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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 100,00 Euro festgesetzt.
4. Die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch des Klägers.
3Der 49 Jahre alte Kläger ist seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt. Derzeit wird er als Warenbereichsleiter „Wareneingang“ mit einer monatlichen Arbeitszeit von 163 Stunden und einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 3.025,00 Euro in der Filiale der Beklagte in I beschäftigt.
4Er ist gleichzeitig Vorsitzender des bei der Beklagten gewählten örtlichen Betriebsrats.
5Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den Einzelhandel in NRW Anwendung. Unter dem 18.08.2015 schlossen der Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.v. und die ver.di für den Geltungsbereich des § 1 des Manteltarifvertrages Einzelhandel NRW vom 10.12.2013 eine Zusatzvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:
6„...
7Teil 3
8Schlussbestimmungen
9Maßregelungsklausel
10Aus der Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen der Gewerkschaft bis zum 18.08.2015 zur Durchsetzung ihrer Forderung für neue Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen darf den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen keinerlei Nachteil (ausgenommen Entgeltabzüge für die infolge der Arbeitskampfmaßnahmen nicht geleisteten Arbeitsstunden) entstehen. Dies schließt für die am Streik Beteiligten die Gewährung arbeitskampfveranlasster Geldleistungen ein, wie sie die Beschäftigten erhalten, die sich nicht an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligt haben.
11...“
12Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 14-16 d.A. Bezug genommen.
13Am 18.05.2015 nahm der Kläger an einem Streik der ver.di zur Durchsetzung der Forderung für neue Tarifverträge für den Einzelhandel NRW teil.
14Der Kläger behauptet, die Beklagte habe den an dem Streit nicht beteiligten Mitarbeitern für diesen Tag zusätzlich zu ihrer regelmäßigen Vergütung einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro brutto gezahlt. Die Beklagte habe die streikbrechenden Mitarbeiter selbst zu der Filiale in I gefahren, diese seien nicht unter beschwerlichen Umständen aus eigenen Mitteln angereist. Aufwendungen hätten die Mitarbeiter aus den Filialen T und M nicht gehabt.
15Der Kläger meint, die Nichtzahlung der 100,00 Euro brutto an ihn stelle einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien vom 18.08.2015 dar. Die an die nicht am Streit beteiligten Mitarbeiter gezahlten 100,00 Euro brutto stellten eine arbeitskampfveranlasste Geldleistung dar.
16Er machte die Forderung gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12.02.2016 und 05.04.2016 geltend.
17Der Kläger beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an ihn 100,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte vertritt die Rechtsansicht, der klageweise geltend gemachte Betrag in Höhe von 100,00 Euro brutto stehe dem Kläger nicht zu.
22Hierzu bestreitet sie, den nicht am Streik beteiligten Mitarbeitern der Filiale in I zusätzlich zu ihrer regelmäßigen Vergütung 100,00 Euro brutto gezahlt zu haben. 50 Mitarbeiter der Stammbelegschaft in I hätten am Streiktag 18.05.2015 ihre Arbeit aufgenommen und nicht gestreikt. Diese Mitarbeiter hätten keine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100,00 Euro brutto erhalten.
23Sie habe um die Auswirkungen des Streiks in der Filiale so gering wie möglich zu halten an diesem Tag Mitarbeiter aus anderen Filialen auf freiwilliger Basis in der Filiale in I zur Unterstützung eingesetzt. 30 Mitarbeiter der Filiale in I hätten sich am Streik beteiligt, weshalb sie insgesamt 33 Mitarbeiter aus anderen Filialen in I eingesetzt habe. Die Mitarbeiter, die sich zu solch einem Unterstützungseinsatz bereit erklärten, würden in diesem Fall freiwillig erhebliche Änderungen ihrer persönlichen Arbeitszeiten, zum Teil enorme Verlängerungen ihrer üblichen Arbeitswege sowie kurzfristige Umstellung auf die Gegebenheiten einer für sie neuen Arbeitsumgebung auf sich nehmen. Um diesen Mitarbeitern die rein zusätzlichen Aufwendungen auszugleichen, zahle sie freiwillig aufgrund einer unternehmensweit praktizierten Regelung während des Streiks eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 100,00 Euro brutto. Ein Fahrtkostenausgleich sei mit der Pauschale nicht vorgesehen, sondern lediglich ein Ausgleich für die zusätzlichen Beschwerlichkeiten.
24Eine generelle Zahlung der Aufwandsentschädigung an die nicht am Streik beteiligten Arbeitnehmer sei daher nicht erfolgt, der Kläger sei nicht schlechter gestellt worden als die Mitarbeiter der Filiale in I die nicht gestreikt hätten.
25Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie das Protokoll der Kammerverhandlung vom 28.07.2016 Bezug genommen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
27I.
28Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
29Dem Kläger steht die begehrte Ausgleichszahlung schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte den mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeitern der Filiale in I, die nicht am Streik beteiligt gewesen sind, ebenfalls keine Ausgleichszahlung in Höhe von 100,00 Euro brutto gezahlt hat. Dies ist im Kammertermin unstreitig geworden.
301. Die zwischen den Tarifparteien vereinbarte Maßregelungsklausel sieht vor, dass den Arbeitnehmern aus ihrer Streikteilnahme - mit Ausnahme des Vergütungsausfalls für die Dauer der Streikteilnahme - keinerlei Nachteile entstehen dürfen. Nach dem Wortlaut der Klausel schließt dies ausdrücklich für die am Streik Beteiligten die Gewährung arbeitskampfveranlasster Geldleistungen ein, wie die Beteiligten erhalten, die sich nicht an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligt haben.
312. Die begehrte Ausgleichszahlung hätte der Kläger jedoch auch dann nicht erhalten, wenn er sich nicht am Streik beteiligt sondern seine reguläre Arbeitsleistung erbracht hätte.
32Die Ausgleichszahlung von 100,-- € brutto hat die Beklagte unstreitig allein den betriebsfremden 33 Arbeitnehmern gewährt, welche anstelle der streikenden 30 Belegschaftsmitglieder in der bestreikten Filiale der Beklagten in I gearbeitet haben. Die mit dem Kläger unmittelbar vergleichbaren bei der Beklagten in der bestreikten Filiale in I beschäftigten Arbeitnehmer haben soweit sie sich nicht am Streik beteiligt haben keine Ausgleichszahlung erhalten. Nach der tariflichen Maßregelungsklausel erhalten die Streikbeteiligten jedoch nur solche Leistungen wie die Streikbrecher selbst.
33Die Beklagte hat somit nicht an sämtliche in der bestreikten Filiale eingesetzten Kräfte eine gleichartige Zahlung geleistet, sondern bei der Art der Leistungsgewährung zwischen Stammkräften der Filiale und anderen Kräften unterschieden, welche nur für die Dauer des Streiks in der Filiale in I eingesetzt worden sind. Aus welchem Grunde eine derartige Differenzierung bei der Ausgestaltung einer Ausgleichszahlung unzulässig sein soll, ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch selbst nicht vorgetragen. Dann hat es jedoch bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass die tarifliche Maßregelungsklausel allein eine Gleichstellung unter Berücksichtigung der jeweiligen Vergleichsgruppenbildung verlangen kann (vgl. insoweit auch LAG Hamm, Urt. v. 06.08.2009, 8 Sa 292/09 – zitiert nach juris). Ein Anspruch auf Prämienzahlung steht dem Kläger nach alledem nicht zu.
34II.
35Die Berufung war gem. § 64 Abs. 3 Ziffer 2 b) ArbGG im Urteil zuzulassen.
36III.
37Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO, wonach die in dem Rechtsstreit unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
38Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. den §§ 42 Abs. 4 GKG, 46 Abs. 2 Satz 1, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO im Urteil festgesetzt worden und ergibt sich aus der Höhe der Forderung.