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Parallelverfahren zu 2 Sa 1372/03 und 2 Sa 1863/03
(ohne Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 InsO)
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsge-richts Iserlohn vom 20.11.2003 - 4 Ca 168/03 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
3Der am 13.14.15xx geborene Kläger war seit dem 02.09.1991 bei der in M2xxxx ansässigen Firma h2x M1xxxxxxxx GmbH als Rohrzieher in der Abteilung Rohrzug tätig, die zum Geschäftsbereich Halbzeug gehört. Über das Vermögen der genannten Firma wurde am 01.12.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser stellte den Kläger und insgesamt etwa 250 Arbeitnehmer aus dem Bereich Halbzeug von ihren Arbeitsleistungsverpflichtungen frei. Zuvor war der Beklagte ab 01.10.2002 vom Insolvenzgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit Beschluss vom 12.11.2002 erließ das Insolvenzgericht gegenüber der Insolvenzschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative InsO.
4Der Berieb der Insolvenzschuldnerin gliedert sich in die Geschäftsbereiche "S5xxxxxxx" und "Halbzeug". Innerhalb des Produktionsbereichs "S5xxxxxxx" sind die Abteilungen "Hydroform" und "Wärmetechnik" zu unterscheiden. Im Produktbereich Hydroform werden an Rohren aus Stahl, Edelstahl, Messing und Kupfer komplexe Umformungen mit Hilfe von Wasser-Innenhochdruck vorgenommen. Es handelt sich um Hightech-Endprodukte, die ohne weitere Bearbeitung u.a. von der Fahrzeugindustrie bezogen und eingebaut werden können. Im Bereich "Wärmetechnik" werden Rohre mit gewalzten oder gedrallten Rippen (Rippenrohre) in verschiedenen Ausführungen gefertigt.
5In dem Geschäftsbereich "Halbzeug" werden einfache Rohre als Halbfertigprodukte herge-stellt. Das dafür benötigte Rohmaterial wird entweder von den Kunden beigestellt und in sogenannten Metallkonten geführt oder auch angekauft und in den eigenen Bestand genommen. Der Betriebsbereich "Halbzeug" besteht aus der Gießerei, der Presse, KTS, Rohrzug, Glühe und Beize. In diesem Bereich waren etwa 330 Mitarbeiter tätig. In der Gießerei wurde das Rohmaterial eingeschmolzen. Die Rohre wurden entweder mit Hilfe von Rohrpressen gepresst oder gezogen. Bei den gefertigten Rohren handelt es sich um lowtech-Produkte, die von den Kunden weiterverarbeitet und daher als Halbzeug-Produkte bezeichnet werden. Beide Bereiche verfügen über eine unterschiedliche Maschinenausstattung und sind räumlich voneinander getrennt. Nach Auffassung des Beklagten handelt es sich daher auch wegen der unterschiedlichen Lieferanten und Kunden um zwei in sich geschlossene Teilbereiche.
6Am 19.12.2002 schloss der Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Darin heißt es, dass keine Möglichkeit bestehe, den Betrieb im Ganzen zu veräußern. Die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes sei bei den vorhandenen Strukturen nicht gegeben. Deshalb müsse der Bereich Halbzeug vollständig geschlossen werden. Aufzulösen sei auch der Overhead-Bereich. Einzig im Bereich der Betriebsabteilung S5xxxxxxx (Hydroform + Wärmetechnik) scheine eine begrenzte Auffanglösung möglich. Allerdings seien dort sofort umzusetzende strukturelle Maßnahmen unerlässlich, die den Abbau von Arbeitsplätzen erforderten, um das Weiterbestehen der Abteilung S5xxxxxxx zu sichern. Zur Vermeidung einer vollständigen Betriebsschließung sei eine Betriebsänderung notwendig, die darin bestehe, den Bereich Halbzeug mit 333 Arbeitnehmern zu schließen und den Betriebsteil S5xxxxxxx mit etwa 220 Arbeitsplätzen ab 01.01.2003 zu veräußern.
7Der Beklagte kündigte am 20.12.2002 die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer, die nach seiner Darstellung dem Betriebsteil Halbzeug zuzuordnen sind. Der Beklagte hat vor-getragen, die Insolvenzschuldnerin habe sich letztlich in zwei völlig unabhängig voneinan- der bestehenden Geschäftsbereichen betätigt. Als dritte organisatorische Einheit habe es den sogenannten "Overhead", also den Verwaltungsbereich gegeben, wobei eine direkte Zuordnung der Arbeitnehmer dieses Bereichs zu den Betriebsteilen Halbzeug und S5xxxxx teilweise nicht möglich gewesen sei. Eine Fortführung des Betriebes mit den vorhandenen Strukturen sei nicht möglich gewesen. Eine Investorengruppe sei bereit gewesen, unter der Bedingung der Verbesserung der betrieblichen Strukturen den Betriebsteil S5xxxxxxx zu ü-
8bernehmen und fortzuführen. Bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer sei zunächst eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Geschäftsbereichen vorgenommen worden. Es sei darauf abgestellt worden, in welcher Organisationseinheit der betreffende Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung eingegliedert gewesen sei. Danach habe es keine Auswechselungen mehr gegeben, sondern man habe die Verhältnisse des noch lebenden Betriebes der Insolvenzschuldnerin zugrunde gelegt. In einem zweiten Schritt sei für den Geschäftsbereich S5xxxxxxx ermittelt worden, welche Arbeitsplätze aufgrund der vorgenommenen Umstrukturierungen wegfielen. Bezüglich der noch besetzten und weitergeführten Tätigkeiten sei unter Berücksichtigung einer ausgewogenen Personalstruktur und einer reibungslosen Fortführung eine Vergleichbarkeit bei gleicher Ausbildung und gleichem Tätigkeitsbereich unter dem Gesichtspunkt einer sofortigen Substituierbarkeit festgelegt worden. Der Betriebsrat sei von Anfang an informiert und an den Entscheidungen beteiligt worden. Die abschließenden Verhandlungen und die Einigung über die endgültige Entlassungsliste hätten am 17.12.2003 stattgefunden. Am 19.12.2003 seien der Interessenausgleich und der Sozialplan von beiden Parteien unterzeichnet worden.
9In der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 heißt es unter § 2:
10"...
112. Der Betriebsrat ist unter Beachtung des § 102 BetrVG ordnungsgemäß zu den einzelnen Kündigungen und nach § 17 III KSchG ordnungsgemäß zur Massenentlassung angehört worden. Diese Betriebsvereinbarung ersetzt (ist) zugleich die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 77 III 2 KSchG. Der Betriebsrat stimmt den beabsichtigten Kündigungen zu.
123. Eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer ist entsprechend § 125 InsO dieser Vereinbarung beigefügt und Bestandteil derselben. Die Liste ist von beiden Vertragsparteien auf jeder Seite unterzeichnet."
13Der Beklagte hat dazu vorgetragen, in der angesprochenen Liste seien sämtliche gekündigten Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin, auch der Kläger, aufgeführt worden.
14Der Beklagte hat dem Arbeitsamt Iserlohn mit Schreiben vom 23.12.2002 unter Beifügung der Betriebsvereinbarung über den Interessenausgleich und Sozialplan die Massenentlassung gemäß § 17 KSchG angezeigt.
15Der Betriebsteil S5xxxxxxx wurde mit Wirkung ab 01.01.2003 an die S5xxxxxxx GmbH veräußert, die die Bereiche Hydroform- und Wärmetechnik mit 220 Mitarbeitern fortführt. Der Kaufvertrag wurde am 23.01.2003 unterschrieben.
16Mit der vorliegenden am 10.01.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet der Kläger sich gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten, welche dieser mit Schreiben vom 20.12.2002 zum 31.03.2003 ausgesprochen hat. Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig und rügt die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats.
17Der Beklagte rechtfertigt die Kündigung mit der Stilllegung des Betriebsteils Halbzeug. Weil die Möglichkeit, den Gesamtbetrieb zu veräußern, gescheitert sei, habe er sich entschlossen, die betriebliche Tätigkeit des Geschäftsbereichs Halbzeug und die Aktivitäten der Verwaltungsorganisation endgültig zu beenden. Bereits mit der Insolvenzeröffnung seien eine Teilstilllegung erfolgt und Arbeitnehmer in erheblichem Umfang freigestellt worden. Bei Ausspruch der Kündigung habe ein Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger nicht mehr bestanden, denn dessen Arbeitsplatz gehöre zum Geschäftsbereich Halbzeug. Da alle Arbeitnehmer dieses Bereichs entlassen worden seien, sei eine soziale Auswahl nicht in Betracht gekommen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils in erster Instanz Bezug genommen.
19Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 20.11.2003 antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 20.12.2002 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Interessenausgleich mit Namensliste ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Die Kündigung sei jedenfalls wegen grob fehlerhafter Sozialauswahl im Sinne des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO unwirksam. Der Beklagte habe nämlich den auswahlrelevanten Personenkreis in grober Weise verkannt. Die Sozialauswahl sei betriebsbezogen durchzuführen und nicht nur abteilungsbezogen. Die Insolvenzschuldnerin habe einen einheitlichen Betrieb mit verschiedenen Produktionsbereichen und einer übergeordneten Verwaltung unterhalten. Einen eigenständigen Betriebsstatus hätten die Betriebsteile Halbzeug und S5xxxxxxx jedoch nicht gehabt. Deshalb hätte der Beklagte eine sich über den gesamten Betrieb erstreckende soziale Auswahl durchführen müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
20Mit der dagegen eingelegten Berufung will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
21Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, in der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 über einen Interessenausgleich und Sozialplan sei festgelegt worden, dass sich eine Fortführungschance lediglich durch Veräußerung der Betriebsabteilung S5xxxxxxx ergäbe, die übrigen Betriebsabteilungen aber vollständig stillgelegt werden müssten. Der Betriebsvereinbarung sei eine separat unterzeichnete Namensliste beigefügt worden, die tabellarisch aufgelistet die Namen aller zu kündigenden Arbeitnehmer enthalte. Der Betriebsteil S5xxxxxxx werde ab 01.01.2003 von der h2x S5xxxxxxx GmbH unter eigener Regie fortgeführt. Anders als vom Arbeitsgericht angenommen sei die soziale Auswahl nicht grob fehlerhaft getroffen worden, denn aufgrund der abtrennbaren Betriebsteile sei nach Verhandlung und Absprache mit dem Betriebsrat die separate Behandlung der wirtschaftlichen Einheiten festgelegt worden. Im Hinblick auf die Veräußerung des Betriebsteils S5xxxxxxx habe sichergestellt werden müssen, dass der Käuferin ein reibungslos funktionierender Teilbetrieb mit einer eingespielten Belegschaft zur Verfügung gestellt werde. Bezogen auf den stillgelegten Betriebsteil Halbzeug sei eine soziale Auswahl nicht notwendig gewesen. Sämtliche mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin seien betriebsbedingt entlassen worden. Bei Ausspruch der Kündigung sei er fest entschlossen gewesen, den Bereich Halbzeug bis zum 31.03.2003 vollständig stillzulegen. Diese Vorgehensweise werde durch das Protokoll der Gläubigerversammlung belegt. Erst nachfolgend habe sich herausgestellt, dass die Restarbeiten nicht wie geplant bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hätten erledigt werden können. Im Nachhinein habe sich zudem herausgestellt, dass eine Verwertung des vorhandenen Metallmaterials durch Verkauf nur zu nicht vertretbaren Preisen möglich sei. Bei bestimmungsgemäßer Weiterverwertung der Rohstoffe und der halbfertigen Erzeugnisse mit anschließender Vermarktung habe sich eine verbesserte Verwertungsmöglichkeit und ein entsprechender Massezuwachs ergeben. Deshalb seien insgesamt 51 Mitarbeiter aus dem Bereich Halbzeug mit befristeten Arbeitsverträgen weiterbeschäftigt worden, um die notwendigen Arbeiten im Rahmen der Ausproduktion zu erledigen. Erst im April 2004 seien an ihn ernsthafte Angebote zur Übernahme eines personell deutlich gestrafften Betriebsteils Halbzeug mit eingeschränkter Produktion herangetragen worden.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
26Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen. Er trägt ergänzend vor, die Betriebsvereinbarung sei aufgrund eines falschen Sachverhalts zustande gekommen und könne daher die Vermutungswirkung des § 125 InsO nicht entfalten. Die Betriebsabteilung "Halbzeug" sei nicht geschlossen worden, denn es arbeiteten dort noch heute 50 bis 70 Mitarbeiter. Er bestreitet daher, dass bei Ausspruch der Kündigung eine vollständige Stilllegung dieses Bereichs beabsichtigt gewesen sei. Er bestreite, dass die von dem Beklagten genannte Namensliste schon bei Abschluss der Betriebsvereinbarung existiert und mit dem Interessenausgleich eine Einheit gebildet habe. Der Kläger bekräftigt seine Auffassung, dass er mit allen angelernten Arbeitnehmern sowohl aus dem Bereich Halbzeug als auch aus den Bereichen "Wärmetechnik" und "Hydroform" vergleichbar sei und der Beklagte daher eine umfassende soziale Auswahl hätte vornehmen müssen. Er bestreite, dass es sich bei den Bereichen Halbzeug und S5xxxxxxx jeweils um getrennte Abteilungen handele. Der Kläger meint, bis zum später vollzogenen Teilbetriebsübergang habe ein Gesamtbetrieb bestanden, so dass die soziale Auswahl bei Ausspruch der Kündigung abteilungsübergreifend hätte durchgeführt werden müssen. Schließlich habe der Beklagte von Anfang an nur eine Reduzierung der Abteilung Halbzeug geplant, nie aber deren vollständige Schließung.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen.
30I.
31Die Kündigung des Beklagten vom 20.12.2002 ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen wegen beabsichtigter Stilllegung der Betriebsabtei-lung Halbzeug des Betriebes der Insolvenzschuldnerin sozial gerechtfertigt. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam.
321. Es kann offen bleiben, ob die Betriebsbedingtheit der Kündigung gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zu vermuten ist. Der Kläger rügt auch in zweiter Instanz das Vorliegen eines formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Interessenausgleichs mit Namensliste. Er bezweifelt, dass die ihm übersandte Namensliste als Anlage der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 beigefügt war. Dazu heißt es im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wörtlich:
33"Am 19.12.2002 wurden die Betriebsvereinbarungen mit Interessenausgleich und Namensliste von dem Beklagten und dem Betriebsrat unterzeichnet."
34Danach haben die Parteien das Vorliegen eines unterzeichneten Interessenausgleichs mit Namensliste unstreitig gestellt, denn der Tatbestand des Urteils liefert gemäß § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat der Kläger nicht gestellt. Allerdings heißt es im Tatbestand bei der Darstellung des streitigen Vorbringens, dass der Kläger das ordnungsgemäße Zustandekommen des Interessenausgleichs mit Namensliste bestreite, weil aus den überreichten Unterlagen nicht eindeutig hervorgehe, dass die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs worden sei. In seinen Entscheidungsgründen hat es das Arbeitsgericht ausdrücklich offen gelassen, ob der Interessenausgleich mit Namensliste ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Die Beweiskraft des Tatbestands entfällt, wenn dieser in sich widersprüchlich ist (BGH NJW 1999, 1339 und NJW 1993, 2530, 2531). Die Darstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils kann daher nur so verstanden werden, dass am 19.12.2002 die Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit einer Namensliste unterschrieben worden ist, die nicht notwendigerweise mit derjenigen Liste identisch sein muss, die dem Kläger übersandt worden ist.
35Allerdings bestehen für das Berufungsgericht keine vernünftigen Zweifel, dass es sich bei der übersandten und paraphierten Namensliste um diejenige handelt, auf die § 2 Nr. 3 der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 Bezug nimmt. Aus den zahlreichen Parallelverfahren ist der Kammer bekannt, dass eine zweite abweichende Liste nicht existiert. In der nachfol-genden Betriebsvereinbarung vom 04.11.2003 ist als Anlage die von den Betriebsparteien paraphierte Entlassungsliste unter Bezugnahme auf die ausgesprochenen Kündigungen erneut beigefügt worden.
362. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfor-dernissen wegen beabsichtigter Stilllegung des verbliebenen Restbetriebes "Halbzeug" so-zial gerechtfertigt.
37a) Der Beklagte war nicht gehalten, die Kündigung erst nach endgültiger Stilllegung der Betriebsabteilung Halbzeug auszusprechen. Seine Kündigung ist vielmehr bereits deshalb gerechtfertigt, weil er den Entschluss gefasst hatte, die Betriebsabteilung Halbzeug zum 31.03.2003 stillzulegen und bis dahin nur noch eine befristete Ausproduktion mit 51 Arbeitnehmern stattfinden zu lassen. Eine Kündigung kann wie vorliegend auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt werden, wenn sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung konkret und greifbar abzeichnet, dass zum Zeitpunkt des Kündigungstermins mit einiger Sicherheit kein Beschäftigungsbedarf mehr vorhanden ist und deshalb ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund gegeben ist (BAG, Urteil vom 10.10.1996 - 2 AZR 477/95 -, ZIP 1997, 122 m.w.N.; BAG, Urteil vom 22.05.1997 - 8 AZR 101/96 - AP Nr. 154 zu § 613 a BGB; ErfK-Ascheid, 4. Aufl., § 1 KSchG Rdn. 412, 413). Von einer beabsichtigten Stilllegung ist auszugehen, wenn der Insolvenzverwalter wie vorliegend geschehen seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich nicht nur gegenüber den Beschäftigten, sondern auch gegenüber dem Insolvenzgericht äußert, die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer der Betriebsabteilung kündigt und gegenüber dem Arbeitsamt die Entlassung aller Arbeitnehmer mit der Begründung "Stilllegung des Betriebsteils Halbzeug" anzeigt (vgl. dazu BAG, Urteil vom 16.05.2002, 8 AZR 319/01 DB 2002, 2572; LAG Hamm, Urteil vom 12.02.2003, 2 Sa 1403/02).
38b) Die Verbindlichkeit der Stilllegungsabsicht findet ihren Ausdruck darin, dass in Präambel der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 und in § 2 Nr. 1 die vollständige Schließung des Bereichs Halbzeug festgelegt worden ist. Der Beklagte hat diese Absicht auch tatsächlich umgesetzt, denn er hat bereits ab 01.12.2002 einen Großteil der Arbeitnehmer freigestellt. Schließlich heißt es in der nachfolgenden Betriebsvereinbarung vom 04.11.2003, dass aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens, nicht gegebene Wirtschaftlichkeit und fehlender finanzieller Mittel eine vollständige Schließung der verbleibenden Betriebsabteilungen beabsichtigt sei. Spätestens ab dem 01.04.2003 würden dort keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt. Zur Zeit laufe in der Abteilung Halbzeug nur noch eine mit erheblich reduziertem Personalstand ausgeführte Auslaufproduktion (§ 2 der BV vom 04.11.2003).
39c) Die nachfolgende Entwicklung rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Beklagte von vornherein keine Stilllegung des Betriebsteils Halbzeug beabsichtigte, sondern nur die Ein-schränkung der Produktion. Maßgebend für die prognostizierte Stilllegung sind die Verhält-nisse bei Ausspruch der Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Übernahmeinteres-senten für den Bereich Halbzeug. Ein Grundkonzept zur Fortführung des Halbzeugbereichs durch die M3x M4xxxxxx P1xxxxxxxx GmbH ist erst viel später Ende des Jahres 2003 entwickelt worden. Nach Darstellung des Beklagten wurden ernsthafte Angebote zur Übernahme eines deutlich gestrafften Betriebsteils Halbzeug sogar erst ab April 2004 an ihn herangetragen.
40Die Stilllegungsabsicht des Beklagten wird durch das Protokoll der Gläubigerversammlung vom 10.02.2003 bestätigt. Die Gläubigerversammlung hat nämlich nach dem Bericht des Beklagten über die wirtschaftliche Lage der Insolvenzschuldnerin gemäß § 157 InsO beschlossen, die Produktionssparte Halbzeug unter der Bedingung einer wirtschaftlich verlustfreien Ausproduktion fortzuführen und spätestens bis Ende März 2003 endgültig stillzulegen, sofern bis zum 15.03.2003 kein konkretes Kaufangebot einer Erwerbergruppe vorliege. Der Abschluss des Kaufvertrages über das Teilgrundstück des Betriebsteils S5xxxxxxx nebst Anlagevermögen und dem diesem Geschäftsbereich zuzurechnenden gesamten Warenlager wurde genehmigt.
41Schließlich hat der Beklagte nachvollziehbare Gründe dargelegt, warum der verbliebene Restbetrieb Halbzeug aufgrund neuer Erkenntnisse im ersten Quartal 2003 nicht wie geplant zum 31.03.2003 geschlossen worden ist. Jedenfalls ist die bisherige Produktion des Bereichs Halbzeug eingestellt und in eine Auslaufproduktion übergeleitet worden mit dem Ziel, die vorhandenen Rohbestände bestmöglich zu verwerten.
42Die Ernsthaftigkeit seiner Stilllegungsabsicht kann nicht mit Erfolg damit in Frage gestellt werden, dass es auch nach Ausspruch der Kündigung Übernahmeinteressenten gegeben hat, mit denen der Beklagte Gespräche geführt hat. Die Stilllegungsabsicht beruht auf einer Prognose, welche das Risiko einer neuen tatsächlichen Entwicklung einschließt. Im Interesse aller Gläubiger muss der Insolvenzverwalter verhandlungsbereit sein, den Betrieb oder Betriebsteile zu veräußern, falls sich dafür doch noch die Möglichkeit eröffnet. Sein bloßer Vorbehalt, eine etwaige sich in der Folgezeit ergebende Chance zur Betriebsveräußerung zu nutzen, steht der Annahme einer endgültigen Stillegungsabsicht im Kündigungszeitpunkt nicht entgegen (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 07.03.1996 - 2 AZR 298/95 RzK I 5 f Nr. 22).
43II.
44Anders als vom Arbeitsgericht angenommen ist die von dem Beklagten getroffene soziale Auswahl nicht fehlerhaft im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG.
451. Ist eine Kündigung an sich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen wegen weggefallener Beschäftigungsmöglichkeit geboten, ist sie gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG a.F. trotzdem sozialwidrig, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Arbeitnehmer des Geschäftsbereichs S5xxxxxxx sind in die zu treffende soziale Auswahl nicht einzubeziehen, weil sie einem selbständigen Betriebsteil im Sinne von § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB angehören, der mit Wirkung vom 01.01.2003 an einen neuen Rechtsträger, die h2x S5xxxxxxx GmbH, veräußert worden ist. Wird wie vorliegend aufgrund einer einheitlichen Entscheidung ein Betriebsteil, nämlich der Geschäftsbereich Halbzeug, stillgelegt und ein anderer Betriebsteil, nämlich der Geschäftsbereich S5xxxxxxx mit den Abteilungen Wärmetechnik und Rippenrohrfertigung, veräußert, beschränkt sich die soziale Auswahl im stillgelegten Betriebsteil auf die dort beschäftigten Arbeitnehmer (LAG Hamburg, Urteil vom 27.03.2003 - 2 Sa 109/02 - ZinSO 2004, 56; APS-Steffan 2. Aufl., § 613 a BGB Rdn. 194).
46a) Die Arbeitnehmer des Geschäftsbereichs S5xxxxxxx sind in die soziale Auswahl nicht einzubeziehen, weil sie nicht mehr zum Betrieb der Insolvenzschuldnerin gehören. Wie auch das Arbeitsgericht angenommen hat, ist die durchzuführende soziale Auswahl betriebsbezogen durchzuführen (BAG, Urteil vom 22.05.1986 AP Nr. 4, § 1 KSchG 1969 Konzern; BAG, Urteil vom 26.02.1987 - 2 AZR 177/86 - NZA 1987, 775 zu B III 1 der Gründe; ErfK-Ascheid, 4. Aufl., § 1 KSchG Rdn. 479; KR-Etzel, 6. Aufl., § 1 KSchG Rdn. 608 ff). Es ist daher nicht zulässig, die Auswahl der zu entlassenden Mitarbeiter auf einen Betriebsteil oder eine Betriebsabteilung zu beschränken (vgl. BAG, Urteil vom 17.01.2002, - 2 AZR 15/01 - EzA KSchG, § 1 Soziale Auswahl Nr. 47. Diesen Grundsatz hat der Beklagte nicht verletzt, denn der Betriebsteil S5xxxxxxx ist mit den darin eingegliederten Arbeitnehmern gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen neuen Rechtsträger, die h2x S5xxxxxxx GmbH, übergegangen. Diese Arbeitnehmer gehörten nicht mehr zum Restbetrieb der Insolvenzschuldnerin.
47b) Die Geschäftsbereiche Halbzeug und S5xxxxxxx des Unternehmens der Insolvenzschuld-nerin bildeten eigenständige abtrennbare Betriebsteile. Der Begriff "Betriebsteil" gemäß
48§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht betriebsverfassungsrechtlich zu verstehen (vgl. § 4 BetrVG). Der Betriebsteil im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB wird definiert als wirtschaftliche Teileinheit, in der innerhalb des betrieblichen Gesamtzweckes ein Teilzweck erfüllt wird. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Deshalb müssen im Teilbetrieb nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAG vom 26.08.1999, 8 AZR 718/98, NZA 2144 und vom 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 -, NZA 2003, 315). Allerdings muss der Betriebsteil im Sinne einer identitätswahrenden wirtschaftlichen Einheit von einem neuen Rechtsträger, dem Erwerber, fortgeführt werden. Der Übergang eines Betriebsteils steht für diejenigen Arbeitnehmer, die ihm angehören, dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt.
49c) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn die Geschäftsbereiche Halbzeug und S5xxxxxxx bildeten aufgrund ihrer räumlichen Trennung, ihrer unterschiedlichen Produktion und Arbeitsorganisation, ihrer unterschiedlichen Maschinenausstattung sowie der getrennten personellen Leitung jeweils abtrennbare organisatorische Teileinheiten des Gesamtbetriebes der Insolvenzschuldnerin. Es kommt nicht darauf an, ob die beiden Geschäftsbereiche bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens innerbetrieblich jeweils als selbständige Betriebsteile angesehen und behandelt worden sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob es objektiv bereits im Betrieb der Insolvenzschuldnerin selbständige Bereiche gegeben hat, die - wenn man es gewollt hätte - aufgrund ihrer räumlichen und technischen Selbständigkeit abtrennbar gewesen wären. Der Kläger trägt selbst vor, dass es unterschiedliche Abteilungen gab. Der Beklagte hat konkret vorgetragen, dass die Geschäftsbereiche Halbzeug und S5xxxxxxx räumlich, technisch, organisatorisch und personell abgrenzbare Einheiten bilden, die im Unternehmen der Insolvenzschuldnerin in dieser Struktur bereits bestanden. Im Hinblick auf den bevorstehenden Betriebsteilübergang ist die objektiv mögliche Trennung durchgeführt und vollzogen worden. Bezeichnenderweise konnte das Anlagevermögen des Geschäftsbereichs S5xxxxxxx von dem Anlagevermögen des Geschäftsbereichs Halbzeug abgegrenzt werden und Gegenstand des mit der Firma h2x S5xxxxxxx GmbH geschlossenen Kaufvertrages sein.
50d) Dass die Betriebsteile nicht erst anlässlich der Veräußerung des Geschäftsbereichs S5xx-xxxxx an die h2x S5xxxxxx GmbH gebildet worden sind, ergibt sich auch aus der eingereich-ten Flurkarte, welche die räumliche Trennung der beiden Bereiche auf dem Betriebsgrund-stück dokumentiert. Bereits diese räumliche Trennung spricht für die Eigenständigkeit der
51beiden Betriebsbereiche. Schließlich hat der Beklagte vorgetragen, dass die Maschinen-ausstattung und -nutzung und die produktionstechnischen Arbeitsabläufe nicht jeweils mit dem anderen Bereich verknüpft waren, ohne dass der Kläger dem qualifiziert entgegengetreten ist. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass in den Verhandlungen mit dem Betriebsrat die Möglichkeit einer jeweils seperaten Regelung für die beiden Geschäftsbereiche und damit ihre Trennbarkeit vorausgesetzt worden ist. Ob ein genereller Austausch von Personal stattgefunden hat, kann offen bleiben. Die Personalplanung oblag dem jeweiligen Betriebsleiter und es gab jeweils eigenständige Schicht- und Arbeitspläne. Plausibel und nachvollziehbar ist das Argument des Beklagten, im Hinblick auf die Veräußerung des Bereichs S5xxxxxxx hätte sichergestellt werden müssen, der Käuferin einen reibungslos funktionierenden Teilbetrieb zur Verfügung zu stellen, der über eine eingespielte Belegschaft verfüge und keinen Unwägbarkeiten in Bezug auf kurzfristig zu bewerkstelligende Austauschmaßnahmen ausgesetzt sei. Die vorhandenen Strukturen ließen eine Trennung der beiden Bereiche zu. Deshalb konnten in dem Kaufvertrag das Teilbetriebsgrundstück, die Maschinenausstattung, die Warenvorräte und das dem Bereich S5xxxxxxx zuzuordnende Zubehör genau bezeichnet werden. Es handelt sich dabei nicht um die Veräußerung einzelner Betriebsmittel oder einer Summe von Wirtschaftsgütern, die erst innerhalb einer neu geschaffenen wirtschaftlichen Einheit zusammengeführt worden sind (vgl. dazu BAG, Urteil vom 22.05.1985 - 5 AZR 30/84 - NZA 1985, 775). Dies erlaubt zusammengefasst die Schlussfolgerung, dass die Geschäftsbereiche "Halbzeug" und "S5xxxxxxx" selbständige Betriebsteile waren, die nicht erst anlässlich der Betriebsänderung gebildet worden sind, sondern bereits im Unternehmen der Insolvenzschuldnerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Qualität eines Betriebsteils hatten (BAG, Urteil vom 24.04.1997 - 8 AZR 848/94 -, NZA 1998, 253; BAG, Urteil vom 11.09.1997 - 8 AZR 555/95 -, NZA 1998, 31; BAG, Urteil vom 26.08.1999 -8 AZR 718/98 -, NZA 2000, 144 und BAG vom 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 - NZA 2003, 315).
522. Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist es zulässig, die Übernahme einer wirtschaftlichen Einheit auf einen Betriebsteil zu beschränken. Es muss nicht der gesamte Betrieb über-nommen werden, sondern der Betriebsübergang kann sich auf bestimmte Betriebsteile be-schränken und dabei andere Betriebsteile ausnehmen. Es kommt nicht darauf an, ob der verbleibende Restbetrieb fortgesetzt werden könnte oder noch lebensfähig ist. Der Be-triebsübergang folgt aus der Wahrung der Identität des Betriebes beim Erwerber und nicht aus dem Untergang der früheren Identität des Gesamtbetriebs (BAG, Urteil vom 08.08.2002 - 8 AZR 583/01-, NZA 2003, 315 unter II 2. a der Gründe m.w.N.). Der Schutzzweck des § 613 BGB wird dadurch gerade nicht verletzt (BAG, Urteil vom 18.04.2002 - 8 AZR 346/01 -
53NZA 2002, 1207 unter I 1. b der Gründe). Es widerspricht auch nicht dem Schutzzweck des § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB, abtrennbare Bereiche (Hydroform und Rippenrohrfertigung) zusammenzuführen und diese neu geschaffene Einheit als einen zusammengefassten selbständigen Betriebsteil zu veräußern.
54a) Die Firma h2x S5xxxxxxx GmbH hat mit Wirkung vom 01.01.2003 die wesentlichen Betriebsmittel des Betriebsteils S5xxxxxxx übernommen. Sie stellt an gleicher Stelle, in denselben Räumlichkeiten und mit denselben Maschinen diejenigen Produkte her, die auch schon im Betrieb der Insolvenzschuldnerin im Geschäftsbereich S5xxxxxxx produziert worden sind. Die h2x S5xxxxxxx GmbH beschäftigt darüber hinaus den größten Teil der Arbeitnehmer, nämlich 220, weiter. Die Betriebs- und Arbeitsabläufe sind nicht anders organisiert als vormals im Gesamtbetrieb der Insolvenzschuldnerin. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die h2x S5xxxxxxx GmbH den Betriebsteil S5xxxxxxx übernommen hat und ihn identitätswahrend fortführt.
55b) Von einem Betriebsteilübergang werden nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer erfasst, die den betreffenden Betriebsteil zugeordnet sind. Wird nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil oder ein eigenständiger Bereich übernommen, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des BAG entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer dem übertragenden Betriebsteil angehört. Nur dann geht sein Arbeitsverhältnis auf den neuen Rechtsträger über (BAG, Urteil vom 25.09.2003 - 8 AZR 446/02, DZWIR 2004, 114 mit Anmerkung Bichlmeier; BAG, Urteil vom 13.02.2003 - 8 AZR 102/02 - DB 2003, 1740 und vom 13.11.1997 - 8 AZR 375/96 - NZA 1998, 249). Dies bedeutet, dass es sich um einen Stammarbeitsplatz in dem übernommenen Betriebsteil handeln muss. Es reicht nicht aus, wenn Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz in einem anderen Bereich angesiedelt ist, Tätigkeiten für den übertragenen Betriebsteil ausgeübt haben. In diesem Sinne war der Arbeitsplatz des Klägers dem stillgelegten Betriebsteil Halbzeug zugeordnet, denn er war in die Abteilung Rohrwerk, die zum Geschäftsbereich Halbzeug gehört, als Rohrzieher tätig Die Zuordnung der Arbeitsplätze erfolgte nach den vorhandenen Verhältnissen.
563. War der Arbeitsplatz des Klägers nicht dem von einem neuen Rechtsträger weitergeführ-ten Betriebsteil S5xxxxxxx zuzuordnen, wird sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a Abs. 1 Satz1 BGB nicht von dem gesetzlich angeordneten Übergang erfasst. Nur die dem Be-triebsteil S5xxxxxxx zugeordneten Arbeitsverhältnisse sind auf die h2x S5xxxxxxx GmbH ü-bergegangen. Daraus folgt zugleich, dass nur die Arbeitsplätze des stillgelegten Restbe-triebes Halbzeug in die soziale Auswahl einzubeziehen sind. Da alle Arbeitsverhältnisse
57dieses Bereichs gekündigt worden sind und der Beklagte gerade keine Differenzierung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern vorgenommen hat, stellt sich das Problem der richtigen sozialen Auswahl nicht (BAG, Urteil vom 18.01.2001 - 2 AZR 514/99 - NZA 2001, 719).
58a) Diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsteilerwerberin über-gegangen sind, können in die soziale Auswahl nicht einbezogen werden. Sie sind nämlich bei einem neuen Rechtsträger angesiedelt, zu dem die dem Betriebsteil Halbzeug angehö-
59renden Arbeitnehmer keine arbeitsvertraglichen Beziehungen haben (APS-Steffan, § 613 a BGB Rdn. 194; ErfK/Ascheid, 4. Aufl., § 1 KSchG Rdn. 477; Moll/Steinbach MDR 1997, 711, 713). Es darf nicht formal auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abgestellt werden, sondern auf den Ablauf der Kündigungsfrist. Es macht keinen Unterschied, ob die Kündigungen der Arbeitsverhältnisse der in den Betriebsteil "Halbzeug" eingegliederten Arbeitnehmer schon vor einem unmittelbar bevorstehenden Übergang des Betriebsteils S5xxxxxxx ausgesprochen werden oder erst danach. Vorliegend stand aufgrund der Be-triebsvereinbarung vom 19.12.2002 mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Betriebsteil S5xxxxxxx von einem neuen Rechtsträger weitergeführt wird und die davon erfassten Ar-beitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen. Auch bei einer Kündigung zur vorwegge-nommenen Verwirklichung des Erwerberkonzepts steht fest, dass die Arbeitsverhältnisse des übergehenden Teilbetriebes nicht mehr zur Disposition des Veräußerers stehen (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB, Rdn. 194; dazu auch BAG, Urteil vom 20.03.2003 - 8 AZR 97/02 - NZA 2003, 1027 zur Kündigung des Betriebsveräußerers nach einem Erwerber-konzept). Kündigungsschutzrechtlich macht es keinen Unterschied, ob die Kündigungen des stillgelegten Restbetriebes Halbzeug erst nach Ausgliederung des Betriebsteils "S5xxx- xxxx" ausgesprochen werden oder schon vorher. Im Rahmen der anzustellenden Sozial-auswahl geht es um den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb des kündigenden Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 05.05.1994 - 2 AZR 917/93 - AP Nr. 23 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Kommt es für das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG auf den Wegfall der Beschäftigungsbedürfnisse bei Ablauf der Kündigungsfrist an, kann für die soziale Auswahl nichts anderes gelten. Deshalb sind beispielsweise Arbeitnehmer, bei denen bereits im Kündigungszeitpunkt feststeht, dass sie ohnehin ausscheiden, nicht mehr in die soziale Auswahl einzubeziehen. Nichts anderes kann gelten, wenn bereits bei Ausspruch der Kündigung, wie im vorliegenden Fall aufgrund eines Sanierungskonzepts absehbar ist, dass bestimmte Arbeitnehmer, nämlich diejenigen, deren Arbeitsverhältnis im Wege eines Betreibsteilübergangs auf einen Erwerber überge- hen, bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr dem Betrieb angehören. Die Austauschbar-
60keit entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis zum kündigenden Arbeitgeber erloschen ist. Gehört der abgetrennte Bereich S5xxxxxxx nicht mehr zu dem Betrieb, auf den sich die soziale Auswahl im Normalfall bezieht, kann eine nach den Vorstellungen des Klägers weitergehende soziale Auswahl nicht mehr stattfinden. Eine betriebsübergreifende oder gar unternehmensübergreifende soziale Auswahl ist gesetzlich nicht vorgesehen. Spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist gab es zwei selbständige Betriebe mit unterschiedlichen Rechtsträgern. Arbeitgeber des Restbetriebes der ehemaligen Firma h2x M6xxxxxxxxxx GmbH war der Beklagte als Insolvenzverwalter; Arbeitgeberin des selbständigen Betriebes "S5xxxxxxx" die h2x S5xxxxxxx GmbH. Daher war keine betriebsübergreifende, sondern nur eine betriebsbezogen auf den verbleibenden Restbetrieb der Insolvenzschuldnerin vorzunehmende soziale Auswahl durchzuführen.
61III.
62Der Kläger rügt zu Unrecht die nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG. Der Beklagte hat das Anhörungsverfahren dargelegt und auf § 2 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung vom 19.12.2002 Bezug genommen. Der Betriebsrat kann bei Abschluss des Interessenausgleichs zugleich zum Ausspruch der beabsichtigten Kündigung angehört werden und eine abschließende Stellungnahme dazu abgeben (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 20.05.1999 - 2 AZR 532/98, NZA 1999, 1101, 1102; Bertram, Die Kündigung durch den Insolvenzverwalter, NZI 2001, 625, 628, 629). Der Kläger ist dem in der Berufungsinstanz nicht qualifiziert entgegentreten. Sein pauschales Bestreiten genügt nicht den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO mit der Folge, dass die Darlegungen des Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind (BAG, Urteil vom 20.01.2000 - 2 AZR 378/99 - DB 2000, 1079 sowie BAG, Urteil vom 16.03.2000 - 2 AZR 75/99 - AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972).
63IV.
64Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
65Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, weil der Rechtssache gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist. Die Entscheidung weicht nicht von der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Sie folgt aus der Rechtsprechung des BAG zum Betriebsteilübergang und der Zuordnung der daran teilnehmenden Arbeitsverhältnisse.
Bertram | Falz | Rüffer |
/Bu
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