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1.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin nach der Vergütungsgruppe S 12 zu vergüten.
2.Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.Der Streitwert wird auf 14.000 € festgesetzt
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 12 TVÖD- besonderer Teil- Anlage C Sozial- und Erziehungsdienste.
3Die am 20.03.1966 geborene Klägerin, die eine dreijährige Berufsausbildung zur Erzieherin abgeschlossen hat und zunächst bei einem privaten Träger straffällige Jugendliche in einem Heim betreut hat, wurde von der Beklagten 1992 als Erzieherin in einer Kindertagesstätte eingestellt. Im November 2001 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag dahingehend, dass die Klägerin zum 01.11.2001 in der Stadtverwaltung D1 die Stelle einer Familienpädagogin erhielt.
4In der Stellenbeschreibung heißt es unter anderem:
5"Ziel der Sozialpädagogischen Familienhilfe ist die Stabilisierung der Familien im erzieherischen, lebenspraktischen und sozialen Bereich. Es soll eine nachhaltige Förderung des familiären Zusammenhaltes und der Verhinderung von Fremdunterbringung erreicht werden. Zielgruppen sind Familien, die Überforderungen in erzieherischen, alltagspraktischen, finanziellen und partnerschaftlichen Lebensbereichen zeigen. Überwiegend leiden die betreuten Familien an Verhaltensauffälligkeiten, Suchtproblematiken, sowie an körperlichen und psychischen Erkrankungen.
6Ein weiteres Ziel ist, Verhaltensmuster in Familien aufzudecken, welche die Störungen im Familiensystem aufrechterhalten und begünstigen…
7Eigenverantwortliche Betreuungen von Familiensystemen
8Die aktive Begleitung von Familien, Pflege der Kontakte in der Familie und Beratung dienen zur weiteren Stärkung und Verselbständigung Einzelner und des ganzen Familiensystems. Die Regelmäßigkeit der Kontakte und die Fähigkeit, das Vertrauen der Familien zu erreichen, ist unerlässlich…
10Netzwerk und Kooperation
11Mit folgenden Institutionen müssen Netzwerke aufgebaut und gepflegt werden:
12Tageseinrichtungen- Schulen- Ämter und Behörden (Gesundheitsamt, Jugendamt- Auslandsbehörde-, Erziehungsberatungsstellen- Schutzstellen-Förderstellen- Arge-Polizei-Gericht) – Freie Träger- Ärzte- Krankenhäuser- Kinder- und Jugendpsychiater-Heime-Pflegestellen-Verfahrenspfleger-Umgangspfleger-Rehabilitationszentren…
13Konzeptarbeiten
14Konzipierung von Gruppenarbeiten-Familienfreizeiten- Konzipierung von Handlungsmanualen- Weiterentwicklung von Methoden-Projektarbeit…
15Verwaltungstätigkeiten
16Entwicklungsberichte- Fallverläufe- Dokumentationen über Kindeswohlgefährdungen-Aktenvermerke-Telefonate-Vor- und Nachbetreuung von Hilfeplanungen- Qualitätsbögen-Stundenzettel- Notes-Termine koordinieren- Informationsbeschaffung-Teilnahme an Dienstbesprechungen-Kollegiale Beratung-Fortbildung-Supervision…
17Darstellung der Informationsinhalte je Aufgabe/Tätigkeit
18(Welche Informationen werden von anderen empfangen bzw. an andere weitergeleitet)
19Die Betreuung der Familien und die daraus resultierenden Aufgaben für die FamilienpädagogInnen dienen zur Stabilisierung der Familiensysteme und sollen Fremdunterbringungen vermeiden.
20Die Beratung, Pflege der Kontakte in der Familie dienen zum Vertrauensaufbau und sollen einen offenen und vertrauensvollen Zugang zum Familiensystem ermöglichen.
21In Kooperation mit anderen Institutionen werden Informationen über Entwicklungen der Kinder und deren Eltern mit Blick auf das Kindeswohl ausgetauscht, um gezielte Hilfen zu gewährleisten. Konzeptarbeiten vermitteln den unterschiedlichsten Institutionen einen Einblick in die Arbeit der sozialpädagogischen Familienhilfe und fördern die Weiterentwicklung der FamilienpädagogInnen. Verwaltungstätigkeiten dienen zur
22Informationsbeschaffung und dokumentieren Entwicklungsprozesse der Familien. Sie bieten dem Jugendhilfedienst Entscheidungshilfen, um eine Kindeswohlgefährdung zu belegen oder geeignete Hilfen zum Wohl der Kinder zu installieren…
23Erforderliche Fähigkeiten:
24Die Fachkraft muss selbständig und verantwortlich Handeln können.
25Empathie, Sensibilität und die Fähigkeit zum systemischen Denken und Handeln sind unbedingt notwendig. Der Familienpädagoge muss in seiner alltäglichen Arbeit Strukturen setzen können, um die methodischen Vorgehensweisen der sozialpädagogischen Diagnose, die Interventionsplanung, der Intervention und der Evaluation umsetzen zu können.
26Außerdem sind Kontaktfähigkeit- Konfliktfähigkeit-Verhandlungsgeschick-Krisenmanagement – Flexibilität- hohe psychische und physische Belastbarkeit- Durchsetzungsfähigkeit angezeigt…
27Das Team setzt sich zusammen aus:
28Diplom-Sozial-Pädagoge, staatlich anerkannte Jugend und Heimerzieherin, Erzieherinnen…"
29Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVÖD Anwendung.
30Die Beklagte gruppierte die Klägerin in die Entgeltgruppe S 8 Fallgruppe 5 "Beschäftigte in der Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern" der Anlage C zum TVÖD ein.
31Mit Schreiben vom 24.03.2010 begehrte die Klägerin die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 12, in die die Beklagte die von ihr mit gleicher Tätigkeit beschäftigten Mitarbeiter mit abgeschlossenem Fachhochschulstudium eingruppiert. Diesem Antrag kam die Beklagte jedoch nicht nach.
32Unter dem 30.06.2011 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Zwischenzeugnis, das mit folgendem Absatz endet:
33"Ihr berufliches Handeln ist von Verantwortungsbewusstsein und hohem Engagement geprägt. Frau J1 erledigt die ihr anvertrauten Arbeiten stets strukturiert und zur vollsten Zufriedenheit." (wegen des weiteren Inhalts des Zwischenzeugnisses vergleiche Blatt 85 und 86 der Akte)
34Die Klägerin meint, sie sei nicht nur entsprechend der Entgeltgruppe S8 Fallgruppe 5 in der Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung einzugruppieren, sondern sie sei eine gemäß den Entgeltgruppen S 11 f mit Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen vergleichbare sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübe.
35Dies ergebe sich aus der von ihr absolvierten dreijährigen Berufsausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin, den weiteren zahlreichen Fortbildungen und insbesondere der von ihr langjährig gesammelten Berufserfahrung zunächst als Erzieherin bei einem privaten Träger bei der Betreuung straffällig gewordener Jugendlicher in einem Heim und dann bei der Beklagten in einer Kindertagesstätte und seit 2001 als Familienpädagogin in einer sogar schwierigen Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung, da die Tätigkeit in der Sozialpädagogischen Familienhilfe sich aus der normalen Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung durch ihre Schwierigkeit heraushebe.
36In dem ihr erteilten Zwischenzeugnis vom 30.06.2011 habe die Beklagte ihr zudem bescheinigt, dass sie diese schwierigen Tätigkeiten stets sehr strukturiert und zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Wenn sie aber nicht nur die normalen Tätigkeiten einer Sozialarbeiterin/Sozialarbeiters bzw. einer Sozialpädagogin/Sozialpädagogen, sondern sogar schwierige Tätigkeiten einer Sozialarbeiterin/Sozialarbeiters bzw. Sozialpädagogin/Sozialpädagogen langjährig stets zur vollsten Zufriedenheit verrichte, so lasse dies erst recht darauf schließen, dass sie eine sonstige mit Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen gleichwertige Beschäftigte aufgrund ihrer Berufsausbildung, Fortbildung und insbesondere der gesammelten umfangreichen beruflichen Erfahrungen geworden sei.
37Die Stellenbeschreibung zeige auch, dass sie bei ihrer familienpädagogischen Tätigkeit sich nicht nur mit einem Teil der Probleme beschäftigen müsse, die Gegenstand der Sozialarbeit/ bzw. Sozialpädagogik seien, sondern sich ihre Tätigkeit in alle Bereiche hinein erstrecke und nicht nur vielfältig, sondern sogar über das normale Maß hinausgehend schwierig seien.
38Die Klägerin beantragt festzustellen,
39dass die Beklagte verpflichtet sei, sie nach der Vergütungsgruppe S 12 zu vergüten.
40Die Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Die Beklagte meint, dass die Aufgaben der sozialpädagogischen Familienhilfe grundsätzlich nach der Entgeltgruppe S 12 TVÖD- besonderer Teil- Anlage C Sozial- und Erziehungsdienste zu bewerten seien. Für eine Eingruppierung der Klägerin in diese Entgeltgruppe wären von ihr neben den gegebenen objektiven Voraussetzungen zugleich die subjektiven Voraussetzungen zu erfüllen. Dies wären entweder ein abgeschlossenes Studium der Sozialarbeit oder die Zubilligung der Eigenschaft einer sonstigen Beschäftigten.
43Die Klägerin verfüge aber nicht über ein abgeschlossenes Studium und aus ihren Darlegungen ergebe sich auch nicht, dass ihr die Eigenschaft einer sonstigen Beschäftigten zuzuerkennen sei.
44Dies sei nur möglich, wenn sie aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen Tätigkeiten einer Sozialarbeiterin ausüben könnte. Dabei werde zwar nicht das Wissen und Können verlangt, wie es durch die einschlägige Ausbildung vermittelt werde, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fachkenntnisse auf einem eng begrenztem Wissensgebiet eines Fachschulabsolventen nicht ausreichen würden.
45Bei der Prüfung, ob die Klägerin über Fachkenntnisse aus einem entsprechend umfangreichen Wissensgebiet verfüge, könnten zwar aus der ausgeübten Tätigkeit Rückschlüsse auf Fähigkeiten und Erfahrungen des Angestellten gezogen werden. Daraus könne jedoch weder der Rechtssatz noch der allgemeine Erfahrungssatz hergeleitet werden, dass immer dann, wenn jemand entsprechende Tätigkeiten ausübe, dieser über gleichwertige fachliche Qualifikationen wie bei der geforderten Ausbildung verfüge. Vielmehr zeige die Lebenserfahrung, dass "Sonstige Beschäftigte", selbst wenn sie im Einzelfall eine entsprechende Tätigkeit ausübten, häufig an anderen Stellen nicht eingesetzt werden könnten, da ihnen für andere Tätigkeiten Kenntnisse und Erfahrungen fehlten. Für gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen spreche aber insbesondere eine breite Verwendungsmöglichkeit, die ähnlich vielfältig einsatzfähig mache, wie ein Hochschulabschluss in diesem Berufsbild.
46Aufgrund der Ausbildung der Klägerin zur Erzieherin, ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit sowie der von ihr absolvierten Fortbildungen sei festzustellen, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben auf dem eng begrenzten Gebiet der sozialpädagogischen Familienhilfe zwar zur vollsten Zufriedenheit ausübe, eine breite Verwendungsmöglichkeit, die ähnlich einsatzfähig mache, wie ein Abschluss in dem Berufsbild der Sozialarbeiterin, jedoch nicht gegeben sei. (Beweis: Zeugnis des M1 B4, zu laden über die Beklagte).
47Bei den seitens der Klägerin besuchten Fortbildungen handele es sich um solche, die ihre Tätigkeit in der sozialpädagogischen Familienhilfe unterstützten. Dass die Fortbildungen auch von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern besucht worden seien, lasse keine Schlussfolgerungen auf die Qualifikation in der Aufgabenwahrnehmung zu.
48Auch die Teilnahme der Klägerin an Supervisionen zur Unterstützung bei der Bewältigung von Problemsituationen führe nicht zu einer Erweiterung der Tätigkeitsbereiche.
49Soweit die Klägerin vortrage, dass anderen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen des Jugendamtes der Beklagten die Eigenschaft eines sonstigen Beschäftigten in der Vergangenheit zugebilligt worden sei, so sei hierzu anzumerken, dass es sich jeweils um Einzelfallentscheidungen handele. Diese Entscheidungen seien für die Eingruppierung der Klägerin unerheblich.
50Die Entgeltgruppe S8, Fallgruppe 5 "Beschäftigte in der Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern" zeige, dass es der gängigen Praxis entspreche, Beschäftigten Tätigkeiten aus dem breiten Feld der Sozialarbeit zu übertragen, ohne dass diese die dafür vorgesehene Ausbildung besäen.
51Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
52Entscheidungsgründe
53Die Klage ist zulässig.
54Der Feststellungsantrag ist als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig (vergleiche BAG, Urteil vom 23.02.2011 – 4 AZR 214/09 Rdnr: 12 veröffentlicht in Juris).
55Die Klage ist auch begründet.
56Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe S12 des Anhangs zur Anlage C zum TVÖD.
57Die Entgeltgruppen für Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/ Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, beginnt mit der Entgeltgruppe S11. Die Entgeltgruppe S12 setzt zusätzlich voraus, dass schwierige Tätigkeiten verrichtet werden.
58Die Entgeltgruppe S13 bezieht sich auf Leiterinnen/Leiter bzw. stellvertretende Leiterinnen/Leiter von bestimmten Einrichtungen und ist insofern hier nicht von Bedeutung. Die Entgeltgruppe S14 lautet: Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z.B. sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise).
59Die Tätigkeit der Klägerin in der sozialpädagogischen Familienhilfe entspricht in objektiver Hinsicht nicht nur den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe S11 sondern auch den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe S12, da sie nicht nur der Tätigkeit einer Sozialarbeiterin bzw. Sozialpädagogin entspricht, sondern darüber hinaus eine schwierige Sozialarbeitertätigkeit darstellt.
60Schwierige Tätigkeiten sind zum Beispiel gemäß Nr. 11 der Anlage C zum TVÖD die
61Die Klägerin erfüllt entsprechend schwierige Tätigkeiten, zumal sie nicht nur einzelne Personen zu beraten hat. Sie hat jeweils einer gesamten Familie mit so schwerwiegenden Problemen zu helfen, dass sie das Wohl der Kinder in der Familie gefährden können, indem sie insbesondere die Familien auch zu Hause aufsucht.
63Gemäß der Stellenbeschreibung leiden die betreuten Familien überwiegend an Verhaltensauffälligkeiten, Suchtproblematiken, sowie an körperlichen und psychischen Erkrankungen. Es ist nachvollziehbar, dass gerade bei Personen mit schwierigen Problemen, wenn sie Familienmitglieder sind, die Kinder und Jugendlichen in der Familie gefährdet werden können. Dies sind aber die Familien, mit denen die Klägerin sich zu beschäftigen hat. Das Zusammenwirken dieser schwierigen Probleme innerhalb einer Familie und die häufige Hilflosigkeit von Kindern und Jugendlichen bezüglich solcher Probleme erschwert diese Tätigkeit zusätzlich.
64Eine besondere Verantwortung und Schwere ist auch damit verbunden, dass die Klägerin nicht innerhalb einer Einrichtung zusammen mit Kollegen den Problemen gegenübersteht, sondern bei ihren Hausbesuchen alleine in fremdem und immer wieder wechselndem Umfeld mit den zahlreichen schwer voraussehbaren Problemen jeweils einer gesamten Familie konfrontiert wird und die für ihre Tätigkeit notwendige konstruktive Atmosphäre und die weiteren für ihre Tätigkeit notwendigen Voraussetzungen erst herstellen muss. Sie muss zudem für die Familien vielfältige Kontakte auch mit Tageseinrichtungen, Schulen und zahlreichen mtern und Behörden aufbauen und für den Austausch der notwendigen Informationen sorgen.
65Die Klägerin erfüllt aber auch die subjektiven Voraussetzungen der Entgeltgruppen S11 und S12. Sie hat zwar nicht Sozialarbeit bzw. Sozialpädagogik studiert, sie ist aber eine "Sonstige Beschäftigte" im Sinne dieser Entgeltgruppen, da ihre Ausführung der von ihr verrichteten Tätigkeiten einer Sozialarbeiterin unter Berücksichtigung der oben geschilderten Besonderheiten der Tätigkeiten und ihrer Beurteilung im Zwischenzeugnis eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes voraussetzt und die Klägerin sich diese Beherrschung aufgrund ihrer 3-jährigen Ausbildung als Erzieherin, den Fortbildungen und insbesondere aufgrund ihrer vielfältigen langen beruflichen Erfahrung erarbeitet hat, so dass sie die ihr gemä der Stellenbeschreibung übertragenen schwierigen und vielfältigen Tätigkeiten einer Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin in der sozialpädagogischen Familienhilfe stets sehr strukturiert zur vollsten Zufriedenheit wahrnimmt, es ihr mit großem Erfolg gelingt, die Problemstellungen zu erarbeiten und mit den Familien gemeinsam Lösungen zu finden, wie das von der Beklagten ausgestellte Zwischenzeugnis zeigt.
66Bereits die Ausbildung zur Erzieherin und die langjährige Tätigkeit in diesem Beruf ist eine gute Vorbereitung für eine spätere Tätigkeit in der Sozialarbeit, weil die Beschäftigung mit Erziehungsproblemen immer wieder dazu zwingt, sich mit der Frage der Entstehung und damit auch mit den bei den anderen Familienmitgliedern vorliegenden Problemen und dem Zusammentreffen verschiedener Probleme in einer Familie zu beschäftigen. Mit den Tätigkeitsfeldern der Sozialarbeit/Sozialpädagogik aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen konfrontiert zu werden, stellt keine Einschränkung dar, sondern ist eine sinnvolle Herangehensweise, weil die Kinder und Jugendlichen häufig die schwächsten Mitglieder in einer problembeladenen Familie sind und gerade aus ihrer Sicht eine nüchterne und realistische Herangehensweise an die bestehenden Probleme in ihrer Gesamtheit gefördert wird, da das Kindeswohl es nicht zulässt, sich nur auf Einzelprobleme oder Einzelpersonen seines Umfeldes zu konzentrieren oder nur kurzfristige Erfolge anzustreben. Insofern erleichtert diese Sicht eine grundsätzliche Beschäftigung mit den Problemen der Sozialarbeit, zumal die Klägerin dann auch ab 2001 die Möglichkeit hatte, über viele Jahre sich unmittelbar mit den schwierigen Problemen in der Sozialarbeit unter Einbeziehung der Erwachsenen zu beschäftigen und auch entsprechende Fortbildungen besucht hat. So wird im Zwischenzeugnis auch erwähnt, dass die Klägerin regelmäßig und rege an den Fallbesprechungen der Arbeitsgruppe teilgenommen hat, sehr gute Beiträge leistet und eine stetige Bereitschaft besteht, an Fortbildungen teilzunehmen.
67So hat die Klägerin auch eine Vielzahl von Fortbildungen aufgeführt, an denen sie teilgenommen hat.
68Wenn auch der Ausgangspunkt der sozialpädagogischen Familienhilfe die mögliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen ist, so muss sie sich jedoch mit der gesamten Familie und damit mit allen Familienmitgliedern und somit auch mit allen Problemen der Sozialarbeit/Sozialpädagogik beschäftigen und, wie gezeigt, insbesondere mit den schwierigen Problemen. Sie beinhaltet auch organisatorische Tätigkeiten, Dokumentations- und Verwaltungstätigkeiten, Schriftverkehr und die Herstellung von Kontakten mit anderen Einrichtungen und Behörden. Als Mutter bringt die Klägerin zudem zusätzliche Erfahrungen ein. Die Beklagte konnte in der letzten mündlichen Verhandlung auch keine normale Sozialarbeitertätigkeiten nennen, für die die Klägerin aufgrund ihres fehlenden Studiums trotz ihrer Ausbildung als Erzieherin, den Fortbildungen und insbesondere trotz ihrer beruflichen Erfahrungen aufgrund der vielfältigen und schwierigen Tätigkeit in der Familienhilfe nicht geeignet wäre.
69Es kann nicht verlangt werden, dass die Klägerin für mehr Tätigkeiten geeignet ist als ein Sozialarbeiter aufgrund eines Studiums. Die Klägerin muss auch nicht genauso einsetzbar sein, es muss nur eine in etwa gleichwertige Einsetzbarkeit bestehen.
70Die Kammer ist aber sogar davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung nun besonders vielfältig einsetzbar ist und viele Tätigkeiten verrichten kann, die sich mancher Absolvent eines Fachhochschulstudiums nicht zutrauen würde und könnte. Es ist keinesfalls so, dass ein Studium zu allen Tätigkeiten im Bereich der Sozialarbeit/Sozialpädagogik befähigt. Selbst die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, die Tätigkeiten der Entgeltgruppe S14 verrichten, sind nicht notwendigerweise aufgrund ihres Studiums in der Lage, die insbesondere vor Ort anfallenden schwierigen Tätigkeiten in den Problemfamilien in gleicher Weise zu erfüllen. Insofern muss es auch unschädlich sein, wenn der Befähigungsschwerpunkt der Klägerin im Bereich der Sozialarbeit ein anderer ist als der durchschnittliche Befähigungsschwerpunkt eines Sozialarbeiters mit abgeschlossenem Studium.
71Schon deshalb kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin mangels Studiums nicht so geeignet sei für eine Tätigkeit der Entgeltgruppe S 14.
72Im Übrigen konnte die Klägerin durch ihre Ausbildung und die reichhaltige Berufserfahrung insbesondere zuletzt in der Familienhilfe gemäß der Stellenbeschreibung und des Zwischenzeugnisses Fähigkeiten erwerben, die gerade auch für die Tätigkeiten der Entgeltgruppe S 14 von großer Bedeutung sind.
73Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da für die Entgeltgruppe S 14 nach der tariflichen Regelung ein Studium zwingend erforderlich ist.
74Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien keinesfalls davon ausgegangen sind, dass eine Angestellte nur dann als "Sonstige Beschäftigte" gelten kann, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 14 mit sich bringt, sie vielmehr davon ausgehen, dass eine sonstige Beschäftigte die Qualifikation eines Sozialarbeiters mit Studium nicht erreichen kann, was wiederum bedeutet, dass die durch ein Studium erworbene Qualifikation und auch nicht eine in jeder Hinsicht gleichwertige Qualifikation Voraussetzung für die Entgeltgruppen S 11 und S 12 sein soll.
75Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 91 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.
76Der Streitwert war auf den dreijährigen Differenzbetrag zwischen der Vergütung der Entgeltgruppe 8 und 12 festzusetzen, den die Kammer auf 14400,00 € geschätzt hat.