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Die Anträge werden abgewiesen.
Der Arbeitgeber (Antragsteller) begehrt die Zustimmungsersetzung des Betriebsrats (Bet. zu 2.) für eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsratsvorsitzenden R1 T1 (Bet. zu 3.) und der Arbeitgeber begehrt die Ausschließung des Betriebsratsvorsitzenden (Bet. zu 3.) aus dem Betriebsrat.
3Der Arbeitgeber betreibt in B1 O1 das M1-Klinikum für Rehabilitation. Dieses Klinikum besteht aus dem sogenannten KBO I und KBO II. Insgesamt beschäftigt die Antragstellerin in B1 O1 z. Zt. ca. 190 Mitarbeiter in KBO I und ca.110 Mitarbeiter im KBO II; desweiteren ist das KBO I z. Zt. mit ca. 160 Patienten belegt und das KBO II mit 130 Patienten.
4Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender des Betriebsrates und in dieser Funktion seit Ende 1997 freigestelltes Betriebsratsmitglied.
5Der Beteiligte zu 3. wurde am 16.07.1953 geboren und ist seit dem 01.10.1974 im Unternehmen der Antragstellerin beschäftigt, zunächst als Beikoch – im Kammertermin vom 19.08.2009 wurde eine Kopie des Arbeitsvertrages vom 18.09.1974 zur Gerichtsakte gereicht, auf den inhaltlich verwiesen wird. In Abwesenheit der Küchenleitung übernahm der Beteiligte zu 3. ab 1980 auch die organisatorische Leitung der Küche im KBO II. Seit der Betriebsratswahl Ende 1997 ist er – wie oben erwähnt – freigestelltes Betriebsratsmitglied. Der Beteiligte zu 3. ist verheiratet und hat zwei – nicht mehr unterhaltspflichtige – Kinder. Die Vergütung betrug zuletzt 3.153,23 € brutto im Monat und setzte sich aus einer Grundvergütung, einer Betriebszugehörigkeitszulage, einer Leistungszulage und einer freiwilligen Zulage zusammen (s. im Einzelnen Bl. 7 d. A.).
6Der Arbeitgeber beantragte mit Schreiben vom 21.01.2009 beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. nach § 103 BetrVG. In diesem Schreiben heißt es unter
72. Zur Sache
8Wir beabsichtigen, das mit Herrn T1 bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung zu kündigen, da wir keine Basis mehr für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn T1 sehen und zwar auch unter Berücksichtigung aller Umstände und Interessen.
9Im Rahmen einer allgemeinen Überprüfung der Reisekostenabrechnungen für Fahrten von Arbeitnehmern zwischen B1 O1 und B1 S1 und umgekehrt, sowie für Fahrten innerhalb B1 O1s haben wir bzgl. Herrn T1 Zweifel an der dortigen Ordnungsmäßigkeit der Angaben. Die Überprüfung der Reisekostenunterlagen von Herrn T1 haben wir im Zeitraum vom 05.11.2008 bis 07.11.2008 vorgenommen. Insbesondere für die Monate September und Oktober 2008 kamen uns Zweifel auf. Diese begründeten sich aus folgenden Angaben: Am 11.09.2008 und am 02.10.2008 gab Herr T1 an, nach einem Gesprächstermin in den Kliniken am B2 in B1 S1 nach B1 O1 zurückgefahren zu sein. Jedenfalls hat er 10,00 € für die Fahrten von B1 O1 nach B1 S1 und zurück geltend gemacht und ausgezahlt erhalten. Aufgrund der geltenden Richtlinie für berufliche Auswärtstätigkeiten, die auch auf Herrn T1 Anwendung finden und die wir in Kopie für Sie im Rahmen dieses Antrags beifügen, sind für Hin- und Rückfahrten zwischen Kliniken am B2/Klinik F1 und Klinikum I/Klinikum II 10,00 € und für einfache Fahrten 5,00 € als pauschalierte Beträge zu erstatten. Für Fahrten zu dem Klinikum I und Klinikum II Hin- und Rückfahrten 1,20 € und für einfache Fahrten 0,60 €. Bezüglich der vorgenannten Monate kam uns insbesondere betreffend der Angaben in der Reisekostenabrechnung des Herrn T1 hinsichtlich der Tage 11.09.2008 und 02.10.2008 Bedenken, da wir Zweifel hatten, dass tatsächlich nicht in allen Hin- und Rückfahrten stattgefunden hatten, da Herr T1 seinen Wohnsitz in B1 S1 hat. Nach dieser internen Vorprüfung haben wir am 20.11.2008 eine Überprüfung des Tagesablaufs und der Fahrtzeiten von Herrn T1 durch die Detektei C1 in Auftrag gegeben. Die von der Firma C1 getätigten Feststellungen wurden uns am 12.01.2009 per Telefax um 13.05 Uhr erstmals übermittelt. Eine Kopie des Tätigkeitsberichts der Firma C1 fügen wir in Anlage zu diesem Antrag bei und machen ihn zum Gegenstand unseres Vortrags. Am 13.01.2009 waren der Verwaltungsdirektor und Personalleiter ganztägig in B3 tätig. Am 14.01.2009 haben dann wir die eingereichten Unterlagen von Herrn T1 (Anwesenheitsliste Dezember 2008, eingereicht am 08.01.2009, Anwesenheitsliste November 2008, eingereicht am 03.12.2008 und die Reisekostenabrechnung für Dezember 2008, eingereicht am 09.01.2009 und die Reisekostenabrechnung für November 2008 am 02.12.2008) gegengeprüft. Die vorgenannten Unterlagen fügen wir ebenfalls in Kopie zu Ihrer Kenntnisnahme bei. Unter Berücksichtigung der dortigen Angaben und der Feststellungen der Detektei C1 ergeben sich erhebliche Abweichungen, die u. E. ausreichende Tatsachen begründen, um ein strafbares bzw. den Vertrauensbereich verletzendes vertragswidriges Verhalten des Herrn T1 zu belegen, zumindest aber den dringenden Tatverdacht diesbezüglich rechtfertigen. Wir hören Sie hiermit daher ausdrücklich in Bezug auf die beantragte Zustimmung zur einer Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Herrn T1 sowohl zu einer beabsichtigten Tat- als auch zu einer Verdachtskündigung an.
10Wir haben unsere Feststellung in Bezug auf die Ungereimtheiten mit einem Schreiben vom 15.01.2009, welches wir in Anlage zu Ihrer Kenntnisnahme beifügen und welches Herrn T1 am 15.01.2009 ausgehändigt wurde mit der Aufforderung bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme, dargelegt. Am 15.01.2009 rief Herr T1 dann gegen 13:20 Uhr an und bat um eine Fristverlängerung in Bezug auf eine Stellungnahme, die bis zum 19.01.2009, 09.00 Uhr gem. unserem Schreiben vom 15.01.2009 gesetzt worden war. Dem Wunsch von Herrn T1 stimmt dabei Herr F2 im Beisein des Personalleiters, Herrn M2, zu. Der Abgabetermin für die Stellungnahme wurde bis zum 20.01.2009, 24.00 Uhr, verlängert. Eine Kopie der diesbezüglichen Telefonnotiz fügen wir in Anlage bei.
11Am 19.01.2009 gegen 08:15 Uhr meldete sich Herr T1 telefonisch mit der Mitteilung, im Sekretariat von Herrn M2, er sei arbeitsunfähig erkrankt. Ein Wunsch auf eine Fristverlängerung in Bezug auf die avisierte Stellungnahme war damit allerdings nicht verbunden worden. Wir haben auch keine Veranlassung zu der Annahme, dass Herr T1 nicht in der Lage war, eine Stellungnahme zu dem Inhalt des Schreibens vom 15.01.2009 abzugeben. Jedenfalls sind wir der Auffassung, dass er eine erneute Verlängerung, wenn er denn nicht in der Lage gewesen wäre, die Stellungnahme, wie nunmehr vereinbart, bis zum 20.01.2009, 24:00 Uhr abzugeben, zu beantragen. Auch eine Prüfung des Posteingangs heute ergab keinen Eingang. Da dies nicht erfolgt ist, gehen wir davon aus, dass Herr T1 nicht bereit bzw. willens ist, zu den ihm gegenüber mit Schreiben vom 15.01.2009 erhobenen Vorwürfen uns gegenüber Stellung zu nehmen.
12Ein Abgleich zwischen den Feststellungen der Detektei C1 und der von Herr T1 zur Abrechnung eingereichten und auch als Grundlage der Spesenabrechnung dienenden Unterlagen ergibt erhebliche Differenzen. Der erste Einsatz der Detektei C1 erfolgte am 21.11.2008. Wie Sie dem in Kopie beigefügten Tätigkeitsbericht entnehmen können, begann die Observation um 14.00 Uhr vor den Räumlichkeiten der Kliniken am B2. Gegen 14:58 Uhr kam Herr T1 aus dem Gebäude und stieg in sein Fahrzeug ein. Er fuhr auf direktem Wege zu seiner Wohnanschrift M3 6 in 12345 B1 S1. Um 15:10 Uhr traf er dort ein und parkte sein Fahrzeug. Er ging in das Haus. Bis 16:00 Uhr wurden keine weiteren Bewegungen in dem Haus mehr festgestellt. In seiner in Kopie beigefügten Reisekostenabrechnung hatte Herr T1 eine Dienstfahrt zwischen B1 S1 und B1 O1 in der Zeit von 13:30 Uhr bis 15:30 Uhr angegeben. Wir verweisen insoweit auf die Angaben von Herrn T1 in seiner Reisekostenabrechnung. Abgesehen davon, dass die Zeiträume mit den Feststellungen der Detektei in Bezug auf die tatsächlichen Einsatzzeiten nicht übereinstimmen, ist es auch so, dass Herr T1 für den betreffenden Tag lediglich 5,00 EUR als "halbe Fahrt" als Spesen hätte in Abrechnung stellen dürfen. Tatsächlich hat er jedoch die Fahrt als Hin- und Rückfahrt in seiner Reisekostenabrechnung geltend gemacht. Damit ist für den 21.11.2008 der ursprünglich schon bestehende Verdacht in Bezug auf Herrn T1 durch seine Verhaltensweise konkretisiert worden. Im Zeitraum 01.11.2008 bis 30.11.2008 hatte Herr T1 als Dienstfahren zwischen B1 S1 und B1 O1 insgesamt 6 Anlässe à 10,00 EUR und 7 Anlässe à 5,00 EUR angegeben. Auch dies zeigt, dass ihm die Reisekostenordnung bekannt und deren Voraussetzungen bewusst sind. Im Rahmen der neuen Richtlinien für Dienstreisen war er zudem Anfang 2004 von Herrn T2 im Rahmen eines Gesprächs auf die Einhaltung der neuen Regelung für Fahrten zwischen den Kliniken in B1 O1 und B1 S1 ausdrücklich hingewiesen worden.
13Da weder die Zeiten angeblicher Dienstreisen mit den konkreten Feststellungen übereinstimmen, noch die Angabe, dass eine dienstlich veranlasste Hin- und Rückfahrt stattgefunden hat, spricht dies wie die Tatsache, dass Herr T1 in Bezug auf Arbeitszeiten anderer Mitarbeiter sehr genau diese zugrunde zu legen weiß, aber auch die Tatsache, dass Herr T1 diesbezüglich keine Stellungnahme abgegeben hat, u.E. auch für ein bewusstes und gewolltes Handeln von Herrn T1, um sich auf unsere Kosten zu bereichern.
14Im Monat Dezember 2008 hat Herr T1 an den Tagen 01. bis 05. Anwesenheit, an den Tagen 08. bis 12. Anwesenheit und an den Tagen 05. bis 19. ebenfalls Anwesenheit angegeben. Für den 22. und 23.12.2008 hatte er Urlaub beantragt. Dieser war auch genehmigt worden. In der Anwesenheitsliste hat Herr T1 Urlaub angegeben und durch ein zusätzliches X darunter jeweils Anwesenheit für beide Tage, sowohl am 22.12.2008 als auch am 23.12.2008 angegeben. Lediglich für den 23.12.2008 hatte er rechtzeitig Anfang Dezember 2008 um eine Stornierung des Urlaubs wegen Teilnahme an einer Betriebsratssitzung gebeten. Dies haben wir insoweit auch nicht beanstandet. Da Herr T1 aber für den betreffenden Zeitraum sowohl Urlaub als auch Anwesenheit in der Liste angegeben hatte, hatten wir zur Nachvollziehbarkeit seiner Anwesenheitszeit um deren konkrete Mitteilung gebeten. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Bezüglich des 22.12.2008 hat Herr T1 erst am 05.01.2009 mitgeteilt, dass er den Urlaub nicht nehme, und nachträglich eigenmächtig eine Stornierung des Urlaubs vorgenommen. Auch diesbezüglich hatten wir ihn aufgefordert, seine angebliche Anwesenheitszeit zu erklären. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Bezüglich der Zeiträume 24.12.2008 und 31.12.2008 hatte er in der Anwesenheitsliste Freizeitausgleich/Dienstfrei angegeben. Eine Kopie der Anwesenheitsliste ist in der Anlage beigefügt. Für uns war nicht nachvollziehbar, woraus sich ein solcher Freistellungsanspruch ergibt. Insbesondere war uns nicht bekannt, dass ein solcher Freizeitausgleich mit der Verwaltung abgestimmt bzw. von dieser genehmigt wurde. Wir hatten Herrn T1 aufgefordert, sich dahingehend zu erklären, woraus sich aus seiner Sicht ein solcher Freizeitausgleichsanspruch ergibt, und die pauschal angegebenen Anwesenheitszeiten in Frage gestellt. Eine Antwort haben wir hierauf innerhalb der gesetzten Frist nicht erhalten. Wir können daher nicht davon ausgehen, dass die diesbezüglichen Freizeitausgleichsansprüche tatsächlich bestanden. Merkwürdig erscheint uns in diesem Zusammenhang auch, dass anlässlich der am 24.12.2008 und 31.12.2008 von Seiten der Detektei durchgeführten Prüfungen, die vor dem üblichen Arbeitsbeginn begannen, keine Feststellung in Bezug auf Herrn T1 getroffen werden konnten. Die diesbezüglichen Einsatzberichte vom 24.12.2008 und 31.12.2008 machen wir insoweit zu unserem Vortrag. In keiner Weise nachvollziehbar ist für uns vor diesem Hintergrund auch die Tatsache, dass lt. dem Detektivbericht vom 24.12.2008 gegen 10:30 Uhr sich einer der Detektive zu dem Haus von Herrn T1 begab und dort anklingelte. Die Haustür wurde geöffnet. Im Treppenhaus stand eine 50 bis 55 Jahre alte Frau, vermutlich die Ehefrau von Herrn T1, die erklärte, dass ihr Mann (Herr T1) arbeite und erst am Mittag wiederkomme. Wir verweisen insoweit auf den anliegenden Bericht und machen ihn zum Gegenstand unseres Sachvortrags.
15Bezüglich des 04.12.2008 und 05.12.2008 hatten wir Herrn T1 aufgefordert, uns Dauer und Grund seiner angeblichen Betriebsratstätigkeit anzugeben. Bezüglich des 04.12.2008 hatte Herr T1 in der Reisekostenabrechnung die Uhrzeit 14:30 Uhr bis 16:30 Uhr als Zeiten für Dienstfahrten zwischen B1 S1 und B1 O1 angegeben und hierfür 10,00 EUR als Spesen geltend gemacht und erhalten.
16Ausweislich des Detektivberichts hatte Herr T1 um 14:34 Uhr am 04.12.2008 das Klinikgebäude des KBO I verlassen und war auf direktem Wege zu den Kliniken am B2, Haus T3, gefahren. Das Klinikgebäude verließ er um 16:06 Uhr und fuhr auf dem direkten Wege zu seiner privaten Wohnanschrift M3 6 in B1 S1. Dort kam er um 16:16 Uhr an und, nachdem keine weiteren Bewegungen stattgefunden hatten, wurde der Einsatz der Detektei um 17:00 Uhr beendet. Zum einen hatte sich Herr T1 danach erneut auf direktem Wege zu seiner Wohnanschrift begeben, sodass ihm lediglich 5,00 EUR Spesen zugestanden hätten, zum anderen hat er in seiner Reisekostenabrechnung unzutreffende Zeiten angegeben, da er für eine Zeit bis 16:30 Uhr dienstliche Abwesenheit angegeben hatte, jedoch bereits um 16:16 Uhr zu Hause eingetroffen war. Auch insoweit stimmen seine Zeiten, die er angegeben hat, nicht mit den Ist-Zeiten, wie sie von der Detektei C1 festgestellt worden sind, überein. Als besonders gravierend sehen wir den Vorfall vom 05.12.2008 an. Herr T1 hatte für diesen Tag durch ein "X" Anwesenheit in der Anwesenheitsliste angegeben. Wir verweisen insoweit auf die diesem Antrag beigefügte Anwesenheitsliste. Des Weiteren hat er für die Zeit von 09:00 bis 10:00 Uhr eine Dienstfahrt zwischen dem KBO I und KBO II angegeben und hier für Spesen geltend gemacht, die ihm auch ausgezahlt wurden. Diesbezüglich verweisen wir auf die in Anlage beigefügte Abrechnung.
17Bezüglich des 05.12.2008 begann um 06.40 Uhr die Observation der Wohnanschrift von Herr T1 lt. dem beigefügten Einsatzbericht der Detektive. Um 08:06 Uhr verließ Herr T1 darauf erstmals seine Wohnung und fuhr über Nebenstrecken in Richtung L1. Bei dem Bereich B4/Ecke B5 handelt es sich um ein Gewerbegebiet, in dem u.a. ein Baumarkt vorhanden ist. Unabhängig davon, dass sich die Spur von Herrn T1 in diesem Bereich verlor, spricht jedenfalls ein Aufenthalt in dieser Gegend und zu dieser Zeit nicht für eine dienstliche Tätigkeit. Um 09:20 Uhr konnte dann eine Rückkehr von Herrn T1 an seine Wohnanschrift in B1 S1 festgestellt werden. Nach den Feststellungen der Detektei hielt er sich dann in der Wohnung auf und fuhr dann um 11:42 Uhr mit seinem Fahrzeug ab. Er fuhr auf direktem Weg in Richtung V1. Um 12:03 Uhr wurde das Fahrzeug in der M4 in Höhe der Hausnummer 52 in B1 S1 aufgefunden. Herr T1 verließ um 12:09 Uhr das Haus mit der Nummer 52, stieg in sein Fahrzeug und fuhr los. Unsere Feststellungen haben ergeben, dass in dem Haus Nr. 52 ein Namensschild u.a. mit dem Namen T1 vorhanden ist. Erst um 12:26 Uhr traf er dann erstmals in B1 O1 ein und fuhr hinter dem Haupteingang auf den dortigen Parkplatz. Um 13.10 Uhr verließ er das Klinikgelände wieder und fuhr in Richtung B1 S1 ab. Dort fuhr er zunächst in die G1 in B1 S1 und besuchte dort ein Haus in der G1. Eine dienstliche Veranlassung ist für uns insoweit nicht nachvollziehbar. Auf den dortigen Klingelschildern waren die Namen K1, K2 und H1 nach den Feststellungen der Detektive enthalten. Um 13:38 Uhr stellte Herr T1 seinen Wagen auf dem Parkplatz der dortigen Sparkasse im Bereich H2/Ecke S2 ab und betrat die Sparkassenfiliale. Um 13:41 Uhr kehrte er zurück und fuhr direkt zu seiner Wohnanschrift, wo er sein Fahrzeug vor der Garage parkte. Die Überprüfung der Wohnanschrift dauerte dann von 13:49 Uhr bis 15:46 Uhr. Da keine weiteren Bewegungen mehr festzustellen waren, wurde der Einsatz abgebrochen.
18Legt man für den 05.12.2008 eine Arbeitszeit von 6 ½ Stunden zugrunde, so lassen sich lediglich 44 Minuten, nämlich die Zeit von 12:26 Uhr bis 13:10 Uhr, als Anwesenheitszeit in den Kliniken feststellen, wobei wir keine Informationen von Herrn T1 haben, ob er tatsächlich in dieser Zeit Betriebsratstätigkeiten ausgeübt hat oder diese lediglich z.B. zur Einnahme einer Mahlzeit in den Kliniken diente. Selbst wenn man die vorgenannte Zeit als Betriebsratstätigkeit und damit zu vergütende Zeit im Rahmen der Freistellung bewertet, so verbleiben 5,75 Stunden, die Herr T1 nachweislich für private Zwecke verwendet hat. In Bezug auf unsere Kosten sind die Arbeitgeberanteile mit einzubeziehen. Die diesbezügliche Berechnung der Personalkosten ist in Anlage beigefügt. Bei 167 Stunden im Monat ergeben sich im Fall von Herrn T1 22,98 EUR je Stunde an Kosten. Bei 5,75 Stunden x 22,98 EUR ergibt dies für den 05.12.2008 einen Schadenbetrag in Höhe von 132,14 EUR zu Unrecht geltend gemachter Vergütung aufgrund seiner Angabe einer Anwesenheit in den Kliniken. Darüber hinaus hatte er für den betreffenden Tag in der Zeit von 09:00 bis 10:00 Uhr eine Dienstfahrt zwischen dem KBO I und dem KBO II angegeben, was angesichts der getroffenen Feststellungen nicht den Tatsachen entsprechen kann.
19Bezüglich der angegebenen Dienstreisezeiten hatten wir in unserem Schreiben an Herrn T1 unter Ziffer 5. auch seine Dienstreise für den 01.12.2008 zwischen B1 S1 und B1 O1, Zeitraum 15:00 bis 15:30 Uhr, für den 22.12.2008 11:00 bis 16:00 Uhr und für den 19.12.2008 09:45 Uhr bis 12:00 Uhr bestritten. Eine Erklärung hat Herr T1 diesbezüglich nicht abgegeben. Bezüglich des 19.12.2008 hatten sich unsererseits Zweifel an einer weiteren Betriebsratstätigkeit nach 12:00 Uhr ergeben. Nach Einsichtnahme von Unterlagen in den Räumlichkeiten der Verwaltung hatte sich Herr T1 mit anderen Betriebsratsmitgliedern in Richtung einer Pizzeria begeben. Die ebenfalls anwesend gewesenen Betriebsratsmitglieder, Frau K3 und Frau M5, hatten im Nachhinein 2 Minusstunden im Mitarbeiterdienstplan beantragt, d.h. Dienst bis 12:00 Uhr. Eine Kopie der Änderung ist in Anlage beigefügt. Entsprechendes gilt für Frau M5, die normalerweise bis 15:00 Uhr Dienst hatte und bereits vorher schon um eine Stunde Freizeitausgleich gebeten hatte, sodass ihr Dienstplan auf 14:00 Uhr abgeändert wurde. Am 22.12.2008 hat sie dann im Nachhinein 2 Stunden beantragt, sodass für den 19.12.2008 Dienst bis 12:00 Uhr angegeben war. Lediglich Herr T1 und Frau S3 haben keine Änderungen vorgenommen. Wir hatten insoweit auch Zweifel dahingehend geäußert, dass in der Zeit von 13:30 Uhr bis 15:00 Uhr eine Dienstfahrt zwischen dem KBO I und KBO II durchgeführt wurde. Nach den uns vorliegenden Informationen wurde jedenfalls von Herrn A1 W1 das Fahrzeug von Herrn T1 gegen 12:50 Uhr auf dem Parkplatz vor den Kliniken am B2 in B1 S1 (Haus T3) gesehen.
203. Bewertung
21Aufgrund der getroffenen Feststellungen sind wir der Auffassung, dass jedenfalls insbesondere bezüglich der Zeitangaben von Herr T1 über dienstlich veranlasste Fahrten am 21.11.2008, 04.12.2008 sowie seine angeblichen Anwesenheitszeiten am 05.12.2008 von ihm unzutreffende Angaben gemacht wurden, um sich zu bereichern und uns zu schädigen. Ein Versehen erachten wir insoweit als ausgeschlossen, da zum einen Herrn T1 die Handhabung in Bezug auf die Spesen (einfache Fahrt 5,00 EUR, Hin- und Rückfahrt 10,00 EUR) bekannt war und zum anderen insoweit ein Irrtum u.E. ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Privatfahrten, die Herr T1 auf unsere Kosten am 05.12.2008 verrichtet hat.
22Jedenfalls in Bezug auf die vorgenannten drei Fälle erachten wir die Voraussetzungen für eine Tatkündigung als gegeben, da hier eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung der Gesellschaft nachgewiesen ist. Ungeachtet dessen, dass wir uns in jedem Fall von Herrn T1 trennen wollen, sehen wir jedenfalls aufgrund der geschilderten Umstände, auch bezüglich der Vorgänge am 21.11.2008, 04.12.2008 und 05.12.2008 zumindest den dringenden Verdacht strafbaren Handelns bzw. einer Verletzung des Vertrauensbereichs als gegeben an, wobei wir uns auf diesen selbständigen Kündigungsgrund stützen wollen. Hierfür sprechen insbesondere folgende Umstände:
23Auch die weiteren oben geschilderten Vorfälle lassen berechtigte Zweifel an der Redlichkeit von Herrn T1 in Bezug auf die von ihm vorgenommenen Abrechnung begründet aufkommen.
25Von Zufälligkeiten oder unbeabsichtigtem Handeln können wir im Fall von Herr T1 auch nicht ausgehen oder ihm dieses unterstellen. Die Akribie, mit der Herr T1 die Einhaltung von Arbeitszeiten prüft und feststellt, ist bekannt. Wir gehen insoweit nicht davon aus, dass es sich um Zufälle oder Versehen handelt, wenn in derartiger Häufigkeit unzutreffende Angaben in Bezug auf Anwesenheit bzw. zustehende Spesen in eigener Sache gemacht werden.
26In Bezug auf den vorliegenden Kündigungsantrag sind wir uns dabei bewusst, dass die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses das letzte Mittel darstellt, um auf Pflicht- oder Vertragsverletzung zu reagieren. In diesem Zusammenhang sehen wir allerdings eine nachhaltige Störung des Vertrauensbereichs durch die Verhaltensweise von Herr T1. Zunächst sind wir der Auffassung, dass es sich in Bezug auf seine Angaben und die hierauf beruhenden Auszahlungen um ein steuerbares Fehlverhalten von Herr T1 handelt. Aufgrund der Häufigkeit der festgestellten Pflichtverletzungen in einem doch überschaubaren Zeitraum, zumindest aber der bestehenden konkreten und geschilderten Verdachtsmomenten, können wir auch nicht von einer zukünftigen vertragskonformen Erfüllung der Tätigkeiten durch Herrn T1 ausgehen. Der durch die Verhaltensweise von Herrn T1 verursachte Vertrauensverlust kann u.E. nicht wieder zurückgewonnen werden. Gerade aufgrund der räumlichen Distanz bereits zwischen den Kliniken in B1 O1, aber auch zu den Kliniken in B1 S1 sowie der Tatsache, dass Herr T1 von der Arbeitsleistung freigestellt ist, sehen wir die Konstellation ähnlich wie bei einem Außendienstmitarbeiter. Herr T1 ist im Grunde genommen von uns, sieht man einmal von der jetzt veranlassten Überprüfung durch Außenstehende ab, nicht kontrollierbar. Ständige Kontrollen sind uns unzumutbar.
27Wir werden auch zukünftig Zweifel dahingehend haben, dass seine Angaben der Wahrheit entsprechen bzw. dass Angaben wie Betriebsratstätigkeit, begründete Abwesenheitszeiten etc. den Tatsachen entsprechen. Herr T1 hat die ihm zustehenden Freiheiten für private Zwecke missbraucht, zumindest besteht der dringende Verdacht diesbezüglich, und hat das von uns in ihn gesetzte Vertrauen einer ordnungsgemäßen Handhabung der Reisekostenordnung, aber auch der Angabe seiner Anwesenheitszeiten für eigenwirtschaftliche Zwecke ausgenutzt. Jedenfalls besteht auch insoweit zumindest der dringende Verdacht. Nach reiflicher Überlegung sehen wir keinerlei irgendwie geartete Basis mehr, Vertrauen in Bezug auf die Redlichkeit von Herrn T1 wiederzugewinnen. Es handelt sich vorliegend auch nicht um Bagatelldelikte, was die Eigentums- und Vermögensdelikte betrifft. Wie das geschilderte Schadenvolumen ergibt, handelt es sich nicht um Kleinigkeiten. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um wiederholte Vorfälle handelt. Aufgrund dieser objektiven Anhaltspunkte gehen wir auch nicht davon aus, dass z.B. durch eine Abmahnung o.ä. eine Veränderung des Verhaltens von Herrn T1 herbeigeführt werden könnte. Es besteht zumindest der dringende Verdacht, dass die Vertragsverletzungen unter Ausnutzung der vorhandenen Möglichkeiten geplant waren und erfolgten. "Irrtümer" oder ein "Versehen" halten wir aufgrund der objektiven Gegebenheiten nicht als gegeben. Wir sehen daher die Verstöße in jedem Einzelfall, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit als so gravierend an, dass uns eine weitere Zusammenarbeit bzw. eine weitere Beschäftigung von Herrn T1 weder möglich noch zumutbar ist.
28Dies gilt unabhängig von dem betriebsverfassungsrechtlichen Status, den Herr T1 genießt. Diesbezüglich nehmen wir ausdrücklich eine Trennung vor und werden bezüglich dieses Status erforderlichenfalls weitergehende gerichtliche Verfahren einleiten, da wir es auch insoweit für unzumutbar erachten, dass Herr T1 in dieser Funktion selbst als Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat zukünftig tätig wird. Wie dargelegt handelt sich um einen eigenständigen Verfahrensablauf, der unabhängig von dem hier gestellten Antrag auf Erteilung ihrer Zustimmung zur Kündigung erfolgt.
29Abschließend sind wir auch der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen unser Interesse an einer Beendigung der Vertragsbeziehung mit Herrn T1 gegenüber dessen Interessen an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Unter Berücksichtigung des Verdachts von Straftaten bzw. aus unserer Sicht teilweise auch nachgewiesener Taten zum Nachteil des Unternehmens kann eine Interessenabwägung nur ausnahmsweise zugunsten eines Arbeitnehmers dazu führen, dass die beabsichtigte Beendigung der Vertragsbeziehung sich als rechtsunwirksam erweist. Für Herrn T1 spricht insoweit aus unserer Sicht allenfalls die Tatsache, dass er über ein langjähriges Beschäftigungsverhältnis in unserem Unternehmen verfügt. Gerade aber auch durch die Langfristigkeit der Beschäftigung und das in ihn gesetzte Vertrauen in einer Redlichkeit der Handhabung der ansonsten von uns un-kontrollierbaren Verfahrensweisen bei der Abrechnung von Reisekosten bzw. Angabe von Abwesenheitszeiten sehen wir uns als Unternehmen in der Art und Weise der Schädigung, die Herr T1 verursacht hat, als so stark beeinträchtigt, dass auch eine abschließende Interessenabwägung nicht zugunsten von Herrn T1 sprechen kann, zumal unter Berücksichtigung seines Lebensalters, er noch eine Vielzahl von Jahren bis zur Erreichung der Altersgrenze in unserem Unternehmen beschäftigt werden müsste, was wir für unerträglich erachten.
30Wir bitten Sie hiermit unter Beachtung der vorgeschriebenen Formalien im Rahmen des Verfahrens sowie unter Einhaltung der ihm Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG einzuhaltenden Frist um Ihre Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlich fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn T1.
31Auf die im Schreiben vom 21.01.2009 Bezug genommenen Anlagen, wird verwiesen; sie liegen der Antragsschrift vom 26.01.2009 bei.
32Mit Schreiben vom 22.01.2009 lehnte der Betriebsrat nach einer außerordentlichen Sitzung am 22.01.2009 den Antrag der Arbeitgeberin auf Erteilung der Zustimmung der außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. ab.
33Die Arbeitgeberin sieht aufgrund der Darstellung im Anhörungsschreiben gegenüber dem Betriebsrat vom 21.01.2009 genügend Anhaltspunkte für die darin erhobenen Vorwürfe gegenüber dem Beteiligten zu 3. und meint, dass zumindest der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung bzw. einer Verletzung des Vertrauensbereichs gegeben sei. Alle geschilderten Vorfälle ließen berechtigte Zweifel an der Redlichkeit des Beteiligten zu 3. auf die von ihm vorgenommenen Abrechnungen in begründeter Art und Weise aufkommen. Der Vertrauensbereich sei massiv gestört; der Beteiligte zu 3. habe das Vertrauen der Arbeitgeberin missbraucht und ebenso seine Stellung als freigestelltes Betriebsratsmitglied für private Zwecke ausgenutzt.
34Die Arbeitgeberin hat sodann im laufenden Verfahren, nach Recherche über weitere Reisekostenabrechnungen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008, beim Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2009 (Bl. 285 d. A.) den Antrag auf Erteilung der Zustimmung der außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. wie folgt ergänzt:
35… wir hatten Sie bereits mit einem Schreiben vom 21.01.2009 zum Zwecke der Erteilung der Zustimmung zur außerordentlich fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn R1 T1 angehört. Die erforderliche Zustimmung hierzu haben Sie nicht erteilt. Diesbezüglich ist zurzeit in Bezug auf die Ersetzung der Zustimmung vor dem Arbeitsgericht in Herford unter dem Aktenzeichen – 2 BV 8/09 – ein Beschlussverfahren anhängig. Wir beabsichtigen, uns in Bezug auf Herrn T1 auf weitergehende Gründe für die Kündigung aus außerordentlich wichtigem Grund zu stützen. Hierzu hören wir Sie vorab nach § 103 Abs. 1 BetrVG an und beabsichtigen auch für den Fall, dass Sie die Zustimmung nicht erteilen sollten, die diesbezüglichen Vorwürfe in den Rechtsstreit mit einzuführen. Zum vorliegenden Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Herrn T1 veranlassen uns folgende Gründe:
36Da Herr T1 im Prozess vor dem Arbeitsgericht Herford über seinen Bevollmächtigten die Behauptung aufgestellt hat, sich stets korrekt verhalten zu haben, haben wir nunmehr die Reisekostenabrechnungen für den Zeitraum 2006 bis 2008 einer eingehenden Überprüfung unterzogen. Hierbei ist festgestellt worden, dass Herr T1 in den Jahren 2006, 2007 und 2008 regelmäßig Fahrten zwischen dem Betriebsrat B1 O1 und der Geschäftsleitung/Verwaltungsdirektion/Betriebsrat B1 S1 angegeben und abgerechnet hat.
37Dabei sind insbesondere an den Freitagen (hellblau gekennzeichnet) Auffälligkeiten festgestellt worden, die Zweifel dahin gehend aufkommen lassen, dass an diesen Tagen und Zeiten Gespräche mit der Geschäftsleitung/Verwaltungsdirektion/Betriebsrat in B1 S1 durchgeführt worden sind und diesbezüglich dienstlich bzw. für die Betriebsratstätigkeit erforderliche veranlasste Reisen von B1 O1 nach B1 S1 von Herrn T1 durchgeführt wurden. Eine Übersicht über die Dienstfahrten, die Herr T1 in den Jahren 2006 bis 2009 geltend gemacht und abgerechnet hat, ist in Anlage beigefügt. Die fraglichen Termine sind entsprechend gekennzeichnet. Des weiteren erhalten Sie die Reisekostenabrechnungen des Herrn T1 für die fraglichen Zeiträume ebenfalls als Anlage in Kopie für Ihre Beurteilung. Wir bezweifeln, dass tatsächlich an den angegebenen Tagen dienstlich veranlasste Fahrten von Herrn T1 durchgeführt wurden. Er war daher nicht berechtigt, die betreffenden Zeiträume bzw. Fahrten abzurechnen. Wir gehen davon aus, auch angesichts des betriebsüblichen Arbeitsendes in der Verwaltung am Montag bis Donnerstag um 16.15 Uhr und am Freitag um 14.15 Uhr, dass es sich um Heimfahrten von Herrn T1 handelt, die er auf diesem Wege unkorrekt als "Dienstfahrten" in Abrechnung gestellt hat. Neben diesen insgesamt 58 Tagen, die wir als abrechenbare Tage infrage stellen, handelt es sich konkret noch um folgende weitere Fahrten, so am 11.06.2007 zwischen B1 O1 und B1 S1. Dort wurde eine Zeit von 18.30 Uhr bis 22.00 Uhr für eine diesbezügliche Dienstfahrt angegeben. Des Weiteren der 10.10.2007. Dort wurde für 16.00 Uhr in der Reisekostenabrechnung eine Fahrt zur Geschäftsleitung/Betriebsrat angegeben. Entsprechendes gilt für den 24.10.2007. Auch dort wurde eine Fahrt zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr angegeben. Nach unseren Unterlagen kann eine Besprechung mit der Geschäftsleitung zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden haben. Wir gehen auch angesichts der angegebenen Zeiten nicht davon aus, dass eine Besprechung mit dem Betriebsrat durchgeführt wurde. Insoweit haben wir auch die korrekten Angaben seitens des Herrn T1 für die o. g. Fahrten in Zweifel gezogen. Nachdem wir unsere Vorprüfung der Reisekostenabrechnung am 17.07.2009 abgeschlossen haben, haben wir Herrn T1 vorab Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, unter Beifügung der Kopien der Reisekostenabrechnung und Zusammenstellung der Reisekostenabrechnung 2006/2007/2008 Stellung zu nehmen. Unser diesbezügliches Schreiben hat Herr T1 am 21.07.2009 erhalten. Eine Kopie des Anschreibens an Herrn T1 ist als Anlage beigefügt. Wir haben Herrn T1 Gelegenheit gegeben, sich bis zum 24.07.2009, 12.00 Uhr, zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zu äußern.
38Herr T1 hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert. Wir gehen daher davon aus, dass Herr T1 sich zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen nicht weiter äußern will. Von daher legen wir unserem vorliegenden Antrag die o. g. Feststellungen als unwidersprochen zugrunde.
39Davon ausgehend, dass die von uns beanstandeten Fahrten zu Unrecht abgerechnet wurden, hätte sich Herr T1 nachfolgenden wirtschaftlichen Vorteil unrechtmäßig erschlichen. Er hat, ersichtlich aus den vorliegenden Unterlagen, 56 mal 5,00 EUR und 5 mal 10,00 EUR unrechtmäßig abgerechnet und hat damit 330,00 EUR erschlichen.
40Selbst wenn sich nur zu einem Teil die gegen Herrn T1 erhobenen Vorwürfe als berechtigt erweisen würden, sehen wir aufgrund der Systematik, die hinter der Abrechnungspraxis von Herrn T1 liegt, ein bewusstes und gewolltes Handeln zum Nachteil unseres Unternehmens und zum persönlichen Vorteil von Herrn T1 mit strafrechtlicher Relevanz und damit eine schwerwiegende Verletzung des Vertrauensbereichs, welche uns eine Weiterbeschäftigung von Herrn T1 unzumutbar macht. Wir sind in erster Linie davon überzeugt, dass Herr T1 die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu unserem Schaden begangen hat. In jedem Fall ist aufgrund der festgestellten Systematik und der fehlenden Einlassung von Herrn T1 zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zumindest der dringende Verdacht des strafbaren Handelns zum Nachteil der Gesellschaft gegeben. Wir stützen uns daher auch ergänzend auf die Grundsätze der Verdachtskündigung in Bezug auf die Herrn T1 vorgeworfenen Pflichtverletzungen.
41Wir bitten Sie hiermit, unter Beachtung der vorgeschriebenen Formalien, im Rahmen des Verfahrens sowie unter Einhaltung der ihm Rahmen des zustimmenden Verfahrens nach § 103 BetrVG einzuhaltenden Frist um Ihre Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlich fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn T1 auf der Grundlage der hiermit ergänzend eingebrachten Vorwürfe.
42Auch dieses Ansinnen lehnte der Betriebsrat mit Schreiben vom 29.07.2009 nach einer außerordentlichen Sitzung vom 27.07.2009 ab (s. Bl. 290 d. A.).
43Die Arbeitgeberin meint, dass aus den dargestellten Gründen heraus auch der Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG geboten sei; nach der Entscheidung des BAG vom 21.02.1978 in AP Nr. 1 zu § 74 BetrVG 1972 gelte auch als grobe Pflichtverletzung eine falsche Angabe eines freigestellten Betriebsratsmitglieds über Zwecke seiner Tätigkeit außerhalb des Betriebes.
44Hinzu komme beim Antrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG noch folgendes:
45Am 18.12.2008 gegen 10.00 Uhr habe in B1 S1 ein Gespräch zwischen den Beteiligten zu 3., dem Verwaltungsdirektor (Herrn F3) und dem Personalleiter (Herrn M2) stattgefunden. Hier habe der Beteiligte zu 3. erklärt, dass man die Dienstpläne im Bereich des ärztlichen Dienstes für den Standort B1 O1 nicht genehmigen werde, dass aber keine weiteren Maßnahmen ergriffen würden, um die für den 22.01.2009 terminierten Tarifverhandlungen nicht zu gefährden. In diesem Gespräch sei erklärt worden, dass die Dienstpläne laut gesetzlichem Umfang 48 maximal zu arbeitende Wochenstunden enthalten dürften und dass die maximale Gesamttagesarbeitszeit 24 Stunden betragen dürfe; darüber hinausgehende Regelungen seien beiderseits für nicht akzeptabel erklärt worden – so das von der Arbeitgeberin behauptete wechselseitig getroffene Agreement.
46Hintergrund dieses Gesprächs sei die Information gewesen, dass der zuständige Bereichsleiter der Arbeitgeberin und Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite in der Tarifauseinandersetzung, Herr F4 A2, mit der Verhandlungsführerin der Gewerkschaft Verdi, Frau P1, zwei Tage zuvor eine Absprache getroffen habe, dass die Dienstpläne zwar gerügt würden, aber – wie beschrieben – keine arbeitsrechtlichen Verfahren angestrebt werden sollten. Diesbezüglich sei auch der für Ostwestfalen zuständige Gewerkschaftssekretär, Herr H3, und der Beteiligte zu 3. unterrichtet gewesen. Die ebenfalls von der Arbeitgeberin unterhaltenen Betriebe in B1 S1 (Klinik F1 und Kliniken am B2) hätten sich auch an diese Absprache gehalten und die Dienstpläne zwar moniert, allerdings keine weitergehenden gerichtlichen Schritte eingeleitet.
47Nur der Betriebsrat in B1 O1 habe sich an diese Absprache nicht gehalten, so dass vor dem Arbeitsgericht Minden ein einstweiliges Verfügungsverfahren unter dem Aktenzeichen 2 BVGa 8/08 und ein Hauptsacheverfahren auf Unterlassung (unter dem Aktenzeichen 2 BV 41/08, Arbeitsgericht Minden) eingeleitet worden sei.
48Diesen Verfahren liegt unstreitig die Beschlussfassung des Betriebsrats vom 23.12.2008 (Bl. 213 d. A.) zugrunde und die entsprechende Ankündigung des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats im Schreiben vom 23.12.2008 (Bl. 214 d. A.).
49In einer Betriebsversammlung für den Standort B1 O1 am 21.01.2009 unterrichtete der Verwaltungsdirektor, Herr F2, die Belegschaft über die oben behauptete Absprache zwischen der Geschäftsführung in B3 und der Verhandlungsführerin Verdi, Frau P1, in Bezug auf die Vorgehensweise bei den Dienstplänen und die entsprechende Information an den Beteiligten zu 3. als Gesamtbetriebsratsvorsitzenden.
50Hierbei habe das Betriebsratsmitglied Frau M6 den entsprechenden Hinweis zurückgewiesen und mitgeteilt, dass der Betriebsrat von einer derartigen Abmachung zwischen den Tarifparteien keine Kenntnis gehabt habe. Diese Aussage hätten auch am selben Tag die Betriebsratsvorsitzenden der Klinik F1, Frau S4 und der Betriebsratsvorsitzende für die Klinik am B2, Herr B6, bestätigt.
51Die Arbeitgeberin wirft dem Beteiligten zu 3. vor, weder den eigenen Betriebsrat noch die Betriebsräte an den anderen Standorten über die behauptete Absprache in Kenntnis gesetzt und entsprechend unterrichtet zu haben.
52Weiter habe der Kläger im Zusammenhang mit der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens 2 BVGa 8/08 beim Arbeitsgericht Minden zumindest eine objektiv falsche eidesstattliche Versicherung im Bezug auf den Inhalt des Schriftsatzes der Bevollmächtigten abgegeben – auf die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 3. vom 23.12.2008 (Bl. 43 d. A.) und die entsprechende Antragsschrift vom 30.12.2008 (Bl. 39 ff. d. A.) wird verwiesen.
53Unstreitig hatten die Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats in dem Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht Minden diesbezüglich erklärt, dass die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 3. irrtümlich dem Schriftsatz nach erfolgten Abänderungen beigefügt worden sei.
54Ungeachtet dieser Erklärung – so die Arbeitgeberin – habe der Beteiligte zu 3. aber überhaupt nicht wissen können, wie die Arbeitgeberin auf das ultimative Schreiben des Bevollmächtigten des Betriebsrats vom 23.12.2008 (s. o.) – die Frist war bis zum 30.12.2008, 12.00 Uhr für die Arbeitgeberin gesetzt – reagieren würde.
55Die Arbeitgeberin ist der Meinung, dass der Beteiligte zu 3. daher am 23.12.2008 nicht die Richtigkeit des Inhalts des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes zu 2 BVGa 8/08 beim Arbeitsgericht Minden hätte versichern können, es sei denn, er hätte tatsächlich über hellseherische Fähigkeiten im Hinblick auf das bis zum 30.12.2008 gesetzte Ultimatum verfügt. Somit liege zumindest eine objektiv falsche eidesstattliche Versicherung vor.
56Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sei der Arbeitgeberin eine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit dem Beteiligten zu 3. in seiner Eigenschaft als Betriebsratsvorsitzender bzw. als Betriebsratsmitglied nicht weiter zumutbar.
57Erschwerend komme hinzu, dass der Beteiligte zu 3. mit dem ausgehändigten Anhörungsschreiben am 15.01.2009 durch den Küchenbereich der Küche in B1 O1 gelaufen sei und sich dahingehend geäußert haben solle, dass er den Arbeitgeber noch ein wenig hinhalten wolle, bezogen auf seine Stellungnahme.
58Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Beteiligten zu 3. sei unmöglich; vor diesem Hintergrund hat die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 3. auch ein Hausverbot erteilt, jedoch nur eingeschränkt bis zur rechtskräftigen Suspendierung nach § 23 BetrVG.
59Der Antragsteller beantragt,
60Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,
62die gestellten Anträge abzuweisen.
63Der Beteiligte zu 3. – deren Ausführungen sich der Betriebsrat angeschlossen hat – nimmt zu den einzelnen Vorwürfen im Rahmen der Antragstellung gegenüber dem Betriebsrat in den Schriftsätzen Stellung; hinsichtlich der nachgeschobenen Suspendierungsgründe im Schriftsatz vom 31.07.2009 auch zu Protokoll des Kammertermins vom 19.08.2009.
64Von einer ihn bindenden verbindlichen Absprache hinsichtlich des Procedere vor dem Hintergrund laufender Tarifauseinandersetzungen zu den Dienstplänen im Dezember 2008 sei ihm nichts bekannt. Erst recht erinnere sich der Beteiligte zu 3. nicht daran, dass ihm irgendjemand verbindlich aufgetragen hätte, andere Personen von einer solchen Absprache zu unterrichten. Auch sei nichts dafür ersichtlich, dass es die von der Arbeitgeberin behauptete Absprache im Rechtssinn überhaupt gegeben habe. Da sich die Arbeitgeberin auch nicht zum Sachverwalter des Betriebsrats machen könne, sei die Arbeitgeberin wegen etwaiger Pflichtverletzungen von Betriebsratsmitgliedern untereinander auch nicht antragsberechtigt. Etwaige Pflichtverletzungen aus dem Amt des Gesamtbetriebsrats könnten auch nicht den Ausschluss aus dem Betriebsrat begründen.
65Im Übrigen könnten die Vorwürfe der Arbeitgeberin nicht als grobe Pflichtverletzung i. S. von § 23 BetrVG bewertet werden.
66Bezüglich der eidesstattlichen Versicherung weist der Beteiligte zu 3. darauf hin, dass diese nicht falsch gewesen sein, sondern verständlicherweise nur bis zum Zeitpunkt der eidesstattlichen Versicherung (23.12.2009) gelten konnte; der Beteiligte zu 3. weist auf das Protokoll der Sitzung des Arbeitsgerichts Minden zu 2 BVGa 8/08 vom 14.01.2009 (Bl. 413 d. A.) hin. Somit hätten sämtliche in das Wissen des Beteiligten zu 3. gestellten Umstände, die sich bis zum 23.12.2008 zugetragen hatten, auch der Wahrheit entsprochen. Nicht anders sei die eidesstattliche Versicherung zu verstehen gewesen.
67Wegen der Vorwürfe im Rahmen des Zustimmungsersetzungsantrags der Arbeitgeberin weist der Beteiligte zu 3. – auch diesen Ausführungen hat sich der Beteiligte zu 2. angeschlossen – darauf hin, dass seit seiner Bestellung zum freigestellten Betriebsratsmitglied Ende 1997 die Arbeitszeit immer im Sinne einer Vertrauensarbeitszeit gehandhabt worden sei auf der Basis einer 38,5-Stunden-Woche – bei unstreitig 167 Monatsstunden. Als freigestelltes Betriebsratsmitglied habe der Beteiligte zu 3. die Arbeitszeit immer bedarfsorientiert angepasst. Diese Dienstzeithandhabung sei immer so gelebt und nie gerügt worden. Im Einzelnen nimmt der Beteiligte zu 3. dazu Stellung, dass es keine Arbeitszeitverstöße gegeben habe, dass im Gegenteil auch keine Abmahnung ihm gegenüber ausgesprochen worden ist (unstreitig) und dass er auch in den Anwesenheitsangaben keine falschen Angaben gemacht habe; ein entsprechendes Kreuz in den Anwesenheitslisten bei den einzelnen Tagen hätte mitnichten die Bedeutung gehabt, dass er hier in einem irgendwie kommunizierten Umfang eine konkrete Stundenleistung an Betriebsratstätigkeit getätigt hätte.
68Es sei schon richtig, dass er konkret am 05.12.2008 vielleicht nur nach seiner Darstellung drei Stunden und 45 Minuten Arbeitszeit geleistet habe; durch die lediglich sporadische Überwachung durch die Detektei sei jedoch nicht berücksichtigt worden, die Zeiten vor Überwachungsbeginn und die Zeiten nach Überwachungsende. Hier hätten sich auch die angegebenen Fahrten ergeben. Richtig sei, dass vielleicht die Zeitangabe in der Reisekostenabrechnung um 1 Stunde verschoben werden müsste; finanziell hätte dies jedoch keine Auswirkung.
69Im Übrigen weist der Beteiligte zu 3. darauf hin, dass er in dieser Dezemberwoche (01.12. – 05.12.) in Summe 168 Stunden in der Arbeitszeit von montags bis freitags gearbeitet habe, mithin ein Schnitt von 40,25 Stunden erreicht habe; auf die einzelne Darstellung im Schriftsatz vom 04.05.2009 wird verwiesen.
70Entsprechendes gelte auch für den 21.11.2008: Hier sei er nach 16.00 Uhr (dem Abbruch der Überwachung durch die Detektei) noch einmal ins KBO I gefahren um gegen ca. 17 Uhr ein Gespräch mit der Schwerbehindertenvertreterin Frau M7 zu führen. Somit sei die Unterbrechung dieser Fahrt an seiner Wohnung nur als Pause zu betrachten auf der Durchfahrt zum KBO I.
71Die Eintragung in der Anwesenheitsliste Dezember 2008 mit einem "F" für den 24.12.2008 und 31.12.2009 beruhe auf dem von ihm selbst ermittelten Freizeitausgleichskontingent aufgrund Mehrarbeitsstunden in der Vergangenheit; diese Stunden hätten sich immer auf den Anwesenheitsbögen vermerkt befunden – insoweit wird auf die Anlagen zum benannten Schriftsatz vom 4.5.2009 auf Bl. 189 ff. verwiesen.
72Auch habe er den 22.12.2008 nicht eigenmächtig storniert. Am 22.12.2008 habe er sich wegen der nicht bis dahin vorliegenden Dienstpläne erneut ins KBO I begeben müssen. Daraus resultiere auch die angegebene Hin- und Rückfahrt am 22.12.2008 im Reisekostenbericht.
73Für den 04.12.2008 räumt der Beteiligte zu 3. ein, dass die Zeitangabe hinsichtlich der Reisekostenabrechnung zum KBO I 16.30 Uhr wohl nicht in Ordnung sei und statt dessen 17.15 Uhr/17.30 Uhr hätte lauten müssen. Auch hier sei es auf der Fahrt ins Betriebsratsbüro im KBO I zu einer Unterbrechung und Pause in seiner Wohnung gekommen. Die Fahrt sei aber tatsächlich angefallen.
74Der Beteiligte zu 3. rügt die Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
75Zu den nachgeschobenen Gründen im Antrag der Zustimmungsersetzung an den Betriebsrat hat der Beteiligte zu 3. im Kammertermin vom 19.08.2009 Stellung genommen; auf die protokollierten Aussagen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
76Die Arbeitgeberin behauptet, dass das Kreuz in den Anwesenheitslisten allgemein im Verwaltungsbereich die Anwesenheit zu den vorgegebenen Arbeitszeiten montags bis donnerstags 7.30 Uhr bis 16.15 Uhr und freitags von 7.30 Uhr bis 14.15 Uhr bedeute. Die Arbeitgeberin meint, dass sich der Beteiligte zu 3. an diese, auch von anderen Betriebsratsvorsitzenden praktizierte Arbeitszeit, hätte orientieren müssen. Die Arbeitgeberin habe die Einhaltung dieser Zeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben als freigestelltes Betriebsratsmitglied vorausgesetzt. Diese hätte der Beteiligte zu 3. einhalten müssen.
77Wegen des gesamten Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Protokolle verwiesen, die sämtliche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
78Nachdem sich alle drei Kammern des Arbeitsgerichts Minden für die Durchführung dieses Verfahrens für befangen erklärt hatten, wurde mit Beschluss des LAG Hamm vom 17.03.2009 (Bl. 130 d. A.) das Arbeitsgericht Herford als zuständiges Gericht bestimmt.
79B.
80Die Anträge der Arbeitgeberin sind zulässig aber unbegründet.
81Die Arbeitgeberin kann weder (I.) mit dem Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. noch (II.) mit dem Antrag auf Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat durchdringen.
82I.
83Die Arbeitgeberin hat keinen Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3., die nach § 103 BetrVG zwingend erforderlich ist. Eine außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.
84Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist, § 103 Abs. 2 BetrVG.
85Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
86Nach § 626 Abs. 1 BGB ist bei allen Kündigungsgründen eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und einer Abwägung der jeweiligen Interessen beider Vertragsteile erforderlich. Dieses Erfordernis schließt es aus, bestimmte Tatsachen ohne Rücksicht auf die Besonderheit des Einzelfalles stets als wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung anzuerkennen; es gibt im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB keine absoluten Kündigungsgründe.
87Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist grundsätzlich in zwei zu trennenden Abschnitten zu prüfen:
88Vorrangig ist zu prüfen, ob ein bestimmter Grund an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Sofern dies bejaht wird, bedarf es nach § 626 Abs. 1 BGB weiter der Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht.
89In diesem Zusammenhang ist auch anerkannt, dass der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer Pflichtverletzung ausreichend sein kann, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Die Verdachtskündigung ist nichts weiter als ein Anwendungsfall des Rechtssatzes, dass ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung immer dann vorliegt, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für vorübergehende Zeit unter Berücksichtigung der Interessen des einen Vertragsteils dem anderen Vertragsteil nicht mehr zuzumuten ist. Nicht nur eine erwiesene, von der Rechtsordnung missbilligte Handlung, sondern auch schon der dringende Verdacht, eine solche begangen haben zu können, kann einem Arbeitsverhältnis die Vertrauensgrundlage entziehen und es unerträglich belasten.
90An eine solche Verdachtskündigung müssen jedoch strenge Anforderungen gestellt werden; dazu gehört zum Einen, dass der Verdacht objektiv durch bestimmte Tatsachen begründet ist. Nur ein solcher Verdacht ist als Kündigungsgrund geeignet, der einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen kann. Der Verdacht muss dringend sein, d. h., er muss bei kritischer Prüfung ergeben, dass eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die Tathandlung gerade des gekündigten Arbeitnehmers besteht. Auf jeden Fall muss im Rahmen der Verdachtskündigung der Arbeitnehmer zu den Vorwürfen gehört werden.
91Bleibt danach ein schwerer Verdacht gegen den Arbeitnehmer bestehen, bedarf es noch der weitergehenden Prüfung, ob dem Arbeitgeber unter Würdigung aller Umstände die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden kann oder nicht.
92Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen des § 38 BetrVG sind Betriebsratsmitglieder sogar gänzlich von der Erbringung der Arbeitsleistung aus dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag freizustellen. Der Gesetzgeber geht im Rahmen von § 38 BetrVG davon aus, dass die gesamte Arbeitszeit eines freigestellten Betriebsratsmitglieds von Betriebsratstätigkeit ausgefüllt ist. Mit der Freistellung unterliegen die Betriebsratsmitglieder grundsätzlich nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Ein von der Arbeit freigestelltes Betriebsratsmitglied muss seine Anwesenheit im Betrieb grundsätzlich so gestalten, dass sich möglichst alle Arbeitnehmer an ihn wenden können; das LAG Rheinland-Pfalz hat im Beschluss vom 8. November 2007 (9 TaBV 37/07) ausgeführt, dass Betriebsratsmitglieder hauptsächlich dann Betriebsratsaufgaben zu erledigen haben, wenn der wesentliche Teil der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber im Betrieb anwesend sind. Andererseits hat das LAG Düsseldorf im Urteil vom 26.05.1993, 18 Sa 303/93 in NZA 1994 S. 720 ausgeführt, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder die betriebsübliche Arbeitszeit einzuhalten haben. Bei unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen – wie sie bei der Arbeitgeberin unstreitig vorliegen – kommt das LAG Düsseldorf im benannten Beschluss zu der Ansicht, dass dann die freigestellten Betriebsratsmitglieder zumindest die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit dem Umfang nach einhalten müssen und ihre Anwesenheitszeiten im Betrieb vernünftig einteilen müssen, sonst aber an feste Arbeitszeiten nicht gebunden sind. Dies vor dem Hintergrund, dass das Abstellen auf betriebsübliche Arbeitszeiten in der Praxis problematisch sein kann. Denn betriebsübliche Arbeitszeiten sind solche, die die gesamte Belegschaft, Teile davon oder einzelne Mitarbeiter aufgrund des Arbeitsvertrages oder aus dem für den Betrieb geltenden Tarifvertrag heraus schulden. Es können sich also unterschiedliche betriebsübliche Arbeitszeiten ergeben (s. auch BAG-Beschluss vom 16.07.1991, 1 ABR 69/90 in Betriebsberater 1991 S. 2156). In solchen Fällen können und dürfen die Betriebsratsmitglieder ihre Betriebsratstätigkeit so einteilen, wie es ihrer Ansicht nach am Besten ist, um die Aufgaben – siehe u. a. § 80 BetrVG – ordnungsgemäß zu erfüllen. Das gilt z. B. insbesondere dann, wenn im Betrieb in Wechselschicht gearbeitet wird. Entscheidend ist, dass die geschuldete Grundarbeitszeit, also die Zahl der Arbeitsstunden an sich, eingehalten wird und das freigestellte Betriebsratsmitglied dafür Sorge trägt, dass eine ausreichende Anwesenheit im Betrieb gewährleistet ist.
93Der Arbeitgeber trägt auch im Rahmen von § 103 Abs. 2 BetrVG grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast, wenn er unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen außerordentliche Kündigungsgründe im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens vorbringen will. In diesem Rahmen kann auch nicht das Gericht im Wege der Amtsermittlung etwaige Kündigungsgründe für den Arbeitgeber ausforschen.
94Vor diesem Hintergrund sind die Vorwürfe gegenüber dem Beteiligten zu 3. nicht haltbar bzw. unsubstantiiert. Die Arbeitgeberin hat tatsächlich nicht vorgetragen, dass mit dem Beteiligten zu 3. nach dessen Freistellung als Betriebsratsmitglied Ende 1997 in irgendeiner Art und Weise eine verbindliche Vereinbarung zur Lage der Arbeitszeiten getroffen worden ist. Von daher konnte und durfte der Beteiligte zu 3. solange nach seinem Ermessen verfahren, wie die Arbeitgeberin dem nichts entgegensetzte. Der Beteiligte zu 3. hat im vorliegenden Verfahren an verschiedenen Stellen betont, dass er für eine vernünftige Arbeitszeitregelung zur Verfügung steht. Nur: Solange dies nicht geschehen ist, konnte sich der Beteiligte zu 3. im Rahmen der obigen Ausführungen relativ frei als freigestelltes Betriebsratsmitglied bewegen. Dabei ist zu beachten, dass der Vorwurf mitnichten dahingeht, der Beteiligte zu 3. hätte seine Betriebsratstätigkeit nicht erfüllt. Unstreitig stand er, wann immer erforderlich, der Arbeitgeberin insoweit zur Verfügung.
95Wenn also der Beteiligte zu 3. auch für die erste Woche im Dezember 2008 sich nunmehr auf die Einbehaltung der Wochenarbeitszeit von 168 Stunden beruft, so nutzt es der Arbeitgeberin nicht, dies zu bestreiten. Im Rahmen von § 626 BGB trägt sie alleine die Darlegungs- und Beweislast und muss insofern auch vollständig die Einlassung des Beteiligten zu 3. u. a. auch zum 05.12.2008 inhaltlich widerlegen. Ein schlichtes Bestreiten zu den Angaben des Beteiligten zu 3. reicht hier mitnichten aus. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist aber auch klar, dass eine Einzelfallbetrachtung auf einen einzelnen Tag bezogen nicht ausreichen kann, um einen außerordentlichen Kündigungsgrund gegenüber dem Beteiligten zu 3. zu begründen. Insofern ist die Arbeitgeberin auch jeglichen Ansatz schuldig geblieben, dass ein Kreuz in der Anwesenheitsliste zwingend eine bestimmte Stundenzahl als Anwesenheit quittiert. Die Arbeitgeberin mag zwar ihre Vorstellungen davon entwickelt haben, was ein Kreuz in der Anwesenheitsliste an bestimmten Arbeitstagen bedeutet; die schlichte Vorstellung bedeutet jedoch keine verbindliche Vereinbarung im Verhältnis der Arbeitgeberin zum freigestellten Betriebsratsmitglied. Dabei kann nicht unbeachtet bleiben, dass der Beteiligte zu 3. 1997 aus dem Bereich der Küche kam mit einer deutlich abweichenden Arbeitszeit zur allgemeinen Verwaltung. Selbstverständlich kann der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat vernünftige und angemessene Regelungen zur Anwesenheit – notfalls über eine Einigungsstelle – durchsetzen; solange er dies aber nicht macht, kann er sich nicht umgekehrt auf vermeintliche Arbeitszeitverstöße des freigestellten Betriebsratsmitglieds berufen.
96Dies macht es auch offenkundig, dass die Überwachung des Beteiligten zu 3. durch die Detektei C1 unangemessen und vom Ansatz her zum Scheitern verurteilt war. Die lediglich sporadische Überwachung durch die Detektei an den einzelnen Tagen (21.11., 04.12., 05.12., 12.12., 24.12. und 31.12.08) macht umso deutlicher, dass damit eine Arbeitszeitverletzung durch die Beteiligten zu 3. unter keinen Umständen hat nachgewiesen werden können. Der von der Arbeitgeberin gewählte Ansatz, den Beteiligten zu 3. einfach den Arbeitszeiten der allgemeinen Verwaltung zu unterstellen, war vor dem Hintergrund der obigen rechtlichen Ausführungen von vornherein zum Scheitern verurteilt.
97Die Arbeitgeberin mag die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den einzelnen aufgezeigten Vorfällen (21.11.08, Dezember 2008, 04.12. und 05.12.08 sowie 01.12., 22.12. und 19.12.08) bestreiten oder für nicht glaubwürdig halten und damit anzweifeln; nur: auch das reicht im Rahmen einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB nicht aus. Wie bereits oben erwähnt, trägt die Arbeitgeberin die volle Darlegungs- und Beweislast für den außerordentlichen Kündigungsgrund. Nur sie kann und muss die entsprechenden Fakten objektiv liefern. Durch die nur partielle und sporadische Detektei-Überwachung ist die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den einzelnen Daten keinesfalls obsolet.
98Jedenfalls reicht das Ausschöpfen der arbeitszeitlichen Möglichkeiten des Beteiligten zu 3. vorliegend nicht aus, einen außerordentlichen Kündigungsgrund objektiv darzulegen, geschweige denn einen hinreichenden Tatverdacht hierfür zu begründen. Denn auch hier reicht es nicht aus, dass die Arbeitgeberin die Angaben des Beteiligten zu 3. bestreitet; sie hätte hier im Einzelfall konkret die Einlassung des Beteiligten zu 3. widerlegen müssen.
99Das gilt auch für die Anwesenheitsangaben sowohl am 22.12.2008 als auch für die Angabe des Buchstaben "F" für Freizeitausgleich für den 24.12. und 31.12.2008. Aus den beispielhaft beigebrachten Anwesenheitslisten seit Januar 2007 ist ersichtlich, dass entsprechende Freizeitausgleichsansprüche des Beteiligten zu 3. immer in den Anwesenheitslisten von diesem vermerkt, fortgeführt und eingetragen worden sind. Das bestätigt die Einlassung des Beteiligten zu 3., dass es sich um eine Vertrauensarbeitszeit gehandelt hat. Insofern ist auch an dieser Stelle § 626 Abs. 2 BGB nicht unbeachtlich, der die Arbeitgeberin zwingt, etwaige Kündigungsvorwürfe innerhalb der 14-Tage-Frist vorzubringen bzw. entsprechend bei § 103 BetrVG zu berücksichtigen. Da der Beteiligte zu 3. weder für den 24.12. noch für den 31.12.2008 behauptet hat, dass er eine Arbeitsleistung i. S. des freigestellten Betriebsratsmitglieds erbracht hat, kommt es nicht darauf an, welche Feststellungen die Detektei beim Klingeln an der Haustür am 24.12. um 10.30 Uhr im Gespräch mit der Ehefrau getroffen haben will. Der Beteiligte zu 3. hat seinen Freizeitausgleichsanspruch, wie er sich aus der Anwesenheitsliste schlüssig ergibt, im Monat Dezember 2008 an den beiden benannten Tagen eingetragen, verbraucht und entsprechend saldiert. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
100Entsprechendes gilt für die Frage, welche Reisekosten der Beteiligte zu 3. beanspruchen durfte. Auch hier hat de Beteiligte zu 3. vor allen Dingen für den 21.11.2008, für den 04.12.2008, für den 05.12.2008 als auch später für den 01.12., 22.12. und 19.12.2008 entsprechende Erklärungen gemacht. Hier reicht es nicht aus, wenn die Arbeitgeberin den entsprechenden Angaben – auch vor dem Hintergrund des vorliegenden Detektivberichtes – nicht folgen kann. Es reicht nicht aus, dass die Arbeitgeberin im Rahmen von § 103 BetrVG schlicht Angaben des Beteiligten zu 3. in Zweifel zu ziehen versucht. Hier verkennt die Arbeitgeberin, dass sie die volle Darlegungs- und Beweislast für den Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB trägt. Von daher muss sie den Kündigungsgrund in vollem Umfang darlegen und beweisen und kann sich nicht bei Einlassungen der Arbeitnehmerseite, in diesem Fall des Beteiligten zu 3., auf ein schlichtes Bestreiten zurückziehen. Das mag dann in Frage kommen, wenn es um mildere Mittel als die außerordentliche Kündigung geht, wie etwaige Kürzungen der Reisekosten oder ähnliches. Darum geht es jedoch vorliegend nicht. Die Arbeitgeberin mag es durchaus berechtigt aus ihrer Sicht als eine Art Legendenbildung empfunden haben, als sie die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den einzelnen Tagen gelesen und verarbeitet hat. Fakt ist nur, dass die Antragstellerin und damit die Arbeitgeberin vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Frage der Arbeitszeit eines freigestellten Betriebsratsmitglieds schlussendlich alleine für die volle Darlegung etwaiger außerordentlicher Kündigungsgründe verpflichtet ist und auch in diesem Zusammenhang ein Bestreiten von etwaigen Pausenzeiten am Wohnort des Beteiligten zu 3. nicht ausreichend ist. Der Beteiligte zu 3. hat in den Einzelfällen eingeräumt, dass ggf. die Angaben in den Reisekostenberichten hinsichtlich der Reisezeiten um 1 Stunde zu berichtigen seien; hier mag ein Fehler in der Reisekostenabrechnung vorliegen. Dass dieser Fehler jedoch nicht zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, dürfte offensichtlich sein.
101Obige Ausführungen gelten erst recht für die nachgeschobenen Gründe zur erweiterten Anhörung des Betriebsrats für die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. Wenn sich die Arbeitgeberin hier auf 58 erklärungsbedürftige Tage aus den Jahren 2006 und 2008 beruft vor dem Hintergrund von Dienstreisen freitags nach "Dienstende" 14.15 Uhr sowie auf weitere drei Fahrten am 11.6., 10.10., und 24.10.2007, so verkennt die Arbeitgeberin auch hier die Fragestellung im Rahmen von § 103 BetrVG i. V. mit § 626 BGB. Dass die Arbeitgeberin hier auf nicht
102nachvollziehbare Fahrten kommt und annimmt, dass diese Fahrten ohne dienstlichen Hintergrund getätigt worden seien, kann für einen außerordentlichen Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 niemals ausreichen. Bei § 626 Abs. 1 geht es zunächst nicht um reine Vermutungen sondern um harte Fakten. Erst wenn objektive Tatbestände einen dringenden Verdacht in Richtung eines außerordentlichen Kündigungsgrundes begründen, kann über eine Verdachtskündigung überhaupt erst nachgedacht werden. Dass sich in diesem Zusammenhang die Arbeitgeberin angezeigte Fahrten in Reisekostenabrechnungen des Beteiligten zu 3. aus den Jahren 2006 bis 2008 nicht erklären kann, sind keine objektiv begründeten Tatsachen, die den dringenden Verdacht einer pflichtverletzungsbeteiligten zu 3. begründen können. Das Gericht ist auch geneigt, in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des OLG Köln vom 04.11.2002, 19 U 38/02, in LAGE § 626 BGB Nr. 145 zurückzugreifen, in dem es auch um die detektivische Suche nach Verfehlungen in den Reisekostenabrechnungen ging.
103Das Gericht konnte jedenfalls der Arbeitgeberin nicht folgen, dass hier zumindest ein dringender Verdacht in der Person des Beteiligten zu 3. hinsichtlich der aufgestellten Vorwürfe besteht.
104Schlussendlich wird die Arbeitgeberin auch bei ihrer ganzen Argumentation zu berücksichtigen haben, dass – sollte man alle zuvorigen Ausführungen betreffend die Arbeitszeit des Beteiligten zu 3. einmal außer acht lassen – es zu keiner konkreten Schädigung der Arbeitgeberin gekommen ist; was das bedeutet, kann in der Entscheidung des BAG vom 26.03.2009, 2 AZR 953/07 in Der Betrieb 2009 S. 1772 nachgelesen werden.
105Im Ergebnis rechtfertigen die von der Arbeitgeberin in den Anhörungsschreiben gegenüber dem Betriebsrat vom 21.01.2009 und vom 24.07.2009 gemachten Vorwürfe nicht, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu ersetzen.
106II.
107Die Voraussetzungen für den Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG liegen nicht vor. Der Arbeitgeber kann den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat nur wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen.
108Eine grobe Pflichtverletzung ist eine offensichtliche sowie objektiv schwerwiegende Pflichtverletzung, die geeignet ist, den Betriebsfrieden oder die Ordnung des Betriebes nachhaltig zu stören oder zu gefährden. Eine schlichte Erschütterung der Vertrauensbeziehung genügt tatsächlich nicht. Die Pflichtverletzung ist dann grob, wenn sie offensichtlich und eindeutig ist. Der Pflichtverstoß muss von solchem Gewicht sein, dass er das Vertrauen in eine künftige, ordnungsgemäße Amtsführung zerstört und irreparabel erschüttert.
109Das Gericht hat sich der Rechtsansicht des Beteiligten zu 3. angeschlossen, dass eine solche Pflichtverletzung nicht erkennbar ist.
110Soweit die Arbeitgeberin sich auf die Gründe zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung auch hinsichtlich der Frage des Ausschlusses des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat bezieht, kann auf die obigen Ausführungen inhaltlich verwiesen werden. Hieraus kann kein Ausschlussgrund und Ausschlusstatbestand hergeleitet werden. Wie oben aufgezeigt, sind Verletzungen des Beteiligten zu 3. nicht konkretisiert und verifiziert worden.
111Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht auf eine vermeintlich objektive falsche eidesstattliche Versicherung berufen. Es ist offensichtlich, dass die insoweit streitgegenständliche eidesstattliche Versicherung vom 23.12.2008 im Verfahren 2 BVGa 8/08 beim Arbeitsgericht Minden sich nur auf tatsächliche Umstände bis zur Erteilung dieser eidesstattlichen Versicherung beziehen kann und keine andere Aussage trifft. Weder inhaltlich noch mit dem Methoden der Auslegung kann diese eidesstattliche Versicherung dahingehend verstanden werden, dass der Beteiligte zu 3. bereits zu diesem Zeitpunkt erklären wollte, dass die Arbeitgeberin auch bis zum Ablauf der Frist am 31.12.2008 von ihrer Stellungnahme-Möglichkeit keinen Gebrauch machen werde. Die eidesstattliche Versicherung ist kurz, knapp und bündig.
112Soweit die Arbeitgeberin weiter vorträgt, dass es am 18.12.2008 zu einem "Agreement" gekommen ist, welches der Beteiligte zu 3. nicht an die Betriebsräte weitergetragen habe, so ist dies – selbst wenn es so geschehen sein sollte – kein Grund, eine grobe Pflichtverletzung im Sinne von § 23 Abs. 1 BetrVG anzunehmen. Dies allein schon vor dem Hintergrund, dass die Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats mit Schreiben vom 23.12.2008 (Bl. 214 d. A.) dem Arbeitgeber unmissverständlich das Prozedere des Betriebsrats aufgrund der Beschlussfassung vom 23.12.2008 (Bl. 213 d. A.) angedroht haben. Auf diese Androhung hat die Arbeitgeberin allerdings nicht reagiert, obwohl daraus klar ersichtlich war, dass das Agreement offensichtlich nicht zur Anwendung gekommen ist. Statt sofort zu reagieren, hat die Arbeitgeberin erst auf einer Betriebsversammlung vom 21.01.2009 von den vermeintlichen Verstößen des Beteiligten zu 3. in Verbindung mit der Frage der Informationsweitergabe gehört, ohne vorher die Notwendigkeit einer Recherche aufgrund des Schreibens der Rechtsanwälte des Betriebsrats vom 23.12.2008 zu prüfen. Im Übrigen bleibt völlig offen, welche Wirkung eine entsprechende Informationsweitergabe tatsächlich gehabt hätte; Rückschlüsse von anderen Betriebsräten auf den Beteiligten zu 2. sind für das Gericht nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Da "Agreements" offensichtlich nicht als verbindliche Verabredungen gelten können – allein schon vor dem Hintergrunde, dass der Betriebsratsvorsitzende nicht alleine für den Betriebsrat beschließen kann – bergen sie somit immer die Gefahr in sich, dass mangels entsprechender rechtlicher Verpflichtungen Informationen auch aus betriebsverfassungspolitischen Gründen heraus ggf. nicht 1 zu 1 weitergegeben werden. Der Beteiligte zu 3. hat insoweit seine Stellungnahme hierzu abgegeben. Das, was die Arbeitgeberin aus ihrer Sicht vorträgt, reicht für die Annahme einer groben Pflichtverletzung nicht aus.
113Entsprechendes gilt für die Frage, ob der Beteiligte zu 3. am 15.01.2009 gegenüber den Zeugen T4 und Herrn B7 im Küchenbereich der Küche in B1 O1 geäußert haben soll, dass er die Arbeitgeberin noch ein wenig hinhalten wolle, bezogen auf seine Stellungnahme. Selbst wenn man dies als wahr unterstellt, kann darin ein Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 1 BetrVG offensichtlich nicht gesehen werden. Auch dies hat der Beteiligte zu 3. am Ende seines Schriftsatzes vom 04.05.2009 richtig bewertet.
114Damit waren die Anträge abzuweisen.