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Kurze Inhaltsangabe: Die Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung weiteren Entgeltes ist abgewiesen worden, weil sich das von dem Kläger reklamierte sittenwidrige Missverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahlter Vergütung in der Beweisaufnahme nicht bestätigt hat.
Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 20.01.2010 – 3 Ca 1403/08 – auf die Berufung des Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand :
2Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis. Der Kläger macht insbesondere geltend, das ausgezahlte Entgelt sei sittenwidrig niedrig gewesen.
3Der am 01.08.1955 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.04.2007 bis zum 15.08.2008 bei dem Beklagten als Kfz-Meister beschäftigt. Der Beklagte unterhält einen Betrieb im Bereich des Kfz-Handwerks. Repariert werden ganz überwiegend Autos von Angehörigen der in Deutschland stationierten britischen Streitkräfte. Die Parteien vereinbarten im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 03.03.2007 einen Bruttomonatslohn in Höhe von 1.000 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden (weitere Einzelheiten: Kopie des Vertrages, Bl.10 GA). Die wöchentliche Arbeitszeit wurde durch eine schriftliche Vereinbarung vom 25.09.2007 ab dem 01.10.2007 bei gleichbleibender Vergütung auf 24 Stunden pro Woche erhöht (weitere Einzelheiten: Kopie des Vertrages, Bl.11 GA). Die Erhöhung der Arbeitszeit erfolgte vor dem Hintergrund, dass ab dem 01.10.2007 der Auszubildende S1 eingestellt werden sollte und für dessen Ausbildung die Anwesenheit eines Meisters an 3 Tagen pro Woche erforderlich war.
4Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die zwischen den Parteien getroffene Gehaltsvereinbarung sei sittenwidrig und daher unwirksam. Im Vergleich zu den Tariflöhnen nach dem Entgeltrahmenabkommen für das Kraftfahrzeuggewerbe in NRW liege ein auffälliges Missverhältnis zwischen den arbeitsvertraglich geschuldeten und erbrachten Leistungen und dem vereinbarten und gezahlten Gehalt vor. Dieses gelte für die vereinbarte Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche und erst recht für die später vereinbarte Arbeitszeit von 24 Stunden pro Woche. Ortsüblicher Lohn gemäß § 612 Abs. 2 BGB sei der Tariflohn. In Paderborn und Ostwestfalen erfolge die Entlohnung von Betriebsleitern regelmäßig nach dem Tariflohn des Entgeltrahmenabkommens für das Kfz-Gewerbe in NRW. Von 1.384 Betrieben des Bezirks seien 918 tarifgebunden. Ein Kfz-Meister werde bei Tätigkeit von nur einem Meister im Unternehmen üblicherweise nach der Lohngruppe 10 vergütet, was bei einer Vollzeitbeschäftigung 3.244 € brutto entspreche. Bei einem Tätigkeitsumfang von 20 Stunden pro Woche ergebe sich eine übliche Vergütung von 1.827,61 € brutto und bei einem Umfang von 24 Stunden eine übliche Vergütung von 2.193,00 € brutto. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrages seien erfüllt, da er als Kfz-Meister in die Handwerksrolle eingetragen und als Betriebsleiter tätig gewesen sei. Ohne ihn hätte der Betrieb formell nicht geführt werden dürfen. Die Beschäftigung eines Meisters sei die Voraussetzung dafür gewesen, dass der Beklagte überhaupt bestimmte Reparaturarbeiten habe ausführen dürfen und einen Auszubildenden habe einstellen dürfen. Er habe die Werkstatt geleitet. Er habe die Reparaturaufträge an die einzelnen Mitarbeiter erteilt, Kundengespräche geführt und sich um den Auszubildenden gekümmert. Hilfsweise hat der Kläger behauptet, dass eigentlich eine monatliche Vergütung des Klägers in Höhe von 1.000 € brutto und weiteren 250,00 € netto vereinbart worden sei.
5Der Kläger hat beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.494,50 € brutto nebst abzüglich gezahlter 500 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7hilfsweise:
8den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.625 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2008 zu zahlen.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Vergütungsvereinbarung sei nicht sittenwidrig. Die Abwägung der beidseitigen Interessen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles führe nicht zu einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Der Tariflohn sei nicht das ortsübliche Entgelt. Die Mitarbeiterin W1 habe sich bei der Handwerkskammer Paderborn nach den Mindestlöhnen erkundigt. Sie habe die Auskunft erhalten, dass einem Kfz-Meister mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden mindestens 1.000 € gezahlt werden müssten. Auf der Grundlage dieser Information sei ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.000 € vereinbart worden. Der Kläger sei nie als Betriebsleiter tätig gewesen. Nur nach außen habe dem Kläger die Leitung der Werkstatt oblegen. Außerdem habe der Kläger durchschnittlich nur 11 Stunden pro Woche gearbeitet und zwar jeweils dienstags, mittwochs und donnerstags bis zur Mittagszeit. Nachdem der Kläger Mitte 2007 die Einstellung eines Auszubildenden vorgeschlagen habe, sei er einverstanden gewesen, 24 Stunden pro Woche für 1.000 € brutto zu vereinbaren. Die Ansprüche des Klägers seien bei Anwendung des Manteltarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe in NRW gemäß § 9 Ziffer 2 verfallen. Jedenfalls seien sie jedoch verwirkt. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger nie die Differenz zum Tariflohn angemahnt oder geltend gemacht. Zum Hilfsantrag hat der Beklagte vorgetragen, es sei nicht vereinbart worden, dass über die 1.000 € brutto hinaus weitere 250 € netto gezahlt werden sollten.
12Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen G1 zur Üblichkeit der Zahlung der Tarifentgelte im kammerbezirk. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammersitzung vom 20.01.2009 verwiesen (Bl. 168 ff GA).
13Das Arbeitsgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 9.129,93 € brutto abzüglich bereits gezahlter 500,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2008 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 52 % dem Beklagten und zu 48 % dem Kläger auferlegt. Für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 30.09.2007 sei die Vergütungsvereinbarung über 1.000,00 € nicht unwirksam. Für die vereinbarten 20 Stunden in der Woche sei die vereinbarte Vergütung nicht sittenwidrig niedrig. Als maßgebend sei der Tariflohn der Entgeltgruppe 9 mit monatlich 2.950,00 € zugrunde zu legen. Für eine Arbeitszeit von 20 Stunden errechne sich daraus ein Tarifentgelt von 1.543,21 €. Die vereinbarten 1.000,00 € unterschritten die nach der Rspr. des BAG zu beachtende Zweidrittelgrenze so geringfügig, dass nicht von einer Sittenwidrigkeit auszugehen sei. Anders sei es für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 15.08.2008. Für eine Arbeitsleistung von nunmehr 24 Stunden in der Woche sei ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu bejahen. Die Zweidrittelgrenze sei deutlich unterschritten. Nach der Beweisaufnahme sei vom Tariflohn als dem üblichen Lohn auszugehen. Für 24 Stunden errechne sich ein Monatsentgelt der Entgeltgruppe 9 von 1.851,85 € für die Monate bis zum 30.04.2008 und von 1.904,85 € nach der Erhöhung des Monatsentgelts der Entgeltgruppe 9 auf 3.033,00 € ab dem 01.05.2008. Die Entgeltvereinbarung über 1.000,00 € für 24 Stunden wöchentliche Arbeitsstunden sei sittenwidrig. Für den Zeitraum ab dem 01.10.2007 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 15.08.2008 schulde der Beklagte eine Nachzahlung in Höhe des ausgeurteilten Betrages. Die Verfallklausel des Tarifvertrages finde keine Anwendung, da es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der Vorteil der sittenwidrigen Entgeltvereinbarung bei dem Beklagten belassen bleibe. Über den Hilfsantrag sei nicht zu entscheiden, da dieser nur für den Fall gestellt sei, dass der Hauptantrag in Gänze abgewiesen werde.
14Das Urteil ist dem Beklagten am 13.02.2010 zugestellt worden ist. Die Berufung des Beklagten ist am 27.02.2010 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen. Sie ist nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.05.2010 am 03.05.2010 begründet worden. Dem Kläger ist das Urteil des ersten Rechtszuges am 12.02.2010 zugestellt worden. Er hat am 12.03.2010 Berufung eingelegt und seine Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.05.2010 am 12.05.2010 begründet.
15Der Beklagte wendet ein, entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts sei auch die Vereinbarung vom 25.09.2007 nicht sittenwidrig. Der tatsächliche Wille der Parteien und die tatsächliche Arbeitsleistung des Klägers hätten nur 10 oder 11 Stunden wöchentlich umfasst. Bei dieser Stundenzahl sei die getroffene Entgeltvereinbarung nicht zu beanstanden. Zur Vorgeschichte sei auszuführen, dass er 2003 einen Betrieb entsprechend dem in England üblichen Konzept "Smart Reparier für PKW" eröffnet habe. Es handele sich dabei um kleinere Arbeiten an PKW insbesondere optischer Art außen wie innen. Nach einem Besuch des Ordnungsamts habe er erfahren, dass sein Betrieb den Einsatz eines Kfz-Meisters verlange. Daraufhin habe er eine Anzeige geschaltet. Es sei zur Einstellung des Klägers zu den aktenkundigen Vertragsbedingungen gekommen. Letztlich habe man für die alltägliche Arbeit keinen Meister benötigt. Dies alles sei dem Kläger mitgeteilt worden und auch, dass ein höheres Entgelt für den Betrieb nicht finanzierbar sei. Ein Anruf bei der Handwerkskammer habe ergeben, dass 1.000,00 € bei wöchentlich 20 Stunden für einen Meister in Ordnung seien. Es sei abgesprochen worden, dass der Kläger nur im Hinblick auf das Ordnungsamt "gelegentlich anwesend" sein müsse. Der Kläger selbst habe vorgeschlagen, bei Fragen nach seinem Verbleib auf Probefahrten oder Besorgungen zu verweisen. Man sei sich einig gewesen, dass deutlich weniger als 20 Stunden Anwesenheit erforderlich seien. Dem Kläger sei erläutert worden, dass mehr als 1.000,00 € nicht gezahlt werden könnten. Damit sei der Kläger einverstanden gewesen. Dann habe man sich ein Arbeitsvertragsformular gekauft und den Vertrag unterschrieben. Der Kläger sei dann auch nur dienstags, mittwochs und donnerstags im Betrieb gewesen, allenfalls drei Stunden am Vormittag zwischen 8:30 Uhr und 11:30 Uhr und nicht mehr als 9 – 10 Stunden in der Woche. Die Zeugin W1 habe sich praktisch um die Organisation der Firma gekümmert. Die Buchhaltung habe er, der Beklagte, erledigt. Der Kläger sei nicht Betriebsleiter gewesen. Der Kläger habe kein eigenes Büro gehabt; über einen Schlüssel habe der Kläger nicht verfügt. Der Kläger habe keine Betriebsleiteraufgaben wahrgenommen. Nennenswerte Büroarbeiten oder Verhandlungsgespräche habe der Kläger nicht erledigt. Der Kläger habe nur kleinere Hilfstätigkeiten erledigt wie Kaffee kochen, Auflistung der im Lager vorhandenen Scheinwerfer und Feststellung des Reifenbestandes im Lager. Der Vertragsschluss am 25.09.2007 sei erfolgt im Hinblick auf die bevorstehende Einstellung des Auszubildenden S1. Dies habe eine höhere Anwesenheitszeit des Meisters erfordert. Dabei sei man davon ausgegangen, dass letztlich keine höhere tatsächliche Anwesenheitszeit als bislang verlangt werde. Der Kläger habe der Zeugin W1 erklärt, dass alles beim Alten bleibe. Er werde nur formal die geforderte Stundenzahl von 24 Stunden ansetzen. Allenfalls in einer Ausnahmewoche habe der Kläger mehr als 10 Stunden gearbeitet. Keinesfalls sei er 20 oder 24 Stunden in der Woche für den Betrieb tätig gewesen. Die Berichtshefte des Zeugen S1 habe der Kläger nicht kontrolliert. Dies habe die Zeugin W1 erledigt. Einer Nachforderung stehe die Verfallfrist nach § 9 des Tarifvertrages entgegen.
16Der Beklagte beantragt,
17das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 20.01.2010, Az. 3 Ca 1403/08, abzuändern, soweit der Beklagte zur Zahlung an den Kläger verurteilt worden ist.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
20und mit seiner eigenen Berufung,
21das Urteil des ArbG Paderborn vom 20.01.2010, AZ: 3 Ca 1403/08, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.494,50 € brutto abzüglich gezahlter 500,00 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
22hilfsweise,
23den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.625,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.09.2008 zu zahlen.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
26Der Kläger wendet ein, entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts liege auch für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 30.09.2007 ein krasses Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt vor. Auch für diesen Zeitraum sei deshalb von einer sittenwidrig niedrigen Entgeltvereinbarung auszugehen. Nachdem die Auskunft der Frau B1 von der Handwerkskammer anlässlich des Abschlusses des Arbeitsvertrages dahin gegangen sei, dass für 20 Stunden als Minimum 1.000,00 € gezahlt werden müssten, habe er weiter gefordert, dass mindestens netto 250,00 € netto gezahlt würden. Damit die ganze Sache schriftlich verfasst werde, habe man dann einen Formularvertrag gekauft und diesen dann ausgefertigt. Für ihn als Betriebsleiter sei das Arbeitsentgelt der Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrages maßgeblich. Davon ausgehend sei die Zweidrittelgrenze entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts deutlich unterschritten. Er sei mehr als 20 Stunden und später mehr als 24 Stunden wöchentlich für den Beklagten tätig gewesen. Er habe an drei Tagen in der Woche gearbeitet. Begonnen habe er um 7:30 Uhr, gegangen sei er nie vor 13.30 Uhr. Häufig habe er noch länger gearbeitet. Wenn Teile abzuholen gewesen seien, habe er diese morgens vor seinem pünktlichen Eintreffen im Betrieb abgeholt. Nach 13:00 Uhr / 14:00 Uhr habe er Probefahrten unternommen. In der Zeit ab Oktober, so der Kläger in seiner Berufungsbegründung und Berufungserwiderung vom 11.05.2010, habe er 24 Stunden in der Woche gearbeitet und den Lehrling S1 ausgebildet (Bl. 285 GA). In der mündlichen Verhandlung hat sich der Kläger hierzu wie folgt eingelassen: "Der Zeuge S1 kann und soll bezeugen, dass ich an drei Tagen in der Woche in aller Regel ab 8.00 Uhr im Betrieb war und nicht vor 13.00 Uhr gegangen bin. Daneben kann er bestätigen, dass ich darüber hinaus zusätzliche Arbeiten vor oder nach der Betriebsanwesenheit und auch am Wochenende verrichtet habe. Bei den Ersatzteilbesorgungen war es allerdings so, dass Herr S1 nicht dabei gegenwärtig war. Er hat aber aus meinen Äußerungen das mitbekommen." (Bl. 400 GA).
27Auszugehen sei von der Entgeltgruppe 10: Tätigkeiten in Leitungsfunktionen, ohne dass es sich um Geschäftsführerfunktionen handeln müsse. Er habe eigenverantwortlich mit verschiedenen Stellen Verhandlungen geführt (weitere Einzelheiten: S. 6 des Schriftsatzes vom 11.05.2010, Bl. 310, 311 GA). Aber auch wenn man das Entgelt der Tarifgruppe 9 zugrunde lege, erweise sich das vereinbarte niedrige Entgelt als sittenwidrig. Die hilfsweise verfolgte Ursprungsforderung umfasse die zusätzlichen 250,00 €, die er sich von Anfang an auserbeten gehabt habe, aber vom Beklagten nie bekommen habe.
28Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und weiterer Einzelheiten ihrer rechtlichen Argumentation wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
29Die Berufungskammer hat Beweis erhoben über die Entgeltvereinbarung (Zeugin W1) und den Umfang der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistung (Zeugin W1, Zeuge W1, Zeuge P2 am 16.09.2010 / Zeugin Z1 und Zeuge M2 am 28.10.2010). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen (Bl. 349 ff, Bl. 396 ff GA). Zu beiden Terminen war der Zeuge S1 geladen. Zu beiden Terminen ist der Zeuge nicht erschienen. Im Telefonat am 27.10.2010 hat er angekündigt, eine schriftliche Entschuldigung nachzureichen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Berufung des Beklagten und die Berufung des Klägers sind statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs.2, 64 Abs.1, Abs.2 ArbGG. Beide Berufungen sind form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs.1, 64 Abs.7 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten war das Urteil des Arbeitsgerichts unter Zurückweisung der Berufung des Klägers teilweise abzuändern. Die Klage war insgesamt abzuweisen.
32In der Berufungsverhandlung hat sich herausgestellt, dass der Kläger einvernehmlich weniger Stunden gearbeitet hat, als in den Vertragstexten vom Frühjahr und Herbst 2007 ausgewiesen waren. Damit besteht weder im Zeitraum bis zum 30.09.2007 noch im Zeitraum ab dem 01.10.2007 ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Entgeltvereinbarung ist nicht sittenwidrig. Sie ist deshalb nicht nach § 138 BGB unwirksam. Mehr als das vereinbarte – und gezahlte – Monatsentgelt kann der Kläger nicht beanspruchen.
331. Auszugehen ist von den Grundsätzen der Rechtsprechung, wie sie das Arbeitsgericht zutreffend dargestellt hat. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes regelmäßig vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Ausgangspunkt zur Festlegung des Wertes der Arbeitsleistung sind in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftzweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (BAG 22.04.2009 – 5 AZR 436/08 – ; BAG 24.03.2004 – 5AZR 303/03 – mwN).
342. Für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 30.09.2007 besteht kein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Arbeitsleitung und Arbeitsentgelt. Die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass der Kläger während der Monate April bis September 2007 nicht 20 Stunden in der Woche sondern nur rund 15 Stunden pro Woche gearbeitet hat (§ 286 ZPO).
35Dies haben die hierzu vernommenen Zeugen im Wesentlichen übereinstimmend ausgesagt:
36Zeugin W1: " Der Kläger ist dienstags bis donnerstags zur Arbeit gekommen. Mal kam er um 8.00 Uhr, mal um 8.30 Uhr. Der Kläger ist dann zu unterschiedlichen Zeiten gegangen, z.B. kann ich mich an einen Tag erinnern, an dem der Kläger bereits um 10.00 Uhr wieder gegangen ist und sagte, er müsse noch einen Brief schreiben. Ich weiß nicht, ob es ein privater oder ein Firmenbrief war. An sich schrieb der Kläger keine Firmenbriefe. Der Kläger war nie lange da. Er ist stets früh gegangen, vielleicht um 11.00 Uhr, auch schon mal um 12.00 Uhr. Ich habe nicht besonders auf die Arbeitszeit des Klägers geachtet, weil ja abgesprochen war, dass die Arbeitszeit egal war. Ich glaube nicht, dass der Kläger häufiger bis 13.00 Uhr da war – doch ich kann mich erinnern, dass ich einmal um 13.00 Uhr für den Kläger Essen mitgebracht habe. Wir essen immer gegen 13.00 Uhr. Normalerweise war der Kläger dann schon gegangen."
37Zeuge W1: "Arbeitsbeginn war 8:00 Uhr. … Länger als bis Mittag war der Kläger … so gut wie nie da. …. Soweit ich mich erinnern kann, war der Kläger nie länger als bis 12.00 Uhr da."
38Zeuge P2: " Der Kläger hat morgens mit uns angefangen, also um 8:00 Uhr, gegangen ist er mittags, 12:00 Uhr oder 13:00 Uhr – je nachdem."
39Zeuge M3: "Es war so, dass der Kläger dann, wenn der Beklagte nicht da war, früher ging. So kam es vor, dass er schon um 9:00 Uhr wieder weg war. …. Nach 13:00 Uhr war er nicht mehr da."
40Die Aussage der weiteren Zeugin Z1 ist unergiebig zum Beweisthema der regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers. Die Zeugin war als Hobbybastlerin nur wenige Stunden in der Woche im Betrieb anwesend war. Sie hat angegeben, den Kläger insgesamt dreimal gesehen zu haben.
41Auf der Grundlage der Zeugenaussagen ergibt sich eine regelmäßige Arbeitszeit von 8:00 / 9:00 Uhr bis 12:00 / 13:00 Uhr an drei Tagen in der Woche. Zwar hat der Zeuge P2 ausgesagt, er meine der Kläger habe an fünf Tagen in der Woche gearbeitet. Da aber nicht nur die übrigen Zeugen (außer Z1) sondern auch der Kläger selbst von drei Arbeitstagen pro Woche ausgehen, ist von einer regelmäßigen Arbeitszeit von durchschnittlich nicht mehr als 15 Stunden in der Woche auszugehen. Eine nennenswerte vorbereitende und nachbereitende Arbeitsleistung ohne Anwesenheit im Betrieb hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt. Auch die Zeugenaussagen bieten keine Anhaltspunkte dafür. Die Kammer ist überzeugt, dass die Zeugen wahrheitsgemäß ausgesagt haben. Wie ausgeführt stimmen die Aussagen in ihrem wesentlichen Gehalt überein. Die Aussagen der Zeugin W1 und des Zeugen W1 haben zwar deutlich gemacht, dass sie dem Kläger und seiner Arbeitsleistung distanziert und kritisch gegenüber stehen. Aber auch der Zeuge P2, in dessen Aussage sich eher eine kollegiale Verbundenheit zum Kläger ausdrückte, hat zu den täglichen Arbeitszeiten ausgesagt wie die übrigen Zeugen.
42Zutreffend hat es das Arbeitsgericht abgelehnt, von der Entgeltgruppe 10 auszugehen. Auch im Berufungsrechtszug hat der Kläger seine Tätigkeit nicht in einer Weise beschrieben, die die Feststellung erlaubte, dass er "Tätigkeiten in Leitungsfunktionen, soweit sie nicht Geschäftsführerfunktionen betreffen" oder "Tätigkeiten mit abteilungspolitischer Alleinverantwortung" verrichtet hat. Allenfalls kann die Entgeltgruppe 9 herangezogen werden.
43Nach den Bekundungen der Zeugen mag sogar vieles dafür sprechen, dass von einem niedrigeren Vergleichsentgelt als dem der Entgeltgruppe 9 auszugehen ist, weil die tägliche Arbeitsleistung des Klägers wenig verdichtet und für den geordneten Betriebsablauf von allenfalls untergeordneter Bedeutung war. So haben die Zeugen W1 ausgesagt, der Kläger habe häufig offenbar private Aufzeichnungen gefertigt, der Kläger habe eigentlich nichts erledigt ("Der Kläger ist meistens rumgelaufen und hat Notizen gemacht"). Der Zeuge P2 hat letztlich ebenfalls in diesem Sinne ausgesagt: – zwar zunächst: "Ja, es ist richtig, der Kläger hat das gemacht, was Meister nach meiner Erfahrung aus anderen Betrieben machen." – dann aber direkt anschließend: "Die Einteilung, wer welches Fahrzeug repariert, hat der Kläger nicht vorgenommen. Anders als in größeren Betrieben war es bei uns so, dass die Monteure selbst die Fehlersuche unternahmen. In größeren Betrieben ist es so, dass der Meister die Fehlersuche durchführt und dann den entsprechenden Arbeitsauftrag für einen Monteur in dessen Arbeitsfach legt. Gearbeitet wurde mal in der einen, mal in der anderen Halle. Man konnte von der einen Halle aus nicht sehen, was in der anderen Halle passierte. Richtig ist, dass die Tore zumeist geöffnet waren, aber um zu sehen, was in der Halle geschah, hätte man um die Ecke gucken müssen. Der Auszubildende hat zumeist gemeinsam mit mir gearbeitet. Wenn meine Arbeit für ihn nicht so interessant war, hat er mit Herrn W1 gearbeitet oder auch selbständig. Mit dem Kläger hat der Auszubildende nicht gearbeitet. …. Ich habe nicht mitbekommen, wofür der Kläger bei dem Beklagten angestellt war. Den konkreten Tätigkeitsbereich kenne ich nicht. Mir hat niemand gesagt, was seine Aufgaben seien. Repariert hat der Kläger nicht. Arbeitspläne hat der Kläger nicht erstellt. Kundengespräche hat der Kläger nicht geführt. Da ist ja das Problem mit der überwiegend englischen Kundschaft. Der Anteil der deutschen Kundschaft war verschwindend gering, weniger als 10 %." Ob die Entgeltgruppe 9 angesichts dessen überhaupt einen angemessenen Vergleichsmaßstabbietet, kann jedoch dahingestellt bleiben.
44Auch auf der Basis der Entgeltgruppe 9 ergibt sich kein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleitsung im Sinne der Rechtsprechung des BAG (1.000,00 € zu 1192,58 € für 15 Stunden / Woche Entgeltgruppe 9).
453. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts kann der Kläger auch für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 15.08.2008 eine Nachzahlung nicht beanspruchen. Auch für diesen Zeitraum hat sich ergeben, dass der Kläger deutlich weniger als die vertraglich jetzt ausgewiesenen 24 Stunden in der Woche gearbeitet hat.
46Die soeben abgehandelten Zeugenaussagen zur betrieblichen Arbeitsleistung des Klägers ergeben auch für diesen Zeitraum eine wöchentliche Arbeitsleistung von rund 15 Stunden (wie oben). Die Ausführungen für den Zeitraum bis zum 30.09.2007 treffen insoweit in gleicher Weise zu und führen auch hier zur Unbegründetheit der Klageforderung.
47Auch für den Zeitraum 01.10.2007 bis 15.08.2008 hat der Kläger eine nennenswerte vorbereitende oder nachbereitende Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsräume nicht substantiiert aufgezeigt.
48Allerdings hat der Kläger für den Zeitraum ab dem 01.10.2007 den zu diesem Zeitpunkt eingestellten Zeugen S1 zum Beweis einer umfangreicheren Arbeitsleistung benannt. Die Kammer hatte deshalb den Zeugen zu beiden Verhandlungsterminen als Zeugen für die von dem Kläger schriftsätzlich behaupteten Arbeitsumfang von 24 Stunden pro Woche geladen. Der Zeuge S1 ist indes zu beiden Verhandlungsterminen nicht erschienen. Gleichwohl war der Rechtsstreit dann in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2010 entscheidungsreif, nachdem der Kläger klar gestellt hatte, der Zeuge S1 könne und solle bestätigen, dass er (der Kläger) an drei Tagen in der Woche in aller Regel ab 8:00 Uhr im Betrieb gewesen sei und nicht vor 13:00 Uhr gegangen sei. Auch wenn man diese Behauptung als zutreffend unterstellt und aus der Darstellung zugunsten des Klägers eine Arbeitszeit von 16 Stunden in der Woche herleitet, ergibt sich kein sittenwidriges Missverhältnis (1.000,00 € zu 1.272,09 € für 16 Stunden / Woche bei Zugrundelegung der Entgeltgruppe 9).
494. Auch der Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass eine zusätzliche Zahlung von 250,00 € netto neben den schriftlich vereinbarten 1.000,00 € b brutto vereinbart worden ist. Die von dem Kläger für eine solche Vereinbarung benannte Zeugin W1 hat die dahingehende Behauptung des Klägers nicht bestätigt. sie hat vielmehr ausgesagt, der Kläger sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass mehr als die von der Handwerkskammer erfragten 1.000,00 € brutto nicht gezahlt werden könnten.
505. Als insgesamt unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs.1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht war nicht zuzulassen. Der Rechtstreit hat keine über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung (§ 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG). Die Kammer ist mit ihrem Urteil nicht von einer Entscheidung der in § 72 Abs.2 Nr.2 ArbGG genannten Gerichte abgewichen.