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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 – 7 Ca 407/11 – wird hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, neben dem gezahlten Gehalt nach dem TVöD die allgemeine Zulage und den Ortszuschlag nach dem Haustarifvertrag der Rechtsvorgängerin des Beklagten weiter zu zahlen, als unzulässig verworfen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insoweit neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein monatliches Kleidergeld von 21,31 Euro für die Monate Dezember 2009 bis Mai 2010 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über den Basiszinssatz aus 21,31 Euro seit dem 01.01.2010 aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.02.2010, aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.03.2010, aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.04.2010, aus weiteren 21, 31 Euro seit dem 01.05.2010 und aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.06.2010 zu zahlen.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 91 %, der Beklagte zu 9%.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 95 %, der Beklagte zu 5 %.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten nach einem Betriebsübergang auf den Beklagten um die Anwendbarkeit tariflicher Vorschriften sowie um Zahlungsansprüche der Klägerin.
3Die am 23.01.1959 geborene, verheiratete Klägerin ist seit März 1995 als Kinderkrankenschwester im Pflege- und Erziehungsdienst der E1-Klinik D1, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, tätig. Die Klinik wurde von der S2-F1 GmbH betrieben. Mitte 2008 wurde über das Vermögen der Betreiberin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm die Arbeitsleistung der Klägerin weiterhin entgegen.
4Mit Wirkung zum 01.01.1998 schlossen die damalige Trägergesellschaft der E1-Klinik und die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr einen Manteltarifvertrag (Bl. 63 bis 74 d.A.). Nach § 20 des Manteltarifvertrages hat jede Arbeitnehmerin/jeder Arbeitnehmer des pädagogisch-pflegerischen Bereichs Anspruch auf ein Kleidergeld für die dienstliche Zurverfügungstellung privater Kleidung. Die Vorschrift lautet wie folgt:
5§ 20
6– bis zur Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen
8Arbeitszeit das halbe Kleidergeld
95. Mit Zahlung dieser Pauschale sind sämtliche Ansprüche bei Beschädigung von Kleidung gegenüber dem Arbeitgeber abgegolten. Ansprüche gegenüber Dritten sind davon nicht berührt.
11Gemäß § 33 des Manteltarifvertrages verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für wiederkehrende Ansprüche reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus.
12Mit Tarifvertrag vom 06.05.2005 (Bl. 59 bis 67 d.A.), geschlossen von der S2- F1 GmbH und der Gewerkschaft ver.di, setzten die Tarifvertragsparteien den Manteltarifvertrag vom 27.11.1997 wieder in Kraft.
13Am 01.01.2006 schlossen die Tarifvertragsparteien für die E1-Klinik einen Tarifvertrag über die Zahlung einer Jahressonderzahlung (Bl. 56 bis 58 d.A.). Nach § 4 des Tarifvertrages erhalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein jährliches Urlaubsgeld, das mit der Gehaltszahlung für den Monat Juli auszuzahlen ist. Die bei Inkrafttreten des Tarifvertrages in der Klinik beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten ein jährliches Weihnachtsgeld i.H.v. 83 % des Gehaltes, das sie für den Monat September des laufenden Jahres erhalten. Das Weihnachtsgeld wird mit dem Gehalt für den Monat November fällig.
14Ebenfalls am 01.01.2006 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik D1 über die Vergütungsordnung/Eingruppierung (Bl. 75 bis 87 d.A.) sowie einen Tarifvertrag über die Vergütungsordnung/Tabellen (Bl. 88 bis 90 d.A.). Nach § 2 des Tarifvertrages über die Vergütungsordnung/Tabellen galt für die Beschäftigten der E1-Klinik ab dem 01.01.2005 eine eigene Vergütungstabelle, die auf der Vergütungstabelle BAT Bund, Stand: 2004, basierte. Die Beschäftigten erhielten die Grundvergütung sowie einen Ortszuschlag und die allgemeine Zulage entsprechend den BAT-Vereinbarungen, Stand: 2004. Die Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes wurden fortlaufend in die von den Tarifvertragsparteien erstellte Tabelle übernommen, die unter Dynamisierung auch des Ortszuschlages und der allgemeinen Zulage fortgeschrieben wurde.
15Die Klägerin erhielt entsprechend der haustariflichen Regelungen als Teilzeitbeschäftigte eine Grundvergütung nach der Vergütungsgruppe V b in Höhe von 1.175,74 €, den Grundbetrag zum Ortszuschlag in Höhe von 276,55 €, den Verheiratetenortszuschlag von 58,85 € sowie eine allgemeine Zulage von 63,09 €. Weiterhin wurden an sie eine Psychiatriezulage in Höhe von 29,22 € brutto und ein Kleidergeld von 21,31 € brutto monatlich geleistet.
16Mit Wirkung zum 01.12.2009 übernahm der Beklagte im Wege des Betriebsübergangs die E1-Klinik.
17Am 27.11.2009 informierte der Betriebsrat die Mitarbeiter von der Forderung des Beklagten, auf 11/12 der Jahressonderzahlung für 2009 zu verzichten, um Spielräume für die Einstufung der Beschäftigten nach Betriebsübergang in höhere Erfahrungsstufen zu gewinnen und Abwanderungstendenzen zu vermeiden.
18Am 01.12.2009 erklärte die Klägerin gegenüber dem Insolventverwalter ihren unwiderruflichen Verzicht auf 11/12 der Jahressonderzahlung für 2009 unter dem Vorbehalt, dass mindestens 80 % der anspruchsberechtigten Mitarbeiter bis zum 07.12.2009, 12.00 Uhr, ihren Verzicht erklärten. Am 02.12.2009 erklärte die Klägerin diesen Verzicht gegenüber dem Beklagten.
19Wegen der Einzelheiten der Betriebsratsinformation und der Verzichtserklärungen vom 01.12.2009 und 02.12.2009 wird auf die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 15.03.2011 vorgelegten Kopien (Bl. 20 bis 22 d.A.) Bezug genommen.
20Das erforderliche Quorum für die Wirksamkeit des Verzichtes wurde erreicht.
21Der Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband. Er wendet nach dem Betriebsübergang kraft beiderseitiger Tarifbindung den TVöD-VKA an und gruppierte die Klägerin unter Anerkennung ihrer Vorbeschäftigungszeiten in die Entgeltgruppe 7 a Stufe 5 TVöD (Entgelttabelle Krankenhäuser West) ein. Sie erhielt im Dezember 2009 ein um 208,79 € brutto, im Jahre 2010 ein um 192,41 € brutto reduziertes Monatsentgelt. Der Beklagte zahlte weiterhin die Psychiatriezulage, jedoch kein Kleidergeld. Der haustarifliche Anspruch auf Urlaubsgeld wurde für das Jahr 2009 nicht erfüllt.
22Mit der Abrechnung für Dezember 2009 zahlte der Beklagte 1/12 der haustariflichen Jahressonderzahlung an die Klägerin aus.
23Mit Schreiben vom 23.08.2009 machte diese gegenüber dem Insolvenzverwalten den Anspruch auf Urlaubsgeld geltend. Mit Schreiben vom 01.03.2010 wiederholte sie ihre Geltendmachung gegenüber dem Beklagten. Die Ansprüche auf Zahlung von 11/12 der Jahressonderzahlung sowie auf Kleidergeld für die Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 machte sie mit Schreiben vom 29.03.2010 geltend. Der Beklagte lehnte die Ansprüche mit Schreiben vom 02.06.2010 ab.
24Mit ihrer am 31.01.2011 bei dem Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Feststellung der Fortgeltung der Haustarifverträge, hilfsweise die Feststellung einer Vergütungspflicht des Beklagten nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-LWL) sowie im Falle des Obsiegens die Verurteilung des Beklagten zu Zahlungen entsprechend den Feststellungsanträgen, ferner seine Verurteilung zur Zahlung der restlichen Jahressonderzahlung von 1.181,62 € brutto, des Urlaubsgelds von 132,81 € brutto und eines monatlichen Kleidergelds von 21,31 €.
25Sie hat die Auffassung vertreten:
26Ihre Verzichtserklärung gegenüber dem Beklagten sei unwirksam. Auch ohne diesen Verzicht wäre der Beklagte befugt gewesen, sie in eine höhere Erfahrungsstufe einzuordnen.
27Er sei verpflichtet, sie weiterhin nach den Haustarifverträgen für die E1-Klinik zu vergüten, hilfsweise bei der Entgeltermittlung den TVÜ-LWL zugrunde zu legen.
28Im TVöD fänden sich keine Entsprechungen zu den haustarifvertraglichen Regelungen zum Ortszuschlag und zu der allgemeinen Zulage. Es fehle auch eine Entsprechung zu der haustarifvertraglichen Regelung des Kleidergeldes.
29Die Klägerin hat beantragt:
30Der Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Der Beklagte hat die Auffassung vertreten:
34Die haustarifvertraglichen Regelungen seien im Hinblick auf die beiderseitige Tarifbindung durch den TVöD verdrängt worden. Dieser habe ein einheitliches Entgeltsystem unter Aufgabe der im BAT vorhandenen Differenzierung zwischen Grundgehalt, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage geschaffen. Hinzu komme ein Leistungsentgelt. Insoweit sei eine Regelungsidentität gegeben.
35Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen des TVÜ-LWL, weil sie zum 30.09.2005 in keinem Arbeitsverhältnis zu ihm gestanden habe. Ihr Arbeitsverhältnis sei zum 01.10.2005 nicht in den Geltungsbereich des TVöD-VKA gefallen.
36Die haustarifvertraglichen Regelungen zum Urlaubsgeld und zur Jahressonderzahlung seien durch § 20 TvöD-VKA abgelöst worden. Zu Recht habe sie nur 1/12 der Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD-VKA an die Klägerin gezahlt.
37Im Übrigen habe diese wirksam auf die anteilige Jahressonderzahlung verzichtet. § 4 TVG stehe nicht entgegen, da der geltend gemachte Anspruch kein tariflicher, sondern ein schuldrechtlicher Anspruch sei.
38Er hat behauptet:
39Sachgrund für den Verzicht sei die wirtschaftliche Situation der Klinik gewesen. Es handle sich um ein Kompensationsgeschäft, da er im Gegenzug Vorbeschäftigungszeiten der Klägerin anerkannt habe.
40Er hat ferner die Ansicht vertreten, auch die Regelungen zum Kleidergeld seien durch den TvöD-VKA verdrängt worden, der zwar keine entsprechende Vorschrift beinhalte. Der Klägerin stünden jedoch Schadensersatzansprüche bei Beschädigung ihrer Kleidung im Dienst zu.
41Mit Urteil vom 02.08.2011 hat das Arbeitsgericht Dortmund den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin den noch ausstehenden Teil der Jahressonderzahlung in Höhe von 1.181,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 und Urlaubsgeld für 2009 in Höhe von 132,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2009 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Klägerin zu 92 % und dem Beklagten 8 % auferlegt.
42Es hat ausgeführt:
43Der Feststellungsantrag zu 1) sei unbegründet, da der TvöD-VKA kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbar sei und gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB im Bereich der Vergütung, des Weihnachts-, des Urlaubsgeldes und des Kleidergeldes die Haustarifverträge ablöse. Das Günstigkeitsprinzip spiele dabei keine Rolle.
44Die Bestimmungen des TvöD-VKA seien auch regelungsidentisch mit den verdrängten Kollektivregelungen. Regelungsidentität liege vor, wenn die jeweilige Sachfrage in der Kollektivregelung des Veräußererbetriebs eine entsprechende Regelung erfahren habe. Eine Nichtregelung oder ein bloßes Schweigen zu einer Sachfrage genüge nicht. Soweit sich der neue Tarifvertrag nicht vollständig mit demjenigen des Veräußerers decke, bleibe es im Hinblick auf die in der neuen Abrede nicht geregelten Sachfragen bei der schuldrechtlichen Weitergeltung des alten Reglungswerkes nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB.
45Anders als die haustarifvertraglichen Regelungen enthalte der TVöD-VKA keine Regelungen zu Ortszuschlägen und Zulagen. Gleichwohl sei eine Regelungsidentität nicht ausgeschlossen, denn der TVöD regle die Vergütung einheitlich, ohne wie zuvor der BAT nach unterschiedlichen Vergütungsbestandteilen zu differenzieren. Eine der maßgeblichen Neuerungen im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes sei gerade die Einführung einer einheitlichen Entgelttabelle aus fünfzehn Entgeltgruppen mit jeweils fünf bis sechs Stufen gewesen. Die Tarifvertragsparteien hätten mit dem neuen Entgeltsystem die bisherigen tarifrechtlichen Bewertungskriterien wie Senioritätsprinzip, familien- und kinderbezogene Vergütung durch ein einfaches Besoldungssystem ablösen wollen. Zu dem Tabellenentgelt trete nunmehr ein Leistungsentgelt hinzu. Die leistungsorientierte Bezahlung werde durch den Wegfall bzw. die Reduzierung des früheren Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie durch die rückfließenden Besitzstände aus den früheren Kinder- und Familienzuschlägen finanziert. Damit ersetzte das Leistungsentgelt die leistungsunabhängigen Entgeltebestandteile wie Ortszuschlag und allgemeine Zulage.
46§ 20 TVöD-VKA enthalte eine allgemeine Regelung der Jahressonderzahlung, die unabhängig vom Günstigkeitsprinzip den Haustarifvertrag über die Jahressonderzahlung ersetze, weil derselbe Regelungskomplex betroffen sei.
47Der TVöD löse auch die haustarifvertragliche Regelung zum Kleidergeld ab. Er enthalte zwar keine positive Regelung. Gleichwohl komme es nicht zu einer schuldrechtlichen Weitergeltung der haustariflichen Regelung gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit der tariflichen Pauschalzahlung für die dienstliche Zurverfügungstellung privater Kleidung seien Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber abgegolten gewesen. Der TvöD-VKA schließe dagegen Ansprüche wegen Beschädigung privater Kleidung im Dienst nicht aus. Damit sei das System des TvöD-VKA lediglich anders aufgebaut als in § 20 des Haustarifvertrages vom 27.11.1997.
48Der Hilfsantrag zu 3) sei nicht zur Entscheidung angefallen.
49Der Feststellungsantrag zu 2) sei ebenfalls unbegründet, da die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen habe, inwieweit sie dem Anwendungsbereich des TVÜ-LWL unterfalle. Sie habe bis zum Betriebsübergang nicht in einem Arbeitsverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber gestanden.
50Begründet sei der Anspruch auf Zahlung der restlichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2009. Der Anspruch sei vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig gewesen. Deshalb hafte der Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB für den gegenüber der Vorarbeitgeberin entstandenen Anspruch.
51Selbst wenn angenommen werde, die bei dem Beklagten geltende tarifliche Regelung des § 20 TVöD-VKA habe die haustarifliche Regelung zur Jahressonderzahlung für 2009 ersetzt, so sei der Beklagte jedenfalls verpflichtet, die Jahressonderzahlung nach dem TVöD-VKA in vollem Umfang zu zahlen.
52Der Anspruch sei auch nicht durch die Verzichtserklärung vom 02.12.2009 ausgeschlossen.
53Da es sich um einen tariflichen Anspruch handle, habe die Klägerin nach § 4 Abs. 4 TVG nicht wirksam verzichten können.
54Zwar wandelten sich tarifliche Ansprüche nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 in individualvertragliche Ansprüche, die jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsübergang zum Nachteil der Arbeitnehmer abgeändert werden dürften. Die Ausnahme des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB liege nicht vor.
55Der Erlassvertrag sei auch gemäß § 134 BGB nichtig, da er der Umgehung der Rechtsfolgen des § 613 a Abs. 1 BGB gedient habe.
56Die Klägerin habe den Anspruch innerhalb der Ausschlussfristen des § 33 des haustariflichen Manteltarifvertrages bzw. des § 37 TVöD-VKA geltend gemacht.
57Der Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes sei ebenfalls vor Betriebsübergang entstanden und fällig gewesen. Auch für diesen Anspruch haftet der Beklagte.
58Die Geltendmachung des Anspruches gegenüber dem Insolvenzverwalter wahre die Ausschlussfrist auch gegenüber dem Beklagten.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 92 bis 112 d.A. Bezug genommen.
60Gegen das ihr am 19.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.08.2011 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 19.10.2011 eingehend begründet.
61Gegen das ihm am 22.08.2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 07.09.2011 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.11.2011 am 22.11.2011 eingehend begründet.
62Die Klägerin rügt die erstinstanzliche Entscheidung als fehlerhaft und führt aus:
63Sie begehre nunmehr die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, neben dem Gehalt nach dem TVöD-VKA auch die allgemeine Zulage und den Ortszuschlag nach den Haustarifverträgen der Rechtsvorgängerin zu zahlen. Das ergebe sich daraus, dass Ortszuschlag und allgemeine Zulage im TvöD-VKA keine Entsprechung fänden. Deshalb gälten die entsprechenden haustariflichen Regelungen schuldrechtlich weiter.
64§ 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB verlange nicht, dass das neue Tarifrecht einheitlich gelte.
65Zumindestens habe sie Anspruch auf Überleitung in den TvöD-VKA nach den Vorschriften des TVÜ-LWL, der im Wesentlichen dem TVöD-VKA entspreche.
66Es müsse nämlich die Kontinuität ihres Arbeitsverhältnisses unter Wahrung der Vorzeiten im vorherigen Arbeitsverhältnis erhalten bleiben. Nach dem Rechtsgedanken des § 613 a Abs. 1 BGB habe der Beklagte sie nicht wie eine Neueingestellte behandeln dürfen. Ohne die Regelungen des TVÜ-LWL enthalte der TvöD-VKA auch keine Entsprechungen zu dem vormals geltenden Haustarifrecht. Unter Zugrundelegung von § 5 TVÜ-LWL belaufe sich ihr Vergleichsentgelt auf 1.574,23 € brutto.
67Ohne die besitzstandswahrenden Regelungen bestehe für Dezember 2009 eine Entgeltdifferenz von 208,79 € und ab Januar 2010 in Höhe von 192,41 €.
68Zu berücksichtigen sei auch, dass ihre Vergütung nach den Haustarifverträgen über den Vergütungen des BAT gelegen habe.
69Müsse sie nicht nach dem TVÜ-LWL überführt werden, sei jedenfalls davon auszugehen, dass das gesamte Haustarifrecht Bestandteil ihres Arbeitsvertrages geworden sei.
70Das Leistungsentgelt nach § 18 TVöD-VKA stelle eine neue Bezahlart dar und stehe weder Regelungen des BAT noch der Haustarifverträge gegenüber. Im Übrigen stehe ein Leistungsentgelt nicht im Streite.
71Die Grundvergütung des TVöD-VKA entspreche jedenfalls nicht der Vergütung nach dem BAT. Deshalb seien die Überleitungsvorschriften des TVÜ-LWL geschaffen worden.
72Das erstinstanzliche Gericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Tarifvertragsparteien mit Abschluss der Haustarifverträge vom 01.01.2006 ein eigenständiges Vergütungssystem geschaffen hätten. Dieses habe mit dem BAT nur noch gemeinsam, dass das Gesamtentgelt aus einem Grundgehalt, einem familienbezogenen Ortszuschlag und einer Zulage bestanden habe.
73Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht Dortmund auch davon aus, dass der TvöD-VKA die haustarifvertragliche Regelung zum Kleidergeld verdrängt habe. Die haustarifliche Regelung habe keinen kausalen Schaden vorausgesetzt, sondern habe auch die reine Abnutzung der Kleidung pauschal berücksichtigt.
74Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrags zur Berechnung ihrer Zahlungsansprüche wird auf ihren Schriftsatz vom 19.10.2011 (Bl. 171 bis 175 d.A.) Bezug genommen.
75Die Klägerin beantragt
76Der Beklagte beantragt,
78die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 – 7 Ca 407/11 – abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
79Die Klägerin beantragt,
80die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
81Der Beklagte ist der Auffassung, das erstinstanzliche Gericht habe zu Unrecht Ansprüche der Klägerin auf Zahlung einer weiteren Jahressonderzahlung und des Urlaubsgeldes für 2009 bejaht, und führt aus:
82Die haustarifliche Regelung zur Jahressonderzahlung werde von dem TVöD-VKA verdrängt.
83Zu berücksichtigen sei weiter, dass die Klägerin auf 11/12 der Jahressonderzahlung 2009 verzichtet habe. Das Kompensationsgeschäft verstoße nicht gegen § 4 Abs. 4 TVG, da sie auf schuldrechtliche Ansprüche verzichtet habe.
84Des Weiteren liege ein sachlicher Grund für den Verzicht vor. Dieser liege darin, dass der Kauf der E1-Klinik wirtschaftlich unmöglich gewesen wäre, wenn nicht die Belegschaft im Rahmen des Kompensationsgeschäftes verzichtet hätte. Die Klägerin sei durch den Verzicht perspektivisch wesentlich besser gestellt worden, als sie bei Beanspruchung der vollen Jahressonderzahlung gestanden hätte.
85Sie könne auch das Urlaubsgeld nicht beanspruchen, da sie diesen Anspruch ihm gegenüber erstmals mit Schreiben vom 01.03.2010 geltend gemacht habe.
86Außerdem stehe dem Anspruch § 20 TVöD-VKA entgegen.
87Die Berufung der Klägerin sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nur hilfsweise die erstinstanzlich gestellten Anträge aufrechterhalte. Die bloße Erweiterung oder Änderung der Klage in zweiter Instanz könne nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein.
88Er widerspreche der Klageerweiterung.
89Der Hauptantrag sei im Übrigen unbegründet. Die Tarifvertragsparteien hätten im TVöD-VKA das bisherige System aus Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage durch die Bildung von 15 Entgeltgruppen mit 6 Stufen abgelöst. Der sich aus der Entgelttabelle ergebende Monatsbetrag ersetze das System von Bewertungskriterien wie Senioritätsprinzip, familien- und kinderbezogene Vergütung. Die Ortszuschläge seien auf der Basis des Ortszuschlags für Unverheiratete in die Tabelle eingeflossen. Der Verheiratetenzuschlag sei teilweise mitberücksichtigt worden.
90Eine Fortzahlung des Ortszuschlages und der allgemeinen Zulage würde die Klägerin im Vergleich zu ihren Kollegen und Kolleginnen ungerechtfertigt besser stellen.
91Sie habe auch keinen Anspruch auf Überleitung in den TVöD-VKA nach den Vorschriften des TVÜ-LWL. Der Anwendungsbereich sei nicht eröffnet. Da sie vor dem Betriebsübergang nicht bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei, müsse er sie so behandeln, als wenn er sie am 01.12.2009 neu eingestellt hätte. Neu angestellte Mitarbeiter könnten jedoch keine Besitzstandswahrung verlangen.
92Der TVöD-VKA habe auch den Anspruch der Klägerin auf ein monatliches Kleidergeld abgelöst. Die Regelungsidentität der haustarifvertraglichen Regelung mit dem TVöD-VKA ergebe sich daraus, dass Ansprüche wegen Beschädigung privater Kleidung im Dienst durch den neuen Tarifvertrag nicht ausgeschlossen seien. Es finde sich demnach eine identische Regelung im TVöD-VKA, die lediglich von ihrer Systematik den umgekehrten Ansatz gewählt habe. Statt einer Kleidergeldzahlung verbunden mit dem Ausschluss von Schadensersatzansprüchen könne nunmehr der Schaden an der privaten Kleidung, der im Dienst entstanden sei, uneingeschränkt geltend gemacht werden.
93Die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Differenzbeträge seien gemäß § 37 TVöD-VKA verfallen. Die Klägerin habe die sich aus der Klageerweiterung ergebenden höheren Klageforderungen für die Monate Dezember 2009 bis Mai 2010 nicht innerhalb der Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht.
94Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es ihrer Klage stattgegeben hat, und führt vertiefend aus:
95Hinsichtlich ihrer Ansprüche auf Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld haftet der Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB. Ihre tariflichen Ansprüche seien durch den Betriebsübergang nicht zu individualrechtlichen, abdingbaren Ansprüchen geworden. § 613 a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB befassten sich ausschließlich mit dem Schicksal von Ansprüchen, die erst nach Betriebsübergang fällig würden.
96Der Wirksamkeit ihres Verzichtes stehe § 4 Abs. 4 TVG entgegen.
97Außerdem sei der Erlassvertrag wegen Umgehung des § 613 a BGB gemäß § 134 BGB nichtig. Schon zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs sei unstreitig intensiv darüber diskutiert worden, dass die Beschäftigten auf die Sonderzahlung verzichten sollten. Dieser Verzicht sei zur Voraussetzung für einen Betriebsübergang erklärt worden. Der Beklagte habe nicht als Betriebserwerber in alle Pflichten eintreten wollen, obwohl er seit Beginn des Insolvenzverfahrens an der Übernahme der Klinik in hohem Maße interessiert gewesen sei und ein Vorkaufsrecht gehabt habe. Er habe ein im Bedarfsplan bereits enthaltenes Krankenhaus in eigene Regie übernehmen und im Hinblick auf die Geltung des TVöD-VKA die Personalkosten senken können. Die Übernahme einer Klinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei im Hinblick auf die Kapazitätsunterdeckung im Münsterland und im östlichen Ruhrgebiet im Interesse des Beklagten gewesen.
98Der Verzicht enthalte auch kein Kompensationsgeschäft, da er bei ihrer Eingruppierung und Stufenordnung ihre vorherige Tätigkeit habe berücksichtigen müssen. Er habe im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 4 TVöD-VKA zum 01.12.2009 den Personalbedarf für die Klinik zu 100 % decken müssen und habe deshalb ein hohes Interesse daran gehabt, möglichst alle Mitarbeiter zu übernehmen und unverändert weiterzubeschäftigen.
99Sie bezweifle, dass wirtschaftliche Gründe es erfordert hätten, eine höhere Stufenzuordnung durch Einsparungen zu kompensieren. Einen Beschluss des zuständigen Gremiums habe der Beklagte nicht vorgetragen. Zu berücksichtigen sei, dass er Beschäftigte in anderen Kliniken im Durchschnitt erheblich höher vergüte, ein Umstand, der gegen zwingende wirtschaftliche Gründe spreche.
100Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
101Entscheidungsgründe
102A.
103I.
1041. Die Berufung der Klägerin war hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, neben dem gezahlten Gehalt nach dem TVöD-VKA die allgemeine Zulage und den Ortszuschlag nach dem Haustarifvertrag der Rechtsvorgängerin des Beklagten weiterzuzahlen, gemäß §§ 66 Abs. 2 ArbGG, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
105Eine Berufung ist dann zulässig, wenn der Berufungskläger die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beseitigen will (BAG 10.02.2005 – 6 AZR 183/04, NZA 2005, 597; BGH 15.03.2002 – V ZR 39/01, MDR 2002, 1085; 11.10.2000 – VIII ZR 321/99, NJW 2001 226).
106Erst wenn das Rechtsmittel zulässig ist, ist zu prüfen, ob eine zulässige Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO vorliegt.
107Der Berufungskläger muss im zweiten Rechtszug den im ersten Rechtszug erhobenen Anspruch wenigstens teilweise weiterverfolgen. Er darf nicht lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellen. Damit zieht er das erstinstanzliche Urteil nicht in Zweifel. Alleiniges Ziel der Berufung kann nicht eine Klageänderung sein (BAG 10.02.2005 a.a.O.).
108Mit ihrem Hauptantrag im Berufungsverfahren hat die Klägerin nicht die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 liegenden Beschwer erstrebt. Sie hat ihren Antrag zutreffend als Klageerweiterung bezeichnet. Denn sie hat erstinstanzlich in der Hauptsache die Feststellung begehrt, dass sie nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik D1 über die Vergütungsordnung/Tabellen und Vergütungsstufen und nach dem Tarifvertrag über eine Jahressonderzahlung der E1-Klinik zu vergüten ist. Der Streitgegenstand dieses Antrags beruht auf der Rechtsauffassung, nach dem Betriebsübergang seien die Haustarifverträge der E1-Klinik jedenfalls hinsichtlich der Vergütung nicht durch den TVöD-VKA abgelöst worden.
109Mit dem in der Berufungsinstanz verfolgten Hauptantrag macht sie dagegen geltend, dass der TVöD-VKA zwar Anwendung finde, aber die haustariflichen Regelungen über die allgemeine Zulage und den Ortszuschlag durch diesen Tarifvertrag nicht abgelöst worden seien.
110Mit ihren Anträgen verfolgt sie unterschiedliche Streitgegenstände. Den Streitgegenstand des in der Berufung verfolgten Hauptantrags hat sie erstinstanzlich nicht im Wege eines Hilfsantrags zur Entscheidung gestellt.
111Der neue Hauptantrag kann auch nicht mit der Begründung in das Berufungsverfahren eingeführt werden, wegen des in der ersten Instanz geltend gemachten Hauptantrags auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihre Vergütung auf der Grundlage der Haustarifverträge der E1-Klinik, hilfsweise auf der Grundlage des TVöD-LWL zu ermitteln, die sie im Berufungsverfahren hilfsweise weiterverfolge, entstehe eine nachträgliche objektive Klagehäufung in Eventualstellung, die wie eine Klageänderung zu behandeln sei und deswegen die Voraussetzungen für eine zulässige Klageänderung vorlägen. Die Zulässigkeit des Hauptantrags kann nicht allein aus der Zulässigkeit eines Hilfsantrags hergeleitet werden, der nur für den Fall gestellt wird, dass der Hauptantrag unbegründet ist (BGH 11.10.2000 a.a.O.; 26.11.1997 – VIII ZR 283/96, NJW – RR 1998, 390; 04.02.1996 – VIII ZR 68/95, NJW – RR 1996, 765).
1122. Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz in Eventualstellung aufrechterhaltenen Anträge zu 2), 3), 4), 5) und 6) ist die Berufung zulässig. Die Unzulässigkeit des Begehrens in der Hauptsache führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels insgesamt. Dieses ist insoweit zulässig, als die Klägerin mit ihren Hilfsbegehren die Beseitigung der in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Mit den aufrechterhaltenen Hilfsanträgen bringt sie zum Ausdruck, dass sie sich mit der Abweisung ihres ursprünglichen Klagebegehrens nicht abfinden will und die Änderung ihrer Klage nicht alleiniges Ziel der Berufung ist (BGH 11.10.2000 a.a.O.).
1133. Die Berufung der Klägerin ist – soweit eine Beschwer gegeben ist – gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthaft und form- sowie fristgerecht eingelegt worden.
114II.
115Die Berufung des Beklagten ist ebenfalls an sich statthaft und form- sowie fristgerecht eingelegt worden.
116B.
117I.
118Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet.
1191. Ihr Hilfsantrag zu 2) ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, ihre Vergütung unter Berücksichtigung der Regelungen des TVÜ-LWL zu ermitteln und zu zahlen.
120a. Gemäß § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA, der inhaltsgleich ist mit dem TVÜ-LWL, gilt der Überleitungstarifvertrag für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Arbeitsverhältnis zu einem tarifgebundenen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der VKA ist, über den 30.09.2005 hinaus fortbesteht und die am 01.10.2005 unter den Geltungsbereich des TVöD-VKA fallen, für die Dauer des ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses.
121Die Klägerin stand am 30.09.2005 nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten oder einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.
122Gemäß § 1 Abs. 2 TVÜ-VKA – entsprechend nach dem TVÜ-LWL – gelten die Bestimmungen des TVÜ nur ausnahmsweise auch für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.09.2005 begonnen hat. So gilt beispielhaft § 17 TVÜ-VKA gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA auch für ab dem 01.10.2005 neu eingestellte Beschäftigte. Die von der Klägerin reklamierten Regelungen insbesondere des Abschnitts II zur Entgeltüberleitung finden auf neu eingestellte Mitarbeiter dagegen keine Anwendung.
123b. Die Kammer folgt nicht ihrer Rechtsauffassung, sie sei gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB wie eine schon zum 30.09.2005 beschäftigte Arbeitnehmerin zu behandeln. Nach dieser Vorschrift tritt der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis nach Betriebsübergang ein.
124Zwar war die Klägerin am 30.09.2005 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten beschäftigt. Zu ihren Rechten bei der Rechtsvorgängerin gehörten aber nicht die Rechte aus dem Überleitungsrecht in den TVöD-VKA. Die Tarifvertragsparteien der bei der Veräußerin geltenden Haustarifverträge haben in Kenntnis und Ansehung der tiefgreifenden Änderung des BAT durch die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst
125eigene Tarifregelungen geschaffen. Durch den Tarifvertrag vom 06.09.2005 haben sie den Manteltarifvertrag Nr. 1 für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik D1 wieder in Kraft gesetzt und in § 3 dieses Tarifvertrags bestimmt, dass die Vergütung der Beschäftigten bis zum 30.11.2005 tariflich zu regeln ist. Mit Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik über die Vergütungsordnung/Eingruppierung vom 01.01.2006 haben die Tarifvertragsparteien ihre Absichtserklärung umgesetzt, eigene Tätigkeitsmerkmale und Vergütungsgruppen geschaffen. Mit Tarifvertrag über die Vergütungsordnung/Tabellen ebenfalls vom 01.01.2006 haben sie eigenständige Entgeltregelungen unter Fortgewährung des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage nach dem BAT festgelegt. Sind diese Tarifverträge – wie im Weiteren erörtert wird – gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB ganz oder teilweise durch den bei dem Beklagten anwendbaren TVöD-VKA abgelöst worden, bleibt kein Raum für die Anwendung des TVÜ. Die Klägerin wird gerade nicht wie eine neu eingestellte Arbeitnehmerin behandelt, sondern unter Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB.
126Zu berücksichtigen ist weiter, dass es § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gebietet, beim Rechtsvorgänger erbrachte Dienstzeiten hinsichtlich der nur bei dem neuen Arbeitgeber geltenden Tarifbestimmungen anzurechnen. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist kein Besitzstand, der sich hinsichtlich erst bei dem Betriebsnachfolger geltenden Leistungsbedingungen anspruchsbegründend oder –erhöhend auswirkt (LAG Düsseldorf 09.11.2000 – 13 Sa 1272/00, LAG BGB § 613 a Nr. 80 a).
127Die Klägerin verkennt im Übrigen, dass § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB es nicht ausschließt, dass sie trotz des Schutzgedankens des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nach einem Betriebsübergang schlechter gestellt wird, wenn die bei dem Erwerber kraft Tarifbindung anwendbaren Tarifverträge einen Mindeststandard gewähren.
128Ihr weiteres Argument, nur die allgemeine Anwendung des TVÜ-LWL sichere, dass das Ablöseprinzip des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB, das die Betroffenheit derselben Regelungsgegenstände fordere, greifen könne. Die Anwendbarkeit des TVöD-VKA setzt nicht die Anwendung des TVÜ-LWL voraus, wie sich aus den weiteren Entscheidungsgründen ergeben wird.
1292. Der zulässige Hilfsantrag zu 3) ist ebenfalls unbegründet. Der Beklagte hat die Klägerin nicht nach den Haustarifverträgen der E1-Klinik vom 01.01.2006 zu vergüten.
130a. Der TVöD-VKA hat den Tarifvertrag über eine Jahressonderzahlung vom 01.01.2006 verdrängt.
131Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB gelten die Rechtsnormen eines bei dem ehemaligen Betriebsinhaber angewendeten Tarifvertrages nach dem Betriebsübergang nicht kollektivrechtlich fort, sondern werden transformiert und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Betriebsinhaber und den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB gilt nach Satz 3 dann nicht, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einem Betriebsübergang an einen – anderen – Tarifvertrag normativ gebunden sind (BAG 22.04.2009 – 4 AZR 100/08, NZA 2010, 41; 09.04.2008 – 4 AZR 164/07, EzA TVG § 4 Gaststättengewerbe Nr. 3). Dies erfordert eine kongruente Tarifbindung (BAG 30.08.2000 – 4 AZR 581/99, BAGE 95, 296). Dabei spielt das Günstigkeitsprinzip keine Rolle. Es gilt allein das Ablöseprinzip (BAG 22.04.2009 a.a.O.; 11.05.2005 – 4 AZR 315/04, BAGE 114, 332). Denn der Sicherung eines kollektivrechtlich begründeten Mindeststandards beim Betriebsübergang bedarf es nach dem Gesetz dann nicht, wenn ein für das Arbeitsverhältnis aufgrund der Tarifbindung des Erwerbers und des Arbeitnehmers legitimierter Mindeststandard vorhanden ist. Die gesetzlichen Regelungen des § 613 a BGB sichern vom Grundsatz her keine bestimmten Tarifinhalte, sondern lediglich bislang geltende, kollektivrechtlich begründete Mindestbedingungen (BAG 22.04.2009 a.a.O.). Neben der kongruenten Tarifgebundenheit an den bei dem Erwerber geltenden Tarifvertrag setzt § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB voraus, dass dieselben Regelungsgegenstände betroffen sind. Das ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 23.01.2008 – 4 AZR 602/06, EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38; 22.01.2003 – 10 AZR 227/02, EzA BGB 2002 § 613 a Nr. 1; 20.04.1994 – 4 AZR 342/93, EzA BGB § 613 a Nr. 108).
132aa. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte sind gemäß §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG an den TVöD-VKA gebunden.
133Das Arbeitsverhältnis der Klägerin fällt auch in dessen Geltungsbereich. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit.
134bb. Der TVöD-VKA enthält in § 20 eine gegenüber dem Haustarifvertrag über die Jahressonderzahlung regelungsidentische Bestimmung.
135Regelungsidentität liegt vor, wenn die neue und die transformierte Bestimmung dieselben Sachfragen, dieselben Regelungsgegenstände betreffen. Es muss gefragt werden, ob die bisher bei dem Veräußerer geregelte Frage auch eine entsprechende Regelung bei dem neuen Inhaber erfahren hat. Derselbe Regelungsgegenstand ist dann betroffen, wenn der Tarifvertrag bei dem Erwerber eine Regelung enthält, nicht wenn er schweigt. Soweit sich die Regelungsbereiche nicht decken, können die Regelungen des alten Tarifvertrags nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB individualrechtlich weitergelten (BAG 23.01.2008 a.a.O.; 22.01.2003 a.a.O.; 20.04.1994 – 4 AZR 342/93, DB 1994, 2629).
136Nach § 20 Abs. 1 TVöD-VKA haben die Beschäftigten, die am 01.12. eines Jahres im Arbeitsverhältnis stehen, Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Diese ist mit dem Wechsel vom BAT zum TVöD-VKA mit Wirkung zum 01.01.2007 an die Stelle der früheren Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (VKA) i.d.F. vom 31.01.2003 und an die Stelle des Urlaubsgeldes nach dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (VKA) i.d.F. vom 30.10.2001 getreten. Im Rahmen des neuen Tarifrechts wurden die Zuwendung und das Urlaubsgeld zu einer nach Entgeltgruppen gestaffelten Jahressonderzahlung zusammengefasst. Beide Entgeltelemente – Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld – sind in die Jahressonderzahlung eingeflossen. Demnach erfasst sie sowohl den Regelungsgegenstand der §§ 2, 3 als auch des § 4 des Haustarifvertrages über die Jahressonderzahlung. Welche Regelung für die Klägerin günstiger ist, ist unerheblich (BAG 23.01.2008 a.a.O.).
137b. Auch die Haustarifverträge über die Vergütungsordnung/Eingruppierung und über die Vergütungsordnung/Tabellen vom 01.01.2006 sind von dem TVöD-VKA abgelöst worden.
138Mit Einführung des TVöD-VKA wurden die bisherigen Lebensaltersstufen und die familienbezogenen Bestandteile sowie die allgemeine Zulage des BAT abgeschafft. Es wird im TVöD-VKA nicht mehr differenziert zwischen der Grundvergütung, den Ortszuschlägen und der allgemeinen Zulage. Die Bezahlung richtet sich nunmehr nach Berufserfahrung und Leistung. Es gibt 15 Entgeltgruppen mit bis zu 6 Stufen, in denen die bisherigen Vergütungsgruppen zusammengefasst sind. Die Eingruppierung ist allein abhängig von Berufs- und Bildungsabschlüssen.
139Daneben haben die Tarifvertragsparteien in § 18 Abs. 1 TVöD-VKA Regelungen zu einem Leistungsentgelt vereinbart. Für die Frage der Regelungsidentität ist nach Auffassung der Kammer allein auf die Entgeltstruktur des TVöD-VKA und der Haustarifverträge ohne Berücksichtigung des Leistungsentgeltes abzustellen. Dieses unterliegt besonderen Voraussetzungen und stellt keine laufende Vergütung dar.
140Im Vergleich der Entgeltstrukturen nach den Haustarifverträgen mit den Strukturen des TVöD-VKA steht außer Zweifel, dass dieselben Regelungsgegenstände erfasst werden (so auch LAG Hamm 06.10.2011 – 15 Sa 508/11).
141Die Vergütung aus den Entgeltgruppen des TVöD-VKA betrifft – entgegen der Auffassung der Klägerin – gerade nicht nur die Grundvergütung, sondern die gesamte Vergütungsstruktur, die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eben nicht mehr familienbezogene Zuschläge und eine allgemeine Zulage ausweist. Allein die Arbeitnehmer, die am 01.10.2005 bei dem Beklagten beschäftigt waren, erhalten aus Gründen der Besitzstandswahrung Besitzstandszulagen in Höhe der bisherigen Vergütungsgruppenzulage, § 9 TVÜ-VKA, und der kinderbezogenen Entgeltbestandteile, § 11 TVÜ-VKA. Nur und ausschließlich für die Überleitung vom BAT in den TVöD-VKA sind nach §§ 3 ff. TVÜ-VKA – entsprechend nach dem TVÜ-LWL - Vergleichsentgelte zu bilden, in die gemäß § 5 Abs. 2 TVöD-VKA die Grundvergütung, die allgemeine Zulage und der Ortszuschlag der Stufen 1 oder 2 des ehemaligen BAT einfließen.
142Die Klägerin war aber nach dem Betriebsübergang nicht aus dem BAT-Vergütungssystem in den TVöD-VKA überzuleiten. Die Überleitungsvorschriften für eine besondere Personengruppe sind nicht Teil des Regelungsgegenstandes der Entgelte nach dem TVöD-VKA.
143Wenn die Klägerin darauf verweist, dass der nach dem Haustarifvertrag zu zahlende Ortszuschlag und die allgemeine Zulage keinen Tätigkeitsbezug hätten, so trifft dies zu, schließt aber die Regelungsidentität mit der Entgeltstruktur des TVöD-VKA nicht aus. Sie lässt sich in ihrer Betrachtung nachvollziehbar davon leiten, dass sie aufgrund des Betriebsübergangs nicht schlechter gestellt werden darf. Wie bereits ausgeführt, schließt das Prinzip der Ablösung nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB die Geltung wirtschaftlich ungünstigerer tariflicher Regelungen nicht aus. Es geht allein um die Sicherung eines Mindeststandards.
1443. Die Hilfsanträge zu 4) bis 7) sind nicht zur Entscheidung angefallen.
1454. Der Klageantrag zu 7) ist zulässig und begründet.
146a. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines monatlichen Kleidergeldes von 21,31 € für die Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 folgt aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 20 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik vom 27.11.1997, wieder in Kraft gesetzt durch § 1 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik vom 06.05.2005. Danach erhält jede Arbeitnehmerin oder jeder Arbeitnehmer des pädagogisch-pflegerischen Bereichs für die dienstliche Zurverfügungstellung privater Kleidung anstelle von Dienstkleidung ein Kleidergeld, dessen Höhe zwischen den Parteien unstreitig ist.
147aa. Eine entsprechende Regelung findet sich im TVöD-VKA und in dem besonderen Teil für die Krankenhäuser nicht.
148Eine Ablösung der haustariflichen Vorschrift ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Tarifvertragsparteien des TVöD-VKA diesen Komplex bewusst nicht geregelt haben. Der durch den TVöD-VKA abgelöste BAT enthielt keine Vorschrift, die den Arbeitgeber verpflichtete, Geldzahlungen für die Zurverfügungstellung von privater Kleidung im Dienst zu leisten.
149Nach § 66 Satz 1 BAT war der Arbeitgeber zur unentgeltlichen Lieferung von Schutzkleidung verpflichtet, wenn das Tragen von Schutzkleidung gesetzlich vorgeschrieben oder vom Arbeitgeber angeordnet war. § 67 BAT betraf das Tragen von Dienstkleidung. Insoweit wurde auf die bei dem jeweiligen Arbeitgeber geltenden Bestimmungen verwiesen.
150Das Schweigen der Tarifvertragsparteien im TVöD-VKA kann nur dahin verstanden werden, dass sie bewusst von Regelungen zur Schutz- und Dienstkleidung abgesehen haben. Es ist aber nicht dahin auszulegen, dass sie sich mit dem Regelungsgegenstand der Zurverfügungstellung privater Kleidung auseinandergesetzt und von der Regelung einer Kleiderpauschale bewusst abgesehen haben.
151Die Kammer folgt auch nicht der Auffassung des Beklagten, dass die zivilrechtlichen Ansprüche auf Schadensersatz bei Beschädigung der privaten Kleidung, die durch den TVöD-VKA nicht ausgeschlossen sind, zu einer Regelungsidentität führen.
152Gemäß § 20 Abs. 5 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik sind mit der Zahlung des Kleidergeldes sämtliche Ansprüche gegen den Arbeitgeber bei Beschädigung von Kleidung, nicht aber Ansprüche gegen Dritte abgegolten. Die Tarifvertragsparteien wollten – wie das erstinstanzliche Gericht ausgeführt hat – das Arbeitsverhältnis einerseits von Auseinandersetzungen um Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung der Kleidung frei halten, andererseits auch die Abnutzung pauschal abgelten. Das zeigt sich darin, dass Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit bis zur Hälfte der Vollarbeitszeit nur das halbe Kleidergeld, Teilzeitbeschäftigte mit mehr als der Hälfte der Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten das volle Kleidergeld erhalten. Es findet keine Quotelung entsprechend der Wochenarbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten statt. Die Tarifvertragsparteien haben sich vielmehr bei der Festsetzung der Höhe für Teilzeitbeschäftigte pauschaliert an der Tragedauer der privaten Kleidung orientiert.
153Eine Erstattung der Abnutzung privater Kleidung durch dienstlichen Einsatz kommt ohne ausdrückliche Regelung allenfalls aus § 670 BGB in Betracht.
154Entscheidend ist jedoch, dass die zivilrechtlichen Regelungen nach §§ 280, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 670 BGB nicht Inhalt der bei dem Beklagten geltenden tariflichen Regelungen sind. Der TVöD-VKA hat insoweit keinen Vorrang. Er regelt das entsprechende Recht gerade nicht und lässt deshalb Raum für die Anwendung gesetzlicher Regelungen (andere Auffassung LAG Hamm 06.10.2011 a.a.O.).
155Die bei dem Veräußerer kraft beiderseitiger Tarifbindung geltende Regelung des § 20 des Manteltarifvertrages ist gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsvertrags geworden.
156bb. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Klägerin im pädagogisch-pflegerischen Bereich tätig ist und dienstlich private Kleidung trägt.
157cc. Sie hat durch Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben vom 29.03.2010 die Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit gemäß § 33 des Manteltarifvertrages gewahrt.
158b. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1, 247 BGB. Allerdings kann die Klägerin Zinsen ab dem 01.01.2010 nur auf die für Dezember 2009 zu zahlende Kleiderpauschale verlangen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass das Kleidergeld entgegen der Regelung in § 20 Nr. 2 des Manteltarifvertrags nicht quartalsweise, sondern monatlich mit der zum Monatsende fälligen Vergütung ausgezahlt wurde. Entsprechend kann die Klägerin für die Monate Januar 2010 bis Mai 2010 nicht bereits Zinsen ab dem 01.01.2010, sondern jeweils nur ab dem Ersten des folgenden Monats verlangen. Im Übrigen musste es bei der Klageabweisung verbleiben.
159III.
160Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
1611. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 1.181,62 € brutto folgt aus §§ 3, 4 Abs. 2 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der E1-Klinik über eine Jahressonderzahlung in Verbindung mit § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.
162Nach dieser Vorschrift wird der Betriebserwerber Schuldner aller Verbindlichkeiten, die vor dem Übergang des Betriebs entstanden sind und bei Betriebsübergang fällig waren. Er haftet auch für rückständige Vergütungsansprüche (BAG 18.08.1976 – 5 AZR 95/75, NJW 1977, 1168).
163a. Der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung entsteht am Auszahlungstag, es sei denn, sie ist als Gegenleistung für erbrachte Dienste pro rata temporis zu zahlen. Entscheidend ist, ob der Anspruch schon gegen den bisherigen Arbeitgeber geltend gemacht werden konnte (BAG 11.10.1995 – 10 AZR 984/94, BAGE 81, 132).
164Aus den Regelungen in § 3 Abs. 1 (Stichtag) und Abs. 3 (Rückzahlungspflicht bei Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres) des Tarifvertrags über die Jahressonderzahlung folgt, dass es sich um eine Gratifikation handelt, nicht um ein anteiliges dreizehntes Monatsentgelt. Allein die im laufenden Jahr eintretenden Arbeitnehmer erhalten eine anteilige Jahressonderzahlung, jedoch nicht die vor dem 01.10. des Jahres austretenden Beschäftigten.
165Gemäß § 4 Abs. 2 des Tarifvertrags über die Jahressonderzahlung war diese fällig mit dem Gehalt für November 2009 am 30.11.2009. Der Betriebsübergang fand nach Entstehen und Fälligkeit des Anspruchs am 01.12.2009 statt.
166b. Die Klägerin hat die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 33 des Manteltarifvertrags durch Geltendmachung des Anspruchs auf weitere 11/12 der Jahressonderzahlung mit Schreiben vom 29.03.2010 gewahrt.
167c. Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte die E1-Klinik im Rahmen des Mitte 2008 über das Vermögen der Rechtsvorgängerin eröffneten Insolvenzverfahrens übernommen hat.
168§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist dann nicht anwendbar, wenn die Veräußerung des Betriebs im Rahmen des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erfolgt. Die Verteilungsgrundsätze der §§ 39, 174 ff. InsO gehen der Haftung des Erwerbers nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB für bereits entstandene und fällige Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Veräußerer vor, es sei denn, es handelt sich um Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 InsO und nicht um Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Gemäß § 53 InsO sind Masseverbindlichkeiten vorab zu berichtigen (BAG 09.12.2009 – 7 ABR 90/07, BAGE 132, 333; 30.10.2008 – 8 AZR 54/07, BAGE 128, 229; 04.12.1986 – 2 AZR 246/86, BAGE 53, 380). Gemäß § 55 Abs. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach Insolvenzeröffnung erfolgen muss.
169Hier hat die Klägerin nach Insolvenzeröffnung unstreitig ihre Arbeitsleistung auch in 2009 erbracht und damit den Arbeitsvertrag auf Verlangen des Insolvenzverwalters weiterhin erfüllt.
170b. Auch der von ihr am 02.12.2009 erklärte Verzicht steht ihrem Anspruch nicht entgegen.
171aa. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ist ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Bei dem Anspruch auf die Jahressonderzahlung handelt es sich um ein tarifliches Recht. Entgegen der Auffassung des Beklagten verändert der vor dem Betriebsübergang entstandene und fällige Anspruch seiner Rechtsqualität als tariflicher Anspruch nicht durch den nachfolgenden Betriebsübergang. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB erfasst nicht bereits fällige Ansprüche.
172Die Tarifvertragsparteien haben den Verzicht, dessen rechtliche Einordnung als Vergleich im Sinne des § 779 BGB fraglich ist, nicht gebilligt.
173bb. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass der TVöD-VKA, der gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB ab dem 01.12.2009 den Haustarifvertrag über die Jahressonderzahlung verdrängt, den vor dem Betriebsübergang entstandenen und fälligen Zahlungsanspruch ausschließt.
174cc. Dahinstehen kann ebenfalls, ob für den Verzicht/Erlass sachliche Gründe bestanden, er deshalb nicht als Umgehung der Rechtsfolgen aus § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß §§ 134 BGB nichtig ist.
175Zwar kann ein Lohnverzicht aus Anlass des Betriebsübergangs bei Bestehen sachlicher Gründe wirksam sein. Das gilt jedoch nur insoweit, als kein tarifliches Entgelt betroffen ist (BAG 27.04.1988 – 5 AZR 358/87, BAGE 58, 176; 26.01.1977 – 5 AZR 302/75, DB 1977, 1192, 18.08.1976 a.a.O.).
176Im Übrigen hat der Beklagte seine Behauptung, der Erlass sei aus wirtschaftlichen Gründen für die Fortführung der Klinik unerlässlich gewesen, trotz entsprechenden Bestreitens der Klägerin nicht durch Vortrag konkreter Tatsachen belegt.
177dd. Die Klägerin verstößt nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit des Verzichts beruft, obwohl sie jedenfalls nach Vortrag des Beklagten im Gegenzug eine höhere Stufenzuordnung unter Berücksichtigung ihrer vorherigen beruflichen Tätigkeit bei der Veräußerin erhalten hat.
178Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Die Parteien dürfen ihre Rechtsansichten ändern und sich auf die Nichtigkeit einer Vereinbarung berufen, die unter ihrer Beteiligung zustande gekommen ist (Palandt-Grüneberg, 71. Aufl., § 242 BGB Rn. 55). Ausnahmsweise kann dann etwas anderes gelten, wenn der andere Vertragspartner im Vertrauen auf die getroffene Vereinbarung Dispositionen getroffen hat.
179Zu Gunsten des Beklagten kann unterstellt werden, dass die Stufenordnung im Hinblick auf den erklärten Verzicht erfolgte, auch wenn sich dies aus der Verzichtserklärung selbst nicht ergibt.
180Er hat jedoch nach Auffassung der Kammer unter Zugrundelegung seines Sachvortrags keine Dispositionen getroffen, die er ohne die Verzichtserklärung nicht getroffen hätte.
181Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD-VKA kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Die Tarifnorm räumt dem Arbeitgeber ein freies Ermessen ein. Der Arbeitnehmer hat jedoch Anspruch auf eine sachgemäße Ermessensausübung bei objektiv vorliegendem Personalbedarf. Zwar handelt es sich vorliegend nicht um eine Neueinstellung im tariflichen Sinne. Die nach Betriebsübergang durch Geltung des TVöD-VKA erforderliche Stufenzuordnung stellt aber eine vergleichbare Situation dar, wenn auch der Beklagte die Betriebszugehörigkeit der Klägerin nicht als Recht an sich im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB hätte berücksichtigen müssen. Jedenfalls lag es in seinem Interesse, das Klinikpersonal zu halten, um den Betrieb fortzuführen. Hätte er die Klägerin gemäß § 16 Abs. 2 TVöD-VKA der Stufe 3 zugeordnet, hätte sie deutliche Entgelteinbußen gehabt. Seine Behauptung, er wäre ohne Verzichtserklärungen der Beschäftigten wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, die höheren Stufenzuordnungen zu finanzieren, hat er nicht näher erläutert.
182Vor dem Hintergrund seines Interesses, die Beschäftigten nach dem Betriebsübergang an sich zu binden, im Hinblick auf den objektiv bestehenden Personalbedarf widerspricht es nicht Treu und Glauben, wenn sich die Klägerin nunmehr auf die Unwirksamkeit des Verzichts beruft, ihr aber die günstigere Stufenzuordnung verbleibt.
1832. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 284 Abs. 2 Nr. 1, 247 BGB.
1843. Die Klägerin kann auch das Urlaubsgeld von noch 132,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2009 verlangen.
185Insoweit wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe verwiesen, denen sich die Kammer anschließt.
186Auf die Berufungsbegründung des Beklagten ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihren mit Schreiben vom 23.08.2009 gegenüber dem Insolvenzverwalter frist- und formgerecht geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Urlaubsgeldes nach § 4 Abs. 1 des Tarifvertrags über eine Jahressonderzahlung zur Wahrung ihrer Rechte nicht noch einmal gegenüber dem Beklagten machen musste. Dieser ist gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Verpflichtungen der Rechtsvorgängerin so eingetreten, wie sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestanden. Dazu gehört auch, dass der Beklagte die frist- und formgerechte Geltendmachung des Anspruchs gegen sich geltend lassen muss.
187Unerheblich ist auch, dass die Klägerin ab dem 01.12.2009 keinen Anspruch auf ein Urlaubsgeld hat, da die haustariflichen Regelungen durch § 20 TVöD-VKA abgelöst wurden. Das Ablöseprinzip des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB ist jedoch nicht anwendbar auf bereits gegen den Veräußerer entstandene und fällige Ansprüche, für die Veräußerer und Erwerber gemäß § 613 a Abs. 2 BGB gesamtschuldnerisch haften.
188C.
189Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO.
190Dabei hat die Kammer für den erstinstanzlich verfolgten Klageantrag zu 1) einen Streitwert von 8.966,95 € zugrundegelegt. Dabei hat sie für 35 Monate eine Vergütungsdifferenz von 192,41 € monatlich, für einen weiteren Monat von 208,79 € (Dezember 2009) zuzüglich des Anspruchs auf Urlaubsgeld von 132,81 € und die Jahressonderzuwendung von 1.289,04 € für einen Dreijahreszeitraum zugrunde gelegt und hat im Hinblick auf den positiven Feststellungsantrag 20 % abgezogen.
191Den Antrag zu 2) hat sie mit 6.083,34 € bewertet (208,79 € + 35 Monate x 211,30 €) x 80 %.
192Die Klageanträge zu 3) und 4) waren bei der Streitwertbemessung nicht zu berücksichtigen. Die Klageanträge zu 5) bis 7) waren mit 1.181,62 €, 132,81 € und 127,86 € zu bewerten. Bei einem Gesamtstreitwert erster Instanz von 16.492,58 € hat die Klägerin mit 1.442,29 € obsiegt und trägt die erstinstanzlichen Kosten zu 91 %.
193Der mit der Berufung der Klägerin verfolgte Hauptantrag war unter Zugrundelegung eines monatlichen Differenzbetrags von 398,49 € für einen Dreijahreszeitraum unter Abzug von 20 % mit 11.476,51 €, der Klageantrag zu 2) mit 6.083,34 €, der Klageantrag zu 3) mit 8.966,95 €, der Klageantrag zu 7) mit 127,86 € und der Berufungsantrag des Beklagten mit 1.181,62 € und 132,81 € zu bewerten. Bei einem Gesamtstreitwert von 27.969,09 € hat die Klägerin in der Berufungsinstanz zu 5 % obsiegt und muss entsprechend 95 % der Verfahrenskosten der Berufungsinstanz tragen.
194Die Zulassung der Revision rechtfertigt sich aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG sowie aus § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG, soweit der Beklagte zur Zahlung des Kleidergeldes verurteilt worden ist.