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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 4.286,98 EUR festgesetzt.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Rückgewähr gezahlten Arbeitslohns nach Insolvenzanfechtung durch den Kläger.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X I GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin).
4Der Beklagte stand im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 20.07.2011 in einem Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin. Für Mai 2011, Juni 2011 und Juli 2011 zahlte die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten keinen Arbeitslohn. Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 27.07.2011 (Bl. 15 ff. d. A.), über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren Arbeitsgericht Dortmund – 3 Ca 3313/11 nahm der Beklagte die Insolvenzschuldnerin sodann auf Zahlung von 3.270,98 EUR brutto (Arbeitslohn für Mai und Juni 2011 in Höhe von jeweils 1.635,49 Euro brutto) nebst gesetzlichem Zins in Anspruch. Er obsiegte durch Urteil vom 29.09.2011 vollumfänglich. Im weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren Arbeitsgericht Dortmund – 3 Ca 3463/11 nahm der Beklagte die Insolvenzschuldnerin ferner auf Zahlung von1.400,00 EUR netto (Arbeitslohn für Juli 2011) in Anspruch. Das Verfahren endete unter dem 20.09.2011 durch Vergleich, nach welchem sich die Insolvenzschuldnerin verpflichtete, an den Beklagten in zwei Raten, fällig am 01.10.2011 und 01.11.2011 insgesamt 1.400,00 EUR netto abzüglich bezogener Leistungen nach SGB II zu zahlen.
5Am 25.10.2011 überwies die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten zur Erfüllung der titulierten Zahlungsverpflichtungen 4.286,98 EUR. Danach nahm der Beklagte den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück.
6Mit Beschluss vom 16.11.2012 (Bl. 12 ff. d. A.) eröffnete das Amtsgericht Dortmund über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dieser stellte Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin in Höhe von insgesamt 321.867,00 EUR fest. Von den angemeldeten Forderungen war am 31.01.2011 ein Betrag in Höhe von 101.356,00 EUR fällig.
7Mit Schreiben vom 07.06.2013 (Bl. 26 ff. d. A.) erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Insolvenzanfechtung und forderte ihn erfolglos zur Rückgewähr der erhaltenen Beträge auf.
8Der Kläger trägt vor, die Insolvenzschuldnerin sei bereits am 31.01.2011 und im Zeitpunkt der an den Beklagten erfolgten Zahlung zahlungsunfähig gewesen. Dem Kläger stünde ein Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO zu. Die Zahlung sei nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO seien vorliegend erfüllt. Insbesondere habe Zahlungsunfähigkeit vorgelegen, und kein Fall der Zahlungsstockung. Die Insolvenzschuldnerin habe auch mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Dies folge daraus, dass sie zum Zeitpunkt der Zahlung objektiv zahlungsunfähig gewesen sei. Dem Beklagten sei der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz positiv bekannt gewesen, was sich schon aus seinem Insolvenzantrag vom 27.07.2011 ergäbe. Zudem habe der Beklagte Kenntnis davon gehabt, dass die Zahlung an ihn die übrigen Insolvenzgläubiger benachteilige.
9Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:
10Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.286,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2012 zu zahlen.
11Der Beklagte beantragt
12Klageabweisung.
13Er beruft sich auf Verjährung und trägt darüber hinaus sinngemäß vor, alles, was seinen Insolvenzantrag gegen die Insolvenzschuldnerin beträfe, sei im August 2012 längst erledigt gewesen. Die Klage sei verfristet und nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Es habe sich bei der angefochtenen Zahlung nicht um eine solche gehandelt, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt sei und auch nicht zur Abwendung des Insolvenzantrages oder zu dessen Rücknahme, sondern lediglich in Erfüllung der erwirkten Titel. Ein Beweis über einen Fortbestand oder eine tatsächliche Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin seit Erhalt der Zahlung liege nicht vor. Auch habe beim Beklagten keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit bestanden.
14Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den gesamten Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16I.
17Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Rückgewähranspruch in Bezug auf die durch die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten geleisteten Zahlungen aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO.
181.
19Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss gem. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Anfechtbar ist gem. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
202.
21Im vorliegenden Fall fehlt es nach Auffassung der Kammer am Merkmal des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes.
22a) Erforderlich, aber auch ausreichend für den erforderlichen Vorsatz des Schuldners ist ein auf den Erfolg der Benachteiligung der Gläubiger gerichteter Wille (Uhlenbruck – Hirte, 14. Auflage 2015, Rn. 36 zu § 133). Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 10.01. 2013 – IX ZR 13/12).
23b) Für einen entsprechenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin fehlen der Kammer vorliegend hinreichende Anhaltspunkte. Das Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes kann entgegen der Auffassung des Klägers nach Meinung der Kammer vorliegend nicht damit begründet werden, die Insolvenzschuldnerin sei im Zeitpunkt der Zahlung objektiv zahlungsunfähig gewesen. Hierfür bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Zahlungen an den Beklagten erfolgten im Oktober 2011. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte erst 13 Monate später. Die Eröffnung beruht auch nicht auf dem Antrag des Beklagten vom 27.07.2011. Auf diesen Antrag teilte das Insolvenzgericht durch Schreiben vom 09.11.2011 (Bl. 93 d. A.) nämlich mit, die Schuldnerin habe die Erfüllung ihrer Forderungen substantiiert dargelegt, und der Beklagte müsse mit einer kostenpflichtigen Zurückweisung seines Antrages rechnen. Die Zahlung war auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch die Stellung des Insolvenzantrages bedingt oder deshalb geleistet, um eine Antragsrücknahme zu erreichen. Für diese Annahme besteht mangels eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Stellung des Insolvenzantrages und der Zahlung kein Raum. Die Zahlung erfolgte vielmehr in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Titulierung der Forderungen. Es ging der Insolvenzschuldnerin also in erster Linie um die Erfüllung ihrer titulierten Verpflichtungen. Das andererseits – wie der Kläger wiederum behauptet - die Zahlung unter dem Druck drohender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgte, ist wiederum nicht ersichtlich, insbesondere weil hinsichtlich eines Teils der titulierten Forderungen der im Vergleich vereinbarte Fälligkeitszeitpunkt im Zeitpunkt der Zahlung noch gar nicht eingetreten war. Darüber hinaus ist es auch nicht so, dass die Insolvenzschuldnerin sich angesichts der vom Beklagten geltend gemachten Forderungen „widerstandslos“ hat verurteilen lassen. Zumindest im Verfahren Arbeitsgericht Dortmund – 3 Ca 3463/11 hat die Insolvenzschuldnerin gegen den seitens des Beklagten erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt und sich schriftsätzlich gegen die Klage verteidigt. Erst im Gütetermin ist es sodann zu einer Einigung gekommen. Im Verfahren 3 Ca 3313/11 erging das klagestattgebende Urteil erst nach streitiger Verhandlung durch die Kammer. Es ging der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Zahlung nach Wertung der Kammer also überhaupt nicht um eine Benachteiligung von möglichen anderen Gläubigern, sondern um die Erfüllung der Lohnforderungen des Beklagten, um deren Berechtigung in einem gerichtsförmlichen Verfahren gestritten worden ist.
24II.
25Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 61 Abs. 1 ArbGG.