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1. Wird die Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses wegen behaupteten Betriebsübergangs gegenüber zwei beklagten Ärzten eingeklagt und nicht durch Hilfsanträge auch jeweils der Fortbestand nur gegenüber einer oder einem von ihnen geltend gemacht, ist die Klage bereits dann als unschlüssig abzuweisen, wenn schon nach dem klägerischen Vorbringen ein Betriebsübergang allenfalls auf einen der beiden Beklagten, keinesfalls aber auf beide gemeinsam stattgefunden haben kann. Die Feststellung des Betriebsübergangs auf eine/n der beiden beklagten Ärzte ist gegenüber der Feststellung des Betriebsübergangs auf beide gemeinsam kein Minus, sondern ein Aliud. 2. Wird aus einem bisherigen Hausarztpraxisteam mit zwei Ärztinnen und fünf bis sechs Arzthelferinnen und/oder Empfangskräften zwar mit einer der beiden Ärztinnen zugleich die Schlüsselkraft des Betriebs übernommen, die als nunmehr angestellte Ärztin in einem anderen Betrieb weiterbeschäftigt wird und dort den wesentlichen Patientenstamm der bisherigen Hausarztpraxis betreut, werden ansonsten jedoch keine einzige weitere Mitarbeiterin und auch keinerlei sächliche oder andere immaterielle Betriebsmittel übernommen, reicht dies allein zur Begründung eines Betriebsübergangs nicht aus.
I.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 11.04.2024 - Az.: 3 Ca 1686/23 - wird zurückgewiesen.
II.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der unter dem 28.08.2023 durch den Beklagten zu 1 ordentlich mit Wirkung zum 30.09.2023 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin Z. eG, über einen von der Klägerin geltend gemachten Betriebsübergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten zu 2 und die Beklagte zu 3 sowie über Urlaubs(abgeltungs)ansprüche.
3Die Klägerin war seit 1985 bei der Insolvenzschuldnerin, die zum Zeitpunkt der Kündigung regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigte, bzw. deren Rechtsvorgängern in einem Arbeitsverhältnis angestellt, zuletzt als Arzthelferin in Teilzeit an drei Tagen pro Woche gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.012,88 €.
4Das Arbeitsverhältnis wurde begründet in der Arztpraxis des Dr. med. A., Y.-Straße 12 in W.. Die Praxis wurde zunächst fortgeführt von der Tochter des bisherigen Praxisinhabers, der nunmehr fast 70-jährigen Beklagten zu 3, sowie Herrn U. Danach führte die Beklagte zu 3 die Praxis alleine weiter, bis sie sie schließlich in die Z. eG einbrachte. Hier war die Beklagte zu 3 sonderberechtigte Genossin. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3 ging in diesem Zusammenhang auf die Z. eG über. Die Beklagte zu 3 war dort als Ärztin angestellt.
5Seit November 2021 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
6Durch Beschluss des Amtsgerichts PZ. vom 01.07.2023 - 45 IN 41/23 - wurde über das Vermögen Z. eG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt.
7Die Insolvenzschuldnerin betrieb drei medizinische Versorgungszentren in L., J. und W.. Die Praxiseinnahmen deckten zu keiner Zeit die Kosten und die Betriebsfortführung verlief defizitär. Im Insolvenz-Eröffnungsverfahren hatte der Beklagte zu 1 versucht, einen Erwerber und Investor für die Arztpraxen zu finden. Ansätze hierzu hatten letztendlich keinen Erfolg, sodass Ende August die Betriebseinstellung eingeleitet wurde und sämtliche Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt wurden. Zugleich wurde mit Schreiben vom 31.08.2023 die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt.
8Der Beklagte zu 1 stellte den Praxisbetrieb ein und die Gläubigerversammlung beschloss am 11.09.2023 die Betriebseinstellung zum 31.08.2023. Die Belegschaft wurde auf einer Videokonferenz am 29.08.2023 über die bevorstehende Einstellung unterrichtet. Hintergrund war, dass die Löhne für den Monat September nicht mehr aus der Masse gezahlt werden konnten.
9Die Patienten- und Behandlungsdaten wurden in einem externen Rechenzentrum gespeichert. Da die Patienten der Insolvenzschuldnerin für die weitere Behandlung dringend auf ihre Daten und Befunde angewiesen waren/sind, diese aber nicht herausgegeben werden konnten, hatten diverse Patienten die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, die Ärztekammer, Rechtsanwälte und Presse, Funk- und Lokalfernsehen informiert.
10Mit Schreiben vom 28.08.2023, der Klägerin am 05.09.2023 zugegangen, kündigte der Beklagte zu 1 das Arbeitsverhältnis der Klägerin "ordentlich fristgerecht betriebsbedingt" zum 30.09.2023. Der Beklagten zu 3 wurde gleichfalls - ebenso wie allen anderen Arbeitnehmern auch - zum 30.09.2023 gekündigt; alle wurden zudem von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt.
11Mit am 17.01.2024 abgesandtem Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf vom 18.10.2023 wurde gemäß § 95 Abs. 2 SGB V die Beendigung der Angestelltenverhältnisse von acht Ärztinnen der Insolvenzschuldnerin zum 22.09.2023 festgestellt, darunter das der Beklagten zu 3 und einer weiteren der Zweigpraxis W. zugeordneten Ärztin (Frau I.) und die Zulassung des Medizinischen Versorgungszentrums MVZ der Insolvenzschuldnerin zum 22.09.2023 beendet (Blatt 126 f. der erstinstanzlichen Akte).
12Am 25.09.2023 veröffentlichte die Beklagte zu 3 in den Praxisräumen in Issum die Information, dass ihr durch die Kündigung vom Insolvenzverwalter - dem Beklagten zu 1 - zum 30.09.2023 ein Arbeitsverbot erteilt worden sei, sie aber im Gespräch mit der kassenärztlichen Vereinigung sei, die Praxis in Kooperation mit Herrn N., dem Beklagten zu 2, wieder aufnehmen zu können (Blatt 168 der erstinstanzlichen Akte). In einem WhatsApp Chat von Ärztekollegen tat die Beklagte zu 3 kund, aufgrund der Übernahme eines Investors ab Oktober die Patienten weiter versorgen zu können (Blatt 169 der erstinstanzlichen Akte).
13Die Beklagte zu 3 schloss unter dem 05.10.2023 mit dem Beklagten zu 2 einen befristeten Arbeitsvertrag, wegen dessen Inhalts auf Blatt 254 ff. der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen wird und in dem unter anderem vereinbart wurde, dass das Arbeitsverhältnis mit der Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) voraussichtlich am 19.10.2023 beginne. Tatsächlich arbeitet die Beklagte zu 3 als Ärztin in der Praxis des Beklagten zu 2, wobei die zeitlichen Daten und die Rechtsgrundlage bzw. der rechtliche Status zwischen den Parteien streitig sind. Die Daten der ehemaligen Patienten, die früher von der Beklagten zu 3 versorgt wurden, stehen nach deren Behauptungen weder der Beklagten zu 3 noch dem Beklagten zu 2 zur Verfügung.
14Die Klägerin hat zunächst mit am 22.09.2023 beim Arbeitsgericht Wesel eingegangenem und dem Beklagten zu 1 am 25.09.2023 zugestelltem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben, die sie mit Schriftsatz vom 02.02.2024, jeweils zugestellt am 07.02.2024, gegenüber dem Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 bzgl. der begehrten Feststellung erweitert hat, dass ihr Arbeitsverhältnis auf diese übergegangen sei. Darüber hinaus hat sie Urlaubsansprüche geltend gemacht.
15Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die ordentliche Kündigung des Beklagten zu 1 sei sozial ungerechtfertigt. Schon im Rahmen der Insolvenz hätten durch den Beklagten zu 1 intensive Bemühungen stattgefunden, den Teilbetrieb Praxis H., W., aufrechtzuerhalten und weiterzuführen. Hierzu hätten intensive Kontakte mit der B. GmbH zur Anmietung neuer Praxisräume bestanden; die Fortsetzung sei aber letztendlich gescheitert. Zudem habe es weitere Verhandlungen zur Anmietung neuer Praxisräume gegeben. Die Klägerin hat zudem behauptet, die Insolvenzschuldnerin habe im Juli 2023 über ihr Internetportal und die Bundesagentur neue Ärzte für die Praxis W. gesucht. Selbst noch am 07.08.2023 sei auf der Website der Insolvenzschuldnerin mitgeteilt worden, dass die Praxis Mitte Oktober in neue, moderne Praxisräume umziehen werde. Eine Betriebsstilllegung hat die Klägerin vor diesem Hintergrund bestritten und die Ansicht vertreten, es sei ein Teilbetriebsrückübergang auf die Beklagte zu 3 erfolgt. Der alte Betrieb, in dem die Klägerin tätig gewesen sei, werde unverändert fortgesetzt, denn die wichtigsten Essentialia einer Arztpraxis, insbesondere also einer Hausarztpraxis, seien der tätige Arzt selbst und sein Patientengut. Eine Betriebsschließung - jedenfalls des Teilbetriebs der vormaligen Praxis H., Y.-straße 12, W. - sei nie erfolgt und es habe auch zu keinem Zeitpunkt eine endgültige Schließungs- und Stilllegungsabsicht seitens der Beklagten zu 3 bestanden, da sie seit der drohenden Insolvenz Vorkehrungen getroffen habe, die von ihr eingebrachte Praxis wieder aus der Genossenschaft zu lösen und auf eigene Beine zu stellen. Diese Absicht habe sie auch in vielfältiger Weise kommuniziert. Die Klägerin hat weiter behauptet, die Beklagte zu 3 übe ihre ärztliche Tätigkeit ab Mitte Dezember 2023, spätestens aber seit dem 02.01.2024 wieder in ihren alten ärztlichen Räumen in der Y.-straße 12 aus, dies allerdings immer noch unter der Ägide des Beklagten zu 2. Bei dem behaupteten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 2 handele es sich um ein Schein-Arbeitsverhältnis, denn parallel dazu liefen die Bemühungen der Beklagten zu 3, wieder einen eigenen Kassensitz zugewiesen zu bekommen und damit auf eigenen Füßen stehen zu können. Zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit, das Prozedere des § 17 KSchG sei nicht eingehalten. Zahl und Angabe der Beschäftigten seien unvollständig und fehlerhaft und die Einreichung sei bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit erfolgt.
16Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
171.festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten zu 1 vom 28.08.2023, zugegangen am 05.09.2023, zum 30.09.2023 und hilfsweise zum nächstmöglichen Termin sozialwidrig und rechtsunwirksam ist;
182.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin ungekündigt und zu unveränderten Bedingungen auf die Beklagten zu 2 und 3 übergegangen ist und unverändert fortbesteht;
193.festzustellen, dass der Klägerin bis einschließlich des Kalenderjahres 2023 noch 27 Tage Urlaub zustehen;
204.hilfsweise, die Beklagten zu 2 und 3 zu verurteilen, an die Klägerin 2.119,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit Klageerweiterung zu zahlen.
21Die Beklagten haben beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte zu 1 hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt, zudem liege kein Betriebsübergang vor. Er hat bestritten, selbst Stellengesuche geschaltet zu haben. Richtig sei, dass die Insolvenzschuldnerin dies wohl noch anlässlich der Investorensuche Ende Juli 2023 getan habe, da die Praxis in W. zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend besetzt gewesen sei. Der Beklagte zu 1 hat zudem behauptet, den Geschäftsbetrieb aller Standorte Ende August 2023 eingestellt zu haben, da er keinen Unternehmenskaufvertrag über die Übertragung von Teilbetrieben mit Investoren habe schließen können. Da der Geschäftsbetrieb eingestellt und sämtliche Arbeitsverhältnisse betriebsbedingt gekündigt worden seien, entfalle auch die Sozialauswahl, was zur Unbegründetheit der Klage führe. Ferner hat der Beklagte zu 1 vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe ihm gegenüber erklärt, dass sie im September noch Patienten in der Praxis angenommen und ihnen erklärt habe, dass sie aufgrund der Betriebseinstellung keine Behandlungsleistungen mehr erbringen könne. Sie habe die Patienten beraten oder an Kollegen vermittelt. Für den Beklagten zu 1 sei sie jedenfalls nicht tätig geworden. Behandlungsleistungen aus dem Monat September könnten aufgrund der angezeigten Betriebseinstellung auch nicht gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden. Weder mit dem ihm völlig unbekannten Beklagten zu 2 noch mit der Beklagten zu 3 habe der Beklagte zu 1 Unternehmenskaufverträge oder sonstige Verträge über die Übernahme von Betriebsteilen oder Betriebsmitteln geschlossen. Auch einen Kaufvertrag bzw. eine Übertragung der Praxisdaten auf die Beklagten zu 2 und 3 habe es nicht gegeben. Ihm sei nicht bekannt, ob oder auf welcher Grundlage die Beklagte zu 3 wieder als zugelassene Ärztin praktiziere. Schließlich hat der Beklagte zu 1 vorgetragen, in Vorbereitung der Betriebseinstellung im Juli 2023 drei Massenentlassungsanzeigen an die zuständigen Arbeitsagenturen der Betriebsstätten der Schuldnerin in L. J. und W. übermittelt zu haben. Mit Datum 25.07.2023 habe die Arbeitsagentur deren Eingang bestätigt, wobei hier nur die der Agentur für Arbeit PZ. vorliege.
24Der Beklagte zu 2 hat die Ansicht vertreten, dass kein Betriebsübergang stattgefunden habe, da seine einzige Verknüpfung rund um die Hausarztpraxis der Insolvenzschuldnerin darin bestehe, dass die Beklagte zu 3 aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages seit dem 19.10.2023 bei ihm beschäftigt sei. Er habe weder Verhandlungen mit der Insolvenzschuldnerin oder dem Beklagten zu 1 zu einer Übernahme des Betriebs geführt noch ein Rechtsgeschäft mit der Insolvenzschuldnerin oder dem Beklagten zu 1 abgeschlossen, das auf die Übernahme des Betriebs gerichtet gewesen wäre. Ferner habe er weder die Praxisräume noch Inventar, Geräte o.ä., noch andere Mitarbeiter, Verbindlichkeiten oder Forderungen oder sonst einen Bestandteil des Betriebs der Genossenschaft von dieser oder dem Beklagten zu 1 übernommen. Vor dem Hintergrund, dass er nunmehr die einzige Hausarztpraxis in TB. betreibe, sei ein Teil der Patienten, die zuvor von der Insolvenzschuldnerin versorgt worden seien, jetzt bei ihm in Behandlung. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Nachbarorten aufgrund der ohnehin bestehenden Arbeitsüberlastung keine neuen Patienten mehr aufgenommen hätten. Obwohl er eigentlich keine Kapazitäten habe, habe er sich als Arzt - nicht als Unternehmer - für eine zumindest vorübergehende Patientenversorgung entschieden und habe allein aus diesem Grunde die Beklagte zu 3, die eigentlich aus Altersgründen nicht mehr habe praktizieren wollen, befristet eingestellt.
25Die Beklagte zu 3 hat gleichfalls die Ansicht vertreten, dass kein Betriebsübergang stattgefunden habe. Auf sie habe ein solcher auch gar nicht stattfinden können, da sie bis heute keine eigenständige ärztliche Praxis ("Betrieb") führe. Da die Voraussetzungen von § 613a BGB nicht vorlägen, habe die Klägerin auch keine Urlaubs-und/oder Zahlungsansprüche.
26Das Arbeitsgericht Wesel hat der Klage mit Urteil vom 11.04.2024 gegenüber dem Beklagten zu 1 teilweise dahingehend stattgegeben, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht zum 30.09.2023, sondern unter Berücksichtigung der zutreffenden Kündigungsfrist erst zum 31.12.2023 festgestellt worden ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klageabweisung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung des Beklagten zu 1 wegen Betriebsschließung sozial gerechtfertigt sei und das Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin daher wirksam beendet habe. Den Kündigungsgrund habe die Klägerin allein mit dem Argument in Zweifel gezogen, es sei ein Teilbetriebsrückübergang auf die Beklagte zu 3 bzw. den Beklagten zu 2 erfolgt. Eine Fortführung des Betriebes durch den Beklagten zu 1 oder gar die Insolvenzschuldnerin behaupte die Klägerin nicht. Die Klägerin habe hier schon die Voraussetzungen für einen Teilbetrieb, der gegebenenfalls übergegangen sein könnte, nicht ausreichend dargelegt. Sie habe nicht dargelegt, inwiefern die Praxis in Issum eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit dargestellt habe. Es sei kein Vortrag zu einer wirtschaftlichen Identität eines gegebenenfalls übergegangenen Betriebsteils ersichtlich. Zudem fehle jedweder Vortrag dazu, "was" denn übernommen worden sein solle. Ein dem Übergang zugrundeliegendes Rechtsgeschäft sei ebenso wenig dargetan. Der Klägerin könne in diesem Zusammenhang auch nicht die Behauptung helfen, die wichtigsten Essentialia einer Hausarztpraxis seien der tätige Arzt selbst und sein Patientengut. Folge man dieser Ansicht, wäre ein Betriebsübergang auch dann anzunehmen, wenn jeder zunächst angestellte Arzt seine Patienten in irgendeiner Weise weiterbehandele, was der höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspreche. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowohl der Klägerin als auch der Beklagten zu 3 habe die Beklagte zu 3 in den Geschäftsräumen der alten Praxis keine Patienten mehr behandelt. Die Ansicht der Klägerin, bei dem Arbeitsvertrag zwischen dem Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 handele es sich um einen Scheinarbeitsvertrag, sei nicht nachvollziehbar. Es sei unstreitig, dass die Beklagte zu 3 in der Praxis des Beklagten zu 2 tätig sei, dies unstreitig zumindest von Oktober bis Dezember 2023, für die Zeit danach sei die Klägerin mit einer anderslautenden Behauptung beweisfällig geblieben. Für die Behauptung der Klägerin zu einem Scheinvertrag fehle danach jedes nachvollziehbare Argument. Die Klägerin reklamiere im Rahmen des behaupteten Betriebsübergangs für sich, dass die Beklagte zu 3 nach Schließung der Praxis durch den Beklagten zu 1 diese "irgendwie" weiterbetrieben und die Patienten weiter versorgt hätte. Das Hauptargument der Klägerin sei, dass die Beklagte zu 3 mehrfach publik gemacht habe, dass es mit der Praxis weitergehen werde, auf welche Weise auch immer. Die Klägerin lege aber in keiner Weise substantiiert dar, inwiefern ein wie auch immer gearteter Teilbetrieb der Insolvenzschuldnerin von der Beklagten zu 3 fortgeführt worden sein sollte. Sowohl die Verhandlungen mit der B. GmbH als auch andere Planungen zu einer Neueröffnung im Oktober seien nicht realisiert worden, anderes behaupte selbst die Klägerin nicht. Damit stehe fest, dass die Beklagte zu 3 zunächst mit der Insolvenzschuldnerin und später auch im Rahmen der Fortführungsbemühungen durch den Beklagten zu 1 Fortführungspläne angestoßen habe, diese aber alle im Sande verlaufen seien. Die Situation stelle sich also so dar, dass aufgrund der Tatsache, dass mit der B. GmbH oder einem anderen Investor keine Fortführung habe realisiert werden können, die Beklagte zu 3 keine andere Möglichkeit zur Versorgung ihrer Patienten gesehen habe, als dies im Rahmen eines Anstellungsvertrages mit dem Beklagten zu 2 zu ermöglichen. Hierin könne kein Teilbetriebsübergang gesehen werden, es fehle diesbezüglich an der Übernahme einer bestehenden Organisationsstruktur. Die Ansicht der Klägerin, ein Betriebsübergang auf den Beklagten zu 2 sei erfolgt, sei gleichfalls nicht nachvollziehbar. Diesbezüglich gebe es gar keinen Vortrag. Mangels Teilbetriebsübergangs auf einen der Beklagten zu 2. oder 3. bestünden somit keine Zweifel an der Betriebsstilllegung und damit auch an der Wirksamkeit der Kündigung des Beklagten zu 1. Diese begründeten sich auch nicht aus einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige, denn die Klägerin habe schon nicht schlüssig dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 17 KSchG hinsichtlich ihrer Kündigung gegeben seien. Mangels Betriebsübergangs sowohl auf den Beklagten zu 2 als auch die Beklagte zu 3 gehe der Feststellungsantrag der Klägerin, mit dem sie den Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit diesen beiden Beklagten begehre, ins Leere. Auch ihr Antrag auf Feststellung, dass ihr noch 27 Urlaubstage zustehen, sei abzuweisen, da dieser allenfalls in einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis Aussicht auf Erfolg haben könne. Da die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 31.12.2023 wirksam sei, bestehe jedoch kein Arbeitsverhältnis mehr, für welches Urlaubsansprüche festgestellt werden könnten. Schließlich sei der Hilfsantrag auf Zahlung von Urlaubsabgeltung, der gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichtet sei, mangels Arbeitsverhältnisses mit diesen beiden Beklagten unbegründet.
27Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten am 31.05.2024 zugestellt worden. Sie hat mit am 24.06.2024 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.09.2024 - mit am 02.09.2024 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet hat.
28Die Klägerin verfolgt ihr Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens in vollem Umfang weiter und rügt die Verletzung von Hinweispflichten sowie die Überspannung der Anforderungen an den von ihr zu leistenden Tatsachenvortrag. Zwar sei einzuräumen, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine Fortführung der ärztlichen Praxis Dr. H. bei der Klägerin liege. Jedoch hätten die dargelegten Verlautbarungen der Beklagten zu 3 in Presse und sonstigen Publikationen Anlass geboten, die Beklagte zu 3 zum Sachverhalt anzuhören. Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 3 habe den von ihr zuvor in die Insolvenzschuldnerin eingebrachten Patientenstamm im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 1 wieder aus der Insolvenzschuldnerin herausgelöst und sich dessen ärztliche Weiterversorgung gesichert. Damit habe sie die Voraussetzungen für die Weiterführung ihrer alten Praxis im Sinne einer abgetrennten, zu jeder Zeit selbständigen Einheit geschaffen. Die Arztpraxis der Beklagten zu 3 sei von der Einrichtung her nach wie vor im Hause der Beklagten zu 3 in der Y.-straße 12 in W. vorhanden. Die elektronischen Geräte seien alle sofort einsetzbar. In den benachbarten Praxisräumen des Beklagten zu 2 behandelten dieser und die Beklagte zu 3 ihre Patienten grundsätzlich getrennt. Mithin behandle die Beklagte zu 3 ihren alten Patientenstamm dort weiter und der Beklagte zu 2 den seinen. Eine übergreifende Behandlung geschehe nur ausnahmsweise. Gegenüber einer Patientin habe die Beklagte zu 3 geäußert, wegen der schwebenden Prozesse könne sie in ihrer alten Praxis nicht weiter praktizieren, das sei erst nach Prozessende möglich. Hieraus werde ersichtlich, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Beklagten zu 2 und 3 nur um einen Scheinvertrag handele. Die vorherige Hausarztpraxis der Beklagten zu 3 sei aufgrund ihrer Persönlichkeit, den wenigen Beschäftigten, dem für eine landärztliche Hausarztpraxis üblichen Inventar und Gerät eine organisatorische Einheit gewesen. Diese habe die Beklagte zu 3 in die Insolvenzschuldnerin eingebracht mit der Folge, dass die Praxis dort dann einen Teilbetrieb begründet habe. Nach Einleitung des Insolvenzverfahrens habe die Beklagte zu 3 ihren persönlichen Sitz hier wieder gelöst und ihre alte eigenständige Tätigkeit wieder aufgenommen. Der Beklagte zu 1 habe hiervon Kenntnis gehabt und dies ausdrücklich gebilligt, jedenfalls aber zustimmend hingenommen. Die Beklagte zu 3 habe aufgrund der ihr offenkundig durch ihren rechtlichen Berater mitgeteilten rechtlichen Risiken eines Betriebsübergangs und auch in Anbetracht des seitens des Beklagten zu 1 ausgesprochenen Tätigkeitsverbots eine vorübergehende Ausweichmöglichkeit gesucht und in der Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 2 gefunden. Dort übe sie nunmehr bis auf den heutigen Tag ihre ärztliche Tätigkeit mit eigenem Patientenstamm nur vorübergehend zur Verdeckung des Teilbetriebsübergangs aus. Dass die Patientenunterlagen kurzfristig nicht verfügbar gewesen seien, sei nicht entscheidend. Denn sie seien nach entsprechenden rechtlichen Interventionen schon im Zeitpunkt des Tätigwerdens der Beklagten zu 3 in den Räumen des Beklagten zu 2 wieder verfügbar gewesen. Für ihren Patientenstamm sei die Beklagte zu 3 die Bezugsperson geblieben. Die örtliche Lage der Praxisräume sei vor diesem Hintergrund unerheblich. Zwischen dem Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 habe es auch ein Rechtsgeschäft gegeben, und zwar mindestens in Form des von ihnen vorgelegten Anstellungsvertrages sowie ungeachtet der Frage, ob dieser Vertrag rechtlich wirksam oder ein Scheinvertrag sei. Die Vereinbarung zwischen den Beklagten zu 2 und 3 habe zudem der Beklagte zu 1 zumindest gebilligt und geduldet. Der Beklagte zu 2 habe den Teilbetrieb der ehemaligen Praxis der Beklagten zu 3 übernommen und in seine Praxisorganisation integriert. Er habe der Beklagten zu 3 in gewissem Umfang auch sein Personal und die in seiner Praxis vorhandenen Geräte zur Verfügung gestellt und sei Anlaufstation für den von der Beklagten zu 3 weiterbehandelten Patientenstamm der Beklagten zu 3 gewesen. Damit seien die Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt. Konsequenz der Aufnahme der Beklagten zu 3 durch den Beklagten zu 2 sei gewesen, dass dieser weiteres Personal gesucht und auch gefunden habe. In der Konsequenz der Regelung des § 613a BGB hätte er aber die Klägerin und ihre Kolleginnen übernehmen müssen. Bestritten werde, dass die Beklagte zu 3 untergeordnete Angestellte und nicht entscheidungsbefugt bezüglich ihrer Patientinnen und Patienten sei. Vielmehr habe sie selbst verlautbart, "in Kooperation" mit dem Beklagten zu 2 tätig zu werden.
29Die Klägerin beantragt,
30das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 11.04.2024 - 3 Ca 1686/23 - abzuändern und
311.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Insolvenzschuldnerin durch die Kündigung des Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 28.08.2023 nicht beendet worden ist;
322.festzustellen, dass zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3 ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des vorherigen Arbeitsverhältnisses zur Insolvenzschuldnerin besteht;
333.festzustellen, dass der Klägerin bis einschließlich des Kalenderjahres 2023 noch 27 Tage Urlaub zustehen;
344.hilfsweise, die Beklagten zu 2 und 3 zu verurteilen, an die Klägerin 2.119,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit Klageerweiterung zu zahlen.
35Die Beklagten beantragen,
36die Berufung zurückzuweisen.
37Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie halten das Vorbringen der Klägerin zur Begründung eines Teilbetriebsübergangs bereits für unschlüssig und bestreiten jedenfalls unverändert das Vorliegen der hierfür erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen zudem vor, dass ihr Arbeitsvertrag keineswegs ein Scheinvertrag sei, sondern wie vereinbart mit einer Befristung bis 18.10.2025 durchgeführt werde. Hierfür habe der Beklagte zu 2 für die Beklagte zu 3 eine entsprechende Zulassung beantragt, die der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf auch antragsgemäß für zwei Jahre bewilligt habe (Blatt 308 der Akte). Die Beklagte zu 3 sei in den Praxisräumen des Beklagten zu 2 als Angestellte tätig und nutze - unstreitig - dessen Räumlichkeiten, Personal und Inventar. Außer der Beklagten zu 3 sei kein weiteres Personal aus der Praxis der Insolvenzschuldnerin bei dem Beklagten zu 2 beschäftigt. Personalhoheit, Finanzhoheit und Organisationshoheit oblägen allein dem Beklagten zu 2. Dieser rechne auch gegenüber der Krankenkasse ab, nicht die Beklagte zu 3, die hierzu auch gar nicht befugt sei. Richtig sei, dass die Beklagte zu 3 im Betrieb des Beklagten zu 2 im Wesentlichen - jedoch nicht ausschließlich - die Patienten, die auch schon zuvor von ihr betreut worden seien, weiterbetreue. Es sei aber kein Patientenstamm übernommen oder übertragen worden. Die Weiterbetreuung erfolge, weil die Beklagte zu 3 die Patienten angesichts des Ärztemangels im ländlichen Raum nicht habe unversorgt bleiben lassen wollen. Eine Weiterführung der bisherigen Praxis der Insolvenzschuldnerin in W. sei damit nicht verbunden. Diese sei auch nicht aus der Insolvenzschuldnerin herausgelöst worden. Auch eine diesbezügliche Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1 existiere nicht.
38Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
39E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
40I.
41Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
42II.
43Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Die Klage wurde durch das Arbeitsgericht rechtlich einwandfrei im Wesentlichen, nämlich jenseits der (von Beklagtenseite nicht angegriffenen) Feststellung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Insolvenzschuldnerin nicht zum 30.09.2023, sondern erst zum 31.12.2023, abgewiesen. Die Berufungskammer folgt den hierzu getroffenen erstinstanzlichen Feststellungen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die zur Klageabweisung führenden Feststellungen des Arbeitsgerichts infrage zu stellen. Lediglich ergänzend zu der zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung ist hierzu folgendes auszuführen:
441. Inhaltlich greift die Klägerin das erstinstanzliche Urteil letztlich allein hinsichtlich der Feststellungen dazu an, dass es im Zusammenhang mit ihrer Kündigung zu keinem Teilbetriebsübergang gekommen sei, so dass weder die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs statt einer Betriebsschließung sozial ungerechtfertigt noch ein Arbeitsverhältnis mit den Beklagten zu 2 und 3 zustande gekommen sei. Dabei wiederholt sie im Wesentlichen lediglich ihr erstinstanzliches Vorbringen erneut und meint, dass das Arbeitsgericht dieses unzutreffend gewürdigt habe.
45Dem ist jedoch nicht so. Zutreffend hat das Arbeitsgericht vielmehr erkannt, dass es vorliegend an hinreichenden Indizien zur Annahme eines Teilbetriebsübergangs fehlt.
46a. Es spricht einiges dafür, dass es dem Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen eines Teilbetriebsübergangs hier von vornherein schon an Schlüssigkeit deshalb mangelt, weil nach ihrem in weiten Teilen mehr spekulativ als konkret tatsachenbasiert erfolgenden Vorbringen unklar bleibt, ob nun ein Teilbetriebsübergang auf die Beklagte zu 3 oder den Beklagten zu 2 oder - und falls ja: warum - auf beide Beklagten zu 2 und 3 gemeinsam geltend gemacht wird. Der Klageantrag Ziffer 2 jedenfalls macht einen Übergang und Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagten zu 2 und 3 geltend. Das würde bedeuten, dass diese beiden Beklagten Betriebsinhaber (geworden) sind, also gemeinsam die Leitungsmacht in einem Praxisbetrieb ausüben, auf den eine von der Klägerin behauptete abgrenzbare Teileinheit des früheren Betriebs der Insolvenzschuldnerin übergegangen wäre. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. So belegt der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf vom 18.10.2023 schon nicht den Betrieb einer Gemeinschaftspraxis durch die Beklagten zu 2 und 3, sondern das Vorliegen eines Anstellungsverhältnisses der Beklagten zu 3 beim Beklagten zu 2. Und eben dies wird auch belegt durch den Arbeitsvertrag vom 05.10.2023. Die Ansicht der Klägerin, dieser Vertrag sei lediglich ein Scheinvertrag, wird durch keinen hierzu schlüssigen Sachvortrag gestützt. Allein eine angebliche Äußerung der Beklagten zu 3 gegenüber einer Patientin reicht hierfür ebenso wenig aus wie die vorherigen Verlautbarungen der Beklagten zu 3. Diese mögen zeigen, dass es verschiedene Überlegungen gegeben hat, möglicherweise auch eine dahingehend, dass die Beklagte zu 3 den Issumer Praxisbetrieb in der einen oder anderen Form weiterführen würde. Sie zeigen aber nicht auf, dass und inwiefern diese Überlegungen dann auch überhaupt weiter konkretisiert, geschweige denn umgesetzt worden wären. Selbst wenn die Beklagte zu 3 über einen längeren Zeitraum - und sei es auch nur zur Vermeidung damit verbundener arbeitsrechtlicher Risiken - eine eigene Praxisfortführung vermeidet, indem sie in ein Anstellungsverhältnis zum Beklagten zu 2 eintritt, begründet dies keinen Rechtsmissbrauch und macht aus einem tatsächlich umgesetzten Arbeitsvertrag keinen Scheinvertrag. Denn zum einen ist es reine Spekulation, ob die - immerhin schon gut 70 Jahre alte (!) - Beklagte zu 3 irgendwann in der Zukunft doch noch wieder selbständig als Praxisinhaberin ihren früheren Patientenstamm betreuen will und wird, wie es vielleicht ein paar Äußerungen als Gedankenspiel belegen mögen, zum anderen begründet dies keinen Betriebsübergang, wenn zwischenzeitlich über Monate und inzwischen ein ganzes Jahr hinweg ein solcher Betriebsinhaberwechsel auf sie eben nicht stattfindet. Dann könnte sie allenfalls noch einen Betriebsteil vom Beklagten zu 2 übernehmen, ganz sicher aber nicht mehr vom Beklagten zu 1 bzw. der Insolvenzschuldnerin, die seit September 2023 bereits unstreitig keinerlei betriebliche Tätigkeit mehr entfalten.
47Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass eine abgrenzbare wirtschaftliche Einheit von einem Betriebsinhaber auf einen anderen Betriebsinhaber übergeht. Verantwortlich für den Betrieb einer wirtschaftlichen Einheit - und mithin Betriebsinhaber - ist die Person, die die wirtschaftliche Einheit im eigenen Namen führt und nach außen als deren Inhaber auftritt (vgl. BAG vom 25.01.2018 - 8 AZR 309/16, juris, Rz. 56). Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (vgl. BAG vom 25.01.2018 - 8 AZR 309/16, juris, Rz. 56; BAG vom 10.05.2012 - 8 AZR 434/11, juris, Rz. 27).
48Weder die Zulassungsentscheidung vom 18.10.2023 noch der Arbeitsvertrag vom 05.10.2023 sprechen für eine Betriebsinhaberschaft der Beklagten zu 2 und 3 - selbst wenn man an dieser Stelle einmal unterstellt, es läge schlüssiger Vortrag zu einem Übergang einer wirtschaftlichen Teileinheit "Praxisbetrieb Issum" der Insolvenzschuldnerin als solcher überhaupt vor. Denn die Beklagte zu 3 führt den Praxisbetrieb des Beklagten zu 2, in den die - unterstellte - wirtschaftliche Teileinheit des früheren Betriebs der Insolvenzschuldnerin überführt worden sein soll, nicht nach außen und tritt nicht als dessen (Mit-)Inhaberin auf. Auch die Klägerin behauptet ja nicht, dass die Beklagten zu 2 und 3 als Gemeinschaftspraxis N./H. aufträten. Unbestritten ist zudem, dass die Beklagte zu 3 keine eigene Abrechnung gegenüber den Krankenkassen vornehmen kann und darf. All dies spricht gegen eine Betriebsinhaberschaft der Beklagten zu 3. Dass diese Weisungs- und Organisationsrechte im Praxisbetrieb des Beklagten zu 2 ausüben dürfte und dies auch tut, macht selbst die Klägerin nicht mit einer einzigen konkreten Tatsachenbehauptung geltend.
49Im Gegenteil: Mit Schriftsatz vom 26.09.2024 trägt die Klägerin selbst und im Übrigen im Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen zu einem "Betriebsrückübergang" auf die Beklagte zu 3 vor, der Beklagte zu 2 habe den Teilbetrieb der ehemaligen Praxis der Beklagten zu 3 übernommen und in seine Praxisorganisation integriert. Er habe der Beklagten zu 3 in gewissem Umfang auch sein Personal und die in seiner Praxis vorhandenen Geräte zur Verfügung gestellt und sei Anlaufstation für den von der Beklagten zu 3 weiterbehandelten Patientenstamm der Beklagten zu 3 gewesen. Damit seien die Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt. Konsequenz der Aufnahme der Beklagten zu 3 durch den Beklagten zu 2 sei gewesen, dass dieser - also nicht etwa er und die Beklagte zu 3 gemeinsam - weiteres Personal gesucht und auch gefunden habe. Mit diesem Vorbringen ist jedenfalls die Ansicht, (auch) die Beklagte zu 3 sei Betriebsinhaberin einer - unterstellt übergegangenen - wirtschaftlichen Teileinheit geworden, unvereinbar. Das Vorbringen ist somit zumindest im Verhältnis zur Beklagten zu 3 schlicht unschlüssig.
50Dass der Klageantrag Ziffer 2 dahingehend teilbar wäre, dass die Klägerin anstelle der Feststellung eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zu den Beklagten zu 2 und 3 als Minus auch eine Feststellung allein gegenüber dem Beklagten zu 2 oder der Beklagten zu 3 begehrt, ist nicht erkennbar und lässt sich ihrem eigenen Vorbringen auch nicht entnehmen. Ob nun der Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3, allein der Beklagte zu 2 oder allein die Beklagte zu 3 Betriebsinhaber und damit im Falle des Vorliegens auch der übrigen Voraussetzungen des § 613a BGB neuer Vertragspartner sind, dürfte gegenüber der von der Klägerin mit dem Antrag Ziffer 2 gewählten Antragstellung ein Aliud, nämlich etwas anderes und nicht lediglich ein Minus, also ein Weniger darstellen. Der mit dem Antrag Ziffer 2 begehrten Feststellung fehlt jedoch wie aufgezeigt von vornherein schlüssiger Vortrag der Klägerin.
51b. Unabhängig hiervon und die Entscheidung eigenständig tragend sind aber auch die Voraussetzungen eines Teilbetriebsübergangs im Übrigen - sei es auf den Beklagten zu 2, die Beklagte zu 3 oder beide gemeinsam - nicht gegeben.
52aa. In seiner zur Frage eines Betriebsübergangs im Falle von Arztpraxen ergangenen Leitentscheidung vom 22.06.2011 (8 AZR 107/10, juris, Rz. 35 ff.) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt - und dem folgt die erkennende Berufungskammer -, dass ein Betriebsübergang vorliegt, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff "wirtschaftliche Einheit" bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit unter Wahrung ihrer Identität übergegangen ist, sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen. Zu diesen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer der evtl. Unterbrechung der Betriebstätigkeit (BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 35).
53Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Betriebsinhabers ein, also mit dem Wechsel der Person, die für den Betrieb der übertragenen Einheit als Inhaber verantwortlich ist. Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als Betriebsinhaber auftritt. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 36 m.w.N.).
54Eine Arztpraxis kann eine solche wirtschaftliche Einheit darstellen. Deren Zweck ist darauf gerichtet, für Patienten medizinische Dienstleistungen zu erbringen. Um diese ärztlichen Tätigkeiten zu erledigen, bedarf es einer Organisation, welche diesem Betriebszweck dient. Erforderlich sind Mitarbeiter, welche nachgeordnete Personaldienstleistungen, wie Empfangs- und Telefondienst, Schreibarbeiten und den oder die Ärzte unterstützende medizinisch-technische Tätigkeiten verrichten. Weiter gehören dazu Betriebsmittel (zB Büro-, Wartezimmereinrichtung, Patientenkartei, medizinische Untersuchungs- und Behandlungsgeräte sowie vor allem Praxisräume). Trotz dieser materiellen Betriebsmittel, ohne die eine Arztpraxis nicht betrieben werden kann, steht die Patientenbetreuung durch den oder die Ärzte und die nichtärztlichen Praxismitarbeiter im Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit. So ist die gesamte Organisation einer von einem Arzt allein betriebenen Praxis auf die Person des Arztes zugeschnitten, insbesondere auf dessen individuelle ärztliche Arbeitsweise. Hinzu kommt, dass Patienten eine Arztpraxis häufig deshalb aufsuchen, weil sie dem dort tätigen Arzt oder den dort tätigen Ärzten besonderes Vertrauen entgegenbringen oder dessen/deren Sachkunde oder Fähigkeiten schätzen und weil sie sich von ihm/ihnen und den Mitarbeitern gut betreut fühlen. Damit wird die Arbeit einer Arztpraxis in der Regel durch die dort tätigen Personen, nicht durch die vorhandenen Betriebsmittel geprägt (BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 37). Ausnahmen von diesem Grundsatz können dann vorliegen, wenn eine Arztpraxis vor allem durch die vorhandenen medizinischen Geräte und weniger durch die dort tätigen Ärzte geprägt ist und die Praxis vor allem wegen der medizinischen Untersuchungs- bzw. Behandlungsgerätschaften aufgesucht wird (zB radiologische oder nuklearmedizinische Praxen). Eine solche Ausnahme ist bei einer - wie hier - allgemeininternistischen oder hausärztlichen Praxis nicht gegeben (vgl. BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 37).
55Zur Erreichung des Betriebszweckes einer solchen Arztpraxis kommt es deshalb im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Die materiellen und immateriellen Betriebsmittel spielen nur eine untergeordnete Rolle. Es handelt sich demnach um einen betriebsmittelarmen Betrieb, bei dem es auf ein "eingespieltes Mitarbeiterteam" und die Fachkenntnisse dieser Mitarbeiter ankommt. Ein solcher Betrieb kann zwangsläufig unter Aufrechterhaltung seiner Identität nur dann von einem Betriebserwerber fortgeführt werden, wenn dieses Mitarbeiterteam übernommen wird, weil dieses beim betriebsmittelarmen Betrieb identitätsbildend ist (BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 38 m.w.N.).
56bb. In Anwendung dieser Grundsätze kann ein Teilbetriebsübergang nach § 613a BGB hier weder zum Zeitpunkt der von dem Beklagten zu 1 ausgesprochenen Kündigung im September 2023 - auch nicht als die Betriebsschließung ausschließend beabsichtigt - noch zum Oktober 2023 oder einem späteren Zeitpunkt bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung festgestellt werden.
57Denn bei der Zweig-Arztpraxis Issum der Insolvenzschuldnerin - zugunsten der Klägerin unterstellt, dass diese eine übergangsfähige, abgrenzbare wirtschaftliche (Teil-) Einheit bildete - handelte es sich um einen betriebsmittelarmen Betriebsteil im Sinne der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Übernahme der zentralen ärztlichen Fachkraft, nämlich der Beklagten zu 3 entweder (und nach der dokumentierten Sachlage wohl wie ausgeführt einzig überzeugend) durch Einstellung beim Beklagten zu 2 in dessen Praxisbetrieb oder (fernliegend, aber hier alternativ unterstellt) durch die Beklagten zu 2 und 3 als Gemeinschaftspraxis oder (noch fernliegender, weil hierfür nun gänzlich gar nichts ersichtlich und vorgetragen ist, aber hier gleichfalls alternativ unterstellt) durch eigenbetriebliche Tätigkeit der Beklagten zu 3 begründet dabei sicherlich, da es sich um die Schlüsselkraft im Hinblick auf die Patientenbindung handelte, zusammen mit der Weiterbehandlung des wesentlichen Patientenstamms ein erhebliches und notwendiges Indiz für einen Übergang und die Fortführung der wirtschaftlichen (Teil-)Einheit.
58Das allein begründet jedoch noch kein hinreichendes Indiz für einen Teilbetriebsübergang. Denn gegen einen identitätswahrenden Übergang einer wirtschaftlichen Teileinheit spricht hier, dass außer der Beschäftigung der Beklagten zu 3 in den Praxisräumen des Beklagten zu 2 in dessen hausärztlicher Praxis und der unstreitigen Weiterbehandlung im Wesentlichen des bisherigen Patientenstamms der Beklagten zu 3 durch diese ansonsten keinerlei Personalwechsel zum Beklagten zu 2 stattgefunden hat. Die Klägerin selbst stellt insoweit unstreitig, dass dieser aber durchaus wegen der Beschäftigung der Beklagten zu 3 nunmehr einen Personalmehrbedarf hatte, der jedoch durch anderweitige Neueinstellungen gedeckt wurde. Wie das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung zu Recht betont hat, kommt es im betriebsmittelarmen Betrieb einer Arztpraxis zwar durchaus wesentlich auf den behandelnden Arzt an, jedoch eingebunden in eine Organisation der Arztpraxis bestehend aus einem eingespielten Mitarbeiterteam und somit auch auf die Fachkenntnisse dieser weiteren Mitarbeiter. Ein solcher Betrieb kann zwangsläufig unter Aufrechterhaltung seiner Identität nur dann von einem Betriebserwerber fortgeführt werden, wenn dieses Mitarbeiterteam übernommen wird, weil dieses beim betriebsmittelarmen Betrieb identitätsbildend ist (nochmals: BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 107/10, juris, Rz. 38).
59Das Praxisteam der Zweigpraxis W. der Insolvenzschuldnerin war keine "One-Woman-Show" bestehend allein aus der Beklagten zu 3, auch wenn ihr sicherlich eine zentrale Funktion für die Patientenbindung zukam - weshalb hier in diesem Zusammenhang ja auch bereits von einem notwendigen, aber eben nicht hinreichenden Indiz für einen Betriebsübergang gesprochen worden ist. Die Identität des bisherigen Praxisbetriebs wurde vielmehr geprägt von dem dort tätigen, eingespielten Mitarbeiterteam. Dieses bestand nach den aus der Akte und hier insbesondere Teilen des wechselseitigen Vorbringens und den Anlagen zu entnehmenden Angaben - in sich schlüssig gehaltener Sachvortrag der Klägerin fehlt ja auch hierzu gänzlich - aus der Praxismanagerin Frau FV. (Schriftsatz der Klägerin vom 11.04.2024, Blatt 408/409 der erstinstanzlichen Akte), weiteren Arzthelferinnen und Empfangskräften wie u.a. auch der - zuletzt aber längere Zeit erkrankten - Klägerin und auch weiteren ärztlichen Kräften. Der Bericht des Beklagten zu 1 vom 22.08.2023 an das Insolvenzgericht (Blatt 97 ff. der erstinstanzlichen Akte) führt auf Seite 10 zur Arztpraxis in Issum fünf Helferinnen auf. Der Beschluss vom 18.10.2023 des Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf (Blatt 126 f. der erstinstanzlichen Akte) nennt zur Zweigpraxis W. zwei in Vollzeit beschäftigte Ärztinnen, nämlich neben der Beklagten zu 3 noch Frau I. (unter Ziffer 7). Die Klägerin selbst bezieht sich in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 19.03.2024 (Seite 6) auf acht Beschäftigte der Zweigpraxis, was den vorstehend genannten Zahlen in etwa entspricht. Unstreitig, nämlich bestätigt durch den Schriftsatz der Klägerin vom 26.09.2024 ist, dass hiervon allein die Beklagte zu 3 in den Praxisbetrieb des Beklagten zu 2 gewechselt ist. Damit jedoch ist hier kein Mitarbeiterteam und auch keine durch dieses gebildete Praxisorganisation übernommen worden, sondern allein eine - wenn auch sicherlich die herausragende - ärztliche Fachkraft.
60Die Beklagte zu 3 jedoch ist kein organisatorisch verselbständigter Betriebsteil. Ihre Beschäftigung und die durch sie im wesentlichen fortgeführte Betreuung des Patientenstamms der bisherigen Issumer Praxis der Insolvenzschuldnerin begründet ohne Übernahme irgendeiner ersichtlichen organisatorischen Einheit aus und zusammen mit weiteren Mitarbeitern der bisherigen Arztpraxis keinen identitätswahrenden Übergang eben einer solchen.
61Es ist zwar für betriebsmittelarme Einheiten anerkannt, dass bei Übernahme qualifizierter Schlüsselkräfte - und um eine solche handelt es sich bei der Beklagten zu 3 zweifellos - keine weit überwiegende bis nahezu vollständige, sondern bereits die Übernahme des überwiegenden Teils des bisherigen qualifizierten Personals ein sehr starkes Indiz für einen Betriebsübergang begründen kann (vgl. BAG vom 21.06.2012 - 8 AZR 181/11, juris, Rz. 43/44; siehe auch Willemsen in: Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 6. Auflage, G 106 m.w.N.). Hier jedoch wurde allein die Beklagte zu 3 und sonst niemand und mithin erst recht kein überwiegender Teil der bisherigen qualifizierten Betriebsbelegschaft übernommen.
62Soweit das Bundesarbeitsgericht auch für betriebsmittelarme Betriebe der Übernahme von Betriebsmitteln von nicht unerheblichem Wert zumindest eine indizverstärkende Wirkung zuspricht (hierzu BAG vom 21.06.2012 - 8 AZR 181/11, juris, Rz. 45; siehe auch Willemsen in: Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 6. Auflage, G 106), bleibt hier festzustellen, dass unstreitig keinerlei solche sächlichen Betriebsmittel übergegangen sind. Die Beklagte zu 3 arbeitet in den Praxisräumen des Beklagten zu 2 und nutzt dort ausschließlich dessen Betriebsmittel und Personal. Wenn auch diese Praxis der früheren Zweigpraxis der Insolvenzschuldnerin örtlich sehr nahe gelegen ist, hat ein Übergang sächlicher Betriebsmittel nicht stattgefunden. Dass die "Patientenkartei", also die Patientenakten der bisherigen Zweigpraxis Issum der Insolvenzschuldnerin auf den Beklagten zu 2 oder die Beklagten zu 2 und 3 übergegangen, also in irgendeiner Weise Zugriff auf diese erlangt worden wäre, behauptet die Klägerin ins Blaue hinein, die Beklagten zu 2 und 3 bestreiten es ausdrücklich, der Beklagte zu 1mit Nichtwissen. Mangels irgendwie konkreter Anhaltspunkte im Vorbringen der Klägerin kann der Übergang der Patientenakten hier mithin nicht festgestellt werden. Unabhängig hiervon wäre selbst das aber auch kein hinreichendes Indiz für das Vorliegen eines Teilbetriebsübergangs, solange eben wie festgestellt in dem betriebsmittelarmen Betrieb der ärztlichen Zweigpraxis W. allein die Beklagte zu 3 "übernommen" wurde, ansonsten jedoch keine einzige Mitarbeiterin des bisherigen Praxisteams und auch im Übrigen keinerlei sächliche oder anderweitige Betriebsmittel. Die Beklagte zu 3 allein ist schon keine organisatorische Einheit und vermag die Identität einer solchen auch nicht zu wahren. Der Übergang einer irgendwie organisatorisch abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit als solcher kann mit ihrem Wechsel zum Beklagten zu 2 allein nicht begründet werden, auch wenn sie dort den wesentlichen Patientenstamm weiterbetreut (im Übrigen ja auch schon mangels einer Alternative der Patienten angesichts des unstreitigen Ärztemangels im betroffenen ländlichen Gebiet am Niederrhein) und selbst wenn sie hierzu nunmehr auch auf die früheren Patientenakten zurückgreifen könnte (was angesichts der Tatsache, dass es sich um "ihre" früheren Patienten handelt und sie deren Akteninhalt somit weitgehend ohnehin bereits kennen bzw. erinnern dürfte, kein Indiz von erheblich über ihren eigenen Wechsel hinausgehender Bedeutung zu begründen vermag).
63Als Ergebnis bleibt somit mangels feststellbaren Teilbetriebsübergangs festzuhalten, dass damit der Klageantrag Ziffer 2 unbegründet ist und die von dem Beklagten zu 1 ausgesprochene Kündigung jedenfalls nicht wegen Betriebsübergangs sozial ungerechtfertigt sein kann.
642. Die somit mit den zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts wegen Betriebsstilllegung sozial gerechtfertigte ordentliche Kündigung vom 28.08.2023 ist auch im Übrigen wirksam. Die Berufungskammer folgt insoweit - auch mangels irgendwelcher konkreter Angriffe der Berufung - den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Ziffer 2 b) der Entscheidungsgründe und sieht von einer - dann lediglich wiederholenden - weiteren Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Die Klage ist - mit Ausnahme der Kündigungsfrist - somit auch mit dem Klageantrag zu Ziffer 1 zu Recht abgewiesen worden.
653. Ebenfalls folgt die Berufungskammer den zutreffenden, folgerichtigen Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Abweisung der Klageanträge Ziffer 3 und 4 und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG - auch hier schon mangels hierauf bezogener weiterer Angriffe der Berufung - unter Verweis auf Ziffer 4 und 5 der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe von weitergehenden Ausführungen ab.
66III.
67Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten des ohne Erfolg von ihr eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
68IV.
69Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere betrifft die Entscheidung weder entscheidungsrelevante Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch liegt eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung auf der Basis der anerkannten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
70RECHTSMITTELBELEHRUNG
71Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
72Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
73Klein Langner-Thiele Weilbier