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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 03.11.2011 – 1 Ca 955/11 - teilweise abgeändert. Der Tenor wird wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.295,87 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 17.225,99 € seit 15.06.2011, aus weiteren 2.069,88 € seit 15.09.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 44,8 €, die Beklagte zu 55,2 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 40 %, die Beklagte zu 60 %.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitsbedingungen nach dem equal pay-Gebot des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG.
3Der am 01.01.1966 geborene Kläger war seit dem 18.08.2008 bei der Beklagten, die ein Zeitarbeitsunternehmen betreibt, beschäftigt.
4Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 15.08.2008 mit einer Bezugnahmeklausel in § 1 Ziffer 3 auf die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA ( CGZP ) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. ( AMP ) abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung. § 1 Ziffer 5 hatte folgenden Inhalt:
5„Sollten die in Ziffer 3 in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam werden, sollen sich die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag…, dem Entgeltrahmentarifvertrag…sowie dem Entgelttarifvertrag.., jeweils geschlossen zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. ( BZA ) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des BGB, in ihrer jeweiligen Fassung richten".
6Eine Ausschlussfristenregelung war in diesem Vertrag nicht vorhanden.
7Unter dem 12.06.2009 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, der nach § 3 Ziffer 2 eine Änderung des Arbeitsvertrages zum 18.08.2008 darstellt. In § 2 Ziffer 1 fand sich eine Bezugnahmeklausel wiederum auf die Tarifverträge CGZP / AMP. § 9 des Vertrages enthält folgende Regelung:
8„1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.
92. Der Fristablauf beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
103. Lehnt die jeweils andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Geltendmachung, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
11….
125. Abs.1 bis 3 gelten nicht, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten."
13Ferner schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 12.06.2009 unter demselben Datum. Darin befindet sich folgende Regelung:
14„Für den Fall, dass durch eine gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt wird, dass die zwischen und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V.( AMP ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA ( CGZP ) geschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Z1 und des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt der Unwirksamkeit nach den zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. ( BZA ) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifverträge … in ihrer jeweils gültigen Fassung"
15Unter dem 24.06.2010 schließlich schlossen die Parteien eine Vereinbarung, nach der statt der bisherigen Regelung in § 2 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages künftig die zwischen dem AMP einerseits und der CGZP und den christlichen Einzelgewerkschaften andererseits abgeschlossenen Tarifverträgen zur Anwendung kommen.
16Die Beklagte überließ den Kläger während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ausschließlich an die Fa. B1 GmbH in L1.
17Auskunft über die Entgelthöhe vergleichbarer Mitarbeiter auf Begehren des Klägers erteilte die Fa. B1 GmbH nicht. Auf die Erteilung von Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, die vergleichbare Arbeiten wie der Kläger verrichtet hat, nehmen der Kläger und zwei weitere Kläger die Fa. B1 GmbH klageweise im Verfahren 3 Ca1400/11 Arbeitsgericht Paderborn = 3 Sa 577/12 LAG Hamm in Anspruch. In diesem Verfahren vertritt die Entleiherin u.a. die Auffassung, ausreichend Auskunft mit Hinweis darauf erteilt zu haben, dass es vergleichbare Arbeitnehmer bei ihr nicht geben.
18In der Zeit ab August 2008 zahlte die Beklagte an den Kläger zunächst einen Stundenlohn in Höhe von 6,53 € brutto, in der Zeit ab 18.02.2009 in Höhe von 7,21 € brutto, ab Juli 2009 in Höhe von 7,35 € brutto und ab Oktober 2010 in Höhe von 7,60 € brutto.
19Mit der unter dem 31.05.2011 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage macht der Kläger Ansprüche für die Monate August 2008 bis Februar 2011 sowie ein 13. Monatseinkommen und ein Urlaubsgeld für die Jahre 2008 bis 2010 geltend, nachdem eine außergerichtliche Geltendmachung mit Schreiben vom 26.04.2011 und Ablehnung der Beklagten mit Schreiben vom 12.05.2011 ergebnislos geblieben war; mit am 13.09.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 15.09.2011 und zugestellten Klageerweiterung macht der Kläger Differenzvergütungen für die Monate März bis Juli 2011 nach ergebnisloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 11.07.2011geltend.
20Er hat zum Einen den gezahlten Stundenlohn für sittenwidrig erachtet.
21Bei der Entleiherin, so hat der Kläger hierzu behauptet, würden die Tarifverträge für die Polstermöbel- und Matratzenindustrie infolge Tarifbindung der Fa. B1 GmbH angewendet. Diese habe zuletzt am 15.12.2000 mit der IG Metall einen Haustarifvertrag abgeschlossen, der bezüglich der Lohnzahlung die Anwendung des Lohntarifvertrages der Polstermöbel- und Matratzenindustrie vorgesehen habe. Dieser Tarifvertrag sei erstmals zum 30.04.2002 kündbar gewesen. Die Entleiherin habe jedoch auch nach diesem Zeitpunkt die Vergütungen der bei ihr Beschäftigten mehrfach erhöht. Zudem befänden sich die Tarifverträge vom 15.12.2000 noch in Nachwirkung.
22Aufgrund der von ihm verrichteten Tätigkeit sei er mindestens in die Lohngruppe 3 einzugruppieren, so dass für den gesamten Beschäftigungszeitraum ein Stundenlohn in Höhe von 12,14 € brutto zu zahlen gewesen sei.
23Einschließlich eines 13. Monatseinkommens in Höhe von 65 % eines durchschnittlichen Monatsverdienstes und eines Urlaubsgeldes in Höhe von 56 % hat der Kläger für die Monate August 2008 bis Februar 2011 einschließlich der 13. Monatsein-kommen und des Urlaubsgeldes für die Jahre 2008 bis 2010 einen Betrag in Höhe von 31.392,35 € brutto errechnet, für die Monate März bis Juli 2011 weitere 730,94€ brutto, 667,38 € brutto, 835,36 € brutto, 699,16 € brutto und 609,00 € brutto. Für die Dabei seinen die von der Beklagte in den einzelnen Monaten abgerechneten Stunden zugrunde gelegt worden einschließlich von Feiertagsstunden, Arbeitsunfähigkeitsstunden und Urlaubsstunden sowie auch Auszahlungen aus dem Arbeitszeitkonto. Bei diesen handele es sich um tatsächlich von ihm in der Vergangenheit geleistete Stunden.
24Einen Verfall von Ansprüchen aufgrund Ausschlussfristen hat der Kläger für nicht gegeben erachtet.
25Der Vertrag vom 15.08.2008 enthalte keine wirksame Ausschlussfrist.
26Am 12.06.2009 habe man ihn einen neuen Arbeitsvertrag unterzeichnen lassen, der eine Ausschlussfrist enthalte. Einen Hinweis auf die wesentliche Änderung des Arbeitsvertragsinhaltes habe er dabei nicht erhalten.
27Im Vertrag vom 24.06.2010 habe die Beklagte seine Unkenntnis bezüglich der Streitigkeiten über die Tariffähigkeit der CGZP ausgenutzt. Auch die dort in Bezug genommen Tarifverträge seien jedoch unwirksam mangels Tariffähigkeit der abschließenden Gewerkschaften.
28Der Kläger hat beantragt:
291. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.392,35 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.05.2011 zu zahlen;
302. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 730,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.04.2011 zu zahlen;
313. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 667,38 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.05.2011 zu zahlen;
324. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 835,36 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.06.2011 zu zahlen;
335. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 699,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.07.2011 zu zahlen;
346. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 609,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.08.2011 zu zahlen
35Die Beklagte hat beantragt,
36die Klage abzuweisen.
37Sie hat zum einen die Auffassung vertreten, das Verfahren sei auszusetzen, soweit nicht die Klage aus anderen Gründen abzuweisen sei, da die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 nur die Zeit ab 14.12.2010 erfasse.
38Ohnehin seien aber Ansprüche des Klägers weitgehend verfallen wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfristen aus § 9 des Vertrages vom 12.06.2009.
39Bei erstmaliger schriftlicher Geltendmachung vom 26.04.2011 seien alle Ansprüche aus Dezember 2010 und älter verfallen.
40Ausschlussfristen begännen dabei ihrer Meinung nach bereits mit der Erbringung der Arbeitsleistung zu laufen und nicht erst mit Kenntnis der BAG-Entscheidung vom 14.12.2010. Selbst bei Beginn der Ausschlussfrist mit deren Kenntnis habe dann aber eine Geltendmachung bis zum 14.03.2011 erfolgen müssen. Zudem sie dem Kläger die Problematik der Tariffähigkeit der CGZP spätestens mit Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung vom 12.06.2009 erfahren.
41Ansprüche ab dem 01.01.2010 seien zudem nicht gegeben, weil aufgrund der Vereinbarung vom 24.06.2012 ab jenem Zeitpunkt die Tarifverträge zwischen dem AMP und der CGZP und den angeschlossenen christlichen Einzelgewerkschaften Anwendung auf das Arbeitsverhältnis gefunden hätten. Die Entscheidung des BAG betreffe lediglich Tarifverträge, die allein von der CGZP geschlossen worden seien.
42Schließlich liege kein substanziierter Vortrag des Klägers zu Entgelten vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers vor.
43Hierzu hat die Beklagte bestritten, dass bei der Entleiherin die Tarifverträge für die Polstermöbel- und Matratzenindustrie zur Anwendung kommen, der Kläger in eine Entgeltgruppe 6 einzugruppieren sei und dafür die angeführten Entgelte maßgeblich seien. Auch Ansprüche auf ein 13. Monatseinkommen und Urlaubsgeld hat die Beklagte für nicht gegeben erachtet. Ihrer Kenntnis nach verwende die Entleiherin ein Haustarifwerk.
44Für Urlaubs-, Feier- und Krankheitstage sei zudem ein Anspruch nicht gegeben, da ein Anspruch auf Equal-Treatment nur für Zeiten der Überlassung bestehe.
45Letztlich seien in den Lohnabrechnungen nicht die tatsächlichen Einsatzzeiten des Klägers wiedergegeben, da ein Arbeitszeitkonto, insoweit unstreitig, geführt worden sei. Der Kläger müsse daher vortragen, wann er wie viele Stunden tatsächlich gearbeitet habe.
46Für die ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses könne der Kläger auch deswegen kein Equal-Treatment verlangen, da der Kläger zuvor, insoweit unwidersprochen, arbeitslos gewesen sei.
47Mit Urteil vom 03.11.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
48Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zum einen die von ihm geltend gemachten Ansprüche nicht schlüssig dargelegt. Zum anderen sei der größte Teil der geltend gemachten Ansprüche verfallen nach § 9 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 12.06.2009.
49Der klagende Arbeitnehmer sei darlegungs- und beweispflichtig für einen höheren Vergleichslohn. Er sei darlegungs- und beweispflichtig für die Umstände, aus denen sich ergebe, dass die vom Kläger angeführten Mitarbeiter tatsächlich mit ihm vergleichbar seien.
50Hier habe der Kläger insoweit nicht ausreichend vorgetragen. Es sei völlig unklar geblieben, inwieweit der Kläger mit einem Arbeitnehmer der Fa. B1 vergleichbar sei, der in die Lohngruppe 2 oder 3 des maßgeblichen Tarifvertrages für die Polstermöbel und Matratzenindustrie in NRW eingruppiert sei. Welche konkrete Tätigkeit der Kläger bei der Fa. B1 ausgeübt habe, sei nicht vorgetragen worden. Somit sei unklar geblieben, inwieweit Vergleichbarkeit zwischen dem Kläger und Mitarbeitern der
51Fa. B1 bestehen solle. Auch die Höhe des Vergleichslohnes sei unklar. Der Kläger behaupte Vergleichslohn von 12,14 Euro brutto (Lohngruppe 3) bzw. 11,73 Euro brutto (Lohngruppe 2). Inwieweit bestimmte Arbeitnehmer der Fa. B1 tatsächlich diesen Stundenlohn erhielten sei unklar geblieben.
52Darüber hinaus sei die Klage zum überwiegenden Teil auch unbegründet, da die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche größtenteils verfallen seien.
53Die Ausschlussfrist des § 9 des Arbeitsvertrages sei auch anwendbar. Zwar hätten die Parteien in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbart, dass die Bestimmungen der Tarifwerke der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister vorgingen. Allerdings sei weiterhin ausgeführt worden, dass dies nicht gelte, soweit sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergebe. Die Regelung des § 9 des Arbeitsvertrages sei für den Kläger günstiger, da die dort niedergelegte Ausschlussfrist längere Fristen vorsehe.
54Die Frist des § 9 des Arbeitsvertrages ist hier auch abgelaufen und zwar hinsichtlich des überwiegenden Teils der geltend gemachten Ansprüche. Dabei möge die streitige Frage, wann genau der Fristablauf beginnt, dahingestellt bleiben. Zumindest habe der Fristablauf begonnen mit der Verkündung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010. Wie der Kläger in seiner Klageschrift selber mitteilt, sind seine ursprünglich geltend gemachten Ansprüche erstmalig mit einem Schreiben vom 26.04.2011 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die evtl. Ansprüche des Klägers bis Ende Dezember 2010 aber bereits verfallen gewesen.
55Gegen das unter dem 29.11.2011 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat der Kläger unter dem 15.12.2011 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.03.2012 unter dem 26.03.2012 begründet.
56Er verbleibt bei seiner Auffassung, es komme der Grundsatz des Equal-Pay zum Tragen, nachdem das Bundesarbeitsgericht am 14.12.2010 entschieden habe, dass die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam seien.
57Auch ohne Auskunft der Entleiherin könne er den Mindestvergütungsanspruch vergleichbarer Arbeitnehmer darlegen.
58Er habe dort eine Tätigkeit ausgeübt, die man als Hilfskraft in der Polstermöbelindustrie bezeichnen könne.
59Bei der Entleiherin sei, so verbleibt der Kläger bei seiner Behauptung, ein Haustarifvertrag abgeschlossen worden, der sich zumindest in Nachwirkung befinde.
60Wenn er nunmehr Vergütung nach der Lohngruppe 2 geltend mache, handele es sich um die niedrigste Lohngruppe des Tarifvertrages, für diese habe der Tariflohn für die gesamte maßgebliche Zeit 11,73 € brutto betragen.
61Einschließlich Urlaubsgeld und 13. Monatseinkommen für die Jahre 2008 bis 2010 errechnet der Kläger hieraus nunmehr einen Anspruch in Höhe von 32.121,46 €.
62Ansprüche seien entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch nicht verfallen, die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitgerichts vom 14.12.2010 zu laufen begonnen.
63Mit der Geltendmachung vom 26.04.2011 habe er daher die Ansprüche einem Monat nach dem Monat geltend gemacht, in dem diese Entscheidung in der Fachpresse veröffentlicht worden sei.
64Der Kläger beantragt,
65unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 03.11.2011 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 32.121,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2011 zu zahlen
66Die Beklagte beantragt,
67die Berufung des Klägers zurückzuweisen
68Sie hält die Berufung des Klägers schon für unzulässig, da die Berufung nicht auf das Argument des Arbeitsgerichts eingehe, der Kläger habe nicht vorgetragen, welche Tätigkeiten er konkret ausgeübt habe. Ein entsprechender substanziierter Vortrag werde auch nicht nachgeholt. Es nütze insoweit nichts, Ansprüche lediglich aus der niedrigsten Lohngruppe geltend zu machen. Daher habe der Kläger Ansprüche nicht schlüssig dargelegt.
69Hierzu bestreitet die Beklagte weiterhin, bei der Entleiherin fänden die Tarifverträge für die Polstermöbel- und Matratzenindustrie direkt oder auf Grundlage eines Haustarifvertrages Anwendung.
70Mit Nichtwissen bestreitet die Beklagte die Ausübung von Tätigkeiten durch den Kläger, die in die Lohngruppe 2 eines Tarifvertrages einzugruppieren wären.
71Bei der Entleiherin geben es im Übrigen keine mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer, die ausschließlich Hilfstätigkeiten ausübten.
72Zu Recht sei das Arbeitsgericht zudem von einem Verfall von Ansprüchen im Wesentlichen ausgegangen.
73Die individualvertragliche Ausschlussklausel sei wirksam, die Klausel sei klar und eindeutig formuliert und im Vertrag unter einer Überschrift zusammengefasst, die deutlich auf den Regelungsgehalt hinweise.
74Die Klausel sei auch nicht wegen der im Arbeitsvertrag ebenfalls enthaltenen Verweisung auf Tarifverträge unwirksam. Solange die individualvertragliche Ausschlussfrist länger sei als die tarifliche, gelte das Günstigkeitsprinzip; eine längere Ausschlussfrist sei die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung.
75Der Lauf der Ausschlussfrist habe auch mit dem Fälligkeitsdatum der jeweiligen Vergütung begonnen und nicht erst mit Vorliegen der Entscheidungsgründe zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010. Auch beginne die Ausschlussfrist nicht erst zu laufen, wenn dem Kläger die Führung eines gerichtlichen Verfahrens zumutbar gewesen sei.
76Letztlich habe der Kläger mögliche Ansprüche falsch berechnet, da er seiner Tätigkeit bei der Fa. B1 eine Vollzeitbeschäftigung zugrunde lege. Er könne nur diejenigen Zeiten zu Grunde legen, in denen er tatsächlich überlassen gewesen sei.
77Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
78Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Frage der Anwendung tariflichen Bestimmungen bei der Fa. B1 GmbH durch uneidliche Vernehmung dessen Geschäftsführers A1.
79Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.08.2012 Bezug genommen.
80Entscheidungsgründe
81Die Berufung des Klägers ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.
82A.
83Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.
84I.
85Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.
86II.
87Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.
88Der Kläger hat sich mit der Berufungsbegründung auch hinreichend mit dem Argument des Arbeitsgerichts auseinander gesetzt, er habe nicht schlüssig zur Tätigkeit eines vergleichbaren Mitarbeiters des Entleiherbetriebes vorgetragen.
891.
90Nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden. Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG 15.08. 2002, EzA ZPO § 519 Nr. 14).
912.
92Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung gerecht.
93Der Kläger hat mit ihr weiterhin geltend gemacht, dass bei der Entleiherin ein tarifliches Entgeltgruppensystem zur Anwendung kommt, bei der die niedrigste Lohngruppe die Gruppe 2 sei. Wenn der Kläger darauf aufbauend nunmehr eine Vergütung entsprechend dieser Lohngruppe begehrt unter Hinweis darauf, dass eine niedrigere Eingruppierung nicht möglich ist, ist er damit dem Argument des Arbeitsgerichts zur fehlenden Darlegung insbesondere zu einer Vergleichbarkeit von Stammarbeitnehmern des Entleiherbetriebes entgegengetreten.
94B.
95Die Berufung des Klägers ist auch zu einem Teil begründet.
96Dem Kläger stehen Ansprüche für den Zeitraum August 2008 bis Juli 2011 zu, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe.
97Im Übrigen ist die Berufung daher unbegründet.
98I.
99Dem Kläger stehen grundsätzlich Ansprüche auf Zahlung aus dem Gesichtspunkt des Equal-Pay für die Zeit der Beschäftigung bei der Beklagten und der Tätigkeit bei der Fa. B1 GmbH zu.
1001.
101Nach § 10 Abs. 4 kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen.
102Nach § 9 Nr. 2 AÜG sind wiederum Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung schlechtere als die im Betrieb des Entleihers
103für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen vorsehen; dies gilt allerdings u. a. dann nicht, wenn ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulässt, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren können.
104Solche Tarifverträge liegen jedoch nicht vor.
105a)
106Auf das Arbeitsverhältnis anwendbare wirksame Tarifverträge liegen nicht vor, soweit mit den Arbeitsverträgen vom 15.08.2008 in § 1 Ziffer 3 und vom 12.06.2009 in § 2 Ziffer 1 die Tarifverträge AMP / CGZP in Bezug genommen worden sind, da die CGZP insoweit nicht als tariffähig anzusehen war.
107Es konnte daher insoweit dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine ausreichend transparente Inbezugnahme von Tarifverträgen im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Ziffer 5 im Vertrag vom 15.08.2008 gegeben ist.
108aa)
109Rechtsfolge des Abschlusses eines Tarifvertrages durch eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit ist die Unwirksamkeit und damit Nichtigkeit des entsprechenden Tarifvertrages (BAG 15.11.2006, EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 131).
110bb)
111Von einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP war auch nunmehr zum Zeitpunkt des Abschlusses aller Tarifverträge mit dem AMP auszugehen.
112Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 im Verfahren 24 TaBV 1285/11 u.a. steht rechtskräftig fest, dass die CGZP vom Zeitpunkt ihrer Gründung an nicht tariffähig war.
113Bei den hier in Rede stehenden Tarifverträgen handelt es sich um solche, die zu einem danach liegenden Zeitpunkt abgeschlossen worden sind.
114cc)
115Einer Aussetzung von Verfahren bedarf es daher zum nunmehrigen Zeitpunkt schon deswegen nicht mehr, weil die Frage der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP jedenfalls auch für die Zeiträume rechtskräftig geklärt ist, für die Tarifverträge maßgeblich sind, wie sie für den streitgegenständlichen Zeitraum zugrunde gelegt worden sind.
116dd)
117Dem Zahlungsbegehren des Klägers stehen auch nicht von vornherein Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes aufseiten der Beklagten entgegen.
118Ein sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ergebender Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen führt nicht zum Entfall oder zu einer Einschränkung des Zahlungsanspruchs der klagenden Partei.
119Weder verbreitete Rechtsansichten noch eine Rechtsprechung verändern die objektive Rechtslage; selbst höchstrichterliche Entscheidung erzeugen keine dem Gesetzesrecht vergleichbaren Rechtsbindungen, sondern stellen lediglich die Rechtslage klar (BAG, 26.07.1996, EzA GG Art. 3 Nr. 50; SAG, 23.03.2006, EzA KSchG § 17 Nr. 16).
120Allerdings darf auch Rechtsprechung nicht dazu führen, dass einer Partei nachträglich und rückwirkend Handlungspflichten auferlegt werden. die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann (BAG, 21.01.1999, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 79).
121Im Fall der Gewährung von Vertrauensschutz hat zudem eine Interessenabwägung zu erfolgen, die auch die Idee der materiellen Gerechtigkeit zu berücksichtigen hat (BAG, 18.04.2007, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).
122Selbst bei Änderung der Rechtsprechung sind daher Einschränkungen insoweit nur. dann geboten, wenn die nachteilig betroffene Partei auf die Weitergeltung der Rechtsprechung vertrauen durfte und die Anwendung der geänderten Auffassung eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
123Unter Berücksichtigung dieser Kriterien stehen Grundsätze des Vertrauensschutzes Ansprüchen nicht entgegen.
124Auszugehen ist dabei von der Überlegung, dass es schon kein Vertrauen in die Tariffähigkeit einer Vereinigung grundsätzlich gibt (BAG, 15.11.2006, aaO). Richterliche Entscheidungen, die die Beklagte darin bestärken konnten und durften, von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge seien wirksam, sind nicht gegeben. Allein der Umstand, dass durch bestimmte Institutionen auf die Möglichkeit hingewiesen wird, Tarifverträge im Bereich der Zeitarbeit arbeitsvertraglich zu vereinbaren, konnte ein solches Vertrauen ebenfalls nicht begründen, da solche Institutionen wie die Bundesagentur für Arbeit ersichtlich nicht darüber befinden konnten und wollten, ob abgeschlossene Tarifverträge wirksam sind oder nicht.
125Allein der Umstand, dass die Vertragspartner der in Rede stehenden Tarifverträge von der Wirksamkeit ausgegangen sind, schafft ein berechtigtes Vertrauen ebenfalls nicht.
126Ohnehin könnte eine Interessenabwägung nicht dazu führen, dass Ansprüche der klagenden Partei jedenfalls für die Zeit vor dem 14.12.2010 nicht gegeben sind.
127Es sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die das Interesse der Beklagten, nicht mit Nachzahlungen überzogen zu werden, höher ansiedeln kann als Nachforderungen der Arbeitnehmer.
128Der Beklagten werden damit keine Handlungspflichten auferlegt, die sie nicht nachträglich erfüllen kann.
129Wer einzelvertraglich Tarifverträge in Bezug nimmt, die von einer Tarifvertragspartei geschlossen werden, bei der von Anfang an Bedenken gegen eine Tariffähigkeit bestanden, muss das Risiko tragen, dass diese Vereinigung durch die Rechtsprechung als nicht tariffähig angesehen wird.
130Eine Verpflichtung zur Nachzahlung entspricht dabei insbesondere der Idee der materiellen Gerechtigkeit.
131Die Kammer geht im Übrigen davon aus, dass die Frage des Vertrauensschutzes im Beschluss des BAG vom 22.05.2012, 1 ABN 27/12 als geklärt anzusehen ist, wenn dort ausgeführt ist, dass die Wirkung der Rechtssätze ohnehin nicht auf die Zukunft beschränkt war, sondern diese entsprechend dem Verfahrensgegenstand für die Beurteilung der Tariffähigkeit der CGZP herangezogen worden sind. Nach diesem Verständnis ist bereits durch den Senatsbeschluss vom 14.12.2012 (EzA TVG § 2Nr. 31) die Frage der Tariffähigkeit auf einen vor der Verkündung des genannten Senatsbeschlusses liegenden Sachverhalt angewandt worden.
132b)
133Die Anwendung von Tarifverträgen BZA / DGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien macht die Beklagte selbst nicht geltend.
134c)
135Schließlich fanden ab dem 24.06.2010 auch nicht die mit Vereinbarung vom 24.06.2012 in Bezug genommenen mehrgliedrigen Tarifverträge zwischen dem AMP einerseits und der CGZP und angeschlossenen Einzelgewerkschaften andererseits auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
136aa)
137Unter den Parteien besteht kein Streit darüber, dass es sich bei der Vereinbarung vom 24.06.2010 um eine solche Regelung handelt, die den Anforderungen der§§ 305 ff. BGB unterfällt.
138Nach § 307 Abs.1 Satz 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt dabei das Bestimmtheitsgebot ein (BAG 31.08.2005, DB 2006 1273).
139Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel muss daher, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners der Verwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie darf keine vermeidbaren Unklarheiten und Spielräume enthalten, allerdings den Verwender auch nicht überfordern, so dass die Verpflichtung, den Inhalt der Klausel klar und verständlich zu formulieren, nur im Rahmen des Möglichen besteht (BAG 31.08.2005, DB 2006, 1273; BAG 08.08.2007, DB 2008, 133; BAG 14.08.2007, DB 2008, 66).
140Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt allerdings nicht schon deshalb vor, weil der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB (BAG 18.05.2011, DB 2011,10).
141Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BAG 08.08.2007, DB 2008, 133).
142Dabei ist nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen (BAG 28.05.2009, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 45).
143Das Transparenzgebot des § 307 Abs.1 Satz 2 BGB gilt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen vereinbart werden.
144bb)
145Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen verstößt die geänderte Fassung der Bezugnahmeklausel aus dem davor maßgeblichen Arbeitsvertrag gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
146Bezug genommen wird auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag, weil jede der genannten Gewerkschaften auf Seiten der Arbeitnehmer einen eigenen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Hierüber besteht unter den Parteien kein Streit.
147Die vertragliche Formulierung enthält jedoch keinerlei Klarstellung, unter welchen Voraussetzungen welcher der genannten Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.
148Dabei kann es dahingestellt bleiben, dass sich möglicherweise aus den Satzungen der Einzelgewerkschaften ergeben kann, wer für welche Bereiche diese Tarifverträge anschließen kann und will; dies hätte dann aber in der Bezugnahmeklausel in ausreichender Form zum Ausdruck kommen müssen, um für den Gegner des Klauselverwenders keine unvermeidbaren Klarheiten zu lassen, welcher der genannten Tarifverträge denn nun zur Anwendung kommen soll. Es kann nicht offen bleiben, welcher Tarifvertrag wann auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll und wonach sich die Anwendbarkeit richten soll.
149Zwar führt eine dynamische Verweisung auf andere Regelwerke an sich noch nicht zu einer Intransparenz, wobei unerheblich ist, dass dann noch nicht absehbar ist, welchen Inhalt das andere Regelwerk haben soll; ausreichend ist insoweit, dass die in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind.
150Eine solche Bestimmbarkeit ist aber nicht gegeben, da gerade unklar ist, wann unter welchen Voraussetzungen welcher der genannten Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.
151Auch gerade im Hinblick auf die bestehende und bekannte Unsicherheit, ob auf Seiten der Arbeitnehmervertretungen Tariffähigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche, ggfs. in welchem Umfang gegeben ist, bedarf es der Klarstellung, welches der maßgebliche Tarifvertrag sein soll, der für das Arbeitsverhältnis Bedeutung hat und geeignet sein kann, eine Ausnahme vom Equal-Pay-Gebot zu begründen.
152II.
153Ansprüche des Klägers für einen der Klage zu Grunde liegenden Zeitraum sind nicht verfallen.
1541.
155Der ursprüngliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 15.08.2008 enthält keine individualvertraglichen Ausschlussfristen.
156Ausschlussfristen aus einem in diesem Vertrag in Bezug genommen Tarifvertrag mit der CGZP als Tarifvertragspartei waren gleichfalls nicht zu beachten, da der in § 1 Ziffer 3 in Bezug genommene Tarifvertrag nichtig ist und daher auch die darin geregelten Ausschlussfristen keine Wirkung entfalten konnten.
1572.
158Auch im Arbeitsvertrag vom 12.06.2009 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom gleichen Tag haben die Parteien keine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart, die einer Kontrolle nach den §§ 305ff. BGB standhält.
159Es besteht dabei unter den Parteien kein Streit darüber, dass es sich bei dem Vertrag vom 12.06.2009 nebst Zusatzvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt.
160a)
161Bei der Regelung des § 9 handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB.
162aa)
163Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihnen zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
164Ungewöhnlich in diesem Sinne sind Klauseln, denen ein "Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt" innewohnt, weil sie eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen (BAG 29.11.1995, EzA BGB § 611 Inhaltskontrolle Nr. 4; BAG 09.05.2007, DB 2008, 874; BAG 25.09.2008, DB 2009, 569).
165Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere auch das äußere Erscheinungsbild des Vertrags ( BAG 29.11.1995, EzA BGB § 611 InhaltskontrolleNr. 4; BAG 25.09.2008, DB 2009, 569 )
166Es ist daher auch möglich, dass eine Klausel als Überraschungsklausel zu bewerten ist, weil sie an einer unerwarteten Stelle im Text eingefügt worden ist. Dabei ist das Überraschungsmoment um so eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist
167(BAG 09.05.2007, DB 2008, 874; BAG 25.09.2008, DB 2009, 569).
168Hier kann für den Verwender die Pflicht bestehen, auf die Bestimmung besonders hinzuweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorzuheben (BAG 09.05.2007, DB 2008, 874; BAG 25.09.2008, DB 2009, 569).
169Auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text kann sie als Überraschungsklausel erscheinen lassen (BAG 29.11.1995, EzA BGB § 611 Inhaltskontrolle Nr. 4; BAG 31.08.2005, EzA ArbZG § 6 Nr. 6).
170Eine vertragliche Ausschlussfrist wird daher nicht Vertragsinhalt, wenn sie der Verwender ohne besonderen Hinweis und ohne drucktechnische Hervorhebung unter falscher oder missverständlicher Überschrift einordnet (BAG 29.11.1995, EzA BGB § 611 Inhaltskontrolle Nr. 4).
171bb)
172Hiernach ist die Annahme einer überraschenden Klausel nicht gerechtfertigt.
173Die Ausschlussfrist ist in § 9 unter einer zutreffenden Überschrift geregelt, die schon nach ihrem Wortlaut auf einen möglichen Ausschluss von Ansprüchen hinweist.
174Die Überschrift ist zudem drucktechnisch hervorgehoben.
175Auch ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Regelung von Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen üblich ist und daher grundsätzlich mit ihnen zu rechnen ist.
176b)
177Die Klausel hält auch hinsichtlich der in den Ziffern 1 bis 3 festgelegten Fristen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
178Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung dar; denn gesetzlich gilt nur das Verjährungsrecht.
179Zwar kommt Ausschlussfristen und Verjährungsfristen nicht dieselbe Rechtswirkung zu. Während der Ablauf der Ausschlussfrist rechtsvernichtende Wirkung hat und von Amts wegen zu berücksichtigen ist, gibt die Verjährung dem Schuldner eine Einrede und hindert damit die Durchsetzung der rechtlich fortbestehenden Forderung. Damit besitzt die Ausschlussfrist zwar sogar eine stärkere, für den Betroffenen nachteiligere Wirkung, im Ergebnis geht es aber jeweils darum, dass der Anspruchsinhaber seinen Anspruch gegen den Willen des Anspruchsgegners nur innerhalb bestimmter Fristen verwirklichen kann.
180§ 202 BGB lässt eine Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren dabei im Grundsatz zu ( BAG 25.05.2005, aaO).
181Einzelvertragliche zweistufige Ausschlussfristen mit einer jeweiligen Frist von 3 Monaten, die erste Stufe geknüpft an die Fälligkeit des Anspruchs, stellen danach keine unangemessene Benachteiligung des Gegners des Klauselverwenders dar.
182Lediglich eine Frist von weniger als drei Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist ist unangemessen kurz (insoweit zur Frist für die schriftliche Geltendmachung BAG 31.08.2005, EzA ArbZG § 6 Nr. 6; für die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung BAG 25.05.2005, aaO).
183c)
184Die Klausel hält allerdings nicht dem Transparenzgebot entsprechend den oben unter I. 1. c) aa) dargestellten Anforderungen stand.
185aa)
186Die Klausel selbst weist in ausreichender Weise darauf hin, dass ein Verfall der Ansprüche gegeben ist, wenn die festgelegten Fristen nicht gewahrt sind. Die Rechtsfolgen der Fristversäumung sind damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
187bb)
188Die Klausel ist auch nicht intransparent dadurch, dass in § 2 Ziffer 2 des Vertrages geregelt ist, dass die Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifwerke den Bestimmungen des Arbeitsvertrages grundsätzlich vorgehen, soweit nicht die Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag zulassen oder die arbeitsvertragliche Regelung günstiger ist.
189Denn § 9 enthält für den Ausschluss von Ansprüchen eine Sonderregelung mit einer eigenständigen Kollisionsregelung für den Fall unterschiedlicher Regelungen im Arbeitsvertrag und im Tarifvertrag, der der allgemeinen Bestimmung zum Verhältnis von arbeitsvertraglicher Regelung und tarifvertraglicher Regelung vorgeht.
190cc)
191Die Regelung ist aber unbestimmt dadurch, dass § 9 Ziffer 5 die Geltung der zuvor in Ziffern 1 bis 3 getroffenen Fristen ausschließt, soweit ein anwendbarer Tarifvertrag eine andere für den Mitarbeiter günstigere Regelung enthält, weil nicht klar ist, welche tarifliche Regelung damit betroffen ist.
192§ 9 Ziffer 5 gibt zwar grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip wieder, wie es auch gesetzlich in § 4 Abs. 3 TVG niedergelegt ist. Dabei kann vom Klauselverwender hinsichtlich der Verdeutlichung des Prinzips nicht mehr verlangt werden, als der Gesetzgeber selbst insoweit regelt. Die Schwierigkeit, im Einzelfall feststellen zu können, ob eine Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist oder nicht, ist ein allgemeines Problem der Anwendung des Günstigkeitsprinzips und kann daher auch in dieser allgemeinen Form dargestellt werden. Die Feststellung der Günstigkeit einer tariflichen Regelung gegenüber der vertraglichen ist daher kein Problem der ausreichenden Bestimmtheit, sondern der rechtlichen Feststellung der Günstigkeit.
193Mit welchem Tarifwerk ein solcher Günstigkeitsvergleich erfolgen soll, ergibt sich jedoch nicht in ausreichend bestimmter Weise.
194§ 9 Ziffer 5 legt fest, dass die vorgenannten individualvertraglich geregelten Fristen dann nicht gelten sollen, wenn „die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge" eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung enthalten.
195Damit der Arbeitnehmer einen solchen Günstigkeitsvergleich anstellen kann, muss ihm jedoch klar sein, welches der maßgebliche Tarifvertrag ist. Ein Günstigkeitsvergleich lässt sich nicht einheitlich für mehrere denkbarerweise zur Anwendung kommenden Tarifverträge anstellen.
196Zwar werden in § 2 Ziffer 1 des Vertrages vom 12.06.2009 konkret bestimmte Tarifverträge genannt, die Zusatzvereinbarung vom 12.06.2009 stellt jedoch alternativ für eine bestimmte Fallgestaltung die Anwendung eines anderen Tarifwerks mit anderen Tarifvertragsparteien dar.
197Damit wird für einen Arbeitnehmer nicht ausreichend erkennbar, welches Tarifwerk dann für sein Arbeitsverhältnis grundsätzlich maßgeblich sein soll.
198Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit Urteil vom 15.01.2009 im Verfahren 2 AZR 641/07 zu einem in den entscheidenden Passagen ähnlichen Wortlaut im Rahmen einer Änderungskündigung befunden, ein solches Angebot sei nicht hinreichend bestimmt, da für den Empfänger des Angebots nicht hinreichend klar sei, welche der möglichen tariflichen Regelungen unter welchen Voraussetzungen überhaupt gelten solle. In dem Änderungsvertrag würden zum Einen unterschiedliche tarifliche Regelungen - nämlich die der Tarifverträge CGZP und die der BZA - gleichzeitig angeboten Ferner solle die Anwendung der Tarifverträge BZA von der „Unwirksamkeit" der Tarifverträge CGZP abhängen. Es bleibe für den Kläger unklar, auf welcher dauerhaften tariflichen Grundlage sich zukünftig sein Arbeitsverhältnis gründen solle.
199Stellt sich ein Angebot im Rahmen einer Änderungskündigung als nicht hinreichend bestimmt dar, kann für eine vertragliche Regelung, die einem solchen Angebot entspricht, nichts anderes gelten.
200Wenn auch im Unterschied zum vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall eine arbeitgeberseitige Ersetzungsbefugnis bezüglich der Tarifverträge hier nicht gegeben ist und ein Teil der Unklarheit dadurch entfällt, verbleibt gleichwohl die Unklarheit, nach welchem Tarifwerk sich dauerhaft die Vertragsbedingungen des Klägers richten sollen.
201Zudem bleibt auch bei dem nunmehrigen Wortlaut zur rechtskräftigen Feststellung dass Tarifverträge „unwirksam sind" auch unter Berücksichtigung des Vorspanns zur Zusatzvereinbarung noch offen, ob damit die Feststellung einer fehlenden Tariffähigkeit im Rahmen eines Verfahrens nach § 97 ArbGG gemeint ist, zumal arbeitgeberseits in den hier bekannten Verfahren immer eingewendet worden ist, mit der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 sei ohnehin eine Aussage über die Nichtigkeit von abgeschlossenen Tarifverträgen nicht getroffen.
202Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Abwälzung des Risikos, dass in Bezug genommene Tarifverträge mangels Tariffähigkeit der CGZP sich als unwirksam darstellen können, im Übrigen eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt.
203dd)
204Die Klausel über die individualvertraglichen Ausschlussfristen in den Ziffern 1 bis 3 kann auch nicht mit Hilfe des „blue-pencil"- Prinzips aufrecht erhalten werden.
205Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem "blauen Stift" zu ermitteln (BAG 21.04.2005, EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält (BAG 11.04. 2006, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14) und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen (BAG 12.03.2008, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33).
206Eine solche sprachliche Abtrennung scheidet vorliegend aus, da § 9 Ziffer 5 nicht eine eigenständige Regelung zum Verfall von Ansprüchen darstellt, die getrennt von den Regelungen in den Ziffern 1 bis 3 zu einem Verfall führen kann, sondern eine Verknüpfung mit den individualvertraglichen Ausschlussfristen erfolgt in der Weise, dass die tariflichen Regelungen bei bestimmter Fallgestaltung vorgehen sollen. Damit wird eine Abhängigkeit der Geltung der Fristen aus Ziffern 1 bis 3 von der tariflichen Regelung herbeigeführt, die gesamte Verfallfristenregelung stellt sich als eine einheitliche Gesamtregelung dar, die nicht auseinander gezogen werden kann.
207ee)
208Auch bei Eingreifen einer Ausschlussfrist wären Ansprüche des Klägers für die Monate Januar und Februar 2011 durch Geltendmachung vom 26.04.2011 und nachfolgende Klage vom 31.05.2011, für März bis Mai 2011 durch Geltendmachung vom 11.07.2011 und Klage vom 13.09.2011 und für Juni bis September 2011 durch Klage vom 13.09.2011 mit Zustellung am 15.09.2011 gewahrt.
209III.
210Der Höhe nach ergeben sich die ausgeurteilten Beträge für die der Klage zu Grunde liegenden Zeiträume.
2111.
212Da der Anspruch auf Gewährung gleicher Arbeitsbedingungen gemäß §§ 10 Abs. 4, 9 Nr.2 AÜG während der Dauer der Überlassung besteht, ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG 23.03.2011, EzA AÜG § 10 Nr. 15).
213a)
214Der Gesamtvergleich der Entgelte hat dabei wie beispielsweise für Zeiträume des Annahmeverzuges derart zu erfolgen, dass anderweitiger Verdienst für die gesamte Dauer des Annahmeverzuges anzurechnen ist (vgl. dazu beispielsweise BAG 29.08.1999, EzA BGB § 615 Nr. 96).
215Es ist daher im Falle des Annahmeverzuges zunächst die Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu ermitteln; dieser Gesamtvergütung ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit anderweitig erworben hat (BAG, 22.11.2005, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 14).
216Für die Berechnung des Entgelts bei Arbeitnehmerüberlassung bedeutet das, dass das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Überlassungszeitraum mit den einzubeziehenden Bestandteilen einerseits anzusetzen ist und diesem die gesamte bezogene Vergütung durch den Vertragsarbeitgeber gegenüberzustellen ist. .
217Zu den anzurechnenden Verdiensten zählen dabei alle Leistungen, die als Gegenleistung vom Vertragsarbeitgeber für die Erbringung der Arbeitsleistung erbracht werden.
218b)
219Nicht gerechtfertigt ist danach eine Stückelung nach sachgruppenbezogenen Leistungen, so dass nicht das laufende monatliche Entgelt einerseits, Jahresleistungen andererseits, Aufwendungsersatzleistungen und ähnliches gesondert zu ermitteln und anzusetzen sind.
220Eine solche Berechnung würde dazu führen. dass dem Leiharbeitnehmer höhere Leistungen zuerkannt würden als einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb, denn diesfalls wären beispielsweise Jahresleistungen, die der Vertragsarbeitgeber nicht erbringt, voll anzusetzen, ohne dass der Vertragsarbeitgeber die Möglichkeit hätte, ggf. höheres laufendes Entgelt gegenüber einem Stammarbeitnehmer des Entleiherbetriebes anzurechnen.
2212.
222Der Begriff des Arbeitsentgeltes ist weit zu verstehen (BAG 23.03.2011, EzA AÜG§ 10 Nr. 15).
223Erfasst werden damit nicht nur das laufende Entgelt, sondern auch alle Zuschläge und Zulagen, sowie weitere Vergütungsbestandteile, auch Lohnersatzleistungen, die einem Stammarbeitnehmer des Entleihers zur Seite stehen (Ulber, AÜG, § 9 Rz. 91, 100; Thüsing/Mengel, AÜG, § 9 Rz 30; Thüsing/Pelzner, AÜG § 3 Rz. 60).
224a)
225Richtig ist zwar insoweit, dass ein Anspruch auf Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Arbeitnehmers nur für die Zeit der Überlassung gegeben ist, nicht hingegen für die verleihfreie Zeit.
226Dies bedeutet aber nicht, dass die Zeiten des Arbeitsausfalls wegen Arbeitsunfähigkeit, eines gesetzlichen Feiertages oder wegen Urlaubs immer als verleihfreie Zeiten anzusehen sind; dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie zu einer Zeit angefallen waren, nachdem die Entsendung zu einem Entleiher beendet war. Sind sie demgegenüber bei einer fortdauernden Überlassung wie hier angefallen, gehören sie zu den zu gewährenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Soweit ein Arbeitgeber geltend machen will, die Zeit der Überlassung sei beendet gewesen, muss er dieses jedenfalls darlegen
227b)
228Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und des feiertagsbedingten Lohnausfalls sind daher wie bei einem Stammarbeitnehmer des Entleihers zu bemessen.
229Dies gilt auch für die Bemessung des Urlaubsentgelts, das sich nach dem Verdienst richtet, der dem Arbeitnehmer für die Zeit der Überlassung zu gewähren ist.
230Ebenso sind dem Leiharbeitnehmer Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und 13. Monatseinkommen unter den Voraussetzungen und in der Höhe zu gewähren, wie sie vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gewährt werden.
231c)
232Die Zulässigkeit der Führung eines Arbeitszeitkontos steht unter den Parteien nicht in Streit.
233Die Zulässigkeit der Führung eines solchen Kontos unterstellt, auch wenn beim Entleiher eine feste Arbeitszeit gegeben ist, muss jedoch dazu führen, dass das Erfordernis des „Equal-Pay" auch hinsichtlich der Stunden berücksichtigt wird, die vom Leiharbeitnehmer beim Entleiher geleistet, aber nicht komplett gezahlt werden, sondern zum Teil, soweit sie über die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden, um verleihfreie Zeiten zu überbrücken. Dies führt dazu, dass die Stunden mit den Werten in das Konto einzugehen haben, die für eine geleistete Stunde anzusetzen sind. Entsprechend besteht Anspruch darauf, diese Stunden im Falle der Auszahlung mit den Werten zu erhalten, mit denen sie in das Konto eingestellt werden mussten.
234Der Kläger konnte daher auch für die Stunden, die als Auszahlung aus einem Arbeitszeitkonto in den Abrechnungen genannt sind, Entgelt in Höhe des maßgeblichen Stundenentgelts begehren. Dabei konnten die Stundenentgelte angesetzt werden, die als zuletzt maßgebliche Werte zu berücksichtigen waren, da der Kläger lediglich einem Entleiher überlassen war und es ( weitgehend ) um identische Stundenentgelte geht. Soweit die Beklagte geltend machen will, es habe sich um Auszahlung von Stunden aus dem Arbeitszeitkonto gehandelt, die mit anderen Werten hätten eingehen müssen, hätte es hierfür einer gesonderten Darlegung bedurft.
2353.
236Vergleichbarer Arbeitnehmer im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG ist der Arbeitnehmer des Entleihers mit gleicher oder ähnlicher Tätigkeit, die Arbeitnehmer müssen tätigkeitsbezogen vergleichbar sein (Ulber, AÜG, § 9, Rz. 104, Thüsing/Mengel, AÜG, § 9, Rz. 24). Ausgangspunkt muss dabei der konkrete Arbeitsplatz sein, den der Leiharbeitnehmer besetzt (Ulber, aaO, § 9 Rz. 105).
237Ist dabei eine zu gewährende Arbeitsbedingung an besondere persönliche Merkmale gebunden, wie besondere Qualifikationen oder ein Berufsabschluss, muss auch der Leiharbeitnehmer diese erfüllen (Ulber, aaO, § 9, Rz. 107; Thüsing/Mengel, aaO,§ 9, Rz. 24). Es sind daher auch personenbezogene Komponenten zu berücksichtigen (Schüren, AÜG, § 9, Rz. 121).
2384.
239Hinsichtlich der Bestimmung der wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Entleiherbetrieb gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und im Streitfall beweisen muss (BAG 23.03.2011, EzA AÜG § 10 Nr. 15).
240Zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG kann der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast dabei zum einen dadurch genügen, dass er den Inhalt einer Auskunft des Entleihers nach § 13 AÜG vorträgt (BAG, 19.09.2007, EzA AÜG § 13 Nr. 1; BAG 23.03.2011, aaO). Eine solche Auskunft liegt hier jedoch nicht vor, so dass es bei der grundsätzlichen Darlegungslast beim Kläger verblieb.
2415.
242Unter Berücksichtigung dieser Kriterien waren für die Zeit der Überlassung an dieFa. B1 GmbH Stundenentgelte und Sonderleistungen anzusetzen, wie sie sich aus der Aussage deren Geschäftsführers als Zeuge vom 22.08.2012 ergeben
243a)
244Als Stundenentgelte waren lediglich diejenigen anzusetzen, die sich aus der Aussage ergeben, somit für Stunden in 2008 9,62 € brutto, für Stunden in 2009 9,82 € brutto, für Stunden in 2010 10,03 € brutto und für die Monate in 2011 10,28 € brutto.
245Der Zeuge hat insoweit bekundet, dass im Entleiherbetrieb eine Orientierung an den tariflichen Entgelten erfolgt, entgegen der tariflichen Regelung aber noch eine Lohngruppe 1 existiert, die zwar mit keinen Tätigkeitsmerkmalen hinterlegt ist, nach der aber ungelernte Kräfte entlohnt werden oder würden, wenn sie bei der Entleiherin als eigene Arbeitnehmer eingestellt würden.
246Da der Kläger selbst sein Tätigkeit als die eines Helfers bezeichnet, wäre dies im Falle der Beschäftigung bei der Entleiherin die für ihn maßgebende Lohngruppe gewesen, wie auch der Zeuge erklärt hat.
247Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stellt sich danach die Lohngruppe 1 als diejenige dar, die als unterste Lohngruppe in Betracht kommt.
248Dem Kläger ist demgegenüber nicht der Beweis gelungen, dass bei der Entleiherin das tarifliche Entgeltgruppensystem ohne Berücksichtigung eines Entgelts für die Lohngruppe 1 zur Anwendung kommt und jedwede Tätigkeit daher mindestens mit dem Tarifentgelt der Lohngruppe 2 zu entgelten ist. Eine entsprechende Geltung der tariflichen Bestimmungen hat der Zeuge A1 nicht bestätigt.
249Zu einer Vergleichbarkeit mit Arbeitnehmer aus dieser Lohngruppe hat der Kläger keinen Vortrag erbracht vor dem Hintergrund, dass er davon ausgegangen ist, das Entgelt der Lohngruppe 2 sei das niedrigste Entgelt, das bei der Entleiherin gezahlt wird.
250Aufgrund der dargestellten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast mussten die fehlende Darlegung und der fehlende Beweis zu Lasten des Klägers gehen.
251Anzusetzen waren die vom Kläger als abgerechnet angegebenen Stunden. Andere Angaben hat die Beklagte dazu nicht gemacht, lediglich andere Zahlen als maßgeblich angegeben, ohne die Stunden anders anzugeben, die den Abrechnungen zu Grunde liegen sollen. Es sind daher die aus den Abrechnungen ersichtlichen, zur Auszahlung gekommenen Stunden zu Grunde gelegt worden.
252Den anzusetzenden Summen waren diejenigen Entgelte gegenüber zu stellen, die durch die Beklagte gemäß den vorliegenden Abrechnungen geleistet worden sind.
253Es ergaben sich danach Beträge allein unter Zugrundelegung der zu vergütenden Stunden in Höhe von 14.777,88 € brutto.
254b)
255Da nach der Aussage des Zeugen A1 auch ein 13. Monatseinkommen sowie Urlaubsgeld an die Stammarbeitnehmer gewährt werden, waren auch diese für den nicht verfallenen Zeitraum zu berücksichtigen.
256Als Sonderzahlung für 2009 war unter Berücksichtigung eines maßgeblichen Stundenentgelts von 9,82 € brutto und einer bei der Entleiherin maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Stunden in der Woche und der Berechnung auf der Basis von 0,6 eines regelmäßigen Monatseinkommens 970,23 € brutto anzusetzen, für 2010 990, 98 € brutto. Als Sonderzahlung für 2008 waren anteilig 396,00 € brutto anzusetzen; mangels anderer Angaben zum Bestehen von gesonderten Voraussetzungen für eine Zahlung ist das 13. Monatseinkommen zeitanteilig berücksichtigt worden.
257Urlaubsgeld konnte auf dieser Berechnungsgrundlage mangels näherer Angaben für 2008 nur auf anteiliger Basis angesetzt werden mit einem Betrag in Höhe von 363,00 € brutto, für 2009 und 2010 in voller Höhe, somit 889,38 € brutto und 908,40 € brutto.
258c)
259Soweit die Beklagte geltend macht, für die ersten sechs Wochen der Beschäftigung stehe dem Kläger ohnehin kein Anspruch zur Seite, spricht nach Auffassung der Kammer die Fassung des § 9 Nr. 2 2. Halbsatz AÜG dafür, dass hiermit einem Arbeitgeber lediglich die Möglichkeit der Gewährung geringen Entgelts geschaffen wird; der Wortlaut spricht dabei dafür, dass die Beklagte sich hierauf auch dann nur berufen kann, wenn sie von dieser Möglichkeit bei Vertragsschluss Gebrauch gemacht hat.
260C.
261Die Kosten des Rechtsstreits waren wegen der unterschiedlichen Forderungshöhen getrennt nach den Instanzen im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens zum Unterliegen nach § 92 Abs. 1 ZPO zu verteilen.
262Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen insbesondere zur Fälligkeit von Ansprüchen aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG, zur Wirksamkeit von Verfallfristen, zum Vertrauensschutz und zur Berechnung von Ansprüchen war die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für beide Parteien zuzulassen.