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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Der Streitwert wird auf 2.486,76 € festgesetzt.
Az.: 4 Ca 1110/17 |
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Verkündet am 23.10.2019 |
Arbeitsgericht Paderborn Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit |
für Recht erkannt:
3Die Klage wird abgewiesen.
4Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
5Der Streitwert wird auf 2.486,76 € festgesetzt.
6Tatbestand
7Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen einer Beschädigung des Privat-PKW des Klägers.
8Der Kläger war bis zum 31.01.2017 als ziviler Mitarbeiter des Wachschutzes bei den Britischen Streitkräften beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag deutsches Recht zugrunde. Der Beklagte zu 1) war ein Arbeitskollege des Klägers und ebenfalls Arbeitnehmer bei den Britischen Streitkräften. Sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1) sind deutsche Staatsangehörige und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
9Dem Kläger wurde von der Beklagten zu 2) ein Dienstausweis „für die Beschäftigten der britischen Streitkräfte“ (Bl. 129 d. A.) ausgestellt. Darüber hinaus erhielt der Kläger einen Parkausweis, der ihm gestattete, seinen PKW auf dem Kasernengelände zu parken.
10Sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1) wurden bei den Britischen Streitkräften als Wachmänner beschäftigt. Der Beklagte zu 1) wurde, nachdem erfolgreich eine anfängliche Sicherheitsüberprüfung und -freigabe erfolgt war, ab dem 03.03.2016 zunächst als unbewaffneter Wachmann beschäftigt. Sämtliche Wachmänner mussten eine interne Fortbildung durchlaufen, die für den Beklagten zu 1) in einer zweiwöchigen Schulung in der Zeit vom 07.03. bis 18.03.2016 bestand. Programmatischer Inhalt dieser Fortbildung war unter anderem die Waffenhandhabung, die Einführung und Schulung in den spezifischen Verfahrensweisen und internen Protokollen der Germany H Services, der Sicherheitsbedrohung und Sensibilisierungsschulung einer bewaffneten Wachperson nebst Schulung in rechtlichen Fragen, des relevanten Arbeitsschutzes, der konkreten Aufgaben der Personenkontrolle unter Bewachung der Tore, usw. (Bl. 462 – 465 d. A.). Nach erfolgreichen Abschluss dieser Schulung und Erhalt der endgültigen Sicherheitsfreigabe wurde der Beklagte zu 1) mit Wirkung vom 23.04.2016 als bewaffneter Wachmann weiter beschäftigt. Auch in der Folgezeit nahm der Beklagte zu 1) an weiteren internen Schulungen teil. In 2016 nahm er am 19.07.2016 und 11.10.2016 an Schulungen unter anderem im Weapon Handling Test (Waffenhandhabungsprüfung), Annual Combat Marksmanship Test and Preparation (jährliche Prüfung der Kampf Treffsicherheit und Vorbereitung hierzu), Point of Aim, Security Assessment (Sicherheitsüberprüfung). 2017 nahm der Beklagte zu 1) am 22.02.2017, 05.04.2017, 31.05.2017, 28.07.2017 und 30.11.2017 an vergleichbaren Schulungen zuzüglich einer Schulung im Judgmental Assessment (wertende Betrachtung) und Limited Night Vision (eingeschränkte Nachtsicht) teil. Auch in den Jahren 2018 und 2019 absolvierte er vergleichbare Schulungen.
11Am 21.08.2016 fuhr der auf dem Weg zum Dienst befindliche Kläger mit seinem PKW (Mercedes GLK,) auf das Kasernengelände der B Kaserne. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 1) dort als diensthabender Wachmann eingeteilt. Er war als einziger Wachmann am Kasernengeländetor eingesetzt, was üblich war und dem normalen Betriebsablauf entsprach. In der Schicht war eine Person für die Beobachtung der Überwachungskamera, eine Person als wachhabendender Schichtleiter und eine bewaffnete Wachperson mit der Überprüfung der persönlichen Daten und Pässe am Kasernentor zuständig.
12Auf Höhe dieses Kasernengeländetores, hielt der Kläger kurz an. Der Kläger war verpflichtet, seinen Dienstausweis vorzuzeigen, um überhaupt auf das Kasernengelände fahren zu dürfen. Dabei schaltete sich der Motor seines Fahrzeugs aufgrund der eingebauten Start/Stop-Anlage (Bl. 13 d. A.) ab. Bei einer solchen An- und Abschaltautomatik schaltet sich der Motor bei Stillstand des Fahrzeugs ab und bei Lösen der Bremse oder Drücken des Gaspedals automatisch wieder an.
13Das Kasernengeländetor besteht aus zwei Torflügeln (Bl. 513 d. A.). Der linke Torflügel ist 3,20 m, der rechte Torflügel 3,30 m bereit. Beide Torflügel haben eine Höhe von 2,43 m. Die Torflügel können nur nach außen geöffnet werden. Um das Kasernengeländetor zu öffnen, muss zunächst der linke Torflügel geöffnet werden. Dieser kann im geöffneten Zustand nicht befestigt werden. Der rechte Torflügel hingegen verfügt über einen Riegel, der im geöffneten Zustand in den Boden eingelassen werden kann, sodass der Torflügel festgestellt werden kann (Bl. 514 d. A.).
14Der Beklagte zu 1) öffnete also zunächst den linken Torflügel soweit wie möglich. Danach öffnete er den rechten Torflügel und hielt diesen fest. Aufgrund eines Windstoß schlug der linke, nicht arretierte Torflügel gegen die hintere Tür auf der Fahrerseite des PKWs des Klägers und verursachte einen Sachschaden in Höhe von 2.486,76 € (Nettoreparaturkosten: 1.503,17 €, Wertminderung: 400 €, Sachverständigenkosten: 558,59 €, Kostenpauschale: 25 €) an diesem.
15Die weiteren Einzelheiten zum Unfallhergang sind zwischen den Parteien streitig.
16Der Kläger machte zunächst einen Antrag auf Schadensersatz gegenüber der Schadensregulierungsstelle des Bundes (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) geltend. Dieser wurde mit Bescheid vom 08.12.2016 (Bl. 20-22 d. A.) abgelehnt. Dieses Schreiben erhielt der Kläger im Dezember 2016 und leitete den ablehnenden Bescheid an seinen Ansprechpartner, Herrn Peter G (Station Manager im Wachservice), weiter. Herr G reagierte daraufhin nicht. Er erklärte weder, dass die Beklagte zu 2) nicht zahlen werde, noch forderte er den Kläger dazu auf, Klage zu erheben. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wies in dem Bescheid vom 08.12.2016 darauf hin, dass innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung Klage vor dem zuständigen Zivilgericht erhoben werden müsse (Bl. 22 d. A.). Diese Klage wäre danach gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Schadensregulierungsstelle des Bundes in Prozessstandschaft für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland zu richten gewesen (Bl. 22 d. A.). Eine Klage vor den Zivilgerichten erhob der Kläger nicht.
17Mit Schreiben vom 30.01.2017 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) zur Zahlung bis zum 10.02.2017 auf. Darüber hinaus forderte der Kläger den Beklagten zu 1) vergeblich mit Schreiben vom 27.06.2017 zur Zahlung bis zum 07.07.2017 auf.
18Mit seiner am 18.08.2017 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Klage macht der Kläger die Zahlungen von Schadensersatz i.H.v. 2.486,76 € gegen den Beklagten zu 1) und die Beklagte zu 2) geltend.
19Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadensersatzansprüchen verpflichtet seien.
20Insbesondere sei der Anwendungsbereich des Art. VIII Abs. 5 NTS nicht eröffnet, weil der Kläger nicht Dritter im Sinne der Vorschrift sei. Schließlich sei er aufgrund des damaligen Arbeitsverhältnisses nicht zufällig mit der Truppe in Berührung gekommen. Aus seinem Dienstausweis, der für die Beschäftigten der britischen Streitkräfte ausgestellt wird, ergebe sich eine Eingliederung in die Truppe, sodass er in einem Näheverhältnis zu den Britischen Streitkräften stehe und deshalb nicht Dritter im Sinne des Art. VIII Abs. 5 NTS sein könne. Eine Anwendbarkeit von Amtshaftungsansprüchen liege demnach nicht vor. Darüber hinaus schließe Art. VIII Abs. 5 NTS ausdrücklich vertragliche Ansprüche aus, weshalb jedenfalls arbeitsvertragliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) ohnehin geltend gemacht werden könnten.
21Der Beklagte zu 1) müsse haften, weil er fahrlässig gehandelt habe. Da nur der rechte Torflügel festgestellt werden konnte, hätte der Beklagte zu 1) diesen feststellen, um das Fahrzeug des Klägers herumgehen und letztlich den linken Torflügel festhalten müssen.
22Der Kläger behauptet, es habe nur ein kurzes Gespräch mit dem Beklagten zu 1) gegeben. Er habe dem Beklagten zu 1) lediglich vorschriftsmäßig seinen Dienstausweis vorgezeigt und kurz gefragt, ob etwas Besonderes im Dienst vorgefallen sei. Darüber hinaus gebe es auch keine Verpflichtung oder Anweisungen zur zügigen Durchfahrt des Tores. Der Kläger behauptet weiter, mit seinem Fahrzeug korrekterweise mittig vor dem Tor gestanden und sodann mittig zur Durchfahrt angesetzt zu haben.
23Eine Haftung der Beklagten zu 2) ergebe sich bereits daraus, dass sie die erforderlichen Baumaßnahmen, also eine Möglichkeit zur Feststellung des linken Torflügels im geöffneten Zustand, unterlassen und auch die Mitarbeiter nicht ausreichend instruiert habe, wie vermieden werden könne, dass ein Torflügel gegen einen das Kasernentor durchfahrenden PKW stoßen kann. Darüber, dass der linke Torflügel nicht arretiert werden kann, sei die Beklagte zu 2) bereits seit langem informiert. Sie habe wider besseren Wissens nicht für eine Absicherungsmöglichkeit gesorgt.
24Darüber hinaus müsse die Beklagte zu 2) auch für das Verhalten des Beklagten zu 1) haften. Sie könne sich insofern noch nicht exkulpieren, da der Beklagte zu 1) nicht dahingehend geschult worden sei, wie das Kasernentor beim Durchfahren von PKW zu sichern war. Eine Kontrolle durch die Beklagte zu 2), ob der Beklagte zu 1) einen Torflügel festhält, sei nicht erfolgt.
25Seinen Klageanspruch habe der Kläger auch nicht verwirkt, da es am Umstands- und Zeitmoment fehle. Schließlich habe er mit Schreiben vom 30.01.2017 seinen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 2) zeitig nach Erhalt der ablehnenden Entschließung durch die Schadensregulierungsstelle des Bundes geltend gemacht. Dem Kläger könne nicht angelastet werden, gegen eine Entscheidung der Schadensregulierungsstelle des Bundes nicht vorgegangen zu sein. Vielmehr hätte die Beklagte zu 2) dem Kläger innerhalb der Zwei-Monatsfrist mitteilen müssen, dass sie nicht zahlen werde. Die Beklagte zu 2) hätte den Kläger aufgrund der sie treffenden Fürsorgepflicht zumindest von den Kosten für ein Verfahren gegen die Schadensregulierungsstelle des Bundes freistellen müssen. Das zögerliche Agieren der Beklagten zu 2) könne nicht dazu führen, dass der Kläger seinen Anspruch verwirkt habe.
26Der Kläger beantragt,
27die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2486,76 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2017 zu zahlen, wobei klargestellt wird, dass die Bundesrepublik für den Entsendestaat zu leisten hat, dem die Leistungen obliegt.
28Die Beklagten beantragen,
29die Klage abzuweisen.
30Die Beklagten sind der Auffassung, dass dem Kläger keine Schadensersatzansprüche gegen sie zustehen.
31Gegen den Beklagten zu 1), gegen den mangels vertraglicher Beziehungen ausschließlich deliktsrechtliche Ansprüche in Betracht zu ziehen seien, könne schon deshalb kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden, weil Art. VIII Abs. 5 NTS einschlägig sei und somit eine Haftungsüberleitung gemäß Art. 34 GG stattfinde. Der Beklagte zu 1), der nicht für Amtshaftungsansprüche hafte, sei schon nicht passivlegitimiert. Der Anwendungsbereich des Art. VIII Abs. 5 NTS sei sowohl für den Beklagten zu 1) als auch den Kläger eröffnet.
32Darüber hinaus fehle es auch an einem fahrlässigen Handeln des Beklagten zu 1). Jedenfalls müsse seine Haftung, wenn man eine Fahrlässigkeit annehme, aufgrund des Mitverschuldens des Klägers auf Null reduziert werden. Insofern behaupten die Beklagten, dass der Schaden am Fahrzeug des Klägers nicht entstanden wäre, wenn der Kläger ordnungsgemäß durch die Toreinfahrt gefahren wäre. Der Kläger, der selbst Wachmann ist, wisse, dass die Tore nach Einlass einer berechtigten Person zügig wieder zu schließen seien. Er habe also die Toreinfahrt zügig durchfahren müssen. Dies sei insbesondere am Tag des streitgegenständlichen Unfalls, dem 21.08.2016, angezeigt gewesen, weil an diesem Tage eine Windstärke von 45 Stundenkilometern, was einem starken Wind (Beaufortgrad 6) entspreche, bei dem starke Äste schwanken, Regenschirmen nur schwer zu halten seien und Telegrafenleitung im Wind pfeifen, geherrscht habe. Die An- und Abschaltautomatik des klägerischen Fahrzeuges habe eine Weiterfahrt darüber hinaus verzögert, weil der Kläger den Motor, der sich während des Gesprächs abgeschaltet hatte, erst wieder hätte anschalten müssen, um weiterfahren zu können.
33Als der Kläger Einlass zu dem Kasernengelände begehrte, habe er mit seinem Fahrzeug zu sehr mittig vor den beiden Torflügeln gestanden, sodass es nicht genügt habe, lediglich den linken Torflügel zu öffnen und dem Kläger eine Durchfahrt durch diesen zu ermöglichen, wie es zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt, zu dem der Verkehr auf dem Kasernengelände bereits deutlich reduziert gewesen und das Tor nur noch zu konkreten Anlässen geöffnet worden sei, regelmäßig gehandhabt worden sei. Die Beklagten behaupten, dass der Kläger in den rückwärtigen Verkehr hätte zurücksetzen müssen, um allein durch den geöffneten linken Torflügel fahren zu können. Dies erfordere jedoch eine höhere Sorgfalt, da der rückwärtige Verkehr relativ dicht hinter einem vor dem Tor wartenden Pkw vorbeifahre. Der Beklagte zu 1) habe das rechte Tor nur deshalb geöffnet, um dem Kläger eine derartige Rückwärtsfahrt zu ersparen. Der Kläger sei, noch während der Beklagte zu 1) das rechte Tor öffnete, mit seinem PKW bereits geradeaus weitergefahren und habe damit dem Beklagten zu 1) den Weg zum linken Tor abgeschnitten. Dadurch habe der Beklagte zu 1) das rechte Tor nicht mehr in Ruhe feststellen und auf die andere Seite des Autos gelangen können, um das linke Tor festzuhalten. Der Kläger habe sodann mit seinem Fahrzeug in der Toreinfahrt gehalten, um mit dem Beklagten zu 1) ein Gespräch zu führen.
34Auch gegen die Beklagte zu 2) könne der Kläger nicht erfolgreich Schadensersatzansprüche vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend machen. Da vorliegend der Art. VIII Abs. 5 NTS einschlägig sei, komme es gemäß Art. 34 GG zu einer Überleitung der deliktsrechtlichen Haftungsansprüche auf den Staat.
35Außerdem könne sich die Beklagte zu 2) gemäß § 831 Absatz 1 Satz 2 BGB exkulpieren, weil sie den Beklagten zu 1) sorgfältig ausgewählt und überwacht habe. Dies ergebe sich bereits aus den zahlreichen Schulungen, die der Beklagte zu 1) durchlaufen musste. Darüber hinaus sei er während des Dienstes stets und insbesondere am streitgegenständlichen Tage des Unfalls durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten überwacht worden. Der Beklagte zu 1) habe seinen Dienst während seiner Beschäftigung bei den Britischen Streitkräften beanstandungsfrei und stets zuverlässig ausgeübt.
36Auch aus dem Arbeitsvertrag könne der Kläger keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2) geltend machen, weil bei einer Anspruchskonkurrenz zwischen entschädigungsrechtlichen Bestimmungen und vertraglichen Ansprüchen die Anwendbarkeit von Art. VIII NTS gegeben sei. Auch ein etwaiger vertraglicher Anspruch wäre gemäß Art. VIII NTS im Rahmen der Amtshaftung auf den Staat übergeleitet.
37Da der Kläger seinen Schadensersatzanspruch aufgrund des einschlägigen Art. VIII Abs. 5 NTS ausschließlich auf Amtshaftungsansprüche stützen könne, müsse die Klage abgewiesen werden, weil die Gerichte für Arbeitssachen nicht über Amtshaftungsansprüche entscheiden kann.
38Abgesehen davon sei der Klageanspruch, selbst wenn er frühzeitig an das Amtsgericht verwiesen worden wäre, bereits verwirkt, weil der Kläger die ihm in der seinen Antrag ablehnenden Entschließung der Schadensregulierungsstelle des Bundes vom 08.12.2016 mitgeteilten Fristen nicht eingehalten habe.
39Wegen des übrigen Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
40Das Gericht hat mit Beschluss vom 05.04.2018 (Bl. 182 ff. d. A.) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als eröffnet angesehen. Die dagegen beim LAG Hamm eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss vom 27.12.2018 - 2 Ta 268/18 (Bl. 347 ff. d. A.) zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Bezug genommenen Beschlüsse vom 05.04.2018 (Bl. 182 ff. d. A.) und vom 27.12.2018 (Bl. 347 ff. d. A.) verwiesen.
41Entscheidungsgründe
42I. Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
431. Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist unbegründet, weil dieser nicht passivlegitimiert ist.
44Vorliegend sind grundsätzlich die Bestimmungen zur Amtshaftung nach Art. VIII Abs. 5 NTS i. V. m. Art. 34 Satz 3 GG i. V. m. § 839 BGB einschlägig. Ein möglicher, mangels Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) einzig in Betracht kommender, Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung wird damit verdrängt. Über etwaig bestehende Amtshaftungsansprüche kann die Kammer nicht entscheiden, da die Gerichte für Arbeitssachen für eine Entscheidung über derartige Ansprüche nicht berufen sind, § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG.
45a) Das NATO-Truppenschadensrecht, wonach Schäden, für die NATO-Truppen verantwortlich sind, reguliert werden, enthält mit Art. VIII Abs. 5 NTS eine eigene Haftungsgrundlage. Art. VIII Abs. 5 NTS führt im Ergebnis zu einer Amtshaftung, weil der Aufnahmestaat die Entschädigungslast für den Entsendestaat übernimmt.
46Nach Art. VIII Abs. 5 NTS werden Ansprüche (ausgenommen vertragliche Ansprüche und Ansprüche, auf welche die Absätze 6 und 7 Anwendung finden), die sich daraus ergeben, dass durch Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges in Ausübung des Dienstes oder durch eine andere Handlung, Unterlassung oder Begebenheit, für die eine Truppe oder ein ziviles Gefolge rechtlich verantwortlich ist in dem Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates einem Dritten mit Ausnahme einer der Vertragsparteien, ein Schaden zugefügt worden ist, von dem Aufnahmestaat nach den Bestimmungen (a) – (e) behandelt.
47aa) Der Kläger ist Dritter im Sinne von Art. VIII Abs. 5 NTS. Die Kammer schließt sich insoweit den ausführlichen Erwägungen des LG Kaiserslautern vom 16.02.2018 – 3 O 103/17, juris; des LG Wiesbaden vom 14.07.2017 – 14 O 118/17; des OLG Nürnberg vom 25.07.2018 – 4 U 2346/17 und des OLG Frankfurt am Main vom 22.11.2018 – 1 U 185/17 an.
48(1) Wer Dritter im Sinne des Art. VIII Abs. 5 NTS ist, regelt die Vorschrift nicht selbst. Sie nimmt lediglich die Vertragsparteien vom Begriff des Dritten aus.
49Art. VIII Abs. 5 NTS ist nach Art. 41 Abs. 6 NTS-ZA nicht anzuwenden auf Schäden, die Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges durch Handlungen oder Unterlassungen anderer Mitglieder der gleichen Truppe oder ihres zivilen Gefolges oder durch andere Begebenheiten verursacht worden sind, für welche die genannte Truppe oder ihr ziviles Gefolge haftbar ist.
50Der Kläger ist als ziviler Arbeitnehmer und deutscher Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland nicht Mitglied der Truppe der Britischen Streitkräfte. Den Begriff der „Truppe“ definiert Art. I Abs. 1 (a) NTS. Nach dieser Regelung ist „Truppe“ das zu den Land-, See- oder Luftstreitkräften gehörende Personal einer Vertragspartei, wenn es sich im Zusammenhang mit seinen Dienstobliegenheiten dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei innerhalb des Gebietes des Nordatlantikvertrages befindet, mit der Maßgabe jedoch, dass die beiden beteiligten Vertragsparteien vereinbaren können, dass gewisse Personen, Einheiten oder Verbände nicht als eine „Truppe“ im Sinne dieses Abkommen oder als deren Bestandteil anzusehen sind. Zivile Angestellte der Britischen Streitkräfte sind nicht zu den Land-, See- oder Luftstreitkräften gehörendes Personal.
51Der Kläger ist auch nicht Mitglied des zivilen Gefolges. Den Begriff des zivilen Gefolges definiert Art. I Abs. 1 (b) NTS als das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften dieser Vertragspartei beschäftigt ist, soweit es sich nicht um Staatenlose handelt oder um Staatsangehörige eines Staates, der nicht Partei des Nordatlantikvertrages ist, oder um Staatsangehörige des Staates, in welchem die Truppe stationiert ist, oder um Personen die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der Kläger ist Staatsbürger der Beklagten zu 2) mit gewöhnlichem Aufenthalt in deren Hoheitsgebiet, in dem die Truppe der Britischen Streitkräfte im vorliegenden Fall stationiert ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. I Abs. 1 (b) NTS gehört der Kläger demnach auch nicht zum zivilen Gefolge.
52Darüber hinaus stellt Art. IX Abs. 4 Satz 3 NTS klar, dass örtlich eingesetzte zivile Arbeitskräfte, die bei einer Truppe oder deren zivilem Gefolge beschäftigt sind, deren Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sich nach dem Recht des Aufnahmestaates – hier der Beklagten zu 2) – richten, in keiner Beziehung als Mitglieder dieser Truppe oder deren zivilen Gefolges gelten.
53(2) Es bestehen auch keine Gründe dafür, den Kläger als zivilen Arbeitnehmer aus teleologischen Aspekten nicht als „Dritten“ im Sinne von Art. VIII Abs. 5 NTS anzusehen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb zivile Arbeitnehmer, die bei der Truppe oder deren zivilem Gefolge beschäftigt sind, ohne Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges zu sein, die Staatsbürger des Aufnahmestaates sind, in dem Staatsgebiet des Aufnahmestaates ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und deren Arbeitsverhältnis sich nach dem Recht des Aufnahmestaates richtet, nicht unter das Haftungsregime des Art. VIII Abs. 5 NTS fallen sollten.
54Zivile Arbeitnehmer, die Staatsangehörige des Aufnahmestaates sind und in dessen Hoheitsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, deren Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht ausgestaltet ist, sind nicht derart in die Truppe oder das zivile Gefolge des Entsendestaates eingegliedert, dass ihre Rechtsstellung und Rechtsposition als gleichrangig mit denen der Truppe oder des zivilen Gefolges des Entsendestaates anzusehen wären. Weder sind sie nach Art. I Abs. 1 (a), (b) NTS Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges, noch gelten sie in irgendeiner Beziehung als solche, Art. IX Abs. 4 Satz 3 NTS (LG Kaiserslautern vom 16.02.2018 – 3 O 103/17, juris; LG Wiesbaden vom 14.07.2017 – 14 O 118/17).
55Zwar ist der Kläger als Wachmann der B Kaserne in gewissem Maße in den Betrieb der dort stationierten Britischen Streitkräfte eingegliedert. Er verfügt über einen Dienstausweis und einen Parkausweis, die ihm die Zufahrt und das Parken auf dem Kasernengelände gestatten. Diese Sondererlaubnis begründet aber weniger ein besonderes Näheverhältnis zu den Streitkräften, sondern ist vielmehr Konsequenz einer sinnvollen Arbeitsorganisation. Der Kläger steht aufgrund seines Arbeitsverhältnisses und der sich daraus ergebenden Sondererlaubnis der Truppe näher als sonstige Zivilisten, die keinerlei Beziehung zu den Britischen Streitkräften besitzen. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht, den Kläger als Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges zu behandeln.
56Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem zivilen Arbeitnehmer und den britischen Streitkräften die Erteilung von Sondererlaubnis für den zivilen Arbeitnehmer kann nicht bereits zur Konsequenz haben, dass ein entsprechendes Näheverhältnis zwischen dem zivilen Arbeitnehmer und dem Entsendestaat anzunehmen und der Anwendungsbereich von Art. VIII Abs. 5 NTS nicht eröffnet ist. In Art. VIII Abs. 5 NTS werden eindeutig die Begrifflichkeiten der „Truppe“, des „zivilen Gefolges“ sowie eines „Dritten“ relevant voneinander abgrenzend unterschieden. Die Begrifflichkeiten der Truppe und des zivilen Gefolges wiederum werden in Art. 1 Abs. 1 (a), (b) NTS ausdrücklich legal definiert. Aus dieser Zusammenschau ergibt sich, dass „Dritter“ jedwede Person ist, die weder der Truppe noch dem zivilen Gefolge zuzuordnen ist. Aus Art. 41 Abs. 6 NTS-ZA ergibt sich wiederum, dass die Haftung nach Art. VIII Abs. 5 NTS nicht einschlägig ist, wenn ein Gruppenmitglied oder ein Mitglied des zivilen Gefolges einem anderen Mitglied der gleichen Truppe oder des gleichen zivilen Gefolges einen Schaden zufügt. Insoweit wird der Sinnzusammenhang der Vorschriften unter ergänzender grammatikalischer sowie systematischer Beachtung dahingehend deutlich, dass das Haftungsregime des Art. VIII Abs. 5 NTS nur dann nicht eröffnet sein soll, wenn und soweit es um rein „interne“ Haftungsstreitigkeiten innerhalb des Entsendestaates geht (vgl. LG Wiesbaden vom 14.07.2017 – 14 O 118/17). Ein ziviler Arbeitnehmer hingegen, der lediglich für die Streitkräfte des Entsendestaates vor Ort tätig wird, ohne gleichzeitig den Status eines Truppenmitglieds oder eines zivilen Gefolges zu haben, ist nach diesen Regelungen nicht dem „internen“ Bereich des Entsendestaates zuzuordnen (vgl. LG Wiesbaden vom 14.07.2017 – 14 O 118/17). Dies ergibt sich insbesondere auch aus Art. IX Abs. 4 NTS, der ausdrücklich klarstellt, dass der zivile Arbeitnehmer nicht als Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges zu sehen ist.
57(3) Nach Sinn und Zweck des Art. VIII Abs. 5 NTS ist dieser gerade auch auf die Abwicklung von Schäden anwendbar, die solchen zivilen Arbeitnehmern entstanden sind. Entscheidende Frage ist in diesem Zusammenhang die Zumutbarkeit der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Entsendestaat. Art. VIII Abs. 5 NTS trägt dem Umstand Rechnung, dass es für die nach der Vorschrift berechtigten Dritten unter Umständen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, gegenüber einem fremden Staat Ansprüche aus Schäden geltend zu machen, die dessen Truppe oder ziviles Gefolge verursacht hat. Weil dies als unzumutbar empfunden wurde, haben die Vertragsstaaten des NTS in Art. VIII Abs. 5 NTS eine rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass Dritte Schäden, die ihnen auf dem Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates entstanden sind, auch gegenüber diesem geltend zu machen. Diese Überlegungen treffen insbesondere auch auf Arbeitnehmer zu, die bei der Truppe oder dem zivilen Gefolge des Entsendestaates beschäftigt sind, die aber – wie im Falle des Klägers – aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des gewöhnlichen Aufenthaltes einen stärkeren Bezug zum Aufnahmestaat haben und deren Rechtsstellung sich auch maßgeblich nach dem Recht des Aufnahmestaates richtet (LG Kaiserslautern vom 16.02.2018 – 3 O 103/17, juris).
58Der Kläger ist als ziviler Arbeitnehmer und deutscher Staatsangehöriger mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland nach dem Sinn und Zweck von Art. VIII Abs. 5 NTS schutzbedürftig und somit anspruchsberechtigt.
59bb) Art. VIII Abs. 5 NTS ist auch auf die Handlungen des Beklagten zu 1) anwendbar.
60Der Anwendungsbereich von Art. VIII Abs. 5 NTS ist auch für den Beklagten zu 1) eröffnet. Als er das streitgegenständliche Kasernentor öffnete, um dem Kläger die Zufahrt auf das Kasernengelände zu ermöglichen, war der Beklagte zu 1) als einziger Wachmann an selbigem Tor eingeteilt und hat in Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit gehandelt, sodass die Britischen Streitkräfte für sein Verhalten rechtlich verantwortlich sind.
61Nach Art. VIII Abs. 5 Alt. 2 NTS tritt eine Haftung der Bundesrepublik für den Entsendestaat ein, wenn der Entsendestaat für dienstliche Handlungen oder Unterlassungen des Arbeitnehmers „rechtlich verantwortlich“ ist.
62Streitgegenständlich ist eine dienstliche Handlung des Beklagten zu 1).Dieser war als Arbeitskollege des Klägers ebenfalls ziviler Angestellter bei den Britischen Streitkräften. Er ist deutscher Staatsangehöriger und hat seinen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Am streitgegenständlichen Tag, dem 21.08.2016 war der Beklagte zu 1) als diensthabender Wachmann am streitgegenständlichen Kasernentor der B Kaserne, F Straße 5 eingeteilt. Der Beklagte zu 1) hat mithin Aufgaben für die Britischen Streitkräfte wahrgenommen. Der streitgegenständliche Unfall steht im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Verpflichtung als Wachmann, das Kasernentor zu bewachen und selbiges für Einlass begehrende Personen, die über eine entsprechende Sondererlaubnis zur Durchfahrt dieses Tores verfügen, zu öffnen, um eine Zufahrt auf das Kasernengelände zu ermöglichen.
63Für dieses dienstliche Handeln des Beklagten zu 1) sind die Britischen Streitkräfte auch „rechtlich verantwortlich“ i. S. d. Art. VIII Abs. 5 NTS. Das Verhalten des zivilen Arbeitnehmers im Dienst wird dem Arbeitgeber gemäß § 278 BGB zugerechnet.
64Die Britischen Streitkräfte bedienen sich ihrer zivilen Wachmänner als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beinhaltet nicht nur, Schutzmaßnahmen für die eingebrachten Sachen je nach den Gegebenheiten zu treffen, sondern auch, Schädigungen zu unterlassen (BAG vom 25.05.2000 – 8 AZR 518/99, NZA 2000, 1052). Der Arbeitgeber hat das Verschulden von Erfüllungsgehilfen in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten (§ 278 BGB). Erfüllungsgehilfen sind die Personen, deren sich der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht bedient. Das können beispielsweise extra hierfür eingesetzte Parkwächter, Pförtner oder Sicherheitsfachkräfte sein (BAG vom 25.05.2000 – 8 AZR 518/99, NZA 2000, 1052). Jedenfalls muss die Tätigkeit des Erfüllungsgehilfen im Bereich des vom Arbeitgeber geschuldeten Gesamtverhaltens liegen. Maßgebend ist der konkrete Pflichtenkreis, wie er durch Art und Umfang des jeweiligen Vertragsverhältnisses festgelegt ist (BAG vom 25.05.2000 – 8 AZR 518/99, NZA 2000, 1052). Der Beklagte zu 1) wurde von den Britischen Streitkräften als Wachmann am streitgegenständlichen Kasernentor eingesetzt. Die Britischen Streitkräfte haben sich seiner zur Erfüllung ihrer unter anderem gegenüber dem Kläger bestehenden Fürsorgepflicht bedient.
65Die Britischen Streitkräfte bedienen sich ihrer zivilen Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfen und müssen sich deren Handeln dementsprechend nach § 278 BGB zurechnen lassen.
66b) Nach den obigen Ausführungen ist Art. VIII Abs. 5 NTS einschlägig. Danach findet eine Haftungsüberleitung gemäß Art. 34 GG statt. Für Amtshaftungsansprüche, über die die Gerichte für Arbeitssachen ohnehin nicht entscheiden dürfen, haftet der Beklagte zu 1) nicht. Es fehlt somit an der Passivlegitimation des Beklagten zu 1).
672. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist ebenfalls unbegründet, weil auch sie in diesem Verfahren nicht passivlegitimiert ist.
68a) Über ggf. bestehende Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte zu 2) sind die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG nicht zur Entscheidung berufen.
69b) Deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche aus den §§ 823 ff. BGB kann der Kläger nicht geltend machen, da diese keine Anwendung finden, wenn eine Amtshaftung gemäß Art. 34 GG einschlägig ist. Wie bereits oben ausgeführt, wird gemäß Art. VIII Abs. 5 NTS die Haftung der Britischen Streitkräfte, die für das Handeln des Beklagten zu 1) „rechtlich verantwortlich“ i. S. d. Art. VIII Abs. 5 NTS sind, gegenüber dem Kläger, der „Dritter“ i. S. d. Art. VIII Abs. 5 NTS ist, auf den Aufnahmestaat übergeleitet.
70Auf eine mögliche Exkulpation der Beklagten zu 2) gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt es demnach nicht an, weil eine deliktsrechtliche Haftung ohnehin ausgeschlossen ist.
71c) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg arbeitsvertragliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2) aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 278 BGB geltend machen.
72Die Gerichte für Arbeitssachen können über arbeitsvertragliche Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 278 BGB – und nur über diese – entscheiden, wenn zugleich auch Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Betracht kommen. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG sind die Gerichte für Arbeitssachen dann allerdings nicht zur Entscheidung über Ansprüche aus Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB berufen (BAG vom 16.10.2018 – 3 AZR 314/17, juris).
73aa) Mit Art. VIII Abs. 5 NTS enthält das Truppenschadensrecht eine lex specialis, nach der etwaige vertragliche Ansprüche des Klägers auf den Aufnahmestaat übergeleitet werden.
74Bei Anspruchskonkurrenz zwischen entschädigungsrechtlichen Bestimmungen und vertraglichen Ansprüchen ist der Anwendungsbereich von Art. VIII Abs. 5 NTS gegeben. Die Vorschrift sollte auch dann Anwendung finden, wenn lokale Beschäftigte der Truppe einen Schaden verursachen und dies nach dem Recht des Aufnahmestaates der Truppe zuzurechnen ist. Vorliegend ermöglicht eine Zurechnung gem. § 278 BGB eine arbeitsvertragliche Haftung des Arbeitgebers. Nach der Intention von Art. VIII NTS muss in dieser Konstellation die Spezialregelung greifen.
75bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Art. VIII Abs. 5 NTS nach seinem Wortlaut vertragliche Ansprüche von der Spezialregelung ausschließt.
76Es wäre widersprüchlich, wenn arbeitsvertragliche Ansprüche nicht von Art. VIII Abs. 5 NTS umfasst wären. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich bereits, dass Art. VIII Abs. 5 NTS Anwendung findet, wenn zivile Angestellte der Truppe einen Schaden verursachen und dies nach dem Recht des Aufnahmestaates der Truppe zuzurechnen ist. Nach dem Wortlaut von Art. VIII Abs. 5 Alt. 2 NTS tritt eine Haftung der Bundesrepublik für den Entsendestaat ein, wenn der Entsendestaat für dienstliche Handlungen oder Unterlassungen des Arbeitnehmers „rechtlich verantwortlich“ ist. Diese rechtliche Verantwortung der Britischen Streitkräfte für das Verhalten des zivilen Angestellten ergibt sich aber überhaupt erst aus der arbeitsvertraglichen Beziehung. Allein aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages kann eine Zurechnung gemäß § 278 BGB auf den Arbeitgeber erfolgen. Es wäre widersprüchlich, wenn die arbeitsvertragliche Beziehung einerseits den Anwendungsbereich von Art. VIII Abs. 5 NTS – und somit das besondere Haftungsregime des NATO-Truppenschadensrechtes – überhaupt erst eröffnen würde, gleichzeitig aber eine Haftung nach dieser Spezialregelung ausscheiden müsste, weil vertragliche Ansprüche nach dem Wortlaut von Art. VIII Abs. 5 NTS ausgeschlossen sein sollen. Dies war nicht die Intention der Vertragsparteien des NATO-TS, die mit Art. VIII Abs. 5 NTS eine spezielle Haftungsregelung schaffen wollten.
77Der Sinn und Zweck einer Regelung wie des Art. VIII Abs. 5 NTS kann es einzig und allein sein, Haftungsansprüche– unabhängig davon, ob zwischen Schädiger und dem Geschädigten ein Vertrag besteht oder nicht – abzuwickeln. Es ging schließlich gerade darum, eine spezielle Haftungsregelung zu schaffen, welche eine einheitliche Abwicklung von Haftungsansprüchen ermöglichen sollte.
78Diese Auslegung wird auch von der Kommentierung des Bundesministeriums der Finanzen, welches auf deutscher Seite an der Aushandlung des NATO-TS beteiligt war, gestützt. Danach soll bei Konkurrenz von vertraglichen Ansprüchen mit Entschädigungsansprüchen für die Entschädigungsansprüche die Regelung des Art. VIII Abs. 5 NTS gelten (Bundesministerium der Finanzen, Entschädigungsrecht der Truppenschäden 1991, Tz. 133). Weiter heißt es dort: „Kann ein Antragsteller seine Ansprüche sowohl auf entschädigungsrechtliche Bestimmungen als auch auf einen Vertrag stützen, so ist eine Entschädigung im Rahmen des Art. VIII NTS nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich der Anspruch auch aus einem Vertrag oder vertragsähnlichem Verhältnis herleiten lässt.“ (Bundesministerium der Finanzen, Entschädigungsrecht der Truppenschäden 1991, Tz. 133). Eine – wie hier – gegebene Anspruchskonkurrenz führt danach gerade nicht dazu, dass Art. VIII Abs. 5 NTS nicht anzuwenden wäre. Vielmehr ist trotz Ausschlusses von vertraglichen Ansprüchen nach dem Wortlaut von Art. VIII Abs. 5 NTS auch in dieser Konstellation der Anwendungsbereich der Regelung eröffnet.
79Dementsprechend ist anzunehmen, dass die Vertragsparteien des NTS mit der Herausnahme von vertraglichen Ansprüchen aus dem Anwendungsbereich des Art. VIII Abs. 5 NTS gerade nicht arbeitsvertragliche Ansprüche gemeint haben.
80cc) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass dem Kläger auch keine Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag (§ 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 278 BGB) gegen die Beklagte zu 2) zustehen.
81II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 ZPO.
82III. Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und entspricht dem mit dem Klageantrag geltend gemachten Betrag.