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Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von Herrn C, Herrn F, Frau B und Frau P als „Servicekraft bis zu 2 Berufsjahren“ (Vergütung 6,50 EUR pro Stunde) wird ersetzt.
Gründe:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat zu Recht die Zustimmung zu der Eingruppierung der Arbeitnehmer C, F, B und P verweigert hat.
3Die Antragstellerin zu 1) (im folgenden: Arbeitgeberin) betreibt in C1 die sogenannten „traditionellen Häuser“, von denen nach der erfolgten Schließung des „D“ und des „N“ nur noch das „B1“ übrig geblieben ist.
4Die Antragstellerin zu 2) (im folgenden: Arbeitgeberin) betreibt das D1 am C1 Hauptbahnhof. Die Antragstellerinnen führen diese Lichtspielhäuser als gemeinsamen Betrieb. Betriebsleiterin ist Frau I. Im Dezember 1999 wurde für diesen gemeinsamen Betrieb der beiden Unternehmen ein Betriebsrat gewählt, dessen Vorsitzende Frau I1 ist. Stellvertretender Vorsitzender ist Herr B. Die Arbeitgeberinnen beschäftigen insgesamt ca. 80 Arbeitnehmer. Der Betriebsrat besteht somit aus fünf Mitgliedern. Die beiden Arbeitgeberinnen gehören zum Konzern der D1 AG. Die D1 AG war Mitglied des Arbeitgeberverbandes Dienstleistungsunternehmen e.V. (ar.di), welcher mit der Industriegewerkschaft Medien, Druck- und Papier, Publizistik und Kunst sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), die wiederum in der Vereinigen Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di) aufgegangen sind, verschiedene Tarifverträge abgeschlossen hat.
5Unter dem 31.01.2001 wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2001 ein Entgeltrahmentarifvertrag geschlossen. Dieser sieht u.a. als Berufsgruppe die „Servicekraft“ vor. Unter § 3 Ziffer 2 dieses Tarifvertrages ist geregelt:
6„Mitarbeiter; die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages auf der Grundlage des bisher für sie geltenden Tarifvertrages in einer der unter nachfolgender Ziffer I a - d) aufgeführten Berufsgruppen eingruppiert sind, haben das Recht, sich ab Inkrafttreten dieses Tarifvertrages dafür zu entscheiden, ob sie in der bisherigen Tarifsgruppe eingruppiert bleiben oder ob sie in die Tätigkeitsgruppe Servicekraft unter den in dieser Tätigkeitsgruppe festgelegten Bedingungen wechseln wollen (Wahlrecht des Mitarbeiters).“
7Unter dem 09.12.2002 wurde ein Entgelttarifvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2002 vereinbart (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dessen Ablichtung Blatt 32 ff. der Akte (Anlage AST 2) verwiesen).
8Im Juni 2003 kündigte die Arbeitgeberin die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband (ar.di) zum 31.12.2003.
9Der Entgeltrahmentarifvertrag wurde zum 31.12.2003 und der Entgelttarifvertrag zum 31.01.2004 von dem Arbeitgeberverband (ar.di) gekündigt.
10Für die Laufzeit vom 01.01.2003 bis zum 31.01.2004 galt im D1 eine vom 07.01.2003 datierende Vergütungstabelle (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf deren Ablichtung Blatt 64 der Akte (Anlage AG 3) verwiesen).
11Trotz der von ver.di seit September 2003 (zahlreich) durchgeführten (Warn-) Streiks kam es nicht zu dem von ver.di erstrebten Neuabschluss der gekündigten Tarifverträge. Nachdem ein neuer Abschluss der Tarifverträge wegen der erheblich unterschiedlichen Vorstellungen der Tarifvertragsparteien über den Inhalt der abzuschließenden Tarife nicht absehbar war, stellte die Arbeitgeberin Überlegungen zur Vergütungsstruktur nach Ablauf der in Rede stehenden Tarifverträge an. Sie holte insoweit auch rechtlichen Rat bei Herrn Rechtsanwalt T ein. Dieser empfahl vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.06.2002 - 1 AZR 290/01 - die tarifliche Vergütungsstruktur, bestehend aus Grundvergütung für die jeweiligen Berufs-, Tätigkeitsgruppen und Berufsjahre abhängigen Stufen nach Maßgabe des Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrages bzw. der Betriebsüblichkeit unverändert zu lassen und unter Wahrung dieser Vergütungsstruktur allein die Vergütungshöhe abzusenken. Rechtsanwalt T fasste diese Empfehlung in einem Schreiben vom 20.01.2004 an den Personalleiter der Arbeitgeberin, Herrn I2, zusammen, das dieser am selben Tag erhielt. Am Folgetag erhielt der Personalleiter außerdem eine Powerpoint-Zusammenfassung all dessen. Die Beklagte behauptet, auf der Grundlage des im Vorfeld des Schreibens vom 20.01.2004 vorbesprochenen, der gesammelten Erkenntnisse und Weichenstellungen sowie der Empfehlungen im Schreiben vom 20.01.2004, der nachfolgenden Powerpoint-Präsentation, ergänzender Telefonate mit Rechtsanwalt T und interner Rücksprachen habe der Personalleiter der Arbeitgeberin, Herr I2, beschlossen, der von Rechtsanwalt T empfohlenen Handlungsalternative zu folgen. So sei ab dem 01.02.2003 verfahren worden.
12Mit Schreiben vom 04.02.2004 unterrichtete der Personalleiter der Arbeitgeberin den GbR, den Wirtschaftsausschuss und die örtlichen Betriebsräte über „Neueinstellungen per 01.02.2004 - Vorgehensweise in den Filmtheatern“. In diesem Schreiben heißt es:
13„Folgende Regelungen gelten für Neuanstellungen ab dem 01.02.2004: Beschäftigtengruppen
14Es wird nicht mehr unterschieden zwischen den Bereichen Einlass; Gastro und Kasse, es werden ausschließlich Servicekräfte eingestellt.
15Berufsjahre/Eingruppierung
16Es gibt zukünftig keine Unterscheidung mehr hinsichtlich der Berufsjahre.
17Neue Stundenlöhne
18Die Servicemitarbeiter erhalten künftig 6,50 € brutto, die Filmvorführer 7,74 €. Dies sind jeweils- 12,3 %, ausgehend vom bisherigen tariflichen Einstiegslohn...“ (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieser Information der Personalabteilung Blatt 61 f. der Akte verwiesen).
19Dem Wirtschaftsausschuss wurde eine Tabelle der neuen Vergütungsstruktur als Excel- Tabelle datierend vom 02.07.2004 auf der Sitzung am 24.08.2004 in I3 ausgehändigt (wegen der Einzelheiten wird auf deren Ablichtung Blatt 63 der Akte verwiesen). Nach dieser Tabelle gibt es bei der Arbeitgeberin bei den Berufsgruppen nur noch die Filmvorführer und die Servicekräfte. Die Filmvorführer sind in „bis drei Jahre", „nach drei Jahren“ und „nach fünf Jahren“ aufgeschlüsselt, die Servicekräfte in „bis zwei Jahre“ und „nach zwei Jahren". Unter den bisherigen Berufsgruppen Kassierer und Einlass/Gastro steht jeweils „entfällt“. Neubeschäftigte in T1 und N1 erhalten eine höhere Vergütung als in anderen Betrieben der Arbeitgeberin. Dies war jedoch bereits auch zuvor so.
20Unter dem 24.05.2004 hörte die Antragstellerin zu 2) den Betriebsrat zu einer beabsichtigten Einstellung des Herrn C an. In dem Anhörungsbogen heißt es:
21„Zur Einstellung vorgesehen im Bereich: Service...
22Eingmppierung, Stundenlohn: Servicemitarbeiter 6,50 €/Stunde“
23(Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Schreibens Blatt 35 der Akte verwiesen.)
24Einen gleichlautenden Unterrichtungsbogen betreffend die Einstellung des Arbeitnehmers F erhielt der Betriebsrat unter dem gleichen Datum (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dessen Ablichtung Blatt 36 der Akte verwiesen).
25Ausweislich des Protokolls des Betriebsrats vom 01.06.2004 hat dieser unter dem TOP 9 „personelle Entscheidungen“ beschlossen, jeweils zur Einstellung des Herrn C und des Herrn F zuzustimmen und jeweils die beabsichtigten Eingruppierung abzulehnen (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtungen des Sitzungsprotokolls Blatt 82 verwiesen).
26Unter dem 01.06.2004 erklärte der Betriebsrat, er stimme der Einstellung der Herren F und C zu, widerspreche aber der beabsichtigten Eingruppierung nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG. In dem Schreiben heißt es weiter:
27„Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass die betroffenen Arbeitnehmer unzumutbar benachteiligt werden im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG. Sowohl Herr F als auch Herr C sollen im Bereich Service die gleichen Tätigkeiten ausführen wie ihre Kolleginnen und Kollegen, dies jedoch für eine deutliche geringeren Vergütung. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, auch allgemein bei der Aufstellung von neuen Entlohnungsgrundsätzen. Aufgrund des Fehlen eines gültigen Tarifvertrages müssen, zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats, neue Entlohnungsgrundsätze mit dem Betriebsrat verhandelt werden, dies ist bisher nicht geschehen...“ (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Schreibens Blatt 39 der Akte verwiesen.)
28Mit Schreiben vom 14.06.2004 wandte sich der Gesamtbetriebsrat an die Geschäftsleitung. Dort heißt es u.a.: „Im Zusammenhang mit den derzeit vorgenommenen Einstellungen in den KinoBetriebsstätten wurde gegenüber dem Betriebsrat D1 in C1 in einem Schriftverkehr und in mündlichen Gesprächen durch ihre Seite wiederholt festgestellt, dass sie hinsichtlich der innerbetrieblichen Vergütungsstrukturen eine Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 und § 50 Abs. 1 BetrVG konstatieren können. Der Gesamtbetriebsrat macht hiermit die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und § 50 Abs. 1 BetrVG hinsichtlich der innerbetrieblichen Vergütungsstrukturen in den durch den Gesamtbetriebsrat vertretenen Betriebsstätten geltend. Wir fordern sie hiermit auf, gegenüber dem Gesamtbetriebsrat die Verhandlungen bis zum 21.06.2004 schriftlich zu erklären.“ (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Schreibens Blatt 11 der Akte 4 BV 64/04 verwiesen). Die Arbeitgeberin hat die ihr gesetzte Frist verstreichen lassen, ohne dass der Gesamtbetriebsrat sein Begehren danach weiter verfolgt hat.
29Unter dem 19.07.2004 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat Bielefeld zur beabsichtigten Einstellung von Frau B an (Ablichtung Blatt 37 der Akte). Ausweislich des Betriebsratsprotokolls vom 26.07.2004 hat der Betriebsrat unter Tagesordnungspunkt 13 „personelle Entscheidungen“ der Einstellung von Frau B zugestimmt und die beabsichtigte Eingruppierung abgelehnt (Bl. 88).
30Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Eingruppierung von Frau B mit Schreiben vom 26.07.2004 (Ablichtung Blatt 36 in der Akte 4 BV 64/04) widersprochen.
31Unter dem 16.08.2004 hat die Antragstellerin zu 2) den Betriebsrat über die beabsichtigte Einstellung von Frau P unterrichtet (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Schreibens Blatt 38 der Akte verwiesen). Ausweislich des Sitzungsprotokolls des Betriebsrats vom 23.08.2004 hat der Betriebsrat unter dem Tagesordnungspunkt 10/9 beschlossen, der beabsichtigten Einstellung von Frau P zuzustimmen und der beabsichtigten Eingruppierung zu widersprechen (Bl. 91).
32Unter dem 23.08.2004 hat der Betriebsrat der beabsichtigten Eingruppierung der Arbeitnehmerin P widersprochen. Der Wortlaut ist weitgehend mit dem des vom Schreiben vom 01.06.2004 identisch (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung Blatt 40 der Akte verwiesen).
33Unter dem 16.08.2004 hat der Betriebsrat ein Beschlussverfahren eingeleitet, in dem den Arbeitgeberinnen aufgegeben werden sollte, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Herren C in die Tarifstufe Servicemitarbeiter mit einem Stundenlohn von 6,50 € einzuholen und bei Verweigerung der Zustimmung ein arbeitsgerichtliches Zustimmungsverfahren durchzuführen. Der gleichlautende Antrag wurde auch bezüglich des Arbeitnehmers F geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 17.09.2004 hat der Betriebsrat bezüglich der Arbeitnehmerinnen B und T2 gleichlautende Anträge anhängig gemacht. Mit Schriftsatz vom 11.10.2004 hatte der Betriebsrat bezüglich der Arbeitnehmerin P einen gleichlautenden Antrag gestellt.
34Mit Antragsschrift vom 26.04.2005, beim erkennenden Gericht am gleichen Tag per Fax eingegangen, hat die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
35Der Vorsitzende der 4. Kammer hat das Verfahren 4 BV 64/04 am 07.07.2005 wegen Erledigung in der Hauptsache nach entsprechenden Erklärungen beider Beteiligten eingestellt.
36Die Arbeitgeberinnen meinen, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung sei zu ersetzen. Die von dem Betriebsrat in Anspruch genommenen Zustimmungsverweigerungsgründe
37- unzumutbare Benachteiligung für die neu eingestellten Mitarbeiter und
38- Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG
39lägen nicht vor.
40Die Arbeitgeberinnen beantragen,
41die Zustimmung des zu 3. beteiligten Betriebsrats zur Eingruppierung von Herrn C, Herrn F, Frau B und Frau P als „Servicekraft bis zu 2 Berufsjahren“ (Vergütung: EUR 6,50 pro Stunde) zu ersetzen.
42Der Betriebsrat bittet darum,
43den Antrag zurückzuweisen.
44Der Betriebsrat meint, es habe ab dem 01.02.2004 eine Veränderung der Vergütungsstruktur stattgefunden. Er verweist auf das Schreiben der Arbeitgeberin vom 04.02.2004, wonach zukünftig ausschließlich Servicekräfte eingestellt werden und entsprechend in der Excel- Tabelle „Neue Vergütungsstruktur ab dem 01.02.2004“ künftig keine eigenen Entgeltgruppen Kassierer und Einlass/Gastro mehr bestehen. Da die hierzu notwendige Zustimmung des Betriebsrats nicht eingeholt worden sei, sei diese neue Vergütungsstruktur unwirksam. Damit seien die vom Betriebsrat eingelegten Widersprüche gegen die Eingruppierung der hier streitbefangenen Arbeitnehmer auch begründet.
45Die Arbeitgeberinnen haben darauf erwidert, sie hätten entschieden, ab dem 01.02.2004 nur noch Servicekräfte einzustellen. Wie sich aus dem Entgeltrahmentarifvertrag ergäbe, seien Mitarbeiter in den Berufsgruppen Kassierer/Einlasskontrolleure/Platzanweiser/Verkäufer nur in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich einsetzbar. Dagegen könnten Servicekräfte in allen drei kinospezifischen Tätigkeitsbereichen eingesetzt werden und böten somit für die Arbeitgeberin eine deutlich größere flexible Einsatzmöglichkeit als die vorgenannten drei Berufsgruppen. Die Beschreibung der Vergütung dieser drei Berufsgruppen mit dem Wort „entfällt“ bedeute nicht, dass in diesen Bereichen Arbeitnehmer eingestellt würden, denen keine Vergütung gezahlt werden solle. Der Kommentar „entfällt“ spiegele lediglich wieder, dass aufgrund der Entscheidung, zukünftig nur noch Servicekräfte einzustellen, keine betriebliche Notwendigkeit mehr bestand, die (im übrigen wie in der Antragsschrift dargestellt proportional abgesenkten) Vergütungen für Neueinstellungen in diesen Bereichen auch extra auszuweisen.
46Wegen des weiteren hier gemäß § 313 Abs. 2 S.1 ZPO knapp zusammengefassten Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Inhalt der im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst in Bezug genommener Anlagen sowie der Sitzungsniederschriften verwiesen.
47Zwischen den Beteiligten ist ein weiteres Beschlussverfahren vor der 4. Kammer des erkennenden Gerichts anhängig, in dem es um Sonderzahlungen für den Monat November 2004 geht, 4 BV 74/05.
48II.
49Die Arbeitgeberinnen können die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer C, F, B und P in die Vergütungsgruppe „Servicekraft bis zu 2 Berufsjahre“ (Vergütung: 6,50 € pro Stunde) verlangen.
50A
51Der Antrag der Arbeitgeberinnen ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die zutreffende Eingruppierung der vier vorgenannten Arbeitnehmer nach § 99 BetrVG streitig.
52Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis des Arbeitgebers und des Betriebsrats ergibt sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Die betroffenen Mitarbeiter waren im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - 1 ABR 49/81).
53Nach Ansicht der Kammer sind beide Arbeitgeberinnen im vorliegenden Beschlussverfahren antrags- und beteiligungsbefugt. Soweit ersichtlich, handelt es sich zwar lediglich um Eingruppierungen, die Vertragsarbeitnehmer der Antragstellerin zu 2) betreffen. Beide Arbeitgeberinnen führen in C1 jedoch einen gemeinsamen Betrieb, in dem sie bis zum 01.02.2004 gemeinsam die Tarifverträge anwandten und nach dem 01.02.2004 die von der Personalabteilung der D1 AG erarbeitete „Neue Vergütungsstruktur“.
54B
55Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberinnen gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist begründet.
56Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur begehrten Eingruppierung der vier Arbeitnehmer zu Unrecht verweigert.
571)
58Die Arbeitgeberinnen bedurften im vorliegenden Fall der Zustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten Eingruppierung der vier im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer.
59Die Voraussetzungen, unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entsteht, sind erfüllt. Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrats zu einer geplanten Eingruppierung oder Umgruppierung einzuholen. Im Betrieb der Arbeitgeberinnen sind mehr als 20 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Bei der geplanten Maßnahme handelt es sich auch um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich nämlich nicht nur auf die Bestimmung der jeweiligen Vergütungsgruppe, sondern auch auf die dazu gehörigen Fallgruppen oder Stufenregelungen wie hier die Beschäftigungsjahre (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 in: AP Nr. 101 zu § 99 BetrVG 1972).
60Die Festlegung der für die vorgenannten Arbeitnehmer zutreffenden Gehaltsstaffel betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und beeinflusst die Höhe der jeweiligen Vergütung. Dabei hat der Betriebsrat zwar kein Mitgestaltungsrecht, jedoch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 a.a.O.).
612.)
62Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren auch ordnungsgemäß eingeleitet.
63Bei dem jeweiligen Anhörungsschreiben an den Betriebsrat handelt es sich zwar ausweislich der Überschrift lediglich um eine „Unterrichtung über beabsichtigte Einstellung § 99 BetrVG“. In dem Anhörungsbogen sind jedoch auch die „Eingruppierung“ sowie der „Stundenlohn“ mitgeteilt. Das jeweilige Anhörungsschreiben enthält somit die für den Betriebsrat erforderlichen Informationen bezogen auf die Tätigkeit des entsprechenden Arbeitnehmers sowie die Auffassung des Arbeitgebers, welche Gehaltsgruppe und welcher Stundenlohn hieraus folgt.
64Dies musste der Betriebsrat zwar nicht unbedingt auch als Anhörung zur beabsichtigten Eingruppierung verstehen. Der Betriebsrat hat das entsprechende Unterrichtungsschreiben jedoch als Unterrichtung über die beabsichtigte Eingruppierung verstanden. Er hat zwar in dem Verfahren 4 BV 64/04 bezüglich der betreffenden vier Arbeitnehmer beantragt, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in die Tarifstufe Servicemitarbeiter zu einem Stundenlohn von 6,50 € einzuholen. Er hat jedoch ebenso wie die Arbeitgeberinnen nach Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens jenes Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen hat der Betriebsrat ausweislich seiner Protokolle selbst das jeweilige Unterrichtungsschreiben sowohl als Unterrichtung über die beabsichtigte Einstellung nach § 99 BetrVG aufgefasst, der jeweils zugestimmt wurde, darüber hinaus als Unterrichtung über die beabsichtigte Eingruppierung in eben die Tarifstufe Servicemitarbeiter zu einem Stundenlohn von 6,50 €.
653.)
66Die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung des jeweiligen Arbeitnehmers gilt auch nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Die Zustimmungsverweigerungen mit Schreiben vom 01.06.2004, vom 26.07.2004 und vom 16.08.2004 sind jeweils form- und fristgerecht erfolgt, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Bereits im Verfahren 4 BV 64/04 haben die Beteiligten geklärt, dass insbesondere die Zustimmungsverweigerung vom 01.06.2004 wegen des Feiertages, 31.05.2004, Pfingstmontag, fristgerecht war.
67Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung auch hinreichend begründet. Er hat die Auffassung vertreten, dass der jeweils betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe gerechtfertigt ist, § 99 Abs. 2 Ziffer 4 BetrVG.
68Dagegen ist der Verweis des Betriebsrats auf § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG der Kammer nicht nachvollziehbar. Soweit der Betriebsrat auf § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG verweist und ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie der Aufstellung von neuen Entlohnungsgrundsätzen reklamiert, könnte es sich zudem um eine Zustimmungsverweigerung unter Berufung auf § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG handeln. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG ist immer dann zu prüfen, wenn der Betriebsrat - wie hier - geltend macht, die vorgesehene Eingruppierung entspreche nicht den im Tarifvertrag vorgesehenen Tätigkeitsmerkmalen (BAG, Beschluss vom 01.01.1986 in: AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972).
69a.
70Die von den Arbeitgeberinnen geplante Eingruppierung der vier streitbefangenen Arbeitnehmer in die Tarifstufe Servicemitarbeiter zu einem Stundenlohn von 6,50 € ist nicht gesetzwidrig, § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.
71Die von den Arbeitgeberinnen für die nach dem 01.02.2004 einseitig festgesetzte neue Entlohnungshöhe ist zwar deutlich geringer als die Entlohnung der bisher im Betrieb der Arbeitgeberinnen beschäftigten Arbeitnehmer. Die von den Arbeitgeberinnen gewählte Vergütungshöhe 12,28 % unter dem bisherigen Tariflohn verstößt jedoch nicht gegen das Gesetz.
72Der Stundenlohn von 6,50 € verstößt weder gegen den strafrechtlichen Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB noch gegen die guten Sitten, § 138 BGB. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, dass sowohl der spezielle Straftatbestand als auch der zivilrechtliche Lohnwucher nach § 138 Abs. 1 BGB und das wucherähnliche Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB voraussetzen, liegt nicht vor.
73Nach der Rechtssprechung ist bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, der Wert der Leistung des Arbeitnehmers nach ihrem objektiven Wert zu beurteilen. Ausgangspunkt zur Feststellung des Werts der Arbeitsleistung sind dabei in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweiges. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Denn dann kann man davon ausgehen, dass Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nur zu den Tarifsätzen gewonnen werden können. Das Bundesarbeitsgericht hat bisher keine Richtwerte zur Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung entwickelt (vgl. dazu zuletzt BAG vom 24.03.2004 - 5 AZR 303/03 m.w. N. in Rd.Nr. 39). Nach Ansicht der Kammer stellt ein Unterschreiten des Tariflohnes von 12,28 % noch kein auffälliges Verhältnis zwischen der Leistung des neu eingestellten Arbeitnehmers und der Vergütung durch die Arbeitgeberinnen dar. Dies hat der Betriebsrat letztlich auch nicht ausdrücklich behauptet.
74b.
75Die von den Arbeitgeberinnen geplante Eingruppierung der vier streitbefangenen Arbeitnehmer in die Tarifstufe Servicemitarbeiter zu einem Stundenlohn von 6,50 € ist auch nicht tarifwidrig, § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.
76Nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG hat der Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. Mitbestimmungsfrei ist dagegen die absolute Höhe der Vergütung.
77Die zum 01.02.2004 betrieblich umgesetzte Entscheidung der Arbeitgeberinnen betrifft entgegen der Auffassung des Betriebsrats nur die mitbestimmungsfreie Festsetzung der absoluten Höhe der Vergütung der vier in den Anträgen genannten neu eingestellten Arbeitnehmer.
78Die Arbeitgeberinnen haben unter Beibehaltung der bisherigen Vergütungsordnung lediglich die absolute Höhe der Vergütung für die nach dem 01.02.2004 eingestellten Arbeitnehmer um minus 12,28 % gesenkt. Damit wurde ein neuer - mitbestimmungspflichtiger - Entlohnungsgrundsatz nicht im Betrieb eingeführt. Die Arbeitgeberinnen haben insbesondere nicht durch die Aufgabe der Vergütungsdifferenzierung nach Betriebszugehörigkeitsstufen einseitig in die Struktur der bestehenden Vergütungsordnung eingegriffen.
79aa.)
80Die von der Beklagten ab dem 01.02.2004 angewandte „Neue Vergütungsstruktur“ stellt keine Änderung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze dar. Auch die im Zeitraum 01.01.2003 bis 31.01.2004 angewandte Vergütungstabelle für das „D1 in C1“ sah bereits Servicekräfte vor, die bei einem Stundenlohn von 7,41 € auf eine monatliche Grundvergütung von 1.253,00 € kamen. Daneben gab es Kassenkräfte, die bei 7,23 € auf eine monatliche Grundvergütung von 1.222,00 € kamen, Thekenkräfte/Gastro, die bei einem Stundenlohn von 7,18 € auf 1.214,00 € monatlich und Kräfte für Einlass/Platzanweisung, die bei einem > Stundenlohn von 7,18 € auf 1.214,00 € monatlich kamen.
81Allein der Umstand, dass die Arbeitgeberinnen ab dem 01.02.2004 neu einzustellende Arbeitnehmer als Servicekräfte (einsetzbar in sämtlichen drei vorgenannten Bereichen) mit einer etwas höheren Vergütung hinstellen, als bisher Kräfte für Kasse/Counter, für Einlass/Platzanweisung sowie für Theke/Gastro führt nicht dazu, dass die Arbeitgeberinnen einen neuen Entlohnungsgrundsatz anwenden. Die schlichte Nichteinstellung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeitsfelder/Vergütungsgruppen führt nicht dazu, dass damit die Entlohnungsgrundsätze in den übrigen weiter existierenden Vergütungsgruppen „Servicekräfte'' sowie „Filmvorführer“ geändert werden.
bb.)
83Auch aus den Schreiben des Personalleiters der Arbeitgeberinnen vom 04.02.2004 bezüglich des ersten Punktes „Beschäftigtengruppen“ ergibt sich nach Ansicht der Kammer kein neuer Entlohnungsgrundsatz für die Zeit ab dem 01.02.2004.
84Dem Betriebsrat ist zuzugeben, dass es irritiert, wenn es in dem eben erwähnten Schreiben dann weiter heißt, dass es zukünftig keine Unterscheidung mehr hinsichtlich der Berufsjahre gibt. Der Kammer ist es auch nicht gelungen, diesen Punkt in der mündlichen Verhandlung vom 02.11.2005 zur Zufriedenheit der Kammer aufzuklären. Die unbefriedigenden Einlassungen der Arbeitgeberinnen zu diesem Punkt können jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass in den übrigen im Betrieb kommunizierten Unterlagen, insbesondere in der „Neuen Vergütungsstruktur ab 01.02.2004“ auch für die „Neubeschäftigten ab dem 01.01.2004“ Vergütungserhöhungen nach zwei Jahren bei Servicekräften und nach drei bzw. fünf Jahren bei Filmvorführern vorgesehen sind. Die Kammer geht davon aus, dass sich die Arbeitgeberinnen an die „Neue Vergütungsstruktur ab 01.02.2004“ auch künftig in allen Punkten halten wird. Insoweit wird der Betriebsrat ggf. im Frühjahr 2006 nach Ablauf der ersten beiden Beschäftigungsjahre in einem etwaigen Beschwerdeverfahren vor dem LAG Hamm Gelegenheit haben, hierzu ergänzend vorzutragen.
85cc.)
86Schließlich haben die Arbeitgeberinnen auch durch die Zahlung einer höheren Vergütung an Neubeschäftigte in N1 und T1 keinen neuen Entlohnungsgrundsatz aufgestellt. Unstreitig haben Beschäftigte in N1 und T1 vor dem 01.02.2004 aus arbeitsmarktkritischen Gründen eine höhere Vergütung als die übrigen bei der D1 AG beschäftigten Arbeitnehmer erhalten.
87c.
88Die neueingestellten, im Antrag namentlich bezeichneten Arbeitnehmer, erleiden auch keinen sonstigen Nachteil, der nicht aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist, § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG. Der Verweis des Betriebsrats auf eine „unzumutbare Benachteiligung“ im Hinblick auf eine unterschiedliche Vergütung für gleiche Arbeit ist rechtlich unerheblich, denn auch dieser Umstand gibt dem Betriebsrat nicht das Recht, der beabsichtigten Eingruppierung nach dem § 99 Abs. 2 Ziffern 3 bzw. 4 BetrVG zu widersprechen.
89Zwar werden die neu eingestellten Arbeitnehmer im Vergleich zu den bis zum 31.1.2004 eingestellten Arbeitnehmern ungleich entlohnt.
90Stichtagsregelungen, die dazu führen, dass nach einem Stichtag neu eingestellte Arbeitnehmer weniger verdienen, als diejenigen Arbeitnehmer, die vor einem Stichtag eingestellt wurden, sind im Arbeitsleben jedoch nicht ungewöhnlich und verstoßen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG bzw. Artikel 3 Grundgesetz. Der Stichtag ist gerade ein sachlich rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen.
91Weil der Betriebsrat nach alledem die Zustimmung zur beantragten Eingruppierung zu Unrecht verweigert hat, war die verweigerte Zustimmung nach § 99 Abs. 4 BetrVG vom Arbeitsgericht zu ersetzen.
92Das vorliegende Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.
93§ 61 Abs.1 ArbGG gilt nur in Urteilsverfahren. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es daher nicht.