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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über eine Eingruppierung im öffentlichen Dienst.
3Die Klägerin, die Volljuristin ist, stand vom 01.01.1990 bis zum 31.12.2011 in einem Arbeitsverhältnis mit der Bundesagentur für Arbeit und wurde zum 01.01.2012 von dem beklagten Kreis übernommen.
4Bei der Bundesagentur für Arbeit war die Klägerin seit dem Jahr 2002 in die Vergütungsgruppe IV a MTA eingruppiert. Zum 01.05.2002 übertrug die Bundesagentur für Arbeit ihr die Tätigkeit als Sachbearbeiterin nach dem SGB für Aufgaben in der ARGE. Im Jahr 2006 wurde die Klägerin rückwirkend zum 01.01.2005 in den TV-BA eingruppiert mit einer Grundvergütung in Höhe von 3.093,00 € und einer Zulage für die Funktionsstufe 2 in Höhe von 344,00 €. Zum 01.01.2012 wurde der Beklagte Optionskommune. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging auf den Beklagten über. Er gruppierte die Klägerin in die Entgeltgrupe 9 TVöD ein. Zusätzlich erhält die Klägerin seitdem eine monatliche Ausgleichszahlung nach § 6 c Abs. 2 SGB II in Höhe der Differenz zu der zuletzt bei der Bundesagentur für Arbeit bezogenen Vergütung. Der monatliche Ausgleichsbetrag der Klägerin beträgt z.Zt. noch ca. 91 €.
5Die Klägerin bearbeitet Widersprüche wie schon zuvor in der ARGE in dem Beschäftigungsverhältnis mit der Bundesagentur. Sie hat nicht Klagen oder einstweiligen Rechtsschutz bearbeitet. Auf die der Klageerwiderung vom 02.10.2013 beigefügten Stellenbeschreibung wird Bezug genommen.
6Bei der Bundesagentur für Arbeit wurde bei der Eingruppierung nicht danach differenziert, ob der/die Angestellte Klagen oder Widersprüche bearbeitet.
7Der Beklagte gruppierte seine Sachbearbeiter, die er vor dem 01.01.2012 in der ARGE eingesetzt hatte, in die Entgeltgruppe 10 des TVöD ein. Dieses erfolgte zumindest auch deswegen, weil zu diesem Zeitpunkt beim Beklagten alle Widerspruchssachbearbeiter, die im SGB XII tätig waren, in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert waren, es noch keine Stellenbeschreibungen gab und der Beklagte einen Anreiz für die Mitarbeiter setzen wollte, Tätigkeiten in der ARGE wahrzunehmen.
8Seit Ende 2011 hat der Beklagte alle neu eingestellten Mitarbeiter in der Widerspruchsstelle in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert.
9Nach verbalen Protesten der Mitarbeiter der Widerspruchsstelle in der Personalversammlung im Dezember 2011 beschloss der beklagte Kreis am 30.04.2013 die Klagesachbearbeiter in die Entgeltgruppe 11 des TVöD einzugruppieren, diejenigen die teils Klagen und teils Widersprüche bearbeiten in die Entgeltgruppe 10 und die Widerspruchssachbearbeiter in die Entgeltgruppe 9. Der Personalrat hat diesem System zugestimmt. Allerdings wurden die Widerspruchssachbearbeiter, die schon vor dem 01.01.2012 beim Beklagten angestellt waren und in der ARGE arbeiteten und in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert waren, nicht zurückgruppiert.
10Derzeit arbeiten im Fachdienst 82 (Leistungs- und Rechtsangelegenheiten des SGB II) insgesamt ca. 58 Mitarbeiter für den Beklagten. Davon sind 14 Mitarbeiter reine Widerspruchssachbearbeiter. Davon sind zwei Beamte der Bundesagentur für Arbeit. Sieben Mitarbeiter sind bereits vor dem 01.01.2012 Mitarbeiter des Kreises gewesen. Fünf Mitarbeiter sind von der Bundesagentur für Arbeit übernommen worden.
11Bewerbungen der Klägerin und anderer Angestellter auf höher bewertete Stellen sind derzeit noch offen.
12Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie in die Entgeltgruppe 11 TVöD einzugruppieren und dementsprechend zu vergüten wäre. Ihre bei der Bundesagentur für Arbeit erzielte Vergütung entspräche der Entgeltgruppe 11 TVöD bzw. der Besoldungsgruppe A 11 für Beamte. Nach § 6 c Abs. 5 SGB II solle grundsätzlich eine tarifrechtlich gleichwertige Tätigkeit übertragen werden. Der Beklagte müsse eine Ausnahmesituation darlegen. Ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den Beamten und einem Teil der Angestellten dar. Außerdem läge ein Verstoß gegen die Tarifautonomie vor. Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte die Absicht hat, nach Abschluss der noch offenen Auswahlverfahren die jetzt noch mit der Entgeltgruppe 10 vergüteten Mitarbeiter in die Entgeltgruppe 9 zurückzugruppieren. Diesen Mitarbeitern sei bei der Bildung der Optionskommune etwas anderes zugesichert worden.
13Die Klägerin beantragt,
14den Beklagten zu verurteilen, sie in die Vergütungsgruppe EG 11 TVöD, beginnend mit dem 01.01.2012, einzugruppieren und seit diesem Zeitpunkt an sie ein Arbeitsentgelt der Vergütungsgruppe EG 11 TVöD zu zahlen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Der Beklagte behauptet, ein weiterer Grund für die Eingruppierung der bei ihm vor dem Jahr 2012 eingestellten und zur ARGE entsandten Mitarbeiter in die Entgeltgruppe 10 sei gewesen, dass er davon ausgegangen sei, dass diese bei der ARGE auch Klagen bearbeiten würden. Er beabsichtige zu prüfen, ob bei den Widerspruchssachbearbeitern, die jetzt noch in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert sind, eine Umsetzung auf eine andere Stelle oder eine Rückgruppierung erfolgt.
18Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und ihre Anlagen sowie die Terminprotokolle ergänzend Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist unbegründet.
21I.
22Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TVöD gegen den Beklagten. Sie hat auch keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10.
231.
24Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie nach der Anlage 1 a zum BAT, die auch für die Eingruppierung nach dem TVöD noch fortgilt, in die Entgeltgruppe 11 oder 10 einzugruppieren wäre.
252.
26Ein Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 oder 10 ergibt sich auch nicht aus § 6 c Abs. 5 SGB II.
27Demnach sollen Arbeitnehmerinnen, die nach § 6 c Abs. 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers übertreten, was bei der Klägerin der Fall ist, grundsätzlich eine tarifrechtlich gleichwertige Tätigkeit übertragen werden; wenn eine derartige Verwendung im Ausnahmefall nicht möglich ist, könne ihnen eine niedriger bewertete Tätigkeit übertragen werden.
28Zum Einen stellt § 6 c Abs. 5 SGB II keine Anspruchsgrundlage für eine bestimmte Eingruppierung dar. Allenfalls käme auf seiner Grundlage ein Anspruch auf Übertragung einer gleichwertigen Tätigkeit in Betracht.
29Zum Anderen hat sich die Tätigkeit der Klägerin nicht geändert. Sie hat vor und nach dem 01.01.2012 Widersprüche bearbeitet. Es ist auch einsichtig, dass sich der Bedarf an Widerspruchssachbearbeitern im Bereich SGB II nicht dadurch geändert hat, dass der Beklagte zum 01.01.2012 Optionskommune wurde. § 6 c Abs. 5 SGB II schützt jedoch nicht davor, dass nach einem anderen, anzuwendenden Tarifvertragssystems (hier der TVöD) eine andere und in diesem Fall für die Klägerin ungünstigere Eingruppierung vorzunehmen ist.
303.
31Ein Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 oder 10 des TVöD ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
32a)
33Dieser scheidet bezüglich der von der Klägerin angeführten Beamten aus. Abgesehen von grundsätzlichen Unterschieden zwischen einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis und einem Arbeitsverhältnis liegt schon deswegen keine Vergleichbarkeit vor, weil die beiden Beamten, die im Fachdienst der Klägerin Widersprüche bearbeiten, nicht Beamte des Beklagten, sondern der Bundesagentur für Arbeit sind. Sie haben also einen anderen Dienstherrn.
34b)
35Erwägenswert, im Ergebnis aber abzulehnen ist eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Vergleich zu den Angestellten, die schon vor dem 01.01.2012 bei dem Beklagten angestellt und bei der ARGE eingesetzt waren, weiterhin seitdem in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert sind und nur Widersprüche bearbeiten.
36Im Vergleich zu ihnen liegt eine Ungleichbehandlung vor. Sie sind wie die Klägerin Widerspruchssachbearbeiter, erhalten jedoch die Vergütung der Entgeltgruppe 10, während die Klägerin in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert ist.
37Dennoch ist der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Er verbietet nur im Wesentlichen Gleiches ungleich zu behandeln (st. Rspr., z.B. BVerfG 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09 – juris). Es liegen zwei wesentliche Unterschiede im Vergleich zur Klägerin vor:
38Erstens erhält die Klägerin wie die anderen betroffenen Mitarbeiter, die von der Bundesagentur auf den Beklagten übergegangen sind, eine monatliche Ausgleichszahlung nach § 6 c Abs. 5 SGB II in Höhe der Differenz zur zuletzt bei der Bundesagentur für Arbeit bezogenen Vergütung. Hätte der Beklagte seine bei ihm schon vor dem 01.01.2012 angestellten Widerspruchssachbearbeiter in die Entgeltgruppe 9 zurückgruppiert, hätten diese keine Ausgleichszahlung erhalten, weil die Voraussetzungen des § 6 c Abs. 5 SGB II nicht erfüllt gewesen wären. Ihr Einkommen wäre deutlich gesunken. Sie wären damit von einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 wesentlich härter getroffen worden in wirtschaftlicher Hinsicht als die Klägerin.
39Zweitens wäre mit einer Rückgruppierung der schon in die Entgeltgruppe 10 eingruppierten Angestellten für den Beklagten ein höheres Prozessrisiko verbunden gewesen. Der Beklagte müsste bei einer Rückgruppierung auch bereit und in der Lage gewesen sein, diese im Fall einer Klageerhebung der zurückgruppierten Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht zu verteidigen. In dem häufigeren Fall eines Rechtsstreits über eine Eingruppierung macht der Arbeitnehmer eine höhere Eingruppierung geltend. Dann obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast. Hat hingegen der Arbeitgeber eine Rückgruppierung vorgenommen, obliegt dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast (BAG 16.02.2000 – 4 AZR 62/99 – EzA § 4 TVG Rückgruppierung Nr. 1; Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 7 Rdz. 281), was zu einem höheren Prozessrisiko des Arbeitgebers führt.
40Ob der Beklagte darüber hinaus beabsichtigt, für die jetzt noch nach der Entgeltgruppe 10 vergüteten Widerspruchssachbearbeiter Umsetzungen oder Rückgruppierungen vorzunehmen, wobei letzteres zwischen den Parteien streitig ist, ist daher nicht streitentscheidend.
41Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Begründung einer zustehenden Entgeltgruppe 11 aufgrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Vergleich zu den in die Entgeltgruppe 10 eingruppierten Widerspruchssachbearbeitern von vornherein ausscheidet.
424.
43Die Klägerin ist der Ansicht, es läge ein Verstoß gegen die Tarifautonomie vor, wenn der Beklagte einseitig ohne Beteiligung der Tarifpartei der Arbeitnehmer das tarifvertragliche Entgelt für Mitarbeiterinnen der Widerspruchsstelle ab dem 01.01.2012 neu festsetzt. Diese Argumentation ist unzutreffend. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Eingruppierung der Arbeitnehmer im Betrieb grundsätzlich nicht zu beteiligen.
44II.
45Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG).
46Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der Streitwert wurde nicht gemäß § 42 Abs. 3 S. 2 GKG auf den Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrages zur begehrten Vergütung berechnet, da auch der der Klägerin gewährte Ausgleichsbetrag angemessen zu berücksichtigen ist.