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Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe:
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB (Beteiligte zu 2; im Folgenden: GKH).
4Die Antragstellerin (Beteiligte zu 1; im Folgenden: IG Metall) ist eine der mitgliedsstärksten Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Beteiligter zu 7; im Folgenden: DGB). Seit einer Satzungserweiterung mit Wirkung zum 01.01.2000 gehört zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben u.a. der Abschluss von Tarifverträgen für die Betriebe der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung einschließlich der Handwerksbetriebe.
5Die GKH wurde im März 2003 unter dem Namen Gewerkschaft Holz und Kunststoff im CGB-GHK im CGB gegründet. Auf drei weiteren Mitgliederversammlungen in den Jahren 2004 und 2005 erfolgten – insbesondere auch auf Grund einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der IG Metall – Satzungs- und insbesondere Namensänderungen. Seit April 2005 führt die GKH ihren jetzigen Namen. An den bisherigen Mitgliederversammlungen nahm stets der gleiche Teilnehmerkreis von 7 bis 9 Personen teil. Darunter befanden sich mindestens zwei hauptamtliche Funktionäre der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), nämlich deren stellvertretender Vorsitzender Herr L5 sowie deren Gewerkschaftssekretärin R6, welche auf der Gründungsversammlung der GKH auch zur Bundesgeschäftsführerin bestellt wurde.
6Ausweislich ihrer von den neuen Gründungsmitgliedern unterzeichneten Satzung (Bl. 15 ff. d. A.) ist die GKH eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Konfessionen, Regierungen und Unternehmen mit Sitz in Paderborn. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Schreinerhandwerk, Fenster- und Türenbauer) sowie des Modellbauerhandwerks (§ 1). Die GKH erstrebt u.a. die Wahrung der geistigen, kulturellen und materiellen Interessen der Mitglieder auf christlich-sozialer Grundlage, die Schaffung von Eigentum in Arbeitnehmerhand, die Mitbestimmung in der Wirtschaft aus Mitbesitz und eine Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung nach christlich-sozialen Grundsätzen. Die GKH vertritt die Interessen ihrer Mitglieder und bekennt sich ausdrücklich zu den Artikeln 9 Abs. und 20 Abs. 4 des Grundgesetzes. Zu ihren Aufgaben und Zielen gehört u.a. die Herbeiführung einer gerechten Entgeltregelung und einer Mitarbeiterbeteiligung sowie die Regelung der sonstigen Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge (§ 2). Die GKH erhebt Mitgliedsbeiträge (§ 7). Sie gliedert sich in den Bundesverband sowie Betriebsgruppen (§ 11). Ihre Organe sind der Bundesgewerkschaftstag, der Hauptvorstand sowie das Schiedsgericht (§ 12). Die GKH gewährt Unterstützung bei Streik und Aussperrung (§ 17) sowie Rechtsschutz (§ 19). Des Weiteren erkennt sie das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich an (§ 23).
7Die GKH teilt sich eine Geschäftsstelle mit der CGM. Sie beschäftigt keine eigenen hauptamtlichen Mitarbeiter, sondern wird im Nebenamt durch die 7 Mitglieder des Hauptvorstandes geführt. Ihr Gewerkschaftsorgan ist die zweimonatlich erscheinende Deutsche Gewerkschaftszeitung (DGZ).
8Die GKH ist Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschland (Beteiligter zu 9; im Folgenden: CGB). Es besteht eine Rahmenvereinbarung. Für die organisatorischen und Verwaltungsarbeiten der GKH sind in den Geschäftsstellen Paderborn und Berlin zwei hauptamtliche Mitarbeiter von ihrer Tätigkeit für die CGM befreit. Die Betreuung der Mitglieder der GKH in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen findet in den CGM-Sekretariaten statt, welche in insgesamt 17 Geschäftsstellen in Deutschland verteilt und wo stets hauptamtliche Rechtssekretäre tätig sind.
9Mit Satzung vom 25.04.2004, welche dem Gericht im Anhörungstermin zur Einsicht vorlag, bildet (e) die GKH die "Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Holz, Kunststoff, Modellbau und Holzindustrie" gemeinsam mit dem DHV – Deutscher Handels- und Industrieangestelltenverband – die Berufsgewerkschaft e.V., welcher ebenfalls Mitglied im CGB ist.
10Nach Angaben der GKH sowie des Fachverbandes des Tischlerhandwerks NRW (Beteiligter zu 13) ist im Tischlerhandwerk derzeit von einer Betriebszahl von knapp 40.000 sowie einer Beschäftigtenzahl von ca. 170.000 auszugehen. Davon haben mehr als die Hälfte der Betriebe bis zu 5 Beschäftigte und lediglich ca. 6 % über 20 Beschäftigte. In Nordrhein-Westfalen sind arbeitgeberseitig knapp 4.200 Mitgliedsbetriebe tarifgebunden. Von den Nordrhein-Westfalen insgesamt im Tischlerhandwerk beschäftigen 30.000 Arbeitnehmern sind etwa 20.000 in den arbeitgeberseitig tarifgebundenen Betrieben beschäftigt. Der Organisationsgrad der Beschäftigten im Tischlerhandwerk in Nordrhein-Westfalen liegt nach Einschätzung der GKH sowie des Fachverbandes des Tischlerhandwerks NRW bei lediglich ca. 2 bis 3 %. Die Zahl der Betriebe sowie der Beschäftigten weist eine (stark) sinkende Tendenz auf.
11Im Bereich des Modellbauerhandwerks sind nach Angaben der GKH sowie des Bundesinnungsverbandes des Modellbauerhandwerks (Beteiligter zu 5) bundesweit ca. 3.000 Beschäftigte in rund 400 Betrieben, darunter etwa 300 arbeitgeberseitig tarifgebundene Mitgliedsbetriebe, beschäftigt. Der Organisationsgrad der Beschäftigten im Modellbauerhandwerk in Nordrhein-Westfalen liegt nach Einschätzung der GKH sowie des Bundesinnungsverbandes des Modellbauerhandwerks lediglich bei ca. 2 bis 3 %.
12Die GKH hat nach ihren eigenen Angaben seit ihrer Gründung mindestens 63 Flächentarifverträge zu verschiedenen Themen / mit verschiedenen Inhalten in verschiedenen Bundesländern und verschiedenen Bereichen (Tischlerei und Schreinerhandwerk, Modellbauerhandwerk, Parkettlegerhandwerk, Sattler- und Raumausstatterhandwerk vgl. Bl. 159 ff. d. A.) geschlossen. Hinzu kommen im September 2007 abgeschlossene Mantel- und Entgelttarifverträge für das Tischlerhandwerk in Mitteldeutschland. Zwischen der IG Metall und der GKH ist streitig, ob die GKH die aufgeführten Tarifverträge "lediglich" in Tarifgemeinschaft mit der DHV abgeschlossen hat oder ob es sich in sofern – zumindest teilweise – um sogenannte mehrgliedrige oder gegliederte Tarifverträge handelt. Tarifvertragspartner der GKH bzw. der "Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Holz, Kunststoff, Modellbau und Holzindustrie" sind (insbesondere) der Fachverband Schreinerhandwerk Bayern, der Fachverband Lebenraumgestaltung Hessen, der Verband des Tischlerhandwerks Niedersachsen/Bremen, der Fachverband des Tischlerhandwerks Nordrhein-Westfalen, der Landesfachverband Holz und Kunststoff Rheinland-Pfalz, der Fachverband Holz und Kunststoff Mecklenburg-Vorpommern, der Fachverband Holz und Kunststoff e.V. Hamburg sowie der Fachverband Holz und Kunststoff Schleswig-Holstein (Beteiligte zu 10 bis 17). Der Fachverband Holz und Kunststoff Mecklenburg-Vorpommern führt dabei die Geschäfte der Tarifgemeinschaft der neuen Bundesländer und vertritt damit den Landesinnungsverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks Thüringen, den Fachverband Holz und Kunststoff Sachsen, den Fachverband Holz und Kunststoff Sachsen- Anhalt sowie den Fachverband Holz und Kunststoff Brandenburg.
13Die IG Metall hat seit ihrer Satzungserweiterung mit Wirkung zum 01.01.2000 Flächentarifverträge für das Tischlerhandwerk lediglich in Saarland und in Baden-Württemberg abgeschlossen. Im Modellbauerhandwerk hat sie seit Ende der 1990er Jahre – mit Ausnahme eines Firmentarifvertrages – keinerlei Tarifverhandlungen mehr geführt.
14Mit rechtskräftigem Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 – 2 BV 3/2000 (Bl. 23 ff. d. A.) wurde festgestellt, dass die Christliche Gewerkschaft Deutschlands (CDG) keine (tariffähige) Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne sei. Die CDG wurde 1990 in Gera gegründet. Ihr ursprünglicher Organisationsbereich erstreckte sich – wie derjenige der GKH - in räumlicher Hinsicht auf das gesamte Bundesgebiet und sah keinerlei fachliche Einschränkung vor. Erst im Laufe des seinerzeitigen Verfahrens erfolgte eine Satzungsänderung, insbesondere Eine Beschränkung des fachlichen Organisationsbereichs auf das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk, Modellbau-Handwerk, Raumausstatter-Handwerk und den Trockenbau. Eine Mitgliedschaft im CDG war ohne Rücksicht auf eine Beschäftigung in diesem fachlichen Organisationsbereich möglich. Der (vollständige) Beschluss des Arbeitsgerichts Gera wurde den (seinerzeit) Beteiligten am 18.03.2003 zugestellt.
15Die IG Metall vertritt die Auffassung, die GKH erfülle die Mindestvoraussetzungen einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung nicht. Aufgrund der geringen Mitgliederzahl und ihrer durch hauptamtliche Mitarbeiter anderer Arbeitnehmervereinigungen geprägten Mitgliederstruktur sei davon auszugehen, dass die GKH weder frei gebildet noch auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sei. Der GKH fehle jegliche demokratische Legitimation. Laut Satzung seien Gewerkschaftstage abzuhalten. Bislang hätten jedoch nur – in der Satzung nicht vorgesehen – Mitgliederversammlungen stattgefunden. Es sei nicht ersichtlich, wo und in welchem Umfang die GKH Mitglieder in den Bereichen vorzuweisen habe, in denen sie Tarifverträge abschließt und wie sich etwaig vorhandene Mitglieder am Willensbildungsprozess der GKH beteiligen. Die GKH sei nicht in der Lage, ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll zu erfüllen. Aufgrund der Anzahl und der Struktur ihrer Mitglieder fehle ihr die erforderliche Durchsetzungskraft. Dies selbst dann, wenn man einen vollzähligen Übertritt der (vermeintlichen) Mitglieder der vormaligen CGD zur GKH unterstellen wollte. Richtigerweise könne jedoch mangels Durchführung eines Gewerkschaftstages von einem solchen Übertritt nicht ausgegangen werden. Vielmehr verfüge die GKH lediglich über 7 bis 9 Mitglieder. Ihr Mitgliederbestand erschöpfe sich – zumindest im Wesentlichen – in den 7 Mitgliedern des Hauptvorstandes. Diesen Schluss legten Verlauf, Protokolle und Teilnehmerlisten der bislang stattgefundenen 4 Mitgliederversammlungen nahe.
16Des Weiteren fehle es der GKH auch an einer hinreichenden Leistungsfähigkeit ihrer Organisation. Angesichts ihrer selbst gewählten Zuständigkeit für das gesamte Bundesgebiet könne die GKH die Einhaltung der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge nicht einmal im Bedarfsfalle überwachen. Ihr fehle sowohl eine ausreichende finanzielle Basis als auch eine entsprechende Infrastruktur. Unter ihrer Internetadresse erscheine lediglich eine leere weiße Seite ("hier entsteht eine neue Internetpräsenz."). Die GKH verfüge nicht einmal über eine eigene Telefonnummer.
17Die GKH könne sich nicht auf eine aktive Teilnahme am Tarifgeschehen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen. Sie habe bisher nicht in nennenswertem Umfang Tarifverträge abgeschlossen. Vielmehr sei gemäß dem zeitlichen Zusammenhang und den festgestellten Strukturen sowie Aktivitäten davon auszugehen, dass es sich um eine "Auffangorganisation" für die vormalige CGD handele. So habe die Gründungsversammlung der GKH nur eine Woche nach Zustellung des (vollständigen) Beschlusses des Arbeitsgerichts Gera stattgefunden und sei diese u.a. von dem stellvertretenden Vorsitzenden der CGB L5 initiiert worden, welcher in dem seinerzeitigen Verfahren vor dem Arbeitsgerichts Gera bereits als Tarifsekretär der CDG aufgeführt worden war. Auch die "Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Holz, Kunststoff, Modellbau und Holzindustrie" sei nur rund einen Monat nach Bekanntwerden der Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts Gera ins Leben gerufen worden. Dass es sich bei der GKH um eine (bloße) "Auffangorganisation" für die CGD handele, entspreche auch der Wahrnehmung/Darstellung der Arbeitgeberseite. Die IG Metall verweist insofern auf ein Rundschreiben vom 22. März 2005 des Fachverbandes des Tischlerhandwerks NRW (Bl. 22 d. A.). Die Tarifzuständigkeit der GKH sei – jedenfalls nach deren Satzungsänderung im Laufe des seinerzeitigen Verfahrens – im Wesentlichen identisch mit derjenigen der CGD. Die in den Jahren 2003 und 2005 von der GKH bzw. der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Holz, Kunststoff, Modellbau und Holzindustrie abgeschlossenen Tarifverträge (vgl. die Antragsschrift B. 5 d. A.) seien fast inhaltsgleich mit den von der CGD zuvor abgeschlossenen Tarifverträge.
18Im Anhörungstermin am 14.03.2008 hat die IG Metall unter Bezugnahme auf § 13 der Satzung der GKH, insbesondere das dort unter Ziffer 6 vorgesehene Mindestquorum, noch einmal ihre Annahme unterstrichen, dass die GKH über allenfalls 16 bis 18 Mitglieder verfüge. Auf von ihr selbst bereits in nennenswertem Umfang abgeschlossene Tarifverträge könne sich die GKH nicht berufen. Zum einen seien lediglich die von der CGD zuvor abgeschlossenen Tarifverträge übernommen worden. Zum anderen habe die GKH ihre Tarifverträge lediglich in Tarifgemeinschaft abgeschlossen. Es handele sich um eine kleine Anschlussorganisation, welche lediglich im "Rückenwind" der DHV segele. Den Nachweis selbst abgeschlossener Tarifverträge habe die GKH bis heute nicht erbracht. Im Sinne der Rechtsprechung des BAG habe die GKH jedenfalls den Nachweis nicht erbracht, dass die für sie tätigen ehrenamtlichen Mitarbeiter über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügten. Insofern sei insbesondere zu beachten, dass gerade im Handwerk die Betreuung "in der Fläche" aufgrund der kleinen Betriebseinheiten viel schwieriger sei als etwa im Bereich der Industrie. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 zur Tariffähigkeit der CGM sei auf die GKH nicht zu übertragen. Die seinerzeitige Entscheidung sei insbesondere im Lichte der Besonderheiten der CGM zu sehen. So habe die DGM während ihres langjährigen Bestehens immerhin über 3.000 Tarifverträge abgeschlossen. Auch verfüge die CGM – wie dies das BAG sehr wohl weiterhin verlange – über entsprechende Mitglieder, während die GKH ein "mitgliederloses Substrat" bzw. eine "Phantomgewerkschaft" sei. Die von ihr im Verfahren angeführten Tarifverträge verdienten diesen Namen nicht. Es handele sich um bloße "Papiere".
19Nach entsprechender Klarstellung im Anhörungstermin beantragt die IG Metall zuletzt, festzustellen, dass die GKH keine tariffähige Gewerkschaft ist.
20Die GKH, der Bundesverband Holz und Kunststoff (Beteiligter zu 3; im Folgenden: BHKH), der Innungsverband Raum und Ausstattung Westfalen-Lippe (Beteiligter zu 4), der CGB, der Fachverband Schreinerhandwerk Bayern (Beteiligter zu 10) sowie der Fachverband Holz und Kunststoff Mecklenburg-Vorpommern (Beteiligter zu 15) beantragen,
21den Antrag abzuweisen.
22Die GKH vertritt die Auffassung, der Antrag der IG-Metall sei bereits unzulässig.
23Zum einen sei die IG-Metall nicht antragsbefugt, da sie in dem verfahrensgegenständlichen Organisationsbereich (offenbar) nicht durchsetzungsfähig sei. Die Rechtsprechung des BAG zur unteilbaren Tariffähigkeit stehe im hiesigen Kontext nicht entgegen. Zum anderen sei der Antrag unbestimmt. Es sei nicht hinreichend erkennbar, ob der Streit um die Tariffähigkeit oder um die Gewerkschaftseigenschaft der GKH schlechthin gehe. Zwar sei der hiesige Antrag vom BAG mit Urteil vom 28.03.2006 -1 AbR 58/04 – im Wege der Auslegung für zulässig erachtet worden. Dies jedoch nur, weil von den Beteiligten seinerzeit keine Einwendungen erhoben worden seien. Im hiesigen Verfahren sei nach den Ausführungen in der Antragsschrift eine Auslegung nicht möglich.
24Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die GKH sei sowohl eine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinn als auch tariffähig. Der Vortrag der IG-Metall sei bewusst unvollständig und pauschal. Die IG-Metall hätte – auch im Beschlussverfahren – schlüssige und substantiierte Anknüpfungstatsachen dafür vorbringen müssen, dass der GKH die Tariffähigkeit fehlt. Die GKH verfüge über die notwendige Durchsetzungskraft bzw. soziale Mächtigkeit sowie über eine hinreichend leistungsfähige Organisation. Die GKH verfüge über eine ausreichende Anzahl an Mitgliedern, die auch in Betrieben ihres Organisationsbereichs tätig seien und die von der IG-Metall "ins Blau hinein" behauptete Zahl von 7-9 Mitgliedern um ein "hohes Vielfaches" übersteige und darüber hinaus wachse. Nähere Angaben zu den Mitgliederzahlen bedürfe es nach der Rechtsprechung des BAG nicht, da die GKH bereits in nennenswertem Umfang in das Tarifgeschehen habe.
25Bei der GKH handele es sich um eine sog. Nischen- oder Spezialgewerkschaft. Die GKH habe sich gezielt auf einen von den Beschäftigten- und Betriebszahlen her sinkenden Organisationsbereich ausgerichtet. Der Organisationsbereich der GKH sei gekennzeichnet durch ganz überwiegend klassische kleine Handwerksbetriebe in immer kleinerer Zahl. Zudem sei ihr Organisationsbereich durch einen hohen Spezialisierungsgrad gekennzeichnet. Für einen Großteil der Betriebe im Organisationsbereich der GKH stelle der Ausfall nur weniger Mitarbeiter im Streikfalle eine existenzbedrohende Situation dar. Als stark spezialisierte Gewerkschaft in einen kleinen Organisationsbereich könne sie ohne großen organisatorischen Aufwand schnell und gezielt agieren und reagieren. Sie verfüge über die entsprechende fachliche Kompetenz, da die Mitglieder in Tarifkommissionen und selbst in Hauptvorstand fast ausnahmslos Beschäftigte im Organisationsbereich der GKH seien.
26Entgegen der Auffassung der IG-Metall habe die GKH auch bereits "in nennenswertem Umfang" aktiv am Tarifgeschehen teilgenommen. Der Abschluss der von ihr in das Verfahren eingeführten Tarifverträge habe jeweils gezielte und spezifische Verhandlungen mit dem betreffenden Tarifpartner erfordert. Eine bloße Übernahme auf ein anderes Tarifgebiet sei nicht möglich gewesen. Das bereits erfolgte aktive Eingreifen in das Tarifgeschehen sei insbesondere in Relation zur IG-Metall beachtlich. Während die GKH Flächentarifverträge für die Bereiche Hamburg, Niedersachen-Bremen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Rheinhessen-Pfalz, Bayern und Mitteldeutschland (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachen, Sachen-Anhalt, Thüringen) geschlossen habe, habe die IG-Metall dies nur im Saarland und in Baden-Württemberg vermocht, wobei die Tarifabschlüsse der IG Metall in Baden-Württemberg vor allem auf der Bereitschaft der IG-Metall beruht hätte, zu schlechteren Konditionen als die GKH abzuschließen. Die entspreche im Übrigen auch der Selbsteinschätzung der IG-Metall ausweislich ihres Branchenreports Nr. 16 aus 2004, nach welchem sie einräume, die Tarifführerschaft im Tischlerhandwerk seit Ende der 90er Jahre und der Integration der GHK in die IG-Metall verloren zu haben. Der Verlust der Tarifführerschaft im verfahrensgegenständlichen Organisationsbereich gelte umso mehr, als im Bereich des Modellbauerhandwerks die IG-Metall flächendeckend weder Tarifverhandlungen geführt, noch – mit Ausnahme eines Firmentarifvertrages – einen einzigen Tarifvertrag abgeschlossen habe. Die vom BAG geforderte "nennenswerte" Anzahl von Tarifverträgen sei nicht im Sinne einer Untergrenze definiert. Zu berücksichtigen seien insbesondere die Anzahl der insgesamt im betreffenden Organisationsbereich aktuell bestehenden Tarifverträge, das Alter Gewerkschaft sowie die Anzahl und flächenmäßige Verteilung der abgeschlossenen Tarifverträge. Insofern sei zu konstatieren, dass die GKH trotz kürzerer Lebensdauer mehr Tarifverträge als die IG-Metall abgeschlossen und einen flächenmäßig größeren Bereich damit abgedeckt habe.
27Die von der GKH abgeschlossenen Tarifverträge würden auch tatsächlich angewendet und zwar auf mehr als 90 % der Arbeitsverhältnisse in ihrem Organisationsgebiet. Dies angesichts des insgesamt geringen Organisationsgrades zwar wenig Kraft beiderseitiger Tarifbindung, jedoch Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme bzw. betrieblicher Übung. Die GKH regele somit nicht nur die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder, sondern fast aller in ihrem Organisationsbereich beschäftigten Arbeitnehmer.
28Im verfahrensgegenständlichen Organisationsbereich spiele die IG-Metall im tatsächlichen Tarifgeschehen praktisch keine Rolle (mehr), während die GKH die Tarifführerschaft in Deutschland übernommen und ausgebaut habe.
29Angesichts der Vielzahl der von der GKH geschlossenen Tarifverträge bedürfe es nach der Rechtsprechung des BAG keiner weiteren Ausführungen mehr zum Organisationsgrad.
30Die GKH verfüge auch über eine hinreichend Leistungsfähige Organisation. Die Fähigkeit zur Vorbereitung und zum Abschluss von Tarifverträgen sei durch die (Vielzahl) der bereits abgeschlossenen Tarifverträge indiziert. Im Übrigen müsse die Organisationsstärke stets im Verhältnis zum selbst gewählten Organisationsbereich bewertet werden. Dieser sei zwar flächenmäßig groß, jedoch fachlich sehr abgegrenzt und überschaubar. Um die dortigen Beschäftigten zu erreichen und die Einhaltung und Umsetzung der abgeschlossenen Tarifverträge zu überwachen, sei kein großer organisatorischer Apparat erforderlich. Auch das BAG habe anerkannt, dass eine leistungsfähige Organisation auch über ehrenamtliche Mitarbeiter aufgebaut werden könne, sofern diese über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügten. Hinsichtlich ihrer organisatorischen Leistungsfähigkeit verweist die GKH des weiteren auf ihren Satzungsmäßigen Aufbau, insbesondere die dort vorgesehenen Organe. Die bisherigen Gewerkschaftstage seien in Form einer Mitgliederversammlung abgehalten worden. Ein zweiter ordentlicher Gewerkschaftstag sei für das Jahr 2007 in Vorbereitung (gewesen). Neben dem Hauptvorstand sei eine Bundestarifkommission gebildet, welche in regelmäßigen Abständen (mindestens 1-mal pro Jahr) tage. Daneben bestünden regionale, fachliche Tarifkommissionen. Ehrenamtliche Mitarbeiter engagierten sich nicht nur im Hauptvorstand und den Tarifkommissionen, sondern auch in den Betriebsgruppen. Desweiteren verweist die GKH auf die mit der CGM bestehende Rahmenvereinbarung sowie darauf, dass sie noch eine sehr junge Gewerkschaft und das Netz ihrer hauptamtlichen Mitarbeiter daher (noch) im Aufbau begriffen sei. Ein deutliches Zeichen ihre organisatorische Leistungsfähigkeit sei die tatsächliche Durchsetzung/Durchführung der von ihr geschlossenen Tarifverträge. Deren Durchsetzung im Arbeitsleben sei bereits mehrfach gerichtlich festgestellt worden. Zudem bestünde gerade im verfahrensgegenständlichen Organisationsbereich ein durchaus ernst zu nehmendes Eigeninteresse der betreffenden Arbeitgeber an der Einhaltung der abgeschlossenen Tarifverträge. In der übergroßen Mehrzahl der Betriebe herrsche eine "familiäre Atmosphäre". Fragen der (Un-)Gleichbehandlung kämen dort schnell auf. Zudem herrsche ein enormer Konkurrenzdruck, unter welchem nur vergleichbare Personalkosten die Angebotserstellung kalkulierbar machten. Desweiteren sei zu beachten, dass eine lückenlose Kontrolle ohnehin nicht möglich sei und vom BAG ausdrücklich auch nicht verlangt werde. Entscheidend sei letztlich, dass die von der GKH abgeschlossenen Tarifverträge sowohl zwischen tarifgebundenen als auch zwischen nicht tarifgebundenen gelebt würden. Entgegen den Ausführungen der IG-Metall verfüge die GKH sehr wohl über einen eigenen Telefonanschluss. Auch ihre –vollwertige- Internetseite sei nach technischen Problemen "wieder im Netz".
31Die Behauptung, dass es sich bei der GKH um eine "Auffangorganisation" für die CGD handele, sei "schlicht aus der Luft gegriffen". Es bestünde weder eine Vergleichbarkeit noch eine (direkte) Berührung. So habe – als solches unstreitig – der ursprüngliche Organisationsbereich der CGD keinerlei fachliche Einschränkungen vorgesehen. Selbst nach der Laufe des vor dem Arbeitsgericht Gera geführten Verfahrens erfolgten Satzungsänderung habe der Organisationsbereich der CGD noch den Trockenbau erfasst und sei die Mitgliedschaft in der CGD ohne Rücksicht auf die Beschäftigung in ihrem fachlichen Geltungsbereich möglich gewesen. Die GKH sei nach alldem keine Rechtsnachfolgerin der CGD, sondern eine Neugründung für ihren speziellen fachlichen Geltungsbereich. Der bloße Übertritt von Mitgliedern genüge für die Annahme der IG-Metall nicht.
32Der Bundesverband Holz und Kunststoff (BHKH), der Innungsverband Raum und Ausstattung Westfalen-Lippe, der Bundesinnungsverband des deutschen Modelbauerhandwerks, der christliche Gewerkschaftsbund Deutschland (CGB) , der Fachverband Schreinerhandwerk Bayern, der Fachverband Tischlerhandwerk NRW sowie der Fachverband Holz- und Kunststoff Mecklenburg Vorpommern stützen die Rechtsauffassung der GKH mit
33Tatsachenvortrag und Rechtsausführungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bundesverbandes Holz und Kunststoff (BHKA) vom 10.01.2008, Blatt 2008 ff. der Akte, den Schriftsatz es Innungsverbandes Raum- und Ausstattung Westfalen-Lippe vom 18.01.2008, Blatt 237 ff, den Schriftsatz des Bundesinnungsverbandes des deutschen Modellbauerhandwerks vom 16.01.2008, Blatt 225 ff., den Schriftsatz des christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschland (CGB) vom 05.02.2208, Blatt 239 ff., den Schriftsatz des Fachverbandes des Schreinerhandwerks Bayern vom 16.01.2008, Blatt 220 ff., den Schriftsatz des Fachverbandes Tischlerhandwerks NRW vom 16.01.2008, Blatt 229 ff. sowie den Schriftsatz des Fachverbandes Holz und Kunststoff Mecklenburg-Vorpommern vom 12.03.2008, Blatt 259 ff. der Akte verwiesen.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
35B)
36Der Feststellungsantrag der IG-Metall unterliegt der Abweisung.
37Er ist zwar zulässig aber unbegründet. Die GKH ist eine tariffähige Gewerkschaft.
38I.
39Zulässigkeit.
40Der Feststellungsantrag der IG-Metall ist zulässig.
411.
42Gegenstand des Verfahrens ist die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung, für die nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 97, Abs. 1 und 2 ArbGG, 2 Abs. 1 TVG die Gerichte für Arbeitssachen aus dem Beschlussverfahren ausschließlich zuständig sind.
432.
44Das angerufene Arbeitsgericht Paderborn ist als dasjenige Arbeitsgericht in dessen Bezirk die Vereinigung, deren Tariffähigkeit festgestellt werden soll – hier die GKH – ihren Sitz hat, örtlich zuständig (Erfurter Kommentar/Eisemann, 7. Auflage (2007), § 82 ArbGG, Rand-Nr. 3; Erfürter Kommentar/Eisemann, 7. Auflage (2007), § 97 ArbGG, Rand-Nr. 3).
453.
46Der Antrag ist jedenfalls in der zuletzt im Anhörungstermin gestellten Fassung hinreichend bestimmt im Sinne des auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren §§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit ihm wird ausschließlich eine Entscheidung über die Tariffähigkeit der GKH begehrt, ein Ergebnis, welche die Kammer auch hinsichtlich des zunächst angekündigten Antrags im Wege der Auslegung gewonnen hätte (vgl. BAG vom 28.03.2006 –
471 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; LAG Baden-Württemberg vom 01.10.2004 – 4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85; Arbeitsgericht Stuttgart vom 12.09.2003, 15 BV 250/96, NZA -RR 2004, 540). Entgegen der Auffassung der GKH sowie der sie unterstützenden Beteiligten enthielt (bereits) die Antragsschrift insofern hinreichendes Auslegungsmaterial.
484.
49Die IG-Metall ist gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugt.
50Dies ist hier der Fall. Ausweislich ihrer Satzung erstreckt sich der räumliche Zuständigkeitsbereich der IG-Metall auf das gesamte Bundesgebiet. Der sachliche Zuständigkeitsbereich umfasst seit der entsprechenden Satzungserweiterung mit Wirkung zum 01.01.2000 auch die Betriebe der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung einschließlich der Handwerksbetriebe.
52b)
53Entgegen der von der GKH und den sie unterstützenden Beteiligten vertretenen Auffassung setzt die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG kein weitergehendes eigenes Recht der Gewerkschaft voraus. Vielmehr verleiht § 97 Abs. 1 ArbGG – unter anderem – einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern die prozessuale Befugnis, die Tariffähigkeit einer anderen, ganz oder teilweise denselben Zuständigkeitsbereich beanspruchenden Arbeitnehmervereinigung gerichtlich klären zu lassen. Daher kommt es für die Antragsbefugnis der antragstellenden Gewerkschaft auch nicht darauf an, ob sie wegen des bislang vom BAG vertretenen Grundsatzes der Tarifeinheit be………. muss, es könnten von ihr geschlossene Tarifverträge durch eine Vereinbarung der konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung verdrängt werden (BAG vom 38.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
54c)
55Soweit eine antragstellende Vereinigung die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; vom 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697; vom 06.06.2000 – 1 ABR 10/99, NZA 2001, 160). Auch dies ist vorliegend der Fall.
56Die generelle Tariffähigkeit der IG-Metall wird von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt. Sie lässt sich bei einer der weltweit mitgliederstärksten Arbeitnehmervereinigung auch schwerlich ernsthaft bestreiten.
57Die GKH und einige der sie unterstützenden Beteiligten haben eingewandt, die Tariffähigkeit der IG-Metall könne jedenfalls bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Bereich des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Schreinerhandwerk, Fenster- und Türenbauer) sowie des Modellbauerhandwerks nicht ohne weiteres angenommen werden, das die GKH in diesem Tarifbereich die IG-Metall als Tarifvertragspartei nahezu verdrängt habe. Dieser Einwand ist nicht geeignet, die Antragsbefugnis die IG-Metall in Frage zu stellen. Das Fehlen der Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung in einem Teilbereich des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs lässt deren Tariffähigkeit nicht insgesamt entfallen (BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112). Die IG-Metall ist daher im vorliegenden Verfahren auch dann uneingeschränkt antragsbefugt, wenn sie im Bereich des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks sowie des Modellbauerhandwerks keine Durchsetzungskraft mehr besitzen sollte.
585.
59Die IG-Metall hat an der begehrten Feststellung, dass die GKH keine tariffähige Gewerkschaft sei, das nach § 256 Abs. 1 ZPO rechtliche Interesse. Dieses folgt schon daraus, dass die rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit Wirkung für und gegen alle hat (BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; vom 06.06.2000 – 1 ABR 10/99, NZA 2001, 160).
606.
61Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht die Andeutung der GKH und einiger sie unterstützender Beteiligten entgegen. Die IG-Metall missbrauche das hiesige Verfahren, um einen missliebigen Konkurrenten los zu werden. Zuverlässige Anhaltspunkte für die Annahme, der IG-Metall gehe es nicht um die begehrte Feststellung des Fehlens der Tariffähigkeit der GKH, sondern ausschließlich darum, diese in ihrer Betätigungsfreiheit zu behindern, liege nicht vor. Der Umstand, dass die IG-Metall sich mit der GKH bei der Werbung um Mitglieder in Konkurrenz befindet, genügt hierfür nicht.
627. Schließlich steht die Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 – 2 BV 3/2000, AuR 2003, 198 zur fehlenden Tariffähigkeit der CGD einer Sachentscheidung in diesem Verfahren nicht entgegen.
63Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG (auch) Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der materiellen Rechtskraft fähig (BAG vom 06.06.200 – 1 ABR 21/99, NZA 2001, 156, v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492). Auch ist die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich nicht begrenzt (BAG v. 06.06.200 – 1 ABR 21/99, NZA 2001, 156).
64Die Beendigung der Rechtskraft kommt indessen jedenfalls bei Entscheidungen mit Dauerwirkung dann in Betracht, wenn sich die maßgeblichen, tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich ändern. Auch für Eigenschaften, die im Beschlussverfahren festgestellt werden, gilt demzufolge, dass die Rechtskraft dann einer erneuten Entscheidung nicht mehr im Wege steht, wenn sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt oder die Rechtslage wesentlich geändert haben (BAG v. 06.06.2000 – 1 ABR 21/99, NZA 2001, 156; v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492).
65Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse liegt jedenfalls im Falle einer Satzungsänderung vor (GMP/Matthes, Arbeitsgerichtsgesetz, 5. Aufl. [2004], Rn. 28).
66Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob – auch die IG Metall scheint dies nicht zu behaupten – die GKH eine Rechtsnachfolgerin im engeren Sinne der CGD ist und insofern die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft i.S.d. §§ 325 ff. gewahrt sind (vgl. dazu BAG v. 06.06.200 – 1 ABR 21/99, NZA 2001, 156).
67Denn jedenfalls wurde die GKH nicht nur unter einem neuen Namen und an einem neuen Ort bzw. mit einem anderen Sitz durch andere Gründungsmitglieder gegründet, sondern hat diese sich auch eine von der CGD abweichende Satzung gegeben. Denn selbst unter Berücksichtigung der im Laufe des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Gera erfolgten Satzungsänderung/-einschränkung bleibt es dabei, dass der Organisationsbereich der GKH sich jedenfalls nicht auf den Bereich des Trockenbaus erstreckt und dass entgegen der Satzung der CGD keine Mitglieder aus anderen Bereichen als dem satzungsmäßigen Organisationsbereich aufgenommen werden. Diese Abweichungen der Satzung stellen losgelöst von der Frage einer Rechtsnachfolge i.S.d. §§ 325 ff. ZPO jedenfalls eine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und somit eine Durchbrechung der ggf. bestehenden Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 dar.
68Letztlich sieht die IG-Metall dies genauso. Denn anderenfalls hätte sie eine Entscheidung in der Sache vorliegend nicht begehren dürfen.
69II.
70Die Beteiligten des hiesigen Verfahrens ergeben sich aus dem Rubrum.
71Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist – wie auch sonst in Beschlussverfahren – von Amts wegen zu prüfen (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697).
72Wer in einem Verfahren nach §§ 97 Abs. 1, 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG beteiligt ist, ergibt sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gem. § 97 Abs. 2 ArbGG entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697; v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492).
73Dies gilt auch dann, wenn Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberverbände, die Mitglied einer Spitzenorganisation sind, eine Tarifgemeinschaft gebildet haben, die ihrerseits nicht Mitglied der Spitzenorganisation ist. Die Interessen der in der Tarifgemeinschaft zusammengeschlossenen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberverbände können insoweit durch die beteiligte Spitzenorganisation wahrgenommen werden. Einer gesonderten Beteiligung der Tarifgemeinschaft bedarf es – ungeachtet ihrer Rechtsnatur nicht (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – NZA 2006, 1112). Erstreckt sich die Zuständigkeit der Vereinigung, deren Tariffähigkeit umstritten ist, auf das Gebiet mehrerer Bundesländer, ist in dem Verfahren auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – NZA 2006, 1112; v. 06.06.200 – 1 ABR 10/99, NZA 2001, 160; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697; v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492).
74Die Beteiligtenstellung beruht unmittelbar auf dem materiellen Recht. Sie ist nicht von Handlungen der betreffenden Stelle oder des Gerichts abhängig. Der Verlust der Beteiligtenstellung ist ebenfalls von Amts wegen zu beachten (BAG v. 22.06.2005 – 7 ABR 30/04, Juris). Zu beteiligen sind alle Vereinigungen, deren örtliche und sachliche Zuständigkeit mit der Zuständigkeit der Vereinigung, deren Tariffähigkeit oder Zuständigkeit umstritten ist, wenigstens teilweise übereinstimmt (BAG v. 27.09.2005 – 1 ABR 41/04, Juris; Erfurter Kommentar/Eisemann, 7. Aufl. [2007], § 97 ArbGG, Rn. 5). Da hiervon eine Vielzahl von Verbänden betroffen sein können, genügt es, wenn die jeweiligen Spitzenverbände – meist DGB und BDA – beteiligt werden, die die Interessen der in ihrer Zuständigkeit getroffenen Vereinigungen wahrnehmen (BAG v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 497). Neben den Spitzenorganisationen können sich die örtlich und sachlich zuständigen Mitgliedsverbände dadurch beteiligen, dass sie als Antragsteller auftreten (BAG v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492). Dasselbe gilt für den jeweiligen Bundesinnungsverband des Handwerks, in dessen Bereich die umstrittene Vereinigung tätig wird (BAG v. 01.02.2983, AP ZPO, § 322 Nr. 14; Erfurter Kommentar/Eisemann, 7. Aufl. [2007], § 97 ArbGG, Rn. 5). Ebenso wie sich örtlich und sachlich zuständige Mitgliedsverbände der bereits beteiligten Spitzenorganisationen dadurch beteiligen können, dass sie als Antragsteller auftreten (BAG v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/08, NZA 1987, 492) ist die Beteiligung weiterer Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigungen durch das Gericht – zumindest auf Antrag der Beteiligten – durch die Rechtsprechung des BAG nach Ansicht der Kammer ausgeschlossen. Wird die Hinzuziehung weiterer Beteiligter beantragt und erheben die übrigen Beteiligten keine Einwände, hat das Gericht eine Abwägung zwischen der Belastung des Verfahrens durch die Anhörung weiterer Beteiligter einerseits und der Gewinnung zusätzlicher Entscheidungsgrundlagen durch deren Anhörung andererseits vorzunehmen (vgl. BAG v. 25.11.1986 – 1 ABR 22/85, NZA 1987, 492).
75Eines separaten –zumal rechtskraftfähigen- "Beschlusses" bedarf es weder zur Beteiligung einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung noch zur "Entlassung" einer solchen aus dem Verfahren (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2004 -4 TaBV 1/04, NZA–RR 2005, 85; LAG Nürnberg vom 4. Januar 2007 -6 Ta 206/06, NZA –RR 2007, 214). Gegebenenfalls hat die Anhörung eines (vormaligen) Beteiligten künftig zu unterbleiben; eines förmlichen Beschlusses bedarf es nicht (LAG Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2004 -4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85). Das Arbeitsgericht "entscheidet" nicht im materiellen Sinn über die Beteiligtenstellung. Es stellt nur fest, wer durch die Entscheidung der Rechtsfrage materiell betroffen ist. Eine fehlerhafte Feststellung des Arbeitsgerichts nimmt oder gibt den zu beteiligten Personen oder Organen nicht ihren Beteiligtenstatus. Die Sachentscheidung des Gerichts kann dann wegen fehlender Anhörung eines materiell Beteiligten dessen rechtliches Gehör verletzen (LAG Nürnberg vom 4. Januar 2007 -6 Ta 206/06, NZA-RR 2007, 214). Die Anhörung eines Beteiligten kann aber in jedem Verfahrensstadium –selbst noch im Verfahren vor dem BAG- nachgeholt werden. Die Frage, wen das Arbeitsgericht formell anhört und wen nicht, stellt sich daher als verfahrensleitende Maßnahme dar, gegen die ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist (LAG Nürnberg vom 4. Januar 2007 -6 Ta 206/06, NZA-RR 2007, 214). Das Arbeitsgericht entscheidet mit seinem Beschluss letztlich, welcher Vereinigung es rechtliches Gehör gewähren wolle oder nicht. Es geht nicht darum, ob etwa ein gewillkürter Parteiwechsel als zulässig anzusehen ist, ob eine bestimmte Partei an einem kontradiktorischen Verfahren teilnehmen kann –es geht "lediglich" darum, ob einem Beteiligten oder Nichtbeteiligten rechtliches Gehört zu gewähren ist. Insofern stellt die Beteiligtenstellung –wie dargelegt- etwas materiell anderes dar, als die –auch mit möglicher Kostenlast verbundene- Parteistellung im Urteilsverfahren (LAG Nürnberg vom 4. Januar 2007 -6 Ta 206/06, NZA-RR 2007, 214). Ob das Gericht weitere Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigungen als beteiligt ansieht oder nicht, beeinträchtigt die Rechtsposition der anderen Beteiligten –zumal wenn sie der Hinzuziehung der weiteren Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigungen nicht widersprochen haben- in keiner Weise (vgl. LAG Nürnberg vom 4. Januar 2007 -6 Ta 206/06, NZA-RR 2007, 214).
76Nach vorstehenden Grundsätzen sind an dem hiesigen Verfahren die aus dem Rubrum ersichtlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervereinigungen (weiterhin) beteiligt. Dies gilt unproblematisch für die IG Metall als Antragstellerin sowie für die GKH kraft "umittelbarster" Betroffenheit als Antragsgegnerin. Da der regionale Zuständigkeitsbereich der GKH unbegrenzt ist, ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertreten durch den Bundesminister Olaf Scholz –insofern war das Rubrum von Amts wegen zu berichtigen, was ebenfalls keines gesonderten Beschlusses bedurfte- beteiligt.
77Das Gericht hätte sich von Amts wegen nicht veranlasst gesehen, die Beteiligten zu 10) – 17) am Verfahren zu beteiligen. Denn diese sind sämtlichst Mitgliedsverbände des Beteiligten zu 3) und wären insofern im Sinne der –freilich nicht unumstrittenen- Rechtsprechung des BAG im vorliegenden Verfahren hinreichend repräsentiert. Gleichwohl haben die Beteiligten zu 10) – 17) auf entsprechenden Antrag und ohne Widerspruch der übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Denn es handelt sich um mögliche bzw. bereits vorhandene Tarif-/Sozialpartner der GKH. Insofern hätte es zwar ausgereicht, es bei der Beteiligung des Beteiligten zu 3) zu belassen. Jedoch schließt/schloss dies nach Auffassung der Kammer eine Hinzuziehung der Beteiligten zu 10) – 17) nicht aus. Deren Anhörung war nach Einschätzung des Gerichts sachgerecht, weil diese die größere Sachnähe zum tatsächlichen Tarifgeschehen gegenüber dem Beteiligten zu 3) aufweisen, welcher unstreitig mit der GKH selbst keine Tarifverträge abschließt.
78Trotz der Beteiligung der Beteiligten zu 10) – 17) hat das Gericht keine Veranlassung –zumal durch gesonderten Beschluss siehe oben- gesehen, den Beteiligten zu 3) aus dem Verfahren zu "entlassen". Dies schon deshalb nicht, weil er im Verfahren einen eigenen Antrag gestellt hat.
79Die Beteiligten zu 4) (Innungsverband Raum und Ausstattung Westfalen-Lippe) und 5) (Bundesinnungsverband des deutschen Modellbauerhandwerks) waren ebenfalls als Spitzenorganisationen für die betreffenden Handwerksinnungen zu beteiligen. Der Innungsverband Raum und Ausstattung Westfalen-Lippe hat zudem einen eigenen Antrag gestellt.
80Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist als Spitzenorganisation auf Arbeitgeberseite beteiligt. Sie ist berufen, die Interessen weiterer möglicher Tarifpartner der GKH in diesem Verfahren gelten zu machen.
81Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschland (CGB) ist als Beteiligter zu 9) als Spitzenorganisation an diesem Verfahren beteiligt. Aus der Satzung der GKH ergibt sich keine Einschränkung, dass diese nicht in Konkurrenz zu anderen Gewerkschaften des CGB treten darf. Zudem ist der CGB als Spitzenverband der Gewerkschaft deutscher Handels- und Industrieangestelltenverband DHV zu beteiligen. Der DHV hat seine Tarifverträge jeweils/teils in Tarifpartnerschaft mit der GKH abgeschlossen, so dass er durch die Entscheidung ebenfalls betroffen ist.
82Der deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist als Spitzenverband gemäß seiner Benennung in der Antragsschrift beteiligt. Zwar hätte vorliegend die Beteiligung der IG Metall als im DGB organisierter Einzelgewerkschaft genügt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine weitere DGB Gewerkschaft in räumlicher oder sachlicher Hinsicht mit der GKH in Konkurrenz treten könnte. Einer Beteiligung des Fachverbandes bedarf es dann nicht, wenn die innerhalb des DGB allein zuständige Einzelgewerkschaft am Verfahren beteiligt ist (BAG vom 6. Juni 2000 -1 ABR 10/99, NZA 2001, 160). Gleichwohl hat das Gericht keine Veranlassung zu einer –ohnehin nur klarstellenden (siehe oben)- Entlassung des DGB aus dem Verfahren gesehen.
83In der Endfassung: Zum einen die einzelnen Beteiligten durchnummerieren. Zum anderen spricht vieles dafür, dass der DGB, der noch nicht einmal einen eigenen Antrag gestellt hat, aus dem vorliegenden Verfahren durch Löschung aus dem Rubrum zu "entlassen" ist. Gegebenenfalls verblieben dann nur noch 16 Beteiligte.
84Oben noch einfügen, dass der Fachverband Holz- und Kunststoff Mecklenburg-Vorpommern die Geschäfte der Tarifgemeinschaft der neuen Bundesländer führt und damit die Landesfachverbände Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg vertritt.
85III.
86Der Antrag der IG Metall ist unbegründet.
87Die GKH ist eine tariffähige Gewerkschaft.
88Sie erfüllt sämtliche ihr zu erforderlichen Voraussetzungen.
891.
90Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG, welcher sich die Kammer anschließt, muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig zu sein. Das BAG hat diese Voraussetzungen zuletzt mit seinen Beschlüssen vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697 sowie vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112) beschrieben. Danach muss eine Arbeitnehmervereinigung sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehört einmal die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation (BAG vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697; vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
91Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. Auch die Anforderungen, die an den die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellen sind, sind gesetzlich nicht beschrieben. Die entsprechende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist verfassungskonform und auch gemeinschafts- und völkerrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. zuletzt die ausführliche Darstellung in BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
92Dies gilt auch für die vom BAG aufstellten Erfordernisse der sozialen Mächtigkeit sowie der organisatorischen Leistungsfähigkeit (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
93Dabei dürfen jedoch –worauf im Einzelnen noch zurückzukommen sein wird- an die Tragfähigkeit keine Anforderungen gestellt werden, die erheblich auf die Bildung und Betätigung einer Koalition zurückwirken, diese unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Artikel 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und –betätigung führen (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
94Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Schrifttum nicht nur Zustimmung, sondern auch starke Kritik erfahren. Die Kammer hält jedoch die vom BAG entwickelten Kriterien für zutreffend. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird die Koalitionsfreiheit kleinerer Arbeitnehmervereinigungen hierdurch nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt (LAG Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2004 -4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85).
95Während das BAG unbedeutenden Arbeitnehmervereinigungen durch die Prüfung der Durchsetzungsfähigkeit und der Leistungsfähigkeit der Organisation präventiv die Teilnahme am Tarifgeschehen versagt, vertraut die Gegenauffassung im Schrifttum insoweit dem freien Spiel der Kräfte. Sie will auf einen präventiven Mechanismus verzichten und nur im Falle eines konkret festgestellten Ungleichgewichts in das Verhandlungsergebnis durch eine Inhaltskontrolle eingreifen (LAG Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2004 -4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85 mit weiteren Nachweisen).
96Würde man sich entgegen der Rechtsprechung des BAG für eine erweiterte Inhaltskontrolle entscheiden, hätte dies eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge. Denn die Gerichte für Arbeitssachen müssten in jedem Einzelfall prüfen, ob die betreffende Tarifnorm einer Inhaltskontrolle standhält. Hingegen führt das besondere Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG dazu, dass die Prüfung der Tariffähigkeit bei einem Gericht konzentriert wird. Auch angesichts des Umstands, dass die Feststellung der Durchsetzungsfähigkeit im Einzelfall beträchtliche Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht aufweisen kann, wäre die Rechtsunsicherheit weitaus höher, wenn erst von Fall zu Fall festgestellt würde, ob eine Tarifnorm einer Inhaltskontrolle standhält (LAG Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2004 -4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85).
972.
98Insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit schließt sich die Kammer auch der Auffassung des BAG an, nach welcher eine Arbeitnehmervereinigung für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich entweder insgesamt oder überhaupt nicht tariffähig ist und es eine partielle Tariffähigkeit nicht gibt (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
99Das Konzept einer unteilbaren, an eine signifikante Präsentanz anknüpfende Tariffähigkeit entspricht dem Allgemeininteresse an einer funktionsfähigen Tarifautonomie und ist –wie das Bundesarbeitsgericht dargelegt hat- verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs lässt im Normalfall erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Dabei lässt sich nicht generalisierend angeben, welche relative Größe der Teilbereich im Verhältnis zum Gesamtbereich genau haben muss, um die Arbeitnehmervereinigung insgesamt als tariffähig ansehen zu können. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Versagung der Tariffähigkeit einen erheblichen Eingriff in die Koalitionsfreiheit darstellt, ist allerdings –auch hier- eine grundrechtsfreundliche, eher großzügige Betrachtung geboten (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
100Demgegenüber verwirklicht das Konzept einer partiellen Tariffähigkeit/Tarifunfähigkeit zwar am konsequentesten das Prinzip, Tariffähigkeit dort, aber auch nur dort anzuerkennen, wo sie mit entsprechender Mächtigkeit der Arbeitnehmervereinigung verbunden ist. Es begegnet aber aus Gründen der Rechtssicherheit durchgreifenden Bedenken (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA, 2006, 1112). Wäre die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung jeweils nach Region, Berufszweig oder Branche unterschiedlich zu beurteilen, entstünde eine die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie ernsthaft gefährdende Unsicherheit. Es würde sich bei jedem Tarifvertrag die Frage stellen, ob die ihn abschließende Arbeitnehmervereinigung im jeweiligen räumlichen oder fachlichen Bereich Durchsetzungskraft und damit (partielle) Tariffähigkeit besitzt. Mit der sich daraus ergebenden Rechtsunsicherheit wären für das Funktionieren der Tarifautonomie weit größere Verfahren verbunden als mit der Anerkennung der generellen Tariffähigkeit einer in bestimmten Regionen oder Branchen (noch) nicht mächtigen Arbeitnehmervereinigung (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
101Ebenfalls nicht tragfähig wäre es, die Tariffähigkeit insgesamt zu versagen, wenn die Durchsetzungskraft oder organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt. Zwar ist die Organisationsstärke grundsätzlich im Verhältnis zu dem von der Arbeitnehmerkoalition selbst gewählten räumlichen und fachlichen Organisationsbereich zu bewerten; in diesem muss sie sich gegenüber der Arbeitgeberseite durchsetzen können. Auch liegt es in der Entscheidungsmacht und der Verantwortung einer Arbeitnehmervereinigung, in ihrer Satzung die Tarifzuständigkeit nicht für Bereiche zu beanspruchen, in denen sie nicht durchsetzungsfähig ist. Gleichwohl wäre eine derartige Anforderung an die Tariffähigkeit mit Artikel 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Sie würde nicht nur dazu führen, dass eine anerkannte Gewerkschaft ihr Tariffähigkeit insgesamt verlieren könnte, wenn sie in einem Teilbereich keine Durchsetzungskraft mehr besitzt. Vielmehr würde diese Konsequenz auch eintreten, wenn eine tariffähige Gewerkschaft ihren bisherigen Zuständigkeitsbereich durch Satzungsänderung auf Bereiche erstreckt, in denen sie –noch- nicht überall über die erforderliche Durchsetzungskraft verfügt. Dies widerspräche dem durch Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Recht, den Zuständigkeitsbereich eigenverantwortlich festzulegen (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
102Umgekehrt kann die Durchsetzungskraft in irgendeinem Teilbereich nicht stets die Tariffähigkeit für den Gesamtbereich begründen. Auch damit wären ganz erhebliche Gefahren für das Funktionieren der Tarifautonomie verbunden. Von einer Arbeitnehmervereinigung die nur in einem kleinen, unbedeutenden Teil eines räumlich und fachlich sehr weiten Zuständigkeitsbereichs durchsetzungsfähig ist, kann nicht erwartet werden, dass sie flächendeckend in der Lage ist, tarifliche Regelungen auszuhandeln, die den Interessen beider Seiten gerecht werden (BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
1033.
104Hiernach ist die GKH nach Auffassung der Kammer tariffähig.
105a.
106Die GKH hat sich in ihrer Satzung unter anderem die Aufgabe gestellt, die Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer wahrzunehmen und ist willens, Tarifverträge abzuschließen. Sie ist gegnerfrei und erkennt das geltende Tarifrecht an. All diese Voraussetzungen werden von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen.
107b.
108Nach Auffassung der Kammer erfüllt die GKH auch die weiteren –zwischen den Parteien streitigen- Voraussetzungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation.
109aa.
110Entgegen der Auffassung der IG Metall bestehen keine –durchgreifenden- Zweifel daran, dass die GKH frei gebildet ist.
111Ausweislich ihrer Satzung handelt es sich bei der GKH um einen Zusammenschluss mehrerer Personen auf freiwilliger privater rechtlicher Grundlage, der von Wechsel der Mitglieder unabhängig und zur organisierter Willensbildung fähig ist (Erfurter Kommentar/Franzen, 7. Auflage [2007], § 2 TVG, Rd-Nr. 6). Evident handelt es sich nicht um einen Zwangszusammenschluss zu einer öffentlichen Vereinigung (Erfurter Kommentar/Dieterich, 7. Auflage [2007], Artikel 9 GG, Rd-Nr. 4). Freiwilligkeit bedeutet, dass die Gründung einer Berufsvereinigung nicht erzwungen wird und Personen, welche die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllen, jederzeit der Eintritt sowie allen Mitgliedern ein Ausscheiden möglich ist. Die Mitgliedschaft muss nicht nur formalrechtlich freiwillig sein; es darf auch kein wirtschaftlicher Druck derart ausgeübt werden, dass ein rechtswidriger Zwang zum Beitritt oder Verbleib in dem Berufsverband besteht. Ein Zwang zum Beitritt (z. B. durch außerhalb der Vereinssphäre liegende Vergünstigungen) oder zum Verbleib (z. B. durch Vereinsstrafen) ist mit einer freiwilligen Mitgliedschaft unvereinbar (Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Auflage [2007], § 2, Rd-Nr. 279).
112Das die GKH nach diesen Grundsätzen frei gebildet ist, folgt aus den Regelungen in ihrer Satzung zum Beitritt (§ 3) sowie zum Austritt (§ 9). Anhaltspunkte dafür, dass die GKH in der Praxis von diesen in der Satzung geregelten Grundsätzen abweicht, bestehen nicht. Der Kammer erschließt sich nicht, wie die IG Metall aus der –vermeintlich- geringen Mitgliederzahl der GKH sowie der Prägung deren Mitgliederstruktur durch Hauptamtliche der CGM auf die nichtfreie Bildung der GKH schließen möchte.
113Gegebenenfalls mit dem Arbeitsgericht Gera wie folgt formulieren:
114Die GKH erfüllt unstreitig einen Teil dieser Mindestbedingungen. Sie hat sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt und ist willens, Tarifverträge abzuschließen. Der Wille hierzu ergibt sich insbesondere aus §§ (…) ihrer Satzung, aber auch dem in § (…) geregelten Leistungskatalog. Die GKH ist frei gebildet, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und erkennt das geltende Tarifrecht als verbindlich an. Dies ergibt sich aus den in § (…) der Satzung geregelten Grundsätzen und den Regeln über die Mitgliedschaft in § (…). Anhaltspunkte dafür, dass die GKH in der Praxis von diesen in der Satzung geregelten Grundsätzen abweicht, bestehen nicht. Weiterhin ist die GKH entsprechend ihrer Satzung unabhängig gegenüber politischen Parteien, Kirchen und Regierungen.
115Die GKH ist auch gegnerfrei. Das Erfordernis der Gegnerfreiheit bedeutet, dass einer Gewerkschaft grundsätzlich keine Personen angehören können, die ihrerseits Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen. Das dies bei der GKH der Fall wäre, ist von den Beteiligten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die IG Metall stellt allein auf personelle Überschneidungen mit der CGM ab.
116bb.
117Entgegen dem pauschalen Einwand der IG Metall ist die GKH auch als unabhängig anzusehen.
118Zum einen besitzt die GKH die erforderliche Gegnerunabhängigkeit. Das Merkmal der Gegnerunabhängigkeit ist nicht im formalen, sondern im materiellen Sinn zu verstehen. Es bedeutet für eine Koalition, welche die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder durch Abschluss von Tarifverträgen wahren und fördern will, dass sie vom tariflichen Gegenspieler unabhängig genug sein muss, um die Interessen ihrer Mitglieder wirksam und nachhaltig vertreten zu können. Sie muss über ihre eigene Organisation und über ihre Willensbildung selbst entscheiden können (BAG vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697 mit weiteren Nachweisen).
119Nicht jegliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit schließt die Gewerkschaftseigenschaft aus. An einer dafür konstitutiven Voraussetzung fehlt es vielmehr erst dann, wenn die Vereinigung strukturell vom sozialen Gegenspieler abhängig ist. Würden an die Gegnerunabhängigkeit überspannte Anforderungen gestellt, bestünde die Gefahr, dass die Koalitionsfreiheit ausgehüllt wird. An der erforderlichen Unabhängigkeit fehlt es daher erst dann, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt und verstätigt und die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei durch personelle Verflechtungen, auf organisatorischem Weg oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen ernsthaft gefährdet ist. Daran ist insbesondere zu denken, wenn sich eine Gewerkschaft im Wesentlichen nicht aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, sondern aus Zuwendungen der Arbeitgeber finanziert und zu befürchten ist, dass die Arbeitgeberseite durch Androhung der Zahlungseinstellung die Willensbildung auf Arbeitnehmerseite beeinflussen kann. Bei der Beurteilung verbietet sich eine schematische Betrachtung. Maßgeblich sind die Umstände es Einzelfalles (BAG vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697 mit weiteren Nachweisen). Einer derartige Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler –hier: Der Arbeitgeberseite- wird selbst von der IG Metall nicht behauptet.
120Im Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass die GKH von Dritten insbesondere vom Staat, von Parteien, von Kirchen oder anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen (vgl. Erfurter Kommentar/Franzen, 7. Auflage [2007], § 2 TVG Rd-Nr. 6) abhängig wäre. Dies gilt umso mehr, als Unabhängigkeit nicht bedeutet, dass Koalitionen parteipolitisch oder religiös neutral sein müssten. Es genügt vielmehr, wenn andere Organisationen keinen entscheidenden Einfluss in der Koalition ausüben (Erfurter Kommentar/Franzen, 7. Auflage [2007], § 2 TVG, Rd-Nr. 6).
121Nach alledem wird die Unabhängigkeit einer (tariffähigen) Gewerkschaft nicht durch eine gewisse Abhängigkeit von einer Dachorganisation –hier: Dem CGB- bzw. einer Schwestergesellschaft- hier: Der CGM- infrage gestellt, da diese ja letztlich "am selben Strang" ziehen.
122Nach ihrer Satzung ist die GKH unabhängig gegenüber politischen Parteien, Konzessionen, Regierungen und Unternehmen. Es ist nicht erkennbar, dass die GKH in finanzieller oder organisatorischer Hinsicht von ihrem sozialen Gegenspieler abhängig ist. Auch die Mitgliedschaft im CGB stellt ihre Unabhängigkeit nicht infrage. Anderenfalls müsste Selbiges für die IG Metall aufgrund ihrer Mitgliedschaft im DGB gelten. Die Gewerkschaftseigenschaft der GKH wird/würde auch nicht durch etwaige Doppelmitgliedschaften ihrer Mitglieder –hier: Zu dem in der CGM- nicht infrage gestellt (BAG vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697, 697 in anderem Zusammenhang).
123cc.
124Entgegen dem wiederum nur pauschalen Einwand der IG Metall ist auch von einer überbetrieblichen Organisation der GKH auszugehen.
125Ausweislich ihrer Satzung ist die GKH überbetrieblich angelegt (vgl. BAG vom 6. Juni 2000 -1 ABR 21/99, NZA 2001, 156). Es handelt sich nicht um einen sogenannten Werksverein.
126Hinzu kommt, dass richtigerweise –vom BAG in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697 ausdrücklich offen gelassen- die Übertrieblichkeit als Kriterium des Koalitionsbegriffs obsolet ist und insofern allenfalls als Indiz fungiert (Erfurter Kommentar/Franzen, 7. Auflage [2007], § 2 TVG, Rd-Nr. 6). Früher wurde als Ausfluss der Gegnerunabhängigkeit auch das Erfordernis der Übertrieblichkeit verlangt, weil aus Betriebs- (besser: Unternehmens-) ebene organisierte Koalitionen von ihrem Arbeitgeber als sozialen Gegenspieler abhängig waren, da dieser mittels Kündigung auf ihren Mitgliederbestand Einfluss nehmen konnten. Dieses Argument ist mit dem derzeit erreichten Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses nicht mehr tragfähig (Erfurter Kommentar/Franzen, 7. Auflage [2007], § 2 TVG, Rd-Nr. 6). Heutzutage ist die Überbetrieblichkeit daher allenfalls als Teilaspekt und Indiztatsache für die Frage der Gegnerunabhängigkeit von begrenztem Interesse (Erfurter Kommentar/Dieterich, 7. Auflage [2007], Artikel 9 GG, Rd-Nr. 25).
127dd.
128Nach Auffassung der Kammer verfügt die GKH auch über die erforderliche Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler.
129Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG muss eine Arbeitnehmervereinigung Durchsetzungskraft besitzen, um sicherzustellen, dass der soziale Gegenspieler Verhandlungsangebote nicht übergehen kann. Ein angemessener, sozial befriedigender Interessenausgleich kann nur zustande gekommen, wenn die Arbeitnehmervereinigung zumindest soviel Druck ausüben kann, dass sich die Arbeitgeberseite veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen gegenüber eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen einzulassen. Die Arbeitnehmervereinigung muss von ihrem sozialen Gegenspieler ernst genommen werden, so dass die Arbeitsbedingungen nicht einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt, sondern tatsächlich ausgehandelt werden. Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine solche Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss aufgrund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden (zuletzt BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697). Allerdings dürfen –so das BAG- an die Tariffähigkeit keine Anforderungen gestellt werden, die erheblich auf die Bildung und Betätigung einer Koalition zurückwirken, diese unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Artikel 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und –betätigung führen. Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler zur Teilnahme an einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens kann daher nicht bedeuten, dass die Arbeitnehmerkoalition die Chance des vollständigen Sieges haben muss. Es muss nur erwartet werden können, dass sie vom Gegner überhaupt ernst genommen wird und deshalb die Regelung der Arbeitsbedingungen nicht einem Diktat der einen Seite entspringt (zuletzt BAG vom 28. März 2006 -1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; vom 14. Dezember 2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697).
130Für die gerichtliche Prüfung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ist wesentlich, ob diese bereits aktiv am Tarifgeschehen teilgenommen hat. Hat eine Arbeitnehmervereinigung schon im nennenswerten Umfang Tarifverträge geschlossen, belegt dies regelmäßig ihre Durchsetzungskraft und Leistungsfähigkeit. Das gilt sowohl für den Abschluss von originären Tarifverträgen als auch für den Abschluss von Anerkennungstarifverträgen.
131Die Indizwirkung entfällt nur ausnahmsweise, wenn es sich um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge oder um Tarifverträge handelt, die auf einem einseitigen Diktat der Arbeitgeberseite beruhen. Hierfür bedarf es besonderer Anhaltspunkte. Hat die Arbeitnehmervereinigung dagegen noch nicht aktiv am Tarifgeschehen teilgenommen, bedarf des der Darlegung von Tatsachen, die den Schluss rechtfertigen, die Arbeitgeberseite werde die Arbeitnehmervereingung voraussichtlich nicht ignorieren können.
132Nach der ständigen Rechtssprechung des BAG kann sich die Durchsetzungskraft einer
133Arbeitnehmervereinigung darin zeigen, dass die schon aktiv in den Prozess der tariflichen Reglung von Arbeitsbedingungen eingegriffen hat. Dabei können auch Anschlusstarifverträge ein Anzeichen für Durchsetzungskraft sein. Dieses Indiz ist aber dann nicht ausreichend, wenn es sich bei den Tarifverträgen um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge handelt oder wenn sie auf einem Diktat der Arbeitgeberseite beruhen. Die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung kann zudem anhand ihrer Mitgliederzahl beurteilt werden. Die Organisationsstärke ist dabei im Verhältnis zu dem, von der Arbeitnehmerkoalition selbst gewählten räumlichen und fachlichen Organisationsbereich zu bewerten. In diesem muss sie sich gegenüber der Arbeitgeberseite durchsetzen können. Bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern kann sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellung handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfes kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können (BAG vom 28.03.2008 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
134Nach der Rechtsprechung des BAG sind mithin grundsätzlich zwei Ausgangssituationen zu unterscheiden:
135Eine Arbeitnehmervereinigung, die mit dem sozialen Gegenspieler noch keinerlei Vereinbarungen – seien es Tarifverträge, seien es sonstige Koalitionsvereinbarungen – geschlossen hat, kann für sich nicht in Anspruch nehmen, aktiv in den Prozess der tariflichen Regelungen von Arbeitsbedingungen eingegriffen zu haben. Dabei handelt es sich in der Regel um noch junge Arbeitnehmervereinigungen die sich den Abschluss von Tarifverträgen zum Ziel gesetzt haben. Hier fehlt zunächst jeglicher Beleg dafür, dass die Vereinigung von der Arbeitgeberseite überhaupt wahr- und ernst genommen wird. Die Durchsetzungskraft und Mächtigkeit lässt sich in diesem Fall nur prognostisch beurteilen. Dazu hat die Arbeitnehmervereinigung, die Tariffähigkeit beansprucht, Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, die den Schluss rechtfertigen, die Arbeitgeberseite werde sie voraussichtlich nicht ignorieren und sich (tarif-) Verhandlungen auf Dauer nicht entziehen können. Als hierzu geeignete Tatsachen kommen insbesondere die Organisationsstärke sowie ggfls. die Fähigkeit in Betracht, durch Arbeitnehmer in Schlüsselpositionen Druck ausüben (BAG v. 23.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
136Diese Regel- Ausnahmeverhältnis kehr sich um, wenn eine Arbeitnehmervereinigung mit der Arbeitgeberseite im beanspruchen Zuständigkeitsbereich oder in erheblichen Teilbereichen bereits in nennenswertem Umfang Tarifverträge geschlossen hat. Zwar belegt dies allein noch nicht zwingend eine Verhandlungsstärke, die ausreichen wäre, einen Tarifvertrag auch gegen den Willen der Gegenseite – notfalls durch Androhung oder Durchführung eines Arbeitskampfes – durchzusetzen. Dokumentiert ist aber, dass die Arbeitnehmervereinigung vom sozialen Gegenspieler wahrgenommen und zumindest für so gewichtig erachtet wird, dass es "die Mühe lohnt", mit ihr Vereinbarungen über Arbeitsbedingungen abzuschließen. Im übrigen bedeutet Durchsetzungskraft gegen über dem sozialen Gegenspieler nach der Rechtsprechung des BAG nicht, "dass die Arbeitnehmerkoalition die Chance des vollständigen Sieges haben muss"; es muss nur erwartet werden können, dass die Regelung der Arbeitsbedingen nicht einem Diktat der anderen Seite entspringt. In diesen Fällen kann typisierender weise davon ausgegangen werden, dass eine Arbeitnehmervereinigung, die bereits Tarifverträge abgeschlossen hat, die hierzu erforderliche Durchsetzungskraft besitzt (BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112 mit Nachweisen auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
137Das gilt zum einen, für …………………..ausgehandelte, eigenständige Tarifverträge. Sie zeigen, dass die Arbeitnehmervereinigung in der Lage ist, als Koalition mit Arbeitgebern Vereinbarungen zum Regelung der Arbeitsbedingungen zu schließen. Zugleich belegen sie, dass die Arbeitnehmervereinigung von der Arbeitgeberseite wahr- und erstgenommen wird (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
138Indizielle Wirkung für das Vorliegen der sozialen Mächtigkeit entfalten auch die von einer Arbeitnehmervereinigung in nennenswertem Umfang sog. Anerkennungs- oder Anschlusstarifverträge, mit denen diese für die von ihr vertretenen Arbeitnehmer, die von einer anderen Gewerkschaft mit der Arbeitgeberseite vereinbarten Tarifverträge übernimmt. Solche Tarifverträge sind nach Auffassung des BAG ein zuverlässiges Anzeichen dafür, dass die Vereinigung von den Arbeitgebern ernst genommen wird und Durchsetzungskraft besitzt (BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
139Eine Ausnahme von vorbezeichneter Indizwirkung kommt nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts bei originären Tarifverträgen nur in Betracht, wenn es sich um "Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge" oder um Vereinbarungen handelt, die auf einem Diktat der Arbeitgeberseite beruhen. Der Begriff des "Scheintarifvertrages" meint dabei nicht ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 Abs. 1 BGB. Gemeint sind vielmehr die –seltenen- Fälle, in denen es sich lediglich der äußeren Form, nicht aber dem Inhalt nach um Tarifverträge handelt (BAG vom 28.03.2006, 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112). Demgegenüber erfasst der Begriff des "Gefälligkeitstarifvertrages" zum einen Vereinbarungen, die von der Arbeitgeberseite nur geschlossen werden, um der Arbeitnehmerseite einen Gefallen zu erweisen, etwa um ihr das Etikett einer "Gewerkschaft" zu verleihen. Hierfür bedarf es besonderer Anhaltspunkte. Im Normalfall kann nicht angenommen werden, die Arbeitgeberseite schließe Tarifverträge nur, um eine ihr genehme Arbeitnehmervereinigung tariffähig zu machen. Ein derartiger Verdacht unterstellt eine langfristig geplante Strategie der Arbeitgeber, die darauf angelegt ist, eine Arbeitnehmervereinigung durch den Abschluss von Tarifverträgen mittelbar zu stärken. Hiervon kann für den Regelfall nicht ausgegangen werden (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
140Zum anderen können unter "Gefälligkeitstarifverträge" auch solche Vereinbarungen verstanden werden, bei denen die Arbeitnehmervereinigung der Arbeitgeberseite "gefällig" ist. Von einem Gefälligkeitstarifvertrag in diesem Sinne wird freilich nur in Fällen ein es kollosivem Zusammenwirkens der Arbeitnehmereinigung mit der Arbeitgeberseite ausgegangen werden können. Auch für eine solche Annahme bedarf es des Vorliegens besonderer Anhaltpunkte. Um solchen kann es sich handelt, wenn etwa in einem Tarifvertrag unter Ausnutzung einer gesetzlichen Tariföffnungsklausel gesetzliche Mindestbedingungen ohne Kompensation unterschritten werden oder ein besonders krasses Missverhältnis zwischen den vereinbarten Leistungen vorliegt. Ansonsten ist es nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, durch die Qualifizierung einer Vereinbarung als "Gefälligkeitstarifvertrag" Tarifzensur zu üben (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
141Das gilt auch für die Annahme, ein Tarifvertrag beruhe auf dem Diktat der Arbeitgeberseite. Hiervon wird ebenfalls nur in Ausnahmesituationen ausgegangen werden können. Eine solche liegt nicht schon dann vor, wenn ein von einer "kleinen" Arbeitnehmervereinigung abgeschlossener Tarifvertrag für die Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen enthält, als der von einer "mächtigen" Gewerkschaft geschlossene. Wenn eine Arbeitnehmervereinigung etwa zum Zwecke der Beschäftigungssicherung "Konzessionen" bei den Arbeitsbedingungen für angemessen hält, rechtfertigt dies nicht die Annahme, der Tarifvertrag beruhe auf einem Diktat der Arbeitgeberseite. Dabei besteht zwar die Gefahr, dass sich einzelne Arbeitgeber einer "schwächeren" Gewerkschaft zum Abschluss eines – gegenüber dem Flächentarifvertrag – spezielleren Haustarifvertrags "aussuchen", um mittels der in Fällen der Tarifpluralität vom BAG bislang vertretenen – verfassungsrechtlich umstrittenen – Lehre von der Tarifeinheit eine ihnen unbequemen Flächentarifvertrag verdrängen. Diese Problematik kann jedoch verfassungskonform nicht durch erhöhte Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung gelöst werden (BAG vom 28.03.2008 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
142Das Vorliegen eines Schein- oder eines Gefälligkeitstarifvertrages oder eines auf dem einseitigen Diktat der Arbeitgeberseite beruhenden Tarifvertrag entkräftet dessen indizielle Wirkung. Das hat aber nicht zur Folge, dass damit auch die indizielle Wirkung aller übrigen, von der Arbeitnehmervereinigung geschlossenen Tarifverträge entfiele. Erst eine Vielzahl solcher Tarifverträge kann die indizielle Wirkung der Gesamtheit der von der Arbeitnehmervereinigung geschlossenen Tarifverträge in Frage stellen (BAG vom 28.03.2006- 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
143Auch in Fällen, in denen eine Arbeitnehmervereinigung eine nennenswerte Zahl von Anschlusstarifverträgen geschlossen hat, bedarf es regelmäßig keiner näheren Feststellungen dazu, aufgrund welcher Umstände es zum Abschluss dieser Tarifverträge gekommen ist und welcher Zweck mit ihnen verfolgt wird. Gründe der Rechtssicherheit, der Praktikabilität und eines effektiven Rechtsschutzes sprechen dagegen, die Beurteilung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von den Umständen des Zustandekommens der hier geschlossenen Anschlusstarifverträge abhängig zu machen. Jedenfalls für die am Tarifabschluss nicht unmittelbar beteiligten Arbeitnehmer und – bei Verbandstarifverträgen – Arbeitgeber, entstünde dadurch eine erhebliche Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit der für sie geltenden Tarifverträge, kennen sie doch regelmäßig die näheren Umstände des Zustandekommens nicht. Außerdem würde den Gerichten für Arbeitssachen mit der - von Amts wegen vorzunehmenden – Aufklärung der Umstände des Zustandekommens der Anschlusstarifverträge eine kaum lösbare Aufgabe übertragen (BAG vom 28.03.2006 –
1441 ARB 58/04, NZA 2006, 1112).
145Nach vorbezeichneten Grundsätzen verfügt die GKH nach Auffassung der Kammer über die zur Anerkennung ihrer Tariffähigkeit erforderliche soziale Mächtigkeit.
146Ob hierfür bereits ihre Organisationsstärke ausreichend ist, erscheint überaus zweifelhaft und lässt sich für die Kammer aufgrund des Tatsachenvortrags der GKH im vorliegenden Verfahren nicht beurteilen. Da die Organisationsstärke "im Verhältnis zu dem von der Arbeitnehmerkoalition selbst gewählten räumlichen und fachlichen Organisationsbereich zu bewerten ist" (BAG v. 14.12.2004 -1 ABR 51/03, NZA 2005, 697), bestehen erhebliche Bedenken, ob selbst die von der GHK behaupteten Zahl von bundesweiten Mitgliedern in einen "großen Vielfachen von 7 bis 9" allein genügen würde, um die Prognose zu rechtfertigen, die GKH werde von der Arbeitgeberseite als Tarifpartner erst genommen. Im Übrigen liegt bei einem Zuständigkeitsbereich von nach eigenen Angaben der GKH knapp 175.000 Arbeitnehmern der Organisationsgrad sämtlicher in dem Bereich vertretener Gewerkschaften – also sowohl der GKH als auch der IG-Metall bei lediglich etwa 2 bis 3 %. Da die GKH ihre Mitgliederzahlen nicht weiter aufgeschlüsselt hat, ist auch nicht feststellbar, dass es bestimmte räumliche oder fachliche Bereiche gibt, in denen der Organisationsgrad signifikant höher und daher eine Durchsetzungskraft vorhanden wäre, die es rechtfertigen würde, die Tariffähigkeit insgesamt zu bejahen. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die GKH in bestimmten Schlüsselpositionen so stark vertreten wäre, dass davon ausgegangen werden könnte, die Arbeitgeberseite werde sich im Hinblick auf dieses Druckpotential ernsthaften Verhandlungen über die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht entziehen können. Insbesondere bestehen erhebliche Zweifel daran, dass es sich den etwaig in der GKH organisierten Arbeitnehmern um "Spezialisten in Schlüsselstellungen" handelt, wie etwa in dem der Entscheidung des BAG vom 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697 zugrunde liegenden Sachverhalt. Eine besondere Durchsetzungskraft ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Tatsache, dass es sich bei den organisierten Betrieben zumeist um kleine Handwerksbetriebe handelt, welche oftmals unter erheblichem Termindruck stehen, verstärkt durch drohende Vertragsstrafen oder Schadensersatzansprüchen im Falle des Verzugs. Zwar mag es sein, das die Drohung mit dem Einsatz von Arbeitskampfmitteln bereits weniger Arbeitnehmer und bereits für kurze Zeit die Handwerksbetriebe empfindlich belasten kann. Dieses Problem betrifft jedoch einen Großteil sämtlicher Handwerksbetriebe und ist insoweit kein Spezifikum. Diese Betriebe müssen auch sonst in der Lage sein, unvorhergesehene Arbeitsausfälle, beispielsweise aufgrund von Krankheit, zu bewältigen(………… vom 17.10.2002 – 2 Bv 3/2000, AUR…….).
147Die Frage, ob (allein) der Organisationsgrad der GKH ausreichend ist, um ihre Durchsetzungskraft zu bejahen, kann jedoch dahinstehen.
148Dass Ausmaß, in welchem sich die GKH in der Vergangenheit in das tarifliche Geschehen aktiv eingemischt hat, belegt nach Auffassung der Kammer hinreichend, dass sie in weiten Bereichen von der Arbeitgeberseite wahr- und erstgenommen wird.
149Entgegen der Beurteilung der IG-Metall können die von der GKH vereinbarten Tarifverträge als gewichtiges Indiz für ihre Tariffähigkeit gewertet werden. Dabei ist nicht entscheidend, inwieweit sich die GKH mit eigenen tarifpolitischen Vorstellungen hat durchsetzen können. Vielmehr macht der Abschluss von etwa 60 bis 70 Tarifverträgen seit der Gründung im Jahre 2003 hinreichend deutlich, dass sich die GKH als Tarifvertragspartei etabliert hat und von der Arbeitgeberseite anerkannt wird "Originalität" im Sinne der Durchsetzung eigener tarifpolitischer Vorstellungen ist keine notwendige Voraussetzung für Tariffähigkeit. Es mag für die IG-Metall misslich sein, wenn die GKH von den Tarifverhandlungen und Tarifabschlüssen der …………… profitiert. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die GKH ein ausreichendes Gewicht besitzt, um die Arbeitgeberseite zu veranlassen, mit ihr entsprechende "Übernahmetarifverträge" zu schließen und so die unmittelbare Tarifbindung auf die bei ihr vermeintlich organisierten Arbeitnehmer zu erstrecken. Wäre die GKH eine völlig unbeachtliche Gruppierung, bestünde hierzu für die Arbeitgeberseite keine Veranlassung.
150Die Umstände des Zustandekommens der ca. 60 bis 70 von der GKH abgeschlossenen Tarifverträge waren nicht weiter aufzuklären. Anhaltspunkte für die Annahme, es habe sich bei diesen Vereinbarungen in einem nennenswerten Umfang um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge gehandelt, sind nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Anschlusstarifverträge auf einem Diktat der Arbeitgeberseite beruhten. Auch die IG-Metall behauptet dies nicht.
151Die von der GKH vereinbarten Tarifverträge belegen ihre Durchsetzungskraft. Sie zeigen, dass die GKH im Bereich des Handwerks in der Lage ist, auch eigenständige Regelungen mit der Arbeitgeberseite zu vereinbaren.
152Zu Unrecht rügt die IG-Metall, es sei zu berücksichtigen, dass die Initiative zum Abschluss der Tarifverträge von der Arbeitgeberseite ausgegangen sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, entwerte das die Indizwirkung der Tarifverträge nicht. Sie sind deshalb nicht ungeeignet zu belegen, dass die GKH bereits aktiv am Tarifgesehen teilgenommen hat.
153Unerheblich ist die Auffassung der IG-Metall, die GKH sei bei den von ihr originär geschlossenen Tarifverträgen als "Lückenbüßer" aufgetreten. Dieser Begriff ist zur Beurteilung der Tariffähigkeit untauglich. Der Umstand, dass die GKH Tarifverträge in Bereichen geschlossen hat in denen der IG-Metall Tarifabschlüsse seit ihrer Satzungserweiterung im Jahr 2003 bislang nicht bzw. kaum gelungen sind – dies betrifft vor allem den Bereich des Handwerks in den neuen Bundesländern -, steht der indiziellen Wirkung dieser Tarifverträge nicht entgegen.
154Entgegen der Auffassung der IG-Metall bedurfte es keines gesonderten Nachweises, dass die von der GKH geschlossenen Tarifverträge tatsächlich das Arbeitsleben beeinflussen. Die von der GKH vereinbarten Tarifverträge dienen nach ihrem Inhalt dem Zweck, die (Mindest-) Arbeitsbedingungen der tarifgebundenen Arbeitnehmer normativ zu regeln. Sie sind darüber hinaus geeignet, einzelvertraglich für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in Bezug genommen zu werden. Auch wäre unverständlich, welchen Sinn für die Arbeitgeberseite der Abschluss von Tarifverträgen haben sollte, die das Arbeitsleben tatsächlich nicht beeinflussen. Insofern ist es unerheblich, dass die GKH nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen hat, dass sie in denjenigen Handwerksbereichen, in denen sie Tarifverträge abgeschlossen hat, über Mitglieder verfügt, die in tarifgebundenen Unternehmen tätig sind.
155Anhaltspunkte für die Annahme, es habe sich bei denen von der GKH (originär) geschlossenen Tarifverträgen in nennenswertem Umfang um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge gehandelt, liegen nicht vor. So ist weder ersichtlich, dass mit den Tarifverträgen andere Ziele verfolgt worden wären als die Regelung der Arbeitsbedingungen in dem betreffenden Bereich, noch ist erkennbar, dass sich die GKH – zumal in kollosivem Zusammenwirken – den Erwartungen der Arbeitgeberseite gefügig gezeigt oder sich deren Diktat unterworfen hätte. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte für die Annahme, in diesem Tarifverträgen seien Arbeitsbedingungen vereinbart worden, die unter den gesetzlichen Mindestbedingungen lägen und die nun von der Arbeitgeberseite aufgrund von Tariföffnungsklauseln dazu benutzt würden, auch auf nichttarifgebundene Arbeitnehmer ungünstigere als die gesetzlichen Arbeitsbedingungen anzuwenden. Ebenso wenig ist erkennbar, dass sich die GKH in nennenswertem Umfang dazu hergegeben hätten in einem Bereich, in dem ein mit der IG-Metall geschlossener Flächentarifvertrag gilt, ungünstigere, speziellere Tarifverträge mit der Arbeitgeberseite abzuschließen, um die günstigeren Tarifverträge der IG-Metall zu verdrängen.
156Selbst wenn dies in Einzelfällen vorgekommen sein sollte, würde dies nicht den Schluss rechtfertigen, es handele sich insgesamt bei den von der GKH geschlossenen Tarifverträgen um Gefälligkeitstarifverträge.
157Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei den von der GKH abgeschlossenen Tarifverträgen um eine "nennenswerte Anzahl" im Sinne der Rechtssprechung des BAG.
158Die IG-Metall hat insbesondere im Anhörungstermin darauf verwiesen, dass die Entscheidung des BAG vom 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112 – nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles gesehen werden könnte und dass in dem Verfahren bezüglich der CGM es immerhin um eine Zahl von rund 30.000 Anschlusstarifverträgen sowie ca. 550 oroginären Tarifverträgen ging, welche zudem über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten abgeschlossen wurden. Dieser Einschätzung der IG-Metall folgt die Kammer nicht.
159Die CGM nimmt, was die Zahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge angeht, unter denjenigen Arbeitnehmervereinigungen, deren Tariffähigkeit bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war, sicherlich eine Sonderstellung ein (LAG Baden-Württemberg vom 01.10.2004 – 4 TaBv 1/04, NZA-RR 2005, 85). Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nicht dazu führen, dass die vom BAG in der Entscheidung vom 29.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112 – aufgestellten allgemeinen und dem entsprechend "vor die Klammer gezogenen" Ausführungen nicht zu verallgemeinern und auf den vorliegenden Fall zu übertragen wären. Vielmehr folgt die Kammer der Einschätzung der GKH dahin, dass vom BAG der Begriff der "nennenswerten Anzahl" von Tarifverträgen nicht zahlenmäßig – insbesondere im Sinne einer Untergrenze definiert wurde und dass zur dessen Ausfüllung mehrere Kriterien zu berücksichtigen seien, so etwa die Anzahl der insgesamt im Organisationsbereich aktuell bestehenden Tarifverträge, das Alter der Gewerkschaft sowie die Anzahl und flächenmäßige Verteilung der abgeschlossenen Tarifverträge. Insofern muss konstatiert werden, dass die GKH trotz kürzerer, hälftiger Lebensdauer (deutlich) mehr Tarifverträge als die IG-Metall in dem hier verfahrensgegenständlichen Bereich abgeschlossen hat, sowie dass diese Tarifverträgen einen flächenmäßig (deutlich) größeren Bereich abdecken.
160Entgegen der insbesondere im Anhörungstermin geäußerten Auffassung der IG-Metall kann sich die GKH auch darauf berufen, dass sie bereits in nennenswertem Umfang aktiv am Tarifgeschehen teilgenommen habe, obwohl sie sämtliche/eine Vielzahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge in Tarifgemeinschaft mit der DHV abgeschlossen hat. Zum einen hat die GKH im Anhörungstermin darauf hingewiesen, dass jedenfalls die Tarifverträge aus den Jahren 2006 und 2007 sogenannte mehrgliedrige/gegliederte Tarifverträge seien. Zum anderen ist für die Kammer nicht ersichtlich und wurde auch von der IG-Metall selbst unter Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht hinreichend konkret vorgetragen, dass es sich bei der GKH lediglich um eine unbedeutende Anschlussorganisation handele, welche lediglich im Rückenwind der DHV "segele". Insbesondere erscheint aus Sicht der Kammer der Einwand beachtlich, dass die DHV kraft eigener satzungsmäßiger Zuständigkeit
161(Angestellte in verwaltenden und technischen Berufen) die GKH bei Abschluss der betreffenden Tarifverträge "mitziehen" konnte.
162Im Übrigen bliebe zu beachten, dass die GKH unstreitig die Tarifverträge für das Modellbauerhandwerk als alleiniger Tarifpartner abgeschlossen hat. Insofern gilt es darauf zurückzukommen, nach der Rechtsprechung des BAG es eine partielle Tariffähigkeit/Tarifunfähigkeit nicht gibt.
163Vielmehr reicht es nach der Rechtsprechung des BAG für die Anerkennung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung insgesamt aus, wenn sie eine hinreichende soziale Mächtigkeit für einen "zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs" beanspruchen kann. Dabei lasse sich nicht generalisierend angeben, welche relative Größe der Teilbereich im Verhältnis zum Gesamtbereich genau haben muss, um die Arbeitnehmervereinigung insgesamt als tariffähig ansehen zu können. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Versagung der Tariffähigkeit einen erheblichen Eingriff in die Koalitionsfreiheit darstellt, sei allerdings eine grundrechtsfreundliche, eher großzügige Betrachtung geboten. Vor diesem Hintergrund bedeutet nach Auffassung der Kammer die Zuerkennung der Durchsetzungsfähigkeit der GKH für den Bereich des Modellbauerhandwerks auch die Anerkennung der Durchsetzungsfähigkeit für den weiteren Bereich des Tischler- und Schreinerhandwerks.
164ee) Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die GKH über einen organisatorischen Aufbau verfügt, der sie befähigt, die Aufgaben einer Gewerkschaft für ihren Organisationsbereich wahrzunehmen.
165Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG muss eine Gewerkschaft von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Der Abschluss von Tarifverträgen erfordert Vorbereitungen. Hierfür sind die wirtschaftlichen Entwicklungen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beobachten und zu prognostizieren, um daraus die Tarifforderungen zu entwickeln. Auch muss die tatsächliche Durchführung eines Tarifvertrags überwacht und abgesichert werden. Das Verhandlungsergebnis, das regelmäßig Kompromisscharakter hat, muss verbandsintern vermittelt und durchgesetzt werden (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697). An den erforderlichen Organisationsaufbau können dabei keine starren Mindestanforderungen gestellt werden. Maßgeblich sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist, ob die Organisation ihre Aufgaben in dem selbstbestimmten Zuständigkeitsbereich erfüllen kann. Erstreckt sich dieser auf das gesamte Bundesgebiet und auf Arbeitnehmer in einer Vielzahl von Berufen und Sparten, wird regelmäßig eine erhebliche organisatorische Ausstattung auch in der Fläche erforderlich sein (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112). Beschränkt eine Gewerkschaft ihre Zuständigkeit dagegen auf eine Berufsgruppe und räumlich wenige Schwerpunkte, kann auch ein relativ kleiner, zentralisierter Apparat ausreichen, um Tarifverhandlungen effektiv zu führen, die Durchführung von Tarifverträgen zu überwachen und abzusichern sowie die Mitglieder zu betreuen (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 8/04, NZA 2006, 1112; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697).
166Der mit dem Erfordernis der organisatorischen Leistungsfähigkeit verbundene Eingriff in die Betätigungsfreiheit einer Arbeitnehmervereinigung ist im Interesse einer funktionsfähigen Tarifautonomie gerechtfertigt. Diese ist ohne eine leistungsfähige Organisation der tarifschließenden Partei nicht gewährleistet. Allerdings dürfen auch insoweit die Anforderungen an die erforderliche Organisation nicht überspannt werden. Artikel 9 Abs. 3 GG überlässt einer Koalition grundsätzlich die Wahl der Mittel, die sie bei ihrer koalitionsspezifischen Betätigung für geeignet und erforderlich hält. Dementsprechend unterfällt die Art und Weise der innergewerkschaftlichen Organisation grundsätzlich der Betätigungsfreiheit der Koalition. Meist wird eine leistungsfähige Organisation einen hauptamtlichen Mitarbeiterapparat erfordern. Unabdingbare Voraussetzung ist die Beschäftigung hauptamtlicher Mitarbeiter aber nicht. Es ist nicht vorn vornherein ausgeschlossen, eine leistungsfähige Organisation auf der Grundlage ehrenamtlicher Mitarbeiter aufzubauen (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – NZA 2005, 697).
167Eine nennenswerte Anzahl bereits geschlossener Tarifverträge indiziert nach der (neueren) Rechtsprechung des BAG regelmäßig auch die organisatorische Fähigkeit zu deren Vorbereitung und Abschluss. Dies gilt zwar nicht uneingeschränkt für die Fähigkeit, die tatsächliche Durchführung eines Tarifvertrags zu überwachen und abzusichern. Hierfür entfaltet der Abschluss von Tarifverträgen allenfalls begrenz indizielle Wirkung. Soll die Betätigungsfreiheit nicht in unzulässiger Weise beschränkt werden, dürfen aber auch insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Sonst liefen selbst "etablierte" Gewerkschaften Gefahr, ihre Tariffähigkeit zu verlieren. Diese entfällt daher nicht schon dann, wenn eine Arbeitnehmervereinigung personell nicht in der Lage ist, die tatsächliche Einhaltung der von ihr geschlossenen Tarifverträge jederzeit und überall vor Ort effektiv zu überwachen. Vielmehr genügt es, wenn diese Möglichkeit im Bedarfsfall gewährleistet ist. Die Tarifautonomie darf nicht gerade dadurch gefährdet werden, dass an das letztlich nur ihr selbst dienende Merkmal der Tariffähigkeit übermäßige Anforderungen gestellt werden. Auch gilt es zu beachten, dass angesichts der immer besser werdenden Telekommunikationsmöglichkeiten der Anwesenheit gewerkschaftlicher hauptamtlicher Vertreter vor Ort nicht mehr dieselbe Bedeutung zukommt wie früher (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
168Zu dem Merkmal der sozialen Mächtigkeit ist mit dem Merkmal der Leistungsfähigkeit der Organisation nicht (primär) die Autorität gegenüber dem sozialen Gegenspieler, sondern vielmehr diejenige gegenüber den eigenen Mitgliedern in Bezug genommen (Arbeitsgericht Stuttgart v. 12.09.2003 – 15 BV 250/96, NZA-RR, 540).
169Hiernach verfügt die GKH nach Auffassung der Kammer über einen organisatorischen Aufbau, der sie (gerade noch) befähigt, die Aufgaben einer Gewerkschaft für ihren Organisationsbereich wahrzunehmen.
170Die ca. 60 bis 70 von der GKH in der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens abgeschlossenen Tarifverträge im gesamten Bundesgebiet belegen hinreichend, dass die GKH organisatorisch zur Vorbereitung und zum Abschluss von Tarifverträgen in der Lage ist.
171Die vorhandene personelle, sächliche und organisatorische Ausstattung der GKH erscheint nach Auffassung der Kammer als (gerade) noch ausreichend, um die tatsächliche Durchführung der geschlossenen Tarifverträge zu überwachen und sicherzustellen. Zwar erstreckt sich der räumliche Organisationsbereich der GKH auf das gesamte Bundesgebiet und beschäftigt diese unstreitig keine hauptamtlichen Mitarbeiter. Jedoch ist die Beschäftigung hauptamtlicher Mitarbeiter nach der aufgezeigten Rechtsprechung des BAG keine unerlässliche Voraussetzung für die Annahme einer hinreichenden Leistungsfähigkeit der Organisation und ist zudem die GKH in fachlich eng umgrenzten Organisationsbereichen tätig, die sich zudem durch sinkende Betriebs- und Beschäftigungszahlen auszeichnen. Des Weiteren gilt es zu beachten, dass nach Auffassung des BAG die Überwachung der abgeschlossenen Tarifverträge nur im "Bedarfsfalle" gewährleistet sein muss und überall und ständig ohnehin nicht möglich erscheint; dies dürfte auch für die IG-Metall gelten. Nach ihren eigenen Angaben verfügt die GKH über kompetente ehrenamtliche Mitarbeiter aus den satzungsmäßigen Organisationsbereichen. Zudem besteht ein Rahmenabkommen mit der CGM, welche über entsprechende Geschäftsstellen im gesamten Bundesgebiet verfügt. Auch kann die GKH auf eine eigene Telefonnummer und – neuerdings wieder – auf eine "vollwertige" Internetseite verweisen. Überhaupt ist nach der Rechtsprechung des BAG zu beachten, dass angesichts der immer besser werdenden Telekommunikationsmöglichkeiten der Anwesenheit gewerkschaftlicher hauptamtlicher Vertreter vor Ort nicht mehr dieselbe Bedeutung zukommt wie früher. Des Weiteren kann die GKH in Gestalt der Deutschen Gewerkschaftszeitung (DGZ) auf ein entsprechendes zweimonatlich erscheinendes Gewerkschaftsorgan verweisen. Auch ihre hinreichende finanzielle Leistungsfähigkeit wird der GKH von der IG-Metall lediglich pauschal in Abrede gestellt. Ausweislich ihrer Satzung erhebt die GKH Mitgliedsbeiträge und bietet ihren Mitgliedern u.a. Unterstützung bei Streik und Aussperrung (§ 17), Rechtschutz (§ 19) eine Freizeitunfallversicherung (§ 20), Sterbegeld (§ 21). Dass diese Satzung nicht "gelebt" würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Kooperation mit Schwester- und Muttergewerkschaften erscheint im hiesigen Zusammenhang als nicht bedenklich. Im Übrigen ist auch die IG-Metall unter dem Dach des DGB organisiert und wird z.B. den Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften einheitlich Rechtschutz über den DGB-Rechtschutz gewährt. Im Übrigen hat die IG-Metall im vorliegenden Verfahren stets Bezug genommen auf die Besonderheiten des CGM-Verfahrens. Insofern gilt es im vorliegenden Zusammenhang zu beachten, dass die von der IG-Metall behauptete geringe bzw. kaum vorhandene Mitgliederzahl der vermeintlichen "Phantomgewerkschaft" GKH im hiesigen Kontext sogar von Vorteil sein könnte. Denn sollte in der Tat sich die "Spitze" der GKH mit deren "Basis" decken, wäre die gewerkschaftsinterne Kommunikation der Tarifabschlüsse ohne Weiteres gewährleistet. Des Weiteren gilt es zu beachten, dass die GKH zwar ebenso wie die CGM ihren Organisationsbereich in räumlicher Hinsicht auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt, jedoch in fachlicher Hinsicht deutlich weniger Betriebe und Beschäftigte in ihrem fachlichen Organisationsbereich vorhanden sind und insbesondere eine deutlich geringere Anzahl abgeschlossener Tarifverträge "im Bedarfsfalle" zu überwachen wäre.
172Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des fachlichen Organisationsbereichs, insbesondere der handwerksmäßigen Prägung durch kleine und Kleinstbetriebe erscheint es für einen hoch spezialisierten Verband wie die GKH bei einer derartigen Struktur nicht erforderlich, dass sie (eigene) hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt.
173Das Arbeitsgericht Stuttgart führt in diesem Zusammenhand aus: Verfügt die Gewerkschaft, die Tarifvertragswerke vereinbart, aber nicht über Mitglieder, so kann auch niemand seinen Unmut äußern und es kommt auch nicht zu Austritten. Sie ist also keinem Mitglied Rechenschaft darüber schuldig, dass die abgeschlossenen Tarifverträge auch seinen Interessen entsprechen. Dieser Umstand, von dem die Kammer wegen des Prozessverhaltens der Antragsgegnerin ausgehen muss, führt zu einem unlauteren Vorteil der Antragsgegnerin als Tarifvertragspartei nicht nur im Bereich des Handwerks, sondern auch in anderen Bereichen. Deshalb geht die Kammer davon aus, dass die Tarifvertragsabschlüsse, die die Antragsgegnerin in den letzten Jahren aufzuweisen hat, nicht wegen ihrer hohen Mitgliederzahl zustande gekommen sind, sondern im Gegenteil wegen einer außerordentlich geringen Mitgliedschaft, die dazu bei der Vorbereitung der Tarifvertragsverhandlungen nicht einmal beteiligt worden ist (Arbeitsgericht Stuttgart v. 12.09.2003 – 15 BV 250/06 – NZA-RR 2004, 540.
174Die GKH besitzt das erforderliche Mindestmaß an Organisationskraft, auch wenn sie insoweit weder mit der IG-Metall noch mit der CGM vergleichbar ist.
175Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der räumliche Organisationsbereich der GKH mit dem gesamten Bundesgebiet außerordentlich groß ist. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass sich durch die modernen Kommunikationsmittel Möglichkeiten einer Informationsvermittlung ergeben haben, die noch zu Beginn der neunziger Jahre unbekannt waren. So verfügt die GKH – zuletzt unstreitig – über einen "vollwertigen Internetauftritt, über den sich jedes GKH-Mitglied über das Tarifgeschehen und sonstige Verbandsereignisse unterrichten kann. Die Information der – etwaigen – Mitglieder unterliegt nicht mehr den Schwierigkeiten, die noch vor wenigen Jahren gegeben waren.
176Was die tatsächliche Durchführung der abgeschlossenen Tarifverträge betrifft, entfalten die Tarifverträge der GKH ihre Wirkung primär durch eine Bezugnahme in den Arbeitsverträgen bzw. eine entsprechende betriebliche Übung. Daneben folgt aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags ein Anspruch der einen Tarifvertragsparteien gegen die andere auf Durchführung des Tarifvertrags. Letztere ist verpflichtet, die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Tarifvertrages ggf. mit den Mitteln der Verbandsgewalt durchzusetzen. Soweit wie im Handwerksbereich meist üblich keine Betriebsräte bestehen, die gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG über die Einhaltung der Tarifverträge wachen, ist die Geltendmachung von tariflichen Rechten Sache der Arbeitnehmer (LAG Baden-Württemberg v. 01.10.2004 – 4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85).
177Noch den einzelnen Gliederungspunkten zuordnen: "Der Gewerkschaftseigenschaft der GKH stehen etwaige Doppelmitgliedschaften ihrer Mitglieder – hier insbesondere in der CGM – nicht entgegen (vgl. BAG v. 14.12.2004 – 1 ABR 51/03, NZA 2005, 697)."
178Unbegründet ist die – zumindest zwischen den Zeilen erhobene – Rüge der IG-Metall, die GKH gewährleiste keinen (hinreichenden) Prozess der demokratischen Willensbildung. Der GKH fehlt es nicht an den Mindestvoraussetzungen einer demokratischen Binnenstruktur. Die Statuten der GKH entsprechen vielmehr durchweg demokratischen Grundsätzen.
179Eine demokratische Binnenstruktur hat die Rechtsprechung – entgegen der von der IG-Metall wohl vertretenen Auffassung – als Wesensmerkmal einer tariffähigen Gewerkschaft bislang nicht ausdrücklich verlangt. Soweit die IG-Metall mit ihrer Einwendung, die von der GKH abgeschlossenen Tarifverträge würden nicht durchgeführt, darauf abzielt, die GKH müsse belegen, dass ihre Tarifverträge auch in der Praxis tatsächlich angewandt würden, werden dadurch die Anforderungen überspannt. Schon die Feststellung, wie viele Arbeitnehmer durch beiderseitige Tarifgebundenheit oder Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen erfasst werden, bereitet gewisse Schwierigkeiten. Die Zahl der Arbeitnehmer, die durch arbeitsvertragliche Bezugnahme von Tarifverträgen erfasst werden, ist noch schwieriger abzuschätzen. Allgemein wird angenommen, dass zwischen 80 % und 90 % der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik von tariflichen Regelungen erfasst werden. In bestimmten Branchen liegt der Prozentsatz mit Sicherheit deutlich darunter. Zwischen der abstrakten Geltung von Tarifverträgen durch beiderseitige Tarifgebundenheit, Allgemeinverbindlicherklärungen und arbeitsvertraglicher Bezugnahme und ihrer tatsächlichen Anwendung in den Betrieben, sei es ganz oder teilweise, besteht aber ein deutlicher Unterschied. Nach Kenntnis der Kammer gibt es keine Untersuchungen, die derartiges auch nur im Ansatz belegen. Daher kann auch von der GKH nicht verlangt werden, einen derartigen Nachweis zu führen (LAG Baden-Württemberg v. 01.10.2004 – 4 TaBV 1/04, NZA-RR 2005, 85).
180Entgegen der Auffassung der IG-Metall muss eine Arbeitnehmervereinigung bei einem Streit über ihre Tariffähigkeit nicht den Nachweis führen, dass sie in dem Tarifbereich über eine bestimmte Mindestmitgliederzahl verfügt, auf welche die geschlossenen Tarifverträge nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar Anwendung finden. Das "vertreten sein" in Betrieben, die dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags unterfallen, ist keine notwendige Voraussetzung für die Tariffähigkeit. Aus dem Umstand geringer oder fehlender Repräsentanz kann auch nicht der Schluss gezogen werden, ein gleichwohl geschlossener Tarifvertrag diene anderen Zwecken als der Regelung von Arbeitsbedingungen und der Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer. Im Übrigen kann sich eine Arbeitnehmervereinigung aus dem Abschluss von Tarifverträgen einen Werbeeffekt und den Beitritt neuer Mitglieder versprechen. Etwas anderes könnte (nur) dann gelten, wenn eine Arbeitnehmervereinigung gar nicht die Absicht verfolgt, in dem betreffenden Bereich Arbeitnehmer zu organisieren. In einem solchen Fall spräche vieles dafür, dass mit dem Tarifvertrag ein anderer Zweck verfolgt wird, als derjenige, die Arbeitsbedingungen der Mitglieder zu regeln. Im Regelfalls ist aber die Annahme berechtigt, dass eine Arbeitnehmervereinigung denen mit dem Abschluss eines Tarifvertrags für sie verbundenen finanziellen und personellen Aufwand nur betreibt, wenn sie in dem Tarifbereich bereits Mitglieder hat oder sich solche durch den Tarifabschluss zumindest verspricht. Ein anderes Verhalten wäre völlig unwirtschaftlich, den eigenen Mitgliedern gegenüber nicht vertretbar und allenfalls durch ein kollosives Zusammenwirken mit der Arbeitgeberseite zu erklären (BAG v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112).
181Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die GKH sämtliche Mindestvoraussetzungen an eine tariffähige Gewerkschaft – insbesondere auch eine hinreichende Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler sowie eine hinreichende Leistungsfähigkeit der Organisation – aufweist und somit der Antrag der IG-Metall abzuweisen war.
182IV.
183Die Entscheidung ergeht gem. § 2 Abs. 2 GKG auslagen und gerichtsgebührenfrei.