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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 3 Sa 210/23

Datum:
19.12.2023
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 Sa 210/23
ECLI:
ECLI:DE:LAGD:2023:1219.3SA210.23.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Essen, 6 Ca 37/23
Schlagworte:
Vibratoren als Geschenk für den Betriebsrat - Außerordentliche Kündigung
Normen:
§§ 314, 626, 958, 959 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Die Bezeichnung eines Arbeitskollegen als "Bastard" ist an sich geeignet, eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen grober Beleidigung zu rechtfertigen. Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung kann jedoch im Einzelfall bei einem erstmaligen Vorfall eine Abmahnung vorrangig sein. 2. Die Ankündigung gegenüber einem Arbeitskollegen, dessen Verhalten werde "ein Nachspiel" haben, begründet nicht von vornherein den Vorwurf einer Bedrohung. Die Äußerung ist als solche indifferent, so dass zur Ermittlung ihrer Zielrichtung die weiteren Einzelfallumstände einzubeziehen sind. 3. Übergibt ein Arbeitnehmer Betriebsratsmitgliedern, von denen er sich nicht gut vertreten fühlt, Vibratoren als "Geschenk", das sie sich "verdient hätten", so begründet dieses Verhalten an sich eine außerordentliche Kündigung, denn hierin liegt eine sexuelle Belästigung und grobe Beleidigung. Ob das Verhalten auch im Rahmen der Interessenabwägung zur Begründung der Kündigung ausreicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier kann insbesondere eine zeitnahe Entschuldigung eine erhebliche Bedeutung erlangen, soweit sie nicht durch bereits eingeleitete Kündigungsvorbereitungen beeinflusst ist, sondern aus eigenem Antrieb und ehrlicher Einsicht in das Fehlverhalten durch den Arbeitnehmer erfolgt. 4. Nimmt ein Müllabfuhrmitarbeiter anlässlich einer Entsorgungsfahrt eine neben der Mülltonne abgestellte Tüte mit 10 originalverpackten Vibratoren an sich anstatt sie zwecks Entsorgung in das Müllfahrzeug zu verbringen, liegt darin keine an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigende, schwerwiegende Pflichtverletzung, wenn dem Mitarbeiter Vorsatz bzgl. eines Eigentumsdelikts oder einer sonstigen Fremdschädigung nicht nachgewiesen werden kann. Angesichts der nicht eindeutigen und auch bislang nicht abschließend geklärten Rechtslage zu den Eigentumsverhältnissen bei am Straßenrand zur Entsorgung abgestelltem Müll und solange der Arbeitgeber auch durch entsprechende Dienstanweisungen nicht für die nötige Klarheit sorgt, kann dem Arbeitnehmer, der vermeintlich herrenlose Gegenstände an sich nimmt, deshalb nicht per se ein Kündigungsvorwurf gemacht werden.

 
Tenor:

I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 13.03.2023 - Az.: 6 Ca 37/23 - wird zurückgewiesen.

II.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III.Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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