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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 36.895,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.481,51 € seit dem 17.11.2012 und aus 26.414,29 € seit dem 05.04.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 36.895,80 €.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Vergütung für Tätigkeiten des Klägers aufgrund einer Ermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung.
3Zwischen den Parteien bestand vom 01.02.2012 bis 30.09.2012 ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 24.11.2011 mit folgendem Wortlaut (auszugsweise):
4„Arbeitsvertrag
5Zwischen der MJ GmbH, (Dienstgeber) vertreten durch die Geschäftsführer Dr. med. A1 E1 und U1 S1
6und Herrn Dr. med. JR, (Mitarbeiter)
7geboren ….
8Caritas ist eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche. Der obengenannte Rechtsträger ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. Die Mitarbeiter haben den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und in Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten. Der Treue des Mitarbeiters muss von Seiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen. Auf dieser Grundlage wird der Dienstvertrag geschlossen:
9§ 1
10Der Mitarbeiter wird ab 01.02.2012 als ärztlicher Leiter für … eingestellt. Beschäftigungsorte sind alle Orte, in denen sich Einrichtungen der christlichen Krankenhaus-Träger Gesellschaft C1 befinden.
11…
12§ 2
13Für das Dienstverhältnis gelten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Dem Mitarbeiter ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben.
14§ 3
15Der Dienstvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
16Die Zeit bis zum 31.07.2012 gilt als Probezeit.
17§ 4
181) Der Mitarbeiter ist vollzeitbeschäftigt nach § 3 Abs. 1 der Anlage 30 zu den AVR.
192) Er ist in Anwendung von §§ 11 und 12 der Anlage 30 zu den AVR in Entgeltgruppe IV eingruppiert. Die Zusammensetzung des Entgelts und dessen Fälligkeit ergeben sich aus den AVR.
20…
21§ 10
22Folgende zusätzliche Vereinbarungen (§ 7 Abs. 2 AT AVR) werden getroffen:
23Der Mitarbeiter ist von der Verpflichtung an Bereitschafts- und Rufdiensten teilzunehmen entbunden.
24Der Mitarbeiter erhält ab dem 01.02.2012 eine dynamisierende monatliche nicht zusatzversorgungspflichtigte außertarifliche Zulage in Höhe von 6.068,23 €.
25Der Dienstvertrag wird unter Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrats der C1 GmbH geschlossen.
26Anlage: siehe Vereinbarung
27§ 11
28Weitere Vereinbarungen bestehen nicht. Spätere Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform unter Bezugnahme auf diesen Vertrag.
29G1, 24.11.2011"
30Vor Unterzeichnung des o.g. Arbeitsvertrages schrieb der Geschäftsführer der Beklagten eine Email am 8.9.2011 an den Kläger mit folgendem Wortlaut:
31„Sehr geehrter Herr JR,
32leider bin ich bisher nicht dazu gekommen, ein Protokoll unseres Gesprächs in G1 zu fertigen.
33Wir haben das Ergebnis des Gesprächs aber zwischenzeitlich auf der Ebene der Geschäftsführung / Unternehmensleitung besprochen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir zu den in der Mail von Herrn S2 vom 13.07. genannten Rahmenbedingungen gern mit Ihnen zusammenarbeitend und mit Ihnen die Entwicklung der Hämatologie / Onkologie und Palliativmedizin in unserem Verbund vorantreiben wollen.
34Abweichend zum Inhalt der Mail hatten Sie als erstmöglichen Einstiegstermin den 01.02.2012 genannt. Dies wäre von unserer Seite in Ordnung.
35Ihre Gehaltsvorstellung von 160.000,00 € / a wird von uns akzeptiert. Über die Ausgestaltung, auch der von Herrn S2 in Aussicht gestellten leistungsabhängigen Komponente, müssen wir sicherlich noch im Detail sprechen. Auch über die Form einer möglichen ambulanten Tätigkeit können wir noch keine abschließende Aussage treffen, weil, wie Sie wissen, hier einige Dinge noch im Fluss sind.
36Wenn Sie mit den oben skizzierten grundsätzlichen Rahmenbedingungen einverstanden sind, bitte ich Sie um eine kurze Rückmeldung. Als nächsten Schritt schlage ich dann vor, dass wir uns nochmal mit Herrn S2 verabreden und die Details ihres Vertrags besprechen.
37…"
38Bei Abschluss des Arbeitsvertrages war unstreitig noch nicht geklärt in welcher Form und in welchem Umfang der Kläger neben den Dienstaufgaben weitere ambulante Tätigkeiten erbringen sollte und aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung (im Folgenden: KV) erbringen dürfte.
39Auf den Antrag vom 2.02.2012 erhielt der Kläger mit Zustimmung der Beklagten durch den zuständigen Zulassungsausschuss der KV gemäß § 111 SGB V i.V.m. § 31 a Ärzte-ZV eine Ermächtigung zur Durchführung ambulanter onkologischer Therapie bei Brustkrebs.
40Mit Email vom 8.03.2012 schrieb der Kläger an die Beklagte:
41„Sehr geehrter Herr Dr. E1, sehr geehrter Herr H1,
42ich darf Ihnen mitteilen, dass ich erfreulicherweise die Ermächtigung für die Gyn. Onkologie zugesprochen bekommen habe (telefonische Auskunft Fr. S3 von heute). Die BSNR zu der Ermächtigung lautet: 34 45 56 123, die LANR: 67 78 89 234. Der Zuspruch erfolgt als Sicherstellungsermächtigung und gilt bis 30.06.12. Über die Verlängerung wird im Rahmen der Bedarfsprüfung von der KVWL entschieden. Hierzu muss unsererseits nichts weiter unternommen werden.
43Wie ich bereits mit Herrn H1 telefonisch besprochen habe, würde ich dann gerne mit Ihnen eine Vertragsnebenabrede entwerfen, in der die Erlöse aus dieser Ermächtigung der Klinik zufließen. Im gleichen Dokument würde ich gerne das Procedere für den Fall eines KV-Regresses festlegen.
44Als offene Frage bleibt noch, über welches Sekretariat die Abrechnung erfolgen soll und wie wir mit der Frage des Privat-Liquidationsrechtes umgehen sollen. Auch hierzu erneut mein klares Bekenntnis, dass die Privatliquidation an die Klinik abgeführt werden soll."
45Nach Erteilung einer weiteren Ermächtigung schrieb der Kläger am 09.05.2012 an die Beklagte:
46„Sehr geehrter Herr Dr. E1,
47ich habe von der KV im Rahmen der Qualitätssicherung „Onkologievereinbarung" (Bundesmantelvertrag) die Erlaubnis erteilt bekommen, die onkologischen Symbolnummern ab dem 23.04.2012 abzurechnen. Dies erhöht die Erlöse pro Fall und Quartal um knapp 200 Euro, folglich bei voller Scheinauslastung knapp 40.000 Euro pro Jahr für die C1. Dies ist hoffentlich im Sinne der Erlössteigerung und erfordert zunächst keinen Mehraufwand. Die Erlaubnis gilt zunächst für zwei Jahre pauschal.
48…"
49In der Folgezeit schrieb der Kläger mit undatiertem Schreiben an die Beklagte:
50„ Sehr geehrter Herr E1,
51ich habe von der KV zusätzlich die Erlaubnis bekommen, die beigefügten Symbolnummern (Bundesmantelvertrag, Onkologievereinbarung) abzurechnen. Dies erhöht die Erlöse bei voller Auslastung des Scheinvolumens meiner Ermächtigung nochmals um knapp 10.000 Euro pro Quartal (Euro-Aufschlüsselung anbei).
52Ich hoffe, dies ist im Sinne der Erlössteigerung und denke, insgesamt ist mein Jahresgehalt über die Ermächtigung und die Chemotherapie-Erlöse damit kompensiert.
53Eine schriftliche Vereinbarung zur Berechnung der anteiligen Krankenhauskosten im Sinne des § 120 Abs. 1 S. 3 SGB V schlossen die Parteien nicht.
54Mit Abrechnungsbescheid vom 17.10.2012, gerichtet an den Kläger, wurden der Beklagten von der KV Westfalen-Lippe für das Quartal II/12 ein Honorar in Höhe von 20.963,02 € zugewiesen. Mit weiterem Abrechnungsbescheid vom 17.01.2013 wies die KV Westfalen-Lippe für das Quartal III/12 dem Kläger ein Honorar in Höhe von 22.443,80 € zu. Das oben genannte Honorar wurde auf das Konto der Beklagten überwiesen.
55Der Kläger machte im Folgenden zunächst eine Weiterleitung von 50 % des überwiesenen Honorars geltend, da er von einem Kostenanteil von 50 % ausging. Im Laufe des diesem Verfahren vorgeschalteten Schlichtungsverfahrens erfuhr der Kläger, dass ein weiterer im Rahmen der Onkologie ermächtigter Arzt lediglich einen Kostenanteil von 15 % an die Beklagte abführt.
56Der Kläger ist der Auffassung, er habe einen Anspruch auf Auszahlung von 85% des Honorars, da eine von § 120 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Vereinbarung nicht getroffen worden sei und er demnach Anspruchsinhaber sei.
57Es habe keine mündliche Vereinbarung gegeben, wonach das Schriftformerfordernis des § 11 des Arbeitsvertrages abbedungen worden sei. Im Gegenteil habe der Kläger ausweislich der email vom 08.03.2012 auf eine schriftliche Fixierung in Form einer Nebenabrede bestanden. Darüber hinaus folge auch aus § 7 Abs. 2 Satz 1 AVR ein Schriftformerfordernis.
58Es habe auch nicht von Anfang an Einigkeit darüber bestanden, dass die vom Kläger aufgrund erteilter Ermächtigung erwirtschaftete KV-Vergütung auf das mit ihm im Dienstvertrag vereinbarte Gehalt angerechnet werden sollte. Die vertraglich vereinbarte Vergütung sei allein auf die Abgeltung der dienstlichen Aufgaben gerichtet. Gemäß § 12 AVR erfolge die Vergütung für die Diensttätigkeit. Auf diese Diensttätigkeit beziehe sich auch die auertarifliche Zulage in Höhe von 6.068,28 €. Der Kläger habe auch kein Festgehalt in Höhe von jährlich 160.000,00 € ausgehandelt, welches die Leistungserbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen beinhalte. Dies ergebe sich auch aus der email des Geschäftsführers der Beklagten vom 08.09.2011. Ausweislich dieser email sei der Beklagten bekannt gewesen, dass kein Zusammenhang zwischen der ambulanten Tätigkeit und der Diensttätigkeit bestanden habe.
59Der Kläger weist weiter darauf hin, dass es lebensfremd sei anzunehmen, er hätte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im November 2011 eine umfassende vertragliche Vergütungsregelung für die Abgeltung von nicht bezifferbaren ambulanten Leistungen jedweder Form unterzeichnet, ohne überhaupt eine Vorstellung darüber zu haben, wie eine ambulante Leistungserbringung ausgestaltet werden könne. Darüber hinaus sei überhaupt nicht absehbar gewesen, ob und in welchem Umfang der Zulassungsausschuss eine Ermächtigung erteilen werde, da die entsprechende Ermächtigung nur bedarfsabhängig erteilt werde. Der Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung wurde unstreitig erst am 02.02.2012 gestellt. Ihm sei bei Vertragsschluss überhaupt nicht bekannt gewesen, welchen zeitlichen Umfang eine ambulante Tätigkeit neben seiner Diensttätigkeit erfordere, welche Haftungsrisiken er damit zu tragen hätte und welche zusätzlichen Einkünfte ihm aus einer solchen Tätigkeit zufließen könnten.
60Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Kläger persönlich aus der Ermächtigung berechtigt und verpflichtet werde, vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Damit hafte auch nur der Kläger persönlich für Ansprüche aus der Tätigkeit aufgrund der Ermächtigung. Dies gelte ebenso für die Haftung wegen Pflichtverletzung aus ambulanten Behandlungsverträgen sowie auch für einen Regress der KV. Es sei deshalb nicht einzusehen, warum der Kläger einerseits sämtliche Zahlungsansprüche auf die Beklagte übertragen sollte, ohne eine Regelung zur Abwicklung von etwaigen Haftungsansprüchen oder sonstigen drohenden Verfahren zu treffen.
61Er ist der Auffassung, die Zuweisung der Tätigkeit aufgrund persönlicher Ermächtigung als Dienstaufgabe sei mit den gesetzlichen Vorgaben und dem daraus folgenden Wesen der persönlichen Ermächtigung nicht vereinbar. Das Dienstverhältnis sei durch das Direktionsrecht gemäß § 106 GewO gekennzeichnet. Die Tätigkeit aufgrund der Ermächtigung sei demgegenüber höchst persönlich und in freier Praxis zu erbringen, § 32 Ärzte-ZV.
62Eine Übertragung von Forderungen des ermächtigten Krankenhausarztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung an das Krankenhaus führe zu einer Umgehung der gesetzgeberisch gewollten Subsidiarität der Krankenhausermächtigung gemäß § 116 a SGB V im Verhältnis zu der Ermächtigung nach § 116 SGB V. Darüber hinaus sei eine Übertragung nicht nur nicht möglich, sondern zudem auch nicht formlos möglich.
63Der Kläger bestreitet, seine Gehaltsforderungen seien außerordentlich hoch gewesen. Marktüblich seien bei vergleichbarer Tätigkeit deutlich über 200.000,00 € brutto im Jahr. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen die Behauptung der Beklagten, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass Vergütung aus einer Ermächtigung dem ermächtigten Arzt zustünden.
64Er ist weiter der Auffassung, die Krankenhauskosten seien nicht pauschaliert wie im Fall der Ermächtigung von Herrn Dr. K2 in Abzug zu bringen. Eine entsprechende Vereinbarung sei nicht getroffen worden.
65Der Kläger beantragte,
66die Beklagte zu verurteilen, 36.895,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.481,51 € seit dem 17.11.2012 und aus 26.414,29 € seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
67Die Beklagte beantragte,
68die Klage abzuweisen.
69Die Beklagte behauptet, es sei mündlich vereinbart worden, die aufgrund erteilter Ermächtigung erzielte KV-Vergütung auf das vertraglich vereinbarte Gehalt des Klägers anzurechnen. Die KV-Vergütung habe der Refinanzierung des vom Kläger begehrten atypisch hohen Festgehaltes dienen sollen.
70Unstreitig habe die Beklagte Anfang 2011 einen weiteren Onkologen für das M1-J1-Hospital in G1 gesucht. Es sei geplant gewesen, durch den weiteren Onkologen eine ambulante onkologische Kassenzulassung zu erhalten, der zunächst ein Ermächtigung gemäß § 116 SGB V vorausgehen sollte. Für die weitere Zukunft war eine Zulassung nach § 116 b SGB V angedacht, unter Umständen auch eine Teilniederlassung in einem möglichen onkologischen medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Dem Kläger sei es jedoch darum gegangen, ohne eigenes Risiko seine Gehaltsvorstellungen in Form eines Festgehalts von 160.000,00 € jährlich zu realisieren. Dieser Betrag sollte gerade nicht davon abhängig sein, welche Vergütung in welchem Quartal für ambulante Leistungen seitens der KV erfolge, dies habe der Kläger von Anfang an gegenüber seinem Verhandlungspartner, dem Zeugen S2 betont.
71Die Beklagte ist der Auffassung, auch die Formulierung in der email vom 08.09.2011 belege, dass für die in ihrer Form noch nicht abschließend definierte ambulante Tätigkeit keine zusätzlich Vergütung fließen sollte. Bei der in der email weiter erwähnten leistungsabhängigen Komponente habe der Zeuge S2 dem Kläger unabhängig von dem vereinbarten Festgehalt in Aussicht gestellt, bei der für die Zukunft angedachten Mitarbeit in einem MVZ könne auch noch eine zusätzliche leistungsabhängige Vergütungskomponente abhängig von den Ergebnissen des MVZ vereinbart werden. Daneben bestand ferner die grundsätzliche Bereitschaft und Zusage der Beklagten, dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer leistungsbezogenen Komponente an dem beabsichtigten Gesamtzuwachs der Umsätze aus ambulanten onkologischen Leistungen zu beteiligen. In diesem Zusammenhang sei aber lediglich grob vereinbart worden, nach ca. einem Jahr zu prüfen, ob sich die Gesamtumsätze aus diesem Bereich durch die Konzentration von Ermächtigung auf den Kläger erhöht haben würden.
72Der Kläger habe darüber hinaus in den email vom 08.03.2012 und 09.05.2012, sowie in dem undatierten Schreiben an die Beklagte selbst ausgeführt, dass Erlöse aus der Ermächtigung der Klinik zufließen sollten.
73Der Arbeitsvertrag enthalte in § 11 eine einfache Schriftformklausel, die formlos abbedungen werden könne. Der Arbeitsvertrag sei durch den medizinischen Geschäftsführer Dr. E1 selbst ausgehend vom Standard-AVR-Vertrag aufgesetzt worden. Diesem sei nicht bewusst gewesen, dass nach dem Gesetzeswortlaut die Vergütung aus Ermächtigung dem behandelnden Arzt zu stehen und daher im Arbeitsvertrag hätte klargestellt werden müssen, dass nach den getroffenen Vereinbarungen die Beklagte diese Vergütung zur Refinanzierung des Festgehaltes einbehalte. Da jedoch in dem Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages noch gar nicht festgestanden habe, ob, auf welcher Ermächtigungsgrundlage und in welcher Höhe derartige Vergütungen künftig überhaupt anfallen würden, sei gut nachvollziehbar, dass es die Beklagte verabsäumt habe, die allgemeine für den Fall künftiger Ermächtigung geltende Regelung in den Standardvertrag einzufügen.
74Die Beklagte behauptet, gerade das Fehlen einer zusätzlichen Vereinbarung über den Kostenanteil zeige, dass die Einnahmen aus der Ermächtigung bei der Beklagten hätten bleiben sollen. Darüber hinaus sei dem Kläger auch keine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt worden. Dies sei aus Sicht der Beklagten nicht erforderlich gewesen, da der Kläger nach dem Inhalt der mündlich getroffenen Vergütungsvereinbarung keine Vergütung aus den Nebentätigkeiten erzielen sollte.
75Die Beklagte habe darüber hinaus auch die Gebühren für das Verfahren zur Erteilung und Eintragung der Ermächtigung nach Einreichung entsprechender Rechnungen durch den Kläger beglichen. Auch dieses Vorgehen der Parteien belege, dass nach dem gemeinsamen Willen der Kläger mit den Ermächtigungen selbst nichts zu tun haben sollte. Das Risiko eines denkbaren KV-Regresses habe selbstverständlich bei der Beklagen liegen sollen.
76Hilfsweise weist die Beklagte darauf hin, dass der übliche Kostenanteil 50 % betrage. Der weitere bei der Beklagten beschäftigte Onkologe, der einen Kostenabzug von 15 % hinzunehmen habe, erhalte kein Festgehalt in Höhe von 160.000,00 € pro Jahr.
77Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass, sofern ein Zahlungsanspruch des Klägers bestehe, dieser maximal im Umfang von 25 % berechtigt sei. Mit dem vorherigen Inhaber der auf den Kläger übertragenen Ermächtigung, dem Chefarzt Dr. K2, sei eine entsprechende Regelung vereinbart worden.
78Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
79Entscheidungsgründe
80I.
81Die zulässige Klage ist begründet.
821.
83Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des eingeklagten Betrages aus § 120 Abs. 1 S. 3 SGB V.
84Gemäß § 120 Abs. 1 S. 3 SGB V gilt folgendes: „Die den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung wird für diese vom Krankenhausträger mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet und nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz 2 entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärzte weitergeleitet."
85Nach dem Wortlaut der o.g. Regelung bleibt der ermächtigte Arzt Gläubiger des Honoraranspruches. Damit normiert die Vorschrift eine gesetzlich angeordnete Einzugsermächtigung bzw. ein sogenanntes Inkassomandat, welches die Befugnis beinhaltet ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen (Köhler – Homann in juris PK – SGB V, 2. Auflage 2012, § 120 SGB V).
86Von dieser gesetzlichen Konzeption sind die Parteien nicht durch eine wirksame Vereinbarung abgewichen.
87Nach Auffassung der Kammer kann dahinstehen, ob tatsächlich im Rahmen der Vertragsvereinbarungen Einigkeit darüber bestanden hat, dass sämtliche künftigen Forderungen des Klägers gegenüber der KV aus noch zu erteilenden Ermächtigungen von der Beklagten einbehalten werden sollten und zur Refinanzierung des Gehalts des Klägers genutzt werden sollten.
88Selbst wenn eine solche Vereinbarung getroffen sein sollte, so wäre sie nicht wirksam getroffen worden.
89Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung würde eine Vorausabtretung eines künftigen Honoraranspruches des Klägers gegenüber der KV darstellen.
90Grundsätzlich ist eine Abtretung von Honoraransprüchen eines Krankenhausarztes gegenüber der KV möglich (vgl. u.a. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.04.2012 – L 11 Ka 67/10). Soweit der Kläger einwendet, eine solche Vereinbarung sei vor dem Hintergrund der höchstpersönlichen Verpflichtung des Arztes aus der Ermächtigung unzulässig, konnte die Kammer die Bedenken nicht teilen.
91Durch eine Vorausabtretung künftiger Honoraransprüche ändert sich nicht der Charakter des Leistungsinhalts. Es findet lediglich ein Wechsel in der Gläubigerstellung statt.
92Auch der Einwand, eine solche Vereinbarung führe zu einer Umgehung der gesetzgeberisch gewollten Subsidiarität der Regelungen des § 116a SGB V gegenüber § 116 SGB V, überzeugt nicht. Durch den Wechsel in der Gläubigerstellung verbleibt es bei dem höchstpersönlichen Charakter der Leistungserbringung durch den Arzt. Durch eine Vorausabtretung wird die Behandlung nicht zu einer Leistung des Krankenhauses im Sinne des § 116 a SGB V. Darüber hinaus wird durch die Verrechnung der Honoraransprüche mit Dienstbezügen des Klägers nicht die Trennung zwischen abhängiger Beschäftigung im Rahmen des Dienstvertrages und Tätigkeit im Rahmen der Ermächtigung nach § 116 SGB V aufgehoben.
931.1 Die Kammer hat jedoch Zweifel, ob die nach der Behauptung der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Rahmen einer Vorausabtretung abgetretenen Forderungen hinreichend bestimmt waren.
94Gemäß § 398 BGB muss die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Eine Vorausabtretung künftiger Forderungen ist wirksam, wenn die Einzelforderung spätestens zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nach Gegenstand und Umfang genügend bestimmbar ist, wobei zur Ausräumung von Zweifeln bei der Ermittlung der abgetretenen Forderung grundsätzlich auch auf Umstände außerhalb der ggf. auslegungsbedürftigen Abtretungsvereinbarung zurückgegriffen werden darf (VG Düsseldorf, Urt. v. 01.12.2003 – 23 K 7549/01).
95Nach dem Vortrag der Beklagten war bei Vertragsschluss ein Festgehalt von 160.000,00 € pro Jahr vereinbart worden, dass auch etwaige Forderungen des Klägers gegenüber der KV aus ambulanter Tätigkeit umfassen sollte. Nach dem unstreitigen Vortag war des Weiteren bei Vertragsabschluss noch nicht klar in welcher Form weitere Vergütungsansprüche des Klägers aus ambulanter Tätigkeit entstehen könnten. Es war völlig offen, ob eine ambulante Tätigkeit über eine Ermächtigung auf der Grundlage des § 116 SGB V oder des § 116 a SGB V oder im Rahmen eines MVZ erfolgen würde. Dies bedeutet auch, dass die Höhe etwaiger von dem Kläger noch zu erzielender Forderungen aus ambulanter Tätigkeit bei Abschluss des Vertrages für beide Parteien völlig offen waren.
96Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass der Kläger mit einer wie von ihr behaupteten Regelung einverstanden war, bestehen Zweifel, ob in einer solchen Situation die Abtretung künftiger Forderungen möglich ist. Zwar ist nach Erteilung der Honorarbescheide die Forderung bestimmbar. Die Parteien wussten jedoch nach übereinstimmendem Vortrag im Zeitpunkt der Vorausabtretung nicht, in welcher Form eine ambulante Tätigkeit erfolgen würde. Damit wär völlig offen welche Forderung im Voraus abgetreten wurde. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass je nach Ausgestaltung der ambulanten Tätigkeit Honoraransprüche gegenüber der KV direkt oder aber auch weitere Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten entstehen könnten.
971.2 Jedenfalls haben die Parteien keine formwirksame Vereinbarung getroffen. Die von der Beklagten behauptete Vorausabtretung künftiger Forderungen wäre nach den vertraglichen Vereinbarungen und auch nach den einbezogenen AVR formbedürftig gewesen.
98Gemäß § 11 des Arbeitsvertrages haben die Parteien eine einfache Schriftformklausel vereinbart. Des Weiteren wird in dem Arbeitsvertrag auf die Regelungen des AVR Bezug genommen. In § 7 Abs. 2 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) ist ebenfalls eine Formbedürftigkeit geregelt. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 AVR, wonach zusätzliche Vereinbarungen zur ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen, handelt es sich um ein konstitutives Schriftformerfordernis.
99Auch wenn den Regelungen in den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes keine Rechtsnormqualität im Sinne des Artikel 2 BGBEG zukommt und daher nicht die gleiche Rechtswirkung wie eine durch Tarifvertrag bestimmte Formvorschrift folgt (BAG, Urt. v. 28.10.1987, 5 AZR 518/85), so handelt es sich dennoch um ein konstitutives Formerfordernis, das auch nicht durch abweichende Vereinbarung ausdrücklich oder konkludent abbedungen wurde.
100Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit aufheben. Es kann auch stillschweigend geschehen und ist auch dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG, Urt. v. 16. August 1983 – 3 AZR 34/8; BAG Urteil v. 24.März 1992-1 AZR 215/91).
101Tatsächlich fand jedoch keine ausdrückliche oder konkludente Aufhebung des Schriftformerfordernisses statt. Ausdrücklich erfolgte unstreitig keine Aufhebung. Auch von einer konkludenten Aufhebung konnte die Kammer nicht ausgehen.
102Der Kläger forderte in der E-Mail vom 08.03.2012 ausdrücklich nach Erteilung der ersten Ermächtigung eine schriftliche Vertragsvereinbarung diesbezüglich. Spätestens nach Erteilung der Ermächtigung und nach Erhalt der E-Mail vom 08.03.2011 hätte die Beklagte eine schriftliche Vertragsvereinbarung mit dem Kläger hinsichtlich der Vorausabtretung der Honoraransprüche aus der erteilten Ermächtigung treffen können und müssen.
1031.3 Es ist nach Auffassung der Kammer auch nicht rechtsmissbräuchlich wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), § 242 BGB, wenn der Kläger sich trotz einer streitigen Einigung über eine Vorausabtretung der künftigen Honorarforderungen auf einen Formmangel beruft.
104In dem von der Beklagten verwendeten Formulararbeitsvertrag ist eine Schriftformklausel unter zusätzlichem Verweis auf die AVR enthalten. Diese Schriftformklausel muss die Beklagte sich als Verwenderin des Arbeitsvertrages entgegenhalten lassen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der Arbeitsvertrag sei vom medizinischen Geschäftsführer in Unkenntnis der rechtlichen Gegebenheit verwendet worden, ist dies nicht zielführend. Unter Berücksichtigung der ausdrücklichen Forderung des Klägers in der E-Mail vom 08.03.2012 nach einer schriftlichen Vertragsnebenabrede war es der Beklagten spätestens ab dem 8.03.2012 bekannt, dass der Kläger eine schriftliche Vereinbarung wünschte. Spätestens danach hätte sie reagieren müssen. Die E-mail vom 8.03.2012 führt dazu, dass gerade kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten darauf, der Kläger würde den Formmangel nicht geltend machen, entstehen konnte.
105Soweit der Kläger in der weiteren E-Mail vom 9.05.2012 und in dem undatierten Schreiben keinen schriftlichen Vertrag mehr fordert, bedeutet dies nicht, dass damit eine konkludente Einigung über die Aufhebung des vertraglichen Schriftformerfordernisses einhergegangen ist. Die Forderung nach einer schriftlichen Vereinbarung stand vielmehr noch im Raum. Dass der Kläger diese nicht wiederholte, begründet nach Auffassung der Kammer in Ermangelung weiterer Anhaltspunkte auch kein schutzwürdiges Vertrauen, der Kläger würde einen etwaigen Formmangel nicht oder nicht mehr geltend machen.
1062.
107Die zulässige Klage ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet.
108Nach unstreitigem Sachvortrag hat die Beklagte mit einem dem Kläger vergleichbaren Krankenhausarzt im Zusammenhang mit einer Ermächtigung ein Kostenansatz von 15 % vereinbart. Dieser Ansatz ist nach Auffassung der Kammer als üblicher Ansatz gemäß § 612 Abs. 2 BGB anzunehmen.
109Soweit sich die Beklagte darauf beruft, mit dem vorherigen Inhaber der Ermächtigung Dr. K2 sei eine Pauschalvereinbarung getroffen worden und der weiter mit dem Kläger vergleichbare Arzt erhalte kein Jahresgehalt von 160.000,00 € brutto, so kann die Beklagte nach Auffassung der Kammer damit nicht gehört werden.
110Bei dem Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz 2 entstehenden Kosten im Sinne des § 120 Abs. 1 S. 3 SGB V, kann es nicht darauf ankommen, welche Vergütung für die Dienste des berechtigten Krankenhausarztes zwischen dem Arzt und dem Krankenhaus vereinbart wurden. Die Kostenquote müsste vielmehr vom Grundsatz her jedenfalls in vergleichbaren Fachrichtungen ungefähr gleich sein und dürfte damit lediglich abhängig sein vom Fachgebiet bzw. dem entsprechenden Verwaltungsaufwand in diesem Fachgebiet. An Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte war damit von einem Kostenabzug von 15 % auszugehen.
1113.
112Der Zinsausspruch folgt aus Verzugsgesichtspunkten bzw. als Prozesszinsen.
113II.
114Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Der Wert des Streitgegenstandes wurde festgesetzt auf den Wert der eingeklagten Beträge.