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1. Der bei Erhalt einer Abfindung zu berücksichtigende Schonbetrag als Pauschale für die durch den Arbeitsplatzverlust typischerweise entstehenden Kosten steht einer Partei auch dann zu, wenn diese erst nach mehrmonatiger Arbeitslosigkeit eine neue Beschäftigung zu schlechteren Bedingungen an einem weiter entfernten Arbeitsort findet und sie sich danach mit dem bisherigen Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar vor der Aufnahme der neuen Tätigkeit unter Fort-zahlung der Vergütung und Zahlung einer Abfindung im Kündigungsschutzprozess einigt.
2. Das Verbot, langfristige Verbindlichkeiten aus einer erhaltenen Abfindung vorzeitig zu tilgen, kann nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten im Einzelfall bei Hinzutreten weiterer Umstände zurücktreten, wenn es um die Ablösung von Verbindlichkeiten für die Anschaffung eines angemessenen Hausgrundstücks im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geht.
3. Das gemäß § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO auf die Unterhaltsfreibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO anzurechnende Einkommen unterhaltsberechtigter Personen ist grundsätzlich wie das Einkommen der antragstellenden Partei selbst nach § 115 ZPO zu berechnen. Es ist unzulässig, den für den Ehe- oder Lebenspartner oder das Kind der antragstellenden Partei zu gewährenden Freibetrag nicht zu be-rücksichtigen, weil das reine Nettoeinkommen ohne Abzug der Belastungen nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) und b), 3 bis 5 ZPO diesen übersteigt.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 29. Juli 2014 aufgehoben.
Es verbleibt bei der durch Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 30. April 2013 und 10. Juni 2013 (2 Ca 309/13 O) sowie durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. November 2013 (15 Sa 1449/13) bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Mit seiner am 13. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 6. März 2013 geltend und beantragte zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten. Die Klage wurde im Laufe des Verfahrens mehrfach erweitert. Durch die beiden Beschlüsse vom 30. April 2013 und 10. Juni 2013 wurde dem Kläger in vollem Umfang Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt. Nach dem er erstinstanzlich obsiegt und die Beklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, erhielt der Kläger darüber hinaus Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ebenfalls ohne Zahlungsanordnung durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. November 2013 bewilligt.
4Der Kläger war nach Erhalt der fristlosen Kündigung vom 6. März 2013 zunächst arbeitslos. Zum 19. August 2013 fand er eine neue Beschäftigung. In dem auf den 20. März 2014 anberaumten Termin vor dem Berufungsgericht schlossen die Parteien einen Vergleich. Danach endete das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit dem Ablauf des 18. August 2013. Die Beklagte verpflichtete sich zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungstermin und zur Auszahlung des sich daraus ergebenden Nettobetrages unter Berücksichtigung der Rechte Dritter. Schließlich verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 13.500,00 Euro brutto zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Regelungen des Vergleichs wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 294 bis 296 der Hauptakte) Bezug genommen.
5Mit Schreiben vom 2. Mai 2014 forderte das Arbeitsgericht den Kläger über seine Prozessbevollmächtigte auf, bis zum 20. Mai 2014 die Höhe der Nettoabfindung mitzuteilen, da nach der Rechtsprechung die Nettoabfindung, sofern und soweit sie das Schonvermögen übersteige, zur Deckung der Prozesskosten eingesetzt werden könne. Nach Erinnerung mit Schreiben vom 20. Mai 2014 teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 30. Mai 2014 mit, dass weder eine Zahlung noch Abrechnung der Abfindungszahlung bislang erfolgt sei. Mit Schreiben vom 11. Juni 2014 verlängerte das Arbeitsgericht antragsgemäß die Frist zur Stellungnahme bis zum 27. Juni 2014 verbunden mit der Bitte, den Kläger ausdrücklich nochmals darauf hinzuweisen, dass er von der Nettoabfindung auch die Gerichtskosten zu begleichen habe. Mit dem am 27. Juni 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage überreichte der Kläger zugleich eine Abrechnung für den Monat August 2013, auf deren Grundlage das Arbeitsgericht von einem Nettoabfindungsbetrag von 10.620,00 Euro ausging, so dass ein Betrag von 4.652,00 Euro zur Deckung der Prozesskosten seiner Ansicht nach eingesetzt werden müssten. Der Kläger erhielt eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen, nach deren Ablauf wurde durch den hier angefochtenen Beschluss ein Einmalbetrag von 4.650,00 Euro in Abänderung der bisherigen Bewilligungsbeschlüsse festgesetzt.
6Gegen diesen ihm am 14. August 2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit dem am 12. August 2014 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung verwies er darauf, dass er am 30. Juni 2014 einen Betrag von 5.355,00 Euro zur Tilgung des bei der NRW.Bank für die Anschaffung seines Hauses aufgenommenen Darlehens gezahlt habe. Der Kläger, der für seine Ehefrau und zwei Kinder unterhaltspflichtig ist, bewohnt mit seiner Familie ein Einfamilienhaus im Wert von rund 200.000,00 Euro und einer Größe von 152 Quadratmetern. Die Anschaffung hat der Kläger mit drei Krediten finanziert, zwei bei der Volksbank U eG, welche durch eine Grundschuld gesichert sind und mit insgesamt 800,00 Euro monatlich abbezahlt werden. Des Weiteren besteht der Kredit bei der NRW.Bank, der zum 30. Juni 2014 noch mit 25.953,03 Euro valutierte. Das Darlehen wird in halbjährlich zu zahlenden Raten in Höhe von 356,25 Euro getilgt. Gemäß § 6 des Darlehensvertrages vom 15. April/25. Juni 2003 kann der Kläger jederzeit das Darlehen ganz oder in Teilbeträgen zurückzahlen.
7Der Kläger arbeitet seit 19. August 2013 bei einer Zeitarbeitsfirma. Bei dieser arbeitet er bislang auf der Basis jeweils verlängerter, befristeter Arbeitsverträge in Schicht- und Akkordarbeit. Er erhält seit April 2014 einen Stundenlohn von 9,17 Euro brutto ausweislich der vorgelegten Abrechnungen für April bis Juni 2014. Unter Berücksichtigung von Einsatzzulage, Schichtzulage sowie Sonn- und Nachtarbeitszuschlägen beträgt der durchschnittliche Stundenlohn zwischen 14,42 und 14,56 Euro brutto. Bei der Beklagten erhielt er zuletzt einen Stundenlohn von 12,38 Euro brutto nebst einer Leistungszulage zwischen 2,34 und 2,45 Euro brutto pro Stunde.
8Der Kläger ist der Auffassung, dass er als verantwortungsbewusster und vorausschauend denkender Ehemann und Vater von zwei Kindern einen Teil der Abfindung dazu habe einsetzen dürfen, um einen Teil der auf dem Familienheim lastenden Schulden außer der Reihe zu tilgen. Er habe sich dazu entschlossen, weil seine Beschäftigung bei der Zeitarbeitsfirma sehr viel ungeschützter, unsicherer und weitaus belastender sei als seine bisherige Beschäftigung bei der Beklagten. Der Schutz der Familie und eine angemessene Altersvorsorge aus den Mitteln der Abfindung müsse hier Vorrang gegenüber dem Einsatz für die Prozesskosten genießen. Die derzeitige Arbeit in der Reifenproduktion sei körperlich deutlich belastender als die Arbeit bei der Beklagten, zumal er ausweislich der vorgelegten Atteste bereits unter einer erstgradigen Meniskusdegeneration und einem Kniegelenkserguss leide, die eigentlich einer Operation bedürften, die er jedoch im Hinblick auf seine ungesicherte Beschäftigung bislang nicht habe durchführen lassen. Darüber hinaus stehe ihm auch der weitere Freibetrag nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einem Verlust des Arbeitsplatzes neben dem Schonvermögen gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu. Er habe erst über fünf Monate später eine neue Beschäftigung gefunden, welche er an einem weiter entfernten Ort verrichten müsse und die ganz andersartig sei. Die in dem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Arnsberg (2 Ca 612/14 O) erfolgte Bewilligung gegen Ratenzahlung (210,00 Euro) hätte eigentlich nicht erfolgen dürfen, der Kläger habe jedoch von einer weiteren Beschwerde abgesehen. Im Übrigen könne es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, wenn er durch das Gericht vor der Sondertilgung des Bankkredits darüber informiert worden sei, dass er möglicherweise seine Abfindung einsetzen müsse. Da es eine Rechtsfrage sein könne, ob wirklich eine Verbesserung der finanziellen Verhältnisse vorliege bzw. der Einsatz von Vermögen eine besondere Härte darstellen könne, sei es nicht von einer bloßen Mitteilung durch das Arbeitsgericht abhängig, ob dieses Vermögen der Partei zum Zwecke der Schuldentilgung verbleiben dürfe oder nicht. Eine „Bösgläubigkeit“ des Klägers liege nicht vor. Der Kläger habe sein Geld nicht verprasst, sondern für seine Familie eingesetzt. Sein jüngstes Kind (Jahrgang 2011) sei noch sehr klein, die Ehefrau arbeite deshalb nur auf geringfügiger Basis. Vor diesem Hintergrund seien der Schutz der Familie und die Vorsorge für sie durch die Rückführung von Krediten aus einer Entschädigungsleistung für verlorene Arbeit als vorrangig anzusehen gegenüber der Bezahlung von Prozesskosten.
9II.
10Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die Zahlung eines Einmalbetrages aus der dem Kläger zugeflossenen Abfindung angeordnet. Die Anordnung einer Ratenzahlung aus seinem Einkommen schied aus.
111. Der Kläger hat aus seiner Abfindung den vom Arbeitsgericht festgesetzten Einmalbetrag nicht zu zahlen.
12a) Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist. Zum Vermögen gehören alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie geldwerte Forderungen und sonstige Rechte. Ebenfalls sind Abfindungen als Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO für die Prozesskosten einzusetzen. Dabei ist lediglich die tatsächlich gezahlte Nettoabfindung zu berücksichtigen. Hiervon abzusetzen sind das der Partei gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII für sich und etwaige unterhaltsberechtigte Personen zustehende Schonvermögen sowie ein weiterer Schonbetrag in Höhe des für Ledige geltenden Betrages als Pauschale für die durch den Arbeitsplatzverlust typischerweise entstehenden Kosten. Darüber hinaus sind die zum Zeitpunkt der Zahlung fälligen Schulden mit der gezahlten Abfindung zu saldieren. Lediglich der dabei verbleibende Differenzbetrag ist in voller Höhe als Vermögen einzusetzen (vgl. BAG, 22. Dezember 2003, 2 AZB 23/03, RVGreport 2004, 196, II. 2. der Gründe; 3 AZB 12/05, NZA 2006, 751, Rn. 10 ff.; LAG Hamm, 25. September 2006, 18 Ta 539/06, juris, Rn. 14 ff.; 20. Juni 2006, 5 Ta 185/06, juris, Rn. 9 ff.; 20. Juni 2006, 5 Ta 195/06, juris, Rn. 8 ff.).
13Der Einsatz des vorhandenen Vermögens ist von der Partei im Übrigen nur zu verlangen, wenn dieser ihr zumutbar ist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dabei kann offen bleiben, ob die Verwertung des Vermögens eine „Härte“ im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII darstellt. Die sozialrechtliche Härtefallregelung findet nur auf atypische, ungewöhnliche Lebenssachverhalte Anwendung, ist also von der Erfüllung besonders schwerwiegender Voraussetzungen abhängig. Das im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu prüfende Kriterium der Unzumutbarkeit ist von geringeren Anforderungen gekennzeichnet (vgl. BAG, 5. Mai 2006, 3 AZB 62/04, AP ZPO § 115 Nr. 6, Rn. 13). Zu berücksichtigen ist, dass § 90 SBG XII nur entsprechend gilt, d. h. soweit er dem Prozesskostenhilferecht entspricht. Damit ist die Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht direkt anwendbar, sondern nur als Richtschnur zu begreifen. Die Zumutbarkeitsprüfung eröffnet einen Ermessenspielraum, welcher es dem Gericht erlaubt, den Einzelfall individuell zu beurteilen (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 313).
14b) Der Kläger hat aufgrund des gerichtlichen Vergleiches vom 20. März 2014 eine Nettoabfindung in Höhe von rund 10.620,00 Euro erhalten. Hiervon abzusetzen ist der dem Kläger zustehende Schonbetrag in Höhe von 2.600,00 Euro zuzüglich der für seine Ehefrau und seine beiden Kinder zur berücksichtigenden weiteren Beträge von jeweils 256,00 Euro (vgl. § 1 Nr. 1 b DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII).
15c) Darüber hinaus steht dem Kläger der weitere Schonbetrag als Pauschale für die durch den Arbeitsplatzverlust typischerweise entstehenden Kosten zu. Der Kläger ist tatsächlich vom 6. März 2013 bis 19. August 2013 arbeitslos gewesen. Er hat nicht unmittelbar im Anschluss an seine bisherige Beschäftigung eine neue Stelle im gleichen Ort gefunden. Der neue Beschäftigungsort ist nicht mehr zehn, sondern fünfundzwanzig Kilometer von seinem Wohnsitz entfernt. Damit sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Schonbetrages als Pauschale für den Arbeitsplatzverlust erfüllt.
16Der Umstand, dass die Parteien in dem gerichtlichen Vergleich vom 20. März 2014 vereinbart haben, dass das Arbeitsverhältnis unmittelbar vor der Aufnahme der neuen Beschäftigung endet und der Kläger bis dahin ordnungsgemäß vergütet wird, ändert nichts daran, dass zunächst die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen zusätzlichen Kosten dem Kläger tatsächlich entstanden sind. Sie werden auch nicht vollständig durch die Gewährung der Vergütung bis unmittelbar zum Zeitpunkt der Aufnahme der neuen Beschäftigung vollständig ausgeglichen. Insbesondere sind die zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzsuche bereits entstanden, während die Nachgewährung der Vergütung lediglich die bisherigen Lebenshaltungskosten abdeckt, nicht aber die durch den Arbeitsplatzverlust entstandenen zusätzlichen Kosten. Darüber hinaus verbleiben im Falle des Klägers die mit der weiter entfernten Tätigkeit verbundenen zusätzlichen Werbungskosten. Auch ist der Verdienst, wenn auch nur geringfügig, geringer (Stundenlohn bei der Beklagten zwischen 14,72 und 14,83 Euro; Stundenlohn in der neuen Beschäftigung zwischen 14,40 und 14,56 Euro). In der Summe rechtfertigen diese Umstände jedoch die Berücksichtigung des zusätzlichen Schonbetrages im Falle des Arbeitsplatzverlustes, da es sich um einen pauschal zu berücksichtigenden Betrag handelt, der nur dann entfällt, wenn durch Aufnahme einer vergleichbaren Beschäftigung im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses keine oder zumindest keine erheblichen Kosten durch den Arbeitsplatzverlust denkbar sind.
17d) Darüber hinaus ist vom erhaltenen Abfindungsbetrag die am 30. Juni 2014 erfolge Tilgung des bei der NRW.Bank bestehenden Darlehens in Höhe von 5.355,00 Euro von der erhaltenen Abfindung abzusetzen. Dem Kläger war es nicht zumutbar, diesen Vermögensbestandteil für die Prozesskosten einzusetzen.
18aa) Zwar können nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, 22. Dezember 2003, 2 AZB 23/03, RVGreport 2004, 196, II. 2 c) ee) der Gründe) nur fällige Schulden mit einer ausgezahlten Nettoabfindung verrechnet werden. Wenn Schulden in langfristigen Raten zu tilgen sind, darf die arme Partei sie nicht vorzeitig tilgen, sondern muss mit dem vorhandenen Geld die Prozesskosten zunächst bezahlen (vgl. BGH, 25. November 1998, XII ZB 117/98, VersR 1999, 1435, II. 2. b) aa) der Gründe; LAG Hamm, 20. Juni 2006, 5 Ta 185/06 (Rn. 11) und 5 Ta 195/96 (Rn. 10), juris; LAG Schleswig-Holstein, 13. September 2010, 4 Ta 126/10, juris, Rn. 9). Allerdings muss eine Partei sich diesen Betrag nur dann weiterhin als Vermögen zurechnen lassen, wenn sie ihre Leistungsunfähigkeit böswillig herbeiführt, beispielsweise durch Tilgung einer Verbindlichkeit, deren Begründung angesichts der zu erwartenden Belastung durch die beabsichtigte Rechtsverfolgung unangemessen war, oder aber auch durch Tilgung einer Verbindlichkeit weit vor deren Fälligkeit (vgl. BGH, a. a. O.).
19bb) Der Kläger war im vorliegenden Fall nicht verpflichtet, seine Kreditverbindlichkeit bei der NRW.Bank zurückzuführen. § 6 des Darlehensvertrages bot ihm insoweit nur ein Recht zur jederzeitigen Tilgung, sei es ganz oder teilweise. Allerdings diente diese Kreditaufnahme dem Erwerb des vom Kläger und seiner Familie bewohnten angemessenen Hausgrundstücks, dass gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ebenfalls nicht für das Bestreiten der Prozesskosten eingesetzt werden muss. Es ist dann im Hinblick auf Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe widersinnig, wenn man zu Lasten der bedürftigen Partei die Tatsache, dass es sich um Kreditverbindlichkeiten für ein zu Wohnzwecken benutztes Hausgrundstück handelt, völlig unberücksichtigt lässt (vgl. LAG Köln, 12. April 2006, 14 Ta 144/06, juris, Rn. 13). Im vorliegenden Fall führt dies zu Unzumutbarkeit der Verwertung des Vermögens für die Prozesskosten.
20(1) Insoweit gelten hier dieselben Grundsätze wie für die Berücksichtigung nachträglich begründeter Verbindlichkeiten nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung. Die hilfsbedürftige Partei ist nicht verpflichtet, während des gesamten Vier-Jahres-Zeitraums des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (§ 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO) ihre private Lebensführung allein danach auszurichten, nach Möglichkeit entstandene Prozesskosten nachträglich zu begleichen. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob die fragliche Kreditaufnahme angemessen erscheint und ob eine Person, die nicht dem Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (§ 120a Abs. 1 ZPO) unterliegt, in einer vergleichbaren Situation sich zu der Kreditaufnahme entschlossen hätte (vgl. LAG Hamm, 30. April 2012, 4 Ta 662/11, juris, Rn. 9). Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingegangene Verbindlichkeiten sind als besondere Belastung zu berücksichtigen, wenn es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind (vgl. LAG Hamm, 31. Mai 2010, 14 Ta 98/10, juris, Rn. 2).
21(2) Vergleichbares gilt im vorliegenden Fall, wenn es um die Frage geht, ob im Nachprüfungszeitraum ausnahmsweise vom grundsätzlichen Verbot, langfristige Verbindlichkeiten vorzeitig zu tilgen, unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten abgewichen werden kann. Auch diese Entscheidung richtet sich danach, ob eine Person, die nicht dem Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (§ 120a Abs. 1 ZPO) unterliegt, in einer vergleichbaren Situation sich zur Tilgung dieser langfristigen Verbindlichkeit entschlossen hätte. Es kommt nicht allein darauf an, dass die Partei sich grundsätzlich in ihrer Lebensführung darauf einzustellen, die Prozesskosten zurückzuführen (insoweit zu eng LAG Hamm, 20. Juni 2006, 5 Ta 185/06, juris, Rn. 12; 20. Juni 2006, 5 Ta 195/06, juris, Rn. 13). Das Verbot, langfristige Verbindlichkeiten aus einer erhaltenen Abfindung vorzeitig zu tilgen, kann vielmehr nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten im Einzelfall bei Hinzutreten weiterer Umstände zurücktreten, wenn es um die Ablösung von Verbindlichkeiten für die Anschaffung eines angemessenen Hausgrundstücks im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geht.
22Hier ist zu berücksichtigen, dass es sich um die vorzeitige Tilgung eines Kredites handelte, der ein existentielles Bedürfnis des Klägers und seiner Familie, die im Wesentlichen von seinen Einkünften sowohl aus der Haupttätigkeit als auch seiner Nebentätigkeit abhängen, geht, nämlich die Sicherung von angemessenen Wohnraum. Hinzu kam, dass der Kläger sich nicht ein einer gesicherten unbefristeten Beschäftigung befindet, sondern aufgrund bislang lediglich befristeter Arbeitsverträge sogar eine trotz ärztlich festgestellter Beschwerden eigentlich notwendige Operation weiter aufschiebt. Wenn sich eine bedürftige Partei in einer solchen Situation dazu entschließt, vorhandene Verbindlichkeiten, die sie zur Anschaffung von Wohneigentum aufgenommen hat, vorzeitig zu tilgen, um im Falle einer nachteiligen Änderung ihrer wirtschaftlichen Situation insbesondere infolge eines möglichen Arbeitsplatzverlustes nur noch einer geminderten Schuldenlast gegenüber zu stehen, ist dies als grundsätzlich vorrangig gegenüber der Verpflichtung, die entstandenen Prozesskosten zu tilgen, zu betrachten. Bei einer geringeren Höhe des noch zu tilgenden Kredits sind bei einem verminderten Einkommen eher Möglichkeiten gegeben, das angeschaffte Wohneigentum trotzdem zu erhalten und die Kreditlast ggf. nach einer Umschuldung weiterhin abzutragen. Das Vorgehen des Klägers ist angemessen und entspricht dem, was auch eine nicht bedürftige Partei in einer vergleichbar wirtschaftlich ungesicherten Einkommenssituation vernünftigerweise machen würde.
23(3) An dieser Beurteilung ändert sich nichts durch die Hinweise des Arbeitsgerichts vom 2. Mai 2014 und 11. Juni 2014 auf die grundsätzliche Verpflichtung des Klägers, seine Abfindung für die Prozesskosten einzusetzen. Daraus folgt kein im Rahmen der Abwägung, ob eine nicht bedürftige Partei ebenso wie der Kläger gehandelt hätte, zu seinen Lasten zu berücksichtigender Umstand. Eine solche Partei könnte die Prozesskosten unabhängig von der Abfindung zahlen. Dementsprechend spielen solche Hinweise für die Frage, ob eine Person, die nicht dem Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO a. F. unterliegt, in einer vergleichbaren Situation sich zur Tilgung dieser langfristigen Verbindlichkeit entschlossen hätte, keine Rolle.
24c) Nach Abzug der vorgenannten Beträge (Schonvermögen 3.368,00 Euro, zusätzlicher Schonbetrag für Arbeitsplatzverlust 2.600,00 Euro, Tilgung einer Kreditverbindlichkeit 5.355,00 Euro) verbleibt von einem Abfindungsbetrag von 10.620,00 Euro kein einzusetzendes Vermögen mehr. Die Anordnung einer Einmalzahlung war daher nicht gerechtfertigt.
252. Die Anordnung einer Ratenzahlung im vorliegenden Nachprüfungsverfahren scheidet ebenfalls aus.
26a) Zwar ist eine verbesserte Einkommenssituation zu berücksichtigen, da Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedürftigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung in der Beschwerdeinstanz ist wie sich bereits aus den Vorschriften in § 120 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 ZPO), § 124 Nr. 2 und 3 ZPO a. F. (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 ZPO) ergibt (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 894; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 119 ZPO Rn. 44).
27b) Eine solche Verbesserung der Einkommenssituation ist entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts in dem Parallelverfahren 2 Ca 612/14 O, in welchem dem Kläger Prozesskostenhilfe nur unter Anordnung einer Ratenzahlung von 210,00 Euro bewilligt wurde, nicht eingetreten. Die Festsetzung einer Rate war nicht berechtigt, weil das Arbeitsgericht die Regelung des § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO zur Anrechnung eigenen Einkommens auf die Freibeträge unterhaltsberechtigter Personen nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO unrichtig angewandt hat.
28aa) Das anzurechnende Einkommen unterhaltsberechtigter Personen ist grundsätzlich wie das Einkommen der antragstellenden Partei selbst nach § 115 ZPO zu berechnen. Von ihm sind deshalb nicht nur die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge, sondern ebenso der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO (vgl. BAG, 4. Mai 2009, 3 AZB 76/08, AE 2009, 290, Rn. 3) sowie die sonstigen Belastungen nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO (Kosten für Unterkunft und Heizung) und § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO a. F. (nunmehr Nr. 5 ZPO: andere besondere Belastungen) abzusetzen. Dies gilt nur nicht für den Freibetrag zugunsten eines gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindes gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b) ZPO, weil der Bedarf für ein Kind innerhalb der aus der Familie bestehenden Bedarfsgemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird, wenn dieser Freibetrag beim Antragsteller einmal abgesetzt wird. Das sodann verbleibende Einkommen steht der unterhaltsberechtigten Partei zur Verfügung und kann auf den Freibetrag für die antragstellende Partei angerechnet werden (vgl. LAG Hamm, 6. März 2012, 14 Ta 629/11, juris, Rn. 11 f.; Zöller/Geimer, a. a. O, § 115 ZPO Rn. 29). Es ist unzulässig, den für den Ehe- oder Lebenspartner oder das Kind der antragstellenden Partei zu gewährende Freibetrag nicht zu berücksichtigen, weil das reine Nettoeinkommen ohne Abzug der Belastungen nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) und b), 3 bis 5 ZPO diesen übersteigt.
29bb) Das Arbeitsgericht hat ausweislich der dem Beschluss vom 15. September 2014 beigefügten Berechnung das Nettoeinkommen der Ehefrau des Klägers (262,73 Euro) auf den Freibetrag (452,00 Euro) in voller Höhe angerechnet und lediglich die Differenz von 190,00 Euro vom Einkommen des Klägers abgesetzt. Der Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 206,00 Euro wurde nicht vom Einkommen der Ehefrau abgezogen, um diese Summe ist der vom Einkommen des Klägers abzusetzende Betrag nach derzeitigem Stand zu erhöhen.
30Des Weiteren hat das Arbeitsgericht für die volljährige Tochter, welche noch im gemeinsamen Familienhaushalt mit dem Kläger lebt, keinen Freibetrag berücksichtigt, sondern das angegebene Einkommen im freiwilligen sozialen Jahr (370,00 Euro) auf den Freibetrag (362,00 Euro) angerechnet. Bei der gebotenen weiten Auslegung des Begriffs der Erwerbstätigkeit (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rn. 260) ist der dafür vorgesehene Freibetrag vom Einkommen der Tochter abzuziehen. Das freiwillige soziale Jahr ist vergleichbar dem Zivildienst, für die Einkünfte hieraus war ebenfalls der Erwerbstätigenfreibetrag zu berücksichtigen (vgl. AG Esslingen, 5. März 2012, BHG 686/11, Rpfleger 2012, 393, Rn. 21). Demnach sind auf den Freibetrag für die Tochter lediglich 164,00 Euro als Einkommen anrechenbar, der dem Kläger zustehende Freibetrag beträgt 198,00 Euro.
31c) Von dem vom Arbeitsgericht in dem Verfahren 2 Ca 612/14 O ermittelten einzusetzenden Einkommen des Klägers von 421,12 Euro sind demnach weitere 404,00 Euro abzusetzen, so dass ein Betrag von 17,12 Euro noch verbleibt. Hieraus ergibt sich eine monatliche Rate von 8,00 Euro, die gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO jedoch nicht festzusetzen ist.
323. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.