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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu 79 Prozent der Kläger und zu 21 Prozent die Beklagte zu tragen.
Der Streitwert wird auf 10.360,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes.
3Der am 01.07.1954 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 12.10.1987 bei der Beklagten als Servicemitarbeiter tätig (wobei nur ein Kind auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesen war). Er verfügt über Berufsabschlüsse als Kfz-Mechaniker und als Werkzeugmacher. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bezog er zuletzt eine Bruttomonatsvergütung von 2.800,00 EUR.
4Die Beklagte ist ein Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie und stellt u.a. im Spritzgussverfahren Spulen für die Drahtaufwicklung her. Sie unterhält hierzu zwei Standorte, von denen sich das "Werk I" in L1 und das "Werk II" in R2 befindet. Das Werk in R2 ist ein unselbständiger Betriebsteil. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Bedingungen der Beschäftigten kann ein Einsatz in beiden Werken erfolgen. Es besteht bei den Parteien keinerlei Tarifbindung.
5Der Kläger war von Beginn seiner Beschäftigung an in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker tätig. Er war mit etwa 60 Prozent seiner Tätigkeit mit Servicedienstleistungen betraut. Hiervon umfasst sind die Reparaturtätigkeiten hinsichtlich der von der Beklagten unterhaltenden Maschinen. 40 Prozent seiner Tätigkeit entfielen auf Rüstvorgänge an Maschinen. In der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatronik waren vor der vorliegend zu beurteilenden Personalanpassungsmaßnahme 11 Arbeitnehmer beschäftigt, unter denen sich der befristet beschäftigte Mitarbeiter P1 befand, dessen Arbeitsverhältnis am 31.01.2010 endet, welcher gleichwohl infolge der Personalanpassung in eine Transfergesellschaft wechselte.
6Bis zum Jahr 2006 war Gegenstand der Arbeitsverträge sämtlicher Beschäftigter der Beklagten eine 37,5-Stunden-Woche. Im Jahr 2006 wurde die Wochenarbeitszeit mit allen Arbeitnehmern bis auf zwei Ausnahmen auf 40 Stunden erhöht. In der Abteilung des Klägers haben alle Arbeitnehmer der Erhöhung zugestimmt.
7Die Beklagte verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 Umsatzeinbrüche gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2008, deren Umfang bestritten ist. Die Beklagte reagierte auf den reduzierten Beschäftigungsbedarf zunächst mit dem Abbau vorhandener Urlaubsansprüche sowie mit dem vermehrten Einsatz von Gleitzeitkonten bis zum Ende des Jahres 2008. In der Annahme, dass die zu verzeichnenden Auftragseinbrüche nur vorübergehender Natur seien, nahm die Beklagte seit dem Beginn des Jahres 2009 zunächst vermehrt die Möglichkeit der Kurzarbeit in Anspruch.
8Mit den Umsatzeinbrüchen und Auftragsrückgängen ging bei der Beklagten ein festgestellter Rückgang der Maschinenauslastung einher. Betrug die Maschinenauslastung in den Werken I und II in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 noch 69,10 Prozent, so reduzierte sich diese Auslastung in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 um 49,35 Prozent auf nur noch 35 Prozent. Die Anzahl der Produktionsstunden in den Werken I und II in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 belief sich auf 137.345 und reduzierte sich in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 um 48,4 Prozent auf 70.917 Produktionsstunden.
9Die von der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 verrichteten 2.127 bewältigten Rüstvorgänge an Maschinen der Beklagten reduzierten sich im Vergleichszeitraum des Jahres 2009 auf 1.205 Rüstvorgänge. Dabei ist zu berücksichtigten, dass sich die Rüstvorgänge an den Maschinen individuell gestalten, unterschiedliche Komplexität und unterschiedliche fachliche und zeitliche Anforderungen aufweisen. Das Produktportfolio war in den beiden Vergleichszeiträumen jedoch identisch.
10Unter Zugrundelegung der Rückgänge an Rüsttätigkeiten im Vorrichtungsbau reduzierte sich der Beschäftigungsbedarf in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker auf sechs der vorhandenen elf Vollzeitstellen. Ein weiterer Rückgang des Beschäftigungsbedarfs in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker ergibt sich bei der Beklagten durch die beabsichtigte und zwischenzeitlich auch durchgeführte Fremdvergabe der Wartung der Entnahme-Roboter der Spritzgussmaschinen (Handlinger). Zu dieser Fremdvergabe entschloss sich die Beklagte wegen der technischen Entwicklung dieser Entnahme-Roboter aus den vergangenen Jahren, wodurch eine Wartung und Reparatur durch Mitarbeiter der Beklagten nicht mehr in der von der Beklagten gewünschten Qualität und Zuverlässigkeit möglich war. Der Entschluss zur Fremdvergabe der benannten Wartungsarbeiten wurde von der Beklagten im Monat Mai des Jahres 2009 gefasst. Eine gleichlautende Entscheidung wurde von der Beklagten im Hinblick auf die Wartung und Reparatur der Förderbänder und der Druckluftanlagen gefasst. Die Wartungs- und Reparaturarbeiten werden künftig von externen Servicedienstleistern insbesondere von den Herstellern der Roboter und sonstigen Anlagen vorgenommen. Die nunmehr fremdvergebenen Wartungs- und Reparaturarbeiten nahmen im Bereich der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker mindestens einen Zeitaufwand von 1.800 Arbeitsstunden pro Jahr ein. Mit der Wartung der Handlinger, deren Fremdvergabe zwischenzeitlich erfolgt ist, waren in der Vergangenheit die Mitarbeiter B1 und R1 befasst, welche künftig zur Sicherstellung der Produktion eingesetzt werden.
11Durch den Rückgang der vorzunehmenden Rüsttätigkeiten im Vorrichtungsbau um 43,3 Prozent und wegen der beabsichtigen Fremdvergabe der Reparatur- und Wartungstätigkeiten (Roboter, Druckluftanlagen) ergibt sich bei der Beklagten im Anschluss an die Umsetzung ein Rückgang des Beschäftigungsbedarfs im Bereich der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker auf fünf der bislang elf beschäftigten Vollzeitarbeitskräfte.
12Da die Beklagte mit einer mittelfristigen Besserung der Auftragslage und des Auslastungsniveaus nicht rechnete, entschloss sie sich neben anderen Maßnahmen der Kostenreduzierung auf den Auftragseinbruch mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu reagieren. Sie fasste deshalb am 14. Mai 2009 im Rahmen einer Sitzung der Geschäftsleitung den Beschluss, in sämtlichen Unternehmensbereichen einen Stellenabbau zu betreiben. Betroffen von dem angestrebten Personalabbau sind demnach der Bereich der Produktfertigung, die begleitenden Serviceabteilungen sowie die technischen und kaufmännischen Bereiche. Gegenstand der Entscheidung für den Bereich Vorrichtungsbau/Mechatroniker ist neben der künftigen Aufteilung in die Bereiche Neubau/Reparatur und Rüsten/Fehlerbehebung die Reduzierung des Personalbestandes in der Abteilung um fünf Mitarbeiter.
13Diese Entscheidung wurde anschließend Gegenstand des Interessenausgleichs (Bl. 96 d. A. wird in Bezug genommen). Die Mitarbeiter der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker werden künftig ausschließlich für die Sicherstellung der laufenden Produktion eingesetzt. Soweit darüber hinaus gehend ein Personalüberhang bestehen bleibt, soll dieser als Personalreserve dienen.
14Die gesamte Personalreduzierung sollte im Anschluss an eine vorgenommene Sozialauswahl durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags und den Wechsel in eine Transfergesellschaft, alternativ hierzu - im Falle der Nichtannahme des Angebotes - durch den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung erfolgen. Gleichzeitig wurden befristete Arbeitsverhältnisse nicht verlängert. Von der Möglichkeit des Abschluss eines Aufhebungsvertrages und des Wechsels in die Transfergesellschaft machten 44 der zur Entlassung vorgesehenen Mitarbeiter gebrauch.
15Über die vorgenannte beabsichtigte Maßnahme verhandelte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat und schloss mit diesem am 31.08.2009 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan ab. Der Interessenausgleich enthält eine Anlage 2, welche jedoch nicht unmittelbar mit dem Interessenausgleich verbunden war und auch nicht von den Betriebsparteien unterzeichnet war, auf der die von Entlassungen betroffenen Arbeitnehmer namentlich aufgeführt sind (Interessenausgleich und Sozialplan Bl. 94 ff werden in Bezug genommen, die Parteien weisen hierauf im Interessenausgleich unter 4.3 [Bl. 98 d. A.] ausdrücklich hin).
16Bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer bildete die Beklagte folgende fünf Altersgruppen:
17"Altersgruppe I: 0-25 Lebensjahre
18Altersgruppe II: mehr als 25 bis 35 Lebensjahre
19Altersgruppe III: mehr als 35 bis 45 Lebensjahre
20Altersgruppe IV: mehr als 45 bis 55 Lebensjahre
21Altersgruppe V: mehr als 55 Lebensjahre"
22Auch in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker wandte die Beklagte die von ihr gebildeten Altersgruppen an. Innerhalb einer jeden Altersgruppe traf die Beklagte eine konkrete soziale Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer, wobei sie das folgende, zuvor festgelegte Punkteschema zur Anwendung brachte:
23"Lebensalter: 1 Punkt für jedes vollendete Lebensjahr; maximal 55 Punkte,
24Betriebszugehörigkeit: 1 Punkt für jedes vollendete Beschäftigungsjahr.
25Unterhaltspflichten: 8 Punkte für Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner und jedes unterhaltspflichtige Kind.
26Schwerbehinderung
27oder Gleichstellung: Für Gleichgestellte 5 Punkte; für Schwerbehindert bis GdB von 50 5 Punkte oberhalb eines GdB von 50 zusätzlich 1 Punkt für je 10 weitere Punkte GdB."
28Diese Vorgehensweise hatten die Betriebsparteien in dem zuvor geschlossenen Interessenausgleich vom 31.08.2009 vereinbart. Bei der Auswahl der konkret zu kündigenden Arbeitnehmer wurde zunächst die Anzahl der erforderlichen Entlassungen prozentual auf alle Altersgruppen verteilt. Innerhalb jeder Altersgruppe erfolgte die konkrete Auswahl der oder des zu kündigenden Arbeitnehmers nach der geringsten Punktezahl. Bei dieser Auswahl nahm die Beklagte Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz und solche Arbeitnehmer heraus, deren Fortbeschäftigung ihrer Ansicht nach wegen betrieblichen Interesses erforderlich sei. Ausgenommen von der Auswahl wurden das Betriebsratsmitglied Gerald Meier sowie die Mitarbeiter B1, R1 und H1. Der Kläger war in der Altersgruppe fünf (älter als 55 Lebensjahre) der einzige Vertreter. Der als von der Beklagten als Leistungsträger angesehene Mitarbeiter H1 war einziger Vertreter der Altersgruppe I, weshalb die Beklagte von einer Kündigung absah. Im Übrigen waren sämtliche Altersgruppen, wie vorgesehen, von Kündigungen betroffen.
29Der Mitarbeiter H1 verfügt wegen seiner Ausbildung zum Mechatroniker über die Befähigung, elektronische Reparaturen durchzuführen. Er ist in der Lage, elektrische Anlagen sowie Steuerungseinheiten zu reparieren. Er ist daneben von den Mitarbeitern M1 und K1 weitergebildet worden und kann Handlinger eigenständig bedienen, deren Programme optimieren sowie elektrische Fehler suchen und beheben. Als Mechatroniker ist Herr H1 ebenfalls dazu befähigt, den so genannten "Reis"-Roboter zu bedienen. Zuletzt verfügt er über eine so genannte "Reinraumqualifikation". Er kann Produktionsanlagen bedienen und reparieren, die im Reinraum der Beklagten aufgestellt sind, in dem u. a. Spulen hergestellt werden, die zu medizinischen Zwecken verwendet werden. Der Mitarbeiter S2, der ebenfalls die Ausbildung zum Mechatroniker absolviert hat, kann ebenfalls elektrische Störungen suchen, lokalisieren und beheben. Herr S2 kann selbständig Steuerungsprobleme lokalisieren und lösen.
30Die Kündigung des Klägers erfolgte im Rahmen der Reduzierung des Gesamtpersonalbestandes der Beklagten von 181 Arbeitnehmern um 51 Arbeitnehmer (lt. Interessenausgleich). Entlassen wurden 48 von 179 Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Mit Schreiben vom 08.09.2009 übersandte die Beklagte eine entsprechende Massenentlassungsanzeige an die Arbeitsagentur H2, wobei sie den Zugang dieser Massenentlassungsanzeige nicht nachweisen kann. Mit Schreiben vom 23.09.2009 hörte die Beklagte ihren Betriebsrat zur der beabsichtigten Kündigung an (Bl. 109 ff d. A. werden in Bezug genommen). Mit Schreiben vom 25.09.2009 teilte der Betriebsrat mit, dass er zu den beabsichtigten Kündigungen keine weitere Stellungnahme abgeben werde.
31Mit Schreiben vom 28.09.2009, welches dem Kläger am selben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2010.
32Da die Beklagte nicht mehr nachvollziehen konnte, ob die Massenentlassungsanzeige vom 08.09.2009 tatsächlich bei der Agentur für Arbeit in H2 eingetroffen war, entschloss sie sich erneut zum Ausspruch einer Kündigung. Sie wiederholte deshalb die Anzeige der Massenentlassung mit Schreiben vom 12.10.2009, welches bei der Agentur für Arbeit in 22.10.2009.
33Mit Schreiben vom 19.10.2009 wiederholte die Beklagte die Anhörung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen. Mit Schreiben vom 20.10.2009 erklärte der Betriebsrat wiederrum, dass er keine weitere Stellungnahme zu den Kündigungen abgegeben werde.
34Der zwischen den Betriebsparteien geschlossene Sozialplan sieht für den Kläger eine Abfindung in Höhe von 27.036,00 EUR vor.
35Das Durchschnittsalter in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker betrug vor der Personalanpassung 39,62 Jahre. Im Anschluss hieran betrug es 36,96 Jahre. Das Durchschnittsalter der Gesamtbelegschaft betrug vor der Personalanpassung 45,7 Jahre und im Anschluss hieran 45,5 Jahre.
36Gegen die Kündigung vom 28.09.2009 wandte sich der Kläger mit seiner am 05.10.2009 beim Arbeitsgericht Detmold eingegangenen Klage vom 01.10.2009. Mit der Klageerweiterung vom 28.10.2009, welche am 29.10.2009 beim Arbeitsgericht Detmold einging (Bl. 10 d. A. wird in Bezug genommen) wendet sich der Kläger gegen die zuletzt am 26.10.2009 ausgesprochene Kündigung der Beklagten.
37Neben dem Kündigungsschutzantrag begehrt der Kläger die Auszahlung eines Weihnachtsgeldes. In der Vergangenheit hatte die Beklagte auch schon ein Weihnachtsgeld gezahlt, wobei in der entsprechenden Ankündigung jeweils die Arbeitnehmer ausgenommen waren, deren Arbeitsverhältnis gekündigt war (Bl. 144 ff. d. A. werden in Bezug genommen).
38Der Kläger ist der Auffassung, die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt.
39Der Kläger verweist auf den Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.01.2010 (Az.: 2 Ca 2144/09) und vertritt den Standpunkt, dass die Zulässigkeit der Bildung von Altersgruppen fraglich sei. Zudem habe die Beklagte konkret vortragen müssen, welche konkreten Nachteile drohten, wenn die Beklagte nicht wegen des Erhalts einer ausgewogenen Sozialstruktur von einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl abweichen würde.
40Der Kläger beanstandet, dass in der Altersgruppe I (bis 25 Lebensjahre) keine Kündigung erfolgt ist. Der sich als einziger in dieser Altersgruppe befindende Mitarbeiter H1 habe seine umfangreichen elektronischen Spezialkenntnisse allein in der bei der Beklagten durchlaufenden Ausbildung zum Mechatroniker erlangt. Gegen die Herausnahme des Mitarbeiters H1 spreche, dass auch der Mitarbeiter S2 (Altersgruppe II [25 bis 35 Jahre]) diese Ausbildung durchlaufen hat, dieser jedoch nicht von einer Kündigung verschont worden sei.
41Der Kündigung stehe ferner entgegen, dass der Mitarbeiter E1, dessen Tätigkeiten wegen der tatsächlich beabsichtigten Fremdvergabe der Wartungsarbeiten an den Förderbändern, den Arbeitsplatz des Klägers einnehme. Dies zeige, dass es sich bei der Kündigung des Klägers um eine unzulässige Austauschkündigung handele. Zwar sei zu berücksichtigen, dass der Mitarbeiter E1 sechs Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist. Wegen seiner geringeren Betriebszugehörigkeit und dem geringeren Lebensalter verfüge der Mitarbeiter E1 noch immer über weniger Sozialpunkte als der Kläger. Die große Familie des Mitarbeiters E1 sei ein geringeres Hindernis im Hinblick auf die Suche eines neuen Arbeitsverhältnisses als das Alter des Klägers.
42Der Kündigung des Klägers stehe auch entgegen, dass dem Mitarbeiter P1 gar keine Kündigung hätte ausgesprochen werden müssen, weil seine Befristung ohnehin mit Ablauf des 31.01.2010 ausgelaufen wäre.
43Der Kläger erklärt, er habe den Eindruck, dass ihm möglicherweise allein deshalb gekündigt worden sei, damit nur ja jede Altersgruppe von Kündigungen betroffen ist. Dass der einzig in der Altersgruppe I vertretene Mitarbeiter H1 nicht von einer Kündigung betroffen ist, zeige jedoch, dass die Altersgruppenbildung nicht konsequent durchgeführt worden sei. Die Verteilung der ausgesprochenen Kündigungen auf die einzelnen Altersgruppen sei sehr unregelmäßig erfolgt.
44Nach Auffassung des Klägers ist auch zu beachten, dass in der Altersgruppe IV (45 bis 55 Jahre) der Mitarbeiter B1 wegen angeblicher besonderer Qualifikationen im Bereich der Handlinger Programmierung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG aus der Sozialauswahl herausgenommen worden ist. Die Herausnahme dieser Mitarbeiter B1 und R1 sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil die von der Beklagten zur Begründung der Herausnahme herangezogenen Programmiertätigkeiten, welche den einzigen Qualifizierungsunterschied zum Kläger darstellen, nur einmal im Monat anfielen. Über entsprechende Fähigkeiten verfügten bei der Beklagten auch die Mitarbeiter M1 (Abteilungsleiter Vorrichtungsbau) und der Elektriker K1. Auch der Kläger könne elektrische Anlagen und Steuerungseinheiten reparieren. Zwar sei die Reparatur an Stromleitungen mit einer Spannung von mehr als 220 Volt den Elektrikern und Mechatronikern vorbehalten. Bei darunter liegender Spannung könne auch der Kläger Reparaturen vornehmen. Für die Bedienung des "Reis"-Roboters seien neben dem Mitarbeiter H1 auch der gelernte Schlosser R1 und der Techniker B1 eingewiesen worden. Die Bedienung des "Reis"-Roboters mache auch keinen ganzen Arbeitsplatz aus. Von zweien dieser Roboter sei nur ein Exemplar derzeit ständig im Betrieb eingesetzt, welches von den Mitarbeitern B1 und R1 repariert würde, während dessen die Programmierung durch externe Firmen vollzogen würde. Auch die für die Herausnahme aus der Sozialauswahl zur Begründung herangezogene Reinraumqualifikation sei nichts Besonderes. Es handele sich dabei um einen firmeninternen Lehrgang, in dem keine tiefgreifenden Inhalte vermittel worden seien. Der Kläger ist der Auffassung, sich bereits jetzt durch seine Berufsausbildungen und seine Erfahrungen in der Praxis auf dem Qualifikationsniveau eines ausgebildeten Mechatronikers zu befinden. Bei der Frage, in wieweit die Fähigkeiten der herausgenommenen Leistungsträger seitens des Klägers erlangbar sind, habe zumindest die Kündigungsfrist des Klägers von sieben Monaten berücksichtigt werden müssen.
45Vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung hätte die Beklagte nach Auffassung des Klägers erwägen müssen, die Wochenarbeitszeit sämtlicher Beschäftigter von 40 Stunden wieder auf 37,5 Stunden zu reduzieren.
46Der Kläger trägt vor, es entspreche langjähriger Praxis und betrieblicher Übung, dass die Beklagte ihren Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung zahle.
47Nach Auffassung des Klägers ist die Formulierung, mit der die Beklagte die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 400,00 Euro in Aussicht stellte, jedoch solche Mitarbeiter ausnahm, die in einem "Kündigungsverhältnis" stehen, nur so zu verstehen, dass Mitarbeiter von der Weihnachtsgeldzahlung ausgenommen sind, die selbst gekündigt haben. Da Weihnachtsgeld eine Honorierung der zurückliegenden Betriebstreue darstelle, könne der Kläger den Betrag von 400,00 Euro ebenfalls verlangen, weil ihm betriebsbedingt gekündigt worden ist und er sich deshalb gegenüber dem Betrieb nicht als untreu erwiesen hat.
48Zumindest stehe dem Kläger ein Betrag von 100,00 Euro zu, weil Bestandteil des an die anderen Mitarbeiter gezahlten Weihnachtsgeldes eine allgemeine Tariflohnerhöhung sei. Der Tarifvertrag sehe neben der allgemeinen Lohnerhöhung, die der Kläger erhalten hat, eine Einmalzahlung von 100,00 Euro vor.
49Nachdem die Beklagte erklärt hatte, dass sie nicht mehr nachvollziehen könne, ob hinsichtlich der Kündigung vom 28.09.2009 die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist und deshalb aus dieser Kündigung keine Rechte und Pflichten mehr herleiten möchte, haben die Parteien den gegen die Kündigung vom 28.09.2009 gerichteten Kündigungsschutzantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.
50Der Kläger beantragt:
51hilfsweise
55an den Kläger 400,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2009 zu zahlen,
56hilfsweise hierzu,
57an den Kläger 100,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2009 zu zahlen.
58Die Beklagte beantragt
59die Abweisung der Klage.
60Die Beklagte ist der Auffassung, die dem Kläger ausgesprochene Kündigung habe das zu ihm bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.05.2010 beendet.
61Die Beklagte trägt vor, der aufgezeigte Rückgang in der Arbeitsmenge (insbesondere Maschinenauslastung, Maschinenbelegung und Rüstvorgänge) seien auf einen Umsatzrückgang von 48,2 Prozent und einen Auftragsrückgang von 48,8 Prozent zurückzuführen (Bl. 50 d. A. wird in Bezug genommen).
62Der Kläger sei gegenüber den Mitarbeitern H1 und S2 nicht in der Lage, elektrische Anlagen oder Steuerungseinheiten zu reparieren.
63Die Mitarbeiter B1 und R4 seien im Gegensatz zum Kläger in der Lage, neue Programme für Handlinger und Vorrichtungen für neue Artikel zu programmieren und in Betrieb zu nehmen. Neben den Mitarbeitern K1 und M1 seien sie die einzigen Mitarbeiter der Beklagten mit dieser Befähigung.
64Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass eine etwaige betriebliche Übung im Hinblick auf zurückliegende Weihnachtsgeldzahlungen eine Zahlung zum Gegenstand, die nicht zu leisten wäre, wenn das Arbeitsverhältnis des betreffenden Arbeitnehmers bereits gekündigt worden ist.
65Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften ergänzend Bezug genommen.
66Entscheidungsgründe:
67I.
68Die Klage ist zulässig.
69Bei den seitens des Klägers gestellten Zahlungsanträgen handelt es sich nach Auffassung der Kammer ausschließlich um einen Antrag, welcher nicht nach Haupt- und Hilfsantrag zu unterscheiden ist. Die seitens des Klägers "hilfsweise" begehrten 400,00 Euro und 100,00 Euro stellen ausschließlich ein weniger gegenüber dem als "Hauptantrag" bezeichneten Begehren gerichtet auf Zahlung von 1.960,00 Euro dar. Die Zahlung von 400,00 Euro und 100,00 Euro werden gleichermaßen auf denselben Streitgegenstand gestützt, weil sich der dargestellte Lebenssachverhalt tatsächlich nicht von dem unterscheidet, auf welchen das Zahlungsbegehren von 1.960,00 Euro gestützt wird. Es kann folglich über sämtliche Anträge entschieden werden, ohne dass es einer Prüfung eines für einen Hilfsantrag maßgeblichen Bedingungseintritts bedürfte.
70II.
71Die Klage ist jedoch unbegründet.
721. Die Kündigung der Beklagten vom 26.10.2009 beendete nach Auffassung der Kammer das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.05.2010.
73a) Zunächst ist hinsichtlich der Kündigung nicht die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG eingetreten. Der Kläger hat die Kündigung der Beklagten vom 26.10.2009 innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 Satz 1 KSchG mit seiner Klageerweiterung vom 28.10.2009 angegriffen und die Klageerweiterung wurde der Beklagten auch "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugestellt. Die Dreiwochenfrist war deshalb gewahrt, weshalb die Kündigung nicht bereits deshalb als wirksam anzusehen war.
74b) Die Betriebsratsanhörung erfolgte mit Schreiben vom 19.10.2009. Der Betriebsrat erklärte mit Schreiben vom 20.10.2010, dass er keine weitere Stellungnahme mehr abgeben werden. Der Umfang der Betriebsratsanhörung ist seitens des Klägers auch nicht beanstandet.
75c) Die nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige war der Agentur für Arbeit am 22.10.2009 zugegangen.
76d) Die Kündigung ist nach Auffassung der Kammer nicht sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG. Das Kündigungsschutzgesetz ist wegen der mehrjährigen Beschäftigungsdauer des Klägers in persönlicher Hinsicht im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG sowie wegen der Beschäftigtenzahl von mehr als zehn auch in betrieblicher Hinsicht im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG auf das vorliegende Arbeitsverhältnis vollumfänglich anzuwenden.
77aa) Die Kündigung ist nach Ansicht der Kammer durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen. Solche betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidung: z.B. Rationalisierungsmaßnahme, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Kündigung die notwendige Folge der betrieblichen Erfordernisse ist. Ein Auftragsrückgang kann dann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn dadurch der Arbeitsanfall so zurückgeht, dass für einen oder mehrere Arbeitnehmer das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung entfällt. Bei einem Streit über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung hat das Gericht voll nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Gründe für die Kündigung tatsächlich vorliegen und ob sie sich im betrieblichen Bereich dahin auswirken, dass für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedürfnis mehr besteht (BAG, Urteil vom 30.05.1985 - 2 AZR 321/84; Urteil vom 15.06.1989, Az.: 2 AZR 600/88).
78Gemessen hieran ergibt sich ein dringendes betriebliches Erfordernis, welches die vorliegende Kündigung bedingte, sowohl aus außerbetrieblichen Gründen als auch aus innerbetrieblichen Gründen infolge einer vom Arbeitsgericht nur auf Sachwidrigkeit überprüfbaren unternehmerischen Entscheidung. Zum einen stellt die Beklagte umfassend dar, in welchem Maße der Arbeitskräftebedarf infolge eines Umsatzeinbruches zurückgegangen ist. Sie zeigt auf, dass die Rüstvorgänge, woran sie den Beschäftigungsbedarf in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker misst, um 43,3 Prozent zurückgegangen sind. Die seitens des Klägers bestrittenen Umsatzzahlen sind für diese Beurteilung nicht erheblich. Dabei ist dem Kläger darin Recht zu geben, dass das Arbeitsgericht, soweit sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche Umstände beruft, nicht unmittelbar aus einem arbeitgeberseits vorgetragenen Umsatzrückgang auf einen Rückgang des Beschäftigungsbedarfs in gleichem Maße schließen kann. Für die Annahme dringender betrieblicher Gründe bedarf es in diesem Fall vielmehr einer konkreten Darstellung des Arbeitgebers, wie sich der Umsatzrückgang auf die benötigte Arbeitsmenge auswirkt. Vorliegend wurde jedoch von der Beklagten die zu bewältigende Arbeitsmenge detailiert vorgetragen und diese Darstellung ist seitens des Klägers auch nicht beanstandet. Die Rückgänge in der Maschinenauslastung, der Maschinenbelegung in Produktionsstunden und in den Rüstvorgängen (diese sind für die Abteilung des Klägers maßgeblich heranzuziehen) sind von der Beklagten umfassend dargestellt. Abgesehen davon, dass der Kläger den dargestellten Rückgang der Rüstvorgänge ohnehin nicht mit Nichtwissen hätte bestreiten können, was er jedoch auch nicht tat, weil sich sein Bestreiten auf die Umsatz- und Auftragszahlen beschränkte, zeigt der von der Beklagten aufgeführte Rückgang der Arbeitsmenge, dass in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker der Arbeitskräftebedarf um mindestens fünf Mitarbeiter gesunken ist. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Kläger zuletzt auch nur noch beanstandete, er könne nicht nachvollziehen, weshalb der Arbeitskräftebedarf auf fünf statt auf sechs Arbeitnehmer gesunken sei.
79Die Anzahl der Rüstvorgänge hat sich um 43,3 Prozent gemindert. Wendete man diesen Prozentsatz auf die vorhandene Mitarbeiterzahl von elf an (wie sich dies aus dem unbestrittenen Beklagtenvortrag ergibt), so ergebe sich ein Überhang von 4,73 Arbeitnehmern in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker, was eine Reduzierung von fünf Arbeitskräften rechtfertigte, weil anzunehmen wäre, dass die verbleibenden 0,27 Prozent Arbeitskräftebedarf auf die verbleibenden Mitarbeiter ohne obligatorische Mehrleistungen verteilt werden könnte. Hinzutritt jedoch die weitere Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs wegen der zwischenzeitlich tatsächlich vollzogenen Fremdvergabe der Wartungstätigkeiten bezüglich der Roboter und Förderanlagen, welche seitens der Beklagten in nachvollziehbarer Weise (vom Kläger auch nicht beanstandet) mit jährlich etwa 1.800 Stunden und damit mit etwa einer Vollzeitarbeitskraft veranschlagt worden ist. Selbst wenn diese Arbeitskraft, welche denknotwendig nicht für Rüsttätigkeiten zur Verfügung steht, heraus gerechnet würde, so dass der Rückgang der Rüstvorgänge sich rechnerisch tatsächlich nur auf die verbleibenden zehn Arbeitskräfte auswirkt, ergibt sich durch die Rückläufigkeit der Rüstvorgänge in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker ein Arbeitskräfteüberhang von 4,33 Arbeitskräften (10 Arbeitnehmer x 43,3 Prozent Rückgang der Rüstvorgänge). Zu diesem Personalüberhang von 4,33 Arbeitnehmern wäre dann wiederum der aus der Fremdvergabe resultierende Personalüberhang von einem Arbeitnehmer (1.800 Stunden jährlich) zu addieren, so dass sich rechnerisch ein Personalüberhang von 5,33 Arbeitnehmern ergebe.
80Auf welchen konkreten Umsatzrückgang der Rückgang des Beschäftigungsbedarfs zurückzuführen ist, ist für die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht von Relevanz. Das konkrete Ausmaß des Rückganges des Umsatzes oder der Auftragseingänge kann dahinstehen, denn maßgeblich für die Beurteilung, ob dringende betriebliche Erfordernisse die vorliegende Kündigung bedingen, ist allein der Rückgang der Arbeitsmenge und der sich heraus ergebende Arbeitskräfteüberhang. Auf welche konkreten Wirtschaftszahlen dieser Rückgang zurückzuführen ist, ist unerheblich.
81Die gleiche Beurteilung hinsichtlich der Annahme dringender betrieblicher Erfordernisse ergibt sich gestützt auf eine von der Beklagten getroffene nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung, bestimmte Servicetätigkeiten fremd zu vergeben und den Personalbestand in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker insgesamt um fünf zu reduzieren. Dass dieses ein nachvollziehbares Konzept darstellt, zeigt sich darin, dass die künftig zu bewältigende Arbeitsmenge, wie es die Beklagte in nachvollziehbarer Weise dargestellt wurde von den verbleibenden sechs Mitarbeitern bewältigt werden kann.
82Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich vorliegend auch nicht um eine unzulässige Austauschkündigung, die der Annahme dringender betrieblicher Erfordernisse entgegenstünde, weil der Beschäftigungsbedarf tatsächlich gar nicht weggefallen ist. Eine solche Austauschkündigung ist vorliegend nicht deshalb anzunehmen, weil nach dem Ausscheiden des Klägers dessen Tätigkeiten durch den Mitarbeiter E1 verrichtet werden. Eine unzulässige Austauschkündigung ist nur dann anzunehmen, wenn der Beschäftigungsbedarf weiterhin ungemindert fortbesteht und der Arbeitgeber lediglich die handelnden Personen austauscht (z. B. durch Scheinselbständige). Geht hingegen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer der Beschäftigungsbedarf zurück und wird infolgedessen die Anzahl der Mitarbeiter reduziert, so geht damit zwingend einher, dass bestimmte Tätigkeiten der ausscheidenden Mitarbeiter, soweit sie noch vorhanden sind, durch die verbleibenden, von der sozialen Auswahl verschont gebliebenen Mitarbeiter verrichtet werden. Dass der Mitarbeiter E1 aufgrund dieser Neuverteilung künftig auch Arbeiten des Klägers verrichten wird, ist notwendige Folge der Reaktion auf den Rückgang des Beschäftigungsbedarfs. So räumt der Kläger selbst ein, dass der Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters E1 durch die Fremdvergabe entfallen ist.
83Zuletzt steht der Annahme eines dringenden betrieblichen Erfordernisses nicht entgegen, dass für sämtliche Arbeitsverhältnisse der Beklagten bis vor drei Jahren noch die 37,5-Stunden-Woche galt. Es obliegt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, auf einen Rückgang des Beschäftigungsbedarfs dadurch zu reagieren, bezüglich aller Arbeitnehmer die Wochenarbeitszeit zu reduzieren und dadurch gegebenenfalls betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu vermeiden. Abgesehen davon ist die Effizienz eines solchen Vorhabens deutlich in Zweifel zu ziehen, denn eine umfängliche Reduzierung bezogen auf die gesamte Belegschaft ließe sich, soweit es nicht vollständig einvernehmlich mit allen Arbeitnehmern erfolgen könnte, nur mittels des Ausspruchs von Änderungskündigungen vollziehen. Zuletzt zeigt das Beispiel der Abteilung des Klägers, dass mit einer umfänglichen Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 37,5 Stunden der Rückgang des Beschäftigungsbedarfs nicht ansatzweise kompensiert werden könnte.
84bb) Daneben ist die vorliegende Kündigung nach Auffassung der Kammer auch nicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Nach dieser Bestimmung ist eine Kündigung trotz des Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Dabei sind nach Satz 2 Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Dabei können einzelne Aspekte, welche für die Herausnahme von Mitarbeitern aus der Sozialauswahl sprechen, auch miteinander verknüpft werden. Der Arbeitgeber ist also nicht darauf beschränkt, die Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG auf die Bildung von Altersgruppen oder die Herausnahme von Leistungsträgern zu beschränken. Die Vorgehensweise der Beklagten bei der von ihr getroffenen Sozialauswahl ist nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden.
85(1) Dass die Beklagte den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer vorliegend im Falle der Kündigung des Klägers auf die Mitarbeiter der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker beschränkte, ist seitens des Klägers nicht beanstandet worden und er hat auch keine seiner Ansicht nach weitere vergleichbare Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen genannt.
86(2) Dabei hält zunächst die von der Beklagten auf der ersten Stufe vorgenommene Altersgruppenbildung der gerichtlichen Überprüfung stand. Dabei kann dahinstehen, ob die Bildung von Altersgruppen tatsächlich eine unterschiedliche Behandlung wegen des Lebensalters darstellt oder ob die Bildung von Altersgruppen nicht vielmehr dazu führt, dass mit der Bildung von Altersgruppen die regelmäßige unterschiedliche Behandlung wegen des Lebensalters in ihren Wirkungen reduziert wird (eine Ungleichbehandlung annehmend: BAG in st. Rspr., vgl. Urteil vom 06.11.2008, Az.: 2 AZR 523/07 mit Nachweisen für die Gegenansicht). Für die Annahme, dass in der Altersgruppenbildung eine an § 10 AGG zu messende Ungleichbehandlung zu erblicken ist, spricht, dass es Fälle gibt, in denen einem Arbeitnehmer, der im Übrigen eine weitaus höhere Schutzbedürftigkeit aufweist (wegen der Betriebszugehörigkeit, wegen etwaiger Unterhaltspflichten oder einer etwaigen Schwerbehinderung) gegenüber einem angesichts dieser Sozialdaten weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmer gleichwohl zu kündigen ist, weil er sich schlicht in einer anderen Altersgruppe befindet als letzterer.
87(a) Dabei geht die Kammer weiterhin mit der zuletzt durch das Bundesarbeitsgericht weiterhin geäußerten Auffassung von der Zulässigkeit der Altersgruppenbildung aus (BAG, Urteil vom 06.11.2008, Az.: 2 AZR 523/07), weil sie nach § 10 Satz 1 und 2 gerechtfertigt ist (a. A. ArbG Siegburg, Vorlage zum EuGH vom 27.01.2010, Az.: 2 Ca 2144/09). Die Altersgruppebildung vermeidet nicht nur eine Überalterung der Belegschaft, sondern ebnet auch die bei Massenkündigungen etwa überschießenden Tendenzen der Bewertung des Lebensalters als Sozialkriterium ein und wirkt so einer übermäßigen Belastung jüngerer Beschäftigter entgegen (BAG, Urteil vom 19.06.2007, Az.: 2 AZR 304/06). Daneben geht die Kammer bezugnehmend auf den zitierten Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg davon aus, dass neben die Interessen des einzelnen Arbeitgebers (Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit) das Interesse der Allgemeinheit an einer Vermeidung einer übermäßigen Jugendarbeitslosigkeit tritt, sich individuelle arbeitgeberseitige Interessen mit solchen der Allgemeinheit insoweit also teilweise decken, weshalb die Bildung von Altersgruppen im Rahmen der Sozialauswahl noch unter die Bereiche Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt im Sinne des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gefasst werden kann.
88(b) Auch die konkrete Ausgestaltung der vorliegenden Altersgruppenbildung erscheint der Kammer noch als vertretbar und damit als nach § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt, weshalb sie der vorliegenden gerichtlichen Überprüfung standhält. Sie erscheint der Kammer als objektiv und angemessen und verfolgt ein legitimes Ziel in Gestalt der Erhaltung der Altersstruktur, was sich nicht zuletzt darin äußert, dass im Hinblick auf die Abteilung des Klägers der Altersschnitt zwar um fast drei Jahre gesenkt, bezogen auf die Gesamtbelegschaft der Altersschnitt jedoch bis auf 0,2 Jahre exakt gehalten worden ist. Betrachtet man die Altersstruktur der Beklagten wie sie sich aus den Anlagen des Interessenausgleichs ergibt, zeigt sich, dass bei der Beklagten die Beschäftigten in den Altersgruppen I und II in der Minderheit befinden. Ohne die Anwendung von Altersgruppen müsste die Beklagte sich nahezu vollständig von den Nachwuchskräften trennen. Gleichwohl führt die von der Beklagten angewandte Altersgruppenbildung nicht zur einer Verbesserung, sondern allenfalls zu einer Wahrung der bisher bestehenden Altersstruktur.
89(aa) Die legitimen Ziele einer Altersgruppenbildung müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber im Prozess dargelegt werden. Indes ist vom Vorhandensein solcher legitimer Ziele regelmäßig auszugehen, wenn die Altersgruppenbildung bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 12.03.2009, Az.: 2 AZR 418/07). Angesichts der beabsichtigten und tatsächlich durchgeführten Reduzierung der Gesamtbelegschaft von 181 (179 im unbefristeten Arbeitsverhältnis) um 48 Arbeitnehmer ist ersichtlich von einer Betriebsänderung auszugehen, welche allein in einer Personalreduzierung in erheblichem Maße bestehen kann. In diesen Fällen ist regelmäßig die Erhaltung einer auch altersmäßig ausgewogenen Personalstruktur gefährdet. Vorliegend ließe sich der konkreten Anwendung der gebildeten Altersgruppen entgegenhalten, dass es sich bei der Abteilung des Klägers um eine relativ kleine Einheit von elf Arbeitskräften handelte. So wird auch die Auffassung vertreten, dass ein Rückgriff auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zur Rechtfertigung einer Altersgruppenbildung nur im Falle zahlreicher beabsichtigter Entlassungen möglich ist (Vgl. Hohlhausen, Anwaltskommentar Arbeitsrecht 2. A., § 1 KSchG Rn. 552 m. w. N.), was bei fünf zu entlassenen Arbeitnehmer bezogen auf eine Gesamtbeschäftigtenzahl von 181 kaum der Fall sein dürfte. Dieser Ansicht ist insoweit auch zuzustimmen, weil bei einer nur geringen Anzahl zu kündigender Arbeitnehmer eine Gefährdung der bestehenden Personalstruktur kaum angenommen werden kann. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beklagten beabsichtigte, 48 der 181 Arbeitnehmer zu entlassen. Bei einer vergleichsgruppenübergreifenden Betrachtung zeigt sich demnach, dass der Altersschnitt ohne die Anwendung von Altersgruppen steigen würde, weil zwangsläufig, die jüngsten Arbeitnehmer, welche auch die geringste Betriebszugehörigkeit aufwiesen, das Unternehmen verlassen müssten.
90(bb) Sie erfolgte nicht willkürlich oder unter Berücksichtigung sachfremder Erwägungen oder gar zufällig. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die von den Betriebsparteien gewählten Gruppen (jeweils 10 Jahre Lebensalter), welche für den gesamten Betrieb einheitlich angewandt wurden, vorliegend zur Kündigung des Klägers führten, weil er innerhalb seiner Abteilung und innerhalb der Altersgruppe V der einzige Vertreter war. Hinsichtlich der Bemessung der Altersgruppen nach dem Lebensalter ist dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen (Vgl. BAG, Urteil vom 20.04.2005, Az.: 2 AZR 201/04). Angesichts dessen, dass die Altersgruppen vorliegend durch die Betriebsparteien einvernehmlich bestimmt worden sind (eine Vermutungswirkung für die Richtigkeit der Bemessung kommt den Altersgruppen gleichwohl nicht zu) und auch unternehmenseinheitlich angewendet worden sind, geht die Kammer nicht von einer willkürlichen Bestimmung aus. Dass es sich bei der Vergleichsgruppe des Klägers (Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker) um eine vergleichsweise kleine Gruppe handelt, kann nach der hier vertretenen Ansicht nicht dazu führen, dass er die verabredeten Altersgruppen im konkreten Fall unangewandt lässt. Wird die unternehmenseinheitliche Altersgruppenbildung für zulässig erachtet, kann es auf die Größe der konkreten Vergleichsgruppe nicht ankommen, sondern allenfalls auf die Betriebsgröße und deren Anteil zu entlassender Arbeitnehmer.
91(cc) Die Beklagte verteilte die Anzahl der zu kündigenden Arbeitnehmer, wie es der zwischen den Betriebsparteien geschlossene Interessenausgleich vorsah auch prozentual auf die innerhalb der Vergleichsgruppe bestehenden Altersgruppen (welche bei der Beklagten insgesamt gleichermaßen angewendet wurden). Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass es durch die Anwendung innerhalb der vergleichsweise kleinen Abteilung von elf Arbeitskräften durch die Anwendung der Altersgruppen bei der Bemessung der Anteile zu Verzerrungen gekommen ist, welche nach Ansicht der Kammer jedoch als noch vertretbar erscheinen (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 20.04.2005, Az.: 2 AZR 201/04). Die Altersgruppe I welche zuvor 9,09 Prozent der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker (elf Arbeitnehmer) einnahm, ist zwar nunmehr mit 16,66 Prozent beteiligt (bezogen auf die verbleibenden sechs Arbeitnehmer), dies ist jedoch auf die zulässige Herausnahme des Mitarbeiters H1 zurückzuführen. Als ausgebildeter Mechatroniker verfügt der Mitarbeiter H1 sowohl über Kenntnisse aus der Mechanik als auch über solche aus der Elektronik und über die Verknüpfung zwischen beiden Fachgebieten, was gerade die Neuerung an diesem erst vor einigen Jahren eingeführten Ausbildungsberuf darstellt. Zwar mag es zutreffen, dass der Mitarbeiter H1 diese Ausbildung gerade bei der Beklagten durchlaufen hat. Den ersichtlichen und verwertbaren Mehrwert für die Beklagten wird dadurch aber nicht in Abrede gestellt. Der Kläger gesteht dem Mitarbeiter H1 auch dessen umfangreiche Spezialkenntnisse zu. Dabei werden die Fähigkeiten des Klägers nicht angezweifelt und ihm kann auch zugestanden werden, dass er im Zuge der Praxis auch Erfahrungen im Bereich der Elektronik und im Bereich der Elektrotechnik sammeln konnte. Die Ausbildung zum Mechatroniker wird hierdurch jedoch nicht ersetzt.
92Die Altersgruppe II war vor der Personalmaßnahme mit 18,18 Prozent (zwei Mitarbeiter) in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker vertreten und ist es nunmehr noch mit 16,66 Prozent. Der Anteil der Altersgruppe III an der Abteilung hat sich von 36,36 auf 33,33 Prozent reduziert. Der Anteil der Altersgruppe IV erhöhte sich von 27,27 Prozent auf 33,33 Prozent. Der Anteil der Altersgruppe V minderte sich durch die Kündigung des Klägers auf null.
93Dass sich die Anteilswerte nicht nur um Nachkommastellen veränderten, ist dem geschuldet, dass eine Wahrung der genauen Anteile an der geringen Vergleichsgruppengröße scheitert. Wäre der Kläger in der Abteilung verblieben, so wäre der Anteil der Altersgruppe V infolge der Personalanpassung von 9,09 auf 16,66 Prozent gestiegen. Alternativ zur Kündigung des Klägers hätte in der Altersgruppe IV die Beschäftigtenzahl von drei nicht nur um einen sondern um zwei Arbeitnehmer reduziert werden können. Dann wäre der Anteil der Mitarbeiter der Altersgruppe IV jedoch von zuvor 27,27 auf nunmehr 16,66 reduziert worden. Die Auswirkungen wären größeren Umfanges gewesen. Es kann deshalb dahinstehen, ob der sich in der Altersgruppe IV befindende Mitarbeiter B1 zu Recht als Leistungsträger herausgenommen worden war. Zwar haben selbst die Betriebsparteien im Interessenausgleich (Anlage 1) den Mitarbeiter B1 als Leistungsträger angesehen. Es verbleiben jedoch Zweifel an der Zulässigkeit der Herausnahme des Mitarbeiters B1, weil hinsichtlich der zur Begründung der Herausnahme des Leistungsträgers angeführten besonderen Fähigkeiten die Zeit zu berücksichtigen ist, welche den sozial schutzbedürftigeren Arbeitnehmern zuzugestehen wäre, damit sie diese Kenntnisse ebenfalls erlangen. Die Kündigungsfrist des Klägers betrug immerhin sieben Monate. Gleichwohl ist ein etwaiger Fehler nach Auffassung der Kammer nicht ursächlich für die Kündigung des Klägers. Wäre die Herausnahme zu Unrecht erfolgt, so profitierte der in der Altersgruppe IV gekündigte Mitarbeiter Fast hiervon und würde im Betrieb verbleiben. Gleiches gilt für die Herausnahme des Mitarbeiters R1, welcher jedoch ursächlich für die Kündigung des Mitarbeiters O1 war innerhalb der Altersgruppe III.
94Im Hinblick auf die prozentuale Verteilung der zu entlassenden Mitarbeiter verhält es sich mit den Altersgruppen II und III ebenso. Würde die Altersgruppe II um beide statt des einen Arbeitnehmers reduziert (hinsichtlich des Mitarbeiters P1 wurde von einer Verlängerung der Befristung abgesehen) hätte sich der Anteil der in der Altersgruppe II befindlichen Arbeitnehmer von 18,18 Prozent auf null reduziert. Dem ließe sich mit der Argumentation des Klägers einwenden, dass dem sich in der Altersgruppe II befindenden Mitarbeiter P1 gar nicht gekündigt, sondern lediglich sein befristetes Arbeitsverhältnis nicht verlängert worden ist. Ließe man seine zurückliegende Beschäftigung bei der Gewichtung der Altersgruppen jedoch unberücksichtigt, wäre die Konsequenz, dass die Altersgruppe II künftig ebenfalls gar nicht mehr vertreten wäre, obwohl zuvor zwei Mitarbeiter vorhanden waren. Aus diesem Grund ist die Entscheidung, das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters P1 nicht zu verlängern, nach Ansicht der Kammer bei der Verteilung der zu kündigen Arbeitnehmer auf die einzelnen Altersgruppen mit zu berücksichtigen. Im Übrigen gilt für den sich in der Altersgruppe II befindenden Mitarbeiter S2 das zum Mitarbeiter H1 Gesagte, denn auch er ist gelernter Mechatroniker, so dass seine Weiterbeschäftigung als im betrieblichen Interesse stehend angesehen werden kann.
95Wäre die Altersgruppe III von vier auf einen anstatt auf zwei Mitarbeiter reduziert worden, so würde sie nach der Personalreduzierung nur noch einen Anteil von 16,66 Prozent im Gegensatz zu den 36,36 Prozent (vor der Personalreduzierung) einnehmen. Auch hier wäre die Verzerrung größer als bei einem Verbleib des Klägers.
96Die Kammer gelangt nicht zu der Ansicht, dass die Sozialauswahl in der Abteilung Vorrichtungsbau/Mechatroniker derart ausgestaltet worden ist, um den Kläger als ältesten Mitarbeiter aus dem Betrieb zu drängen. Die Beklagte hat nach hier vertretener Ansicht die zuvor mit dem Betriebsrat verabredete Vorgehensweise in der Abteilung konsequent angewandt, was vorliegend zwar zu dem auf den ersten Blick ungewöhnlichen Ergebnis führt, dass innerhalb der Abteilung dem ältesten Mitarbeiter mit der nach Punkten zweithöchsten sozialen Schutzbedürftigkeit gekündigt wurde, was jedoch auf die nach Ansicht der Kammer zulässigen Altersgruppenbildung zurückzuführen ist. Bei der Betrachtung der Liste der zu kündigenden Mitarbeiter (Bl. 88 f. d. A.) zeigt sich, dass die absolute Zahl der älteren gekündigten Arbeitnehmer erheblich ist, was jedoch auf die bestehende Altersstruktur bei der Beklagten zurückzuführen ist, die sich ersichtlich im Falle der Nichtanwendung der Altersgruppen verändern würde, weil die Nachwuchskräfte aus den Altersgruppen I und II zunächst von der Personalanpassung betroffen wären.
97Die von der Beklagten getroffene Sozialauswahl wird von der Kammer deshalb unter Berücksichtigung des dem Arbeitgeber zuzugestehenden Beurteilungsspielraums als noch vertretbar angesehen. Die Kündigung ist deshalb nach Auffassung der Kammer wirksam und beendete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.05.2010.
982. Auch die Zahlungsansprüche des Klägers bestehen nach Auffassung der Kammer nicht.
99a) Der seitens des Klägers dargestellte Anspruch auf Zahlung von 1.960,00 Euro besteht nach Ansicht der Kammer nicht. Ein solcher ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus dem Arbeitsvertrag, welcher durch eine zurückliegende betriebliche Übung eine Änderung erfahren haben könnte.
100Ungeachtet dessen, dass der Kläger selbst keine Angaben über die Anzahl der zurückliegenden Sonderzahlungen tätigt, stellt sich die Frage, ob die Beklagte mit ihrer jeweils in der Zahlungsankündigung verwendeten Formulierung "das Weihnachtsgeld in diesem Jahr beträgt …" nicht bereits jeweils in ausreichendem Maße zum Ausdruck gebracht hat, dass der Weihnachtsgeldzahlung eine jeweils gesonderte Entscheidung zugrundelag, so dass den Ankündigungen gerade kein Bindungswille für die Zukunft entnommen werden kann (vgl. zur Auslegung bestimmter Formulierungen: BAG, 12.01.1994, Az.: 12.01.1994). Hierauf kommt es letztlich nicht an, weil die Beklagte unstreitig in sämtlichen zurückliegenden Gewährungen von Weihnachtsgeld in ausreichendem Maße zum Ausdruck brachte, dass die Sonderzahlung davon abhängig gemacht würde, dass der jeweilige Arbeitnehmer in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Da das Arbeitsverhältnis nach Ansicht der Kammer wirksam beendet worden ist und der Anspruch auf Sonderzahlung wegen des konkreten Inhalts der dargestellten betrieblichen Übung mit der Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung steht und fällt, ist der Zahlungsanspruch vorliegend selbst bei Begründung einer betrieblichen Übung ausgeschlossen.
101Der Anspruch auf Zahlung von 1.960,00 Euro ergibt sich auch nicht aus der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, weil den im Unternehmen verbliebenen Arbeitnehmern lediglich ein Betrag von 400,00 Euro ausgezahlt wurde und gerade nicht, wie vom Kläger begehrt, 70 Prozent der Bruttomonatsvergütung.
102b) Der Anspruch auf Zahlung von 400,00 Euro ergibt sich ebenfalls nicht gestützt auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte hat in zulässiger Art und Weise zwischen Arbeitnehmern im ungekündigten und solchen im gekündigten Arbeitsverhältnis unterschieden. Gemäß dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, dessen dogmatische Einordnung zwar umstritten, dessen Vorhandensein jedoch allgemein anerkannt ist (vgl. hierzu Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, § 112 Rn. 1 m. w. N.) hat der Arbeitgeber bei der einseitigen Schaffung und Gewährung von Arbeitsbedingungen (im weiteren Sinne) sämtliche vergleichbare Arbeitnehmer im Grundsatz auch gleich zu behandeln und bei einer möglichen Differenzierung nicht sachwidrig oder willkürlich vorzugehen. Will der Arbeitgeber innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer einzelne von einer Begünstigung ausnehmen, so darf er keine sachwidrigen Erwägungen hierfür zu Begründung heranziehen. Soweit der Arbeitgeber zur Unterscheidung keines der im AGG aufgeführten Differenzierungsmerkmale verwendet, beschränkt sich die arbeitsgerichtliche Überprüfung darauf, ob sachfremde Erwägungen zur unterschiedlichen Behandlung herangezogen worden sind, welche überhaupt keinen Bezug zu der vom Arbeitgeber mit der Leistung verfolgten Zweck aufweisen.
103Mit der vorliegend zu beurteilenden Weihnachtsgeldzahlung verfolgt die Beklagte verschiedene Zwecke. Die Zahlung stellt keine unmittelbare Gegenleistung für geleistete Dienste dar, was auch der Kläger mit der von ihm vertretenen Ansicht einräumt, mit der Sonderzahlung werde die zurückliegende Betriebstreue honoriert. Sinn und Zweck einer Jahressonderzahlung ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers durch Auslegung zu ermitteln. So muss das Weihnachtsgeld nicht ausschließlich einen Vergangenheitsbezug aufweisen. Es können bei einer Jahressonderzahlung daneben weitere Zwecke hinzutreten. (LAG Köln, Urteil vom 17.03.2010, Az.: 8 Sa 1128/09). Welche Zwecke dies im konkreten Fall sind, bestimmt sich nicht einheitlich für den Begriff Weihnachtsgeld, sondern ergibt sich – wie erwähnt – als Ergebnis der Auslegung. Es gibt also keinen feststehenden Grundsatz, dass ein Weihnachtsgeld stets die zurückliegende Betriebstreue honoriert. Es ist ohne Weiteres möglich, dass ein etwaiger Anspruch an weitere Voraussetzungen neben einer Mindestbetriebszugehörigkeit geknüpft wird. So kann es auch zur Voraussetzung erhoben werden, dass der Arbeitnehmer im maßgeblichen Zeitpunkt in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht (BAG, Urteil vom 07.11.1991 - 6 AZR 489/91). Im vorliegenden Fall ergibt die Auslegung gerade einen solchen Mischcharakter der Jahressonderzahlung. So wird mit der gewährten Zahlung, worauf der Kläger zutreffend hinweist, die zurückliegende Betriebstreue honoriert. Dies brachte die Beklagte dadurch zum Ausdruck, dass Voraussetzung für den Erhalt der Sonderzahlung eine zurückliegende Mindestbetriebszugehörigkeit ist und dass bei einem Eintritt vor wenigen Monaten nur ein anteiliges Weihnachtsgeld gezahlt würde. Daneben soll die vorliegend konkret zu beurteilende Weihnachtsgeldzahlung jedoch auch einen Anreiz für einen künftigen Verbleib im Unternehmen schafften. Diesen verfolgten Zweck brachte die Beklagte bis zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass sie die Gewährung der Jahressonderzahlung davon abhängig machte, dass der jeweilige Arbeitnehmer in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Die Schaffung eines Anreizes für künftige Betriebstreue würde zwar effektiver ausgestaltet, wenn die Gewährung der Sonderzahlung mit einer Rückzahlungsverpflichtung für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens verbunden würde. Zwingende Voraussetzung für die Annahme, der Arbeitgeber wolle einen Anreiz für künftige Betriebstreue schaffen, ist dies allerdings nicht.
104Die Anknüpfung an das Vorhandensein an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis und die damit einhergehende Differenzierung verfolgt mit der Anreizschaffung auch einen nachvollziehbaren und nicht sachwidrig erscheinenden Zweck. Gerade im Hinblick auf eine zurückliegende Personalanpassungsmaßnahme muss es dem Arbeitgeber ermöglicht sein, den verbleibenden Arbeitnehmern zu signalisieren, dass er gewillt ist, die bestehenden Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen, ohne dass sogleich mit erneuten Personalanpassungen gerechnet werden muss. Er muss in der Lage sein, durch bestimmte Anreize zu verhindern, dass sich auch die ausscheidenden Mitarbeiter neu orientieren.
105Vor diesem Hintergrund, dass mit dem Weihnachtsgeld vorliegend auch der Anreiz für künftige Betriebstreue geschaffen werden soll, scheidet ein Anspruch des Klägers auch unter Berücksichtigung dessen aus, dass er selbst nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beigetragen hat. Ein etwaiges Verschulden des jeweiligen Arbeitnehmers, welches den Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat (z. B. Eigenkündigung oder ein zur Kündigung berechtigendes Fehlverhalten), war für die Beklagte gerade nicht Anknüpfungspunkt für die Differenzierung, sondern einzig der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Diese Differenzierung erscheint angesichts des nur beschränkten Prüfungsmaßstabes bezogen auf Sachwidrigkeit oder Willkür als zulässig, weshalb der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz durch die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung nach Ansicht der Kammer nicht verletzt ist.
106c) Soweit der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 100,00 Euro zuletzt auf eine in der "allgemeinen" Tariflohnerhöhung enthaltene Einmalzahlung stützt, fehlt es zunächst an einem Vortrag auf einen anwendbaren Tarifvertrag und die Anwendbarkeit (Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit) an sich. Soweit der Kläger darstellt, in der Vergangenheit habe er stets an etwaigen Tariflohnerhöhungen teilgenommen, so vermag die Kammer hieraus mangels Tarifbindung einen Anspruch für die Zukunft nicht erblicken. Dieser ergibt sich auch nicht, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, gemessen an den Grundsätzen der betrieblichen Übung (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 26.08.2009, Az.: 969/08). Die Begründung eines Anspruchs für die Zukunft aus einer zurückliegenden betrieblichen Übung setzt eine mehrfache gleichförmige Leistung in der Vergangenheit voraus. Soweit die Beklagte in der Vergangenheit tatsächlich das Vergütungsniveau an das Tarifniveau angepasst hat, stellt dies keine gleichförmige wiederkehrende Leistung dar und es kann von den Arbeitnehmern nicht angenommen werden, der Arbeitgeber wolle sich derart binden, dass sämtliche zu erwartenden Tariflohnerhöhungen auch bei ihm Einzug halten.
107Sämtliche Zahlungsbegehren waren deshalb nach Ansicht der Kammer zurückzuweisen.
108Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.
109III.
110Die Kostenentscheidung erging nach § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1, 91 a ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Bezogen auf das zu beurteilende Kündigungsschutzbegehren und den Zahlungsantrag folgt die Kostentragungspflicht des Klägers aus § 91 Abs. 1 ZPO.
111Im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits ergibt sich die Kostentragungslast der Beklagten aus § 91 a Abs. 1 ZPO. Sie ergibt sich nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des für erledigt erklärten Teils der Klage. Hinsichtlich der Klage gerichtet gegen die am 28.09.2009 ausgesprochenen Kündigung hätte der Kläger nach derzeitiger Einschätzung vollständig obsiegt, weil die Beklagte, wie sie von Beginn an einräumte, nicht darstellen kann, ob und wann die entsprechende Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Die nach dem Zugang der Massenentlassungsanzeige oder ohne jegliche Anzeige ausgesprochene Kündigung (Die von der Beklagten beabsichtigte Maßnahme war nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtig) ist gemäß § 17 Abs. 1 KSchG in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam (Vgl. ErfKomm/Kiel, § 17 KSchG Rn. 36).
112Hinsichtlich des am Gesamtstreit von 13.160 Euro (bei dessen Bemessung zum Rechtsmittelstreitwert eine Bruttomonatsvergütung wegen der einen vorangegangenen Kündigung zu addieren war) gemessenen Grad des Obsiegens und Unterliegens ergibt sich die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquote.
113Der Streitwert (Rechtsmittelstreitwert) war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Dabei war der Feststellungsantrag mit der dreifachen Bruttomonatsvergütung und der Weiterbeschäftigungsantrag mit der zweifachen Bruttomonatsvergütung zu berücksichtigen.