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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 18.10.2017 – 10 Ca 2440/17 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen mit der Klarstellung, dass die gerichtliche Feststellung dahin geht, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 06.07.2011 mit dem 14.07.2017 beendet worden ist.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich gegen die am 06.07.2011 schriftlich vereinbarte Befristung ihres Arbeitsverhältnisses auf den 14.07.2017 (Befristung „gem. § 2 Abs. 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG)“).
3Die 1975 geborene Klägerin verfügt über einen Masterabschluss im Studienfach Kulturwissenschaft. Die Beklagte unterhält mit Standort insbesondere in E in der Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Diese untersteht als Bundesbehörde unmittelbar dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und wird über den Bundeshaushalt voll finanziert. Nach § 2 Abs. 3 des Erlasses über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Neufassung) vom 27.06.2013 (Bl. 24, 25 GA) ist die BAuA eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes, die Forschung und Entwicklung mit dem Ziel der Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie der menschengerechten Gestaltung der Arbeit betreibt, initiiert und koordiniert. Nach § 2 Abs. 7 des Erlasses gehört es zu den Aufgaben der BAuA, eine Ausstellung als bildungsaktive Einrichtung zu unterhalten, um die Öffentlichkeit über die Arbeitswelt, ihren Stellenwert für Individuum und Gesellschaft sowie über die Bedeutung menschengerechter Gestaltung der Arbeit aufzuklären. Diesem Zweck dient das Forschungsmuseum in E mit der DASA Arbeitswelt Ausstellung (DASA: Deutsche Arbeitsschutz Ausstellung). Wegen des Organisationsplans der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – Stand 01.07.2017 – wird auf Bl. 26 GA verwiesen.
4Die Klägerin absolvierte bei der Beklagten ein Volontariat. Die Beklagte schrieb mit Ende der Bewerbungsfrist zum 18.02.2011 „für die Stabsstelle der DASA-Leitung zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ eine Stelle „Koordinator/in Entgeltgruppe 13 TVöD – Vollzeit – befristet nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bis zu einer Höchstdauer von 6 Jahren“ aus (Kopie Bl. 27, 28 GA). Weiter heißt es in der Ausschreibung u.a.:
5„Ihre Aufgaben
6Koordination und fachlich-wissenschaftliche Zuarbeit im engeren Bereich der DASA-Leitung, insbesondere:
7- selbständige Recherche bis Erstellung von Grundlagen- und Konzeptpapieren im Kontext der Leitungsstrategie
8- Herbeiführung von Vorentscheidungen und Planungsvarianten, sowie Einleitung von organisatorischen Maßnahmen im Geschäftsbereich der DASA-Leitung
9- Wahrnehmung und Koordination von Pflichten in Gremien und anderen Netzwerken, in denen die DASA aktiv ist
10- Koordination von Aktivitäten (z.B. Einleitung von Besprechungen, Bemusterungen, Begrüßungen und Repräsentationspflichten) des DASA-Leiters
11Profil
12erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium (vorzugsweise Sozial- oder Kulturwissenschaften)
13Kenntnisse im Bereich der öffentlichen Verwaltung
14Erfahrungen bei der selbständigen Steuerung von Projekten oder in einer Geschäftsführung gute Kenntnisse der englischen Sprache
15wünschenswert sind Erfahrungen im Kultur- oder Wissenschaftsbereich, besonderes im Ausstellungs- oder Museumswesen
16ein absolviertes Volontariat ist von Vorteil“
17Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle. Mit E-mail vom 23.05.2011 unter dem Betreff „Stellenausschreibung Koordinator/in“ teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ihr gerne „diese Stelle“ anbieten wolle (Kopie Bl. 50 GA).
18Die Beklagte behauptet, die Stelle sei nach Ablauf der Bewerbungsfrist und vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags am 06.07.2011 umgewidmet worden. Dies sei der Klägerin mitgeteilt worden. Mit der Klägerin sei vor dem 06.07.2011 eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, dass ihr eine Stelle mit dem Tätigkeitsschwerpunkt (75%) „Besucherforschung“ angeboten werde (s.u.). Die Klägerin bestreitet dies. Ihre Einstellung sei auf der Basis der Stellenausschreibung erfolgt. In keinem Gespräch sei ihr vor dem 06.07.2011 eine von der Ausschreibung abweichende Aufgabenstellung mitgeteilt worden.
19Unter dem Betreff „Neueinstellung“ schrieb die Beklagte an die Klägerin unter dem 06.07.2011 (Kopie Bl. 6 GA):
20„Sehr geehrte Frau …
21Sie haben sich erfolgreich auf die Stelle einer Koordinatorin in der DASA beworben. Unter Bezugnahme auf die mit Ihnen geführten Gespräche stelle ich Sie daher mit Wirkung zum 15.07.2011 befristet für 6 Jahre nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz ein.
22Für Ihre neue Tätigkeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
23Mit freundlichen Grüßen
24…“
25Unter dem Datum 06.07.2011 unterzeichneten die Parteien den Arbeitsvertrag für die Zeit vom 15.07.2011 befristet bis zum 14.07.2017. Wegen des Wortlauts des Arbeitsvertrags wird auf Bl. 4, 5 GA Bezug genommen. Im schriftlichen Arbeitsvertrag finden sich außer den Hinweisen, dass die Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG erfolge, die Klägerin in die Entgeltgruppe 13 Stufe 1 eingruppiert sei und der Arbeitgeber berechtigt sei, aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen, keine Angaben zum Gegenstand der geschuldeten Tätigkeit.
26Im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin unstreitig zumindest auch im Bereich der Besucherbefragung tätig. Einzelheiten sind streitig (s.u.). Die Beklagte gibt an, bereits ab 2011 sei die Klägerin mit der Durchführung einer Besucherbefragung für die Dauerausstellung der DASA befasst gewesen.
27Die Klägerin hat gemeint, die vereinbarte Befristung sei unwirksam, da zumindest zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, der allein maßgeblich sei, die Voraussetzungen für eine wirksame Vereinbarung einer sechsjährigen Befristung nach dem WissZeitVG nicht vorgelegen hätten. Über eine von der Beklagten behauptete „Umwidmung“ der ausgeschriebenen Stelle sei mit ihr vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags nicht gesprochen worden. Auch der Personalrat sei nicht über ein verändertes Stellenprofil informiert worden. Bei der ausgeschriebenen Stelle, auf die sie sich beworben habe, handele es sich nicht um eine wissenschaftliche Tätigkeit. Davon gehe auch die Beklagte aus. Dass sie später überwiegend im Bereich der „Besucherforschung“ beschäftigt worden sei, sei unerheblich. Allerdings habe es sich auch hierbei nicht um eine wissenschaftliche Dienstleistung im Sinne des WissZeitVG gehandelt, zumal auch diese Tätigkeit keinen inhaltlichen Bezug zum Arbeitsschutz und zur Arbeitsmedizin, dem Aufgabenbereich der BAuA, gehabt habe. Außerdem gehe sie davon aus, dass es sich bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nicht um eine Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 WissZeitVG handele. Aber auch eine Anerkennung als Forschungseinrichtung rechtfertige nicht die Befristung von Arbeitsverträgen nach dem WissZeitVG mit Personal, das -wie sie - nicht im Bereich des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin eingesetzt gewesen sei. Bis zum Jahr 2011 sei Frau Z mit den Aufgaben der Besucherbefragung betraut gewesen (Anlage 4 mit handschriftlichem Vermerk „Befragung Z“, Bl. 69, 70 GA).
28Die Klägerin hat beantragt,
29festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 06.07.2011 nicht beendet worden ist.
30Die Beklagte hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Die Beklagte hat gemeint, die Befristung sei gemäß dem WissZeitVG wirksam vereinbart worden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sei eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes und unterhalte als eine ihrer Abteilungen mit der DASA Arbeitswelt Ausstellung ein Forschungsmuseum, dem die Klägerin zur Dienstleistung als wissenschaftliche Mitarbeiterin zugewiesen worden sei, weshalb die Voraussetzungen des WissZeitVG erfüllt seien. Die Klägerin sei mit wissenschaftlichen Dienstleistungen betraut worden. Zwar sei der Aufgabenschwerpunkt des ausgeschriebenen Stellenprofils die Koordinierung der fachlich-wissenschaftlichen Zuarbeit im engeren Bereich der DASA-Leitung in einer Stabsfunktion beim Direktor der DASA gewesen. Bei dem durchgeführten Auswahlverfahren habe sich aber ergeben, dass eine interne Bewerberin, die durch die Bewerbung die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 13 habe erreichen wollen, noch geeigneter für die Stelle gewesen sei als die Klägerin. Da diese Bewerberin aber bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden habe, die Stelle in der Entgeltgruppe 13 aber nur als befristete Stelle zur Verfügung gestanden habe, habe diese Bewerberin ihre Bewerbung zurückgezogen. Da jene Bewerberin sich aber als besonders geeignet für die Übernahme der ausgeschriebenen Tätigkeiten erwiesen habe, habe sie, die Beklagte, sich entschieden, jener Bewerberin diese Aufgaben auf ihrer alten unbefristeten Stelle im Wege des Direktionsrechts zu übertragen. Zu diesem Zeitpunkt sei es in der Folge einer externen Evaluierung der DASA erforderlich gewesen, den Bereich „Besucher-Forschung“ auszubauen. Daher habe man sich dazu entschieden, das Stellenbesetzungsverfahren nicht abzubrechen sondern die ausgeschriebene Stelle umzuwidmen und diese der Klägerin als der Zweitplatzierten des Ausschreibungsverfahrens anzubieten mit dem Hintergrund, der Tätigkeit eine wissenschaftlichere Ausrichtung zu geben mit dem Tätigkeitsschwerpunkt (75 %) Besucher-Forschung. Die museale Besucher-Forschung sei auch eine wissenschaftliche Dienstleistung im Sinne des WissZeitVG, denn sie sei überwiegend von selbständiger schöpferischer Forschung gekennzeichnet. Bei der musealen Besucher-Forschung handele es sich um eine Teildisziplin der empirischen Sozialforschung. Besucher-Forschung sei der Oberbegriff unter dem alle empirischen Bemühungen zur Erforschung der Zusammensetzung, des Verhaltens und der Einstellungen des Publikums von Museen gefasst würden. Sie umfasse soziologische Grundlagenforschung, Evaluationsstudien und reiche bis hin zu anwendungsbezogenen Besuchererhebungen, die sich mit spezifischen Einzelfragen eines Museums beschäftigten. Die Reichweite und Bedeutung der Ergebnisse variierten naturgemäß in Abhängigkeit von der Fragestellung der Untersuchung und der eingesetzten Methoden. Letztlich gehe es bei der Besucher-Forschung um die Weiterentwicklung von Theorie und Methodologie einer Soziologie des Museums. Konkret habe die Klägerin die in der DASA extern durchgeführten Besucherbefragungen gestalten, koordinieren und auch auswerten sollen. Dabei hätten Hypothesen über die Wirkzusammenhänge von musealen Maßnahmen wie z.B. Gestaltung oder Medieneinsatz und der Besucherzufriedenheit sowie den Besucherzahlen aufgestellt und überprüft werden sollen. Darüber hinaus sei ein wesentlicher Bestandteil der Aufgabe der Besucher-Forschung der DASA die Einbringung der Erkenntnisse aus den Besucherbefragungen in der DASA in den wissenschaftlichen Diskurs der Museumswissenschaft (und der darauf basierenden Museumspraxis) durch eigene Theorienbildung, Veröffentlichungen und Teilnahme an Kongressen gewesen. Die Klägerin habe in der Zeit vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags ein längeres Gespräch mit dem stellvertretenden Direktor der DASA WissD Dr. I geführt. In diesem Gespräch habe Herr WissD Dr. I der Klägerin die Chancen der Stelle sowie die o.g. Anforderungen an die wissenschaftliche Arbeit dargelegt. Die Klägerin habe sich entschieden, das Angebot anzunehmen und den Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Insbesondere sei die Klägerin in diesem Gespräch dazu aufgefordert worden, die Chance zu ergreifen, die von ihr verlangten Forschungsarbeiten in einem Promotionsprojekt zu verwerten (Zeugnis: WissD Dr. I, stellvertretender Direktor der DASA). Entsprechend sei die Klägerin von Beginn des Arbeitsverhältnisses an mit dem Aufgabenschwerpunkt Besucher-Forschung eingesetzt worden. Das Leitungsteam der DASA sei in einer Dienstbesprechung am 27.07.2011 über den Einsatz der Klägerin in der Besucher-Forschung unterrichtet worden (Kopie „Ergebnisprotokoll Dienstbesprechung am 27.07.2011“ Bl. 31 – 33 GA). Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 18.10.2017 hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, dass die Klägerin in der Besucher-Forschung eingesetzt worden sei, wobei sie – die Beklagte – davon ausgegangen sei, dass die ausgeschriebene Stelle der Koordinatorin keine wissenschaftliche Tätigkeit sei. Der besser qualifizierten Mitarbeiterin sei gesagt worden, dass ihr die Tätigkeit der ausgeschriebenen Stelle übertragen würde, wenn sie ihre Bewerbung zurückzöge. Es habe damals im Sommer 2011 jedenfalls nur eine befristete Einstellung erfolgen sollen.
33Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.10.2017 festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 06.07.2011 nicht beendet worden ist. Die Befristung sei nicht nach §§ 5, 1 ff WissZeitVG wirksam. Bei der ausgeschriebenen Stelle habe es sich nicht um eine wissenschaftliche Tätigkeit sondern überwiegend um Verwaltungsarbeit gehandelt. Dass die Beklagte sich darauf berufe, dass mit der Klägerin vor Abschluss des Arbeitsvertrags eine abweichende Tätigkeit besprochen worden sei, führe nicht zur Wirksamkeit der Befristung. Die Besucher-Forschung sei nicht als eine Tätigkeit wissenschaftlichen Personals iSv. § 5 WissZeitVG anzusehen. Es gehe dabei letztlich um den Vertrieb bzw. das Marketing der durch den Museumsbetrieb vorgehaltenen Dienstleistung. Dass durch das Museum eventuell Forschungsergebnisse vermarktet werden sollten, mache die Vermarktung selbst nicht zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit. Auch habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, dass vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit der Klägerin eine von der Ausschreibung abweichende Tätigkeit vereinbart worden sei. Die Beklagte habe nicht angegeben, wo und wann diese Vereinbarung zustande gekommen sein solle. Auf eine Vereinbarung einer abweichenden Tätigkeit könne sich die Beklagte zudem nur dann berufen, wenn sie der Klägerin mitgeteilt hätte, dass bei der ausgeschriebenen Stelle die Befristung unwirksam sein dürfte und eine Vereinbarung nunmehr vorgenommen werden solle, um die beabsichtigte Befristung wirksam vereinbaren zu können. Denn die Klägerin habe, nachdem die andere Bewerberin ihre Bewerbung zurückgezogen habe, einen Anspruch auf die ausgeschriebene Stelle gehabt. Unstreitig habe die Beklagte die erfolgte Ausschreibung nicht abgebrochen. Bei umfassender Information hätte es durchaus sein können, dass die Klägerin sich nicht darauf eingelassen hätte, eine andere als die ausgeschriebene Stelle anzutreten.
34Das Urteil ist der Beklagten am 24.11.2017 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 14.12.2017 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Frist bis zum 26.02.2018 am 23.02.2018 begründet.
35Die Beklagte wendet ein, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf mehreren Rechtsverletzungen. Als Ressortforschungseinrichtung des Bundes unterfalle die BauA § 5 WissZeitVG. Nicht zutreffend sei es, wenn das Arbeitsgericht ausführe, wissenschaftliches Personal könne bei der BAuA ausschließlich mit Forschung und Lehre im Bereich des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin beschäftigt werden. Auch die Ausstellung als bildungsaktive Einrichtung gehöre nach dem einschlägigen Erlass zu den Aufgaben der BAuA. Es sei seit jeher gepflegtes Verständnis innerhalb der BAuA, im Rahmen der DASA Museumsforschung aktiv zu betreiben, um der übertragenen Aufgabe bestmöglich nachzukommen. Diese Aufgabe könne sie dann auch mit wissenschaftlichem Personal erledigen. Die Klägerin sei auch mit wissenschaftlichen Dienstleistungen befasst gewesen. Sie sei im Bereich der Besucher-Forschung tätig gewesen. Im Jahr 2011 habe anlässlich der Bewilligung von Fördergelder im Hinblick auf die DASA eine Evaluation durch anerkannte Museumsforscher nach den Kriterien der Leibniz-Gemeinschaft für Forschungsmuseen stattgefunden und zwar durch die anerkannten Museumsforscher C und H. Als Ergebnis sei ua. formuliert worden, dass die bislang nur punktuell betriebene Besucher-Forschung ebenfalls ausgebaut und regelmäßig durchgeführt werden solle. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Text „Abschließende Empfehlungen auf der Grundlage des Bewertungsberichtes“ Bezug genommen (von der Beklagten als Anlage 1 in Kopie vorgelegt, Bl. 179 – 186 GA). Die DASA betreibe unter der Leitung ihres Museumsleiters J jährlich ein Symposion zu Fragen der Museumsforschung, das international von bis zu 100 Forschern und Museumspraktikern aus aller Welt besucht werde. Das Symposion sei in Fachkreisen als Szenografie-Kolloquium international anerkannt. Das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegung der behaupteten Vereinbarung zwischen Herrn WissD Dr. I und der Klägerin zur Umwidmung der Stelle, deren wissenschaftlicher Ausrichtung und zum Tätigkeitsschwerpunkt 75 % Besucher-Forschung überspannt. Das Gespräch habe zwischen Ende Mai 2011 und dem Abschluss des Arbeitsvertrags am 06.07.2011 stattgefunden. Damit sei der Zeitpunkt der behaupteten Vereinbarung hinreichend dargelegt. Angaben zum Ort der Vereinbarung seien nicht erforderlich. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu einem Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung entsprechend der ausgeschriebenen Stelle seien unzutreffend. Die Klägerin habe mit der getroffenen Vereinbarung der Änderung der Tätigkeit zugestimmt.
36Die Beklagte beantragt,
37unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird die Klage abgewiesen.
38Die Klägerin beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Sie verbleibe dabei, dass es sich bei der BAuA nicht um eine Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG handele. In den Gesetzesmaterialien zum WissZeitVG seien nur die großen Forschungseinrichtungen wie Max Planck, Fraunhofer, Helmholtz und Leibniz benannt (BT-Drs. 16/3438, Seit 16, 17). Zumindest aber könne eine Tätigkeit der Museumsforschung nicht als wissenschaftliche Tätigkeit der Beklagten angesehen werden, weil kein Bezug zum Forschungsbereich der BAuA (Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) gegeben sei. Der Aufgabenbereich Besucher-Forschung stehe mit dem Themenfeld Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in keinem Zusammenhang. Bei der hier gegebenen Erforschung beschränkt auf die Besucherentwicklung eines einzelnen Museums handele es sich um eine Evaluation und nicht um eine museumsübergreifende Museumsforschung. Sowohl aus dem Gutachten C/H wie auch aus dem Bericht an den Wissenschaftsrat gehe hervor, dass dem Museum DASA ein eigenständiger Forschungscharakter fehle (Bericht an den Wissenschaftsrat von Mai 2017, Bl. 207 GA). Unabhängig davon habe sie, die Klägerin, zu keinem Zeitpunkt wissenschaftliche Dienstleistungen erbracht. Wenn sie Besucherzahlen in Abhängigkeit von der Gestaltung des Museums untersuche, betreibe sie keine Forschung über Museumsinhalte. Ihre Aufgabe habe darin bestanden, neben sozio-demografischen Fragen Erwartungs-, Zufriedenheits- oder Nutzungsfragen von Ausstellungsangeboten in Bezug auf das konkrete Museum zu eruieren vergleichbar zu Marketing, Marktforschung und Imageanalyse. Dazu habe sie wie bereits ihre Vorgängerin Fragebögen entwickelt und ausgewertet (exemplarisch: Anlage 6 a, Bl. 75 – 110 / ferner Bl. 211 – 226 GA). Bei den Szenografietagungen träten verschiedene externe Referenten auf, die DASA selbst habe konkrete Studien bzw. Untersuchungen zu diesem Thema nicht durchgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es auf die Umstände bei Vertragsschluss an und nicht etwa auf die möglicherweise nachträgliche Zuweisung von wissenschaftlichen Tätigkeiten. Unstreitig sei die ausgeschriebene Stelle nicht als wissenschaftliche Tätigkeit anzusehen. Es treffe nicht zu, dass im Zeitraum zwischen dem Ende des Ausschreibungsverfahrens zu Ende Mai 2011 bis zur Vertragsunterzeichnung am 06.07.2011 eine Aufgabenänderung gegenüber der ausgeschriebenen Stelle vereinbart worden sei. Die ausgeschriebene Stelle sei frei geworden, weil seinerzeit die bisherige Stelleninhaberin Frau Q in den Bereich der Personalverwaltung habe wechseln sollen. Die Mitbewerberin auf die ausgeschriebene Stelle sei Frau Z gewesen, die seinerzeit bereits unbefristet bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Frau Z habe vereinbarungsgemäß ihre Bewerbung zurückgezogen und habe eine höhere Eingruppierung erhalten. Frau Z habe zuvor die Aufgaben der Besucherbefragungen ausgeübt und dabei eine unbefristete Stelle innegehabt; Frau Z habe dieses als Aufgabe des strategischen Marketings betrieben; Frau Z habe sich als unbefristet angestellte Mitarbeiterin auf die befristete Assistentenstelle beworben. Hätte Frau Z die befristete Stelle angetreten, hätte die Beklagte möglicherweise die unbefristete Stelle der Frau Z verloren. Frau Z habe dann ihre Bewerbung zurückgezogen und sei höhergruppiert worden. Die zu besetzende Assistentenstelle bei dem damaligen Direktor L habe bei Vertragsunterzeichnung und nachfolgend noch bestanden. Bei Vertragsunterzeichnung am 06.07.2011 sei sie, die Klägerin, davon ausgegangen, dass sie eine Koordinatorentätigkeit auf einer Assistentenstelle bei Herrn Dr. L wahrnehmen werde. Bemerkenswert erscheine, dass es keinerlei schriftliche Unterlagen oder Vermerke zu den behaupteten Gesprächen über die behauptete Tätigkeitsänderung gebe. Auch dies spreche dafür, dass es Gespräche mit dem behaupteten Inhalt nie gegeben habe. Zunächst habe sie auch tatsächlich die Aufgaben einer Assistentin von Herrn Dr. L übernommen. Erst im Mai 2012 sei sie im Bereich der Besucherforschung tätig geworden. Zu bestreiten sei, dass der Personalrat über das veränderte Stellenprofil informiert worden sei.
41Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die gerichtlichen Protokolle Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe
43Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 8 Abs.2, 64 Abs. 1, Abs. 2 c) ArbGG statthaft und zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
44Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Die Klage ist zulässig und fristgerecht erhoben worden (I.). Die Befristung des Arbeitsvertrags auf den 14.07.2017 ist unwirksam. Die Befristung genügt nicht den Anforderungen des WissZeitVG. Die darlegungspflichtige Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass maßgeblicher Gegenstand des mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen war (II.). Die Befristung ist auch nicht nach den Regeln des TzBfG zulässig (III.).
45I. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Ausweislich der Klagebegründung stellt er sich als Befristungskontrollantrag gemäß § 17 TzBfG dar. Der Befristungskontrollantrag ist auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der am 06.07.2011 vereinbarten Befristung mit dem 14.07.2017 beendet worden ist. Der Antrag ist am 10.07.2018 und damit fristwahrend bei Gericht eingegangen. Es ist anerkannt, dass die Befristungskontrollklage gegen eine kalendermäßig bestimmte Befristung fristwahrend bereits vor Erreichen des Befristungstermins eingelegt werden kann (BAG 23.06.2010 – 7 AZR 1021/08 – NZA 2010, 1248; ErfK-Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn. 6 a; APS-Backhaus, 5. Aufl. 2017, § 17 TzBfG Rn. 53).
46II. Die am 06.07.2011 vereinbarte Befristung auf den 14.07.2017 ist entgegen der Argumentation der Beklagten nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässig. Zwar ist nach dieser Bestimmung bei einem nicht promovierten Mitarbeiter bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Gesetzes die Befristung des Arbeitsvertrags bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Hier steht der Zulässigkeit der Befristung jedoch entgegen, dass die Klägerin nicht als wissenschaftliche Angestellte iSd. § 1 Abs. 1 WissZeitVG eingestellt und beschäftigt worden ist und der persönliche Geltungsbereich des WissZeitVG deshalb nicht eröffnet ist.
471. Die Überprüfung der am 06.07.2011 vereinbarten Befristung hat auf der Grundlage der bei ihrer Vereinbarung maßgeblichen Gesetzeslage zu erfolgen (vgl. BAG 27.09.2017 – 7 AZR 629/15 – Rn. 13; Kiel, Die Rechtsprechung des Siebten Senats zu Befristungen nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, JbArbR Bd. 54 – 2016 -, S. 51 ff, 54). Maßgeblich ist das WissZeitVG in der vom 18.04.2007 bis zum 16.03.2016 geltenden Fassung (nachstehend genannte Paragraphen des WissZeitVG sind die Paragraphen dieser Fassung).
482. Einige der Grundvoraussetzungen für eine sechsjährige Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG sind erfüllt.
49a) Die Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Der Arbeitsvertrag vom 06.07.2011 nimmt in seinem § 1 ausdrücklich auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG Bezug.
50b) Die Klägerin, die über einen Studienabschluss verfügt, ist nicht promoviert. Damit genügt sie den grundsätzlichen Anforderungen für eine bis zu sechsjährige Befristung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG.
51c) Schließlich ist entgegen der Argumentation der Klägerin der betriebliche Geltungsbereich gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, 5 WissZeitVG grundsätzlich eröffnet. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist eine staatlich finanzierte staatliche Forschungseinrichtung iSd. § 5 WissZeitVG. Staatliche Ressortforschungsanstalten mit staatlicher Finanzierung unterfallen § 5 WissZeitVG (Preis, WissZeitVG, 1. Aufl. 2007, § 5 Rn. 4; ebenso Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 5 Rn. 5). Die BAuA ist eine solche Ressortforschungseinrichtung. Die Beklagte kann als Trägerin der BAuA in deren Bereich grundsätzlich von den Möglichkeiten des WissZeitVG zur Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal Gebrauch machen. Die Kammer lässt dahinstehen, ob die Befristung von Arbeitsverträgen mit Ressortforschungseinrichtungen nach dem WissZeitVG nur dann in Betracht kommt, wenn wissenschaftliche Dienstleistungen entsprechend der Zwecksetzung der Forschungseinrichtung Vertragsgegenstand sind, wie die Klägerin meint – hier dann nur: wissenschaftliche Dienstleistungen auf den Forschungsgebieten Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter den Fragestellungen von Sicherheit und Gesundheit und der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Vorliegend ergibt sich die Unwirksamkeit der Befristung unabhängig von der Beantwortung dieser Frage bereits deshalb, weil wegen der fehlenden Wissenschaftlichkeit der vertraglichen Tätigkeit der persönliche Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 WissZeitVG ohnehin nicht eröffnet ist (nachfolgend unter 3.).
523. Die Klägerin unterfällt jedoch nicht dem persönlichen Geltungsbereich der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 WissZeitVG. Sie zählt nicht zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Dies führt zur Unwirksamkeit der Befristung.
53a) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bundeseinheitlich eigenständig und abschließend geregelt.
54aa) Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an (BAG 21.03.2018 – 7 AZR 437/16 – Rn. 18 mwN [zu einer am 20.02.2012 vereinbarten Befristung] ; Preis, WissZeitVG, 1. Aufl. 2008, § 1 Rn. 7, 8; ebenso Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn. 10 – 12).
55bb) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts inhaltlich-aufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Wissenschaftliche Tätigkeit ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG 21.03.2018 – 7 AZR 437/16 – Rn. 19; BAG 01.06.2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 je mwN; Kiel, aaO, JbArbR Bd. 54 – 2016 -, S. 51 ff, 54, 55). Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Dabei kann ausreichen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermittelt werden. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist jedoch von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt auch eine Lehre, die nicht auf eigenen, neuen Forschungserkenntnissen basiert, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Ergebnisse verlangt. Entscheidend ist, dass der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre durch Art. 5 Abs. 3 GG nicht gerecht würde (BAG 21.03.2018 – 7 AZR 437/16 – Rn. 20; Kiel, aaO, JbArbR Bd. 54 – 2016 -, S. 51 ff, 54 - 56).
56cc) Werden neben wissenschaftlichen Tätigkeiten auch nicht wissenschaftliche Tätigkeiten ausgeübt (Mischtätigkeiten), ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen (BAG 21.03.2018 – 7 AZR 437/16 – Rn. 20; BAG 20.01.2016 – 7 AZR 376/14 – Rn. 33; Kiel, aaO, JbArbR Bd. 54 – 2016 -, S. 51 ff S. 55; Preis, WissZeitVG 1. Aufl. 2008, § 1 Rn. 17; ebenso Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn. 27; APS-Schmidt, 5. Aufl. 2017, § 1 WZVG Rn. 17)
57dd) Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, kommt es grundsätzlich auf die Umstände bei Vertragsschluss an. Maßgeblich ist, was von dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Dienstaufgabenbeschreibung oder sonstiger Umstände nach objektiven Gesichtspunkten bei Vertragsschluss erwartet wird. Die Parteien haben es nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise selbst der Befristung die Grundlage entziehen, indem er entgegen der vertraglichen Vereinbarung keine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber durch die Zuweisung wissenschaftlicher Tätigkeiten nach Vertragsschluss den personellen Anwendungsbereich des WissZeitVG nachträglich herbeiführen (BAG 30. August 2017 - 7 AZR 524/15 - Rn. 20; 20. Januar 2016 - 7 AZR 376/14 - Rn. 34; Kiel, aaO, JbArbR Bd. 54 – 2016 -, S. 51 ff, 55).
58ee) Im Streitfall trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass die vertragliche Tätigkeit eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 WissZeitVG ist und damit der persönliche Anwendungsbereich des Befristungsrechts nach dem WissZeitVG eröffnet ist (Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011, Rn. 839 = S. 322; Preis, WissZeitVG 1. Aufl. 2008, § 2 Rn. 188; ebenso Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn. 33).
59b) Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht wissenschaftlich geprägt war und eine Befristung des Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG deshalb nicht zulässig war. Auf der Grundlage des von der Beklagten unterbreiteten Sachverhalts kann die Kammer nicht feststellen, dass die Klägerin zeitlich überwiegend oder in einer das Arbeitsverhältnis prägenden Weise wissenschaftliche Dienstleistungen verrichtet hat oder zu verrichten hatte.
60aa) Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Parteien am 06.07.2011 bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags davon ausgegangen sind, dass die Klägerin die Arbeitsaufgaben einer Koordinatorin entsprechend der Stellenausschreibung von Anfang 2011 wahrnehmen solle, wie dies die Klägerin behauptet, oder ob die Parteien sich vor Unterzeichnung der Arbeitsvertrages auf eine „Umwidmung“ der ausgeschriebenen Stelle mit einer Änderung der Aufgabenstellung in „Tätigkeitsschwerpunkt (75 %) ´Besucherforschung´“ verständigt haben, wie dies die Beklagte behauptet. Beide Tätigkeiten sind, wie nachfolgend ausgeführt wird, nicht wissenschaftlich geprägt. Für die ersichtlich administrativ ausgelegten Arbeitsaufgaben einer „Koordinatorin“ legt die Beklagte nicht dar, dass diese wissenschaftlich geprägt waren oder sind. Vielmehr hat die Beklagte selbst im Termin vor dem Arbeitsgericht am 18.10.2017 ausgeführt, sie sei davon ausgegangen, dass die Stelle der Koordinierung keine wissenschaftliche Tätigkeit gewesen sei (Protokoll der Öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts vom 18.10.2017, Bl. 117 GA).
61bb) Aber auch für den Vertragsgegenstand „Tätigkeitsschwerpunkt (75 %) ´Besucherforschung´ “ hat die Beklagte nicht aufgezeigt, dass die damit bezeichnete Tätigkeit überwiegend oder in einer das Arbeitsverhältnis prägenden Weise eine wissenschaftliche Dienstleistung iSv. § 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG war, also dass überwiegend oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägend Dienstleistungen zu erbringen waren, die darauf angelegt waren, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten oder wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Weg wissenschaftlich reflektierter Lehre an Dritte zu vermitteln, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern.
62(1) Die Beklagte nennt etliche Tätigkeiten aus dem Aufgabenbereich der Klägerin, die nach ihrer Kennzeichnung und der verlautbarten Zielsetzung nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren sind sondern administrative und evaluierende Tätigkeiten einer akademisch ausgebildeten Mitarbeiterin beschreiben, bei denen nicht die Zielsetzung festgestellt werden kann, dass durch die Wahrnehmung dieser Aufgaben der Erkenntnisstand der wissenschaftlichen Disziplin Museumsforschung erweitert, erarbeitet oder gesichert werden sollte.
63Das gilt für die folgenden von der Beklagten aufgelisteten Tätigkeiten (Bl. 19 - 23 GA): Gestaltung extern für die DASA durchzuführender Besucherbefragungen; Koordinierung der extern durchzuführenden Besucherbefragungen; Auswertung der extern durchgeführten Besucherbefragungen; Aufstellen von Hypothesen über die Wirkungszusammenhänge von Gestaltung, Medieneinsatz oder sonstiger Maßnahmen in den jeweiligen Ausstellungen zu der Besucherzufriedenheit sowie zu den Besucherzahlen; in 2011 konzeptionelle Weiterentwicklung der Besucherbefragung für die Dauerausstellung mit Gewährleistung einer Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen von 2007 im Vorfeld der anschließend externen Vergabe der (neuen) Befragung; fachliche Begleitung der Ausschreibung; Zusammenarbeit mit den (externen) Auftragnehmern bis hin zur redaktionellen Arbeit am Schlussbericht 2013; Entwicklung neuer Fragebögen auf der Grundlage der hierbei gewonnenen Erkenntnisse, um Wechselausstellungen in der DASA zu evaluieren; konzeptionelle Ausarbeitung der neuen Fragebögen; Projektleitung bei der Durchführung der Befragung; Planung der Befragungszeiträume und des erforderlichen Personalaufwands entsprechend den Qualitätsanforderungen; Vorbereitung der Ausschreibung; fachliche Begleitung der Vergabe; Interpretation der erhobenen und ausgewerteten Daten, um die Evaluationen weiter zu entwickeln und die Erkenntnisse über die Qualität des DASA-Angebotes zu verbessern; Datenerhebung und Datenauswertung auf wissenschaftlicher Basis; Entwicklung des systematischen Vergleichs zwischen den Befragungsergebnissen der ve4rschiedenen Wechselausstellungen der DASA und den zur Dauerausstellung; Konzeption und Umsetzung der erneuten Evaluation der Dauerausstellung in 2016 als Projektleiterin; Weiterentwicklung der Fragebögen auf Grundlage der in den Wechselausstellungen erzielten Ergebnisse; Konzipierung der Befragung der Besucher der Veranstaltung „Marker Faire“ 2016 und 2017; Organisation der Befragung „Marker Faire“ 2016 und 2017; Auswertung der Ergebnisse der Befragung „Marker Faire“ 2016 und 2017.
64Weitere Ausführungen zu den soeben aufgeführten Tätigkeiten hat die Beklagte nicht gemacht. Die Kammer kann nicht feststellen, dass bei Wahrnehmung dieser Tätigkeiten eine wissenschaftliche Ausrichtung bestand.
65(2) Daneben finden sich Tätigkeiten, die in einen wissenschaftlichen Kontext eingeordnet werden können (Bl. 19, 20, 22 GA):
66Einbringung der Erkenntnisse aus den Besucherbefragungen in der DASA in den wissenschaftlichen Diskurs der Museumswissenschaft (und der darauf basierenden Museumspraxis) durch eigene Theorienbildung, Veröffentlichungen und Teilnahme an Kongressen dazu; Aufforderung in 2013 an die Klägerin durch den damaligen Direktor der DASA, durch einschlägige Veröffentlichungen am Wissenschaftsbetrieb teilzunehmen (Promotionsarbeit möglich und erwünscht); Austausch gewonnener Erkenntnisse mit anderen Befragungsprojekten in verschiedenen Museen und wissenschaftliche Diskussion der verschiedenen Ergebnisse.
67(3) Schließlich behauptet die Beklagte die Teilnahme der Klägerin an verschiedenen Kongressen und Aufgabenstellungen, die ggf. je nach Einbindung der Klägerin in einen wissenschaftlichen Diskurs (über eine lediglich rezipierende Teilnahme hinaus) als wissenschaftliche Dienstleistung qualifiziert werden können:
68Basel 2012 „Publikumsforschung als Grundlage einer besucherorientierten Museumsarbeit“; Stuttgart 2012 Jahrestagung des Deutschen Museumsbunds; Hagen 2013 „ Besucherforschung als Impuls für besucherorientierte Museumsarbeit“; Schwerin 2014 „Vermittlungsarbeit im Museum auf dem Prüfstand“; Essen 2015 „Fachgruppe Bildung und Vermittlung / Besucherbefragungen des Deutschen Museumsbundes“; [nicht weiter quantifizierte] federführende Beteiligung an dem vom LWL-Museum Hagen betriebenen „Netzwerk Besucherforschung“ (Bl. 22 GA); Erarbeitung eines wissenschaftlichen Instruments, mit dem bei Bedarf weitere wissenschaftliche Befragungen durgeführt und mit den bereits von ihr gemachten Befragungen methodisch sinnvoll verglichen werden können (Bl. 23 GA).
69(4) Innerhalb des Tätigkeitsspektrums der Klägerin hat die Beklagte die Zeitanteile und Bedeutsamkeiten der nicht wissenschaftlichen Tätigkeiten nach (1) einerseits und der wissenschaftlichen Tätigkeiten zu (2) und den möglicherweise wissenschaftlichen Tätigkeiten zu (3) andererseits nicht dargestellt. Insbesondere hat die Beklagte den regelmäßigen Arbeitsalltag der Klägerin nicht in nachvollziehbarer Weise beschrieben: Den Schilderungen der Beklagten kann nicht entnommen werden, dass die eher theoretisch ausgerichteten Tätigkeiten zu (2) und (3) einen größeren Teil der Arbeitszeit der Klägerin ausgefüllt hätten als die spezifisch DASA-orientierten Tätigkeiten zu (1). Auch ermöglicht die Darstellung der Beklagten nicht die Feststellung, dass die Tätigkeiten zu (2) und (3) die Arbeit der Klägerin geprägt hätten und die Arbeiten zu (1) von nur untergeordneter und nicht prägender Bedeutung gewesen wären.
70cc) Da weder die ausgeschriebene Tätigkeit als Koordinatorin noch die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten auf dem Gebiet der „Besucherforschung“ als wissenschaftliche Dienstleistung iSd. § 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 WissZeitVG zu qualifizieren sind, bedurfte es für die Entscheidung des Rechtsstreits keiner Beweisaufnahme, auf welche Tätigkeit sich die Parteien bei Vertragsabschluss am 06.07.2011 verständigt hatten. Für keine der von der Beklagten angeführten Tätigkeiten ist der persönliche Anwendungsbereich für eine Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffnet.
71III. Die Befristung auf den 14.07.2017 erweist sich auch nicht nach den Regeln des TzBfG als zulässig. Nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG finden die Vorschriften des TzBfG neben den speziellen Regelungen des WissZeitVG Anwendung. Eine Zulässigkeit als sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG scheidet aus, weil bei einer Vertragsdauer seit 2011 die dort vorgesehene Höchstdauer von zwei Jahren weit überschritten ist. Einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Die weiteren Zulässigkeitstatbestände nach § 14 Abs. 2 a), Abs. 3 TzBfG kommen bereits tatbestandlich nicht in Betracht.
72IV. Der Urteilstenor ist im Berufungsurteil entsprechend dem gesetzlich vorgesehen Antragswortlaut einer Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG klargestellt worden.
73V. Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht war nicht zuzulassen. Weder stellen sich bei der Entscheidung des Rechtsstreits Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch weicht das Urteil der Kammer von einer Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte ab.