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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.760,-- € festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis gemäß § 78 a BetrVG zustande gekommen ist.
3Der am 22.04.1983 geborene, ledige und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde bei der Beklagten auf Basis eines Berufsausbildungsvertrages vom 03.04.2003 in der Zeit vom 01.09.2003 bis zum 13.06.2006 zum Informations- und Telekommunikationssystem-Kaufmann ausgebildet. Er bezog im dritten Ausbildungsjahr zuletzt eine monatliche. Ausbildungsvergütung in Höhe von 752,00 EUR brutto (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Berufsausbildungsvertrages BL 7-10 GA verwiesen).
4Bei der Beklagten existiert ein sogenannter „Zuordnungstarifvertrag für die
5" vom 15.05.2003 über die Betriebsstruktur (Ablichtung - Anlage 8 - BL 137ff. GA).
6Früher wurden in den verschiedenen Betrieben der Beklagten Ausbildungsverträge abgeschlossen. Nach diesem Zuordnungstarifvertrag wird die Berufsausbildung bei der Beklagten seit Anfang 2002 konzerneinheitlich durch den Betrieb
7durchgeführt. Er verfügt neben seinem Hauptsitz in über
839 Berufsbildungsstellen (BBi) im Bundesgebiet, darunter eine in Diese Berufsbil‑dungsstellen sind nicht eigenständig. In diesem Betrieb sind etwa 1.300 Stammarbeitnehmer
91.
10und rund 11.000 Auszubildende beschäftigt.
11Das ist ein selbstständiger Betrieb, dessen einziger Betriebszweck darin besteht, Leis‑
12tungen in den Feldern Personalentwicklung und Qualifizierung für alle Unternehmen bzw.
13Betriebe der zu erbringen. Dazu gehört auch die Durchführung
14von Berufsausbildungen im Sinne des BBiG. Das verfügt innerhalb der Unternehmens‑
15gruppe über einen eigenen Geschäftsauftrag und ist ausweislich des Zu‑ordnungstarifvertrages eine eigene Organisationseinheit. Insofern ist der Betrieb zwar recht‑
16lich unselbstständig, organisatorisch aber selbstständig (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die auszugsweise Ablichtung des Zuordnungstarifvertrages für die in der Fassung vom 22.03.2006 Anlage 8 BI.137 ff GA verwiesen). Das - hat seine
17Hauptverwaltung in i Der eine Hauptzweck ist die Durchführung der beruflichen Bildung
18für den gesamten . Insoweit führt der Betrieb im Auftrag der
19i alle Ausbildungsgänge nach dem BBiG für alle Einheiten der in
20Deutschland durch. Die Auszubildenden werden bei eingestellt (wegen der weiteren Ein‑zelheiten wird auf die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 15.08.2006 BI. 5 ff verwiesen).
21Einziger Betriebszweck des Betriebes ist neben der Durchführung von Berufsausbildung
22die Erbringung von Leistungen auf dem Gebiet der Personalentwicklung und Qualifizierung
23für alle Unternehmen bzw. Betriebe der Arbeitnehmer im Be‑
24trieb sind lediglich die Ausbilder und das für diesen Betrieb anfallenden Verwaltungsauf‑gaben erforderliche Personal. In den regionalen Berufsbildungsstellen des Ausbildungsbetriebes finden Schulungen und theoretische Unterweisungen statt. Dagegen finde die praktische Berufsausbildung, die etwa 2/3 der Ausbildungszeit beansprucht, in anderen Betrieben der Beklagten und/oder in Betrieben von anderen Konzerngesellschaften statt. Mit den Aus‑
25bildern der verbringen die Auszubildenden daher etwa 1/3 ihrer Ausbildungszeit, die übri‑ge Zeit sind sie in anderen Betrieben eingesetzt, um eine berufspraktische Unterweisung zu erhalten.
26Die betriebliche Interessenvertretung der Auszubildenden richtet sich nach dem speziell hier‑
27für abgeschlossenen Tarifvertrag „Tarifvertrag Mitbestimmung (auch TV 122) (Ablich‑
28._ tung BI. 106ff. GA).
29Nach § 1 des Tarifvertrages Mitbestimmung stellt die einen Betrieb
30mit einem Betriebsrat, Auszubildendenvertretung bei den Berufsbildungsstellen und einer Konzern-Auszubildendenvertretung dar. Die Zuordnung und die Anzahl der Freistellungen
31werden in besonderen Tarifverträge geregelt. Nach § 3 Abs. 1 TV richten sich die Wahl,die Aufgaben, die Stellung und Rechte der Auszubildendenvertretungen — soweit, dies im Tarifvertrag nicht ausdrücklich anderes geregelt — nach den für Jugend- und Auszubildendenvertretungen geltenden Bestimmung des BetrVG. Nach Abs. 4 fanden die § 78 und 78 a bislang auch Anwendung auf Mitglieder der Auszubildendenvertretung (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Tarifvertrages vom 26.11.2001, B1.106 f GA verwiesen).
32Der Kläger war ordentliches Mitglied der Auszubildendenvertretung (AV) der BBi in
33In der Vergangenheit wurden bei der Beklagten sämtliche unter dem Schutz des § 78 a BetrVG fallenden Auszubildendenvertreter übernommen. Am 08.05.2004 führten die Beklagte und die Gewerkschaft Verdi ein Gespräch im Zusammenhang mit dem Angebot zum Beschäftigungsbündnis vom 25.03:2004. Die Gesprächsnotiz hat unter anderem folgenden Inhalt: „Ab dem 01.01.2005 werden zehn von Hundert eines Prüfungsjahrgangs übernommen. Die Übernahme erfolgt nach Bestenauslese. Unter Anrechnung auf die Zehn von Hundert-Quote werden die ordentlichen Mitglieder (nicht Ersatzmitglieder) der Auszubildendenvertretung übernommen. Ergebnisniederschrift: Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass dies rund 80 Auszubildendenvertreter sind.... „ (zitiert nach den Gründen der Entscheidung des LAG Bremen vom 23.05.2006 — 1 TaBV 20/05).
34Im Manteltarifvertrag für die Auszubildenden der (MTV —Azb) in der
35ab 01. Januar 2005 geltenden Fassung heißt es unter § 23: ,,Übernahme in ein Arbeitsverhältnis" „I. Die Tarifvertragspartien werden im Rahmen der Tarifrunden verhandeln, ob und
36ggfs. zu welchen Bedingungen eine Übernahme der Ausgebildeten in ein Arbeitsverhältnis --
37erfolgt.
382. Ab dem 01.01.2005 werden Zehn von Hundert eines Prüfungsjahrganges übernommen.
39Die Auswahl erfolgt nach Bestenauslese. Die Auswahl wird durch die Betriebsparteien gere‑
40gelt. Unter Anrechnung auf diese Zehn von Hundert-Quote werden die ordentlichen Mitglie‑
41der (nicht Ersatzmitglieder) der Auszubildendenvertretung übernommen.
42Protokollnotiz zu § 23: Die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 4 TV-Mitbestimmung („TV 1229und die dazu vereinbarte Ergebnisniederschrift sind zu beachten (Ablichtung - Anlage 4 - Bl. 127 GA).
43Unter dem 07.06.2006 schlossen die Ver.di den „Tarifvertrag zur Tarifrunde 2006 vom 07.06.2006", der nach dessen § 11 rückwirkend zum 01.04.2006 in Kraft trat. In § 8 dieses Tarifvertrages heißt es unter der Überschrift „Anderung des Tarifvertrages Mitbestimmung (TV 122) in der am 01. Januar 2005 geltenden Fassung: „ 1. § 3 Abs. 4 TV 122 wird
44gestrichen und wie folgt neu gefasst § 78 BetrVG findet keine Anwendung. Die Tarifver‑tragsparteien sind sich jedoch darüber einig, dass sich unter dem gemäß § 23 Abs. 2. S. 1 MTV-Azb je Prüfungsjahrgang tarifvertraglich zu übernehmenden Auszubildenden 20 von Hundert Auszubildendenvertreter befinden. Die jeweilige Quote wird auf die aufnehmenden Konzerneinheiten verteilt. Die Aufteilung der Quote auf die Konzerneinheiten wird rechtzeitig der Konzernauszubildendenvertretung (KAV) und Ver.di mitgeteilt und erörtert. Das Obernahmeangebot erfolgt grundsätzlich mandatswahrend. ..." (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Tarifvertrages Anlage 3, BI. 108 ff, 117 f GA verwiesen)).
45Dies bedeutete 2006 bei einer Übernahme von ca. 400 Auszubildenden die Übernahme von ca. 80 Auszubildendenvertretern.
46Bereits in der Auszubildendenversammlung am 25.10.2005, an der auch der Kläger teil‑
47nahm, stellte der Leiter der Berufsbildungsstelle i das Be‑werbungsverfahren für das Jahr 2006 und die Unterlagen zur Übernahme für die Auszubildenden, die im Frühjahr 2006 ihre Prüfungen absolvierten, vor.
48Mit E-Mail vom 13.06.2006 erhielten die Auszubildenden, die im Sommer 2006 ihre Prüfung absolvierten — hierunter auch der Kläger (Ablichtung BI. 213 GA) — gesondert Informationen zum Übernahmeprozess. Der E-Mail beigefügt waren ein Informationsschreiben vom 06.03.2006 (Ablichtung - Anlage 2) zum Schriftsatz 03.11.2006 - BI. 214 ff GA), ein Bewerbungsvorblatt mit Bewerbungshinweisen (Anlage 3 zum vorgenannten Schriftsatz BI. 218R GA) sowie eine Kurzübersicht für Bewerbungen auf Jobangebote Nachwuchskräfte Sommer 2006 (Anlage 4 zum vorgenannten Schriftsatz BI. 2p9 GA).
49A
50In dem beigefügten Schreiben vom 06.03.2006 über den „Übernahmeprozess Sommer 2006"heißt es unter anderem:"Für das Bewerbungsverfahren Sommer 2006 wurden vorläufig folgende Übernahmequoten (inklusive AV) (Auszubildendenvertreter) freigegeben:
512 davon 1 AV
5275 davon 15 AV
534 davon 1 AV
5419 davon 4 AV
5550 davon 10 AV
568 davon 2 AV."
57Unter Ziffer 1)"Grundsätzliches zur Übernahmequote" heißt es unter anderem: „ In der Änderung des TV 122 vom 18.08.2005 wurde festgelegt, dass der § 3 Abs. 4 TV 122 1. V, m. § 78 a BetrVG nur auf Auszubildendenvertreter Anwendung findet, die am 01.05 (Sommerprüfung) oder am 01.12 (Frühjahrprüfung) ordentliche Mitglieder der Auszubildendenvertretung sind.
58Wir fordern die AV ebenfalls auf sich zu bewerben, da wir davon ausgehen, dass eine zwingende Bewerbung in den ausstehenden Gesprächen mit Verdi verabredet wird."
59Unter Ziffer 3) heißt es dann:" Am 10.04.2006 wird die „Jobbörse für Nachwuchskräfte"
60freigeschaltet Der Bewerbungszeitraum ist vom 10.04. bis 05.05.2006 (= vier Wochen)festgesetzt. Bitte schauen sie regelmäßig in die Jobbörse..."
61Unter Ziffer 4 „Übernahme AV" heißt es schließlich:" Die Tarifvertragsparteien vereinbaren
62unter Einbeziehung von und einen Prozess, der eine möglichst unterbrechungsfreieÜbernahme der AV sicherstellt. Einzelheiten hierzu werden zu gegebener Zeit bekannt gegeben..." (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieser E-Mail - Anlage 5 BI. 128 ff GA verwiesen).
63Hierzu hat der Kläger vorgetragen, er habe wegen der Prüfungsvorbereitung vom 03.04.2006 bis zum 07.04.2006 keinen Zugriff auf seinen Rechner gehabt. In der Zeit vom 10.04.2006 bis 21.04.2006 habe er die Osterferien absolviert. Mündlich hat der Kläger im Kammertermin erklärt, er habe in der Zeit seinen Arbeitsplatz deswegen nicht aufgesucht, weil' dies dem Erholungszweck des Urlaub zuwidergelaufen wäre. In der Zeit vom 24.04. bis zum 28.04.2006 hatte der Kläger erneut Prüfungsvorbereitung. In der Zeit vom 01.05. bis zum 12.05.2006 hat der Kläger Freizeitausgleich genommen. Während der Osterferien des Klägers beantragte der Kläger unter dem 12.04.2006 gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG Weiterbeschäftigung nach Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses. Der Empfang die‑
64ses Schreibens wurde von Herrn von der Beklagte unter dem 12.04.2006 bestätigt(Ablichtung BI. 11 GA).
65Die Beklagte hat dazu erklärt, mit allen Nachwuchskräften der Sommerprüfung 2006 sei sei‑
66tens der . kommuniziert worden, dass diese während des Urlaubs und des Freizeitaus‑
67gleichs ebenso wie während der Prüfungsvorbereitungen in der der Gang zu den dienst‑lichen Rechnern eingeräumt werde. Weiter sei darauf hingewiesen worden, dass nach Rücksprache auch in den jeweiligen Betriebseinsatzbereichen die Möglichkeit bestand, Zugang zu den dienstlichen Rechnern zu erhalten. Andere Auszubildende hätten im Zeitraum 10.04. bis 05.05.2006 den Zugriff auf die Ausschreibungen ausgiebig genutzt (beispielsweise das weitere Mitglied der Auszubildendenvertretung bei der
68Am 13.06.2006 bestand der Kläger seine Prüfung.
69Der Kläger hat sich bei einer Tochtergesellschaft der , nämlich im
70'und einen dritten Ort, der dem Kläger nicht mehr erinnerlich ist, beworben. Diese Bewerbungen waren jedoch erfolglos. Die '
71hat dem Kläger mit Schreiben vom 25.07.2006 mitgeteilt, seine Bewerbung habe nicht berücksichtigt werden können.
72Unter dem 27.07.2006 bestätigte die Beklagte den Erhalt eines Schreiben vom 24.04.2006 (sic) mit einem Verlangen auf Weiterbeschäftigung nach § 78 a Abs. 2 BetrVG und verwies darauf, dass nach den geänderten Regelungen zur Übernahme der Auszubildendenvertreter durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers kein Arbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG zu stand komme. (Ablichtung BI. 12 GA).
73Mit Schreiben vom 04.08.2006 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff:" Unterstützung ihrer Übernahme" mit: „Im Rahmen der Übernahme von Auszubildendenvertretern ergeben sich noch zwei Einstellungsmöglichkeiten bei der , auf die sie sich bewerbenkönnen. Wie bei allen Nachwuchskräften erwarten wir auch von den Auszubildendenvertretern, dass sie sich durch eine Bewerbung aktiv am Übernahmeprozess beteiligen und dadurch ihre Bereitschaft zur Annahme eines Arbeitsplatzes dokumentieren..." (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Schreibens - Anlage 7 BI. 136 GA - verwiesen).
74Der Kläger hat sich auch auf diese Stellen nicht beworben. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2005 auf Befragen erklärt, er habe sich auf die beiden Einstel‑
75lungsmöglichkeiten bei der deswegen nicht .beworben, weil er befürchtet habe, seinMandat als Auszubildendenvertreter im Falle eines Ortswechsels zu verlieren. Außerdem sei er wegen einer bevorstehenden Hochzeit regional gebunden.
76Mit seiner vom 08.08.2006 datierenden und am gleichen Tag beim erkennenden Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach Beendigung seiner Berufsausbildung und die Weiterbeschäftigung in diesem.
77Der Kläger meint, dass § 78 a BetrVG als besondere Schutznorm für den dort genannten Personenkreis nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien steht. Darüber hinaus sei der Tarifvertrag zur Tarifrunde 2006 vom 07.06.2006 erst nach dem Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers mit Schreiben vom 12.04.2006 abgeschlossen worden. Es sei nach seiner Auffassung rechtlich unzulässig, dass die Tarifvertragesparteien die Schutznorm des § 78 a BetrVG zum Nachtteil des dort geschützten Personenkreises aushebelten.
781. festzustellen, dass der Kläger nach Beendigung seiner Berufsausbildung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht;
792. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis weiter zu beschäftigen
80Die Beklagte bittet darum,
81die Klage abzuweisen.
82Sie meint, mit dem Kläger sei bisher kein Arbeitsverhältnis begründet worden, da die gesetzliche Vorschrift des § 78 a Abs. 2 BetrVG nicht zu seinen Gunsten gelte. § 78 a BetrVG komme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht direkt zur Anwendung. Das BAG habe in seiner Entscheidung vom 4.04.2004 — 1 ABR 28/03 — festgestellt, dass der Tarifvertrag 122
83(somit der Tarifvertrag Mitbestimmung ) in einem gesetzlich ungeregelten Bereich (weil
84die Auszubildenden des Betriebes nicht zur Belegschaft gehörten und keine Arbeitneh‑
85mer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG seien) eigene Vertretungsstrukturen und Kompetenzen schaffe.
86Ein Übernahmeanspruch könne sich somit lediglich aus den tarifvertraglichen Regelungen ergeben. Die zuvor selbst geschaffenen Rechte nach § 78 a BetrVG hätten die Tarifvertragsparteien durch den Tarifvertrag zur Tarifrunde 2006 vom 07.06.2006 in § 8 Abs. 1 dieses Tarifvertrages mit Wirkung zum 01.04.2006 ausgeschlossen. Da der Kläger seine Ausbildung jedoch erst am 13.06.2006 beendet habe, könne er sich - da nur in diesem Zeitpunkt
87die Fiktion des § 3 Abs. 4 TV-Mitbestimmung in Verbindung mit § 78a BetrVG hättegreifen können — nicht mehr auf diesen tarifvertraglichen Anspruch berufen. Zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Ausbildung am 13.06. galt die Regelung, dass § 78 a BetrVG auf die
88Mitglieder der Auszubildendenvertretungen bei der Beklagten im Betrieb keine Anwen‑dung finde (unter Verweis auf Arbeitsgericht Potsdam vom 12.07.2006 — 9 BVGa 6/06). Nach der derzeit geltenden tarifvertraglichen Lage sei zwischen den Parteien kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Beklagte werde die vereinbarte Übernahmequote von ordentlichen Auszubildendenvertretern des Prüfungsjahrganges 2006 erfüllen. Auch die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Ver.di streitigen Einzelfälle seinen zwischen-. zeitlich abschließend geregelt worden (insoweit verweist die Beklagte auf ein Schreiben der Gewerkschaft Ver.di vom 16.11.2003 (Ablichtung BI. 224 GA)). Die schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Ver.di begründe keinen individuellen Übernahmeanspruch einzelner Auszubildendenvertreter. Indem sich der Kläger im Rahmen des zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Übernahmeprozesses auf keinen der in der Jobbörse für Nachwuchskräfte ausgeschriebenen Posten beworben habe, habe er sich den für alle Nachwuchskräfte der Beklagten geltenden Übernahmeverfahren „ Jobbörse für Nachwuchskräfte" vollständig verweigert. Selbst auf die beiden Anstellungsmöglichkeiten, auf die die Beklagte im Rahmen ihre Fürsorgepflicht mit Schreiben vom 04.08.2006 hingewiesen habe, habe der Kläger sich nicht beworben. Er zeige auch weiterhin keinerlei Bereitschaft, sich an dem für alle Nachwuchskräfte inklusive Auszubildendenvertreter geregelten Bewerbungsverfahren teilzunehmen.
89Wegen des weiteren hier gemäß § 313 Abs. 2 S. 1 ZPO knapp zusammengefassten Sachund Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Inhalt der im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst in Bezug genommener Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
90Entscheidungsgründe:
91Die zulässige Klage ist unbegründet.
92Die Klage ist zulässig.
931)
94Der Kläger hat seinen Anspruch in der zuständigen Verfahrensart, nämlich im Urteilsverfahren anhängig gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist der Antrag des Auszubildenden auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses im Urteilsverfahren zu verfolgen, denn es handelt sich bei dem auf 78 a Abs. 2 BetrVG gestützten Anspruch des Kläger um eine individualrechtliche Streitigkeit im Rahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 b Abs. 5 i.V.m. §§ 46 ff ArbGG (BAG vom 29.11.1989 — 7 ARB 67/88, Rdnr. 30 in Juris mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtsprechung des BAG).
952)
96Für die Klage eines Auszubildenden auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses nach § 78 a Abs. 2 BetrVG ist ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO stets zu bejahen, wenn der Arbeitgeber, wie hier, einerseits die Begründung des Arbeitsver‑
97hältnisses aufgrund des VVeiterbeschäftigungsbegehrens des Auszubildenden leugnet, die nach § 78 a Abs. 4 BetrVG vorgesehenen Anträge jedoch nicht stellt (BAG vom 13.11.1997 — 7 AZR 246/87).
983)
99Das angerufene Arbeitsgericht Bielefeld ist nach § 29 ZPO zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig, da Erfüllungsort der Rechte und Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis ausweislich des Berufsausbildungsvertrages das "
100ist.
101Die Klage ist jedoch unbegründet.
1021.
103Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis aus § 78 a Abs. 2 BetrVG. Die Vorschrift des § 78 a Abs. 2 BetrVG kommt in dem Betrieb, in dem der Kläger
104als Auszubildendenvertreter gewählt worden ist, nämlich der , nicht zurAnwendung. Denn die Auszubildendenvertretung in der
105ist keine Jugend- und Auszubildendenvertretung nach den §§ 60 ff BetrVG.
106Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 24.08.2004 — 1 ABR 28/03 darauf
107erkannt, dass die im Betrieb — gebildete Konzern- Auszubildendenvertretungnicht nach den Vorschriften des BetrVG errichtet wurde. Sie sei vielmehr eine von den Tarifsvertragsparteien eingerichtete Interessenvertretung von Auszubildenden. Für die beim beschäftigten Auszubildenden sei eine JAV von Gesetzes wegen nicht zu errichten .
108Ausweislich der Präambel des Tarifvertrages 122 handelt es sich beim um eine „Qualifi‑zierungsorganisationseinheit", das heißt um einen Betrieb, dessen ausschließlicher Zweck die Durchführung der Berufsausbildung für andere Betriebe sei. Die in einem solchen Betrieb beschäftigten Auszubildenden nähmen nicht an der Verwirklichung des arbeitstechnischen Betriebszwecks teil. Dieser bestehe gerade in ihrer Ausbildung. Die Auszubildenden gehörten nicht zu dessen Belegschaft und seien somit keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebes gemäß § 5 Abs. 1 BetrVG (unter Verweis auf BAG vom 12.09.1996 — 7 ABR 160/95, vom 26.01.1994 7 ARB 13/92 und vom 21.07.1993 — 7 ABR 35/92). Die Auszubildenden hätten kein Wahlrecht zum Betriebsrat und zu einer Jugend- und Auszubildendenvertretung und würden von diesen Gremien nicht vertreten. Sie könnten allenfalls nach § 18 a Abs. 1 BBiG eine ,,besondere Interessenvertretung" wählen; an der dafür nach § 18 b BBiG erforderlichen Rechtsverordnung fehle es jedoch noch.
109Das verliere seinen Charakter als reiner Ausbildungsbetrieb auch nicht dadurch, dass
110dort nicht nur Berufsausbildung im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG, sondern auch berufliche Fortbildung im Sinne des § 1 Abs. 3 BBiG betrieben werde.
111Der Tarifvertrag 122 greife damit nicht in gesetzliche Organisationsstrukturen und Befugnisse von Vertretungsregeln ein, sondern schaffen in einem gesetzlich ungeregelten Bereich eigene Vertretungsstrukturen und Kompetenzen. Dies sei durch Artikel 9 Abs. 3 GG, § 3 Abs. 2 TVG gedeckt und werde von § 18 a Abs. 2 zweite Alternative BBiG als Möglichkeit vorausgesetzt. In Tarifverträgen könnten auf die Betriebsverfassung bezogene Beteiligungsrechte geschaffen werden, die im Gesetz nicht vorgesehen seien. Dies erkläre auch, dass der Tarifvertrag 122 reine Auszubildendenvertretungen und nicht - wie das BetrVG - Jugend- und Auszubildendenvertretungen vorsehe. Auch seien diese Vertretungen unterhalb der Ebene des Betriebs auf dem Niveau der örtlichen Berufsbildungsstellen errichtet, obwohl
112es für den Betriebsrat des ' bei der Betriebsebene verbleibe. Schließlich teilten § 3 Abs.2, Abs. 3, § 7 Abs. 4 TV 122 die Kompetenzen zwischen Betriebsrat und Auszubildendenvertretung in einer vom BetrVG abweichenden Weise auf.
113In Tarifverträgen könnten auch betriebsverfassungsbezogene Beteiligungsrechte geschaffen werden, die im Gesetz nicht vorgesehen seien (mit weiteren Nachweisen auf die Entscheidung vom 18.08.1987 — 1 ABR 30/86 sowie im 10.02.1988 — 1 ABR 70/86). Dies gelte nicht nur für eine inhaltliche Erweiterung von gesetzlichen Beteiligungsrechten in der Arbeitnehmervertretung, sondern auch für die partielle Erstreckung des Betriebsverfassungsgesetztes auf Auszubildende in eigenständigen Ausbildungsbetrieben. Dabei hätten die Tarifvertragsparteien es in der Hand, die selbstgeschaffenen Auszubildendenvertretungen mit vom Betriebsverfassungsgesetz abweichenden materiellen und prozessualen Beteiligungsrechten auszustatten.
114Die an dieser Rechtsprechung verschiedentlich geäußerte Kritik, zuletzt die des LAG München vom 06.09.2006 - 9 TaBV 84/05 und die des LAG Bremen vom 23.05.2006 — 1 TaBV 20/05 - und vom 01.02.2006 — 2 TaBV 15/05 — teilt die erkennende Kammer nicht. Da sich der Kläger diese Kritik nicht zu eigen gemacht hat, besteht für die Kammer kein Anlass, hierauf näher einzugehen.
1152.
116Der Anspruch des Klägers auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis ergibt sich auch nicht aus
117§ 3 Abs. 4 des Tarifvertrages Mitbestimmung . Denn die in der Fassung dieses Tarifver‑
118Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 45 Abs. 2 ArbGG i.V. m. §§ 495 und 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Nach der letztgenannten Vorschrift, trägt derjenige die Kosten des Rechtstreits, der unterlegen ist. Dies ist im vorliegenden Fall der Kläger.
119Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Höhe des Streitwerts ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 42 Abs. 4 GKG. Nach dieser Vorschrift ist bei Streitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnis das für die Dauer eines Vierteljahres zu zahlende Arbeitsentgelt zugrunde zulegen. Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt dafür, welches Bruttomonatsentgelt der Kläger in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das er anstrebt, bezogen hätte. Sie hat deshalb auf die zuletzt bezogene Ausbildungsvergütung zurückgegriffen.
120Für den Weiterbeschäftigungsantrag hat die Kammer in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtssprechung der für die Streitwertfestsetzung zuständigen Fachkammer beim LAG mit zwei weiteren Bruttomonatsgehältern bewertet. Die Addition beider Streitwerte führt zum ausgeurteilten Gesamtstreitwert von 3760,00 EUR.
121Rechtsmittelbelehrunq
122Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Beruf u n g eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
123Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist * von einem Monat beim Landesarbeitsgericht Hamm in Hamm, Marker Allee 94 eingegangen sein. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
124Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
125Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzgig ,durchführt.
126* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.