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Eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1992 kann bei der Bestimmung der Nettolohnobergrenze des Gesamtversorgungssystems pauschal und unabhängig von der individuell gegebenen oder nicht gegebenen Kirchenzugehörigkeit die Kirchensteuer in Abzug bringen. Eine solche Regelung in einer Betriebsvereinbarung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.07.2023 - 12 Ca 965/23 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.
3Der am 10.01.1952 geborene Kläger, ein Bankkaufmann, der zuletzt als Kundenberater tätig war, war seit dem 01.08.1968 zunächst bei der R. beschäftigt. Deren Eigentümer waren ursprünglich zu 95% der DGB und Einzelgewerkschaften. Er trat im Jahr 1977 aus der Kirche aus. Die R. firmierte im Jahre 1991 zur O. um. Bei der O. existierte eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Zusatzversorgungsleistungen vom 26.05.1992 (im Folgenden GBV 1992). In dieser hieß es u.a.
4"ZWEITER TEIL
52.1 Personenkreis
62.1.1 Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1986 bei der Bank beschäftigt waren, und
7,
8erwerben bzw. behalten Ansprüche auf Zusatzversorgung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen, soweit nicht durch Sondervertrag eine andere Versorgung zugesagt ist.
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2.6. Höhe der Zusatzversorgung
112.6.1Die Höhe der Zusatzversorgungsleistungen nach den Ziffern 2.8 und 2.9 richtet sich nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit und dem versorgungsfähigen Einkommen. Die monatlichen Zusatzversorgungsleistungen setzen sich aus einem Grundbetrag und aus Steigerungsbeträgen zusammen:
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Die Zusatzversorgungsleistungen betragen zusammen höchstens 15 vom Hundert des versorgungsfähigen Einkommens nach 30 anrechnungsfähigen Dienstjahren.
142.6.2 Der Anspruch auf Zusatzversorgung gemäß Ziffer 2.6.1 besteht insoweit, wie zusammen mit der Sozialrente, den Leistungen des Beamtenversicherungsvereins des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a.G., sonstigen Versorgungsleistungen, die nicht überwiegend auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen, nicht mehr als 75 vom Hundert des versorgungsfähigen Einkommens gemäß Ziffer 2.5, höchstens jedoch 100 % des Nettoeinkommens erreicht werden.
15Als anrechenbare Rente gilt die jeweilige Bruttorente vor Abzug etwaiger Steuern, Abgaben und Beiträgen, jedoch ohne etwaige Zuschüsse zum Krankenversicherungsbeitrag der Rentner.
16Das Nettoeinkommen ist nach dem zuletzt bezogenen regelmäßigen monatlichen Bruttoeinkommen für die tarifliche Arbeitszeit (ausgenommen gesetzliche Zuschüsse zum Kranken- und Rentenversicherungsbeitrag sowie Beitragsanteile des Arbeitgebers zur V.-Versicherung) zuzüglich 1/12 der darüber hinaus regelmäßig anfallenden Jahresleistungen fiktiv zu berechnen. Davon werden die Steuern einheitlich nach der Steuerklasse III/0 der Lohnsteuertabelle (Monatslohn), die Arbeitnehmeranteile zum Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeitrag sowie zum Krankenversicherungsbeitrag nach dem vom Bundesarbeitsminister veröffentlichten durchschnittlichen Beitragssatz der Ortskrankenkassen abgezogen, und zwar auch dann, wenn keine Versicherungspflicht bestand.
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2.6.10Bei Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes gemäß Ziff. 2.8.2 wird die Zusatzversorgungsleistung gemäß Ziffer 2.6.1 unter Berücksichtigung der Dauer der ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vor dem Alter 65 zwischen 0,5 % und 0,2 % gekürzt. Der durch die verringerte Betriebszugehörigkeit im Einzelfall der Berechnung der Zusatzversorgungsleistung zugrunde zu legende Kürzungsfaktor ergibt sich aus der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung.
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2.7. Anpassung
212.7.1 Der Arbeitgeber nimmt die Anpassung gemäß den nachfolgenden Ziffern 2.7.2 und 2.7.3 zum 1. Februar 1989 vor und alsdann in Abständen von 3 Jahren.
222.7.2 Haben sich die monatlichen Gehälter nach Eintritt des Versorgungsfalles durch Tarifvereinbarung geändert, wird bei dem versorgungsfähigen Einkommen gemäß Ziffer 2.5 der DM-Betrag aus dieser Gehaltsveränderung berücksichtigt und die Zusatzversorgungsleistung entsprechend neu berechnet. Die Zusatzversorgungsleistung wird ferner neu berechnet, wenn sich die anrechenbaren Bezüge gemäß Ziffer 2.6.2 nach Eintritt des Versorgungsfalles geändert haben.
232.7.3 Hat sich das versorgungsfähige Einkommen geändert, so wird das Nettoeinkommen gemäß Ziffer 2.6.2 neu berechnet. Dabei wird bei dem monatlichen Bruttoeinkommen die Gehaltsveränderung gemäß Ziffer 2.7,2 berücksichtigt. Haben sich die gesetzlichen Abgaben gemäß Ziffer 2.6.2 geändert, wird das Nettoeinkommen ebenfalls neu berechnet.
242.8 Altersruhegeld
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2.8.2 Altersruhegeld nach dieser Vereinbarung wird gemäß § 6 BetrAVG auch dann gezahlt, wenn der Arbeitnehmer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres erhält und deshalb aus den Diensten der Bank ausscheidet.
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VIERTER TEIL
294. Inkrafttreten/Kündigung
304.1 Diese Betriebsvereinbarung tritt ab 1. Januar 1992 in Kraft.
314.2 Die Tarifvereinbarung über Zusatzversorgungsleistungen vom 17. Dezember 1986 (einschließlich der Vereinbarung vom 18. Oktober 1976) tritt mit dem Inkraftsetzen dieser Betriebsvereinbarung außer Kraft.
32"
33Der zweite Teil der GBV 1992 entsprach inhaltlich der Versorgungszusage aus der Tarifvereinbarung über Zusatzversorgungsleistungen vom 17.12.1986, welche mit Inkraftsetzen der GBV 1992 außer Kraft trat.
34Die O. firmierte im Jahr 2001 zur N. AG um. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war zuletzt der Arbeitsvertrag mit der N. AG vom 29.01.2010/08.02.2010. Gemäß Ziffer 8 des Arbeitsvertrags war der Kläger in die Zusatzversorgung gemäß der Betriebsvereinbarung über Zusatzversorgungsleistungen in der jeweils gültigen Fassung einbezogen. Zusätzlich war er gemäß Ziffer 9 des Arbeitsvertrags satzungsgemäß und unter Beachtung der jeweiligen Versicherungsbedingungen in der V.-Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. (im Folgenden V.) versichert. Im Jahr 2010 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Da bei der Beklagten keine Gesamtbetriebsvereinbarung zu einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung bestand, galt die die GBV 1992 bei der Beklagten für die übergegangenen Arbeitnehmer weiter.
35Der Kläger schied zum 31.03.2016 bei der Beklagten aus. Er bezog seit dem 01.04.2016 neben seiner gesetzlichen Rente und der V.-Rente eine monatliche Betriebsrente von der Beklagten in Höhe von zunächst 51,75 Euro. Ab dem 01.01.2019 betrug die monatliche Betriebsrente 54,26 Euro und ab dem 01.01.2022 57,85 Euro. Die Betriebsrente wurde monatlich zum 15. eines jeden Monats gezahlt. Auf eine Nachfrage des Klägers vom 10.02.2022 teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 23.03.2022 erstmalig mit, auf welcher Basis das fiktive Nettoeinkommen, das der Berechnung des ab dem 01.04.2016 gezahlten Altersruhegeldes zugrunde gelegt wurde, errechnet wurde. Danach legte die Beklagte ein Bruttoeinkommen von 1/12 von 65.501,15 Euro zu Grunde. Ausgehend davon nahm sie zur Berechnung des fiktiven monatlichen Nettoeinkommens folgende Abzüge vor: 804,00 Euro Einkommenssteuern, 510,36 Euro gesetzliche Rentenversicherung, 81,88 Euro gesetzliche Arbeitslosenversicherung, 355,95 Euro gesetzliche Krankenversicherung, 49,79 Euro gesetzliche Pflegeversicherung und 72,36 Euro Kirchensteuer.
36Der Kläger hat gemeint, dass das fiktive Nettoeinkommen ohne den Abzug von Kirchensteuer berechnet werden müsse. Danach ergebe sich eine monatliche Ausgangsbetriebsrente von 171,46 Euro brutto.
37Maßgeblich sei zunächst eine individuelle Berechnung der Nettolohnobergrenze in der GBV 1992. Aufgrund seines Austritts aus der Kirche im Jahr 1977 sei die Kirchensteuer bei ihm nicht abzuziehen.
38Die Kirchensteuer sei zudem nicht zu berücksichtigen, weil sie in der Betriebsvereinbarung nicht aufgeführt würde. Mit der Lohnsteuerklasse III/0 sei vielmehr die Steuerklasse gewählt worden, bei der die niedrigste zu zahlende Steuer anfalle. Daraus ergebe sich, dass beim fiktiven Nettogehalt bewusst die für Arbeitnehmer günstigste Lohnsteuervariante gewählt worden sei. Für die Kirchensteuer bedeute dies deren Nichtberücksichtigung.
39Es sei für die Auslegung nicht allein der Begriff "Steuern" der Ziffer 2.6.2 der GBV 1992 maßgeblich, sondern die Formulierung "Steuern der Lohnsteuertabelle (Monatslohn)". Es sei bis zum Jahre 2003 in § 38c des Einkommensteuergesetzes definiert gewesen, was die allgemeine Jahreslohnsteuertabelle und die Monatstabellen ausweisen sollten. Darin werde die Kirchensteuer nicht erwähnt. Zwar könne man allgemein unter Steuern Kirchensteuern verstehen. Maßgeblich sei aber die GBV 1992, die den Bezug alleine zu der Jahreslohnsteuertabelle herstelle.
40Wenn die Vertragsparteien einen Kirchensteuerabzug beabsichtigt hätten, wäre wegen der unterschiedlichen Kirchensteuersätze in den einzelnen Bundesländern von 8 % bzw. 9 % ein Hinweis in der GBV 1992 erfolgt und wie bei der Krankenversicherung ein "durchschnittlicher Beitragssatz" festgelegt worden. Bei den anzurechnenden Bruttorenten z.B. aus der Sozialversicherung sei zudem die erhöhte Steuerlast nach dem Alterseinkünftegesetz im Jahr 2005 zu berücksichtigen.
41Sei der Zweck der GBV 1992 und des Tarifvertrags aus 1976 eine pauschale Berechnung, müsste diese für alle gleich gelten. Dementsprechend gehöre eine Kirchensteuer nicht in die Berechnung des fiktiven Nettoeinkommens, damit keine Ungleichbehandlung stattfinde. Und schließlich würden Beschäftigte auch durch die Anwendung der Lohnsteuerklasse III/0 ggfs. gegenüber ihrer Zeit als aktive Beschäftigte begünstigt. Schließlich sei für den mutmaßlichen Willen der Vertragspartner der GBV 1992 zu berücksichtigen, dass es sich damals um ein Gewerkschaftsunternehmen gehandelt habe.
42Im Hinblick auf die tatsächliche Praxis hat der Kläger behauptet, dass laut telefonischer Rücksprache beim T. die im Auftrage der N. die Abwicklung der Betriebsrente vornehme, die Kirchensteuer individuell berechnet werde. Der Kläger hat sich dabei auf eine Versorgungsberechnung einer Kollegin ohne namentliche Nennung aus dem Jahre 2016 berufen (Anlage K9 zum Schriftsatz des Klägers vom 22.06.2023, Bl. 88 VorA). Aus den von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichts und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach ergebe sich nicht die von der Beklagten behauptete jahrelange Abrechnungspraxis.
43Der Kläger ist weiter der Ansicht gewesen, dass auch der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung bei der Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens nicht in Abzug gebracht werden dürfe.
44Mit der am 06.03.2023 bei dem Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten jedenfalls vor dem 16.03.2023 zugestellten Klage hat der Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 geltend gemacht und beantragt,
45die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.760,17 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
46Die Beklagte hat beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Sie ist der Auffassung gewesen, dass sie die Kirchensteuer bei der Berechnung des fiktiven Nettoeinkommens zu Recht abgezogen habe. Dies ergebe die Auslegung der GBV 1992. Der allgemeine Rechtsbegriff der Steuern umfasse die Finanzabgaben Einkommenssteuer und Kirchensteuer, zumal die Kirchensteuer prozentual an die Einkommenssteuer gekoppelt sei. Zudem verwende die GBV 1992 mit dem Begriff "Steuern" den Plural.
49Abzustellen sei auch nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse des Klägers, sondern auf eine fiktive pauschalierende Betrachtungsweise. Bei einer Gesamtversorgung dürfe die Nettolohnobergrenze typisierend und unabhängig von den individuellen Verhältnissen ausgestaltet sein. Eine Zusatzversorgung sei nicht darauf gerichtet, den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Beschäftigten Rechnung zu tragen. Über die Zweckmäßigkeit der vorgesehenen pauschalierten Berechnung entschieden die Betriebsparteien in eigener Verantwortung.
50Die GBV 1992 enthalte eine solche typisierende und pauschalierende Berechnungsweise. Dafür spreche, dass eine individuelle Einzelberechnung der Nettolohnobergrenze kaum praktikabel wäre. Die Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer hingegen hätte nichts mehr mit einer generalisierenden Berechnung des Nettoeinkommens gemein, weil die Kirchensteuer als typische Steuer außer Ansatz bleibe. Vielmehr würden durch die typisierende Betrachtungsweise alle Rentenberechtigten gleichbehandelt. Ansonsten - kein Abzug der Kirchensteuer - könnte es dazu kommen, dass Betriebsrentner eine höhere Versorgung erhielten als aktive kirchensteuerpflichtige Arbeitnehmer. Die GBV 1992 pauschaliere bei der ausdrücklich als fiktiv bezeichneten Berechnung des Nettoeinkommens im Übrigen auch bei anderen Faktoren wie der Lohnsteuer oder dem Beitragssatz der Krankenkasse. Die Kirchensteuer bringe sie entsprechend dem Steuersatz des maßgeblichen Bundeslandes, wie auch bei den aktiven Arbeitnehmern, d.h. bei dem Kläger mit demjenigen von 9 % in NRW zur Anwendung. Darauf, ob der Kläger selbst Kirchenmitglied sei, komme es nicht an. Es gehe nur darum, allen Beschäftigten eine gleich hohe Versorgung zuzusagen.
51An dem Auslegungsergebnis ändere der Hinweis auf die Lohnsteuertabelle in der GBV 1992 nichts. Die Kirchensteuer sei nicht vom sachlichen Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 AO umfasst, weil diese Ländersache sei und deshalb z.B. in NRW im Kirchensteuergesetz NRW (KiStG NRW) geregelt sei. Folgerichtig sei die Kirchensteuer in § 38c EStG nicht erwähnt. Der Hinweis auf die Lohnsteuertabelle diene alleine der Ermittlung der Höhe der zu berücksichtigen Lohnsteuer, die wiederum Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer sei. Außerdem sei die Kirchensteuer z.B. in den damaligen Lohnsteuertabellen nach Stollfuß enthalten gewesen (Anlage G. zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.07.2023, VorA Bl. 100). Folge man der Argumentation des Klägers, dürften aufgrund des Wegfalls der Lohnsteuertabelle seit 2003 überhaupt keine Steuern mehr abgezogen werden.
52Und schließlich berücksichtige das Bundesarbeitsgerichts bei der Nettolohnobergrenze des § 16 BetrAVG ohne weiteres die Kirchensteuer als typischen Abzug.
53Für ihre Auslegung spreche zudem die von ihr behauptete jahrelange tatsächliche Handhabung bei der Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens mit dem pauschalen Abzug der Kirchensteuer nicht nur durch sie, sondern auch durch ihr Rechtsvorgängerinnen. Dies sei auch von den Dienstleistern (S. - 2011 bis 2012, K. - 2012 - 08/2015, F. - seit 09/2015) so gehandhabt worden. Dies belegten Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 23.01.2002 - 8 Sa 104/01, vollständig vorgelegt als Anlage K10 zum Schriftsatz des Klägers vom 12.07.2023, Bl. 128 ff. VorA) bereits im Jahr 2002 und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach (Urteil vom 02.11.2017, Anlage G. zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.07.2023 - 3 Ca 982/17, Bl. 111 VorA), ausweislich derer ein Abzug der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze der GBV 1992 nicht zu beanstanden sei.
54Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
55Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat der Klage teilweise in Höhe berichtigter 3.874,64 Euro brutto stattgegeben, weil es den Abzug des Beitrags zur Pflegeversicherung bei der Ermittlung der Nettolohnobergrenze der GBV 1992 für ungerechtfertigt erachtet hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil es den Abzug der Kirchensteuer für zutreffend hielt. Gegen das dem Kläger am 07.08.2023 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat nur dieser am 29.08.2023 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.11.2023 - am 02.11.2023 begründet.
56Der Kläger meint, dass bei der Auslegung berücksichtigt werden müsse, dass die betriebliche Altersversorgung ein Aushängeschild für Unternehmen sei. Außerdem müsse der Umstand bedacht werden, dass es sich bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahre 1976 um eine fast reine Gewerkschaftsbank gehandelt habe. Dies rechtfertige eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung. Es könne deshalb nicht der Wille der Betriebsparteien gewesen sein, dass bei der Berechnung der Altersleistungen Aufwendungen berücksichtigt würden, von denen er sich als Kläger bereits als Arbeitnehmer getrennt habe. Im Wortlaut der GBV 1992 komme zudem kein "fiktiv vergleichbarere Arbeitnehmer" vor. Maßgeblich sei alleine eine fiktive Berechnung des Nettoeinkommens. Berücksichtige man pauschal die Kirchensteuer bei allen, ergebe sich bei nicht kirchsteuerpflichtigen Beschäftigten ein Minus. Dann würden 100% des Nettoeinkommens aber unterschritten. Eine Ungleichbehandlung zwischen Betriebsrentnern, die Kirchenmitglied sind und solchen, die es nicht sind, sei von der GBV 1992 nicht gewollt und im Übrigen unzulässig. Um das Prinzip "gleicher Anspruch für alle Rentner" bei der Berechnung beizubehalten, dürfe die Kirchensteuer als eine individuelle Besonderheit des Arbeitnehmers nicht bei jedem pauschal einbezogen werden. Außerdem müsste ein etwaiger Abzug der Kirchensteuer auch in einer Betriebsvereinbarung hinreichend erkennbar und eindeutig beschrieben sein.
57Zu berücksichtigen sei zudem, dass zur Entstehungszeit des maßgeblichen Zweiten Teils der GBV 1992 im Oktober 1976 die Lohnsteuertabellen nach Bundesrecht, die keine Kirchensteuer vorsahen, bindend gewesen seien. Maßgeblich sei für die Höhe der Betriebsrente alleine die persönliche Leistung, die mit der Kirchenzugehörigkeit nichts zu tun habe.
58Zu berücksichtigen sei, dass die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ein fiktives Nettoeinkommen ohne Kirchensteuer zu Grunde lege.
59Schließlich behauptet der Kläger, dass die N. AG bei Abwicklung der GBV 1992 über den V. keine Kirchensteuern bei nicht kirchensteuerpflichtigen Rentenempfängern bei der Nettolohnobergrenze berücksichtige. Ausweislich eines Briefes des V. im Auftrag der C.), d.h. der N. AG, werde bei einer anstehenden Anpassungsüberprüfung einer Direktzusage der J. der Kirchenaustritt durchaus berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer sei ihm auch 2022 von der N. AG telefonisch bestätigt worden.
60Der Kläger behauptet, dass die damaligen Tarifvertragsparteien keine Kirchensteuer hätten berücksichtigen wollen. So habe ein Sozialplan aus dem Jahr 1990 dieselbe Formulierung wie die GBV 1992 vorgesehen. Im Rahmen des Sozialplans sei die Kirchensteuer nicht angerechnet worden. In der GBV 1992 sei es nur um die Lohnsteuer gegangen. Erst im Jahr 2009 sei ein anderer Text gewählt worden. In einem Sozialplan vom 30.03.2009 sei formuliert, dass die zuletzt geschuldeten Lohnsteuern und Solidaritätszuschläge nach der zu Beginn des betreffenden Kalenderjahres eingetragenen Steuerklasse der Lohnsteuertabelle abzuziehen seien. Dies zeige, dass die Kirchensteuer nicht berücksichtigt werden solle.
61Der Kläger beantragt,
62das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.07.2023 - 12 Ca 965/23 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5.885,53 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
63Die Beklagte beantragt,
64die Berufung zurückzuweisen.
65Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit es die Klage abgewiesen hat.
66Das Arbeitsgericht habe die GBV 1992 zutreffend ausgelegt. Der Wortlaut der GBV 1992 sei durch die Verwendung des Plurals des Begriffs "Steuern" eindeutig. Hinzu komme die prozentuale Kopplung der Kirchensteuer an die Lohnsteuer. Bei der pauschalierten Nettolohnobergrenze der GBV 1992 komme es nicht auf die individuellen Verhältnisse des Einzelnen zu seiner aktiven Zeit an. Die Betriebsrente werde pauschal für alle maximal gleich hoch bemessen.
67Zu dem Begriff der Lohnsteuertabellen verweist die Beklagte erneut darauf, dass die Kirchensteuern Landesrecht sind. Auf das Versorgungssystem der VBL komme es nicht an.
68Die Beklagte behauptet, die N. AG ließe die Altersversorgung nach der GBV 1992 weder durch den V. abwickeln noch werde bei nicht kirchsteuerpflichtigen Betriebsrentnern durch diese von einem Abzug der Kirchensteuer abgesehen. Das vorgelegte Schreiben betreffend die J. enthalte allenfalls eine Wissenserklärung des T. dem zudem eine Direktzusage der J. zu Grunde liege. Darum gehe es hier nicht. Der Inhalt der vom Kläger behaupteten telefonischen Rückfrage sei unzutreffend und substanzlos.
69Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.
70E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
71A.Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, weil die zulässige Klage unbegründet ist. Die Beklagte hat die Betriebsrente des Klägers nach dem Zweiten Teil der GBV 1992 zutreffend mit einer Nettolohnobergrenze unter Abzug der Kirchensteuer ermittelt. Dem Kläger stehen für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 über die bereits vom Arbeitsgericht zugesprochene monatliche Betriebsrentendifferenz keine weiteren 70,91 Euro brutto an monatlicher Betriebsrente zu.
72I.Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie streitgegenständlich hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger macht für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 nach der teilweisen Stattgabe seiner Klage durch das Arbeitsgericht noch eine weitere Betriebsrentendifferenz von monatlich 70,91 Euro brutto, d.h. insgesamt weitere 5.885,53 Euro geltend. Diesen geltend gemachten Betriebsrentenanspruch stützt der Kläger alleine auf die GBV 1992, über deren Auslegung und Wirksamkeit betreffend die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze aus Ziffer 2.6.2 Abs. 1, 3 GBV 1992 die Parteien zuletzt noch streiten.
73II.Die Klage ist unbegründet. Die Ausgangsrente des Klägers gemäß Ziffern 2.8.2, 2.6 GBV 1992, welche dieser alleine geltend macht, beträgt monatlich 100,55 Euro brutto. Unter Berücksichtigung der bereits von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 geleisteten Betriebsrentenzahlungen sowie der von dem Arbeitsgericht zugesprochenen - berichtigten - Betriebsrentendifferenz, ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum kein weiterer Zahlungsanspruch des Klägers.
741.Dem Kläger steht dem Grunde nach unstreitig ab dem 01.04.2016 gegen die Beklagte ein Betriebsrentenanspruch gemäß Ziffern 2.8.2, 2.6 GBV 1992 zu, weil er ab diesem Zeitpunkt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Darüber sowie über deren Höhe - ausgenommen zuletzt nur noch die Frage der Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Berechnung der Nettolohnobergrenze aus Ziffer 2.6.2 Abs. 1, 3 GBV 1992 - besteht kein Streit zwischen den Parteien. Entgegen der Ansicht des Klägers findet die Kirchensteuer unabhängig von der individuell gegebenen oder nicht gegebenen Zugehörigkeit zu einer Kirche Berücksichtigung. Dies ergibt die Auslegung der GBV 1992. Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze durch die GBV 1992 ist wirksam.
75a)Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und für Gesetze geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Soweit kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, kommen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Auslegungskriterien wie etwa eine regelmäßige Anwendungspraxis oder die Normengeschichte in Betracht. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 21.11.2023 - 3 AZR 14/23, juris Rn. 10 m.w.N.). Bedeutsam für die Auslegung sind dabei die Verhältnisse bei dem Abschluss der Betriebsvereinbarung und das Verständnis der Betriebsparteien, das sich aus dem Kontext der Regelungen ergibt. Entscheidend sind dabei die Verhältnisse bei Abschluss der Betriebsvereinbarung im Regelungsbereich der Betriebsvereinbarung (BAG 08.03.2022 - 3 AZR 420/21, juris Rn. 25).
76b)In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung von Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992, dass bei der Berechnung der Nettolohnobergrenze durch die Betriebsparteien ein pauschalierender typisierender Ansatz unter Einschluss der Kirchensteuer vereinbart wurde.
77aa) Ein typisierender Ansatz zur Bestimmung der Nettolohnobergrenze in einer Versorgungsordnung ist zulässig. Versorgungsordnungen dürfen typisieren und pauschalieren, müssen es aber nicht. Für welchen Weg sich der Arbeitgeber oder wie hier die Betriebsparteien entscheiden, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage (BAG 17.01.2012 - 3 AZR 555/09, juris Rn. 68). Inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern soll, hängt vor allem davon ab, auf welches Arbeitseinkommen die Versorgungsordnung abstellt. Das Versorgungsziel wie auch die Nettoobergrenze sind keine - objektiv - vorgegebenen Größen, sondern ergeben sich erst durch Auslegung, bei der Wortlaut und Systematik im Vordergrund stehen (BAG 08.12.2020 - 3 AZR 437/18, juris Rn. 56).
78bb)Die Auslegung ergibt die unabhängig von der konkreten Mitgliedschaft des Versorgungsberechtigten in einer Kirche pauschalierende Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Berechnung der Nettolohnobergrenze in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992.
79(1)Entgegen der Ansicht des Klägers geht es zunächst nicht darum, bei der Bestimmung der Nettolohnobergrenze auf die konkreten Verhältnisse des einzelnen Versorgungsberechtigten, d.h. hier des Klägers, abzustellen. Eine konkrete Betrachtungsweise folgt entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals geäußerten Ansicht nicht daraus, dass das Nettoeinkommen nach dem "zuletzt bezogenen" regelmäßigen monatlichen Bruttoeinkommen berechnet wird. Richtig ist, dass Anknüpfungspunkt das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers für die tarifliche Arbeitszeit zzgl. 1/12 der darüber hinaus regelmäßig anfallenden Jahresleistungen ist. Es trifft weiter zu, dass die in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 1 GBV 1992 genannte "fiktive" Berechnung sich darauf bezieht und deshalb "fiktiv" erfolgt, weil der Kläger nach dem Rentenbeginn kein monatliches Bruttoeinkommen mehr bezieht. Dies ändert nichts daran, dass die Abzüge zur Berechnung des Nettoeinkommens gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 pauschalierend und unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Klägers erfolgen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Steuern "einheitlich" in Abzug gebracht werden. Auch die Sozialversicherungsbeiträge werden einheitlich zu dem veröffentlichten durchschnittlichen Beitragssatz der Ortskrankenkassen in Abzug gebracht, ohne dass es auf den konkreten Beitragssatz des Versorgungsberechtigten ankommt. Eine konkret-individuelle Berechnung der Abzugsposten ist damit nicht vereinbar.
80(2)Die Abzugsposten zur Berechnung der Nettolohnobergrenze gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 umfassen auch die Kirchensteuer.
81(2.1)Dies folgt zunächst daraus, dass Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 von den Steuern im Plural spricht und nicht etwa nur die Lohnsteuer im Singular nennt. Es werden auch nicht - wie der Kläger meint - die Steuern der Lohnsteuertabelle abgezogen, sondern die Steuern nach der Steuerklasse III/0 der Lohnsteuertabelle. Bezugspunkt der Worte "die Steuern" ist damit die dort genannten Steuerklasse III ohne Kinderfreibetrag. Auch hier zeigt sich die Typisierung, die nur tendenziell eher begünstigt als benachteiligt (vgl. BAG 17.01.2012 - 3 AZR 555/09 juris Rn. 68), denn für einen Versorgungsberechtigten mit einem oder mehreren Kindern, der als Aktiver die Steuerklasse drei gewählt hatte, ist die pauschalierende Betrachtungsweise ungünstiger. Dies zeigt, dass der Ursprung der Versorgungsordnung aus einer solchen einer "Bank der Gewerkschaften" nicht zu der immer für die Beschäftigten günstigsten Auslegung führen muss, wie der Kläger annimmt. Es wird schlicht typisiert und einheitlich ein bestimmtes Versorgungsniveau für alle Beschäftigten festgelegt.
82(2.2)Soweit der Kläger im Einzelnen nachgewiesen hat, dass die amtliche Lohnsteuertabelle nach der Abgabenordnung bzw. des Einkommenssteuergesetzes die Kirchensteuer nicht enthielt, führt dies nicht dazu, dass diese hier nicht zu berücksichtigen ist. Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Steuerklasse III ohne Kinderfreibetrag nach der Lohnsteuertabelle (Monatslohn), für die in Abzug zu bringenden Steuern. Dies ist nachvollziehbar, weil für die pauschalierende Betrachtungsweise festgelegt werden muss, welcher Steuersatz einheitlich für die Berechnung der in Abzug zu bringenden Steuern zu Grunde zu legen ist. Dies gilt auch für die Kirchensteuer. Ohnehin regelte die amtliche Lohnsteuertabelle nach Bundesrecht die Kirchensteuer nicht, denn diese richtet sich nach dem Landesrecht (vgl. z.B. Kirchensteuergesetz - KiStG NRW). So gilt bzw. galt z.B. die Abgabenordnung bereits in der Fassung vom 16.03.1976 und nachfolgend gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AO für alle Steuern, die durch Bundesrecht bzw. durch das Recht der Europäischen Gemeinschaften bzw. inzwischen Union geregelt sind (vgl. die Fassungsnachweise bei juris). Dies bedeutet aber nicht, dass die Festlegung der einheitlichen Steuerklasse III/0 in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 für die Kirchensteuer obsolet wäre. Denn die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur Einkommens- bzw. Lohnsteuer erhoben (vgl. bereits § 4 Abs. 1 Nr. 1 lit a) KiStG NRW vom 22.04.1975 (GV NW 1975, 438). Die Steuern (Plural), die gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 einheitlich nach der Lohnsteuerklasse III/O berechnet und in Abzug gebracht werden, sind mithin auch die Kirchensteuern. Richtig ist, dass der Beitragssatz je nach Wohnsitz unterschiedlich ist (vgl. z.B.§ 3 KiStG NRW vom 22.04.1975, GV NW 1975, 438). Dies steht der Typisierung nicht entgegen, auch wenn für die Sozialversicherungsbeiträge in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 ein Durchschnittsatz gewählt wurde. Die Pauschalierung knüpft bei den Steuern bereits einheitlich an die Lohnsteuerklasse III/0 an und belässt es dabei. Ein Wohnsitzwechsel und eine daraus folgende Änderung der Höhe des Kirchensteuerzuschlags auf die Lohnsteuer kann ohne weiteres gemäß Ziffer 2.7.3 Satz 2 GBV 1992 berücksichtigt werden.
83(2.3)Für die Berücksichtigung der Kirchensteuer spricht auch die Systematik der GBV 1992. In Ziffer 2.6.2 Abs. 2 GBV 1992 wird die Bruttorente als diejenige definiert, die sich vor Abzug "etwaiger Steuern, Abgaben und Beiträgen" ergibt. Damit sind umfassend alle Steuern gemeint. Dafür spricht, dass neben den Steuern im Plural etwaige Abgaben genannt sind. Abgaben definiert der Duden als "einmalige oder laufende Geldleistung an ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen; Steuer" (im Internet abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Abgabe). Der Duden Wirtschaft von A bis Z definiert Abgaben als Geldzahlungen an öffentlich-rechtliche Körperschaften, die an Bund, Länder, Gemeinden und die Religionsgemeinschaften per Gesetz abzuführen sind (Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 6. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut 2016. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2016). Letztlich handelt es sich bei den Begriff Abgaben um den Oberbegriff für sämtliche Steuern. Dies zeigt sich auch daran, dass das Gesetz, das gemäß § 1 AO für alle Steuern gilt, den Namen Abgabeordnung trägt. Soweit in diesem Gesetz die Kirchensteuer nicht geregelt ist, weil diese dem Landesrecht unterfällt, ändert dies nichts daran, dass es sich bei der Kirchensteuer um eine Steuer handelt, die dem allgemeinen Oberbegriff der Abgaben unterfällt. Davon geht z.B. § 8 Abs. 1 KiStG NRW vom 22.04.1975 (GV NW 1975, 438) ohne weiteres aus, wenn dort geregelt ist, dass die Vorschriften der Reichsabgabenordnung bzw. Abgabenordnung entsprechende Anwendung auf die Kirchensteuern finden. Der Umstand, dass in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 nur noch von den Steuern und nicht mehr von Abgaben die Rede ist, ändert nichts. Zum einen sind Kirchensteuern Steuern und zum anderen wird der Plural verwandt. Hinzu kommt zur Überzeugung der Kammer als deutlicher Hinweis die Anpassungsregelung in Ziffer 2.7.3 Satz 2 GBV 1992. Das Nettoeinkommen gemäß Ziffer 2.6.2 GBV 1992 wird danach neu berechnet, wenn sich die gesetzlichen Abgaben geändert haben. Es wird an dieser Stelle wieder der umfassende Begriff der Abgaben genannt. Dies spricht zur Überzeugung der Kammer deutlich dafür, dass insgesamt bei der Berechnung des Nettoeinkommens sämtliche Steuern zu berücksichtigen sind, von denen die Kirchensteuer eine ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Anpassungsregelung in Ziffer 2.7.3 Satz 2 GBV 1992 weitergehen sollte als die in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992 vorgesehene Berechnung des Nettoeinkommens.
84(2.4)Maßgeblich sind im Übrigen - wie oben ausgeführt - für die Auslegung der GBV 1992 die Verhältnisse bei Abschluss der Betriebsvereinbarung im Regelungsbereich der Betriebsvereinbarung. Anders als ggfs. heute war trotz der individuellen Entscheidung einer oder keiner Kirche anzugehören damals - selbst wenn man auf das Jahr 1992 abstellt - die Kirchensteuer ein typischer Abzug. Betrug der Anteil kirchenzugehöriger Arbeitnehmer im Jahr 1983 etwa 85 vom Hundert, war er bis zum Jahr 1998 auf 57,1 vom Hundert und im Jahr 2001 auf 55 vom Hundert zurückgegangen (vgl. BVerfG 15.04.2005 - 1 BvR 952/04, juris Rn. 11, 4). Bei diesen statistischen Werten hat es das Bundesverfassungsgericht bis zum 01.01.2005 für die Berechnung des Arbeitslosengeldes gebilligt, davon auszugehen, dass es sich der Kirchensteuer um einen gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzug handelt (BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 47 ff.; BVerfG 15.04.2005 - 1 BvR 952/04, juris Rn. 11). Im Rahmen von § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG geht das Bundesarbeitsgericht im Übrigen davon aus, die Zugrundelegung von Steuerklasse III, ohne Kinderfreibetrag sowie Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und AOK-Mitgliedschaft eine geeignete Methode ist, die typischerweise den aktiven Beschäftigten zum Leben verbleibenden Nettobeträge zu errechnen (BAG 10.12.2019 - 3 AZR 122/18, juris Rn. 48). Die Anpassungsregelung in Ziffer 2.7.3 Satz 2 GBV 1992 führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine Änderung der gesetzlichen Abgaben in diesem Sinne ist durch die Veränderung des Anteils kirchenzugehöriger Menschen in Deutschland im Zeitverlauf nicht erfolgt. Die Kirchensteuer als solche ist nicht abgeschafft.
85(2.5)Eine tatsächliche Vollzugspraxis, die zu einer Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer bei der Berechnung gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 führt, existiert nicht. Auch die Vollzugspraxis des Arbeitgebers lässt, wenn er selbst - wie etwa bei Betriebs- oder (wie hier) Gesamtbetriebsvereinbarungen - den Normenvertrag abschloss, Rückschlüsse auf den Regelungsinhalt zu. Die objektive Auslegung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen dient vor allem dem Schutz des Normunterworfenen. Der an der Normsetzung beteiligte Arbeitgeber bedarf indes keines Schutzes vor seinem eigenen Regelungswillen. Dies spricht dafür, dass ein subjektiver Regelungswille des normsetzenden Arbeitgebers, der ihn belastet und die Arbeitnehmer begünstigt, selbst dann zu berücksichtigen ist, wenn er nur unzureichend zum Ausdruck gebracht worden sein sollte (BAG 21.11.2023 - 3 AZR 1/23, juris Rn. 42). Eine solche günstige Vollzugspraxis existiert nicht. Soweit der Kläger sich erstinstanzlich auf die Abrechnung einer namentlich nicht genannten Kollegin berufen hat (Anlage K9 zum Schriftsatz des Klägers vom 22.06.2023, Bl. 88 VorA), ergibt sich aus der darauf angebrachten Berechnung gemäß "Gehaltsrechner 2016 - www.parmentier.de", lediglich, dass keine Pflegeversicherung abgezogen wurde. Die Kirchensteuer ist mit einem Hebesatz von 9 % ausgewiesen. Zur Frage der angeblichen Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer ergibt sich daraus nichts. Es kann zudem unterstellt werden, dass dem Kläger seitens der N. AG telefonisch im Jahr 2022 die Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer bestätigt worden ist. Es kann auch unterstellt werden, dass der Brief der V. im Auftrag der J. (Anlage 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 19.02.2024, Bl. 231 HA) die gleiche Versorgungszusage betraf wie diejenige, die dem Kläger erteilt wurde. Auch dies führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine pauschale Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer ergibt sich daraus bereits nicht, sondern nur die individuelle Berücksichtigung des Austritts aus der Kirche bei der nächsten Anpassungsprüfung. Den zuvor genannten Aspekten stehen die Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 23.01.2022 (8 Sa 104/01) und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 02.11.2017 (3 Ca 982/17) entgegen. Aus diesen ergibt sich, dass für die hier maßgebliche GBV 1992 seitens der Beklagten gerichtlich der Abzug der Kirchensteuer bei der Berechnung der Nettolohnobergrenze gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV erfolgreich verteidigt worden ist. Eine günstige einheitliche Vollzugspraxis in dem vom Kläger gewünschten Sinn - sei es die pauschale Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer für niemanden oder in der Form der Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse - lässt sich so nicht feststellen. Allenfalls ist dies einmal so und einmal so gehandhabt worden. Auch aus den Formulierungen des Sozialplans 1990 und dem nachfolgenden Sozialplan 2009 ergibt sich nichts Anderes. So betrifft Ziffer 3 d des Sozialplans 1990 bereits einen anderen Gegenstand, nämlich ein Übergangsgeld anstelle einer Abfindung für ältere Beschäftigte und keine Betriebsrentenleistung. Außerdem ist die Formulierung zur Berechnung des fiktiven Nettoeinkommens nur ähnlich. Es fehlt z.B. die einheitliche Steuerklasse III/0, sondern anzuwenden ist die "maßgebliche Steuerklasse". Nichts Anderes gilt für Ziffer 6.3 des Sozialplans 2009. Hier kommt noch hinzu, das jetzt als Abzugsposten ausdrücklich die Lohnsteuern und der Solidaritätszuschlag genannt werden. Dies würde eher dafürsprechen, dass die Betriebsparteien sehr wohl wissen, dass der Begriff Steuern umfassend ist und sie den Begriff Lohnsteuer verwenden, wenn sie alleine diesen meinen. Jedenfalls belegt auch dies alles keine einheitliche Vollzugspraxis im Rahmen der GBV 1992. Die Kammer hat den Kläger im Termin darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der unterbreiteten gegenläufigen Tatsachen und auch der erfolgreichen Rechtsverteidigung der Beklagten in der Vergangenheit nicht von einheitlichen ihm günstigen Vollzugspraxis ausgehen kann. Weiterer Sachvortrag ist nicht erfolgt.
86(2.6.)Auch aus den übrigen dem Gericht von den Parteien unterbreiteten Umständen folgt kein anderes Auslegungsergebnis. Insbesondere kommt es auf eine etwaige Ausgestaltung der Versorgung im öffentlichen Dienst durch die VBL nicht an.
87c)Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze durch die GBV 1992 ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Verfassungsrecht.
88aa)Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG haben Arbeitgeberin und Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Die Betriebsparteien sind beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Wahrung der grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte verpflichtet (BAG 21.02.2017 - 1 AZR 292/15, juris Rn. 17). Sie haben dabei u.a. die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsgarantie (BAG 24.10.2017 - 1 AZR 846/15, juris Rn. 24) und die in Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Religionsfreiheit (LAG Düsseldorf 19.09.2002 - 5 Sa 649/02, juris Rn. 42, 58) zu beachten. Die Betriebsparteien haben bei Betriebsvereinbarungen gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG den dort geregelten und auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (BAG 26.04.2016 - 1 AZR 435/14, juris Rn. 21).
89bb)Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze durch die GBV 1992 verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
90(1)Zu dem Anspruch auf Arbeitslosengeld, welches der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt, hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es grundsätzlich für dessen Berechnung nicht zu beanstanden ist, dass die Lohnabzüge für die Berechnung des Nettolohnes nicht individuell ermittelt werden, sondern der individuelle Bruttolohn um die durch Rechtsverordnung konkretisierten "gewöhnlich" anfallenden Abzüge zu vermindern ist (BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 44). Weiter hat es ausgeführt, dass es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr vereinbar wäre, wenn der Gesetzgeber die Höhe des Arbeitslosengeldes auf einen bestimmten Prozentsatz des Nettolohnes festlegte, die Berechnung des Nettolohnes aber so regelte, dass er auch bei typisierender Betrachtung nicht mehr dem um die "gewöhnlich" anfallenden Abzüge verminderten Arbeitsentgelt entspräche. Mit einem solchen Verfahren würde der Gesetzgeber sich zu seiner eigenen Entscheidung, Arbeitslosengeld in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Nettolohn zu gewähren, in Widerspruch setzen und gegen das Gebot der Rechtsklarheit verstoßen. Dies schließe eine typisierende Regelung in Bezug auf die Kirchensteuer nicht von vornherein aus. Knüpfe der Gesetzgeber bei einer typisierenden Regelung an statistische Erkenntnisse an, müsse er aber die weitere Entwicklung beobachten, um wesentlichen Veränderungen rechtzeitig Rechnung tragen zu können. Mit dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ansatz und dem Gebot der Normenklarheit wäre es nicht mehr vereinbar, die Kirchensteuer bei der Berechnung des Nettolohnes auch dann noch als "gewöhnlich" anfallenden gesetzlichen Abzug in Ansatz zu bringen, wenn die Zugehörigkeit zu einer Kirche, die Kirchensteuer erhebt, nicht mehr als für Arbeitnehmer typisch angesehen werden könnte, wenn also nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer solchen Kirche angehörte (BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 45 ff.).
91(2)Diese Rechtsprechung lässt sich auf die hier in Rede stehende Nettolohnobergrenze in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992 nicht übertragen.
92(2.1)Zwar schützt die Eigentumsgarantie nicht nur dingliche oder sonstige gegenüber jedermann allgemein wirkende Rechtspositionen, sondern auch schuldrechtliche Ansprüche und sozialversicherungsrechtliche Rentenansprüche sowie Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Deshalb sind grundsätzlich auch unverfallbare Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung sowie Betriebsrentenansprüche der Versorgungsempfänger eigentumsrechtlich geschützt. Dieser Schutz reicht jedoch nur so weit, wie Ansprüche bereits bestehen; er verschafft diese nicht. Wie weit der Eigentumsschutz reicht, hängt damit vom Inhalt der Versorgungszusage ab. Bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt. Über die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung entscheiden die Arbeitsvertragsparteien, Betriebspartner oder Tarifvertragsparteien. Eine über die eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtsposition gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG nicht (BAG 15.10.2013 - 3 AZR 707/11, juris Rn. 55).
93(2.2)In Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor. Die Höhe bzw. der Umfang der zugesagten Versorgung, die gemäß Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, ergibt sich aus der GBV 1992. Diese bestimmt in der oben dargestellten Auslegung die Höhe der Betriebsrente unter Berücksichtigung der Nettolohnobergrenze, die den einheitlichen Abzug der Kirchensteuer als Bemessungsfaktor vorsieht. Die Betriebsparteien sind dabei in der Bemessung der Höhe der Betriebsrente frei. Eine ausdrückliche Regelung, nur solche Positionen von der Bruttovergütung in Abzug zu bringen, die "gewöhnlich" anfallen, enthält die GBV 1992 nicht (vgl. a. BVerwG 28.02.2002 - 2 C 15/01, juris Rn. 12 zur Ermittlung der fiktiven Vollzeit-Nettobesoldung bei der Altersteilzeit im Besoldungsrecht: freie Regelungsbefugnis).
94(2.3)Aber selbst wenn man aufgrund der oben dargestellten Auslegungsaspekte darauf abstellt, dass die Betriebsparteien der GBV 1992 bei den Steuern diejenigen angesetzt haben, die typischerweise anfallen und typischerweise das Nettolohneinkommen beeinflussen, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Richtig ist, dass das Gebot der Normenklarheit auch für die Betriebsparteien gilt (vgl. z.B. BAG 25.06.2019 - 3 AZR 456/17, juris Rn. 69). Maßgeblich müssen hier aber für die Auslegung - wie oben dargestellt - die Verhältnisse bei Abschluss der Betriebsvereinbarung bleiben. Anders als bei dem Arbeitslosengeld handelt es sich bei der Betriebsrentenzusage um keine staatliche Leistung. Es handelt sich vielmehr bei der hier in Rede stehenden Direktzusage seitens der Beklagten als Arbeitgeberin um eine im Arbeitsverhältnis der Parteien wurzelnde Leistung der Arbeitgeberin. Anders als bei staatlichen Leistungen ist auf deren Seite ebenfalls Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass Betriebsrentenleistungen anders als der Anspruch auf Arbeitslosengeld langfristige Verpflichtungen sind, die typischer Weise über einen langen Zeitraum zeitratierlich erdient werden. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit für beide Arbeitsvertragsparteien besteht ein eigentumsrechtlich geschützter Anspruch und ein Vertrauen nur auf diejenige Betriebsrentenleistung, so wie sie ursprünglich zugesagt wurde. Dies ist hier eine mit einer Nettolohnobergrenze unter pauschal einheitlichem Abzug der Kirchensteuer. An diesem Ergebnis ändert Ziffer 2.7.3 Satz 2 GBV 1992 nichts, auch wenn danach eine Änderung der gesetzlichen Abgaben bei der Anpassung zu berücksichtigen ist. Auch für die Auslegung dieser Bestimmung sind die Verhältnisse bei deren Schaffung zu berücksichtigen. Danach würde allenfalls der vollständige gesetzliche Wegfall einer Steuer zu einer Anpassung führen, nicht aber das Absinken der Anzahl der Mitglieder einer kirchensteuererhebenden Kirche unter einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtbevölkerung. Dafür spricht auch, dass sich rechtssicher kaum bestimmen ließe, ab wann genau und zu welchem Zeitpunkt eine Änderung in der Typik eintritt (vgl. insoweit zur Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und Hinweis auf die Schwierigkeit einer zeitnahen Datenerhebung BVerfG 15.04.2005 - 1 BvR 952/04, juris Rn,. 11).
95cc)Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze durch die GBV 1992 verstößt nicht gegen Art. 4 Abs. 1 GG. Da bei der Bemessung der Nettolohnobergrenze in Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992 die Kirchensteuer für alle Versorgungsberechtigten gleichermaßen in Abzug gebracht wird, ist die Regelung nicht geeignet, zum Kircheneintritt oder gegenläufig zum Kirchenaustritt zu motivieren. Der Abzug der Kirchensteuer ist nur ein Berechnungsfaktor bei Bemessung der Nettolohnobergrenze, d.h. letztlich der Höhe der zugesagten Betriebsrente. Die Beklagte als Arbeitgeberin behält keine Kirchensteuer ein, um sie an die Kirche auszukehren (vgl. insoweit zum Aufstockungsbetrag im Rahmen der Altersteilzeit BAG 29.07.2003 - 9 AZR 450/02, juris Rn. 50 unter Bezugnahme auf BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 51).
96dd)Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze durch die GBV 1992 verstößt nicht gegen den in § 75 Abs. 1 BetrVG geregelten und auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführenden betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.
97(1)Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Sind in einer Betriebsvereinbarung für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck. Dieser ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird. Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 26.04.2016 - 1 AZR 435/14, juris Rn. 21).
98(2)Der einheitliche Abzug der Kirchensteuer bei der Berechnung der Nettolohnobergrenze gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 Satz 2 GBV 1992 führt bereits zu keiner Ungleichbehandlung. Dieser führt vielmehr zu einer für alle Versorgungsberechtigten einheitlichen Nettolohnobergrenze. Alle Versorgungsberechtigten werden so bei der Bemessung der Höhe ihrer Versorgung gleichbehandelt (vgl. auch BVerwG 28.02.2002 - 2 C 15/01, juris Rn. 12 zur Ermittlung der fiktiven Vollzeit-Nettobesoldung bei der Altersteilzeit im Besoldungsrecht: keine besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung). Richtig ist alleine, dass ein Versorgungsberechtigter, der bereits während der aktiven Dienstzeit keiner steuererhebenden Kirche angehörte, vor dem Eintritt des Versorgungsfalls über höhere Nettobezüge verfügt hat, als ein Versorgungsberechtigter, der während der aktiven Dienstzeit kirchensteuerzahlender Arbeitnehmer war. Dies bedeutet aber nicht, dass die Betriebsrente den bisherigen Lebensstandard weiter vollständig abbilden muss (vgl. so für das Arbeitslosengeld BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 56). Hinzu kommt noch, dass Betriebsrenten grundsätzlich gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG dem Lohnsteuerabzug unterliegen, so dass auf diese bei Überschreiten des Versorgungsfreibetrags - anders als beim Arbeitslosengeld (vgl. BVerfG 23.03.1994 - 1 BvL 8/85, juris Rn. 12) als Zuschlag zur Einkommensteuer auch Kirchensteuer zu zahlen ist. Dies war auch bereits im Jahr 1992 und auch zuvor der Fall (vgl. die Normübersicht zu § 19 EStG bei juris; soweit das BVerfG mit Beschluss vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99, juris § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG für verfassungswidrig erklärte, blieb die Norm nach der Entscheidungsformel bis zur Neuregelung bis spätestens 31.12.2004 weiter anwendbar). Insgesamt ergibt sich keine Ungleichbehandlung während des Bezugs der Versorgungsbezüge gemäß der GBV 1992 bei einheitlichem Abzug der Kirchensteuer unabhängig von einer Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Kirche.
992.Die Ausgangsbetriebsrente des Klägers, welche dieser - wie sich bereits aus der Klageschrift ergibt und was der Klägervertreter im Termin nochmals bestätigt hat - alleine geltend macht, beträgt aufgrund der Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Nettolohnobergrenze monatlich 100,55 Euro brutto und nicht 171,46 Euro brutto. Insoweit gilt Folgendes:
100Versorgungsfähiges Einkommen gemäß Ziffer 2.5.1 GBV 1992 | 5.244,33 Euro |
daraus errechnete betriebliche Altersrente ohne Begrenzung | 786,65 Euro |
fiktives Nettoeinkommen als Versorgungsobergrenze gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 1, 3 GBV 1992 | 3.633,88 Euro |
abzüglich der V.-Rente | - 1.327,03 Euro |
abzüglich der. SV-Rente, | - 2.204,25 Euro |
restliche betriebliche Altersrente | 102,60 Euro |
Abschlag 2,00% (10 Monate x 0,2%) wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gemäß Ziffer 2.6.10 GBV 1992 | - 2,05 Euro |
Zahlbetrag betriebliche Altersrente | 100,55 Euro |
Das fiktive Nettoeinkommen als Versorgungsobergrenze gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 1, 3 GBV 1992 berechnet sich wie folgt: Maßgebliches monatliches Bruttoeinkommen gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 3 GBV 1992 für die Berechnung der dortigen Nettolohnobergrenze sind 5.458,43 Euro brutto. Zur Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens waren folgende Abzüge vorzunehmen: 804,00 Euro Einkommenssteuern, 510,36 Euro gesetzliche Rentenversicherung, 81,88 Euro gesetzliche Arbeitslosenversicherung, 355,95 Euro gesetzliche Krankenversicherung und 72,36 Euro Kirchensteuer. Daraus ergibt sich das oben in Ansatz gebrachte zutreffende und auch vom Arbeitsgericht zu Grunde gelegte fiktive Nettoeinkommen von 3.633,88 Euro gemäß Ziffer 2.6.2 Abs. 1, 3 GBV 1992.
1023.Unter Berücksichtigung der bereits von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 geleisteten Betriebsrentenzahlungen sowie der von dem Arbeitsgericht zugesprochenen - berichtigten - Betriebsrentendifferenz, ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum kein weiterer Zahlungsanspruch des Klägers, wobei über die Höhe der Beträge der Betriebsrentenberechnung - ausgenommen nur die Rechtsfrage der Berücksichtigung der Kirchensteuer - zwischen den Parteien kein Streit besteht.
103a)Der Kläger hat mit seiner Klage aufgrund der Nichtberücksichtigung des Beitrags zur Pflegeversicherung und zur Kirchensteuer eine Ausgangsbetriebsrente in Höhe von monatlich 171,46 Euro brutto geltend gemacht. Daraus hat er für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023 unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgerichtlich bereits geleisteten Betriebsrente insgesamt eine Differenz von 9.760,17 Euro brutto errechnet.
104b)Hiervon hat das Arbeitsgericht dem Kläger einen Betrag von insgesamt 3.874,64 Euro brutto rechtskräftig zugesprochen. Dieser Betrag berechnet sich bei Zugrundelegung einer Ausgangsrente von monatlich 100,55 Euro brutto und den von der Beklagten geleisteten und gemäß Ziffer 2.7. GBV 1992 angepassten Betriebsrentenzahlungen wie folgt: (1) 01.04.2016 bis 31.12.2018: 100,55 Euro - 51,75 Euro gezahlter Betriebsrente = 48,80 Euro, d.h. 33 Monate x 48,80 Euro = 1.610,40 Euro; (2) 01.01.2019 bis 31.12.2021: 100,55 Euro - 54,26 Euro gezahlter Betriebsrente = 46,29 Euro, d.h. 36 Monate x 46,29 Euro = 1.666,44 Euro; (3) 01.01.2022 bis 28.02.2023: 100,55 Euro - 57,85 Euro gezahlter Betriebsrente = 42,70 Euro; d.h. 14 Monate x 42,70 Euro = 597,80 Euro. Die Summe ergibt 3.874,64 Euro.
105c)Die in zweiter Instanz alleine noch geltend gemachte Differenz von insgesamt weiteren 5.885,53 Euro steht dem Kläger nicht zu, weil der Betriebsrentenanspruch des Klägers für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 28.02.2023, den dieser ausgehend von der Ausgangsrente berechnet hat, durch die erfolgten vorgerichtlichen Zahlungen und den Zuspruch seitens des Arbeitsgerichts erfüllt ist.
106B.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
107C. Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
108RECHTSMITTELBELEHRUNG
109Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
110REVISION
111eingelegt werden.
112Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
113Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
114Bundesarbeitsgericht
115Hugo-Preuß-Platz 1
11699084 Erfurt
117Fax: 0361 2636-2000
118eingelegt werden.
119Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
120Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
121Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1221.Rechtsanwälte,
1232.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1243.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
125In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
126Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
127Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
128* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
129Dr. Gotthardt Björn Schmidt Kuhlen-Heck