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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 3 SLa 313/24

Datum:
08.10.2024
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 SLa 313/24
ECLI:
ECLI:DE:LAGD:2024:1008.3SLA313.24.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Oberhausen, 3 Ca 1382/23
Schlagworte:
Außerordentliche Kündigung wegen Facebook-Äußerungen anlässlich des Israel/Hams-Konflikt
Normen:
Art. 2,5,12 GG, §§ 241 Abs. 2, 626 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem öffentlich zugänglichen privaten Facebook-Account im Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel im Oktober 2023, mit denen in jedenfalls teilweise auch strafrechtlich relevanter Weise Gewalttaten verherrlicht und volksverhetzend zum Hass gegen Israelis und/oder Juden aufgestachelt wird, begründen als außerdienstliches Verhalten nicht per se, sehr wohl aber dann "an sich" einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn ein Bezug zum Arbeitgeber durch die Statusmitteilung "Beschäftigt seit ... bei der... AG" hergestellt wird. Denn damit verstößt der Arbeitnehmer schwerwiegend gegen seine Rücksichtnahmepflicht, indem er den Arbeitgeber u.a. der Gefahr einer erheblichen Rufschädigung aussetzt. 2. Die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers ist nicht entscheidend. Die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht ergibt sich bereits daraus, durch Herstellung eines Bezugs seiner privaten, gewaltverherrlichenden, menschenverachtenden und antisemitischen Äußerungen zu seinem Arbeitgeber diesen der konkreten (und hier auch verwirklichten) Gefahr einer erheblichen Rufschädigung bis hin zu medialer Berichterstattung auszusetzen. 3. Dabei steht der Bewertung als schwerwiegende Verletzung der Rücksichtnahmepflicht nicht entgegen, dass der Arbeitgeberbezug im Facebook-Status insofern veraltet ist, dass dort noch die Konzernobergesellschaft, bei der der Arbeitnehmer ursprünglich eingestellt worden ist, angegeben wird und nicht die - nach erfolgter Umstrukturierung - nunmehr aktuelle Arbeitgeberin, wenn beide wie hier unter demselben Markennamen auftreten. Die Rufschädigung der Marke als solcher durch das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers führt bereits zu einer unmittelbaren betrieblichen Beeinträchtigung auch der aktuellen Arbeitgeberin. 4. Im Rahmen der Interessenabwägung jedoch ist genau zu differenzieren zwischen dem außerdienstlichen Verhalten und seinem arbeitsrechtlichen Bezug. Antisemitismus, Gewaltverherrlichungen und strafbares Verhalten im außerdienstlichen Bereich führen nicht per se zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur bei konkreter Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses und der berechtigten Belange des Arbeitgebers durch das außerdienstliche Verhalten. Wird dieser Bezug zum Arbeitgeber durch steuerbares und sorgfaltswidriges, aber insoweit nicht vorsätzliches Verhalten (hier: das Unterlassen der Löschung der alten Arbeitgeberangabe im Facebook-Status) hergestellt, ist dieses zur Rücksichtnahmepflichtverletzung führende Verhalten steuerbar und kann im Einzelfall somit eine Abmahnung vorrangig sein (hier bejaht).

 
Tenor:

I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 27.03.2024 - Az.: 3 Ca 1382/23 - wird zurückgewiesen.

II.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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