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1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 02.05.2005 mit Ablauf des 31.07.2006 sein Ende finden wird.
2. Das beklagte L2xx wird verurteilt, die Klägerin über den 31.07.2006 hinaus
als angestellte Lehrkraft zu unveränderten Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte L2xx.
4. Der Streitwert wird auf 12 500,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien vom 02.05.2005 zum 31.07.2006.
3Die Klägerin ist Diplom-Sozialpädagogin und steht seit Oktober 2001 aufgrund mehrerer befristeter Verträge als angestellte Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst des beklagten L2xxxx . Sie ist an der K3xxxxxx-Schule für Lernbehinderte in D1xxxxxx zuletzt 21 Stunden pro Woche tätig. Die Parteien vereinbarten die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages. Die Klägerin ist in die Vergütungsgruppe IVb BAT eingruppiert und verdient etwa 2.500,- € brutto.
4Die Klägerin wurde zunächst durch Arbeitsvertrag vom 25.10.2001 (Bl. 8 d. A.) ab dem 31.10.2001 befristet bis zum 31.07.2002 eingestellt. In dem Vertrag heißt es:
5"Frau S1xxxxx L1xxxxxx wird mit Wirkung vom 31.10.01, frühestens vom Tage des Dienstantritts auf bestimmte Zeit gem. Nr. 1 c der Sonderregelung 2 y BAT als nicht vollbeschäftigte Lehrkraft im funktionellen Sinne mit durchschnittlich wöchentlich 13,25 Pflichtstunden eingestellt, und zwar als Angestellte für folgende Aufgaben von begrenzter Dauer: zeitlich begrenztes Projekt "Schulsozialarbeit" bis zum 31.07.2002."
6Das beklagte L2xx beschäftigte die Klägerin aufgrund der Verträge datiert auf den 20.06.2001 (Bl. 10 d. A.), vom 17.07.2003 (Bl. 11 d. A.) und 25.05.2004 (Bl. 12 d. A.) jeweils für ein Jahr weiter. Mit Vertrag vom 02.05.2005 (Bl. 13 d. A.) vereinbarten die Parteien die hier streitgegenständliche Befristung bis zum 31.07.2006. Die Klägerin unterzeichnete den Vertrag am 10.05.2005.
7Auf die Verträge wird im übrigen ergänzend Bezug genommen. Als Befristungsgrund ist (mit Ausnahme des auf den 21.06.2001 datierten Vertrages) jeweils angegeben: "Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen und wird im nächsten Jahr fortgesetzt.". In den Verträgen heißt es jeweils: "Die übrigen Bestimmungen des Vertrages vom 25.10.2001 sind weiter Bestandteil dieses Vertrages."
8Die Klägerin ist der Ansicht, die Befristung im Vertrag vom 02.05.2005 sei unwirksam und beende das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Das beklagte L2xx könne die Befristung nur auf die im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristungsgrundformen der SR 2y BAT stützen. Die vorgetragene Befristungsbegründung sei nicht vereinbart. Ein Nachschieben einer auf Haushaltsmittel gestützten Begründung sei nicht möglich.
9Sie behauptet, es gäbe kein zeitlich begrenztes Projekt "Schulsozialarbeit". Der Haushaltsgesetzgeber habe sich nicht selbst mit den Verhältnissen ihrer Stelle befasst. Das Arbeitgeberrisiko, im nächsten Jahr nicht ausreichend Geld für eine Beschäftigung zu haben, solle unzulässig auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden.
10Die Klägerin bestreitet die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats. Dem Personalrat sei nicht der im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristungsgrund mitgeteilt worden. Der Befristungsgrund habe dem Personalrat auch nicht bekannt sein können.
11Die Klägerin beantragt,
121. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Befristung vom 02.05.2005 mit Ablauf des 31.07.2006 enden wird.
132. das beklagte L2xx zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits als angestellte Lehrkraft über den 31.07.2006 hinaus weiter zu beschäftigen.
14Das beklagte L2xx beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Das beklagte L2xx ist der Ansicht, die Befristung sei wirksam. Die Klägerin werde aus Haushaltsmitteln vergütet, die vom Ministerium für Schule, Jugend und Kinder haushaltsrechtlich für eine für die Dauer eines Schuljahres befristete Beschäftigung bestimmt seien. Das beklagte L2xx nimmt auf den Erlass des Ministeriums vom 18.02.2003 Bezug. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe festgestanden, dass die Planstelle nur befristet sei und wieder wegfallen solle. Die "Schulsozialarbeit" werde vom Ministerium als "zeitlich begrenztes Projekt" bezeichnet, wobei sich die zeitliche Begrenzung aus dem Bedarf und insbesondere aus den zeitlich begrenzt zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln ergebe. Die Erprobungsphase des Projekts sei bereits abgeschlossen.
17Die Haushaltsmittel für das Projekt seien jeweils für ein Jahr begrenzt. Seitens der Schule, seit Dezember 2004 über die Stadt D1xxxxxx, werde jedes Jahr nach Bedarfsermittlung ein Antrag auf Zuweisung von Stellenanteilen gestellte. Auf Grundlage der gesammelten Bedarfsermittlungen werde über den Umfang der zu bewilligenden Mittel entschieden. L2xxxx weit stünden 1.300 Stellen zur Verfügung, die ab dem Haushaltsplan 2004/2005 aus einem Stellenkontingent für Vorgriffseinstellungen bereitgestellt würden.
18Der Personalrat sei mit der Personalratsvorlage vom 02.05.2005 informiert worden und habe am 03.05.2005 nach ordnungsgemäßer Sitzung zugestimmt (Bl. 36 d. A.). Da das Projekt schon fünf Jahre lief, seien dem Personalrat die näheren Umstände über Beendiungs- und Verlängerungsgründe sowie die Genehmigungs- und Zuweisungspraxis des Ministeriums bekannt gewesen, ohne dass er im konkreten Einzelfall darüber habe informiert werden müssen. Das beklagte L2xx nimmt auf eine Bestätigung der Personalratsvorsitzenden vom 28.02.2006 (Bl. 99 d. A.) Bezug.
19Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der geäußerten Rechtsansichten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ausdrücklich ergänzend Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Die zulässige Klage ist begründet und hat Erfolg.
221.
23Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird nicht aufgrund der vereinbarten Befristung zum 31.07.2006 sein Ende finden. Die mit Vertrag vom 02.05.2005 vereinbarte Befristung ist unwirksam, §§ 14 Abs. 1 S. 1, 16 S. 1 TzBfG. Es fehlt an einem wirksam vereinbarten Sachgrund.
24a.
25Das beklagte L2xx vermag die Befristung nicht auf § 14 Abs 1 S. 1 Nr. 7 TzBfG (Vergütung aus Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind) zu stützen., denn die Befristungsgrundform des Zeitangestellten (Nr. 1 a SR 2y BAT) ist zwischen den Parteien nicht vereinbart.
26Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung (BAG, 04.12.2002 – 7 AZR 437/01 – AP Nr. 24 zur § 2 BAT SR 2y m. w. N.) davon aus, dass eine Befristung wegen nur begrenzt verfügbarer Haushaltsmittel ausschließlich auf die Befristungsgrundform des Zeitangestellten (Nr. 1 a SR 2y BAT) gestützt werden kann. Die Kammer nimmt auf die Begründung des BAG, auf die bereits durch Beschluss vom 23.12.2005 hingewiesen wurde, ausdrücklich Bezug.
27Aus der im Änderungsvertrag vom 02.05.2005 verwendeten Formulierung "Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen und wird im nächsten Schuljahr fortgesetzt" folgt keine Vereinbarung der Befristungsgrundform "Zeitangestellte".
28Auch aufgrund der Inbezugnahme des Vertrages vom 25.10.2001 beinhaltet der hier streitgegenständliche Vertrag vom 02.05.2005 keine wirksam vereinbarte Befristungsgrundform des Zeitangestellten (Nr. 1 a SR 2y BAT). Dabei kann es dahinstehen, ob die streitgegenständliche Befristung ausschließlich auf die Befristungsgrundform der Vertretung (Nr. 1 c SR 2y BAT) oder auch auf Aufgaben von begrenzter Dauer (Nr. 1 b SR 2y BAT) gestützt werden kann. Für die erste Ansicht spricht, dass nur Nr. 1 c SR 2y BAT im Vertrag ausdrücklich genannt ist. Für die zweite Ansicht spricht dass die "Aufgabe von begrenzter Dauer" im Wortlaut genannt ist. Jedenfalls hat das beklagte L2xx im Arbeitsvertrag die Befristungsgrundform "Zeitangestellte" weder ausdrücklich noch durch Bezugnahme auf die Bestimmung des BAT erwähnt.
29b.
30Weitere Sachgründe, die die streitgegenständliche Befristung rechtfertigen könnten, macht das beklagte L2xx nicht geltend.
31Im übrigen kämen dann Bedenken bezüglich der substantiierten Darlegung der ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats in Betracht.
322.
33Der Weiterbeschäftigungsantrag ist begründet und hat Erfolg, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen zumindest bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits.
34Der Anspruch ergibt sich aus dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch (vgl. BAG, 27.02.1985 - GS 1/84 - in: AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Der Arbeitnehmer hat in der Regel einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits, wenn in einem Urteil die Unwirksamkeit einer Kündigung festgestellt wird. Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auf ein obsiegendes Urteil im vorliegenden Entfristungsrechtsstreit entsprechend anzuwenden.
35Umstände, die im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Parteien ein überwiegendes Interesse der Beklagten an einer Nichtbeschäftigung des Klägers begründen, sind nicht ersichtlich.
363.
37Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die unterlegene Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
38Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Der Bestandsschutzantrag war mit drei (§ 42 Abs. 4 GKG) und der Weiterbeschäftigungsantrag mit zwei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.
39Wolkenhauer