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Für die Berechnung des tariflichen zusätzlichen Urlaubsgeldes gem. § 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld gilt für eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin die Berechnungsformel:
Tarifstundenlohn x 1,85 Tarifstundenlöhne x Wochenarbeitsstunden x 39 Stunden (tarifliche Wochenregelarbeitszeit) x Zahl der individuellen Urlaubstage.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.11.2011 – 1 Ca 2253/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf ein restliches tarifliches Urlaubsgeld.
3Die seit Januar 2006 bei der Beklagten als Innenreinigerin beschäftigte Klägerin erzielte zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt von 1419,20 EUR bei einem Beschäftigungsumfang von 20 Stunden in der 6-Tage-Woche. Das tarifliche Stundenentgelt beläuft sich für die Klägerin auf 8,40 EUR brutto.
4Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Mitgliedschaft zu den tarifschließenden Parteien die Tarifverträge des Gebäudereiniger-Handwerks Anwendung.
5Mit ihrer am 17.12.2010 eingereichten Klage hat die Klägerin restliche Entgeltansprüche für die Monate August und Oktober 2010 geltend gemacht. Die Parteien schlossen am 08.03.2011 vor dem Arbeitsgericht einen Teilvergleich, welcher zur Folge hat, dass allein offen blieben restliche tarifliche Urlaubsgeldansprüche der Klägerin für die Monate August und Oktober 2010.
6Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1.1 RTV Gebäudereinigung vom 04.10.2003 haben Beschäftigte in Abhängigkeit von ihrem Lebensalter bzw. der Beschäftigungsdauer Anspruch auf 28 – 30 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr. § 14 Abs. 1 Nr. 1.3 RTV Gebäudereinigung bestimmt, dass Samstage auf den Urlaub nicht angerechnet werden.
7Der Tarifvertrag über ein zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 07.09.2007 (nachfolgend: TV Zusätzliches Urlaubsgeld) regelt in seinem Absatz
8"§ 2
9Zusätzliches Urlaubsgeld
101. Nah einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten erhalten die Beschäftigten für nach dem 01.01.2007 erworbene Urlaubsansprüche einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85 Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag. Bemessungsgrundlage ist der bei Urlaubsantritt geltende Tarifstundenlohn der jeweiligen Entgeltgruppe.
112. Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Anspruch im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit.
123. Bei Arbeitnehmer/innen, die in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis stehen, kann das zusätzliche Urlaubsgeld monatlich anteilig ausgezahlt werden. Dies ist in der monatlichen Lohnabrechnung gesondert auszuweisen.
134. Bei Auszubildenden entspricht der zur Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes heranzuziehende Tarifstundenlohn nach Ziffer 1 dem 1/169 der bei Urlaubsantritt geltenden Ausbildungsvergütung.
145. Das zusätzliche Urlaubsgeld ist zusammen mit dem Urlaubslohn nach § 14 Ziffer 2 Rahmentarifvertrag auszuzahlen."
15Die Forderungen der Klägerin setzen sich der Höhe nach wie folgt zusammen:
16August 2010
178.040,00 EUR brutto x 1,85 x 20 Std. : 39 Stunden x 18 Urlaubstage = 143,45 EUR brutto.
18Hierauf leistete die Beklagte 119,55 EUR brutto.
19Oktober 2010
208,40 EUR brutto x 1,85 x 20 Std. : 39 Stunden x 6 Urlaubstage = 47,82 EUR brutto.
21Hierauf leistete die Beklagte 39,85 EUR brutto.
22Der Differenzbetrag aus beiden Monaten beläuft sich auf 31,87 EUR brutto.
23Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.03.2011 (Bl. 37 d.A.) für die Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes gem. § 2 Ziff. 1, 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld eine Tarifauskunft bei den tarifschließenden Organisationen eingeholt.
24Auf die schriftlichen Stellungnahmen des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks, Bonn, vom 05.07.2011 (Bl. 45, 46 d.A.) und des Bundesvorstands der IG Bau-Agrar-Umwelt, Frankfurt am Main, vom 28.07.2011 (Bl. 54 – 56 d.A.) wird verwiesen.
25Der Kläger hat sich auf die Stellungnahme der IG BAU bezogen und beantragt,
26die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 31,87 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2010 zu zahlen.
27Die Beklagte hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie hat darauf hingewiesen, dass die Berechnungsweise der Klägerin zu einer Ungleichbehandlung der Mitarbeiter führen würde. Mitarbeiter in der 6-Tage-Woche hätten danach Anspruch auf nicht 30, sondern 36 Urlaubstage. Es genüge daher nicht, bei der Berechnungsformel lediglich anstatt der tarifvertraglichen 39 Stunden die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin von 20 Stunden anzusetzen. Es müsse vielmehr die tatsächliche Arbeitszeit pro Tag zugrunde gelegt werden. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf die Tarifauskunft ihres Bundesinnungsverbandes.
30Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.11.2011 der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Seine Entscheidung hat das erstinstanzliche Gericht im Wesentlichen damit begründet, dass § 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld seinem klaren Wortlaut nach einen Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85 Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag gewähre und dass der Tarifvertrag eine weitere Einengung nicht vorsehe. Die Berechnungsformel der Klägerin sei rechtlich zutreffend. Hingegen verstieße die modifizierte Berechnungsweise der Beklagten gegen die Vorgabe des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG.
31Die Beklagte hat gegen das ihr am 09.12.2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 21.12.2011 eingehend beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.02.2012 – am 22.02.2012 beim Landesarbeitsgericht eingehend begründet.
32Sie meint, die Grundformel 8,40 EUR x 1,85 = 50,45 EUR pro Urlaubstag gelte nur für vollzeitbeschäftigte Personen in der 5-Tage-Woche. Die Klägerin hingegen arbeite nicht 7,8 Stunden pro Tag, sondern bei 20 Wochenstunden in der 6-Tage-Woche entsprechend weniger. Es sei daher zunächst zur Berechnung des zusätzlichen tariflichen Urlaubsgeldes der Anspruch wie bei einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer zu berechnen, nämlich 8,40 EUR x 1,85 = 15,54 EUR x 30 Urlaubstage pro Jahr = 466,20 EUR pro Jahr. Anschließend sei die Teilzeitbeschäftigung zu berücksichtigen in der Weise, dass 466,20 EUR durch die wöchentliche Stundenzahl mit 39 zu dividieren und sodann mit 20 (wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin) zu multiplizieren sei, was zu einem Gesamturlaubsgeldanspruch von 230,07 EUR pro Jahr führe. Nur diese Auslegung sei sach- und interessengerecht und entspreche einer teleologischen Auslegung des Tarifvertrages. Auch liege ein Verstoß gegen das TzBfG nicht vor, denn eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin erhalte in Bezug auf ihre Arbeitszeit gerade genauso viel Urlaubsgeld wie eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin.
33Die Beklagte beantragt,
34das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.11.2011 – 1 Ca 2253/10 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
35Die Klägerin beantragt,
36die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
37Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Ihre Berechnung, nicht jedoch die der Beklagten, sei mit dem Wortlaut des Tarifvertrages vereinbar. Die tarifliche Regelung enthalte keinen Anhaltspunkt dafür, dass § 2 Ziff. 1 nur für eine Arbeitnehmerin in der 5-Tage-Woche gelte. Dies umso mehr, als die 6-Tage-Woche im Gebäudereiniger-Handwerk durchaus üblich sei. Auch handele es sich nicht um das Problem der Verteilung der Arbeitszeit bei Teilzeit- bzw. und Vollzeitbeschäftigten, denn bei vollzeitig in der 6-Tage-Woche Beschäftigten trete die gleiche Berechnungsproblematik auf. Möglicherweise führe die Berechnung der Beklagten zu gerechteren Ergebnissen. Die Grenze der Auslegung sei indes der Wortlaut der tariflichen Regelung; dieser sei hier eindeutig. Die Vereinbarung anders lautender Regelungen sei den Verhandlungen der Tarifvertragsparteien zu überlassen. Wegen des Weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf deren wechselseitige Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen, die insgesamt Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.
38Entscheidungsgründe
39Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
40I.
41Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.11.2011 ist gemäß §§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist somit zulässig.
42II.
43In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage auf restliches zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 31,87 EUR brutto zuzüglich gesetzlicher Zinsen stattgegeben.
441) Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf restliches zusätzliches Urlaubsgeld für insgesamt – unstreitig – 24 Urlaubstage in den Monaten August und Oktober 2010 aus § 2 Ziff. 1,2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld.
45a) Gemäß § 2 Ziff. 1 TV Zusätzliches Urlaubsgeld erhalten Beschäftigte nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten für ab dem Jahr 2007 erworbene Urlaubsansprüche einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85 Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag. Dabei ist Bemessungsgrundlage der bei Urlaubsantritt geltende Tarifstundenlohn der jeweiligen Entgeltgruppe. Teilzeitbeschäftigte haben einen verminderten Anspruch im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit, § 2 Ziff. 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld.
46Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für das zusätzliche Urlaubsgeld. Sie ist länger als sechs Monate betriebszugehörig und beansprucht das tarifliche Urlaubsgeld für nach dem 01.01.2007 erworbene Urlaubsansprüche. Der Höhe nach sieht § 2 Ziff. 1 TV Zusätzliches Urlaubsgeld für jeden Urlaubstag ein zusätzliches Urlaubsgeld von 1,85 Tarifstundenlöhnen vor. Bemessungsgrundlage ist der unstreitig für die Klägerin geltende Tarifstundenlohn von 8,40 EUR brutto. Der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld vermindert sich bei der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte mit 20 Wochenarbeitsstunden jedoch im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit, § 2 Ziff. 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld.
47Nach diesen tariflichen Vorgaben ist die Berechnungsformel der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen.
48b) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln, §§ 133, 157 BGB (s. etwa BAG vom 26.01.2011 – 4 AZR 159/09, NZA 2011, 808; BAG vom 19.01.2011 – 3 AZR 29/09 NZA 2011, 860). Es ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebende Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Nur bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei auf den tariflichen Gesamtzusammenhang. Erst, wenn zweifelsfreie Auslegungsergebnisse so nicht erzielbar sind, dürfen die Gerichte für Arbeitssachen weitere Kriterien ergänzend heranziehen, etwa die Entstehungsgeschichte oder die praktische Tarifübung. Im Zweifel ist derjenigen Tarifauslegung der Vorzug zu geben, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 20.03.2012 – 9 AZR 518/10 juris).
49c) Danach folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 2 Ziff. 1 TV Zusätzliches Urlaubsgeld, dass die Klägerin Anspruch auf 1,85 Tarifstundenlöhne pro Urlaubstag hat. Bei einem tariflichen Stundenentgelt von 8,40 EUR ergibt sich, multipliziert mit dem Faktor 1,85, ein zusätzlicher Urlaubsgeldanspruch pro Urlaubstag von 15,54 EUR brutto, § 2 Ziff. 1 TV Zusätzliches Urlaubsgeld.
50Da die Klägerin mit 20 Wochenarbeitsstunden teilzeitbeschäftigt ist, vermindert sich ihr Anspruch auf das tarifliche zusätzliche Urlaubsgeld gemäß § 2 Ziff. 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld "im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit". Die Berechnung für die teilzeitbeschäftigte Klägerin hat somit ihre 20-stündige Wochenarbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche ins Verhältnis zu setzen mit Hilfe der rechnerischen Formel 8,40 EUR x 1,85 Tarifstundenlöhne x 20 Stunden : 39 Stunden x Zahl der individuellen Urlaubstage.
51d) Die Einwände der Beklagten gegen diese Berechnungsweise des tariflichen zusätzlichen Urlaubsgeldes vermögen nicht zu überzeugen.
52Insbesondere ist die Berechnung der Klägerin für die 6-Tage-Woche nicht fehlerhaft. Sie ist nicht deswegen fehlerhaft, weil sie für die 6-Tage-Woche nicht von der tariflichen 39-Stunden-Woche, sondern von einer 46,8-Stunden-Woche ausgeht. Im Gegenteil rechnet die Klägerin für ihre 20-Stunden-Woche bei sechs Arbeitstagen nicht mit dem Faktor einer täglichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden, sondern setzt ihre persönliche Arbeitszeit, wie es § 2 Ziff. 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld vorsieht, in das Verhältnis zur tariflichen Wochenarbeitszeit. Auch hat die Klägerin nicht das zusätzliche Urlaubsgeld für zunächst 30 Urlaubstage berechnet, um es dann um 36/30 zu erhöhen, sondern ihre Berechnung streng nach § 2 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld durchgeführt. Die Klägerin hat aufgrund ihrer auf 6 Werktage verteilten wöchentlichen Arbeitszeit einen erhöhten Jahresurlaubsanspruch. Denn gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1.3 RTV Gebäudereinigung sind Samstage auf den Urlaub nicht anzurechnen. Der tarifliche Urlaub bezieht sich somit auf eine 5-Tage-Woche. Erhöhen sich, wie bei der Klägerin, die Beschäftigungstage auf 6 Werktage pro Woche, ist der Urlaub entsprechend aufzustocken. Hierauf weist die Klägerin zutreffend, gestützt auf die Tarifauskunft der IG BAU, hin.
53Der Wortlaut der Tarifnorm ist somit eindeutig.
54e) Die tariflichen Regelungen in § 2 Ziff. 1 und 2 TV Zusätzliches Urlaubsgeld enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgangsbestimmung des § 2 Ziff. 1 TV Zusätzliches Urlaubsgeld allein für einen Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche konzipiert ist. Es ist insoweit nicht nachvollziehbar, was die Beklagte mit dem Begriff des "idealen Arbeitnehmers" ausdrücken will. Diesen Begriff verwendet der Tarifvertrag weder noch setzt er ihn erkennbar voraus. Das tarifliche zusätzliche Urlaubsgeld ist nach dem unmissverständlichen Wortlaut des Tarifvertrages je Urlaubstag, d.h. je individuellem Urlaubstag des Arbeitnehmers zu zahlen. Dem wird die von der Beklagten gewählte Berechnungsformel, nach der zunächst der Urlaubsanspruch eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers zu berechnen sei, um so dann das jährliche zusätzliche Urlaubsgeld des vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, nämlich 466,20 EUR bei 30 Urlaubstagen, durch die wöchentliche Stundenzahl von 39 – der tariflichen Wochenregelarbeitszeit – zu dividieren und anschließend mit 20 – der individuellen Wochenstundenzahl hier der teilzeitbeschäftigten Klägerin – zu multiplizieren, nicht gerecht. Auch haben die Tarifvertragsparteien diese Berechnungsweise erkennbar nicht geregelt. Die Berechnung der Beklagten mag zwar zu "gerechteren" Ergebnissen führen. Grenze der Auslegung der Tarifvertragsnorm ist jedoch der Wortlaut der tariflichen Regelung. Da dieser vorliegend eindeutig ist, ist die Beklagte auf etwaige Verhandlungen der Tarifvertragsparteien zu verweisen.
55f) Zutreffend weist die Klägerin auch darauf hin, dass die Problematik der dem Tarifvertrag entsprechenden Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes nicht die Frage der Verteilung der Arbeitszeit bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten berührt. Das ergibt die Kontrollüberlegung zu einem an 6 Wochentagen beschäftigten vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer. Würde hier der von der Beklagten zugrunde gelegte Basiswert des jährlichen tariflichen zusätzlichen Urlaubsgeldes von 466,20 EUR brutto Berücksichtigung finden, reduzierte sich die in § 2 Ziff. 1 TVG Zusätzliches Urlaubsgeld festgelegte Größe von 1,85 Tarifstundenlöhnen auf den Wert von 1,54 Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag (466,20 EUR : 8,40 EUR : 36 Urlaubstage bei einer Arbeitszeit von 6 Tagen in der Woche).
562) Der Zinsanspruch für die Klägerin besteht gem. §§ 288 Abs. 1, 291 ZPO.
57III.
581) Die mit dem Rechtsmittel nicht erfolgreiche Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.
592) Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.