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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 03.02.2017 – 4 Ca 1203/16 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger an Rosenmontagen bezahlte Arbeitsbefreiung zu gewähren.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.07.1988 beschäftigt.
4Die Beklagte geht zurück auf die Q1, die eine Anstalt des öffentlichen Rechts war. Sie hatte nach ihrer Satzung den Auftrag, in enger Zusammenarbeit mit den Sparkassen im Interesse des Gemeinwohls das Versicherungsgeschäft zu betreiben.
5Bis zum Rechtsformwechsel am 01.01.2002 war die damalige Q1 ein öffentlich rechtlicher Arbeitgeber. Die Q1 unterlag seinerzeit der Aufsicht des Landes NRW, nicht dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen. Noch vor dem Rechtsformwechsel schlossen die damaligen Betriebsparteien (auf Unternehmensseite: Q1 und Q2 Lebensversicherungsanstalt) zum 01.10.2000 eine „Dienstvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit“ (DV Mobilzeit). Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte (sowie die Lebensversicherungsanstalt) noch eine öffentlich rechtliche Anstalt und die Interessen der Belegschaft wurden durch einen Personalrat vertreten.
6Mit dem Rechtsformwechsel der beiden öffentlich rechtlichen Anstalten in Aktiengesellschaften zum 01.01.2002 wurden viele kollektiv rechtlichen Regelungen als Betriebsvereinbarung mit dem örtlichen Betriebsrat neu abgeschlossen. Seit diesem Datum sind die arbeitszeitrechtlichen Regelungen in die „Betriebsvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit“ (BV Mobilzeit) (Bl. 40 ff. d. GA) geregelt. In der der BV Mobilzeit heißt es unter § 2 Abs. 2:
7„Für […] Brauchtumstage […], die auf die Wochentage Montag bis Freitag entfallen, wird die tägliche Sollarbeitszeit gutgeschrieben.“
8Mit Datum vom 05.01.2017, die letzte Unterschrift erfolgte unter dem 24.01.2017, schlossen die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung zur Änderung der Betriebsvereinbarung über die Gestaltung der Arbeitszeit (BV Änderung BV Mobilzeit)“ (vgl. Bl. 120 d. GA).
9Hierin heißt es auszugsweise:
10„Rosenmontag ist ein Arbeitstag.“
11Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf bezahlte Freistellung am Rosenmontag, sodass der Entzug des arbeitsfreien Rosenmontags durch die Betriebsvereinbarung vom 05.01.2017 unwirksam und für ihn nicht verpflichtend sei. Seit über 25 Jahren nutze er den meist auch freien Rosenmontag, um eine einwöchige Ski-Freizeit für die Betriebssportgemeinschaft der Q zu organisieren. Noch am 19.01.2016 sei der Rosenmontag 2016 und 2017 im Zeitprogramm als freier Tag verzeichnet gewesen. Es sei kein rechtswirksamer Entzug des seit 1988 für ihn freien Rosenmontags vereinbart worden.
12Auch vor der Rechtsformänderung im Jahre 2002 habe die betriebliche Übung der Gewährung des arbeitsfreien Rosenmontags bestanden. Richtig sei zwar, dass die Q2 bei Begründung des Arbeitsverhältnisses des Klägers Anstalt des öffentlichen Rechts gewesen sei. Es kämen jedoch nur bei Arbeitnehmern des engeren öffentlichen Dienstes die Vorteile einer betrieblichen Übung nicht zur Anwendung. Eine abweichende Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass im Rahmen des ersten Golfkrieges im Irak 1991 am Rosenmontag gearbeitet worden sei. Dies sei eine absolute Ausnahmesituation gewesen und habe die volle solidarische Unterstützung durch die Belegschaft gefunden. Ab diesem Jahr jedenfalls sei der Rosenmontag immer wieder arbeitsfrei gewesen.
13Die nunmehr abgeschlossene Betriebsvereinbarung sei rechtsunwirksam. Der Kläger dabei in diesem Zusammenhang bestritten, dass Herr S, noch Betriebsratsmitglied oder sogar noch Vorsitzender des Betriebsrats sei. Herr S sei im Oktober 2016 65 Jahre alt geworden und sei seit über 50 Jahren Angestellter der Q. In den alten Arbeitsverträgen sei der Passus enthalten, dass das Arbeitsverhältnis automatisch mit der Vollendung des 65. Lebensjahres ende. Ende aber das Arbeitsverhältnis, dann ende automatisch auch das Amt des Betriebsratsmitglieds. Selbst wenn ein neuer Vertrag mit dem Angestellten S geschlossen worden sei, was er mit Nichtwissen bestreite, sei das Arbeitsverhältnis zumindest für eine juristische Sekunde unterbrochen worden, sodass die Betriebsratsmitgliedschaft untergegangen sei.
14Die neuen Betriebsvereinbarungen benachteiligten die Arbeitnehmerschaft auch unangemessen. Keinesfalls seien die neuen Regelungen im Sinne eines kollektiven Günstigkeitsvergleichs des Gesamtpaketes ausgewogen.
15Nachdem die Parteien den ursprünglichen Feststellungsantrag zu 1), der sich auf eine Zeitgutschrift bezgl. des Rosenmontags 2016 bezog, nach einer entsprechenden Zeitgutschrift der Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben,
16hat der Kläger zuletzt beantragt,
17festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung zwischen dem Vorstand der Q AG und dem Betriebsrat der Q AG, der Rosenmontag sei zukünftig Arbeitstag, soweit es den Kläger betreffe, unwirksam ist.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag aufgrund einer betrieblichen Übung erworben.
21Im öffentlichen Dienst könne im Übrigen das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung nur sehr eingeschränkt gelten. Ein Beschäftigter dürfte nicht auf einen Bindungswillen schließen und müsse grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der öffentliche Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren wolle, zu denen er rechtlich verpflichtet sei. Öffentliche Arbeitgeber seien nämlich gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen zu beachten. Daher liege zumeist nur ein erkennbarer Normenvollzug vor. Dementsprechend habe der Kläger zu einer Zeit, zu der sie noch eine Anstalt des öffentlichen Rechts gewesen sei, keinen Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung erworben. Danach komme ein solcher Anspruch jedenfalls aufgrund der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung nicht in Betracht.
22Die Beklagte hat darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass selbst wenn ursprünglich eine betriebliche Übung mit dem Inhalt einer bezahlten Arbeitsbefreiung am Rosenmontag vorgelegen habe, sei sie durch die nachfolgende Betriebsvereinbarung abgelöst worden. Schon nach der Rechtsprechung des BAG vom 16.09.1986, GS 1/82, sei es möglich gewesen, im Rahmen einer betrieblichen Übung erbrachte soziale Leistung durch eine Betriebsvereinbarung dauerhaft abzulösen. Nach einer neueren Entscheidung des BAG vom 05.03.2013 (AP BetrVG 1972, § 77 Nr. 105) werde sogar ausgeführt, dass sogar eine konkludente Vereinbarung über die Abänderung vertraglicher Absprachen mit betrieblichen Normen regelmäßig anzunehmen sei, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sei und einen kollektiven Bezug habe. Danach würden Allgemeine Geschäftsbedingungen als vertriebsvereinbarungsoffen gelten. Soweit einheitliche Arbeitsbedingungen auf einer Gesamtzusage und einer betriebliche Übung beruhten, könne nichts Anderes gelten. Auch eine solche Regelung beinhalte eine konkludente Abänderungsbefugnis durch eine betriebliche Übung. Dementsprechend sei ein etwaiger Anspruch des Klägers auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag durch die Betriebsvereinbarung Mobilzeit aufgehoben, die habe vorangegangene Dienstvereinbarungen abgelöst habe.
23Die Betriebsvereinbarung Mobilzeit vom 05.01.2017, die unter dem 24.01.2017 endgültig unterzeichnet sei, sei auch in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Mitarbeiter S habe bereits vor dem Jahre 2016 eine befristete Verlängerung seines Arbeitsvertrages nach § 44 SGB VI bis zum Mai 2018, dem Ablauf des Betriebsratsamtes, mit der Beklagten vereinbart.
24Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 03.02.2017 die Klage abgewiesen, soweit der Kläger im Ergebnis auf Feststellung der bezahlten Freistellung am Rosenmontag gerichteten Antrag geltend gemacht hat. Da die Beklagte hinsichtlich des für das Jahr 2016 geltend gemachten Anspruchs den Kläger nachträglich klaglos gestellt hat, hat es im Hinblick auf die übereinstimmende Erklärung des Rechtsstreits in der Hauptsache insoweit die Kosten der Beklagten auferlegt.
25Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass es offenbleiben könne, ob dem Kläger in der Vergangenheit ein Anspruch auf bezahlte Freistellung am Rosenmontag zugestanden habe, der durch eine betriebliche Übung begründet worden sei. Denn selbst wenn ein solcher Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung entstanden sein sollte, sei er jedenfalls aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 24.01.2017 aufgehoben worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei nämlich davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien Absprachen, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten seien, regelmäßig betriebsvereinbarungsoffen gestalteten. Das Bundesarbeitsgericht habe zwar früher entschieden, dass eine Ablösung individualrechtliche Ansprüche durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung entsprechend dem sogenannten kollektiven Günstigkeitsvergleich nur dann möglich sei, wenn die neue Kollektivregelung insgesamt für die Arbeitnehmer nicht ungünstiger sei. Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.03.2013 (NZA 2013, 916) sei jedoch zu folgern, dass betriebliche Übungen als allgemeine Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug betriebsvereinbarungsoffen gestaltet seien, so dass es insoweit auf einen kollektiven Günstigkeitsvergleich nicht mehr ankomme. Dementsprechend sei ein etwaiger Anspruch des Klägers auf bezahlte Freistellung am Rosenmontag jedenfalls aufgrund der Betriebsvereinbarung untergegangen, die am 24.01.2017 auch wirksam zustande gekommen sei. Dem stehe der Einwand des Klägers, dass der Arbeitnehmer früher bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, nicht entgegen. Denn zum einen sei davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen der Betriebsratsvorsitzende für den Betriebsrat handele, davon auszugehen sei, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß vertreten werde. Der Kläger habe sich zwar darauf berufen, dass der Mitarbeiter Röhr aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden sei. Insoweit habe jedoch die Beklagte schlüssig dargelegt, dass mit dem Mitarbeiter Röhr bereits vor dem Jahr 2016 eine befristete Verlängerungsvereinbarung bis Mai 2018 geschlossen worden sei, so dass das Betriebsratsamt des Mitarbeiters Röhr fortbestanden habe.
26Gegen das am 18.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.03.2017 Berufung eingelegt und diese am 18.04.2017 begründet. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vor, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der durch betriebliche Übung begründete Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag durch die Betriebsvereinbarung vom 05.01.2017 aufgehoben worden sei. Denn das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Rosenmontag ein weit verbreiteter Brauchtumstag sei und die Freistellung häufig sogar in Tarifverträgen geregelt werde. § 12 des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe treffe eine ausdrückliche Regelung für Samstage vor Ostern und Pfingsten sowie für den 24. und 31. Dezember. Fraglich sei daher insoweit bereits, ob es für den weit verbreiteten Rosenmontag einer tariflichen Regelung bedurft hätte. Denn die Betriebsvereinbarung könnte gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen, wonach Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt seien oder üblicherweise geregelt würden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein könnten. Darüber hinaus habe die neue Betriebsvereinbarung erhebliche Nachteile zur Folge, weil der Wegfall der Gutschrift für den Rosenmontag zur Folge habe, dass er Mehrarbeit in Höhe von mindestens der täglichen Sollarbeitszeit ohne Vergütungsausgleich leisten müsse. Unabhängig davon könnte eine betriebliche Übung nur durch eine vom Arbeitnehmer ausdrücklich akzeptierte Vertragsänderung bzw. Änderungskündigung abgeschafft werden, so dass eine Abschaffung des Anspruchs auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag durch eine Betriebsvereinbarung nicht möglich sei.
27Der Kläger beantragt,
28das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 03.02.2017 – 4 Ca 1203/16 – abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn an Rosenmontagen bezahlte Arbeitsbefreiung zu gewähren.
29Die Beklagte beantragt,
30die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
31Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Berufung des Klägers bereits unzulässig sei, weil er sich nicht ausreichend mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandergesetzt habe. Insbesondere habe sich der Kläger nicht mit der Argumentation des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt, wonach die Arbeitsvertragsparteien ihrer Absprache betriebsvereinbarungsoffen gestalten könnten. Die Berufung des Klägers sei jedenfalls unbegründet. Dies folge zum einen daraus, dass es schon deswegen am Feststellungsinteresse fehle, weil der Feststellungsantrag in die Zukunft gerichtet sei, der den künftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses am Rosenmontag und damit eine ungewisse Bedingung erfordere. Davon unabhängig sei die Berufung des Klägers unbegründet, weil dem Kläger entgegen seiner Rechtsansicht niemals ein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag zugestanden habe. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei davon auszugehen, dass jedenfalls bei einem öffentlichen Arbeitgeber kein Anspruch aus betrieblicher Übung auf einen arbeitsfreien Tag am Rosenmontag entstehen könne. Denn ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müsse in aller Regel davon ausgehen, dass ihm der öffentliche Dienstgeber nur solche Leistungen gewähren wolle, zu denen er rechtlich auch verpflichtet sei. Ohne besonderen Anhaltspunkt dürfe daher der Arbeitnehmer selbst aufgrund einer langjährigen Gewährung nicht von einer zusätzlichen Vergünstigung ausgehen und auch nicht darauf vertrauen, dass diese Vergünstigung Vertragsinhalt geworden sei. Darüber hinaus sei auch bereits vor der Rechtsformänderung die Arbeitsfreiheit an Brauchtagen in einer Betriebsvereinbarung bzw. Dienstvereinbarung, also kollektivrechtlich geregelt worden, so dass auch aus diesem Grunde kein Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung entstanden sei. Selbst wenn ein solcher Anspruch begründet worden wäre, sei er jedenfalls aufgrund der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 2017 aufgehoben worden, da insoweit das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass hinsichtlich des Rosenmontags eine betriebsvereinbarungsoffene Vertragsabsprache der Parteien vorliege, die durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung abgelöst werden könne. Der Wirksamkeit der Ablösung durch die Betriebsvereinbarung stehe § 77 Abs. 3 BetrVG nicht entgegen, da § 12 des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht begründen könne, jedenfalls eine Öffnungsklausel enthalte.
32Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
35Die eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere noch ausreichend begründet im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
36Der Kläger greift die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit an, als dieses nach seiner Auffassung die Rechtsfrage nach dem Vorliegen einer betriebsvereinbarungsoffenen Vertragsabsprache zu Unrecht angenommen habe und vertritt dabei weiterhin die Rechtsansicht, dass die Ablösung des durch eine betriebliche Übung begründeten Individualanspruchs auf eine bezahlte Freistellung am Rosenmontag nur durch eine einvernehmliche Änderung des Vertrages oder nur durch eine Änderungskündigung möglich sei. Da das Arbeitsgericht die Ablösung eines durch die betriebliche Übung begründetet Anspruch durch eine nachfolgende ungünstige Betriebsvereinbarung lediglich damit begründet hat, dass betriebliche Übungen allgemeine Arbeitsbedingungen mit kollektiven Bezug darstellten und deshalb betriebsvereinbarungsoffen seien, musste der Kläger bei dieser Begründung nicht mehr rügen, als dass diese Rechtsansicht falsch sei, weil durch betriebliche Übung individualrechtliche Ansprüche begründet werden, die auch nur individualrechtlich durch eine einvernehmliche Vertragsänderung oder durch eine Änderungskündigung, nicht jedoch durch eine ablösende Betriebsvereinbarung, also eine kollektive Regelung beseitig werden könnten. Ob das weitere Vorbringen des Klägers, dass die Betriebsvereinbarung, die die Arbeitsleistung an einem Brauchtumstag regele, im Hinblick auf § 12 des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sein könnte, weil dieser Tarifvertrag die Arbeitsbefreiung an Samstagen vor Ostern und Pfingsten sowie am 24. und 31. Dezember regele, wegen der Formulierung „könnte“ eine ausreichende Geltendmachung der Unwirksamkeit der vorliegenden Betriebsvereinbarung und damit einen weiteren rechtlichen Einwand gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darstellt, kann daher offen bleiben
37Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht in der Sache entschieden hat, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht.
38Die Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO war mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig.
39Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Rechtsverhältnis ist dabei eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder zu einer Sache. Zwar können Gegenstand einer Feststellungsklage nicht bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses sein. Jedoch kann sich die Feststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Die Feststellung muss auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein. Dieses muss so genau bezeichnet sein, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann (so BAG, Urteil vom 25.05.2005 – 5 AZR 566/04, NZA 2005, 981). Das Feststellungsinteresse fehlt, wenn dem Antragsteller ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen, oder wenn die begehrte Feststellung zu keiner abschließenden Klärung des Streits geeignet ist. Ersteres ist in der Regel der Fall ist, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann. Dies gilt aber nicht, wenn die Leistungsklage auf zukünftige Leistungen gerichtet werden müsste. Soweit sie die Feststellung von Zahlungs- und Beschäftigungspflichten begehren, können sie nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden (vgl. BAG, Urt. v. 01.02.2006 - 5 AZR 187/05, NZA 2006, 563). Dementsprechend steht entgegen der Ansicht der Beklagten der ungewisse Bestand des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen.
40Dass Feststellungsinteresse kann außerdem trotz des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage auch dann bestehen, wenn das angestrebte Urteil mit seiner lediglich klärenden, der Vollstreckung indes nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen hierzu zu verhindern (so BAG, Urt. v. 16.11.2011 - 4 AZR 834/09, juris). Auch diese Voraussetzung ist vorliegend jedenfalls schon deshalb erfüllt, weil die Beklagte ausdrücklich zu Protokoll der Berufungsverhandlung erklärt hat, dass sie sich rechtskonform verhalten und eine rechtskräftige Feststellungsverurteilung akzeptieren werde.
41Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag nicht zusteht.
42Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen durch betriebliche Übung begründete individualrechtliche Ansprüche der Arbeitnehmer aufgrund des individuellen Günstigkeitsprinzips in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 TVG Vorrang haben oder entsprechend der Ansicht des Arbeitsgerichts nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.03.2013 - 1 AZR 417/12 (ablehnend dazu Waltermann RdA 2016, 296 ff.) durch eine nachfolgende ungünstige Betriebsvereinbarung aufgrund einer Betriebsvereinbarungsoffenheit der betrieblichen Übung, die dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB stand hält, wirksam abgelöst werden können (dagegen BAG, Urt. v. 05.08.2009 - 10 AZR 483/08, NZA 2009, 1105; ArbG Rheine, Urt. v. 06.07.2016 - 5 Ca 237/16, juris für durch betriebliche Übung begründete Zahlungsansprüche und generell Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 611 BGB Rdnr. 220 e), kann vorliegend offen bleiben. Denn es ist aufgrund einer betrieblichen Übung kein Anspruch des Klägers auf eine bezahlte Arbeitsbefreiung an Rosenmontag entstanden, der beseitigt werden müsste.
43Als betriebliche Übung wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht, der die Kammer folgt, die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Willenserklärung zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Bei der Anspruchsentstehung kommt es dabei nicht entscheidend darauf an, ob ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers bestand, sondern darauf, wie die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung aller Begleitumstände nach §§ 133, 157 BGB verstehen mussten. Will der Arbeitgeber verhindern, dass aus der Stetigkeit seines Verhaltens eine in die Zukunft wirkende Bindung entsteht, muss er einen entsprechenden Vorbehalt erklären. Erforderlich ist, dass der Vorbehalt klar und unmissverständlich kundgetan wird. Dabei steht die Form des Vorbehalts dem Arbeitgeber frei. Er kann den Vorbehalt sowohl durch Aushang oder Rundschreiben als auch durch Erklärung gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer bekanntgeben (vgl. BAG, Urt. v. 27.04.2016 - 5 AZR 311/15, juris; Urt. v. 06.09.1994 - 9 AZR 672/92, NZA 1995, 418; Urt. v. 24.03.1993 - 5 AZR 16/92, NZA 1993, 749).
44Für den Inhalt einer betrieblichen Übung ist allerdings nicht nur das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers entscheidend. Auch Art, Bedeutung und Begleitumstände der üblich gewordenen Leistung sind zu berücksichtigen. Da die betriebliche Übung zu typisierten Leistungsbedingungen führt, ist das Verhalten des Arbeitgebers losgelöst von den Umständen des Einzelfalles nach objektiven Kriterien auszulegen (vgl. BAG, Urt. v. 19.02. 2008 – 3 AZR 61/06, NZA-RR 2008, 597; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.04.2016 - 3 Sa 489/15, juris).
45Der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss dabei in aller Regel davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Denn die an Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem durch Festlegungen des Haushalts gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind viel stärker als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel gilt also Normvollzug. Der Arbeitnehmer darf grundsätzlich nur auf eine korrekte Anwendung der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen vertrauen. Ohne besondere Anhaltspunkte darf er daher auch bei langjähriger Gewährung von überobligatorischen Vergünstigungen nicht annehmen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unabhängig von den zugrunde liegenden normativen Regelungen unbefristet beibehalten (vgl. BAG, Urt. v. 15.05.2012 - 3 AZR 610/11, NZA 2012, 1279; Urt. v. 24.03.1993 - 5 AZR 16/92, NZA 1993, 749; LAG Hamm, Urt. v. 05.09.2013 - 17 Sa 213/13, juris).
46Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann außerdem nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war. Der Arbeitnehmer kann die Erbringung von Leistungen des Arbeitgebers dann weder dahin verstehen, der Arbeitgeber werde ohne vertragliche Grundlage auch an ihn eine entsprechende Leistung erbringen, noch dahin, er werde auch ihm ein entsprechendes Angebot machen (vgl. BAG, Urt. v. 15.04.2014 - 3 AZR 51/12, NZA-RR 2015, 147; Urt. v. 15.05.2012 - 3 AZR 610/11, NZA 2012, 1279).
47Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Anspruch des Klägers auf bezahlte Arbeitsbefreiung am jeweiligen Rosenmontag aufgrund einer betrieblichen Übung nicht entstanden.
48Die Entstehung eines Anspruchs auf bezahlte Freistellung am Rosenmontag vor dem Rechtsformwechsel zum 01.01.2002 scheitert nicht bereits daran, dass die bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag in der Vergangenheit aufgrund besonderen Anspruchsgrundlage gewährt wurde.
49Die Beklagte hat zwar in der Berufungsverhandlung vorgetragen, dass entgegen dem Vorbringen des Klägers die Arbeitsbefreiung an den Rosenmontag in der Vergangenheit aufgrund einer entsprechenden Dienstvereinbarung gewährt worden sei, konnte aber in der Berufungsverhandlung weder eine solche Dienstvereinbarung vorlegen noch ansatzweise vortragen, wann und mit welchem Inhalt eine solche Dienstvereinbarung geschlossen worden sein soll. Dieser in der Berufung Verhandlung vorgebrachte Einwand war daher schon viel zu pauschal und nicht einlassungsfähig, so dass er bereits aus diesem Grunde dem aufgrund der betrieblichen Übung geltend gemachten Anspruch nicht entgegenstehen konnte.
50Entgegen der Ansicht des Klägers konnte bis zu der dem Rechtsformwechsel und der Privatisierung der Rechtsvorgängerin der Beklagten der Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag aufgrund einer betrieblichen Übung nur unter den für den öffentlichen Dienst geltenden Einschränkungen entstehen. Denn die für den öffentlichen Dienst geltenden Einschränkungen für die Begründung einer verbindlichen betrieblichen Übung gelten entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur im öffentlichen „Dienst im engeren Sinne“, ohne das es darauf ankommt, was damit genau gemeint ist, sondern jedenfalls auch für Anstalten des öffentlichen Rechts (vgl. BAG, Urt. v. 15.05.2012 - 3 AZR 610/1, NZA 2012, 1279; LAG München, Urt. v. 25.01.2011 - 7 Sa 523/10, juris). Dementsprechend musste auch der Kläger bis zu dem mit Wirkung zum 01.01.2002 erfolgten Rechtsformwechsel und der Privatisierung der Rechtsvorgängerin der Beklagten grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich auch verpflichtet ist. Deshalb durfte er auch ohne besondere Anhaltspunkte trotz der langjährigen Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, nicht darauf vertrauen, die in der Vergangenheit gewährte bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag sei Vertragsinhalt geworden und werde unbefristet weitergewährt.
51Eine Zusage, anlässlich des karnevalistischen Brauchtums für den Tag des Hauptumzugs Arbeitsbefreiung zu erteilen, würde nicht hauptsächlich zu dem Zweck erteilt, die erbrachte Arbeitsleistung zu vergüten. Arbeitsbefreiung an Rosenmontag ist für ein Arbeitsverhältnis weder wesensnotwendig noch von besonderer Bedeutung; sie hat sekundären, außergewöhnlichen Charakter (so LAG Köln, 08.08.2003 - 11 Sa 238/03, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urt. v. 07. 05. 1986 – 4 AZR 556/83, AP Nr.12 zu § 4 BAT). Besondere Anhaltspunkte, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden. Allein die Tatsache, dass die bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag während der Zugehörigkeit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum öffentlichen Dienst bis zur Privatisierung mit Wirkung zum 01.01.2002 jahrelang ohne besonderen Vorbehalt gewährt worden ist, begründet entgegen der Ansicht des Klägers auch keinen besonderen Vertrauensschutz, der die Annahme der Begründung einer betrieblichen Übung rechtfertigen würde. Denn neben der langjährigen Gewährung, die im Bereich des öffentlichen Dienstes allein für die Begründung einer betrieblichen Übung nicht ausreicht, liegt auch nach dem Vorbringen des Klägers kein zusätzlicher tatsächlicher Umstand vor, der dieses Vertrauen rechtfertigen könnte. Hinzu kommt, dass gerade wegen der Besonderheiten im öffentlichen Dienst, die eine Einschränkung der betrieblichen Übung erfordern, kaum zu erklären wäre, wieso Arbeitnehmer eines öffentlichen Dienstgebers abhängig vom Wohnort eine bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag erhalten sollten, der jedenfalls nicht allgemein besonders gefeiert wird. Denn dies hätte eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes zur Folge, für die kein sachlicher Grund bestünde.
52Nach dem Rechtsformwechsel mit Wirkung zum 01.01.2002 konnte dagegen schon deswegen keine betriebliche Übung entstehen, weil die Frage der Arbeitsbefreiung an Brauchtumstagen, die an einen Wochentag von Montag bis Freitag fallen, in § 2 der Betriebsvereinbarung BV Mobilzeit vom 24.11.2013 ausdrücklich geregelt wurde, sodass dem Kläger seit dem 01.01.2012 nicht wenigstens drei Mal ohne Vorbehalt und ohne eine kollektive Regelung eine bezahlte Arbeitsbefreiung am Rosenmontag gewährt worden ist, die eine betriebliche Übung begründen könnte.
53Aus alldem folgt, dass die Berufung des Klägers zurückzuweisen war.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
55Die Revision war nach Auffassung der Kammer wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG