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1. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Versetzung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht mit der Begründung verweigern, im Stellenbesetzungsverfahren seien gesetzliche Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung nach §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 178 Abs. 2 SGB IX verletzt worden. 2. Vielmehr ist die Schwerbehindertenvertretung selbst mit den ihr gesetzlich gegebenen Mitteln in der Lage, ihre ordnungsgemäße Beteiligung sicherzustellen. Nutzt die Schwerbehindertenvertretung diese Rechte und Möglichkeiten nicht, ist es nicht Sache des Betriebsrats, mit der Begründung ihrer unzureichenden Beteiligung die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme zu verweigern, gegen die die Schwerbehindertenvertretung selbst überhaupt nicht vorgegangen ist. Eine solche Einmischung in die Organrechte der Schwerbehindertenvertretung widerspräche der gesetzlichen Aufgabenverteilung.
I.Auf die Beschwerden der Antragstellerin werden die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.02.2023 - Az.: 6 BV 189/22 - und vom 24.02.2023 - Az.: 7 BV 190/22 - jeweils teilweise abgeändert und die von dem Beteiligten zu 2 verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Versetzung der Arbeitnehmer A. und K. ersetzt.
II.Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz zuletzt (allein) noch über die Ersetzung der von dem zu Ziffer 2 beteiligten Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung der Mitarbeiter A. und K. auf die Stelle eines Betriebssanitäters (EB1 Sanitäter) in der EB1 Sanitätsstation.
4Die Antragstellerin ist ein Unternehmen im Bereich der Automobilzulieferindustrie und beschäftigt mehr als 900 Mitarbeiter. Beteiligter zu 2 ist der im Betrieb konstituierte, aus 15 Mitgliedern bestehende Betriebsrat (im Folgenden auch: "Betriebsrat").
5Die Antragstellerin schrieb vom 04.08.2022 bis 18.08.2022 zwei Stellen als "Betriebssanitäter" innerbetrieblich aus (Anlage AS1, Blatt 18 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22). Auf die Stelle bewarben sich fünf interne und ein externer Mitarbeiter, u.a. der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Mitarbeiter L.. Mit E-Mail vom 16.08.2022 um 08:21 Uhr (Anlage AS6, Blatt 45 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) schrieb die Antragstellerin an die Schwerbehindertenvertretung:
6"Guten Morgen, ich möchte Sie kurz darüber informieren, dass sich Herr L. (SB-gleichgestellt) auf die interne Stelle des Betriebssanitäters beworben hat und er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde."
7Vorher gab es keine Information der Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Herrn L. Dieser hatte sich schon im Juni 2022 initiativ auf die Stelle eines Betriebssanitäters beworben. Seine Bewerbung wurde von der Antragstellerin in dem Bewerbungsverfahren daher auch berücksichtigt. Nach ihrer Behauptung unter Verweis auf die Anlage AS8 (Blatt 176 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) fand dann am 16.08.2022 um 11 Uhr das Vorstellungsgespräch mit ihm statt, nach Behauptung des Beteiligten zu 2 hatte es bereits am 15.08.2022 stattgefunden. Unstreitig erfolgte seitens der Schwerbehindertenvertretung auf die Information vom 16.08.2022, 08:21 Uhr weder eine Rückmeldung noch nahm diese an dem Vorstellungsgespräch mit Herrn L. teil. Sie intervenierte allerdings auch nicht gegen die beiden beabsichtigten Versetzungen der Mitarbeiter K. und A., insbesondere nicht wegen einer Verletzung ihrer gesetzlichen Beteiligungsrechte.
8Die stellvertretende Schwerbehindertenvertreterin Frau V. - zugleich ordentliches Betriebsratsmitglied - wandte sich jedoch mit Email vom 22.08.2022 an die Antragstellerin, wegen deren Inhalts auf die Anlage AS9 (Blatt 178 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) Bezug genommen und die auszugsweise wörtlich wie folgt wiedergegeben wird:
9"[...] wie bereits am 14.01.2022 mitgeteilt, hat sich Herr L. aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen auf mehrere im Betrieb ausgeschriebene Stellen beworben (Versand/Labor/Sanitäter).
10[...]
11Seitdem sind mehr als 7 Monate ins Land gegangen, ohne dass hier eine Veränderung zu Gunsten von Herrn L. erfolgt ist. Auf Wunsch von Herrn L., möchte ich hiermit nochmals daran erinnern und bitte um kurzfristige Prüfung, welchen Arbeitsplatz die Arbeitgeberin Herrn L. anbieten kann. [...]
12Für Rückfragen stehen Herrn L. und die Schwerbehindertenvertretung (M. / D. V.) zur Verfügung."
13Unter dem 30.08.2022 (AS9, Blatt 177 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) wandte sich Frau V. dann an die Antragstellerin wie folgt:
14"[...] wie soeben telefonisch besprochen, habe ich Herrn L. mitgeteilt, dass er die Nachfolge von Herrn P. (Waage) antreten könnte, wenn dieser in den Ruhestand geht. Herr L. ist sehr interessiert und wird sich mit Dir in Verbindung setzen."
15Herr L. nahm seine Bewerbung zu einem späteren, nach Durchführung des vorliegenden Mitbestimmungsverfahrens liegenden Zeitpunkt zurück, da er in Absprache mit seinem Vorgesetzten in seiner bisherigen Abteilung einen geeigneten und wunschgemäßen Arbeitsplatz erhalten hatte.
16Die Antragstellerin entschied sich, die beiden Stellen als Betriebssanitäter mit den (internen) Bewerbern K. und A. zu besetzen und beantragte mit jeweiligem Anhörungsschreiben vom 23.08.2022, wegen dessen Inhalts nebst beigefügten Anlagen auf die Anlagen AS1 der erstinstanzlichen Verfahren 6 BV 189/22 (dort Blatt 8 ff. der Akte) und 7 BV 190/22 (dort Blatt 14 ff. der Akte) Bezug genommen wird, die Zustimmung zu den beabsichtigten Versetzungen von der Fertigkontrolle IML (Herr K.) bzw. von der Formanlage AMR (Herr A.) in die Abteilung EB1 Sanitätsstation auf den Arbeitsplatz als "EB1 Sanitäter / Arb. Medizin. Unterstützung (ERA Aufgabe Nr. 79)". In der Anhörung wurden die Sozialdaten der betroffenen Mitarbeiter mitgeteilt sowie die bisherige (EG 08 bzw. EG 10) und die vorgesehene Eingruppierung (EG 07) sowie die vorgesehene Arbeitszeit. Die Antragstellerin teilte dem Betriebsrat weiter mit, in welchem Zeitraum eine Ausschreibung der Stellen erfolgte, fügte die Ausschreibung sowie die Bewerbungsunterlagen nebst Notizen zu den Bewerbern bei, die von ihr namentlich in der Anhörung zusätzlich benannt wurden. Sie teilte unter Darlegung der Qualifikationen jeweils mit, dass und warum Herr K. bzw. Herr A. habe überzeugen können; Nachteile für die im Betrieb Beschäftigten seien nicht zu befürchten, was die Antragstellerin im Anhörungsschreiben näher begründete. Hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung verwies sie unter Angabe eines Links auf ein gemeinsames Serverlaufwerk, auf welches auch der Betriebsrat lesenden Zugriff hat.
17Mit auf den "29.03.2022" datierten Schreiben (Anlagen AS 2, BIatt 38 f. der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22 bzw. Blatt 32 f. der erstinstanzlichen Akte 6 BV 189/22), der Antragstellerin jeweils am 26.08.2022 zugegangen, teilte der Betriebsrat mit, dass er die Unterrichtung für unzureichend halte und daher die Wochenfrist nicht zu laufen begonnen habe. Zudem teilte er in beiden Schreiben gleichlautend mit, dass er seine Zustimmung zu den Versetzungen verweigere. Dies begründete er damit, dass die Arbeitgeberin ihm nicht mitgeteilt habe, wie die Stellen der beiden zur Versetzung anstehenden Mitarbeiter in den Bereichen IML bzw. AMR nachbesetzt würden. Ohne diese Informationen könne er mögliche Nachteile für andere Mitarbeiter oder die genannten Versetzungsbewerber nicht prüfen. Da die Auswirkung der Maßnahme nicht begründet worden sei, könne der Betriebsrat nicht prüfen, ob Gründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorlägen. Eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG liege nicht vor. Insbesondere fehlten bei allen vorhandenen Gefährdungsbeurteilungen die Belastungen aus § 5 Abs. 3 Ziffer 6 ArbSchG. Welche Gefährdungsbeurteilung für den hier relevanten Arbeitsplatz sein solle, könne der Betriebsrat auf dem Serverlaufwerk nicht erkennen. Die Vorlage der Gesprächsnotizen oder falls nicht vorhanden, einer Zusammenfassung der Vorstellungsgespräche werde gewünscht. Schließlich habe sich Herr L. auf die Stelle beworben. Dieser sei schwerbehindert. Es sei seitens der Arbeitgeberin versäumt worden, die Schwerbehindertenvertretung bei der Auswahl der Stellenbewerber hinzuzuziehen.
18Der Beschluss zu den beiden Zustimmungsverweigerungen wurde durch den Betriebsrat auf seiner Sitzung vom 25.08.2022 mit jeweils einer Mehrheit von 14 : 0 Stimmen bei einer Enthaltung gefasst (siehe Protokollauszug der Sitzung, Anlage AG 3 der erstinstanzlichen Akten 6 BV 189/22, dort Blatt 153 ff., sowie 7 BV 190/22, dort Blatt 142 ff.). Zu dieser Sitzung hatte der Betriebsratsvorsitzende E. am 24.08.2022 unter Mitteilung der entsprechenden Tagesordnungspunkte geladen (Anlagen AG 1 der erstinstanzlichen Akten 6 BV 189/22, dort Blatt 149 ff., sowie 7 BV 190/22, dort Blatt 138 ff.). Teilgenommen haben ausweislich der Teilnehmerliste (Anlage AG2, Blatt 141 der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) 15 Mitglieder des Betriebsrats sowie der JAV-Vertreter und Herr M. als Schwerbehindertenvertreter. Von den ordentlichen Betriebsratsmitgliedern waren verhindert wegen Tarifurlaubs der Betriebsratsvorsitzende E., wegen Seminarteilnahme das Betriebsratsmitglied N. und wegen Erkrankung das Betriebsratsmitglied R.. Sie wurden vertreten durch die Ersatzmitglieder Z., Y. und X.; wegen der Vertretungsreihenfolge und der Verhinderungsgründe vorrangiger Ersatzmitglieder wird auf die Angaben in der Teilnehmerliste Bezug genommen. Unter anderem ebenfalls anwesend war das ordentliche Betriebsratsmitglied Frau V., zugleich stellvertretende Schwerbehindertenvertreterin und Schriftführerin. Hinzugezogen wurde zur Unterstützung der Protokollführung die Betriebsratssekretärin Frau T. die kein Betriebsratsmitglied ist. Die Sitzung wurde geleitet und auch das Zustimmungsverweigerungsschreiben jeweils unterzeichnet von dem Betriebsratsmitglied F.. Grundlage hierfür war aufgrund der Verhinderung sowohl des Betriebsratsvorsitzenden als auch seines Stellvertreters die Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 11.05.2022, die unter § 6 Ziffer 1 zum "Ablauf der Sitzungen" regelt, dass die Sitzung von dem/der Vorsitzenden, im Falle seiner/ihrer Verhinderung von der Stellvertretung geleitet wird und dass, wenn beide verhindert sind, sich die weitere Rangfolge aus der Anlage 1 ergibt. Diese wiederum, fest verbunden mit der Geschäftsordnung und ebenso wie diese unterzeichnet von dem Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Betriebsratsmitglied, sieht im Vertretungsfall wegen Verhinderung von Vorsitzendem und Stellvertreter das Betriebsratsmitglied F. an Nr. 1 als Vertreter vor. Ausweislich des Protokollauszugs der Sitzung vom 25.08.2022 wurde eingangs der Sitzung zudem mit 15 : 0 Stimmen der rechtzeitige Zugang der Einladung zur Sitzung unter Mitteilung der Tagesordnung festgestellt und der Tagesordnung zugestimmt.
19Mit Schreiben vom 31.08.2022 (Anlage AS 3, BIatt 40 ff. der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22 sowie Blatt 34 ff. der erstinstanzlichen Akte 6 BV 189/22) nahm die Antragstellerin bzgl. beider beabsichtigten Versetzungen eine "Ergänzende Anhörung des Betriebsrats [...] gem. § 99 BetrVG sowie Mitteilung nach § 100 BetrVG" vor. Hierbei erklärte die Antragstellerin unter dem Gliederungspunkt "Ergänzende Anhörung" zu beiden Personalmaßnahmen insoweit gleichlautend, dass es in dem Bereich IML bzw. AMR zu keinen negativen Auswirkungen komme, da die Stellen nachbesetzt würden. Zu dem Einwand fehlender Notizen wies sie darauf hin, nicht verpflichtet zu sein, Unterlagen zu erstellen, die sie selbst nicht angefertigt habe. Zur Bewerbung von Herrn L. wies sie auf eine Information der Schwerbehindertenvertretung am 16.08.2022 hin sowie auf eine anderweitige Bewerbung von Herrn L. auf eine andere Position im Betrieb. Zur Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung verwies sie darauf, dass diese dem Betriebsrat hinreichend bekannt sei, übermittelte aber "unabhängig davon" den genauen Pfad als Link. Darüber hinaus erfolgten Ausführungen zur Begründung der beabsichtigten vorläufigen Durchführung der Versetzungen.
20Hierauf antwortete der Betriebsrat mit Schreiben vom 02.09.2022 in beiden Verfahren, der Antragstellerin jeweils zugegangen am selben Tage, dass bestritten werde, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei.
21Mit jeweils am 05.09.2022 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Antrag in den Verfahren 6 BV 189/22 (A.) und 7 BV 190/22 (K.) hat die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass die Zustimmung zur Versetzung des jeweiligen Arbeitnehmers als erteilt gilt, hilfsweise hat sie deren Ersetzung beantragt und zudem die Feststellung beantragt, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Sie hat die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zu den Zustimmungsverweigerungen bestritten und die Ansicht vertreten, ihrerseits wiederum aber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet zu haben. Die Schreiben des Betriebsrats vom "29.03.2022" sowie vom 02.09.2022 entsprächen nicht den gesetzlichen Formerfordernissen zur Erhebung eines Widerspruchs. Jedenfalls sei die Zustimmung zu den Versetzungen zu ersetzen. Die vom Betriebsrat geltend gemachten Widerspruchsgründe lägen nicht vor. Die Schwerbehindertenvertretung sei vor dem Vorstellungsgespräch informiert worden. Sie habe sich - unstreitig - auf die E-Mail nicht zurückgemeldet. Zudem habe sich die Schwerbehindertenvertretung bereits seit Januar 2022 mit Bewerbungen von Herrn L. beschäftigt. Darüber hinaus sei die Schwerbehindertenvertretung bei den hier gegenständlichen Betriebsratsbeschlüssen in ihrer Funktion als Betriebsratsmitglied involviert gewesen. Schließlich begründe ein Verstoß gegen § 164 SGB IX kein Zustimmungsverweigerungsrecht bei Versetzungen. Die vorläufige Durchführung der Versetzungen sei schließlich auch aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen.
22Die Antragstellerin hat erstinstanzlich im Verfahren 6 BV 189/22 beantragt,
231.festzustellen, dass die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zu der beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers A. als erteilt gilt;
242.hilfsweise,
25a)die von dem Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers A. zu ersetzen;
26b)festzustellen, dass die am 01.09.2022 vorläufig durchgeführte Versetzung des Arbeitnehmers A. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
27Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,
28die Anträge abzuweisen.
29Ferner hat er beantragt,
301.der Antragstellerin aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers A. auf den Arbeitsplatz EB1 Sanitäter/ Arb. Medizin. Unterstützung aufzuheben;
312.der Antragstellerin bei Meidung eines Zwangsgeldes in Höhe von bis zu 250,00 € für jeden Tag der Zuwiderhandlung aufzugeben, die Versetzung bis spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses aufzuheben.
32Die Antragstellerin hat beantragt,
33die Wideranträge abzuweisen.
34Die Antragstellerin hat erstinstanzlich im Verfahren 7 BV 190/22 beantragt,
351.festzustellen, dass die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zu der beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers K. als erteilt gilt;
362.hilfsweise,
37a)die von dem Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers K. zu ersetzen;
38b)festzustellen, dass die am 01.09.2022 vorläufig durchgeführte Versetzung des Arbeitnehmers K. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
39Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,
40die Anträge abzuweisen.
41Ferner hat er beantragt,
421.der Antragstellerin aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers K. auf den Arbeitsplatz EB1 Sanitäter/ Arb. Medizin. Unterstützung aufzuheben;
432.der Antragstellerin bei Meidung eines Zwangsgeldes in Höhe von bis zu 250,00 € für jeden Tag der Zuwiderhandlung aufzugeben, die Versetzung bis spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses aufzuheben.
44Die Antragstellerin hat beantragt,
45die Wideranträge abzuweisen.
46Der Beteiligte zu 2 hat in beiden erstinstanzlich geführten Verfahren übereinstimmend behauptet, die Beschlussfassungen zu den Zustimmungsverweigerungen seien in der Betriebsratssitzung am 25.08.2022 ordnungsgemäß zustande gekommen. Weiter hat er die Ansicht vertreten, der Lauf der Frist nach § 99 Abs. 1 BetrVG habe aufgrund unzureichender Unterrichtung nicht begonnen. Er sei nicht über die Auswirkungen der geplanten Versetzungen informiert worden. Ihm sei zudem nicht die ERA Arbeitsaufgabenbeschreibung für den bisherigen und den neuen Arbeitsplatz vorgelegt worden. Die Beschreibung und Bewertung der Arbeitsaufgaben seien gemäß der Betriebsvereinbarung vom 01.09.2005 vorzunehmen, wegen deren Inhalts auf die Anlage AG 7 (Blatt 150 ff. der erstinstanzlichen Akte 7 BV 190/22) verwiesen wird. Jedenfalls habe der Betriebsrat die Zustimmung zu den Versetzungen zu Recht verweigert. Es bestehe ein Verweigerungsgrund nach§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die Antragstellerin habe die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt. Zum einen habe sie gegen § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX verstoßen. Die Schwerbehindertenvertretung sei nicht unmittelbar nach Eingang der Bewerbung von Herrn L. über diese unterrichtet worden. Zum anderen sei die Schwerbehindertenvertretung erst einen Tag nach dem erfolgten Bewerbungsgespräch von der Bewerbung unterrichtet worden. Auch sei die Schwerbehindertenvertretung nicht, wie nach § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX vorgesehen, im gesamten Bewerbungsverfahren beteiligt worden. Sie sei - insoweit unstreitig - nicht über die Termine der Bewerbungsgespräche unterrichtet worden und habe an keinem Bewerbungsgespräch teilgenommen. Schließlich sei die vorläufige Durchführung der Maßnahmen auch nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen.
47Mit Beschlüssen vom 22.02.2023 - 6 BV 189/22 - bzw. vom 24.02.2023 - 7 BV 190/22 - hat das Arbeitsgericht Düsseldorf jeweils festgestellt, dass die vorläufig durchgeführten Versetzungen der Mitarbeiter A. und K. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren und die Anträge und Wideranträge im Übrigen zurückgewiesen.
48Soweit hier noch von Interesse hat das Arbeitsgericht in beiden Verfahren zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Wideranträge seien unzulässig. Die Anträge der Antragstellerin seien zwar zulässig, aber nur teilweise, nämlich hinsichtlich der vorläufigen Durchführung der Maßnahmen nach § 100 BetrVG begründet. Die Zustimmung zu den Versetzungen gelte hingegen weder bereits als erteilt noch sei sie zu ersetzen. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Versetzungen gelte nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, da der Betriebsrat die Verweigerung seiner Zustimmung unter Angabe von Gründen innerhalb der Frist nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG mitgeteilt habe. Eine erneute Zustimmungsverweigerung nach der erfolgten ergänzenden Anhörung sei nicht erforderlich gewesen. Der Betriebsrat habe mit Schreiben vom "29.03.2022", zugegangen am 26.08.2022, seine Zustimmungen verweigert. Dieser Zustimmungsverweigerung habe ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vom 25.08.2022 zugrunde gelegen. Insoweit habe der Betriebsrat die Einladung zur Betriebsratssitzung einschließlich Tagesordnung sowie die Anwesenheitsliste und das Protokoll zur Akte gereicht. Ausweislich des Protokolls sei der Betriebsrat beschlussfähig gewesen. Der Zustimmungsverweigerungsbeschluss sei mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung gefasst worden; Unwirksamkeitsgründe seien nicht ersichtlich. Es sei nicht erforderlich, dass der Wortlaut des zur Abstimmung gestellten Beschlussvorschlags dem Protokoll zu entnehmen sei. Ausweislich der Formulierung im Protokoll bestehe keinerlei Zweifel, dass die Zustimmung zur Versetzung nach dem Beschluss des Betriebsrats nicht erteilt werden sollte. Die Maßnahme sei zuvor als Versetzung des Herrn K. bzw. des Herrn A. auf die Stelle als Sanitäter beschrieben worden. Die dargelegten Widerspruchsgründe ließen sich auch ohne Weiteres jedenfalls unter § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG subsumieren. Der Verweis auf eine angeblich unzureichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei der Auswahl der Stellenbewerber lasse sich ohne weitere erforderliche Ausführungen § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG und hier konkret der Rüge eines Verstoßes gegen die Bestimmung des § 178 Abs. 2 SGB IX zuordnen. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sei fristgerecht erfolgt. Dahingestellt bleiben könne dabei, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat hinreichend informiert habe und die Frist zu laufen begonnen habe. Selbst wenn man unterstelle, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat mit Anhörung vom 23.08.2022 hinreichend informiert habe, habe der Betriebsrat mit Schreiben vom "29.03.2022", der Arbeitgeberin am 26.08.2022 zugegangen, innerhalb einer Woche die Zustimmung verweigert. Es sei nicht erforderlich, dass der Betriebsrat erneut seine Zustimmung verweigere, nachdem die Antragstellerin ihm mit Schreiben vom 31.08.2022 weitere Informationen habe zukommen lassen. Eine erneute Zustimmungsverweigerung im Anschluss an ein weiteres Informationsschreiben der Arbeitgeberin sei nicht erforderlich, wenn die Arbeitgeberin wie hier von ihrer ursprünglichen Maßnahme keinen Abstand genommen und keine eigenständige, neue personelle Einzelmaßnahme eingeleitet habe. Der Hilfsantrag Ziffer 2 a) sei unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrats sei nicht zu ersetzen. Der Betriebsrat berufe sich zu Recht auf einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die Antragstellerin habe die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt. Der Betriebsrat könne seinen Widerspruch darauf gründen, dass ein Verstoß gegen§ 164 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 SGB IX vorliege. Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX habe der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berührten, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Nach § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX habe er die Schwerbehindertenvertretung zudem über eingehende Bewerbungen von Schwerbehinderten unmittelbar nach deren Eingang zu unterrichten. Nach § 164 Abs. 1 Satz 6 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 SGB IX stehe der Schwerbehindertenvertretung ferner das Recht zu, an den Vorstellungsgesprächen teilzunehmen und Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile aller Bewerbungsunterlagen zu nehmen. Der weit gefasste Unterrichtungsanspruch erstrecke sich dabei nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirkten. Die Anhörungspflicht hingegen beziehe sich nicht auf sämtliche, die schwerbehinderten Menschen betreffenden Angelegenheiten, sondern nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Entscheidungen in diesem Sinne seien die einseitigen Willensakte des Arbeitgebers. Das entspreche dem Wortsinn des Begriffs und werde dadurch bestätigt, dass das Gesetz in § 178 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX von der "getroffenen" Entscheidung spreche. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts zielten darauf, der Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zu geben, an der Willensbildung des Arbeitgebers mitzuwirken. Danach stehe der Schwerbehindertenvertretung ein Unterrichtungs und Anhörungsrecht zu, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle bewerbe. Die Entscheidung über Bewerbungen und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses seien eine personelle Einzelmaßnahme und damit eine "Angelegenheit" im Sinne von § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Sie berührten den Bewerber als einzelnen schwerbehinderten Menschen. Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht umfasse die Teilnahme am Auswahlverfahren. Der Gesetzgeber habe die Unterrichtungs- und Anhörungspflichten in § 164 Abs. 1 Satz 4, 7, 8 und 9 i.V.m. § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX näher ausgestaltet. Die Schwerbehindertenvertretung sei von Anfang an in das Auswahlverfahren einzubeziehen, um den Schutz vor Benachteiligung im Bewerbungsverfahren zu gewährleisten. Sie solle an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Dazu stehe ihr das Recht auf Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen und das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen zu. Die Schwerbehindertenvertretung könne ihr Beteiligungsrecht nur dann sachgerecht ausüben, wenn sie Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen nehmen und an Vorstellungsgesprächen teilnehmen könne. Danach liege hier ein Verstoß gegen § 164 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 SGB IX vor. Nach den vorgenannten Grundsätzen hätte die Antragstellerin die Schwerbehindertenvertretung zumindest über die Bewerbung des Herrn L. sowie die weiteren Bewerber unter Vorlage der Bewerbungsunterlagen informieren, sie anhören und ihr die Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen ermöglichen müssen. Die Arbeitgeberin habe hingegen die Schwerbehindertenvertretung mit einer kurzen E-Mail lediglich darüber informiert, dass sich Herr L. auf die streitgegenständliche Stelle beworben habe und dieser zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Weder seien dieser E-Mail die Bewerbungsunterlagen von Herrn L. bzw. der weiteren Bewerber beigefügt worden noch habe die Antragstellerin der Schwerbehindertenvertretung die Termine der Vorstellungsgespräche mitgeteilt bzw. sie hierzu eingeladen. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Schwerbehindertenvertretung als Mitglied des Betriebsrats Kenntnis von den Bewerbungsunterlagen gehabt habe. Zum einen habe sie diese Kenntnis nicht in ihrer Position als Schwerbehindertenvertretung erlangt, insbesondere aber verbleibe es dabei, dass sie nicht angehört worden sei und ihr die Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen nicht ermöglicht worden sei. Die Bestimmungen des § 178 SGB IX seien insbesondere zugunsten der bereits beschäftigten schwerbehinderten Arbeitnehmer zu beachten und ihre Verletzung begründe die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Der mit § 178 Abs. 2 SGB IX vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die Schwerbehindertenvertretung bei Entscheidungen über solche Maßnahmen einzubeziehen, die einen schwerbehinderten Arbeitnehmer betreffen, könne nur dadurch erreicht werden, dass die Durchführung der Maßnahme unterbleibe, solange die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Dies habe der Gesetzgeber in § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Hilfsantrag Ziffer 2 b) sei hingegen begründet. Die Arbeitgeberin habe dargelegt, dass die vorläufig durchgeführten Versetzungen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich seien. Die Antragstellerin habe den Betriebsrat spätestens in Verbindung mit der ergänzenden Anhörung ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet. Die insoweit geäußerten Einwände des Betriebsrats seien unerheblich. Soweit der Betriebsrat erstmals mit der Antragserwiderung rüge, dass die Arbeitgeberin die Gründe für die Versetzung nicht hinreichend dargelegt habe, sei der Einwand verfristet, da die Rüge nicht innerhalb der Wochenfrist erfolgt sei. Zudem habe die Antragstellerin im Rahmen der Anhörung mitgeteilt, dass die Versetzungen aufgrund des Ausscheidens zweier Betriebssanitäter für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung erfolgten; damit habe sie Gründe für die Versetzung mitgeteilt. Soweit der Betriebsrat rüge, dass die Arbeitgeberin die Auswirkungen der Maßnahme nicht dargelegt habe, sei keine Unvollständigkeit der Unterrichtung festzustellen. Die Antragstellerin habe mit Schreiben vom 23.08.2022 ausgeführt, dass die Prüfung möglicher negativer Auswirkungen oder Nachteile für im Betrieb Beschäftigte ergeben habe, dass solche nicht eintreten würden oder zu befürchten seien. Mit Schreiben vom 31.08.2022 habe sie zudem mitgeteilt, dass die Stellen nachbesetzt werden sollten und daher keine negativen Auswirkungen entstünden. Auch die Rüge, dass es an einer Gefährdungsbeurteilung für die Stellen fehle, sei unbegründet. So sei zum einen nicht ersichtlich, inwiefern sich aus einer fehlenden oder unzutreffenden Gefährdungsbeurteilung ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 BetrVG ableiten sollte. § 5 ArbSchG enthalte keine Regelung, wonach eine Gefährdungsbeurteilung vor dem Einsatz von Arbeitnehmern durchgeführt werden müsse. Insofern stelle eine fehlende oder unzureichende Gefährdungsbeurteilung keinen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG dar. Mangels rechtlicher Relevanz hätte die Antragstellerin den Betriebsrat daher nicht über die Gefährdungsbeurteilung unterrichten müssen. Im Übrigen habe sie im Rahmen der ergänzenden Anhörung aber auch auf einen Pfad im Intranet hingewiesen, wo die Gefährdungsbeurteilung hinterlegt sei, nachdem der Betriebsrat auf die erste Anhörung hin gerügt hatte, dass die Gefährdungsbeurteilung auf dem im Rahmen der ersten Anhörung genannten Laufwerk nicht zu finden sei. Dem sei der Betriebsrat nicht mehr entgegengetreten. Wäre die Gefährdungsbeurteilung auch auf dem zuletzt angegebenen Pfad nicht auffindbar gewesen, hätte der Betriebsrat dies innerhalb der Wochenfrist, die ab der ergänzenden Anhörung vom 31.08.2022 zu laufen begonnen habe, rügen müssen. Auch der Einwand des Betriebsrats, die Antragstellerin hätte ihm mutmaßliche Aufzeichnungen aus dem Bewerbungsverfahren vorlegen müssen, sei unerheblich. Zwar gehörten zu den dem Betriebsrat vorzulegenden Bewerbungsunterlagen grundsätzlich auch solche Unterlagen, die der Arbeitgeber anlässlich einer Bewerbung über die Person der Bewerber gefertigt habe. Hier habe die Antragstellerin aber vorgetragen, sie habe keine relevanten Unterlagen im Bewerbungsverfahren gefertigt. Der Betriebsrat habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass dies unzutreffend sein sollte und dass insbesondere Aufzeichnungen von Bedeutung gefertigt worden seien. Schließlich sei es auch nicht erforderlich, dass die Antragstellerin weitere Anforderungsmerkmale für die vorgesehenen Stellen aufstelle oder dem Betriebsrat eine Arbeitsaufgabenbeschreibung zukommen lasse. Die Antragstellerin habe die im Bewerbungsverfahren von ihr erstellten Unterlagen unstreitig dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt. Sie habe ihm die Stellenausschreibung übermittelt und sei nicht verpflichtet, weitere Unterlagen als solche, die im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens genutzt worden seien, zu erstellen und vorzulegen. Soweit sich der Betriebsrat auf die freiwillige Betriebsvereinbarung vom 01.09.2005 berufe, sei diese Einwendung nicht nachzuvollziehen. Denn bewertet werde nicht ein Arbeitnehmer, sondern ein Arbeitsplatz. Der Arbeitsplatz EB1 Sanitäter sei aber nicht neu geschaffen worden, sondern habe bei der Arbeitgeberin schon vor der Versetzung bestanden. Insoweit sei schon nicht ersichtlich, wieso sich an der Bewertung des Arbeitsplatzes etwas geändert haben sollte. Letztlich könne dies aber auch dahinstehen, da ein Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung vom 01.09.2005 keinen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen würde. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG könne der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme dann verweigern, wenn diese gegen eine Bestimmung in einer Betriebsvereinbarung verstoße. Voraussetzung dieses Zustimmungsverweigerungsgrundes sei bei Einstellungen und Versetzungen, dass der Verstoß gegen die Bestimmung nur durch das Unterbleiben der personellen Maßnahme verhindert werden könne. Das könne der Fall sein, wenn die Norm die Beschäftigung als solche verbiete oder sie nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaube. Dagegen genüge es nicht, dass einzelne Vertragsbedingungen rechtswidrig seien. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen sei kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle. Die vorläufige Durchführung der Maßnahmen sei schließlich auch aus sachlichen Gründen dringend erforderlich, was weiter ausgeführt wird.
49Der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.02.2023 - 7 BV 190/22 - betreffend die Versetzung des Mitarbeiters K. ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 08.03.2023 zugestellt worden. Mit am 05.04.2023 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten hat sie Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 08.06.2023 - mit am 07.06.2023 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten begründet. Dieses Beschwerdeverfahren wurde von Beginn an unter dem hiesigen Aktenzeichen 3 TaBV 37/23 geführt.
50Der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.02.2023 - 6 BV 189/22 - betreffend die Versetzung des Mitarbeiters von Nievenheim ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 13.03.2023 zugestellt worden. Mit am 11.04.2023 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten hat sie Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 13.06.2023 - mit am 12.06.2023 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten begründet. Dieses Beschwerdeverfahren wurde ursprünglich unter dem Aktenzeichen 6 TaBV 40/23 geführt.
51Der Beteiligte zu 2 hat in beiden Verfahren kein Rechtsmittel eingelegt.
52Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten und mit deren Zustimmung ist das Verfahren der Beteiligten zu dem bisherigen Aktenzeichen 6 TaBV 40/23 durch Beschluss vom 27.07.2023, wegen dessen Begründung auf Blatt 141 f. der Beschwerdeakte verwiesen wird, mit dem führenden Verfahren 3 TaBV 37/23 gemäß §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 147 ZPO i.V.m. IV.3 des Geschäftsverteilungsplans des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf für das Jahr 2023 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
53Die Antragstellerin greift unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens beide Beschlüsse des Arbeitsgerichts zuletzt (nur) noch an, soweit ihr jeweiliger Zustimmungsersetzungsantrag zurückgewiesen worden ist. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liege kein Verstoß gegen § 164 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 SGB IX vor. Denn unstreitig sei der Schwerbehindertenvertretung schon eine Woche vor der Anhörung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG mitgeteilt worden, dass sich Herr L. auf die interne Stelle des Betriebssanitäters beworben habe und zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Damit sei die Antragstellerin ihren Pflichten aus § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bereits nachgekommen und es sei dann Sache der Schwerbehindertenvertretung, weitergehende Rechte aus § 178 Abs. 2 SGB IX geltend zu machen. Das sei unstreitig aber nie geschehen. Die Antragstellerin habe die Schwerbehindertenvertretung lediglich in die Lage zu versetzen, ihre Beteiligungsrechte auszuüben und das sei geschehen. Die Termine für die Vorstellungsgespräche hätten dann von der Schwerbehindertenvertretung erfragt und die Teilnahme eingefordert werden können. Die Schwerbehindertenvertretung habe jedoch an der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte schlichtweg kein Interesse gehabt. Dann könne nun nicht der Betriebsrat an ihrer Stelle vermeintliche Verstöße der Antragstellerin zum Gegenstand einer Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG machen. Vielmehr gebe das SGB IX der Schwerbehindertenvertretung eigene Interventionsrechte. Außerdem habe der Mitarbeiter Herr L. unstreitig seine Bewerbung freiwillig nachträglich zurückgenommen, da er in Absprache mit seinem Vorgesetzten in seiner bisherigen Abteilung einen geeigneten und wunschgemäßen Arbeitsplatz erhalten habe und daher die Tätigkeit als Betriebssanitäter nicht mehr ausüben wolle. Zu der Versetzung des Herrn A. behauptet die Antragstellerin, diese Maßnahme sei zwischenzeitlich in der Zeit vom 14.08. bis 08.09.2023 unterbrochen und dann ein Mitbestimmungsverfahren zu einer erneuten - inhaltlich aber identischen - Versetzung eingeleitet worden. Die hierzu erfolgte Zustimmungsverweigerung sei Gegenstand des Verfahrens 10 BV 202/23. Dort hat das Arbeitsgericht Düsseldorf in der Tat mit Beschluss vom 23.11.2023 festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers A. zum 11.09.2023 auf die Stelle EB1 Sanitäter / Arb.Medizin. Unterstützung als erteilt gilt. Das von dem Betriebsrat hiergegen betriebene Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu dem Az.: 7 TaBV 84/23 ist bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung im hiesigen Verfahren noch nicht abgeschlossen. Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, selbst wenn man der Ansicht sei, ihr sei im hiesigen Stellenbesetzungsverfahren ein Verfahrensfehler unterlaufen, so sei dieser jedenfalls zumindest bei Herrn A. durch das neue Verfahren geheilt worden, indem zum einen die Stellenbesetzung wiederholt worden sei und zum anderen für Herrn L. eine andere, positive Lösung gefunden worden sei. Die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats erwiesen sich vor diesem Hintergrund, aber auch im Übrigen, weil keine nachvollziehbaren inhaltlichen Gründe gegen die dringend erforderlichen Stellenbesetzungen auf den Sanitäterstellen ersichtlich und vorgebracht seien, als rechtsmissbräuchlich.
54Nachdem die Antragstellerin die Beschwerden zu den ursprünglichen Beschwerdeanträgen Ziffer 1 aus den Beschwerdeschriften vom 05.04.2023 und vom 11.04.2023 - gerichtet auf die Feststellung, dass die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zu den beabsichtigten Versetzungen der Mitarbeiter K. und A. als ersetzt gilt - in der mündlichen Anhörung vom 14.05.2023 zurückgenommen hat und das Verfahren insoweit durch - rechtskräftigen - Beschluss vom selben Tage eingestellt worden ist, beantragt sie zuletzt noch,
551.den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.02.2023 - Az.: 7 BV 190/22 - teilweise abzuändern und die von dem Beteiligten zu 2 verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers K. zu ersetzen;
562.den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.02.2023 - Az.: 6 BV 189/22 - teilweise abzuändern und die von dem Beteiligten zu 2 verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers A. zu ersetzen
57Der Beteiligte zu 2 beantragt,
58die Beschwerden zurückzuweisen.
59Er verteidigt die Entscheidungen des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Die Zustimmungsverweigerungen seien zu Recht erfolgt. Die Versetzungsmaßnahmen verstießen gegen ein Gesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Denn nach § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX habe der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung unmittelbar nach Eingang der Bewerbung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerbers zu unterrichten und sie von Anfang an in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Das sei hier unstreitig nicht erfolgt. Das gelte im Übrigen in gleicher Weise auch für die unmittelbare Unterrichtung des Betriebsrats, §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 176 SGB IX. Auch die Betriebsratsanhörung enthalte keinen Hinweis auf die Schwerbehinderung des Herrn L. Die Unterrichtungs- und Einbeziehungspflichten gegenüber der Schwerbehindertenvertretung lägen im öffentlichen Interesse, ihre Verletzung sei bußgeldbewehrt. Mithin liege ein Gesetzesverstoß vor, der auch eine Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen müsse. Zudem behauptet der Beteiligte zu 2 erneut, dass das Vorstellungsgespräch mit Herrn L. nicht erst am 16.08.2022, sondern bereits am 15.08.2022 stattgefunden habe und mithin sogar noch vor der überhaupt erstmaligen Mitteilung gegenüber der Schwerbehindertenvertretung, dass sich ein schwerbehinderter bzw. gleichgestellter Bewerber beworben habe. Sinn und Zweck der hier verletzten Normen der §§ 164 Abs. 1 Satz 4 und 178 Abs. 2 SGB IX bestünden darin, die Durchführung einer die Verfahrensrechte der Schwerbehindertenvertretung verletzenden Personalmaßnahme zu unterbinden. Das komme in § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX deutlich zum Ausdruck. Mithin liege ein zur Zustimmungsverweigerung auch durch den Betriebsrat berechtigender Gesetzesverstoß vor. Die Rechtsordnung wolle solche Verstöße des Arbeitgebers nicht hinnehmen. Dass die Versetzungsmaßnahme bei Herrn A. zwischenzeitlich aufgehoben und dann neu durchgeführt worden sei, bestreitet der Beteiligte zu 2. Der Mitarbeiter sei nicht von seinen Aufgaben entbunden worden, sondern er habe sich - wie der Beteiligte zu 2 unwidersprochen und unter Vorlage der Zeitnachweise der Anlage AG 10 (Blatt 374 ff. der Beschwerdeakte) vorträgt - vom 14.08.2023 bis zum 31.08.2023 im Urlaub befunden und vom 01.09.2023 bis zum 08.09.2023 sei ihm Freizeit zum Abbau von Mehrarbeitsstunden gewährt worden.
60Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten in beiden Instanzen nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
61II.
62Die Beschwerden der Antragstellerin sind zulässig und in dem zuletzt noch zur Entscheidung anstehenden Umfang auch begründet.
631.Die Beschwerden sind zulässig. Sie sind statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und jeweils form- und fristgerecht im Sinne der §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 ArbGG bei dem Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet worden.
642.Die Beschwerden sind hinsichtlich der zuletzt allein noch anhängigen Zustimmungsersetzungsanträge begründet. Das Arbeitsgericht hat die Zustimmungsersetzungsanträge der Arbeitgeberin in den Verfahren 6 BV 189/22 (zur Versetzung des Mitarbeiters A.) und 7 BV 190/22 (zur Versetzung des Mitarbeiters K.) zu Unrecht zurückgewiesen. Entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Kammern steht dem Betriebsrat kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen der Verletzung von Beteiligungsrechten der Schwerbehindertenvertretung aus §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 178 Abs. 2 SGB IX im hier streitgegenständlichen Stellenbesetzungsverfahren zu. Die somit von ihm zu Unrecht verweigerten Zustimmungen zu den beiden Versetzungsmaßnahmen betreffend die Mitarbeiter K. und A. sind daher gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen.
65Im Einzelnen:
66a. Dem Zustimmungsersetzungsantrag zur beabsichtigten Versetzung beider Mitarbeiter, insbesondere aber auch des Mitarbeiters A. fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Maßnahme zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Beschwerdeinstanz nicht mehr aufrecht erhalten, sondern zwischenzeitlich aufgehoben worden wäre.
67Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der vom Arbeitgeber beabsichtigten personellen Maßnahme hat und es daher seiner Zustimmung bedarf (BAG vom 11.10.2022 - 1 ABR 18/21, juris, Rz. 13; BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 17; BAG vom 12.06.2019 - 1 ABR 5/18, juris, Rz. 14).
68Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei beiden Personalmaßnahmen handelt es sich um Versetzungen im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Nach der Legaldefinition in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist eine - nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustimmungsbedürftige - Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. "Arbeitsbereich" sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit so verändert, dass die neue Aufgabe vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine "andere" anzusehen ist. Dies kann sich aus der Änderung des Arbeitsinhalts und einer damit verbundenen geänderten Verantwortung, aus einem Wechsel des Arbeitsorts oder der Art der Tätigkeit oder aus einer Änderung der Stellung des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit ergeben (BAG vom 11.10.2022 - 1 ABR 18/21, juris, Rz. 17; BAG vom 17.11.2021 - 7 ABR 18/20, juris, Rz. 13; BAG vom 29.09.2020 - 1 ABR 21/19, juris, Rz. 24).
69In Anwendung dieser Grundsätze ist hier festzustellen - und zwischen den Beteiligten auch in keiner Weise streitig -, dass Versetzungsmaßnahmen vorliegen, denn das gesamte Bild der Tätigkeit beider betroffener Arbeitnehmer, die bisher in der Produktion in den Bereichen Formanlage AMR (A.) bzw. Fertigkontrolle IML (K.) tätig waren, ändert sich durch die Zuweisung der gänzlich anderen Tätigkeit als Betriebssanitäter. Die Aufgaben, die zugewiesene Abteilung und die Unterstellungsverhältnisse ändern sich vollständig. Die auf Dauer und mithin über einen Monat hinaus beabsichtigten Maßnahmen erfüllen somit alle Tatbestandsmerkmale einer Versetzung.
70Die beabsichtigten Versetzungsmaßnahmen bestehen bis zum Schluss der letzten mündlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren fort. Insbesondere hat sich nicht die Maßnahme bzgl. des Mitarbeiters A. erledigt. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Antragstellerin die Versetzungsmaßnahme als solche endgültig aufgegeben hätte (vgl. GK-BetrVG/Raab, 12. Auflage, § 99 Rn. 243). In diesem Fall wäre ein gleichwohl aufrechterhaltender Zustimmungsersetzungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Demgegenüber ist der Arbeitgeber nicht gehindert, noch während des Laufs eines von ihm eingeleiteten gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens einen neuen Versetzungsvorgang nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beginnen mit der Folge, dass sich das gerichtliche Verfahren erledigt, wenn er das ursprüngliche Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat zurückzieht. Auch ist es ihm unbenommen, nach (rechtskräftigem) Unterliegen in einem solchen Verfahren die auf das gleiche Ziel gerichtete personelle Maßnahme erneut nach Maßgabe von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzuleiten und ggfs. den Weg des § 99 Abs. 4, § 100 Abs. 2 BetrVG zu beschreiten. Unter diesen Umständen ist es ihm ebenso wenig verwehrt, bereits während eines noch laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens ein weiteres Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat zu richten und bei erneuter Verweigerung der Zustimmung ein eigenständiges Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben. Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zur Einstellung oder Versetzung desselben Arbeitnehmers auf denselben (neuen) Arbeitsplatz ersuchen. Er kann dementsprechend mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren - nacheinander oder auch zeitlich parallel - bei Gericht anhängig machen, weil sie - trotz des gleichen Rechtsschutzziels - prozessual unterschiedliche Verfahrensgegenstände haben (BAG vom 11.10.2022 - 1 ABR 18/21, juris, Rz. 26; BAG vom 21.11.2018 - 7 ABR 16/17, juris, Rz. 21 m.w.N.). In allen Fällen ist allerdings stets erforderlich, dass der Arbeitgeber von seiner ursprünglichen Maßnahme Abstand genommen und eine neue - eigenständige - Einstellung oder Versetzung eingeleitet hat (BAG vom 11.10.2022 - 1 ABR 18/21, juris, Rz. 26; BAG vom 21.11.2018 - 7 ABR 16/17, juris, Rz. 21).
71Die Antragstellerin hat die ursprüngliche personelle Versetzungsmaßnahme des Mitarbeiters A. nicht aufgegeben. Unbestritten und damit ohnehin unstreitig, zudem aber auch belegt durch die Zeitnachweise der Anlage AG 10 ist es nie zu einer Rücknahme der Versetzung und zumindest vorübergehenden Beschäftigung wieder im bisherigen Arbeitsbereich Formanlage AMR gekommen, vielmehr ist der vorübergehende Zeitraum der Nichtbeschäftigung - die ja auch nur im Wege des Sofortvollzugs nach § 100 BetrVG erfolgte - als Betriebssanitäter allein auf Urlaub und Freizeitausgleich zum Abbau von Mehrarbeitsstunden zurückzuführen. Die vorläufige Beschäftigung als Betriebssanitäter wurde damit ebenso wenig rechtserheblich unterbrochen wie die Versetzungsmaßnahme, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, aufgegeben worden wäre. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Zustimmungsersetzungsantrag besteht damit unverändert fort. Welche Auswirkungen dies im Übrigen auf die für die Zeit ab 11.09.2023 identisch nochmal beantragte Versetzung von Herrn A. und das hierzu geführte, noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren 10 BV 202/23 hat, welches derzeit im Beschwerderechtszug unter dem Aktenzeichen 7 TaBV 84/23 anhängig ist, bedarf hier letztlich keiner weiteren Entscheidung. Die Verfahren haben wie zuvor aufgezeigt unterschiedliche Verfahrensgegenstände. Ob für das dortige Verfahren ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, dürfte gleichwohl vom Ausgang des hiesigen Verfahrens abhängig sein; umgekehrt gilt dies jedoch nicht.
72b. Die Anhörungen des Betriebsrats vom 23.08.2022 sind bzgl. beider Personalmaßnahmen jedenfalls in Verbindung mit der - auch ausdrücklich so bezeichneten - ergänzenden Anhörung vom 31.08.2022 ausreichend und haben spätestens mit den letztgenannten Schreiben die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG in Lauf gesetzt.
73Die von dem Betriebsrat verweigerte Zustimmung darf - unabhängig von den für die Verweigerung vorgebrachten Gründen (vgl. BAG vom 28.06.2005 - 1 ABR 26/04, juris, Rz. 21) - von den Gerichten nach § 99 Abs. 4 BetrVG nur ersetzt werden, wenn die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt wurde. Das setzt eine - gemessen am Zweck der Regelung - ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus.
74Dazu hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend zu unterrichten. Der Betriebsrat muss aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 26; BAG vom 09.04.2019 - 1 ABR 25/17, juris, Rz. 28; BAG vom 13.03.2013 - 7 ABR 39/11, juris, Rz. 31 f.). Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn der Betriebsrat es unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 26; BAG vom 13.03.2013 - 7 ABR 39/11, juris, Rz. 34). Das gilt selbst dann, wenn der Betriebsrat zum Zustimmungsersuchen in der Sache Stellung nimmt und seine Zustimmung mit Bezug auf Gründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 26). Durfte der Arbeitgeber allerdings davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 26; BAG 09.04.2019 - 1 ABR 25/17, juris, Rz. 28; BAG vom 13.03.2013 - 7 ABR 39/11, juris, Rz. 34).
75Diesen Anforderungen genügen die Anhörungen vom 23.08./31.08.2022 in beiden Verfahren, wie bereits das Arbeitsgericht in den beiden angefochtenen Beschlüssen vom 22. und 24.02.2023 zutreffend und umfassend begründet hat und in der Beschwerdeinstanz von dem Beteiligten zu 2 auch nicht mehr in Frage gestellt worden ist. Dementsprechend nimmt die Beschwerdekammer auf die zutreffenden Ausführungen unter II. 3. b) bb) (2) (a) - (e) (Seite 12 - 14) der Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 24.02.2023 in dem Verfahren 7 BV 190/22 Bezug und macht sich diese zu eigen. Sie finden sich gleichlautend zutreffend auch in der Entscheidung 6 BV 189/22. Lediglich ergänzend ist zu dem Einwand des Betriebsrats, ihm seien keine Bewerbungsunterlagen mit Aufzeichnungen zu den Bewerbern vorgelegt worden, festzustellen, dass dies den unstreitigen Tatsachen schon deshalb nicht entspricht, da die Antragstellerin den Anhörungen vom 23.08.2022 bereits alle Unterlagen als Anlage beigefügt hat. Dass die Anlagenbestandteile Blatt 18 - 37 der Anlage AS1 im Verfahren 7 BV 190/22 bzw. Blatt 12 - 31 im Verfahren 6 BV 189/22 nicht vorgelegen hätten, hat der Beteiligte zu 2 nie behauptet. Damit lagen ihm aber die Bewerberunterlagen nebst handschriftlichen Notizen aus dem Bewerbungsverfahren vor, so dass insoweit Informationsparität hergestellt war. Dass die Tatsache der Gleichstellung des Bewerbers L. mit einem Schwerbehinderten nicht gesondert mitgeteilt worden ist, ist schon deshalb unschädlich, weil dem Betriebsrat ausweislich seines Zustimmungsverweigerungsschreibens vom "29.03.2022" diese Tatsache offensichtlich ebenso bekannt war wie die erst am 16.08.2022 erfolgte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Über dem Betriebsrat bereits bekannte Tatsachen muss der Arbeitgeber im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG jedoch nicht gesondert noch einmal unterrichten (vgl. BAG vom 28.07.2020 - 1 ABR 5/19, juris, Rz. 23). Darüber hinaus wurde eine ergänzende Information insbesondere zur am 16.08.2022 erfolgten Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung in der ergänzenden Anhörung vom 31.08.2022 auch diesbezüglich vorgenommen. Zur beabsichtigten Nachbesetzung der bisherigen Stellen der Mitarbeiter K. und A. hat die Antragstellerin ergänzend im Schreiben vom 31.08.2022 ausgeführt, ebenso wurden die Gründe für die erforderliche Versetzung und die getroffene personelle Auswahlentscheidung jeweils bereits im Schreiben vom 23.08.2022 mitgeteilt. Zur Gefährdungsbeurteilung wurde mit der ergänzenden Anhörung vom 31.08.2022 der konkrete Pfad auf den gemeinsamen Server angegeben. Der Betriebsrat hat im Nachgang nicht mehr behauptet, gleichwohl die Beurteilung nicht gefunden zu haben. Ebenso wenig wurden die zutreffenden erstinstanzlichen Feststellungen und die rechtliche Bewertung zum Umfang der Unterrichtung über die Gefährdungsbeurteilung im Beschwerderechtszug noch in Frage gestellt. Wie also bereits das Arbeitsgericht - in der Beschwerdeinstanz nicht mehr angegriffen - zutreffend festgestellt hat, sind alle Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats eingehalten worden. Der Beteiligte zu 2 hat im Beschwerderechtszug keinerlei Umstände mehr benannt, die zu Zweifeln und damit zu weiterer Sachaufklärung Anlass geböten.
76Zum erstinstanzlichen Hinweis auf die Betriebsvereinbarung vom 01.09.2005 sei neben den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts ergänzend noch darauf hingewiesen, dass diese Betriebsvereinbarung die ERA-Einführung betraf. Unabhängig davon, dass es hier schon nicht um die Mitbestimmung bei der Umgruppierung geht, sondern nur um diejenige bei der Versetzung der beiden Mitarbeiter, wurde ein entsprechender Zustimmungsverweigerungsgrund eines Verstoßes gegen eine Betriebsvereinbarung von dem Beteiligten zu 2 weder in seiner Stellungnahme vom "29.03.2022" noch nachfolgend innerhalb der spätestens am 31.08.2022 in Lauf gesetzten Wochenfrist vorgebracht und ist somit im vorliegenden Verfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig.
77c. Der Betriebsrat hat innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wirksam die Zustimmung zu beiden beabsichtigten Versetzungen verweigert. Mit der neben der Beanstandung vermeintlich unzureichender Unterrichtungen erhobenen Rüge, der Arbeitgeber habe es versäumt, die Schwerbehindertenvertretung vor dem Hintergrund der Bewerbung des Herrn L. bei der Auswahl der Stellenbewerber hinzuzuziehen, hat der Betriebsrat hinreichend deutlich einen Gesetzesverstoß der Antragstellerin geltend gemacht. Dies allerdings immerhin, aber auch nur zur unzureichenden Beachtung der Rechte der Schwerbehindertenvertretung. Soweit der Beteiligte zu 2 im Beschwerdeverfahren auf einmal zusätzlich einen Verstoß gegen §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 176 SGB IX dahingehend rügt, dass auch der Betriebsrat selbst nicht unmittelbar nach Eingang der Bewerbung des einem Schwerbehinderten gleichgestellten Herrn L. unterrichtet worden sei, mag dies zutreffen; dieser Zustimmungsverweigerungsgrund wurde aber zuvor nicht innerhalb der Wochenfrist als Gesetzesverstoß gerügt und ist damit verfristet (vgl. BAG vom 13.08.2019 - 1 ABR 10/19, juris, Rz. 40; BAG vom 23.01.2019 - 4 ABR 56/17, juris, Rz. 17; BAG vom 17.11.2010 - 7 ABR 120/09, juris, Rz. 34). Insoweit liegt auch nicht lediglich eine ergänzende rechtliche Begründung zu dem fristgerecht vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgrund der Verletzung der gesetzlichen Rechte der Schwerbehindertenvertretung vor, sondern die nachträgliche Einführung eines eigenständigen, weiteren Widerspruchsgrundes, obwohl dem Betriebsrat alle hierzu relevanten Tatsachen zur eigenen unmittelbaren Betroffenheit von Rechtsverletzungen bereits innerhalb der Wochenfrist bekannt waren. In diesem Fall greift die Präklusionswirkung des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG (vgl. BAG vom 18.09.2002 - 1 ABR 56/01, juris, Rz. 19; GK-BetrVG/Raab, 12. Auflage, § 99 Rn. 177 m.w.N.).
78Zu dem vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgrund liegt der Zustimmungsverweigerung des Beteiligten zu 2 vom "29.03.2022" ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vom 25.08.2022 zugrunde. Auch dies ist zuletzt in der Beschwerdeinstanz nach der von Amts wegen durch die Beschwerdekammer betriebenen weiteren Sachaufklärung nicht mehr streitig gewesen und hat dementsprechend zur teilweisen Rücknahme der Beschwerde hinsichtlich der Zurückweisung der ursprünglichen Feststellungsanträge Ziffer 1 der Beschwerden seitens der Antragstellerin geführt.
79Zunächst steht aufgrund der inhaltlich zuletzt nicht mehr streitigen Protokollauszüge vom 25.08.2022 sowie der Teilnehmerliste der Betriebsratssitzung, der Einladung zu der Sitzung und der in der mündlichen Anhörung vom 14.05.2024 in Augenschein genommenen Geschäftsordnung nebst Anlage 1 fest, dass zwar mit kurzer Frist am 24.08.2024 zur Sitzung vom 25.08.2024 nebst Tagesordnung durch den Betriebsratsvorsitzenden eingeladen wurde, die Einladung jedoch offensichtlich alle Mitglieder erreicht hat. Denn das Gremium war vollzählig erschienen - mit Ausnahme der zuletzt auch nicht mehr streitigen Verhinderungen der Betriebsratsmitglieder E., N. und R., die allesamt mit den Gründen Urlaub, Seminarteilnahme und Erkrankung auch berechtigte Verhinderungsfälle begründeten. Diese Mitglieder sind wie aus der Teilnehmerliste ersichtlich durch die jeweils einzeln begründet in der Rangfolge zutreffenden Ersatzmitglieder ersetzt worden. Das derart ordnungsgemäß vollzählige Gremium hat eingangs der Sitzung laut Protokoll die Tagesordnung, die die Beschlussfassung zu den hier streitgegenständlichen Versetzungen umfasste, einstimmig beschlossen und genehmigt. Etwaige Mängel wegen einer zu kurzfristigen Ladung wären jedenfalls damit geheilt worden (vgl. BAG vom 22.11.2017 - 7 ABR 46/16, juris, Rz. 14).
80Die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 4.3.1 und 4.3.2 zur Verweigerung der Zustimmung zu den hier streitgegenständlichen Versetzungen sind bei unveränderter Beschlussfähigkeit mit 14 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung mit der ausreichenden Mehrheit und auch ansonsten - wie ebenfalls schon das Arbeitsgericht jeweils zutreffend festgestellt hat - wirksam erfolgt. Auch hieran bestand zuletzt im Beschwerdeverfahren kein Zweifel mehr, zudem kommt zum Beweis der so erfolgten Beschlussfassung dem vorgelegten, formell einwandfreien Protokollauszug ein hoher (vgl. BAG vom 30.09.2014 - 1 ABR 32/13, juris, Rz. 41 ff., 45) und hier in keiner Weise zuletzt mehr angegriffener Beweiswert zu. Den dann im Schreiben vom "29.03.2022" vorgebrachten, konkreten Zustimmungsverweigerungsgrund musste der Beschluss nicht enthalten (BAG vom 30.09.2014 - 1 ABR 32/13, juris, Rz. 54).
81Dass die Sitzung vom 25.08.2022 wegen unstreitiger Verhinderung des Vorsitzenden des Betriebsrats und seines Stellvertreters von dem Betriebsratsmitglied F. geleitet wurde, begründet keinen Mangel der Wirksamkeit der Beschlussfassung, sondern folgt der Rechtslage. Denn für den Fall der Verhinderung beider gesetzlicher Vertreter des Gremiums im Sinne von § 26 Abs. 2, 29 Abs. 2 Satz 2 BetrVG kann - und sollte tunlichst - in einer Geschäftsordnung des Betriebsrats eine weitere Vertretungsreihenfolge geregelt werden (vgl. LAG Düsseldorf vom 22.08.2023 - 3 TaBV 10/23, juris, Rz. 47; Fitting, BetrVG, 32. Auflage, § 26 Rn. 50 m.w.N.; Thüsing in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage, § 26 Rn. 56). Das ist hier geschehen, indem die Geschäftsordnung vom 11.05.2022 die weitere Rangfolge in der Vertretung bei der Sitzungsleitung unter Verweis auf die Anlage 1 geregelt hat, die wiederum Herrn F. als ersten weiteren Vertreter ausweist. Die Geschäftsordnung hält nach dem Ergebnis der vorgenommenen Augenscheinnahme die gesetzliche Schriftform ein und begegnet auch im Übrigen keinen Wirksamkeitsbedenken; solche werden auch von keinem Beteiligten vorgebracht.
82Schließlich führte auch die Teilnahme der Betriebsratssekretärin nicht zur Unwirksamkeit der in der Sitzung vom 25.08.2022 gefassten Beschlüsse. Unabhängig davon, dass die Anwesenheit der Betriebsratssekretärin zur Unterstützung bei der Protokollerstellung aus Sicht der Beschwerdekammer zulässig ist und keinen Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit aus § 30 Abs. 1 Satz 4 BetrVG begründet (ebenso Fitting, BetrVG, 32. Auflage, § 30 Rn. 16; Thüsing in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage, § 30 Rn. 14, § 34 Rn. 6; a.A. GK-BetrVG/Raab, 12. Auflage, § 30 Rn. 28), ist sie hier jedenfalls ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 25.08.2022 weder eingangs der Sitzung noch zu den jeweiligen Tagesordnungspunkten bzgl. der streitgegenständlichen Versetzungen von irgendeinem Betriebsratsmitglied beanstandet worden. Durch das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen wird nicht nur die Amtsführung des Betriebsrats, sondern auch die der einzelnen Betriebsratsmitglieder geschützt. Diese können allerdings selbst darüber befinden, ob sie durch die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person bei der Wahrnehmung ihres Mandats beeinträchtigt werden. Ein wesentlicher, zur Unwirksamkeit des gefassten Beschlusses führender Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegt daher allenfalls vor, wenn zumindest ein Betriebsratsmitglied vor der Behandlung eines Tagesordnungspunkts die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person ausdrücklich beanstandet hat und diese anwesend bleibt (vgl. BAG vom 30.09.2014 - 1 ABR 32/13, juris, Rz. 51).
83Schließlich musste der Beteiligte zu 2 nach der ergänzenden Anhörung vom 31.08.2022 seine Zustimmungsverweigerung nicht nochmals erneuern (vgl. hierzu BAG vom 29.01.2020 - 4 ABR 8/18, juris, Rz. 12; Fitting, BetrVG, 32. Auflage, § 99 Rn. 277a), vielmehr wirkte die unter dem "29.03.2022" erklärte und der Antragstellerin am 26.08.2022 zugegangene, form- und fristgerechte Erklärung fort.
84Angesichts der somit festzustellenden wirksamen Beschlussfassung des Betriebsrats vom 25.08.2022 zu der Zustimmungsverweigerung ist der ursprüngliche Beschwerdeantrag Ziffer 1 konsequenterweise von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dann zuletzt nicht mehr aufrechterhalten, sondern zurückgenommen worden.
85d. Entgegen der Rechtsansicht des Arbeitsgerichts wie auch des Beteiligten zu 2 ist die von diesem verweigerte Zustimmung zu den beabsichtigten Versetzungen der Mitarbeiter K. und A. allerdings nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen und die Beschwerde der Antragstellerin in dem zuletzt noch aufrechterhaltenen Umfang begründet.
86Denn der von dem Betriebsrat hier - einzig innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG - eingewandte Zustimmungsverweigerungsgrund des Gesetzesverstoßes wegen unzureichender Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Stellenbesetzungsverfahren (Verstoß gegen §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 178 Abs. 2 SGB IX) begründet keine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
87aa. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin im vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren gegen ihre Beteiligungspflichten gegenüber der Schwerbehindertenvertretung verstoßen hat, denn die Unterrichtung über die Bewerbung des einem Schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiters L. mit der knappen Email vom 16.08.2022 war weder "unmittelbar" nach Eingang der Bewerbung erfolgt (Verstoß gegen § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), noch hat eine umfassende Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung im Sinne von § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor Entscheidung über die Stellenbesetzung trotz Vorliegens einer Bewerbung eines einem Schwerbehinderten Gleichgestellten stattgefunden und auch das Recht auf Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen nach § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX wurde mangels Mitteilung derselben vereitelt.
88Nach § 164 Abs. 1 S. 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung über vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Dabei bedeutet "unmittelbar nach Eingang" im Sinne der Norm, dass die Unterrichtung umgehend bzw. sofort zu erfolgen hat. Die Unterrichtungspflicht setzt demnach ein, sobald der Arbeitgeber erkennt bzw. erkennen muss, dass es sich um einen schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerber handelt. Insbesondere darf der Arbeitgeber nicht zunächst die eingegangenen Bewerbungen sammeln und später gebündelt die Schwerbehindertenvertretung unterrichten, da dies nicht "unmittelbar nach Eingang" wäre (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 31; BeckOK Sozialrecht/Brose, 73. Ed. (Stand: 01.06.2024), § 164 SGB IX Rn. 12). Hier hat sich Herr L. bereits im Juni 2022 initiativ beworben. Selbst wenn man annimmt, dass ohne Stellenausschreibung und offene Stelle eine solche Initiativbewerbung noch keine Unterrichtungspflicht gegenüber der Schwerbehindertenvertretung auslöst, wäre diese jedenfalls aber direkt zu Beginn der Stellenausschreibung am 04.08.2022 gegeben gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt begann das Stellenbesetzungsverfahren und lag die einschlägige Bewerbung eines einem Schwerbehinderten Gleichgestellten somit bereits vor. Die erst am 16.08.2022 erfolgte Unterrichtung erfolgte eindeutig zu spät, unabhängig davon, ob sie damit - wie die Antragstellerin behauptet - noch ca. 2 ½ Stunden vor dem Vorstellungsgespräch mit Herrn L. stattgefunden hat oder erst einen Tag danach, wie der Betriebsrat es behauptet. Außerdem war die Unterrichtung offensichtlich unvollständig, denn der Vorstellungstermin war dort nicht einmal angegeben. Damit wurde zugleich das Recht der Schwerbehindertenvertretung zur Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen - nicht nur, aber vor allem auch mit dem Bewerber Herrn L. - nach § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX vereitelt, denn um dieses überhaupt effektiv wahrnehmen zu können, muss der Schwerbehindertenvertretung ein entsprechender Termin bzw. müssen ihr die Termine rechtzeitig vorher mitgeteilt werden (vgl. Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 5. Auflage, § 178 Rn. 38). Das Kriterium der Rechtzeitigkeit wäre hier schon bei Mitteilung des Termins mit Herrn L. in der Email vom 16.08.2022 und Annahme, dass sein Vorstellungsgespräch am selben Tag um 11 Uhr stattfinden sollte, nicht erfüllt gewesen. Nicht einmal diese Mitteilung ist aber erfolgt.
89Zudem war die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen. Sie war vor Entscheidung über die Stellenbesetzung umfassend zu unterrichten und anzuhören angesichts der vorliegenden Bewerbung eines einem Schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmers - hier des Herrn L. - und damit einer unmittelbar möglichen Betroffenheit von einer mit der hier beabsichtigten Versetzung der beiden Konkurrenten (K. und A.) für ihn negativen beabsichtigten Entscheidung (vgl. insoweit BAG vom 15.10.2014 - 7 ABR 71/12, juris, Rz. 25; Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 5. Auflage, § 178 Rn. 18; Pahlen in: Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Westphal/Krohne, SGB IX, 15. Auflage, § 178 Rn. 8, 10 m.w.N.). Die ordnungsgemäße Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung setzt voraus, dass sie so ausreichend unterrichtet wird, dass sie zu einer Einwirkung auf die Willensbildung des Arbeitgebers in die Lage versetzt wird (Pahlen in: Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Westphal/Krohne, SGB IX, 15. Auflage, § 178 Rn. 8, 11i m.w.N.). Dabei kann ihr zwar eine über die Mitgliedschaft im Betriebsrat oder die Teilnahme an dessen Sitzung erlangte Information zugerechnet werden, allerdings ersetzt die Anhörung allein des Betriebsrats zu einer personellen Maßnahme mit unmittelbaren Auswirkungen auf einen Schwerbehinderten (oder Gleichgestellten) nicht selbst schon die erforderliche Anhörung der insoweit ja nicht einmal adressierten Schwerbehindertenvertretung (BAG vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03, juris, Rz. 40; Pahlen in: Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Westphal/Krohne, SGB IX, 15. Auflage, § 178 Rn. 8). Hier wurde die Schwerbehindertenvertretung allein mit Email vom 16.08.2022 über die Bewerbung von Herrn L. informiert und darüber, dass er einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist und dass er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde - ohne den diesbezüglichen Termin mitzuteilen. Das stellt von vornherein schon keine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung zur beabsichtigten Versetzung der beiden Konkurrenten K. und von A. dar.
90Es liegen mithin multiple Verstöße im Stellenbesetzungsverfahren gegen gesetzliche Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung aus §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 178 Abs. 2 SGB IX vor.
91bb. Diese begründen aber keine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats wegen Gesetzesverstoßes nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
92Der Betriebsrat kann bei einer personellen Einzelmaßnahme seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen die dort genannten Rechtsvorschriften - und damit unter anderem auch gegen ein Gesetz - verstoßen würde. Es muss sich bei der maßgeblichen Rechtsnorm nicht um ein Verbotsgesetz im technischen Sinne handeln, das unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführt. Es muss aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Zweck der betreffenden Norm darin besteht, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Versetzungen deshalb nur gegeben, wenn das Ziel der Norm allein dadurch erreicht werden kann, dass die Versetzung insgesamt unterbleibt (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 43; BAG vom 10.10.2012 - 7 ABR 42/11, juris, Rz. 65; BAG vom 23.06.2010 - 7 ABR 3/09, juris, Rz. 23; BAG vom 17.06.2008 - 1 ABR 20/07, juris, Rz. 23; BAG vom 18.03.2008 - 1 ABR 81/06, juris, Rz. 29). Insoweit kommen vor allem Beschäftigungsverbote in Betracht, die eine Beschäftigung mit bestimmtem Inhalt oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen (BAG vom 20.10.2021 - 7 ABR 34/20, juris, Rz. 43).
93Für den Fall der Versetzung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers unter Verstoß gegen die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung wird teilweise vertreten, dass der mit § 178 Abs. 2 SGB IX vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die Schwerbehindertenvertretung bei Entscheidungen über solche Maßnahmen einzubeziehen, die einen schwerbehinderten Arbeitnehmer betreffen, nur dadurch erreicht werden könne, dass die Durchführung der Maßnahme unterbleibe, solange die Schwerbehindertenvertretung nicht angehört worden sei. Dies habe der Gesetzgeber in § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Bestimmung dürfe die Maßnahme ohne eine vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht durchgeführt bzw. vollzogen werden. Daraus folge ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (LAG Rheinland-Pfalz vom 05.10.2011 - 8 TaBV 9/11, juris, Rz. 23, 25). Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung dürfte auch in einer Konstellation wie der hier vorliegenden, in der es um Versetzungen nicht schwerbehinderter Arbeitskollegen des einem Schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiters ohne gesetzeskonforme Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Stellenbesetzungsverfahren geht, wohl ein Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG anzunehmen sein.
94Diese Ansicht überzeugt die erkennende Beschwerdekammer jedoch nicht. Denn wie durch das LAG Rheinland-Pfalz bereits selbst zutreffend ausgeführt wird, hat der Gesetzgeber in § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine personelle Maßnahme wie eine Versetzung ohne ordnungsgemäße Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nicht durchgeführt bzw. vollzogen werden soll. Das bedeutet, dass die Maßnahme - hier die Versetzung der Konkurrenten des einem Schwerbehinderten gleichgestellten Bewerbers L. - nicht etwa infolge der Verletzung der Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung unwirksam ist (vgl. Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 5. Auflage, § 178 Rn. 30), sondern der Schwerbehindertenvertretung ein eigenes Recht zur Aussetzung der personellen Entscheidung eingeräumt wird, welches ggfs. gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - geltend gemacht und umgesetzt werden kann (Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 5. Auflage, § 178 Rn. 18; BeckOK Sozialrecht/Brose, 73. Ed. (Stand: 01.06.2024), § 178 SGB IX Rn. 30). Der Schwerbehindertenvertretung als gesetzlich eigenständigem Vertretungsorgan zur Wahrnehmung von Beteiligungsrechten zugunsten der Schwerbehinderten und der ihnen gleichgestellten Arbeitnehmer sind somit durch den Gesetzgeber eigene gesetzliche Reaktionsmittel bei Verletzung ihrer Beteiligungsrechte an die Hand gegeben worden. Darin sind abschließende Sonderregelungen zu sehen, die dem Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vorgehen (so zutreffend GK-BetrVG/Raab, 12. Auflage, § 99 Rn. 195). Würde man hier parallel zu den eigenen Sicherungsrechten der Schwerbehindertenvertretung einen gesetzlichen Verstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bejahen, könnte der Betriebsrat die Zustimmung mit der Begründung der Verletzung gesetzlicher Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung verweigern, obwohl diese selbst eine Aussetzung gar nicht verlangt hat. Eine solche Einmischung des Betriebsrats in die Organrechte der Schwerbehindertenvertretung widerspricht der gesetzlichen Aufgabenverteilung (GK-BetrVG/Raab, 12. Auflage, § 99 Rn. 195).
95So liegt der Fall hier: Die Schwerbehindertenvertretung wusste seit 16.08.2022 von der Bewerbung des gleichgestellten Mitarbeiters L. sowie von einem Vorstellungsgespräch, zu dem ihr aber keinerlei weitere Informationen insbesondere zum Zeitpunkt mitgeteilt wurden. Über ihre Teilnahme an der Betriebsratssitzung vom 25.08.2022 wusste sie ferner von der beabsichtigten, den Mitarbeiter L. nicht berücksichtigenden Versetzungsentscheidung zugunsten der beiden Mitarbeiter K. und A. . Gleichwohl intervenierte die Schwerbehindertenvertretung zu keinem Zeitpunkt in dem vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren und nahm die ihr gegebenen gesetzlichen Rechte und Möglichkeiten zur Sicherung ihrer ordnungsgemäßen Beteiligung im Verfahren nicht wahr. Sie bemühte sich stattdessen, wie dem Email-Schriftverkehr vom 22. und 30.08.2022 zu entnehmen ist, um eine anderweitige Lösung für Herrn L. Es widerspricht der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat, wenn dieser nunmehr den beabsichtigten Versetzungen die Verletzung gesetzlicher Beteiligungsrechte eines anderen Vertretungsorgans entgegenhalten könnte, die dieses Organ selbst nicht reklamiert und mit den ihr gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten zu sichern versucht hat.
96Damit wird entgegen der Ansicht des Betriebsrats gerade keine Schutzlücke begründet, die die Rechtsordnung nicht hinnehmen wollte. Vielmehr wird der gesetzgeberische Wille umgesetzt, Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung von ihr selbst wahrnehmen und sichern zu lassen - und nicht von einem anderen Mitarbeitervertretungsorgan wie dem Betriebsrat. Soweit § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Aussetzungsrecht Verletzungen der Vorgaben des § 178 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erfasst, werden damit die wesentlichen Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei personellen Maßnahmen, die Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte berühren erfasst. Denn diese - also die unverzügliche und umfassende Unterrichtung und Anhörung vor der Entscheidung - sollen der Schwerbehindertenvertretung die eigenständige Prüfung der Verletzung oder unzureichenden Berücksichtigung der Interessen des ihnen zur Vertretung anvertrauten Personenkreises und die Einwirkung auf die Entscheidung des Arbeitgebers ermöglichen. Schlägt eine nicht unmittelbar erfolgte Unterrichtung über die Bewerbung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerbers oder die Nichtermöglichung der Teilnahme an Vorstellungsgesprächen hierauf durch, begründet dies zugleich eine Verletzung von § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX und führt wiederum zu den Sicherungsrechten aus § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Anderenfalls wären immer noch entsprechende Leistungsansprüche der Schwerbehindertenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber gegeben, die notfalls auch per einstweiliger Verfügung gesichert und durchgesetzt werden könnten. Wie auch hier aber § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX - speziell in Abgrenzung zu der Kündigungen betreffenden Norm des § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX - zeigt, ist die Nachholung unterbliebener oder unvollständiger Unterrichtungen möglich und Sinn und Zweck der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht die Verhinderung einer personellen Maßnahme, sondern die Ermöglichung einer eigenständigen Prüfung des Stellenbesetzungsverfahrens auf Benachteiligungen schwerbehinderter oder gleichgestellter Bewerber und die Sicherung der Einwirkungsmöglichkeit auf die Willensbildung des Arbeitgebers (vgl. BAG vom 19.12.2018 - 7 ABR 80/16, juris, Rz. 21), notfalls durch vorübergehende Aussetzung seiner Entscheidung.
97Kommt als Reaktion auf eine unterbliebene oder unzureichende Anhörung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nach der gesetzlichen Konzeption aber lediglich die Aussetzung und Nachholung nach § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX in Betracht und ist diese gesetzliche Regelung gegenüber § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vorrangig, so kann sich aus einer Verletzung von im Vorfeld der Anhörung bestehenden Beteiligungsrechten der Schwerbehindertenvertretung aus § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX und/oder § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX erst recht kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ergeben. Dass insoweit Schadensersatzansprüche nach §§ 15, 22 AGG begründet sein könnten oder Ordnungswidrigkeitstatbestände nach § 238 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX erfüllt sein könnten, unterstreicht, dass die Rechtsordnung solche Verstöße nicht sanktionslos hinnimmt, besagt für sich genommen aber noch nichts zur Frage eines Verstoßes im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG und zur gesetzlichen Kompetenzverteilung bei Verstößen gegen Beteiligungsrechte unterschiedlicher Mitarbeitervertretungsorgane.
98Festzuhalten bleibt insoweit somit nochmals abschließend, dass es allein Sache der Schwerbehindertenvertretung ist, ihre Beteiligungsrechte einzufordern und deren Beachtung mittels Ausübung der ihr hierzu durch den Gesetzgeber speziell eingeräumten Befugnisse zu sichern, wenn sie dies für erforderlich hält. Hält sie es nicht für erforderlich, steht es nicht dem Betriebsrat zu, ersatzweise die Verletzung ihrer Rechte über die Ausübung eines Zustimmungsverweigerungsrechts aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu sanktionieren.
99Ob der Betriebsrat stattdessen möglicherweise die Verletzung eigener Beteiligungsrechte aus §§ 164 Abs. 1 Satz 4, 176 SGB IX als Gesetzesverstoß geltend machen könnte oder die Benachteiligung des Bewerbers Lenard nach § 99 Abs. 2 Nrn. 1 und/oder 3 BetrVG, bedarf keiner Entscheidung, denn auf solche Zustimmungsverweigerungsgründe hat er sich innerhalb der maßgeblichen Wochenfrist wie bereits vorstehend ausgeführt nicht berufen.
100Gleichfalls kann unentschieden bleiben, ob die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zu den beiden Versetzungen unabhängig von den hier maßgeblichen rechtlichen Erwägungen auch deshalb zu ersetzen wäre, weil Herr L. seine Bewerbung nachträglich ohnehin zurückgezogen hat. Jedenfalls im Bereich einer - hier aber nicht einschlägigen - Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG wäre eine solche nachträgliche Entwicklung bis zum Schluss der letzten mündlichen Anhörung im Beschwerderechtszug zu berücksichtigen (vgl. BAG vom 17.06.2008 - 1 ABR 20/07, juris, Rz. 29 f.).
101III.
102Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 ArbGG. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage zugelassen, ob die Verletzung der Mitwirkungsrechte der Schwerbehindertenvertretung im Stellenbesetzungsverfahren einen Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründet. Darüber hinaus ist die Rechtsbeschwerde wegen Divergenz im Hinblick auf die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 05.10.2011 - 8 TaBV 9/11 zur selben Rechtsfrage zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG).
103RECHTSMITTELBELEHRUNG
104Gegen diesen Beschluss kann von dem Beteiligten zu 2
105R E C H T S B E S C H W E R D E
106eingelegt werden.
107Für die Antragstellerin ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
108Die Rechtsbeschwerde muss
109Innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
110nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich
111oder in elektronischer Form beim
112Bundesarbeitsgericht
113Hugo-Preuß-Platz 1
11499084 Erfurt
115Fax: 0361 2626-2000
116eingelegt werden.
117Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten
118Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
119Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein.
120Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1211.Rechtsanwälte,
1222.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowieZusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andereVerbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1233.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
124In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
125Beteiligte, die als Bevollmächtigte zugelassen sind, können sich selbst vertreten.
126Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der
127jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen
128Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts
129www.bundesarbeitsgericht.de.
130*eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
131Klein Westerhorstmann- Römmelt Bachhausen-Hartnigk