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1. Die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer sind der deutschen Sprache iSv. § 2 Abs 5 der Wahlordnung zum BetrVG mächtig, wenn ihre Deutschkenntnisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, ausländischen Arbeitnehmern in gleicher Weise wie deutschen Arbeitnehmern die Wahrnehmung ihres aktiven und passiven Wahlrechts zu ermöglichen. 2. Angesichts des Gesetzeszwecks dürfen die für die Beurteilung einer hinreichenden Sprachkompetenz maßgeblichen betrieblichen Verhältnisse nicht auf das Arbeitsumfeld und die im Zusammenhang mit der Durchführung des Arbeitsverhältnisses anfallenden Aufgaben und sprachlichen Anforderungen reduziert werden. Im Zweifelsfall muss der Wahlvorstand von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen ausgehen. Anlass dazu besteht jedenfalls dann, wenn ca. 15 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines über 10.000 Wahlberechtigte umfassenden Betriebs unterschiedlichsten Sprachräumen entstammen.
Die Beschwerden des Beteiligten zu 17. und der Beteiligten zu 18. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 24.04.2023 - 1 BV 9/22 - werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G R Ü N D E :
2I.
3Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer im Jahr 2022 durchgeführten Betriebsratswahl.
4Die Beteiligte zu 18 (Arbeitgeberin) betreibt in Duisburg Hamborn/Beeckerwerth ein Stahlwerk mit ca. 13.300 wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen zumindest ca. 15 Prozent nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
5Bei dem Beteiligten zu 17 handelt es sich um den aus der strittigen Wahl hervorgegangenen und aus 39 Mitgliedern bestehenden Betriebsrat.
6Mit Wahlausschreiben vom 07.02.2022 leitete der Wahlvorstand die strittige Wahl eines neuen Betriebsrats ein. In dem Wahlausschreiben hieß es unter anderem:
7"Aushangorte des Wahlausschreibens und eine Information an anderssprachige Mitarbeiter entnehmen Sie bitte der Anlage 1 zum Wahlausschreiben."
8Anlage 1 zum Wahlausschreiben war überschrieben mit "Information Fremdsprachen". Darin fand sich - wie bei der Betriebsratswahl im Jahr 2018 - tabellarisch gelistet in 14 verschiedenen Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Griechisch, Türkisch, Russisch, Kroatisch, Polnisch, Mazedonisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch und Italienisch) der folgende Hinweis:
9"Wenn sich Fragen zu diesem Vorgang ergeben, wenden Sie sich umgehend an die unten aufgeführten Ansprechpartner."
10Abgesehen von diesem Hinweis erfolgten keine weiteren fremdsprachigen Informationen über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, den Wahlvorgang oder die Stimmabgabe.
11Die Wahl wurde zwischen dem 22.03.2022 und dem 01.04.2022 durchgeführt. Wegen der weiteren, für die Entscheidung über die Beschwerde nicht relevanten Details der Gestaltung des Wahlverfahrens und des Ablaufs der Wahl wird auf die Darstellung in der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.
12Das Wahlergebnis wurde am 02.04.2022 bekannt gegeben. Danach entfielen auf die Liste IG-Metall 30 Mandate, auf die Liste GoaL drei Mandate, auf die Liste "Interessengemeinschaft vor Ort" zwei Mandate, auf die "Belegschaftsliste" ein Mandat, auf die Liste "AfB - Alles für die Belegschaft" ein Mandat, auf die Liste "Stahlarbeiter" ein Mandat und auf die Liste "Mein Betriebsrat" ebenfalls ein Mandat. Sechs weitere Listen, die zur Wahl angetreten waren, erzielten kein Mandat. Die Beteiligten zu 3, 6 und 12 hatten auf der Liste "Interessengemeinschaft vor Ort" = Liste 6 und die Beteiligten zu 14 und 16 auf der Liste 4 "Alles für die Belegschaft" kandidiert.
13Mit am 13.04.2022 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift wurde die Betriebsratswahl zunächst von den vormaligen Beteiligten zu 1 bis 9 angefochten. Weitere Anfechtungsschriften wurden durch die vormaligen Beteiligten zu 10 bis 13 am 14.04.2022 und durch die vormaligen Beteiligten zu 14 bis 16 am 19.04.2022 beim Arbeitsgericht eingereicht. Die zunächst unter verschiedenen Aktenzeichen (1 BV 9/22, 2 BV 10/22 und 4 BV 11/22) geführten Verfahren wurden vom Arbeitsgericht am 03.05.2022 unter dem führenden Aktenzeichen 1 BV 9/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
14Neben weiteren, für die Beschwerdeentscheidung nicht relevanten Rügen haben die Antragsteller die Anfechtung der Betriebsratswahl damit begründet, dass der Wahlvorstand entgegen § 2 Abs. 5 der nach § 126 BetrVG erlassenen Wahlordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (WO) nicht dafür gesorgt habe, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. Die Beteiligten zu 3, 6 und 12 haben behauptet, mehrere hundert der ausländischen Arbeitnehmer seien der deutschen Sprache nicht in einer Weise mächtig, die es ihnen ermögliche, den Inhalt des Wahlausschreibens zu verstehen. Eine Vielzahl der ausländischen Arbeitnehmer könnten die deutsche Sprache weder lesen noch schreiben. Einige Handlungs- und Sicherheitsanweisungen erfolgten in türkischer Sprache. So habe die Arbeitgeberin im Intranet beispielsweise für die sieben unterschiedlichen Tätigkeiten an der "Feuerbeschießungsanlage 1" sieben Anweisungen sowohl in deutscher als auch türkischer Sprache hinterlegt.
15Nachdem die Wahlanfechtungsanträge von den Beteiligten zu 1, 2, 4, 5, 7-11, 13 und 15 im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens zurückgenommen worden waren, haben die verbliebenen Beteiligten zu 3, 6, 12, 14 und 16 beantragt,
16festzustellen, dass die vom 22.03.2022 bis zum 01.04.2022 im Betrieb Hamborn / Beeckerwerth M. AG durchgeführte Betriebsratswahl unwirksam ist.
17Der Betriebsrat hat beantragt,
18den Antrag zurückzuweisen.
19In Bezug auf den von den Antragstellern gerügten Verstoß gegen § 2 Abs. 5 WO hat der Betriebsrat behauptet, alle ausländischen wahlberechtigten Arbeitnehmer seien jedenfalls insoweit der deutschen Sprache mächtig, als dass sie den Zusammenhang zwischen dem Wahlausschreiben und der angehängten "Information über Fremdsprachen" hätten verstehen können. Denn die "Werkssprache" sei deutsch. Alle Arbeitsanweisungen sowie die Kommunikation der Arbeitgeberseite gegenüber den wahlberechtigten Arbeitnehmern erfolgten ausschließlich in deutscher Sprache. Lediglich Grundunterweisungen für externe Dienstleister erfolgten auch in anderen Sprachen als Deutsch. Es sei allen Arbeitnehmern möglich gewesen, sich an den Wahlvorstand zu wenden und über die Arbeitgeberin einen Dolmetscherdienst in Anspruch zu nehmen.
20Die Arbeitgeberin hat sich die erstinstanzlichen Ausführungen des Betriebsrats zu eigen gemacht.
21Mit Beschluss vom 24.04.2023 hat das Arbeitsgericht dem Anfechtungsantrag stattgegeben und darauf erkannt, dass die Wahl des Betriebsrats ungeachtet der weiteren von den Antragstellern erhobenen Rügen unwirksam ist, weil bei der Wahl gegen § 2 Abs. 5 WO verstoßen wurde. Der Wahlvorstand habe die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer nur in deutscher Sprache über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe unterrichtet, obwohl er davon habe ausgehen müssen, dass eine Vielzahl der Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht i.S.v. § 2 Abs. 5 WO mächtig seien. Es hätten für den Wahlvorstand keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Deutschkenntnisse der mehreren hundert aus der Türkei, Syrien, Bulgarien oder Rumänien stammenden Arbeitnehmer, die regelmäßig einfache Werkleistungen durchführten, ausreichten, um den Inhalt von Wahlvorschriften und des Wahlausschreibens verstehen zu können. Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lasse im Gegenteil bereits der Umstand, dass im Betrieb eine Vielzahl ausländischer Arbeitnehmer verschiedener Herkunftsländer mit einfachen Hilfstätigkeiten im gewerblichen Bereich beschäftigt würden, darauf schließen, dass diese zwar möglicherweise über die für die tägliche Arbeit erforderlichen Deutschkenntnisse verfügen, diese Kenntnisse aber nicht ausreichen, um komplizierte Wahlvorschriften verstehen zu können. Da es nicht maßgeblich darauf ankomme, ob sich die ausländischen Arbeitnehmer bei der täglichen Arbeit hinreichend verständigen können, sei es nicht entscheidungserheblich, dass Betriebsvereinbarungen ausschließlich in deutscher Sprache verfasst werden oder dass Betriebsrat und Gewerkschaft ausschließlich in deutscher Sprache kommunizieren. Ob die "Werkssprache" Deutsch ist, sei nach Maßgabe der dargestellten Rechtsgrundsätze ebenfalls unerheblich. Da Wahlvorschriften sich inhaltlich und sprachlich sehr viel komplexer darstellten als Sicherheitsunterweisungen, stelle auch der Umstand, dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer jährlich eine Sicherheitsunterweisung in deutscher Sprache durchführen, kein Anzeichen dafür dar, dass die Sprachkenntnisse auch dafür ausreichten, den Inhalt von Wahlvorschriften und des Wahlausschreibens zu verstehen.
22Mit dem durch die Anlage zum Wahlausschreiben gegebenen fremdsprachlichen Hinweis habe der Wahlvorstand seinen Unterrichtungspflichten nach § 2 Abs. 5 WO nicht genügt. Denn der einfache Satz "Wenn sich Fragen zu diesem Vorgang ergeben, wenden Sie sich umgehend an die unten aufgeführten Ansprechpartner", vermittele keine Kenntnisse über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe. Selbst wenn eine solch ausführliche Information in der jeweiligen Fremdsprache nicht erforderlich wäre, habe in der Anlage aber auch jeder Hinweis darauf gefehlt, dass die Arbeitnehmer bei Bedarf eine Unterrichtung und Übersetzungen in weiteren Sprachen abrufen oder Dolmetscherdienste in Anspruch nehmen könnten. Die Formulierung lege vielmehr nahe, dass über die genannten Ansprechpartner weitere Informationen ausschließlich in deutscher Sprache abgerufen werden könnten, was sich nicht zuletzt aus den Namen der Ansprechpartner ergebe. Der Betriebsrat verkenne zudem, dass es sich bei der Unterrichtungspflicht nach § 2 Abs. 5 WO um eine Bringschuld des Wahlvorstandes handele. Der Verstoß gegen die nach § 2 Abs. 5 WO bestehende Unterrichtungspflicht sei aus näher dargelegten Gründen auch im Sinne des § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG geeignet gewesen, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Angesichts dessen komme es auf weitere Zweifel an der Wirksamkeit der Wahl nicht an. Insbesondere habe die Kammer die Begebenheiten in der Poststelle und den Umgang mit den Briefwahlrückläufern ebenso wenig weiter aufklären müssen, wie die Umstände bei der Stimmauszählung.
23Gegen diesen Beschluss wenden sich sowohl der Betriebsrat als auch die Arbeitgeberin mit ihren jeweils form- und fristgemäß eingelegten Beschwerden. Sie vertreten die Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an die Unterrichtung der ausländischen Mitarbeiter i.S.d. § 2 Abs. 5 WO überspannt und zudem den erstinstanzlichen Vortrag des Betriebsrats zur Unterrichtung der ausländischen Mitarbeiter und der vorhandenen Sprachkenntnisse unzureichend gewürdigt. Das Arbeitsgericht stütze sein Ergebnis im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.10.2004 (BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - Az. 7 ABR 5/04, juris), verkenne hierbei aber die tatsächlichen Verhältnisse wie auch die Wertungsprämissen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zudem habe das Arbeitsgericht seine mit dem Gebot der Amtsermittlung einhergehende Sorgfaltspflicht vernachlässigt.
24Nach Auffassung der Beschwerdeführer beherrschen die wahlberechtigten Arbeitnehmer die deutsche Sprache hinreichend, um sich selbst anhand des Gesetzes, der Wahlordnung, der Wählerlisten und des Wahlausschreibens sowie durch Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern über die Wahlgrundsätze und das Verfahren zu informieren. Aufgrund der vorgetragenen betrieblichen Gegebenheiten, wie bspw. Werksprache, Kommunikationssprache des Arbeitgebers, habe der Wahlvorstand keinen Anlass gehabt, von unzureichenden Sprachkenntnissen der wahlberechtigten Arbeitnehmer auszugehen. Lediglich für den Fall, dass bei über 13.000 wahlberechtigten Arbeitnehmern der ein oder andere wider Erwarten Unterstützung benötigen sollte, habe der Wahlvorstand zusätzlich den in vierzehn Sprachen übersetzten Hinweis genutzt. Dass die Anlagen- und Arbeitssprache Deutsch sei, habe neben der Tatsache, dass die Arbeitgeberin ein gesteigertes Interesse an einem reibungslosen Produktionsablauf und der Vermeidung von Haftungsrisiken hat, einen primär arbeitssicherheitstechnischen Hintergrund. Auf Grund der gefahrgeneigten Tätigkeiten müsse sichergestellt sein, dass alle Arbeitnehmer die gleiche Sprache sprechen, miteinander kommunizieren und Arbeits- und Sicherheitsanweisungen verstehen können. Dass an den Anlagen deutsch gesprochen wird, werde auch von den Anlagenverantwortlichen und/oder Schichtkoordinatoren nachgehalten. Es bestünden grundsätzlich für jede Produktionsanlage und jeden Arbeitsplatz detaillierte Arbeitsanweisungen, welche Teil der jährlichen Sicherheitsunterweisung seien und schriftlich/digital zur Verfügung gestellt würden. Diese seien - wie beispielhaft erläutert wird - durchaus komplexer Natur und ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst. Einstellungsgespräche und Personalgespräche fänden in deutscher Sprache statt. Die Arbeitgeberin versende an die Arbeitnehmer gerichtete Informationen ausschließlich in deutscher Sprache. Entgegen den Gegebenheiten in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall gebe es keine fremdsprachige Kommunikation mit den Beschäftigten. Auch der Betriebsrat kommuniziere nur in deutscher Sprache; Betriebsversammlungen würden nur in deutscher Sprache abgehalten.
25Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, es sei schon keine Vielzahl von ausländischen wahlberechtigten Arbeitnehmern im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Betrieb beschäftigt. Von den im Betrieb ca. 13.130 wahlberechtigten Arbeitnehmern hätten ca. 85,2 % die deutsche Staatsangehörigkeit. Ca. 14,8 % der Arbeitnehmer hätten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, sondern die Staatsangehörigkeit von ca. 100 unterschiedlichen Ländern bzw. seien "staatenlos". Im Betrieb der Arbeitgeberin seien auch keine ausländischen wahlberechtigten Arbeitnehmer mit einfachen oder einfachsten Hilfsarbeiten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes beschäftigt. Vielmehr würden die wahlberechtigten Arbeitnehmer regelmäßig auf hochtechnologisierten Facharbeiterarbeitsplätzen eingesetzt. In der Regel hätten auch die ausländischen Arbeitnehmer daher eine abgeschlossene qualifizierte Berufsausbildung. Anhaltspunkte dafür, dass wahlberechtigte Arbeitnehmer, ausdrücklich auch die ausländischen, die für die Ausübung ihres qualifizierten Ausbildungsberufes erforderliche Kommunikation in deutscher Sprache führen und verstehen könnten, jedoch keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse i.S.d. § 2 Abs. 5 WO haben, lägen nicht vor. Dies könne auch für Arbeitnehmer, die einen Ausbildungsberuf in einem deutschen Umfeld ausüben, nicht einfach unterstellt werden, nur weil sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft innehätten.
26Der Betriebsrat bringt weiter vor, dass der Wahlvorstand vor Erstellung des Wahlausschreibens und der übersetzten Hinweise geprüft habe, welche Nationalitäten die wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb hätten und ob im Vergleich zur Betriebsratswahl 2018 eine Verschiebung bei den im Betrieb hauptsächlich vorhanden Nationen und damit zusammenhängenden Sprachen und Sprachkenntnissen erfolgt sei. Darüber hinaus habe sich der Wahlvorstand mit den betrieblichen Gegebenheiten auseinander gesetzt, also bspw. geprüft, ob sich im Rahmen der Kommunikation der Arbeitgeberin eine Veränderung ergeben habe. Dabei sei der Wahlvorstand zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Veränderung hinsichtlich der Sprachkenntnisse der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Vergleich zu der Betriebsratswahl 2018 vorhanden oder eine Veränderung bei den hauptsächlich im Betrieb vertretenen Sprachen erfolgt sei, die eine andere Handhabung als die aus dem Jahr 2018 erforderlich gemacht hätte.
27Selbst wenn man wie das Arbeitsgericht davon ausgehen wollte, dass die wahlberechtigten ausländischen Arbeitnehmer nicht über ausreichende Sprachkenntnisse i.S.d. § 2 Abs. 5 WO verfügten, ist nach Auffassung sowohl des Betriebsrates als auch der Arbeitgeberin davon auszugehen, dass der Wahlvorstand die wahlberechtigten Arbeitnehmer mit der dem Wahlausschreiben als Anlage 1 beigefügten "Information Fremdsprachen" ordnungsgemäß i.S.d. § 2 Abs. 5 WO unterrichtet habe. Das Arbeitsgericht habe in rechtsverletzender Weise und entgegen der gesetzlichen Regelung und der einschlägigen Rechtsprechung aus näher dargelegten Gründen, derentwegen auf die Beschwerdebegründung des Betriebsrates Bezug genommen wird, die Weite des dem Wahlvorstand zukommenden Ermessens bei der Beurteilung, welche Form der Unterrichtung geeignet sei, verkannt.
28Wegen der weiteren Details des Vorbringens der Beschwerdeführer auch im Hinblick auf die weiteren von den Antragstellern erhobenen Rügen wird auf die Beschwerdebegründungen des Betriebsrates und der Arbeitgeberin sowie den insbesondere auf die Beschwerdebeantwortungen replizierenden Schriftsatz des Betriebsrates vom 03.01.2024 verwiesen.
29Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin beantragen,
30den Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 24.04.2023 - 1 BV 9/22 - abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
31Die Antragsteller beantragen,
32die Beschwerde zurückzuweisen.
33Mit ihren Beschwerdebeantwortungen verteidigen sie die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
34Die Beteiligten zu 3 und 6 sehen in der Argumentation der Beschwerdeführer, eine Vielzahl ausländischer wahlberechtigter Arbeitnehmer sei der deutschen Sprache durchaus mächtig, weil die Werksprache Deutsch sei, eine unzulässige Schlussfolgerung. Gleiches gelte für die Unterstellung, Informationen des Arbeitgebers, die Abfassung und Bekanntgabe von Betriebsvereinbarungen sowie die Arbeits- und Sicherheitsanweisungen des Arbeitnehmers erfolgten lediglich auf Deutsch. Aus diesen Annahmen könne kein verlässlicher Rückschluss des Inhalts gezogen werden, "wo Deutsch Pflicht sei, müsse Deutsch auch verstanden werden". Der rechtlichen Argumentation der Beschwerdeführer sei überdies zu entnehmen, dass der Wahlvorstand gerade keinerlei Bemühungen unternommen habe, die Anzahl der im Betrieb beschäftigten und der deutschen Sprache nicht mächtigen Arbeitnehmer genauer zu prüfen und hierzu eine eigenständige Entscheidung zu treffen. Der Vortrag der Beschwerdeführer zu den der deutschen Sprache nicht mächtigen ausländischen Arbeitnehmern besitze keinerlei Realitätsbezug. Es gebe im Betrieb einen Belegschaftsanteil von mindestens 3.000 Mitarbeitern türkischer, französischer, spanischer, jugoslawischer, libanesischer, italienischer, tunesischer, marokkanischer, albanischer, rumänischer und bulgarischer Herkunft. Von diesen ausländischen wahlberechtigten Mitarbeitern besäßen allenfalls 40 % die deutsche Staatsbürgerschaft. Von diesen Mitarbeitern seien mindestens 500 der deutschen Sprache in Wort und Schrift nur unzureichend mächtig, d. h. sie könnten Texte wie denjenigen eines Wahlausschreibens oder nicht zuletzt auch Texte der Einweisung in Arbeitsvorgänge oder Instruktionen zur Bedienung von technischen Anlagen nicht ohne fremde Hilfe lesen und seien regelmäßig auf die Hilfe eines Übersetzers/Dolmetschers angewiesen. Dies könne auch ohne weiteres durch Mitglieder des Betriebsrats bestätigt werden. Der Betriebsrat beschäftige sich nahezu täglich damit, Dokumente für Belegschaftsmitglieder zu übersetzen bzw. beim Ausfüllen von amtlichen Dokumenten behilflich zu sein, da die entsprechenden Mitarbeiter nicht über ausreichende Verständnisfähigkeiten verfügten. Es ist überdies unzutreffend, dass die vorab genannten Mitarbeiter solche wären, die ein qualifiziertes Ausbildungssystem durchlaufen, bspw. einen Fachabschluss erworben hätten. 85 % der der deutschen Sprache nur unzureichend mächtigen Mitarbeiter seien - unabhängig davon, in welche der Lohngruppen sie eingruppiert seien - angelernt. Der Anlernprozess sei ein Prozess des "learning by doing". Die Mitarbeiter würden in einfachste händische Arbeitsabläufe und zum Teil auch in die Bedienung von Maschinen eingewiesen. All dies geschehe mündlich und weitestgehend im ausländischen Idiom der Anzulernenden. Keinesfalls sei mit dem Anlernprozess eine qualifizierte Ausbildung einschließlich Ausbildungsabschluss verbunden. Angelernte Hilfstätigkeiten führten mindestens 700 Mitarbeiter durch, die als "Produktionsmitarbeiter" bezeichnet würden. Die Aufgaben der "Produktionsmitarbeiter" lägen dabei u. a. in Tätigkeiten des Bandbindens, der Verpackung, bei Reinigungsarbeiten, Tätigkeiten am sogenannten Kippstuhl, als Kauenwärter, Helfer am Hochofen, Helfer in der Stranggussanlage. Es sei eine interessengeleitete Spekulation, wenn behauptet werde, dass Arbeits- und Sicherheitsunterweisungen, soweit sie gehobene Deutschkenntnisse erfordern, von allen Mitarbeitern gelesen werden könnten. Das Gegenteil sei der Fall. Die Arbeitgeberin tue nichts anderes, als sich darauf zu verlassen, dass der Inhalt ihrer Arbeits- und Sicherheitsunterweisung noch einmal mündlich an die entsprechenden, der deutschen Sprache nicht mächtigen Mitarbeiter weitergegeben werde, ggf. unter Mithilfe fremdsprachenkundiger Kollegen, die den Übersetzungsprozess bewältigen können. Auch der Betriebsrat spreche nicht nur Deutsch. Er sei vielmehr nahezu täglich mit Anbahnungsgesprächen von Bewerbern konfrontiert. Regelmäßig bestehe in diesem Zusammenhang die Erforderlichkeit, bspw. Vertragsinhalte, Tätigkeitsbeschreibungen u.ä. in Anwesenheit des jeweiligen Betriebsratsmitglieds und eines Mitarbeiters der Personalabteilung dem Interessenten zu übersetzen. Selbst wenn es entgegen der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Bewertung der vollständigen Übersetzung von Wahlausschreibungsunterlagen nicht bedurft hätte, wäre die Entscheidung des Arbeitsgerichts bereits deshalb rechtsfehlerlos, weil sich dem dem Wahlausschreiben als Anlage 1 beigefügten "Information Fremdsprachen" schon nicht entnehmen lasse, welcher "Vorgang" überhaupt gemeint bzw. umfasst sei. Weder der Begriff "Wahlausschreiben" noch "Betriebsratswahl" noch sonstige Fachtermini, die etwa auf einen für den Leser maßgeblichen und relevanten Wahlvorgang und dessen Verfasstheit hinweisen könnten, seien übersetzt. Wegen der weiteren Details des Vorbringens der Beteiligten zu 3 und 6 auch im Hinblick auf die weiteren von den Antragstellern erhobenen Rügen wird auf ihre Beschwerdebeantwortung sowie auf den insbesondere auf die Replik des Betriebsrates duplizierenden Schriftsatz der Beteiligten zu 3 und 6 vom 08.01.2024 verwiesen.
35Der Beteiligte zu 12 bringt vor, das Arbeitsgericht habe zu Recht gerügt, dass die ausländischen Arbeitnehmer seitens der Beschwerdeführer keinen Hinweis erhalten haben, dass sie zu Einzelheiten des Wahlverfahrens auch muttersprachliche Hinweise erhalten könnten. In dem in 14 Fremdsprachen erteilten Hinweis, wonach "bei Fragen zu diesem Vorgang man sich an unten aufgeführte Ansprechpartner wenden könne", sei das Wort "Betriebsratswahl" nicht erwähnt. Der Wahlvorstand habe das Problem der mangelnden Deutschkenntnisse offenbar erkannt, dann aber ein gänzlich ungeeignetes Mittel gewählt, in dem er diesen einen Satz habe übersetzen lassen, darin jedoch den Zusammenhang zur Betriebsratswahl nicht einmal verbal hergestellt habe. Richtig sei auch, dass es nicht ausreichend gewesen wäre, wenn Arbeitnehmer über den Wahlvorstand die Möglichkeit gehabt hätten, einen Dolmetscher anzufordern. § 2 Abs. 5 WO verlange, dass der Wahlvorstand dies aktiv anbiete. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Wahlvorstand habe davon ausgehen müssen, dass eine Vielzahl von Arbeitnehmern der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sei nicht angreifbar. Der Vortrag der Beschwerdeführer in Bezug auf die ausländischen Arbeitskräfte sei nicht richtig. Es gebe im Betrieb einen Belegschaftsanteil von mindestens 3.000 Mitarbeitern türkischer, französischer, spanischer, jugoslawischer, libanesischer, italienischer, tunesischer, marokkanischer, albanischer, rumänischer und bulgarischer Herkunft, von denen allenfalls 40 % die deutsche Staatsbürgerschaft besäßen. Dass der Ausländeranteil im Betrieb unter 15 % liege, werde vorsorglich bestritten. Selbst wenn dies jedoch so wäre, entbinde dies den Wahlvorstand nicht davon, die ausländischen Mitarbeiter ordnungsgemäß in deren Sprache an der Wahl teilhaben zu lassen. Das Arbeitsgericht sei zu der richtigen Erkenntnis gekommen, dass etwaige Sprachkenntnisse während der Arbeit oder von Bedeutung für die Arbeit keinen Rückschluss darauf zuließen, dass solche Sprachkenntnisse ausreichen könnten, um komplexe Thematiken im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl verstehen zu können. Sofern die Beschwerdeführer vorbringen, dass im Betrieb höhere Ansprüche an die Arbeitnehmer gestellt würden, müsse dies mit Nichtwissen bestritten werden. Vor allem aber sei es nicht von Relevanz. Denn es gehe nicht um Tätigkeiten, die die Abreitnehmer aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer möglichen Erfahrung schon kennen und deshalb auch ohne genaue Deutschkenntnisse ausführen könnten. Vielmehr gehe es um die Teilnahme an einem der Grundpfeiler der Demokratie, nämlich der Teilnahme an einer Betriebsratswahl. Diese zeichne sich durch schwierige Wahlordnungen und ein schwieriges Procedere aus, von dem ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Arbeitnehmer im Grunde ausgeschlossen werde, wenn er keine Möglichkeit habe, sich in der Muttersprache zu informieren. Ein Arbeitnehmer, der seine Arbeit ausführen kann und ggfs. eine Einweisung oder eine Sicherheitsunterweisung in deutscher Sprache erhalte, hat dabei immer den "Vorteil", die Grundzüge der Arbeit, der Maschinen zu kennen. Dies befähige ihn aber nicht, Wahlvorschriften, Wahllisten etc. in deutscher Sprache zu verstehen. Die Beschwerdeführer hätten in Gänze darauf verzichtet, die ausländischen Arbeitnehmer in geeigneter Weise zu unterrichten. Wegen der weiteren Details des Vorbringens des Beteiligten zu 12 auch im Hinblick auf die weiteren von den Antrag-stellern erhobenen Rügen wird auf dessen Beschwerdebeantwortung verwiesen.
36Die Beteiligten zu 14 und 16 halten das Beschwerdevorbringen im Hinblick auf den Vorwurf mangelnder Unterrichtung der fremdsprachigen Belegschaft für bereits im Ausgangspunkt verfehlt. Wenn auf eine fremdsprachige Wahlinformation verzichtet werde, bedürfe es zumindest einer nachvollziehbaren Prognose des Wahlvorstandes dergestalt, dass alle Wahlberechtigten der deutschen Sprache hinreichend mächtig sind, um die Wahlinformationen des Wahlvorstandes zu verstehen. Dafür sei nichts dargetan. Der Betriebsrat räume im Gegenteil ein, dass der Belegschaft rund 1.430 Personen angehören, die keinen deutschen Pass besitzen. Erfahrungsgemäß gebe es darüber hinaus einen nennenswerten Anteil gewerblich Beschäftigter, die trotz deutscher Staatsbürgerschaft über schlechte Deutschkenntnisse verfügen. Schon deren schiere Anzahl begründe die Vermutung, dass im Betrieb des Arbeitgebers Menschen arbeiten, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind. Diese Vermutung werde dadurch verstärkt, dass die Arbeitgeberin etwa über seine deutsche Unternehmens-WebSite gezielt Arbeitskräfte in englischer Sprache suche. Wenn dieses Vorgehen nicht von vorneherein nutzlos sein solle, sei davon auszugehen, dass so Mitarbeiter geworben werden, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind. Davon ausgehend belegten die von den Beschwerdeführern angebrachten Gesichtspunkte nicht, dass die vollständige Information des nicht muttersprachlichen Anteils der Belegschaft durch eine lediglich in deutscher Sprache verfasste Wahlinformation sichergestellt war. Soweit etwa vorgetragen werde, dass "Werks- und Arbeitssprache" schließlich Deutsch sind, sei das wenig aussagekräftig. Viele Beschäftigte verrichteten körperlich fordernde Arbeiten, die keine oder zumindest nur sehr begrenzte Sprachkenntnisse erforderten. Die dafür erteilten Arbeits- und Sicherheitsunterweisungen würden deshalb mitnichten stets nur in deutscher Sprache erteilt. Es komme immer wieder vor, dass diese vor Ort in andere Sprachen übersetzt werden müssten. Der anderslautende Vortrag sei eindeutig falsch. Tatsache sei auch, dass es zahlreiche Mitarbeitende gebe, die über keine deutschen Bildungsabschlüsse verfügen und schon deshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie die deutsche Sprache in ausreichendem Maße verstehen. Selbst da, wo anerkannte Abschlüsse vorhanden sind, könnten Sprachkenntnisse nicht zwingend vorausgesetzt werden. Der Beteiligte zu 14 wisse aus seiner Betriebsratstätigkeit etwa von zahlreichen Mitarbeitern im Bereich Automotive, die nicht dem Berufsbild des ungelernten Arbeiters entsprechen, aber dennoch nur eingeschränkt Deutsch sprächen. Wegen der weiteren Details des Vorbringens der Beteiligten zu 14 und 16 auch im Hinblick auf die weiteren von den Antragstellern erhobenen Rügen wird auf ihre Beschwerdebeantwortung sowie auf ihren ergänzenden Schriftsatz vom 10.01.2024 verwiesen.
37Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Beteiligten ergänzend Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Anhörungstermine aus beiden Instanzen.
38II.
39Die Beschwerde ist zulässig, denn sie ist an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 89 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 520 ZPO). In der Sache ist die Beschwerde unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden, indem es die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt hat.
401. Die für die Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG erforderlichen formalen Voraussetzungen sind erfüllt. Die Antragsteller sind Wahlberechtigte und als solche anfechtungsberechtigt. Das Quorum von mindestens drei Wahlberechtigten ist unzweifelhaft erfüllt. Die Anfechtung ist auch innerhalb der in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG normierten Zweiwochenfrist erklärt worden. Das Wahlergebnis wurde am Samstag, den 02.04.2022 bekanntgegeben. Da es sich bei dem 18.04.2022 um den Ostermontag handelte, lief die Frist am Dienstag, den 19.04.2022 aus. Die erste Anfechtungsschrift ging am 13.04.2022 und die letzte am 19.04.2023 beim Arbeitsgericht ein.
412. Die Wahlanfechtungsanträge sind auch begründet.
42Die Wahl ist unwirksam, weil der Wahlvorstand gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen hat und nicht auszuschließen ist, dass das Wahlergebnis bei einer ordnungsgemäßen Wahl anders ausgefallen wäre (§ 19 Abs. 1 BetrVG).
43a) Ungeachtet der übrigen von den Antragstellern gerügten Mängel hat das Arbeitsgericht einen die Anfechtbarkeit der Wahl begründenden Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrVG allein schon darin gesehen, dass der Wahlvorstand entgegen § 2 Abs. 5 WO nicht dafür gesorgt hat, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden, und seine Entscheidung auf diesen Mangel gestützt. Das Beschwerdegericht teilt diese Auffassung. Mit den Beschwerden des Betriebsrates und der Arbeitgeberin sind weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Aspekte vorgebracht worden, die Anlass zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung geben könnten. Das Arbeitsgericht muss sich nicht vorwerfen lassen, die tatsächlichen Verhältnisse, die Wertungsprämissen der höchstrichterlichen Rechtsprechung verkannt und seine mit dem Gebot der Amtsermittlung einhergehende Sorgfaltspflicht vernachlässigt zu haben.
44aa) Obgleich § 2 Abs. 5 WO als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, handelt es sich um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren i.S.v. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigt. Die Regelung soll die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts sicherstellen. Sie dient der betrieblichen Integration ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter denselben Voraussetzungen wie deutsche Arbeitnehmer nach § 7 BetrVG wahlberechtigt und nach § 8 BetrVG wählbar sind. § 2 Abs. 5 WO dient somit der Verwirklichung des elementaren demokratischen Grundsatzes der Gleichheit der Wahl (BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 -, juris, Rn. 13). Zwar unterliegt es der Entscheidung des Wahlvorstandes, wie die Unterrichtung erfolgt, der insoweit einen weiten Ermessensspielraum hat. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Vorschrift ist der Entscheidungsspielraum des Wahlvorstandes, ob eine entsprechende Unterrichtung erfolgt, trotz der Formulierung als Sollvorschrift formuliert, eng (Fitting/Trebinger/Linsenmaier/Schelz/Schmidt, 32. Aufl. 2024, WO § 2 Rn. 12). Entscheidend ist stets, dass die Art und Weise der Unterrichtung dem aufgezeigten Zweck des § 2 Abs. 5 WO gerecht wird, es ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ermöglichen, ihr Wahlrecht in gleicher Weise ausüben zu können wie deutsche Arbeitnehmer (BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 -, juris, Rn. 15).
45bb) Gegen diese Vorgabe hat der Wahlvorstand verstoßen.
46(1) Der Wahlvorstand war aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten gehalten, den Vorgaben des § 2 Abs. 5 WO entsprechend dafür zu sorgen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. Denn entgegen der Auffassung des Betriebsrats und der Arbeitgeberin musste er davon ausgehen, dass dem Betrieb ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angehören, die der deutschen Sprache nicht im Sinne des § 2 Abs. 5 WO mächtig sind.
47(aa) Mit ihrem Beschwerdevorbringen verweisen die Beschwerdeführer auf den konkret gegebenen Betriebszweck und die hieraus erwachsenden Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie den für die Betriebsführung und die Durchführung des Arbeitsverhältnisses nach ihrer Darstellung geltenden Grundsatz, dass die Werkssprache Deutsch sei. In diesem detailreich beschriebenen Arbeitsumfeld und den daraus abzuleitenden Anforderungen an die Sprachkompetenz auch der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erblicken sie die maßgeblichen betrieblichen Gegebenheiten, aufgrund derer der Wahlvorstand im gegebenen Fall keinen Anlass gehabt habe, von unzureichenden Sprachkenntnissen der wahlberechtigten ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auszugehen.
48(bb) In diesem zentralen Punkt greift die Argumentation der Beschwerdeführer jedoch zu kurz. Die Beschwerdeführer verkennen die Bedeutung des § 2 Abs. 5 WO und den Umfang der dem Wahlvorstand durch diese Wahlvorschrift auferlegten Prüfungspflicht im Hinblick auf die bei den ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegebenen Sprachkenntnisse sowie der hieraus erwachsenden Unterrichtungspflicht.
49(aaa) Wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Oktober 2004 deutlich gemacht hat, kann aufgrund der aus der grundsätzlichen Bedeutung der Vorschrift erwachsenden Zwecksetzung nicht lediglich darauf abgestellt werden, ob sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der täglichen Arbeit hinreichend verständigen können. Denn von der Verständigungsmöglichkeit bei der täglichen Arbeit kann nicht auf eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache im Hinblick auf den mit § 2 Abs. 5 WO verfolgten Zweck geschlossen werden. Entscheidend ist, ob die Deutschkenntnisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können. Das Bundesarbeitsgericht hat zudem ausdrücklich hervorgehoben, dass im Zweifel von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen auszugehen ist (BAG, Beschluss vom 13. Oktober 2004 - 7 ABR 5/04 -, juris, Rn. 15). Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung, dass der Maßstab für ausreichende Sprachkenntnisse angesichts des hohen Schutzgutes der gleichberechtigten demokratischen Teilhabe aller ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Betriebsratswahlen hoch anzusetzen ist (GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl., § 2 WO Rn. 20: "sehr hoch"; Düwell, Betriebsverfassungsgesetz, § 2 WO, Rn. 13, beck-online: "An das Vorliegen entsprechender sprachlicher Defizite sind geringe Anforderungen zu stellen.").
50Wenn das Bundesarbeitsgericht in seiner vorstehend zitierten Entscheidung konstatiert, dass das "jedenfalls dann" gilt, wenn im Betrieb eine größere Anzahl ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbeiten" beschäftigt ist, so hat es damit entgegen dem vom Betriebsrat und der Arbeitgeberin verfochtenen Interpretationsansatz nicht etwa den die Unterrichtungspflicht auslösenden Zweifelsfall auf ein bestimmtes Qualifikationsniveau der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder bestimmte Arbeitsbedingungen beschränkt. Es hat lediglich aufgezeigt, warum bei den seiner Entscheidung zugrundeliegenden Gegebenheiten aus Sicht des Wahlvorstandes "jedenfalls" im Sinne von "in jedem Fall" und zudem ohne nähere tatsächlichen Feststellungen zu den konkret gegebenen Sprachkenntnissen der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, allein aufgrund der gegebenen Indizien davon auszugehen war, dass im Betrieb zahlreiche wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrschten, um sich selbst über Wahlverfahren, Aufstellung von Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe zu informieren.
51(bbb) Im gegebenen Fall stellte sich dem Wahlvorstand nicht dieselbe aber sehr wohl eine vergleichbare Situation.
52Dabei mag es zugunsten des Wahlvorstandes und der Anfechtungsgegner - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - als gegeben unterstellt werden, dass die weit überwiegende Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit einfachsten oder einfachen Hilfstätigkeiten beschäftigt sind, sondern über abgeschlossene Berufsausbildungen und -qualifikationen verfügen. Es mag auch sein, dass arbeitgeberseitige Arbeitsanweisungen, Sicherheitsunterweisungen oder Gefährdungsbeurteilungen ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst sind und sowohl die Personalgespräche als auch Gespräche mit dem Betriebsrat oder Betriebsversammlungen ausschließlich in deutscher Sprache geführt werden, weil die "Werkssprache" deutsch ist. All dies vermag nicht darüber hinwegzuhelfen, dass die für die Beurteilung einer hinreichenden Sprachkompetenz maßgeblichen betrieblichen Verhältnisse gerade nicht auf das Arbeitsumfeld und die im Zusammenhang mit der Durchführung des Arbeitsverhältnisses anfallenden Aufgaben und sprachlichen Anforderungen reduziert werden dürfen. Von Seiten der Antragssteller wird zu Recht eingewandt, dass ein ausländischer Arbeitnehmer aufgrund von Ausbildung, Erfahrung und Kenntnissen von den Arbeitsinhalten durchaus befähigt sein kann, Arbeitsanweisungen, Sicherheitsunterweisungen etc., die ihm in Zusammenhang mit der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistung in deutscher Sprache gegeben werden, zu verstehen, gleichwohl diese im Arbeitskontext erworbene Sprachkompetenz nichts darüber aussagt, ob der Arbeitnehmer fähig ist, in deutscher Sprache verfasste Wahlvorschriften, Wahllisten etc. zu verstehen. Aus diesem - auch vom Bundesarbeitsgericht in seiner oben zitierten Entscheidung vom 13. Oktober 2004 formulierten - Grunde zählt zu den vom Wahlvorstand zu berücksichtigenden betrieblichen Gegebenheiten auch, dass von den rund 13.300 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs ca. 15 Prozent nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Mehr noch: Es prägt sie sogar. Denn das sind immerhin rund 2000 Personen. Angesichts dieser großen Zahl ist die These des Betriebsrates, es sei im Betrieb schon keine Vielzahl von ausländischen wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Sinne der Rechtsprechung beschäftigt, schwer verständlich. Selbst wenn nur 200 und nicht knapp 2000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen, würde es sich nach dem Verständnis des Beschwerdegerichtes immer noch um eine Vielzahl von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Sinne des § 2 Abs. 5 WO handeln. Diese große Zahl führt zurück zu den Erwägungen des Bundesarbeitsgerichtes in seiner Entscheidung vom 13. Oktober 2004 und dem dort vom Bundesarbeitsgericht gewählten Ansatz, dass der Wahlvorstand "jedenfalls dann" von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen ausgehen müsse, wenn im Betrieb eine "größere Anzahl" ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbeiten beschäftigt sind. Die im letzten Satz des Absatzes angefügte Erwägung des Bundesarbeitsgerichtes, dass zur Erledigung einfacher Hilfstätigkeiten im gewerblichen Bereich in der Regel nur geringe Deutschkenntnisse erforderlich seien, lässt erkennen, dass das Gericht mit der Verwendung des unscharfen Begriffs der "größeren Anzahl" einen Wahrscheinlichkeitsbezug herstellt: Je größer die Zahl der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbeiten ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter Personen befinden, die nur geringe Deutschkenntnisse besitzen. Dieser Wahrscheinlichkeitsbezug ist auch im gegebenen Fall herzustellen: Je größer die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter auch Personen befinden, deren Deutschkenntnisse sie trotz einer für die Erledigung der zu erbringenden Arbeitsleistung ausreichenden Qualifikation und Sprachkompetenz nicht in die Lage versetzen, die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens zu verstehen. Es bedarf keiner Aufklärung, ob sich unter den hier gegebenen knapp 2000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsangehörigkeit tausend oder nur hundert Personen befinden, bei denen sich diese Wahrscheinlichkeit realisieren könnte. Selbst wenn es nur 10 Personen wären, würde dies nichts daran ändern, dass der Wahlvorstand bei diesen betrieblichen Gegebenheiten unter Beachtung des eingangs dargestellten Grundsatzes, wonach der Maßstab für ausreichende Sprachkenntnisse angesichts des hohen Schutzgutes der Vorschrift hoch anzusetzen ist, sehr wohl Anlass hatte, an den Sprachkenntnissen der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu zweifeln, und dass sich dieser Zweifel aus den dargestellten Gründen auch nicht mit den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Ableitungen aus den Qualifikationsanforderungen und Sprachkompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zusammenhang mit der Erledigung der Arbeitsleistung beiseite wischen lässt. Das gilt umso mehr, als der mit § 2 Abs. 5 WO verfolgte Schutzzweck, allen ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine gleichberechtigte demokratische Teilhabe an den Betriebsratswahlen zu ermöglichen, mit überschaubarem Aufwand verwirklicht werden kann, z.B. indem das Wahlausschreiben und sonstige Wahlaushänge in die vierzehn Sprachen übersetzt wird, in die der Wahlvorstand den Hinweis "Information Fremdsprachen" übersetzen ließ. Dies anders zu handhaben bedeutet nichts anderes als das Postulat des Bundesarbeitsgerichtes, dass im Zweifel von unzureichenden Sprachkenntnissen auszugehen sei, durch eine unzulässige Verengung der Prüfungsperspektive zu untergraben.
53(2) Den mithin aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten zu beachtenden Anforderungen des § 2 Abs. 5 WO hat der Wahlvorstand nicht Rechnung getragen.
54(a) Zunächst ist festzuhalten, dass der Wahlvorstand die sich aufdrängenden Zweifel nicht durch eine Prüfung ausgeräumt hätte, die über die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Ableitungen aus den Qualifikationsanforderungen und Sprachkompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zusammenhang mit der Erledigung der Arbeitsleistung hinausging. Der Vortrag des Betriebsrats, der Wahlvorstand habe vor Erstellung des Wahlausschreibens und der übersetzten Hinweise geprüft, welche Nationalitäten die wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb hätten und ob im Vergleich zur Betriebsratswahl 2018 eine Verschiebung bei den im Betrieb hauptsächlich vorhandenen Nationen und damit zusammenhängenden Sprachen und Sprachkenntnissen erfolgt sei, ist für diese Frage offensichtlich unergiebig. Das Vorbringen, der Wahlvorstand habe sich mit den betrieblichen Gegebenheiten auseinander gesetzt, also bspw. geprüft, ob sich im Rahmen der Kommunikation der Arbeitgeberin eine Veränderung ergeben habe, ist hingegen ein weiterer Beleg dafür, dass der Wahlvorstand seine Prüfung allein auf die Qualifikationsanforderungen und Sprachkompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zusammenhang mit der Erledigung der Arbeitsleistung ausgerichtet hatte, was aus den dargelegten Gründen gerade nicht ausreicht.
55(b) Der einzige fremdsprachliche Hinweis in Zusammenhang mit der Betriebsratswahl erfolgte durch die als Anlage zum Wahlausschreiben ausgehängte "Information Fremdsprachen". Das Beschwerdegericht folgt uneingeschränkt den Erwägungen des Arbeitsgerichts, dass dieser Hinweis nicht geeignet ist, die aus § 2 Abs. 5 WO erwachsende Unterrichtungspflicht zu erfüllen. Das gilt auch bei großzügigster Interpretation des dem Wahlvorstand zustehenden Ermessenspielraums hinsichtlich der Frage, wie die durch § 2 Abs. 5 WO vorgesehene Unterrichtung erfolgen soll. Die minimalistische und völlig abstrakt formulierte Aufforderung, "wenn sich Fragen zu diesem Vorgang ergeben, wenden Sie sich umgehend an die unten aufgeführten Ansprechpartner" vermag den nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen mit § 2 Abs. 5 WO verfolgten Zweck der Verwirklichung einer gleichberechtigten demokratischen Teilnahme ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Betriebsratswahlen offenkundig nicht zu erfüllen. Von Seiten der Antragsteller wird zu Recht darauf hingewiesen, dass darin nicht einmal Begriffe wie "Wahlausschreiben" oder "Betriebsratswahl" oder sonstige Fachtermini erwähnt werden, die auf einen Wahlvorgang hinweisen könnten.
56(c) Die Frage, ob der Wahlvorstand den Anforderungen des § 2 Abs. 5 WO durch andere Maßnahmen genüge getan haben könnte, ist ebenfalls zu verneinen. Denn abgesehen davon, dass § 2 Abs. 5 WO ausdrücklich vorgibt, dass die Unterrichtung vor Einleitung der Wahl zu geschehen hat, ist es unstreitig, dass es über die inhaltsleere Aufforderung hinaus keinerlei fremdsprachliche Schriftstücke gab, die über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe informiert hätten. Da es auch keine Betriebsversammlung gab, im Rahmen derer unter Hinzuziehung von Dolmetschern die Wahlgrundsätze erläutert worden wären, steht fest, dass die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weder vor Einleitung der Betriebsratswahl, noch im späteren Verlauf über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe unterrichtet wurden.
57(d) Schließlich ist dem Arbeitsgericht darin beizupflichten, dass eine nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer jederzeit bestehende Möglichkeit, den Wahlvorstand fragen oder über die Arbeitgeberin einen Dolmetscherdienst in Anspruch nehmen zu können, den Anforderungen des § 2 Abs. 5 WO nicht genügt, da der Wahlvorstand die Unterrichtung von sich aus vorzunehmen hat, ohne dass es hierzu einer vorherigen Aufforderung durch die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedarf (BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 -, juris Rn. 17 a.E.).
58cc) Der damit gegebene Verstoß des Wahlvorstandes gegen die Vorgaben des § 2 Abs. 5 WO hat die Anfechtbarkeit der Wahl zur Folge. Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei dieser Norm trotz ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschrift um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren i.S.v. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigt.
59b) Dieser Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren ist auch nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrVG unbeachtlich.
60Nach dieser Vorschrift berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn ein solcher Verstoß das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dies ist nur dann der Fall, wenn bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne Verstoß gegen die wesentliche Vorschrift unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (BAG, Beschluss vom 12. Juni 2013 - 7 ABR 77/11 -, juris, Rn. 39; BAG, Beschuss vom 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - juris, Rn. 30 m.w.N.).
61Hier lässt sich nicht konkret feststellen, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Falle einer ordnungsgemäßen Unterrichtung von ihrem Wahlrecht in anderer Weise Gebrauch gemacht hätten, als dies tatsächlich geschehen ist. Insbesondere ist es nicht ausgeschlossen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ordnungsgemäßer Unterrichtung nach Maßgabe des § 2 Abs. 5 WO entweder ihre Stimme anders vergeben oder gar selbst eine Vorschlagsliste erstellt und eingereicht hätten, was möglicherweise zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.
62c) Angesichts dieses Ergebnisses bedurfte es der Aufklärung der übrigen von den Antragstellern gerügten Mängel nicht.
63III.
64Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht bestand angesichts der dafür geltenden Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1 Satz 2 , 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG keine Veranlassung.
65RECHTSMITTELBELEHRUNG
66Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
67Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a ArbGG verwiesen.
68Mailänder Höhne Detmer