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1. Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem öffentlich zugänglichen privaten Facebook-Account im Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel im Oktober 2023, mit denen in jedenfalls teilweise auch strafrechtlich relevanter Weise Gewalttaten verherrlicht und volksverhetzend zum Hass gegen Israelis und/oder Juden aufgestachelt wird, begründen als außerdienstliches Verhalten nicht per se, sehr wohl aber dann "an sich" einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn ein Bezug zum Arbeitgeber durch die Statusmitteilung "Beschäftigt seit ... bei der... AG" hergestellt wird. Denn damit verstößt der Arbeitnehmer schwerwiegend gegen seine Rücksichtnahmepflicht, indem er den Arbeitgeber u.a. der Gefahr einer erheblichen Rufschädigung aussetzt. 2. Die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers ist nicht entscheidend. Die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht ergibt sich bereits daraus, durch Herstellung eines Bezugs seiner privaten, gewaltverherrlichenden, menschenverachtenden und antisemitischen Äußerungen zu seinem Arbeitgeber diesen der konkreten (und hier auch verwirklichten) Gefahr einer erheblichen Rufschädigung bis hin zu medialer Berichterstattung auszusetzen. 3. Dabei steht der Bewertung als schwerwiegende Verletzung der Rücksichtnahmepflicht nicht entgegen, dass der Arbeitgeberbezug im Facebook-Status insofern veraltet ist, dass dort noch die Konzernobergesellschaft, bei der der Arbeitnehmer ursprünglich eingestellt worden ist, angegeben wird und nicht die - nach erfolgter Umstrukturierung - nunmehr aktuelle Arbeitgeberin, wenn beide wie hier unter demselben Markennamen auftreten. Die Rufschädigung der Marke als solcher durch das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers führt bereits zu einer unmittelbaren betrieblichen Beeinträchtigung auch der aktuellen Arbeitgeberin. 4. Im Rahmen der Interessenabwägung jedoch ist genau zu differenzieren zwischen dem außerdienstlichen Verhalten und seinem arbeitsrechtlichen Bezug. Antisemitismus, Gewaltverherrlichungen und strafbares Verhalten im außerdienstlichen Bereich führen nicht per se zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur bei konkreter Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses und der berechtigten Belange des Arbeitgebers durch das außerdienstliche Verhalten. Wird dieser Bezug zum Arbeitgeber durch steuerbares und sorgfaltswidriges, aber insoweit nicht vorsätzliches Verhalten (hier: das Unterlassen der Löschung der alten Arbeitgeberangabe im Facebook-Status) hergestellt, ist dieses zur Rücksichtnahmepflichtverletzung führende Verhalten steuerbar und kann im Einzelfall somit eine Abmahnung vorrangig sein (hier bejaht).
I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 27.03.2024 - Az.: 3 Ca 1382/23 - wird zurückgewiesen.
II.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die mit Schreiben der Beklagten vom 15.11.2023 ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 31.01.2024 sowie über den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
3Der am 26.09.1996 geborene, ledige Kläger ist seit dem 01.09.2017 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt als Schlosser bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden gegen ein monatliches Bruttoentgelt nach Angaben des Klägers von 4.000,00 € und nach Angaben der Beklagten von 3.606,35 €. Das Vertragsverhältnis begann als Ausbildungsverhältnis des Klägers bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Z. AG. Nach Beendigung der Ausbildung Anfang 2021 wurde der Kläger von der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt und bei der ein Betriebsrat konstituiert ist, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen.
4Bei der Beklagten gibt es eine Gesamtbetriebsvereinbarung zu einer Arbeitsordnung sowie als Anlage dazu sog. Business Conduct Guidelines ("BCG", Blatt 78 - 82 der erstinstanzlichen Akte). Diese enthalten einheitliche Verhaltensvorgaben für die Mitarbeiter der Beklagten, mit denen die Einhaltung von Gesetzten und sonstigen Verhaltensvorschriften sichergestellt werden soll. Es wird unter anderem festgehalten, dass kein Mitarbeiter das Ansehen des Unternehmens durch sein Verhalten beeinträchtigen soll. Dementsprechend ist geregelt, dass keine Diskriminierung, keine sexuelle Belästigung und auch keine sonstigen persönlichen Angriffe auf einzelne Personen oder Gruppen aufgrund von ethnischer Herkunft, Kultur, Religion, Alter, Behinderung etc. geduldet werden. Weiterhin wird geregelt, dass Verstöße gegen Gesetzte und die Nichteinhaltung der BCG zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen können.
5Der Kläger unterhielt jedenfalls bis zum 31.10.2023 unter seinem Namen einen Facebook Account. Auf diesem war Folgendes unter dem Punkt "Lebensereignis" mit Datum vom 01.09.2017 angegeben:
6"Hat angefangen, bei der Z. AG zu arbeiten"
7Auf dem individuellen Facebook Account haben Nutzer die Möglichkeit, sogenannte "Statusmeldungen" zu posten. Am 31.10.2023 postete der Kläger eine solche Statusmeldung mit folgendem Inhalt:
8"Weiß jemand, wann und wo die nächste Demo gegen Juden in NRW ist?
9Wir Zeit, das Rheinhausen bebt".
10In einer weiteren Statusmeldung auf seinem Facebook Profil veröffentlichte der Kläger eine Videosequenz, welche die Stürmung eines aus Tel Aviv kommenden Flugzeuges durch eine antisemitische Parolen rufende Menschenmenge an einem Flughafen in Dagestan Ende Oktober 2023 zeigt. Bei dem Vorfall wurden israelische Passagiere gezielt gesucht und 20 Personen verletzt. Der Kläger postete dieses Video und versah es mit folgendem Kommentar:
11"Das sind Männer. Die protestieren, dass keine israelischen Flugzeuge mehr kommen sollen Flughafen ist für Flüge geschlossen, so muss es sein. Das Land heißt Dagestan. Ehrenmänner."
12Am 31.10.2023 erhielt zunächst die Z. AG über deren Meldekanal "Tell us" ei- nen Hinweis auf die Statusmeldungen des Klägers in dessen Facebook Account. Auf den Hinweis hin prüfte die Z. AG, ob es sich beim Kläger um einen ihrer Mitarbeiter handelt. Nachdem sie den Kläger nicht als einen ihrer Mitarbeiter identifizieren konnte, wurde aufgrund der sonstigen Angaben auf dem Facebook Account des Klägers die Vermutung angestellt, dass es sich um einen Mitarbeiter der Beklagten handeln könnte. Die Beklagte war bis zum 31.12.2019 eine Geschäftseinheit (E.) der Z. AG. Zum Stichtag 01.01.2020 wurde die Geschäftseinheit E. auf die Z. E. GmbH & Co. KG (die heutige Z. X. GmbH & Co. KG) ausgegliedert. An deren Kommanditistin Z. Y. AG war die Z. AG jedenfalls im Herbst 2023 noch zu 25,1% beteiligt. Wegen der genannten Vermutung leitete die Z. AG die Meldung an den internen Meldekanal "Speak up" der Beklagten weiter und informierte darüber den Hinweisgeber. Die Compliance Abteilung der Beklagten erhielt somit am 06.11.2023 Kenntnis über den Sachverhalt. Diese setzte sich dann am 07.11.2023 mit der zuständigen HR-Abteilung in Verbindung und informierte diese über den Sachverhalt. Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass es sich bei dem Kläger um einen ihrer Mitarbeiter handelt, wurde er am 09.11.2023 zu einem Gespräch gebeten. Dieses fand in Anwesenheit des Fertigungsleiters sowie der HR-Betriebsleitung statt. Im Verlauf des Gesprächs wurde der Kläger mit den Posts konfrontiert und räumte ein, dass es sich um von ihm stammende Posts auf seinem Facebook Account handelte.
13Die Beklagte hörte daraufhin am 10.11.2023 den Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Am gleichen Tag wurde der Beklagten eine Presseanfrage der Bildzeitung von der Z. AG weitergeleitet, in welcher nach den disziplinarischen bzw. arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu den Posts des Klägers gefragt wurde. Der Betriebsrat stimmte am 14.11.2023 sowohl der außerordentlichen als auch der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zu.
14Mit Schreiben vom 15.11.2023, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.01.2024.
15Mit seiner am 30.11.2023 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingegangenen und der Beklagten am 12.12.2023 zugestellten Kündigungsschutzklage hat der Kläger die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 15.11.2023 sowie einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, bei der Verbreitung persönlicher Überzeugungen in sozialen Medien sei zu berücksichtigen, welcher Grad der Öffentlichkeit erreicht werde. Seine streitgegenständlichen Äußerungen stellten keine Beleidigungen, Diffamierungen, Aufrufe zu Straftaten, ausländerfeindliche und/oder rassistische bzw. volksverhetzende Äußerungen dar, sondern seien noch durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Er habe zum damaligen Zeitpunkt lediglich Nachrichten über türkische Medien gelesen, die den derzeitigen Nahostkonflikt in gänzlich anderer Weise betrachteten als es die in Deutschland vorherrschende Berichterstattung tue. Der Kläger sei gläubiger Moslem und kein Antisemit. Er habe immer wieder Bilder von blutüberströmten, toten Kindern im Gazastreifen gesehen. Er habe auf die Richtigkeit dieser Bilder vertraut. Erst als ihm bewusst geworden sei, dass er einseitig informiert worden sei, und dann durch das Lesen deutscher Zeitungen erkannt habe, dass es hier eine gänzlich unter- schiedliche Berichterstattung in den Nachrichten gebe, habe er seinen Irrtum erkannt. Jedenfalls sei seine Weiterbeschäftigung der Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar. Zu berücksichtigen sei, dass er bei der Beklagten als einfacher Schlosser und nicht in einer besonders herausgehobenen Position tätig sei. Sein zwischenzeitlich gelöschter Account verfügte nicht über eine große Zahl von Followern und er habe bei den hier streitgegenständlichen Posts keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis hergestellt. Die Posts hätten zu keinen wirtschaftlichen Konsequenzen für die Beklagte geführt. Es sei auch keine Anzeige gegen ihn erstattet worden. Vor diesem Hintergrund seien die Posts des Klägers nicht geeignet, den Ruf der Beklagten zu schädigen. Der Kläger bedauere sein Verhalten und werde für die Zukunft gänzlich davon Abstand nehmen, politische Meinungen zu verbreiten.
16Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
171.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.11.2023 beendet wird;
182.die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Schlosser weiterzubeschäftigen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie hat die Ansicht vertreten, durch die Posts habe der Kläger gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf ihre Interessen verstoßen. Der Inhalt der Posts sei als antisemitisch zu qualifizieren. Das Verhalten sei auch nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 GG gedeckt. Weiterhin habe der Kläger mit den Posts gegen die unternehmensinternen Vorgaben aus der Arbeitsordnung und der BCG verstoßen. Danach sei er verpflichtet, jegliches diskriminierendes Verhalten zu unterlassen und den Werten der Beklagten entsprechend zu handeln, um dem An- sehen des Unternehmens nicht zu schaden. Durch die Angabe der Z. AG auf seinem Facebook Account werde auch ein Zusammenhang zur Beklagten als seinem Arbeitgeber hergestellt. Zwar habe er die Z. AG als seinen Arbeitgeber benannt, die Beklagte sei zum Zeitpunkt dieser Angabe aber auch noch ein Geschäftsbereich (E.) und damit Bestandteil der Z. AG gewesen. In der allgemeinen Anschauung werde zudem nicht nach einzelnen Gesellschaften des Z. Konzerns unterschieden, sondern nur danach, dass jemand "bei Z." arbeite. Der Umstand, dass die Meldung über einen Meldekanal durch eine dritte Person und darüber hinaus eine Anfrage der Bild-Zeitung zum Sachverhalt erfolgt sei, verdeutliche, dass der Bezug zum Arbeitgeber durch dessen Benennung auf dem Facebook Account auch tatsächlich durch Dritte hergestellt worden sei. Darüber hinaus habe die Compliance Abteilung der Z. AG den Hinweisgeber darüber informiert, dass die Anfrage an die Beklagte weitergegeben worden sei. Auch die vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Die Schwere der Pflichtverletzung sei dazu geeignet, das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Dies insbesondere durch die klaren Leitlinien der Beklagten zum Thema Diskriminierung. Diese erforderten bei Verstößen ein entsprechend konsequentes Handeln, um einen drohenden Imageschaden abzuwenden oder zumindest zu reduzieren. Die Beklagte setze sich für Toleranz und Antidiskriminierung ein, so dass der Kläger auch nicht mit einer einmaligen Duldung eines solchen Verhaltens habe rechnen können.
22Mit Urteil vom 27.03.2024 hat das Arbeitsgericht Oberhausen der Klage vollumfänglich stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kündigung vom 15.11.2023 das Arbeitsverhältnis weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 31.01.2024 beenden könne, da sich beide Kündigungen als unwirksam erwiesen. Es mangele bereits an einem verhaltensbedingten Kündigungsgrund an sich. Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten betreffe den außerdienstlichen Bereich. Dahingestellt könne bleiben, ob es noch von der allgemeinen Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt gewesen sei, denn jedenfalls fehle die für eine Kündigung erforderliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten. Der Kläger habe die ihm vorgeworfene Handlung außerhalb seiner Arbeitszeit im privaten Lebensbereich ohne Nutzung von Betriebsmitteln, betrieblichen Einrichtungen oder seiner betrieblichen Stellung begangen. Die Posts stünden in keinem Bezug zu der Tätigkeit des Klägers, der als Schlosser auch nicht in herausgehobener Position bei der Beklagten tätig sei und diese nicht nach außen repräsentiere. Die beiden Posts wiesen zudem keinen konkreten Bezug zu der Beklagten auf. Auch lägen sonst keine konkreten negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder ein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis vor. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dass die Posts bei der Z. AG durch einen Hinweisgeber gemeldet worden seien, führe dies nicht zu einer Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten. Diese sei eine eigenständige juristische Person im Verhältnis zur Z. AG. Die Z. AG sei gerade nicht die Arbeitgeberin des Klägers. Ob für die Allgemeinheit "Z. gleich Z." sei, könne dahinstehen. Hieraus lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass damit automatisch sämtliche Unternehmen, die "Z." in der Firmierung trügen, in ihren Interessen beeinträchtigt würden. Dies bereits aus dem Grunde, dass die Z. AG dem Hinweisgeber gegenüber hätte erklären können, dass es sich nicht um einen ihrer Mitarbeiter handele. Die Z. AG sei nach dem Hinweis und ihrer ersten Prüfung selbst zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um einen ihrer Mitarbeiter gehandelt habe. Erst durch weitere Recherchen und durch "Insiderwissen" sei die Z. AG auf die Beklagte als Arbeitgeberin gestoßen. Dass im Jahr 2017 der Kläger noch bei der Z. AG beschäftigt gewesen sei, ändere nichts an der Bewertung. Wesentlich sei, dass die Beklagte als Arbeitgeberin des Klägers im Zeitpunkt der Posts selbst an keiner Stelle auf der Facebook-Seite des Klägers Erwähnung finde. Die Offenlegung der Beklagten gegenüber Dritten sei nicht durch den Kläger erfolgt. Letztendlich sei über die Beklagte und den Kläger in diesem Zusammenhang auch nicht berichtet worden. Von der Beklagten sei nichts dafür vorgetragen worden, dass aufgrund der Posts bis zum Ausspruch der Kündigung eine konkrete Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei. Erweiterte Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten des Klägers ergäben sich ferner nicht unter Berücksichtigung der Gesamtbetriebsvereinbarung zu einer Arbeitsordnung sowie der dazugehörigen Business Conduct Guidelines. Die Regelungen beträfen allein das Verhalten im Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung, gegenüber Kollegen, Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern, bzw. hinsichtlich des Ansehens der Beklagten bei hinreichendem Bezug zum Arbeitsverhältnis. Ungeachtet dessen vermöge die Aufstellung von Verhaltensregeln, die in den privaten Bereich der Arbeitnehmer ausstrahlten und keinen Bezug zur geschuldeten Arbeitsleistung hätten, jedenfalls keine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses zu vermitteln. Aufgrund des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag sei die Beklagte schließlich verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Schlosser weiterzubeschäftigen.
23Das Urteil ist der Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigten am 18.04.2024 zugestellt worden. Sie hat mit am 17.05.2024 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.07.2024 - mit am 15.07.2024 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten begründet hat.
24Die Beklagte verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Ziel der Klageabweisung weiter und rügt eine unzutreffende Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts. Es liege entgegen der Würdigung durch das Arbeitsgericht in den Postings des Klägers eine schwerwiegende außerdienstliche Verfehlung, die auch zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen geführt habe. Der Inhalt der beiden am 31.10.2023 auf dem Facebook Account des Klägers veröffentlichen Postings sei als antisemitisch zu qualifizieren. Sie seien dazu geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, indem gegen eine religiöse Gruppe, nämlich Juden, zum Hass und zu Gewalt aufgerufen werde. Insofern dürfte auch der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sein. Die Äußerungen des Klägers seien damit nicht mehr durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Eine Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten folge daraus, dass durch die Angabe des Arbeitgebers "Z." im Profil des Facebook Accounts ein Zusammenhang zwischen dem privaten Facebook Account und dem Arbeitgeber des Klägers hergestellt worden sei. Die Meldung des Hinweisgebers und die Anfrage der Bild-Zeitung machten deutlich, dass die Interessen der Beklagten auch tatsächlich beeinträchtigt seien. Zwar handele es sich bei der auf dem Facebook Account angegebenen Z. AG infolge der Ausgliederung des Geschäftsbereichs E. nicht mehr um den aktuellen Arbeitgeber des Klägers. Die Interessen der Beklagten seien gleichwohl beeinträchtigt, denn in der allgemeinen Verkehrsanschauung außerhalb des rechtsgeschäftlichen Verkehrs werde nicht nach den Gesellschaften unterschieden. Die Werke in Duisburg und Mülheim seien in den Augen Außenstehender nach wie vor "Z."-Werke. Hinzu komme, dass die Z. AG zum Zeitpunkt der Meldung nach wie vor Anteilseignerin der Kommanditistin der Beklagten gewesen sei und das außerdienstliche Verhalten des Klägers nicht nur die Interessen der Beklagten, sondern auch die der Z. AG beeinträchtigt habe. Diese habe nach dem Hinweis auf dem Meldekanal und der Zeitungsanfrage der Bild-Zeitung ein eigenes Interesse gehabt, den Sachverhalt aufzuklären. Vor dem Hintergrund der Firmengeschichte und der Beteiligung der Z. AG an der Beklagten sei es nur folgerichtig, dass die Anfrage an die zutreffende Gesellschaft weitergegeben worden sei. Dies auch als Folge der allgemeinen Verkehrsanschauung "Z. gleich Z.". Den betrieblichen Zusammenhang habe der Kläger selbst durch die freiwillige Angabe seines Arbeitgebers auf dem Facebook Account verursacht. Daher wiege sein Verhalten auch im Hinblick auf die Verhaltensgrundsätze der Beklagten, wie sie der Arbeitsordnung und den BCG zu entnehmen seien und gegen die damit verstoßen worden sei, besonders schwer. Hieraus resultiere eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Da der Kläger nicht damit habe rechnen können, dass die Beklagte solches Fehlverhalten hinnehmen würde, sei auch eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung entbehrlich gewesen. Die Interessenabwägung müsse zudem ebenfalls zulasten des Klägers ausgehen. Denn der schwerwiegenden Pflichtverletzung des Klägers, die ein konsequentes Handeln der Beklagten erfordere, um einen drohenden Imageschaden abzuwenden oder zumindest zu reduzieren, stehe bei einer Betriebszugehörigkeit seit September 2017 ein vergleichsweise junges Lebensalter des Klägers gegenüber, so dass es ihm gut möglich sei, sich auf dem Arbeitsmarkt neu zu orientieren.
25Die Beklagte beantragt,
26das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 27.03.2024 - Az.: 3 Ca 1382/23 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
27Der Kläger beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Er verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und verweist insbesondere darauf, dass die Mitteilung "Hat angefangen, bei der Z. AG zu arbeiten" auf seinem Facebook Account schon aus dem Jahr 2017 stamme und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Posts im Oktober 2023 veraltet gewesen sei. Ein Bezug der veralteten Angabe zu seinem aktuellen Arbeitgeber, der Beklagten, sei damit nicht hergestellt worden. Eine konkrete Störung des Betriebsfriedens bei der Beklagten sei von dieser zudem auch nicht dargelegt worden. Die rechtliche Würdigung und Bewertung des Sachverhalts durch das Arbeitsgericht sei mithin nicht zu beanstanden.
30Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
31E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
32I.
33Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist angesichts des Streits der Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ausspruch der fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 15.11.2023 statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
34II.
35Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Vielmehr ist dem Arbeitsgericht im Ergebnis darin zu folgen, dass die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 15.11.2023 weder den Anforderungen des § 626 Abs. 1 BGB noch denen aus § 1 Abs. 2 KSchG genügt und das Arbeitsverhältnis des Klägers mithin nicht beendet hat. Dementsprechend ist auch die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers zu Recht erfolgt.
36Im Einzelnen:
371. Die form- und fristgerecht im Sinne der §§ 13, 4, 7 KSchG erhobene Kündigungsschutzklage ist begründet. Die außerordentliche Kündigung genügt den Wirksamkeitsanforderungen aus § 626 Abs. 1 BGB nicht und die hilfsweise ordentliche Kündigung erweist sich ebenso als sozial nicht gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG, dessen allgemeine Anwendungsvoraussetzungen hier vorliegen.
38a. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", das heißt typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen (1. Stufe). Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (2. Stufe, vgl. BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 15; BAG vom 25.01.2018 - 2 AZR 382/17, juris, Rz. 26; BAG vom 14.12.2017 - 2 AZR 86/17, juris, Rz. 27; BAG vom 31.07.2014 - 2 AZR 407/13, juris, Rz. 25; BAG vom 08.05.2014 - 2 AZR 249/13, juris, Rz. 16; BAG vom 21.11.2013 - 2 AZR 797/11, juris, Rz. 15; BAG vom 21.06.2012 - 2 AZR 694/11, juris, Rz. 20; BAG vom 09.06.2011 - 2 AZR 323/10, juris, Rz. 14; BAG vom 10.10.2010 - 2 AZR 541/09, juris, Rz. 30).
39aa. Als wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB - und damit zugleich auch als verhaltensbedingter Kündigungsgrund einer ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG - kann neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten "an sich" geeignet sein (BAG vom 25.04.2018 - 2 AZR 611/17, juris, Rz. 43; BAG vom 31.07.2014 - 2 AZR 407/13, juris, Rz. 26; BAG vom 08.05.2014 - 2 AZR 249/13, juris, Rz. 19; BAG vom 27.01.2011 - 2 AZR 825/09, juris, Rz. 29). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (BAG vom 25.04.2018 - 2 AZR 611/17, juris, Rz. 44; BAG vom 31.07.2014 - 2 AZR 407/13, juris, Rz. 26; BAG vom 08.05.2014 - 2 AZR 249/13, juris, Rz. 19).
40Er ist danach auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Der Arbeitnehmer verstößt mit einem solchen Verhalten gegen seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn es einen Bezug zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder zu seiner Tätigkeit hat und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (BAG vom 25.04.2018 - 2 AZR 611/17, juris, Rz. 44; BAG vom 10.04.2014 - 2 AZR 684/13, juris, Rz. 14; BAG vom 20.06.2013 - 2 AZR 583/12, juris, Rz. 26).
41Gerade im Bereich der Arbeitsverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes, zu denen auch das vorliegende Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zählt, ist zu beachten, dass das Verhalten eines Arbeitnehmers im privaten Lebensbereich grundsätzlich außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers steht (BAG vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07, juris, Rz. 58; siehe auch APS/Vossen, 7. Auflage, § 626 BGB Rn. 77, 80a; Byers/Eiberger, Politisches Engagement von Arbeitnehmern und Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, ArbRAktuell 2024, 491; Hördt, Außerbetriebliches Verhalten und Kündigung - ein Überblick über aktuelle Konstellationen, Arbeitgeberreaktionen und gerichtliche Beurteilungen, ArbRAktuell 2024, 451). Nur in den Fällen, in denen sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt, kann eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung ausnahmsweise vorliegen (BAG vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07, juris, Rz. 58). Generell setzt die Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung durch außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses voraus (BAG vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07, juris, Rz. 58 m.w.N.). Berührt hingegen das außerdienstliche Verhalten den arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis nicht, so ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenen Umstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch den Ausspruch einer Kündigung zu missbilligen (BAG vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07, juris, Rz. 58; LAG Niedersachsen vom 21.03.2019 - 13 Sa 371/18, juris, Rz. 52).
42Ob eine betriebliche Auswirkung gegeben ist, bestimmt sich vor allem nach der Art des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit des Arbeitnehmers (BAG vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07, juris, Rz. 59). Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis kann etwa anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer zwar außerdienstlich, aber unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen gehandelt hat (BAG vom 10.09.2009 - 2 AZR 257/08, juris, Rz. 21) oder sich der Arbeitgeber oder andere Arbeitnehmer staatlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen oder in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht werden (BAG vom 28.10.2010 - 2 AZR 293/09, juris, Rz. 19; LAG Niedersachsen vom 21.03.2019 - 13 Sa 371/18, juris, Rz. 52). Bei Äußerungen auf sogenannten Social Media-Plattformen wie Facebook kann der Bezug zum Arbeitsverhältnis auch durch eine Verlinkung des Arbeitgebers bzw. Angaben zum Beschäftigungsverhältnis, die eine Identifizierung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit zulassen, hergestellt werden (Byers/Eiberger, Politisches Engagement von Arbeitnehmern und Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, ArbRAktuell 2024, 491, 492). Denn damit wird der Arbeitgeber mit der Äußerung in Verbindung gebracht. In diesem Fall verpflichtet die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, die ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG und damit geeignet ist, der Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz Schranken zu setzen (BAG vom 18.12.2014 - 2 AZR 265/14, juris, Rz. 18; vgl. auch Wendt in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Auflage, Art. 5 Rn. 118 m.w.N.), auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, beispielsweise dahingehend, nicht in möglicherweise rufschädigender Weise in politische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden, Rücksicht zu nehmen (Byers/Eiberger, Politisches Engagement von Arbeitnehmern und Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, ArbRAktuell 2024, 491, 492). Nicht die strafrechtliche Bewertung des außerdienstlichen Verhaltens ist bei alledem unbedingt kündigungsrechtlich entscheidend, sondern das Maß der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung (vgl. BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 17; BAG vom 19.07.2012 - 2 AZR 989/11, juris, Rz. 40; LAG Niedersachsen vom 21.03.2019 - 13 Sa 371/18, juris, Rz. 52; APS/Vossen, 7. Auflage, § 626 BGB Rn. 80a).
43Fehlt dagegen ein wie vorstehend beschriebener Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, liegt eine Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig nicht vor (BAG vom 10.09.2009 - 2 AZR 257/08, juris, Rz. 21; LAG Niedersachsen vom 21.03.2019 - 13 Sa 371/18, juris, Rz. 52).
44bb. Kommt gemessen daran ein wichtiger Grund "an sich" in Betracht, ist Voraussetzung weiter, dass sich die Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als verhältnismäßig erweist.
45Die Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB hat bei Vorliegen einer Vertragspflichtverletzung unter anderem zum Gegenstand, ob dem Kündigenden eine mildere Reaktion als eine fristlose Kündigung und damit insbesondere eine Abmahnung, aber z.B. auch eine ordentliche Kündigung zumutbar war. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen regelmäßig eine Abmahnung voraus (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27 m.w.N.). Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27; BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 570/19, juris, Rz. 23; BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 30; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 28). Liegt nur eine dieser Fallgruppen vor, kann Ergebnis der Interessenabwägung nicht sein, den Kündigenden auf eine Abmahnung als milderes Mittel zu verweisen (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27; BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 570/19, juris, Rz. 24).
46Zur ersten Fallgruppe ist dann, wenn die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers beruht, grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 28; BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 570/19, juris, Rz. 23; BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 30; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 28).
47Die zweite Fallgruppe betrifft ausschließlich das Gewicht der in Rede stehenden Vertragspflichtverletzung, die für sich schon die Basis für eine weitere Zusammenarbeit irreparabel entfallen lässt. Dieses bemisst sich gerade unabhängig von einer Wiederholungsgefahr. Die Schwere einer Pflichtverletzung kann zwar nur anhand der sie beeinflussenden Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, diese müssen aber die Pflichtwidrigkeit selbst oder die Umstände ihrer Begehung betreffen. Dazu gehören etwa ihre Art und ihr Ausmaß, ihre Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Situation bzw. das "Klima", in der bzw. in dem sie sich ereignete. Sonstige Umstände, die Gegenstand der weiteren Interessenabwägung sein können, wie etwa ein bislang unbelastetes Arbeitsverhältnis, haben bei der Prüfung der Schwere der Pflichtverletzung außer Betracht zu bleiben. Dies gilt umgekehrt ebenso für ein nachfolgendes wahrheitswidriges Bestreiten, das für sich genommen ebenfalls nichts über die Schwere der begangenen Pflichtverletzung besagt (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27).
48Kommt man nach Maßgabe dieser Grundsätze zur Entbehrlichkeit des vorherigen Ausspruchs einer Abmahnung, ist noch weitergehend in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen (BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 28; BAG vom 14.12.2017 - 2 AZR 86/17, juris, Rz. 54; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 26). Bei dieser Interessenabwägung ist insbesondere zu prüfen, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers auch dahingehend überwiegt, dass ihm nicht einmal die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen (vgl. aber die Aufstellung bei HWK/Sandmann, 10. Auflage, § 626 BGB Rn. 75 ff. m.w.N.). Zu berücksichtigen sind jedoch regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 29). Ebenfalls zu berücksichtigen ist das Nachtatverhalten bis zum Ausspruch der Kündigung (vgl. BAG vom 24.11.2005 - 2 AZR 39/05, juris, Rz. 21, 23; LAG Berlin-Brandenburg vom 01.12.2011 - 2 Sa 2015/11, juris, Rz. 32; KR/Fischermeier/Krumbiegel, 13. Auflage, § 626 BGB Rn. 256). Entscheidend sind die objektiv feststellbaren Umstände zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, weshalb nachträgliche Umstände wie insbesondere ein bestimmtes Prozessverhalten im Kündigungsschutzverfahren grundsätzlich keine die bereits ausgesprochene Kündigung - sozusagen nachträglich - rechtfertigende oder das Gewicht einer Pflichtverletzung verstärkende oder mindernde Bedeutung mehr haben können (BAG vom 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, juris, Rz. 52 ff. m.w.N.).
49Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein "schonenderes" Gestaltungsmittel - wozu außer der Abmahnung unter anderem eben auch die ordentliche Kündigung zählen kann - gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 29; BAG vom 23.08.2018 - 2 AZR 235/18, juris, Rz. 40; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 27).
50b. Gemessen hieran erweist sich die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.11.2023 nicht als wirksam. Sie hält den vorstehend dargelegten Anforderungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht Stand.
51aa. Dabei geht die Berufungskammer allerdings durchaus von einer an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Klägers bei den beiden streitgegenständlichen Postings (Statusmitteilung vom 31.10.2023 mit dem Wortlaut "Weiß jemand, wann und wo die nächste Demo gegen Juden in NRW ist? Wir Zeit, das Rheinhausen bebt." und Veröffentlichung des Videos über die Vorfälle in Dagestan Ende Oktober 2023 mit dem wörtlichen Zusatz: "Das sind Männer. Die protestieren, dass keine israelischen Flugzeuge mehr kommen sollen. Flughafen ist für Flüge geschlossen, so muss es sein. Das Land heißt Dagestan. Ehrenmänner.") aus.
52(1) Dahingestellt bleiben kann, ob die beiden auf Facebook veröffentlichten Meldungen des Klägers den Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB und/oder der Billigung von Straftaten nach § 140 Nr. 2 StGB erfüllen.
53Hinsichtlich der Statusmitteilung vom 31.10.2023 mit dem Wortlaut "Weiß jemand, wann und wo die nächste Demo gegen Juden in NRW ist? Wir Zeit, das Rheinhausen bebt." ist dies durchaus zweifelhaft. Denn bei der Auslegung und Anwendung des Volksverhetzungstatbestandes sind insbesondere die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beachten. Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Würdigung zugrunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (BVerfG vom 24.05.2019 - 1 BvQ 45/19, juris, Rz. 11 f.). Die Äußerungen des Klägers sind erkennbar - allein schon aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs des Überfalls palästinensischer Terroristen auf Israel am 07.10.2023, der Reaktion des angegriffenen Landes hiergegen und der in diesem Zusammenhang aufgekommenen politischen Diskussionen - auf den Israel-Hamas-Konflikt in Gaza bezogen. Die Frage nach Demonstrationen "gegen Juden" als solche erfüllt nicht den Straftatbestand des § 130 Abs. 1 StGB, denn die Frage nach oder der Aufruf zu einer Demonstration ist zunächst einmal nichts anderes als die Wahrnehmung eines weiteren verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechts (Art. 8 Abs. 1 GG bzw. falls der Kläger kein deutscher Staatsbürger sein sollte: Art. 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 GG). Auch Demonstrationen, die sich gegen bestimmte religiöse Gruppen wie hier Juden richten, sind erlaubt, soweit und solange sie friedlich und unter Beachtung der allgemeinen gesetzlichen Rahmenbedingungen stattfinden. Der Aufruf zu einer Demonstration "gegen Juden" als solcher stellt noch keine Aufstachelung zum Hass oder Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen dar. Man mag die Wortwahl des Klägers hier unpassend finden, die Grenze zur Strafbarkeit ist damit aber noch nicht überschritten. Denn die bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung reicht zur Annahme des Aufstachelns zum Hass nicht aus, erforderlich ist vielmehr ein Anreizen zu einer feindseligen Haltung (Fischer, StGB, 69. Auflage, § 130 Rn. 8 m.w.N.). Hierfür bestehen in dem Post keine hinreichenden Anhaltspunkte. Auch in Verbindung mit der Aussage, es werde Zeit, dass "Rheinhausen bebt", wird daraus noch keine Volksverhetzung. Darin liegt der Wunsch nach einer eindrucksvollen Demonstration, jedoch wird damit weder die religiöse Gruppe der Juden, die der Kläger offenbar mit dem Staat Israel gleichsetzt, jedoch wohl eher letzteren meint, beschimpft, verächtlich gemacht oder verleumdet, wie es § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB unter Strafe stellt, noch nun damit zum Hass aufgestachelt oder zu Gewalt aufgefordert. Diese Deutung könnte man dem Wunsch nach einem "Beben" zwar geben, sie ist aber weder zwingend noch besonders naheliegend. Der Straftatbestand fordert einen Appell zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen (Fischer, StGB, 69. Auflage, § 130 Rn. 10 m.w.N.), eine Äußerung, die ebenso gut lediglich als Wunsch nach einer eindrucksvollen, deutlich wahrnehmbaren Demonstration gegen Israels Vorgehen in Gaza deutbar ist, erfüllt den Straftatbestand der Volksverhetzung hingegen nicht. Man mag die Äußerung und den beschriebenen Wunsch des Klägers als Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse, nämlich eines bestialischen Angriffs auf unzählige unschuldige israelische Opfer und einen im Grundsatz berechtigten Verteidigungskrieg Israels gegen einen sich feige hinter ebenfalls unschuldigen Zivilisten in Gaza versteckenden Gegner verurteilen oder sie unter ausschließlicher Betrachtung der palästinensischen Opfer gutheißen - hierüber ist hier nicht zu urteilen. Jedenfalls hat der Kläger mit dieser Äußerung sein Recht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG wahrgenommen. Straftatbestände dürften damit unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des BVerfG nicht erfüllt sein.
54Anders dürfte sich das mit dem Posting des Dagestan-Videos und der Aussage "Das sind Männer. Die protestieren, dass keine israelischen Flugzeuge mehr kommen sollen Flughafen ist für Flüge geschlossen, so muss es sein. Das Land heißt Dagestan. Ehrenmänner." verhalten. Denn hier wird Bezug genommen auf die Stürmung des Flughafens und den Angriff auf Passagiere eines aus Tel Aviv kommenden Flugzeugs, bei dem von einem antisemitischen Mob, der gezielt Israelis angreifen wollte, zumindest 20 Personen verletzt worden sind, zwei davon schwer. Die Bezeichnung des gewalttätigen Mobs als "Ehrenmänner" ist eine klar auch die im beigefügten Video zu sehenden Gewalttaten befürwortende Äußerung. Damit dürfte der Straftatbestand des § 140 Nr. 2 StGB erfüllt worden sein. Denn der Kläger hat ein Video und mithin einen Inhalt im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB über seinen Facebook Account verbreitet und damit in Verbindung mit der positiven Würdigung der Täter als "Ehrenmänner" deren rechtswidrige Taten im Sinne von § 126 Abs. 1 Nr. 4 StGB i.V.m. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB gebilligt, nämlich gutgeheißen. Jedenfalls eine gemeinschaftliche und damit gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist von dem Mob in Dagestan nach den Maßstäben deutschen Strafrechts begangen worden. Dass es sich um eine reine Auslandstat handeln dürfte, hindert bei deren öffentlicher Billigung die Anwendung der Strafnorm des § 140 Nr. 2 StGB nicht. Taugliches Objekt der Billigung im Sinne von § 140 Nr. 2 StGB ist auch eine nicht dem Anwendungsbereich des deutschen Strafrechts unterfallende Auslandskatalogtat, wenn sie zur Störung des inländischen öffentlichen Friedens geeignet ist. Denn es geht hierbei nicht um die strafrechtliche Ahndung der Katalogtat. Die Verherrlichung von Auslandstaten kann in gleicher Weise wie die von Inlandstaten auch in Deutschland die allgemeine Bereitschaft zur Begehung ähnlicher Delikte fördern und das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Sicherheit erschüttern; das begründet die Strafbarkeit nach § 140 Nr. 2 StGB (vgl. BGH vom 20.12.2016 - 3 StR 435/16, NStZ-RR 2017, 109f.). Zur Störung des öffentlichen Friedens war eine solche öffentliche Befürwortung gemeinschaftlicher Gewaltausübung und Körperverletzung gegenüber zumindest der nationalen Gruppe israelischer Bürger durchaus geeignet, da in der im Herbst 2023 (und letztlich bis heute) zum Thema Israel-Gaza-Konflikt besonders aufgeregten und gespaltenen Öffentlichkeit solche gewaltverherrlichenden Viedos und Kommentare zur Nachahmung stimulieren konnten. Darüber hinaus könnte hier zudem der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt worden sein, weil mit dem Kommentar des Klägers in Verbindung mit der Veröffentlichung des Videos keine einfache freie Meinungsäußerung mehr vorlag, sondern zumindest zum Hass gegen die nationale Gruppe der Israelis aufgestachelt worden sein dürfte.
55(2) Wenngleich eine abschließende strafrechtliche Würdigung der Facebook-Veröffentlichungen des Klägers wie zuvor ausgeführt letztlich dahingestellt bleiben kann, zeigen die vorstehenden Ausführungen unter (1) jedenfalls, dass sich sein Verhalten auch unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht im strafrechtlich belanglosen Raum abgespielt hat. Gut vertretbar ist die Annahme, dass er sich jedenfalls durch den Video-Post strafbar gemacht haben dürfte.
56Unabhängig von der Strafbarkeit seiner Äußerungen auf Facebook erweisen sich diese aber jedenfalls als menschenverachtend und aufgrund der mit der Bezeichnung "Ehrenmänner" zum Ausdruck gebrachten Billigung von wahllos gegen israelische und - so kann man dann den Kontext im Zusammenhang mit dem ersten Post durchaus in der Ermittlung des "Feindbildes" des Klägers heranziehen - hier speziell oder aus seiner Sicht möglicherweise auch gleichbedeutend gegen Juden gerichteten Gewalttaten als antisemitisch.
57Wenngleich der Fall des Klägers damit erneut belegt, dass der oftmals anzutreffende und gerichtsbekannt werdende Gebrauch sogenannter "sozialer Medien" ("Social Media") häufig zu der Einschätzung Anlass gebietet, dass es sich um Plattformen zur Verbreitung eher asozialer Verhaltensweisen und Meinungsäußerungen handelt, wäre dies allein noch nicht geeignet, aus dem dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden und mithin außerdienstlichen Verhalten einen Kündigungsgrund herzuleiten.
58(3) Diese rechtliche Bewertung ändert sich hier jedoch dadurch, dass der Kläger auf seinem Facebook Account die Z. AG als Arbeitgeber benannt hat. Damit hat er einen Bezug zum Arbeitsverhältnis auch mit der Beklagten hergestellt, aufgrund dessen seine Facebook-Veröffentlichungen unter dem Gesichtspunkt der Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers zu würdigen sind.
59Denn durch die Angabe des am 01.09.2017 begonnenen Arbeitsverhältnisses zur Z. AG war zum einen jedenfalls eine Identifizierung auch der Beklagten als aktueller Arbeitgeberin ermöglicht worden. Zum anderen ist der Beklagten in ihrer Bewertung zuzustimmen, dass in der allgemeinen Verkehrsanschauung "Z. gleich Z." ist. Bei der Z. AG handelt es sich um eine weltweit tätige deutsche Konzernobergesellschaft, deren Firmenname zugleich eine Marke begründet. Unter dieser Marke tritt auch die Beklagte, die den aus der Z. AG ausgegliederten Geschäftsbereich E., dem der Kläger angehört, übernommen hat, weiterhin auf. Die gesellschaftsrechtliche Unterscheidung von Muttergesellschaft und Beteiligungsgesellschaft wird in der allgemeinen Öffentlichkeit jenseits des Fachpublikums nicht oder kaum vorgenommen. Eine massive Rufschädigung der Marke Z. betrifft somit alle unter dieser Marke und dieser Firma auftretenden Unternehmen und mithin die Beklagte ebenso wie die Z. AG als vorheriger Arbeitgeberin des Klägers und nunmehr lediglich noch mittelbar an der Beklagten als aktueller Arbeitgeberin beteiligter Gesellschaft.
60Der Kläger hat durch die Bezugnahme auf "Z." als Arbeitgeber somit unter anderem auch zur Beklagten als aktueller Arbeitgeberin einen Bezug hergestellt. Seine Gewalt billigenden, menschenverachtenden und antisemitischen Äußerungen auf Facebook haben zudem zu einer konkreten Beeinträchtigung betrieblicher Interessen insoweit geführt, als sich bei der Z. AG ein anonymer Hinweisgeber meldete und die Bild-Zeitung zu etwaigen Maßnahmen eine Anfrage an die Z. AG richtete. Damit bestand unmittelbar die erhebliche Gefahr einer Medienberichterstattung, mit der die Z. AG und damit insgesamt die Marke Z. mitten in die aufgebrachte öffentliche Auseinandersetzung zum Israel-Gaza-Konflikt hingezogen zu werden drohte. Das betraf über die Marke Z. auch die Beklagte als Arbeitgeberin des Klägers. Der Bezug zur Beklagten ist schon mit der Betroffenheit der Gesamtmarke Z. hinreichend gegeben. "Z." als solche und damit alle unter dieser Marke firmierenden Unternehmen - unter ihnen die Beklagte - wurden durch den Facebook Auftritt des Klägers ohne ihre Zustimmung in möglicherweise rufschädigender Weise in eine hochgradig emotional aufgeladene politische Auseinandersetzung hineingezogen.
61Der Kläger hätte dies einfach dadurch verhindern können, dass er den Bezug zur Z. AG in seinem Facebook Account ersatzlos gelöscht hätte. Indem er ihn dort stehen ließ, hat er in Verbindung mit der öffentlichen Verbreitung seiner gewaltverherrlichenden, menschenverachtenden und antisemitischen Äußerungen seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Beklagten als seiner Arbeitgeberin nach§ 241 Abs. 2 BGB schwerwiegend verletzt. Das begründet an sich das Recht der Beklagten zur außerordentlichen Kündigung.
62bb. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert jedoch auf der zweiten Prüfungsstufe am Fehlen einer einschlägigen Abmahnung, die hier im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorrangig vor dem Ausspruch einer Kündigung gewesen wäre.
63(1) Die Pflichtverletzung des Klägers liegt primär nicht darin begründet, dass er menschenverachtende, antisemitische, möglicherweise strafbare Äußerungen auf Facebook verbreitet hat. Denn das geschah als solches im privaten Lebensbereich des Klägers.
64Die Pflichtverletzung beruht auf der schwerwiegenden Verletzung der Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, indem der Kläger durch Nennung von "Z." als Arbeitgeber einen Bezug dieser Äußerungen zu seinem Arbeitgeber hergestellt hat und diesen damit nicht nur potentiell, sondern bereits konkret die Gefahr der Rufschädigung begründend in die öffentliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Israel-Gaza-Konflikt hineingezogen hat.
65(2) Dabei handelte es sich zweifellos um steuerbares Verhalten des Klägers. Dieser hätte die Pflichtverletzung durch ersatzlose Entfernung des "Z."-Bezugs auf seinem Facebook Account vor Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen und Postings vermeiden können. Dieses Verhalten ist steuerbar, insbesondere ist steuerbar, dass der Kläger diese Bezugnahme auf "Z." künftig noch löschen könnte - wie er es im Übrigen nach den unstreitigen Feststellungen des Arbeitsgerichts auch bereits längst getan hat.
66Bei steuerbarem Verhalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Berufungskammer folgt, grundsätzlich davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 28; BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 570/19, juris, Rz. 23; BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 30; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 28), mithin eine Abmahnung, soweit noch keine solche im einschlägigen Bereich vorliegt, geeignet ist, eine Wiederholung gleichartigen Fehlverhaltens für die Zukunft auszuschließen.
67So liegt der Fall auch hier. Das Verhalten des Klägers ließe sich ausgehend von dem für die Beurteilung der Kündigung entscheidenden Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung am 15.11.2023 positiv für die Zukunft dahingehend steuern, dass er keine weiteren Verlautbarungen auf sogenannten "Social Media" - Plattformen mehr veröffentlicht, die in irgendeiner Weise mit seiner Arbeitgeberin, der Beklagten bzw. der Marke, unter der diese auftritt, in Verbindung gebracht werden können. Es gibt im Verhalten des Klägers keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei konkretem Hinweis auf sein Fehlverhalten und Warnung vor kündigungsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall erneut in vergleichbarer Weise gegen seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Beklagten verstoßen würde. Die bereits längst erfolgte Löschung des Accounts und damit auch des Verweises auf "Z." bestätigt dieses ohnehin festzustellende Ergebnis nur noch zusätzlich.
68Eine solche Abmahnung hat der Kläger auch bislang nicht erhalten, jedenfalls fehlt jeglicher Sachvortrag der Beklagten hierzu. Der bloße allgemeine Hinweis in den BCG der Beklagten, dass Gesetzesverstöße oder die Nichteinhaltung der Business Conduct Guidelines zu "ernsten Konsequenzen" bzw. "arbeitsrechtlichen Konsequenzen" führen können, wobei neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen weiter aufgezählt werden "Geldstrafen und Schadensersatz" sowie "Freiheitsstrafen" (Anlage B6, Blatt 78 ff., 80 der erstinstanzlichen Akte), reicht als Abmahnung nicht aus. Denn ihm mangelt es an der erforderlichen konkreten Warnfunktion. Der allgemeine Verweis auf die sich aus Gesetz und BCG ergebenden Pflichten ist praktisch ein Generalverweis auf pflichtgemäßes Verhalten. Wird dieser ebenso pauschal wie hier verbunden mit dem Hinweis auf mögliche "ernste Konsequenzen", die mit nicht näher bezeichneten "arbeitsrechtlichen Konsequenzen" - zu denen gerade auch eine Abmahnung zählen kann! - bis hin zu straf- und schadensersatzrechtlichen Konsequenzen beschrieben werden, ist auch das ein Pauschalverweis auf alle möglichen Rechtsfolgen pflichtverletzender Verhaltensweisen. Die Abmahnung unterscheidet sich hiervon dadurch, dass sie auf ein konkretes Fehlverhalten hinweist und diesen Hinweis mit einer konkreten Warnung vor kündigungsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall verbindet; erst durch diese Konkretisierungen können Hinweis- und Warnfunktion so erfüllt werden, dass die Abmahnung ihrer gesetzlichen Steuerungsfunktion genügen kann (vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz vom 09.11.2020 - 3 Sa 293/19, juris, Rz. 135). Erst in einem hierauf erfolgten Wiederholungsfall ist dann in der Regel auch die negative Prognose als kündigungsrechtlich entscheidende Voraussetzung begründet.
69(3) Schließlich war eine auf die konkrete Pflichtverletzung bzw. den konkreten Pflichtenkreis bezogene Abmahnung des Klägers im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht deshalb entbehrlich, weil hier eine so schwere Pflichtverletzung gegeben war, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. dazu BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27; BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 570/19, juris, Rz. 23; BAG vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18, juris, Rz. 30; BAG vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16, juris, Rz. 28).
70Diese Fallgruppe betrifft wie bereits dargelegt ausschließlich das Gewicht der in Rede stehenden Vertragspflichtverletzung, die für sich schon die Basis für eine weitere Zusammenarbeit irreparabel entfallen lässt. Dieses Gewicht bemisst sich unabhängig von einer - wie zuvor unter (2) festgestellt - nicht gegebenen Wiederholungsgefahr. Die Schwere einer Pflichtverletzung kann zwar nur anhand der sie beeinflussenden Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, diese müssen aber die Pflichtwidrigkeit selbst oder die Umstände ihrer Begehung betreffen. Dazu gehören etwa ihre Art und ihr Ausmaß, ihre Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Situation bzw. das "Klima", in der bzw. in dem sie sich ereignete (BAG vom 20.05.2021 - 2 AZR 596/20, juris, Rz. 27).
71Hier ist nun für den vorliegenden Fall entgegen der Würdigung der Beklagten zu konstatieren, dass die Pflichtverletzung des Klägers durchaus schwer wiegt, aber eben nicht in seinen Äußerungen auf Facebook an sich zu sehen ist, sondern in der Verletzung der Rücksichtnahmepflicht durch den Verweis auf "Z." als Arbeitgeber. Und während die Äußerungen des Klägers als solche ein jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt äußerst grenzwertiges Verhältnis zu menschlichem Leben, körperlicher Unversehrtheit und Gewalt im Allgemeinen und zu der jüdischer und/oder israelischer Menschen im Besonderen widerspiegeln und als solche damals durchaus vorsätzlich so von dem Kläger unter Inkaufnahme einer den öffentlichen Frieden auch in Deutschland gefährdenden Wirkung getätigt worden sein dürften, kann ein vorsätzliches Handeln des Klägers auch im Hinblick auf die hier relevante arbeitsvertragliche Pflichtverletzung nicht festgestellt werden. Es gibt auch im Sachvortrag der Beklagten schlicht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich der Verknüpfung seiner Äußerungen mit seinem Arbeitgeber und der dort möglichen Rufschädigung und Interessenbeeinträchtigung bewusst gewesen wäre. Im Gegenteil spricht der Umstand des ja unstreitig veralteten, offenbar 2017 bereits vorgenommenen Hinweises unter dem Punkt "Lebensereignis" mit Datum vom 01.09.2017 ("Hat angefangen, bei der Z. AG zu arbeiten"), der zu keiner Zeit auf die Beklagte aktualisiert worden ist, dafür, dass der Kläger diesen Arbeitgeberhinweis schlicht vergessen hatte. Denn dem Kläger dürfte der Unterschied zwischen der Z. AG und der Y. GmbH & Co. KG aus eigenem Erleben des Rechtsübergangs bekannt gewesen sein. Jedenfalls sind aber keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Kläger es bei seinen Äußerungen auf Facebook im Herbst 2023 in seinen Willen einbezogen hätte, diese mit seinem Arbeitgeber zu verknüpfen. Dies dürfte deutlich naheliegender sorgfaltswidrig und mithin fahrlässig geschehen sein.
72Jedenfalls handelte der Kläger in keiner Weise ersichtlich mit der Intention, der Beklagten oder generell der Marke Z. Schaden zuzufügen und deren berechtigte Interessen zu beeinträchtigen. Die Postings selbst enthalten keinerlei Bezug zu seinem Arbeitsverhältnis. Sie stellen rechtlich wie moralisch grenzüberschreitende, aber private Meinungsäußerungen ohne beruflichen Kontext dar.
73Die Pflichtverletzung des Klägers war zwar geeignet, die Interessen der Beklagten erheblich zu beeinträchtigen und zu einer schwerwiegenden Rufschädigung zu führen. Daher handelt es sich auch wie bereits festgestellt um eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Bis zum Zeitpunkt der Kündigung sind solche Schädigungen der Beklagten oder auch nur der Z. AG jedoch nicht eingetreten, jedenfalls sind sie nicht vorgetragen worden. Die konkrete Gefährdung berechtigter Arbeitgeberbelange bleibt davon unberührt, ein Schaden als solcher, der die Pflichtverletzung noch gewichtiger in ihren Auswirkungen werden ließe, ist (glücklicherweise) aber nicht eingetreten.
74Der Kläger hat auch im Arbeitsverhältnis selbst keine den Schweregrad der hier zu beurteilenden Pflichtverletzung ggfs. noch steigernden Verfehlungen gezeigt. Insbesondere wird nicht einmal von der Beklagten solches behauptet. Auch eine im Arbeitsverhältnis zuvor bereits irgendwie nach außen in Erscheinung getretene antisemitische oder Gewalt befürwortende Einstellung oder Betätigung des Klägers ist nicht behauptet worden und mithin nicht feststellbar. Sie ist im Übrigen jenseits der beiden streitgegenständlichen Postings auch für sein Verhalten auf Facebook nicht feststellbar. Für die erkennende Berufungskammer stellt sich das Fehlverhalten des Klägers mithin als gewichtig dar, jedoch gleichwohl als Einzelfall einer sorgfaltswidrig herbeigeführten Verknüpfung privater Äußerungen mit seinem Arbeitgeber, ohne Schädigungsvorsatz und ohne über eine konkrete Rufschädigungsgefahr hinausgehenden Schaden auf Beklagtenseite.
75Die dem Kläger vorzuwerfende Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im außerdienstlichen Bereich wiegt damit in der Gesamtschau nicht so schwer, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen gewesen wäre. Hinnahme in diesem Kontext bedeutet ja nicht, dass das Fehlverhalten gänzlich konsequenzenlos bliebe, es bedeutet lediglich, dass es nicht zur sofortigen Beendigung und damit der massivsten Reaktion auf Fehlverhalten im Arbeitsverhältnis führen würde, sondern eben zu einer Abmahnung. Diese ist aus Sicht der Berufungskammer jedenfalls die einzig angemessene Reaktion auf dieses Fehlverhalten des Klägers.
76Die anderslautende Würdigung der Beklagten und ihre Empörung in der mündlichen Verhandlung auf den gerichtlichen Hinweis zur Entscheidungstendenz scheinen hier mehr daraus zu resultieren, dass sie die eigentliche Pflichtverletzung des Klägers in seinen Äußerungen sieht. Dem ist jedoch nicht so. Die eigentliche arbeitsrechtliche Pflichtverletzung liegt in der Verletzung der Rücksichtnahmepflicht, indem der Kläger eine Verknüpfung dieser Äußerungen zu seinem Arbeitgeber eröffnet hat. Diese wiegt nicht so schwer, dass sie unweigerlich erkennbar unmittelbar zur Kündigung führen musste.
77Die Äußerungen des Klägers als solche verurteilt auch die Berufungskammer. Wären sie allerdings in keiner Weise mit seinem Arbeitgeber oder der Marke "Z." verknüpft gewesen, läge hierin überhaupt keine arbeitsrechtliche Verfehlung, sondern allein eine extremistische Äußerung im privaten Lebensbereich. Auch eine solche mag ggfs. rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Diese sind aber nicht dem Bereich des Arbeitsrechts zuzuordnen.
78Aufgrund des somit festzustellenden Vorrangs einer einschlägigen Abmahnung erweist sich die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.11.2023 zusammenfassend als unverhältnismäßig und unwirksam.
79c. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung führt ebenfalls nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie erweist sich aus den genannten Gründen, die die Beendigung generell und nicht nur bezogen auf die fristlose im Vergleich zur fristgerechten Kündigung zum Gegenstand haben und zu deren Unverhältnismäßigkeit führen, als sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG.
802. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist angesichts des erneuten Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 27.02.1985 - GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) begründet. Der Beschäftigung des Klägers trotz Obsiegens in zwei gerichtlichen Instanzen entgegenstehende und überwiegende schutzwerte Interessen der Beklagten sind nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt worden.
81III.
82Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten des von ihr ohne Erfolg betriebenen Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
83IV.
84Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere betrifft die Entscheidung weder entscheidungsrelevante Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch liegt eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vor. Es handelt sich vielmehr um eine kündigungsrechtliche Einzelfallentscheidung auf der Basis der anerkannten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
85RECHTSMITTELBELEHRUNG
86Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
87Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
88Klein Leis Jahncke