungen der Mutter, die nach Grund und Höhe nicht näher belegt sind, ebenso wenig wie darauf zu leistende Zahlungen sowie deren Fälligkeit. Zwar hat der Kläger offensichtlich vielerlei Außenstände, dass diese tatsächlich bedient werden, ist nicht belegt. Belegt sind nur Raten an die Staatsanwaltschaft zur Tilgung einer Strafzahlung. Ebensolche Raten sind aber dem Grunde nach nicht berücksichtigungsfähig, da die- ses dem Strafcharakter einer Geldbuße entgegenstünde (LAG Hamm, Beschluss vom 04.04.2017, 14 Ta 334/16, n.v.; die erkennende Kammer, Beschluss vom 26.01.2018, 5 Ta 625/17; n.v.; vom 02.06.2010, 5 Ta 256/10, n.v..; BGH, 12. Januar 2011, XII ZB
18181/10, juris; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungs- hilfe, 8. Auflage, Rn. 332).
19Die vorgelegten Belege sind insgesamt nicht nachvollziehbar und können eine offen- kundige Einkommenslosigkeit jedenfalls nicht nachvollziehbar belegen.
20Da der Kläger danach auch im Beschwerdeverfahren seinen Mitwirkungspflichten nicht hinreichend nachgekommen ist, ist eine verantwortliche Prüfung der Einkommensver- hältnisse ist nicht möglich. Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.